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W. Böcker G. Klöppel, M. Dietel (Hrsg.), Pathologie – Mamma, Weibliches Genitale, Schwangerschaft und Kindererkrankungen DOI 10.1007/978–3–642–04564–6_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 Inhalt Klassifikation nach WHO und AFIP 90 Literatur 92 5 Kapitel 5 Klassifikation der Mammakarzinome

Pathologie || Klassifikation der Mammakarzinome

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Page 1: Pathologie || Klassifikation der Mammakarzinome

W. Böcker

G. Klöppel, M. Dietel (Hrsg.), Pathologie – Mamma, Weibliches Genitale, Schwangerschaft und KindererkrankungenDOI 10.1007/978–3–642–04564–6_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Inhalt

Klassifikation nach WHO und AFIP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

5Kapitel 5

Klassifikation der Mammakarzinome

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Es besteht heute kein Zweifel mehr, dass sich das invasive Mammakarzinom aus intraepithelialen (in situ) Vorstufen entwickelt, die mit wenigen Ausnahmen vom Epithel der TDLE ihren Ausgang nehmen . Dies gilt für die lobulären als auch für die vielfältigen duktalen Karzinome (s . Kap . 4) . Der Unterschied zwischen diesen beiden Formen ergibt sich somit nicht aus Unterschieden bezüglich des Entste-hungsortes, sondern aus dem Funktionsverlust eines Ad-häsionsmoleküls, des E-Cadherins, das, wenn es intakt ist, für ein kohäsives Wachstum verantwortlich ist, bei seinem Fehlen aber zu einem dissoziierenden Wachstum führt .

Mit der Verbesserung der radiologischen Diagnos-tik und der Einführung des systematischen Screenings haben die duktalen intraepithelialen Neoplasien zahlen-mäßig zugenommen und machen jetzt etwa 20 % aller Karzinome aus . Aufgrund ihres hohen lokalen Karzi-nomrisikos müssen sie entfernt werden (s . Kap . 6) .

Von den zahlreichen Klassifikationen invasiver Mam-makarzinome seien zwei hier aufgeführt: die derzeit gültige WHO-Klassifikation und die kürzlich von Tavassoli und Eusebi im AFIP-Faszikel publizierte Klassifikation [2, 3] .

Die WHO-Klassifikation aus dem Jahr 2012 geht vom histologischen Phänotyp aus und unterteilt in duktale (NOS, „not otherwise specified“; NST, „no specific type“) und lobuläre Karzinome sowie schließlich in duktale Kar-zinome mit spezifischen Merkmalen . Obwohl in dieser Klassifikation keine weiteren Ordnungsprinzipien ange-wandt wurden, wird doch eine Reihe von Tumoren wie z . B . das adenoid-zystische oder das adenosquamöse Karzinom durch ihre Differenzierungsmerkmale hervorgehoben .

Histologische Typen des invasiven Mammakar-zinoms nach WHO (2012)1a und histologische Klassifikation nach AFIP (2009)3

Histologische Typen WHO (2012)– Invasives duktales Karzinom, NOS– Invasives lobuläres Karzinom– Tubuläres Karzinom und kribriformes Karzi-

nom– Karzinom mit medullären Merkmalen– Metaplastisches Karzinom– Karzinom mit apokriner Differenzierung– Speicheldrüsen/Haupthangsdrüsen-Typ

Tumoren– Adenoid-zystisches Karzinom– Mukoepidermoidkarzinom– Polymorphes Karzinom– Muzinöses Karzinom und Karzinom mit Sie-

gelringzelldifferenzierung– Neuroendokrines Karzinom– Invasives papilläres Karzinom– Invasives mikropapilläres Karzinom– Inflammatorisches Karzinom

– Bilaterales und nicht-synchrones Karzinom– Ausgesprochen seltene Typen und Varianten– Sekretorisches Karzinom– Onkozytäres Karzinom– Sebaziöses Karzinom– Lipidreiches Karzinom– Glykogenreiches hellzelliges Karzinom– Azinuszellkarzinom

