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Kurzmitteilung Partikelcharakterisierung in hochkonzentrierten Dispersionen – Grundlegende Untersuchungen zu einer neuen Ultraschallmethode Robert Weser 1, *, Benno Wessely 1 , Sebastian Wöckel 2 und Ulrike Hempel 2 DOI: 10.1002/cite.201200067 Es wird eine neue Methode zur inlinefähigen Partikelcharakterisierung in hochkonzentrierten Dispersionen mittels Ultra- schallrückstreuung vorgestellt, die sensitiv gegenüber der Partikelgröße und der Konzentration ist. Eine Analyse der Ultra- schallrückstreusignale liefert neben der Schalldämpfung zusätzlich ein Maß für die Streuintensität. Die Messung kann ohne Probenahme und minimalinvasiv direkt im Prozess erfolgen. Schlagwörter: Dispersion, Konzentration, Partikel, Ultraschall Eingegangen: 04. Mai 2012; revidiert: 22. Oktober 2012; akzeptiert: 11. Januar 2013 Particle Characterization within Highly Concentrated Dispersions – Fundamental Studies of a New Ultrasound Method A new method for inline characterization of particles in high concentrated dispersions by ultrasonic backscattering is described, that is sensitive against particle size and concentration. Analyzing the backscattering signal yields the sound attenuation as well as a scattering intensity equivalent. The measurement can be performed without sampling and mini- mally invasive directly in the process. Keywords: Concentration, Dispersion, Particle, Ultrasound 1 Problemstellung Zur Charakterisierung von Dispersionen ist u. a. die Mes- sung der Partikelgröße, der Partikelgrößenverteilung und der Konzentration von Bedeutung. Besteht die Notwendig- keit, direkt in hochkonzentrierten Dispersionen (> einige Vol.-%) zu messen, ist der Einsatz etablierter optischer Methoden begrenzt. Hier bieten auf Ultraschall (US) basie- rende Messmethoden einen Vorteil bei der prozessnahen oder Inline-Charakterisierung. Ein in der Partikeltechnik häufig angewandtes Messverfahren ist die Ultraschalldämp- fungsspektroskopie, bei der das Stoffsystem durchschallt und die von der Frequenz abhängige Dämpfung ausgewer- tet wird. Für die Messung muss die Dispersion einen mehr oder weniger kleinen Messspalt passieren, was beim Vor- handensein von Fremdkörpern oder pastösen Medien zu Verstopfungen führen kann. Im Beitrag wird ein US-Mess- verfahren vorgestellt und untersucht, bei dem primär der von den Partikeln gestreute Ultraschall erfasst wird. Da- durch kann analog zu medizinischen und werkstofftechni- schen US-Anwendungen auf einen Messspalt verzichtet werden [1, 2]. Sender und Empfänger sind gemeinsam hin- ter einem Schalldurchgangsfenster positioniert. Dadurch sind die Bedingungen für eine minimalinvasive Messung auch unter prozessnahen Bedingungen in nahezu idealer Weise gegeben. Die ersten Versuche sollen zeigen, wo die wesentlichen Potenziale des neuen Verfahrens für die Parti- kelanalyse liegen. 2 Messprinzip und Versuchsaufbau Abb. 1 zeigt das Konzept für einen auf der Ultraschallrück- streuung basierenden Messaufbau zur Partikelcharakterisie- Chemie Ingenieur Technik Chemie Ingenieur Technik 2013, 85, No. 5, 753–757 © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com 1 Robert Weser ([email protected]), Dr.-Ing. Benno Wes- sely, Technische Universität Dresden, Institut für Verfahrenstech- nik und Umwelttechnik, 01062 Dresden, Deutschland; 2 Sebastian Wöckel, Dr.-Ing. Ulrike Hempel, Mess- und Analysensysteme, Insti- tut für Automation und Kommunikation e.V., Werner-Heisenberg- Straße 1, 39106 Magdeburg, Deutschland. Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag im Rahmen des Jah- restreffens der ProcessNet-Fachgruppe „Partikelmesstechnik“ am 28. Februar 2012 in Bad Dürkheim, Deutschland. Ultraschall 753

Partikelcharakterisierung in hochkonzentrierten Dispersionen - Grundlegende Untersuchungen zu einer neuen Ultraschallmethode