AFIP (2009):– Hauptformen des Mammakarzinoms

– Invasiv-duktales Karzinom, NOS– Inflammatorisches Karzinom– Invasiv-lobuläres Karzinom

– Karzinome niedrigen Malignitätsgrades– Tubuläres Karzinom– Tubulolobuläres Karzinom– Invasives kribriformes Karzinom– Adenoid-zystisches Karzinom– Muzinöses Karzinom– Endokrine Tumoren– Medulläres Karzinom– Lymphoepitheliom-ähnliches Karzinom– Azinuszellkarzinom (ACCA, #2367)– ACCA, assoziiert mit mikroglandulärer

Adenose– Seltene Karzinomvarianten

– Metaplastisches Karzinom– Plattenepithelkarzinom– Adenosquamöses Karzinom– Adenokarzinom mit Spindelzellmetaplasie– Apokrines Karzinom– Lipidreiches Karzinom– Sebaziöses Karzinom– Sekretorisches Karzinom– Hellzelliges Karzinom– Karzinom mit osteoklastären Riesenzellen– Karzinom mit choriomätösen Merkmalen– Melanotisches Karzinom– Basalzellähnliches Karzinom

Der häufigste Subtyp ist mit 60–70 % aller Karzinome das invasiv-duktale Karzinom (ICD) ohne spezifische Merkmale, das wir als ICD-NST bezeichnen . Ihm folgt mit ca . 10–15 % das invasiv-lobuläre Karzinom . Die duktalen Karzinome mit spezifischer Differenzierung zeigen zahlreiche Subtypen, wobei der einzelne Subtyp zahlenmäßig nur jeweils wenige Prozente ausmacht . Interessanterweise ist diese WHO-Klassifikation weit-gehend an HE-gefärbten Schnittpräparaten erarbeitet worden . Eine Unterteilung in histogenetische Unter-gruppen ist darin nicht berücksichtigt worden .

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Eine zweite Klassifikation, die AFIP-Klassifikation 2009, die in der letzten Auflage des Atlas of Tumor Pa-thology des Armed Forces Institute of Pathology von Tavassoli und Eusebi publiziert wurde, unterscheidet sich von der WHO-Klassifikation dadurch, dass sie drei große Gruppen bildet: Hauptformen der Mamma-karzinome, Karzinome mit niedrigem Malignitätsgrad und seltene Karzinomformen . Während die WHO-Klassifikation auf der Basis lobulär, duktal und duktal mit spezifischer Differenzierung ihre nosologische Ord-nung findet, ist die Auflistung der Mammakarzinome in der AFIP-Klassifikation in drei Hauptgruppen nicht ohne weiteres nachvollziehbar . So findet sich z . B . das inflammatorische Karzinom mit dem invasiv-duktalen und invasiv-lobulären Karzinom in der Gruppe der „Hauptformen des Mammakarzinoms“ . Darüberhi-naus findet sich in dieser Klassifikation eine Gruppe mit dem Ordnungsprinzip niedriger Malignitätsgrad, eine Gruppe mit hohem Malignitätsgrad ist aber nicht aufgeführt . Schließlich wird das medulläre Karzinom in die Gruppe niedrigen Malignitätsgrades eingeordnet, was aufgrund neuerer Daten zumindest fragwürdig ist . Das adenosquamöse Karzinom, „low grade“, ein Tumor mit exzellenter Prognose, ist dagegen in dieser Gruppe nicht vertreten . Diese drei Hauptgruppen lassen somit weder ein übergeordnetes Ordnungsprinzip erkennen, noch helfen sie dem Pathologen in seiner täglichen Di-agnostik weiter .