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Page 1: Partikelcharakterisierung in hochkonzentrierten Dispersionen - Grundlegende Untersuchungen zu einer neuen Ultraschallmethode

Kurzmitteilung

Partikelcharakterisierung in hochkonzentriertenDispersionen – Grundlegende Untersuchungenzu einer neuen Ultraschallmethode‡

Robert Weser1,*, Benno Wessely1, Sebastian Wöckel2 und Ulrike Hempel2

DOI: 10.1002/cite.201200067

Es wird eine neue Methode zur inlinefähigen Partikelcharakterisierung in hochkonzentrierten Dispersionen mittels Ultra-

schallrückstreuung vorgestellt, die sensitiv gegenüber der Partikelgröße und der Konzentration ist. Eine Analyse der Ultra-

schallrückstreusignale liefert neben der Schalldämpfung zusätzlich ein Maß für die Streuintensität. Die Messung kann

ohne Probenahme und minimalinvasiv direkt im Prozess erfolgen.

Schlagwörter: Dispersion, Konzentration, Partikel, Ultraschall

Eingegangen: 04. Mai 2012; revidiert: 22. Oktober 2012; akzeptiert: 11. Januar 2013

Particle Characterization within Highly Concentrated Dispersions – Fundamental Studiesof a New Ultrasound Method

A new method for inline characterization of particles in high concentrated dispersions by ultrasonic backscattering is

described, that is sensitive against particle size and concentration. Analyzing the backscattering signal yields the sound

attenuation as well as a scattering intensity equivalent. The measurement can be performed without sampling and mini-

mally invasive directly in the process.

Keywords: Concentration, Dispersion, Particle, Ultrasound

1 Problemstellung

Zur Charakterisierung von Dispersionen ist u. a. die Mes-sung der Partikelgröße, der Partikelgrößenverteilung undder Konzentration von Bedeutung. Besteht die Notwendig-keit, direkt in hochkonzentrierten Dispersionen (> einigeVol.-%) zu messen, ist der Einsatz etablierter optischerMethoden begrenzt. Hier bieten auf Ultraschall (US) basie-rende Messmethoden einen Vorteil bei der prozessnahenoder Inline-Charakterisierung. Ein in der Partikeltechnikhäufig angewandtes Messverfahren ist die Ultraschalldämp-fungsspektroskopie, bei der das Stoffsystem durchschallt

und die von der Frequenz abhängige Dämpfung ausgewer-tet wird. Für die Messung muss die Dispersion einen mehroder weniger kleinen Messspalt passieren, was beim Vor-handensein von Fremdkörpern oder pastösen Medien zuVerstopfungen führen kann. Im Beitrag wird ein US-Mess-verfahren vorgestellt und untersucht, bei dem primär dervon den Partikeln gestreute Ultraschall erfasst wird. Da-durch kann analog zu medizinischen und werkstofftechni-schen US-Anwendungen auf einen Messspalt verzichtetwerden [1, 2]. Sender und Empfänger sind gemeinsam hin-ter einem Schalldurchgangsfenster positioniert. Dadurchsind die Bedingungen für eine minimalinvasive Messungauch unter prozessnahen Bedingungen in nahezu idealerWeise gegeben. Die ersten Versuche sollen zeigen, wo diewesentlichen Potenziale des neuen Verfahrens für die Parti-kelanalyse liegen.

2 Messprinzip und Versuchsaufbau

Abb. 1 zeigt das Konzept für einen auf der Ultraschallrück-streuung basierenden Messaufbau zur Partikelcharakterisie-

ChemieIngenieurTechnik

Chemie Ingenieur Technik 2013, 85, No. 5, 753–757 © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

–1Robert Weser ([email protected]), Dr.-Ing. Benno Wes-sely, Technische Universität Dresden, Institut für Verfahrenstech-nik und Umwelttechnik, 01062 Dresden, Deutschland; 2SebastianWöckel, Dr.-Ing. Ulrike Hempel, Mess- und Analysensysteme, Insti-tut für Automation und Kommunikation e.V., Werner-Heisenberg-Straße 1, 39106 Magdeburg, Deutschland.

‡Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag im Rahmen des Jah-restreffens der ProcessNet-Fachgruppe „Partikelmesstechnik“ am28. Februar 2012 in Bad Dürkheim, Deutschland.

Ultraschall 753

Page 2: Partikelcharakterisierung in hochkonzentrierten Dispersionen - Grundlegende Untersuchungen zu einer neuen Ultraschallmethode

rung einer hochkonzentrierten Dispersion in einer durch-strömten Rohrleitung. Kerngedanke des experimentellenAufbaus ist der Einsatz breitbandiger Sende-/Empfangs-wandler, die hinsichtlich einer hohen Sendeleistung, einesder Eindringtiefe entsprechenden Messfensters und hoherEmpfangssensitivität optimal aufeinander abgestimmt sind.Auf diese Weise soll der von den Partikeln gestreute Schall-anteil erfasst und hinsichtlich der Intensität, der Laufzeit(entspricht der Eindringtiefe) und der Schallfrequenz analy-siert werden.

In einem ersten Entwicklungsschritt wurde ein ver-gleichsweise einfacher Messaufbau zur Erfassung von US-Echosignalen mit einem Sende-/Empfangswandler (Mitten-frequenz: 10 MHz, 6-dB-Bandbreite: 7 MHz) und konven-tioneller Impulsanregung umgesetzt (vgl. Abb. 2). EineVorlaufstrecke schützt die aktive Wandleroberfläche vor auf-tretender Abrasion durch die Partikel und dient der akus-tischen Ankopplung des US-Wandlers an die Dispersion.

Die derart gestaltete Messsonde hat einenDurchmesser von 30 mm und eine Länge von150 mm. Diese direkte US-Rückstreumessungliefert nach Anregung des Schallwandlers einEchosignal (Schalldruckamplitude p in Abhän-gigkeit von der Signallaufzeit t), das neben denReflexionspeaks des Vorlaufstreckenfenstersebenfalls die Rückstreusignale der Partikel ent-hält.

Die relativ schwachen Partikelsignale sind auf-grund ihrer geringen Amplitude von den Fens-terreflexionen überlagert (vgl. Abb. 2 und 3a). Ineiner Vorverarbeitungsroutine werden die Parti-kelsignale aus den Rohsignalen extrahiert, z. B.durch Eliminierung der Fensterreflexionen.Zudem werden N Einzelmessungen (Echosignalinfolge eines ausgesendeten Impulses) gesam-melt und gemittelt (vgl. Abb. 3b). Diese Signal-auswertung gewährleistet eine repräsentativeAbbildung des gesamten Partikelsystems, da ver-

schiedene Partikelkonstellationen und eine große Partikel-anzahl in der Messzone erfasst werden.

Beim Durchlaufen der Dispersion werden sowohl dieemittierte als auch die an den Partikeln gestreuten Schall-wellen in Abhängigkeit von der zurückgelegten Wegstreckegedämpft. Die vom Schallwandler detektierbare Echosignal-amplitude verringert sich demnach mit zunehmender Lauf-zeit. Die Schallabschwächung wächst exponentiell mit derdurchschallten Wegstrecke bzw. der Laufzeit (vgl. Abb. 3b)und wird u. a. von der Partikelgröße und -konzentration be-stimmt [3, 4]. Wird für die Darstellung der Rückstreuampli-tude g anstelle der linearen eine logarithmische Skalierunggewählt, kann der Einfluss der Schalldämpfung linearisiertdargestellt und deren Verlauf über der Signallaufzeit t mit-tels einer Geraden beschrieben werden:

g�t� � �Dgt � gmax (1)

Der Abfall der Gerade (Dg) gibt die laufzeitabhängigeSchallabschwächung in der Form Dezibel pro Zeitein-heit (z. B. dB ls–1) wieder. Der zweite Parameter derGeradengleichung (gmax) wird als derjenige Wert derRückstreuamplitude definiert, der direkt nach dem Vor-laufstreckenfenster (bei Laufzeit t = 4 ls), also zu Beginnder Wechselwirkung zwischen der emittierten Schall-welle und dem Partikelsystem auftritt. Eine vorherigeFrequenzfilterung der Messdaten erlaubt zusätzlich diespektrale Bestimmung der beiden Fitparameter. Für denFall einer Impulsanregung bestimmt die Bandbreite desverwendeten US-Wandlers den auswertbaren Frequenz-bereich.