Die von uns benutzte Klassifikation (s .  folgende Übersicht) hat folgende Rationale: Zunächst einmal enthält sie alle in der WHO aufgeführten Karzinom-typen . Diese werden unter Einbeziehung der immun-histochemischen und molekularen Befunde dargestellt . So haben im letzten Jahrzehnt immunhistochemische Untersuchungen sowie Genexpressionsanalysen zu einer Stratifikation der Mammakarzinome in einen luminalen (K7/8/18-positiven und K5/14/17-negativen) und einen basalen (K5/14-positiven, zumeist auch K7/8/18-posi-tiven) Phänotyp geführt (s . Kap . 4) . Etwa 80–90 % aller Mammakarzinome sind dem luminalen Subtyp, über-wiegend mit ER-Positivität, 10–15 % dem basalen Phä-notyp zuzuordnen (siehe hierzu speziell [1]) . Als eine besondere Gruppe werden die Her2-positiven Tumoren herausgestellt (s .  Kap .  9), die teils den luminalen, teils den basalen Phänotyp aufweisen und einer gezielten An-tikörpertherapie zugeführt werden können . Aufgrund der Tatsache, dass derzeit in der morphologischen Di-agnostik vor allem molekulare Marker in Form im-munhistochemisch nachweisbarer Antigene eine Rolle spielen, haben wir das Ordnungsprinzip der Keratin-expression in die Klassifikation mit einbezogen: Die in der WHO aufgeführten Entitäten werden somit nach dem Expressionsmuster der glandulären Keratine 7/8/18 und der basalen Keratine 5/14/17 in die Gruppe der lu-minalen ((80–90 %) K7/8/18-positiv; K5/14-negativ) und die kleinere Gruppe der basalen Karzinome ((10–

20%) K5/14/17-positiv; zumeist mit Koexpression von K7/8/18) untergliedert . Zu der Gruppe der Karzinome vom basalen Phänotyp sind auch die speicheldrüsen-typischen Karzinome der Mamma (adenoid-zystisches Karzinom, adenosquamöses Karzinom etc .) zu rechnen .

Modifizierte WHO-Klassifikation invasiver Karzinome– Karzinome vom luminalen Phänotyp

– Invasives lobuläres Karzinom (ILC)– Invasives-duktales Karzinom (IDC)– Invasives Karzinom mit neuroendokriner

Differenzierung– Tubuläres Karzinom– Kribriformes Karzinom– Mikropapilläres Karzinom– Papilläres Karzinom– Muzinöses Karzinom– Apokrines Karzinom– Zystisches hypersekretorisches Karzinom– Mammakarzinom mit osteoklastären Rie-

senzellen– Glykogenreiches hellzelliges Karzinom– Lipidreiches Karzinom

– Karzinome vom Speicheldrüsentyp– Azinuszellkarzinom– Onkozytäres Karzinom

– Karzinome vom basalen Phänotyp– Invasiv-duktales Karzinom (ICD)– Medulläres Karzinom– Sekretorisches Karzinom– Sebaziöses Karzinom– Karzinom mit heterologer Differenzierung

(sog . metaplastisches Karzinom)– Karzinome vom Speicheldrüsentyp

– Adenosquamöses Karzinom– Adenoid-zystisches Karzinom– Mukoepidermoidkarzinom– (Adeno-)Myoepitheliales Karzinom– Plattenepithelkarzinom

Es muss aber betont werden, dass im klinischen Alltag neben der Typisierung die Bestimmung des Rezeptor- und Her2-Status (Kap .  9) sowie Grading und Staging (Kap .  10) ganz im Vordergrund stehen . Der Keratin-Immunphänotyp spielt aber in der Differentialdiagnose bestimmter Tumoren eine große Rolle und kann auch in der Abgrenzung zu benignen Läsionen von Bedeutung sein .

Klassifikation der Mammakarzinome Kapitel 5 91

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Literatur

1 . Lavasani MA, Moinfar F (2012) Molecular classifica-tion of breast carcinomas with particular emphasis on “basal-like” carcinoma: A critical review . J Biophotonics (in press)

1 .a Lakhani SR, Ellis, IA, Schnitt, SJ, Tan, PH, van de Vijver, MJ (2012) WHO Classification of Tumours of the Breast IARC Press Lyon

2 . Tavassoli FA, Devilee P (2003) WHO Classification of tumours . In: Tumours of the breast and female genital organs . IARC Press, Lyon

3 . Tavassoli FA, Eusebi V (2009) Tumors of the mammary gland . American Registry of Pathology, Washington, DC

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