Um im Weiteren den Einfluss von Partikelgröße und-konzentration auf das Rückstreuverhalten experimen-tell zu untersuchen, wurden Glaskugeln verschiedenerPartikelgrößen (vgl. Tab. 1) in Wasser dispergiert (Kon-zentrationen von 10 bis 50 Ma.-%) und mit dem Aufbau

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Abbildung 1. Konzept eines inlinefähigen Messaufbaus zur Partikelcharakterisie-rung an hochkonzentrierten Dispersionen auf Basis der Ultraschallrückstreuung.

Abbildung 2. Messaufbau zur Erfassung von Ultraschallechosignalennach dem Impuls-Echo-Verfahren; ein gemeinsamer Sende-/Empfangs-schallwandler dient zum Emittieren und zum Detektieren der Ultraschall-wellen.

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nach Abb. 2 vermessen. Das kontinuierliche Rühren derDispersion während der Messungen dient neben der Si-cherstellung eines definierten Dispersitätszustands (Ver-meidung von Sedimentation) ebenso einem kontinuier-lichen Austausch der Partikel in der Messzone. AlleSuspensionsansätze wurden parallel mit einem kommer-ziellen US-Dämpfungsspektrometer vom Typ DT-1200 ver-messen [5].

3 Ergebnisse

Im Ergebnis der durchgeführten US-Rückstreumes-sungen zeigt sich ein deutlicher Einfluss der Parti-kelkonzentration auf die Schallabschwächung Dg(s. Abb. 4). Im untersuchten Konzentrationsbereichsteigt die Schalldämpfung mit zunehmender Parti-kelanzahl im Messvolumen kontinuierlich an, wobeidie Partikelgröße den Anstieg zusätzlich so beein-flusst, dass sich dieser im untersuchten Größenbe-reich mit zunehmender Partikelgröße abschwächt.

Ein Vergleich der auf Basis der Rückstreu-messung gewonnenen Schalldämpfungswerte mitjenen des US-Dämpfungsspektrometers als Refe-renzmessverfahren wird im Folgenden zur Plausi-bilitätsprüfung der Messergebnisse herangezogen(s. Abb. 5). Es zeigt sich, dass die Messwertpaare ent-lang der Paritätslinie angeordnet sind. Die aus derrelativen Änderung des Rückstreusignals bestimm-ten Schalldämpfungswerte sind äquivalent den Refe-renzwerten aus der Transmissionsmessung (DT-1200).

Neben der Schalldämpfung liefert die Rückstreu-messung mit dem Maximalwert der Rückstreuam-plitude gmax einen weiteren Parameter. Abb. 6 zeigtden experimentell ermittelten Zusammenhang zwi-schen dieser Messgröße und der mittleren Partikel-größe der jeweiligen Partikelgrößenfraktion. Im un-tersuchten Partikelgrößenbereich steigt gmax mitzunehmender Partikelgröße an. Zudem ist ein Ein-fluss der Partikelkonzentration festzustellen.

Für die Rückstreuamplitude kann ein Vergleichmit etablierten Messverfahren nicht durchgeführtwerden, da ein entsprechendes Referenzmessverfah-

ren/-gerät nicht verfügbar ist. Alternativ dazu erlaubt einVergleich mit Modellvorhersagen eine Plausibilitätsprü-fung. Das für die Schallstreuung an Partikeln entwickelteModell nach Faran bestätigt qualitativ den Anstieg der(Rück)Streuamplitude mit zunehmender Partikelgröße(Abb. 6a) [6]. In Abb. 6b ist für niedrige Partikelkonzentra-tionen zunächst ein linearer Anstieg der Rückstreuampli-tude festzustellen. Bei weiter steigenden Partikelkonzen-

trationen ist ein zunehmendnichtlinearer Verlauf zu beobach-ten, wobei die Rückstreuamplitu-de für hohe Konzentrationen(> 40 Ma.-%) wieder absinkt. Die-ser Konzentrationsverlauf kannmit dem zunehmenden Einflussvon Mehrfachstreuung erklärtwerden [7].

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Chemie Ingenieur Technik 2013, 85, No. 5, 753–757 © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

a)

b)

Abbildung 3. Darstellung des Messsignals: a) als Echoamplitude (Rohsignale),b) als Rückstreuamplitude (über 200 Einzelmessungen gemittelt und vorverar-beitet) in Abhängigkeit von der Signallaufzeit (Signallaufzeit ist proportionalzur durchschallten Weglänge bzw. zur Eindringtiefe).

Tabelle 1. Kenngrößen bzw. Quantile der Partikelgrößenverteilung (bestimmt mit Laserbeugungs-analyse) der einzelnen Partikelgrößenfraktionen, Partikelgröße x (Index gibt Quantil und Art derVerteilung an, z. B. entspricht x50,3 dem 50 %-Quantil der Volumenverteilung).

Quantile derPartikelgrößenverteilung

Partikelgrößenfraktion (Benennung nach Trennpartikelgröße)

< 10 lm 10 – 20 lm 20 – 32 lm 32 – 50 lm

x10,3 [lm] 1,2 0,8 6,0 12,6

x16,3 [lm] 1,6 1,2 7,8 14,8

x50,3 [lm] 3,1 6,5 11,1 23,6

x84,3 [lm] 5,4 9,7 15,0 36,0

x90,3 [lm] 6,2 11,1 17,2 40,6

Ultraschall 755

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4 Bedeutung der Ergebnisse für die Praxis

Das vorgestellte Verfahren auf Basis der Ultraschallrück-streumessung bietet eine Erweiterung zur bislang ange-wendeten US-Dämpfungsspektroskopie im Bereich derakustischen Partikelcharakterisierung. Die Auswertungder Rückstreusignale liefert Schalldämpfungswerte, dieim Rahmen der hier untersuchten Schallfrequenzen,Partikelgrößen und -konzentrationen gut mit den Mess-ergebnissen der US-Dämpfungsspektroskopie überein-stimmen. Die Vermeidung eines Messspalts, wie im Fallder klassischen Transmissionsanordnung, erhöht zu-dem das Potenzial des Messverfahrens zur Inline-Anwendung. Die offene Messanordnung erlaubt bei-spielsweise die Konstruktion einer einfachen Stabsonde,die in die Dispersion eingetaucht oder direkt in Behäl-terwandungen eingebaut wird. Neben der Schalldämp-fung kann eine weitere Messgröße in Form eines Streu-intensitätsäquivalents bestimmt werden. Beide Größenzeigen jeweils eine Abhängigkeit sowohl gegenüber derPartikelgröße als auch der Konzentration. Es sind wei-terführende experimentelle Arbeiten notwendig, umden Zusammenhang zwischen Dispersphase und demakustischen Rückstreuverhalten näher zu untersuchen.Ebenso steht eine theoretische Untersuchung im Fokusder weiteren Arbeiten. Ziel dieser Arbeiten ist die Abbil-dung des akustischen Rückstreuverhaltens in Abhän-gigkeit von der Dispersionszusammensetzung, um imWeiteren eine Partikelcharakterisierung auf Basis derbeiden Messgrößen durchführen zu können. Zudemsoll die spektrale Auswertung dazu genutzt werden,Informationen bezüglich der Partikelgrößenverteilungbzw. der Verteilungsbreite zu gewinnen.

Mögliche Zielanwendungen der Messmethode sindProzesse mit flüssigkeitsgetragenen Partikelsystemen,deren Konzentration von wenigen bis hin zu 50 Vol.-%(hochgefüllte Dispersionen) reicht. Hierzu zählen bei-spielsweise Nasszerkleinerungsprozesse, wie sie bei derHerstellung von Farben und Lacken oder bei der Aufbe-reitung von Erz- und Klärschlämmen zu finden sind. Inder Halbleiterfertigung ist das Monitoring von hoch-gefüllten Säge- und Schleifsuspensionen zur Qualitäts-

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a) b)

Abbildung 4. Relative Änderung der Rückstreuamplitude Dg als Funktionder Feststoffkonzentration für verschiedene Partikelgrößenfraktionen,Schallfrequenz: 6 MHz (gefiltert). Für Partikel > 20 lm ergibt sich einnahezu linearer Anstieg über Konzentration, wohingegen der Kurven-verlauf für Partikel < 20 lm deutlich von einem linearen Zusammenhangabweicht. Die Ergebnisse sind im Vergleich mit der Referenzmessmethodeplausibel (s. Abb. 5).

Abbildung 5. Vergleich zwischen frequenznormierten Schalldämpfungs-werten aus Rückstreu- (Dg, vgl. Abb. 4) und Transmissionsmessung(„Dämpfung DT1200“), Schallfrequenz: 6 MHz (gefiltert), weglängen-abhängige Schalldämpfung des US-Spektrometers (DT-1200) umgerech-net ([dB cm–1MHz–1] unter Verrechnung der Schallgeschwindigkeit in[dB ls–1MHz–1] übertragen, Schallgeschwindigkeit mit DT-1200 gemes-sen).

Abbildung 6. Maximal-wert der Rückstreuam-plitude gmax (lineareSkalierung) als Funktiona) der mittleren Partikel-größe (x50,3, vgl. Tab. 1),b) der Partikelkonzen-tration, Schallfrequenz:10 MHz (gefiltert).

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sicherung des Herstellungsprozesses ebenso ein potenziel-les Anwendungsfeld für akustische Partikelmesstechnik.Erste Messergebnisse zeigen, dass Partikel im unterenMikrometermaßstab auswertbare Signale liefern. Grund-sätzlich wird die detektierbare Partikelgröße von der ver-wendeten Schallfrequenz bestimmt [4], wobei kleinere Parti-kel eine höhere Frequenz (kleinere Wellenlänge) erfordern.Mit Schallfrequenzen größer 20 MHz lassen sich submi-krone Partikel prinzipiell vermessen. Größere Partikel lie-fern vergleichsweise stärkere Rückstreusignale, so dass dermit dem Verfahren detektierbare Partikelgrößenbereichnach oben keine Beschränkung aufweist.

Die Autoren danken der AiF für die finanzielle Unter-stützung. Das IGF-Vorhaben 16681 BR/1 der For-schungsvereinigung Forschungsgesellschaft für Mess-technik, Sensorik und Medizintechnik e.V. Dresden –fms, Theodor-Heuss-Allee 25, 60486 Frankfurt amMain wurde über die AiF im Rahmen des Programmszur Förderung der industriellen Gemeinschaftsfor-schung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministe-rium für Wirtschaft und Technologie aufgrund einesBeschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Formelzeichen

f [MHz] Frequenz der SchallwelleN [–] Anzahl der Einzelmessungen,

auf deren Basis eine statistischeAuswertung erfolgt

p [Pa] Schallwechseldruck

t [ls] Signallaufzeit, Bezugsgröße beiUS-Echomessungen, proportionalzur durchschallten Wegstrecke

xa,b [lm] Partikelgröße (Quantile der Partikel-größenverteilung), Index a gibt dasQuantil und Index b die Art derVerteilung an

g [–, dB] Rückstreuamplitude (über N Einzel-amplitudenmesswerte) in lineareroder logarithmischer Darstellung

Dg [dB ls–1] relative Änderung der Rückstreu-amplitude g gegenüber der Signal-laufzeit t

gmax [–, dB] Maximalwert der Rückstreuamplitu-de g zur Laufzeit t = 4 ls (direkt hin-ter dem Vorlaufstreckenfenster) inlinearer oder logarithmischer Dar-stellung

Literatur

[1] K. K. Shung, G. A. Thieme, Ultrasonic Scattering in BiologicalTissues, CRC Press, Boca Raton, FL 1993.

[2] S. E. Kruger, J. M. A. Rebello, J. Charlier, IEEE Trans. Ultrason.,Ferroelectr., Freq. Control 2004, 51, 831 – 837.

[3] R. Millner, Wissensspeicher Ultraschalltechnik, 1. Aufl., VEBFachbuchverlag, Leipzig 1987.

[4] A. S. Dukhin, P. J. Goetz, Ultrasound for Characterizing Colloids,Elsevier, Amsterdam 2002.

[5] DT-100/DT-1200 Ultraschallspektrometer, Dispersion Technology,Bedford Hills, NY.

[6] J. J. Faran, J. Acoust. Soc. Am. 1951, 23, 405 – 418.[7] J. K. Percus, G. J. Yevick, Phys. Rev. 1958, 110, 1 – 13. DOI:

10.1103/PhysRev.110.1

ChemieIngenieurTechnik

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