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Die kolumbianische Friedens- gemeinde San José de Apartadó zieht um und gründet San Josécito. Seite 3 Leben ohne Polizei peacebrigades.ch Im FOKUS: Bewaffnete Konflikte haben unterschiedliche Folgen für Männer und Frauen. Seite 7 - 10 Gender Jahr der Stärkung Rundbrief 2/05 von Peace Brigades International – PBI Schweiz September 2005 Rückschau auf die Arbeit von PBI auf nationaler und internationaler Ebene im 2004. Seite 12 - 13

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Die kolumbianische Friedens-gemeinde San José de Apartadózieht um und gründet San Josécito.

Seite 3

Leben ohne Polizei

peacebrigades.ch

Im FOKUS: Bewaffnete Konfliktehaben unterschiedliche Folgen fürMänner und Frauen.

Seite 7 - 10

Gender Jahr der Stärkung

Rundbrief 2/05 von Peace Brigades International – PBI Schweiz September 2005

Rückschau auf die Arbeit von PBIauf nationaler und internationalerEbene im 2004.

Seite 12 - 13

kommission in der Schweiz weilten,das Ihre dazu beigetragen. Wir bie-ten diesen Frauen einen Platz fürihre Anliegen, wollen Hintergründevermitteln und aufzeigen, weshalbpolitische Repression zwischenMännern und Frauen diskriminiert.Wir geben der humanitären Frauen-organisation RPuK aus Aceh dasWort. Durch den Besuch einerVertreterin von RpuK hatte PBI dieMöglichkeit, in Zusammenarbeitmit Swisspeace eine ExpertInnen-diskussion zum Thema Gender undKonfliktsensitivität anzuregen. Dennnach dem Tsunami droht sich die inAceh bereits bestehende Diskri-minierung zu verschärfen.

Sie halten kein buntesFrauenheft in Ihren Händen, aberein Zeugnis von Vitalität undWahrheitskampf.

Ich wünsche Ihnen gute Lektüreund freue mich auf ein Feedback!

Peace Brigades International 2 peacebrigades.ch – 2/2005

KOLUMBIEN 3INDONESIEN 4NEPAL 5MEXIKO 6FOKUS 7SCHWEIZ 11SERVICE/AGENDA 16Peacebrigades.ch ist das deutschsprachige Publika-

tionsorgan von Peace Brigades International Schweiz.

Die Beiträge in peacebrigades.ch geben nicht unbe-

dingt die Meinung von PBI oder der Redaktion wieder.

InhaltRundbrief von Peace Brigades International – PBI Schweiz – Nr. 2/05, September 2005

Erscheint dreimal jährlich. Nächste Ausgabe: Dezember 2005. Redaktionsschluss: 1. November 2005

Redaktion: Sylviane Binz und Christa Dold

Mitarbeitende dieser Nummer: AutorInnen: Katia Aeby, Tommy Byrne, Chantal Daum, Christa Dold, Wiebke

Döring, Brigit Dürr, Sylvie Gränicher, Anouk Henry, Sara Kipfer, Nina Neidhart, Pierre-Lucien Michelet, Gabi

Stämpfli, Sabine Ziegler ÜbersetzerInnen: Katia Aeby, Tania Hörler, Lisa Huber, Judith Niederberger, Barbara

Stiner, Ana Tegeltija Lektorat: Sven Fäh, Nina Neidhart.

Gestaltung: Alessandro Rimoldi – Druck: CRIC Print, Fribourg – Auflage: 2’400 (deutsch)

Gutenbergstr. 35, 3011 Bern, Tel. 031 372 44 44, Fax 031 372 44 45,

Tel.026 422 25 90, Fax 026 422 26 03, PCK 80-20957-8

[email protected], Website: www.peacebrigades.ch

TitelfotoLhonga Camp für intern Vertriebene westlich von Banda Aceh. Mütter mitKindern in einem anlässlich des Besuches vom deutschen AussenministerJoschka Fischer durch die Welthungerhilfe eröffneten Spielzelt. (Foto: JörgMeier)

«Nein, die Schweiz mag ichnicht, weil hier schon alles gemachtist», antwortete Yolanda Becerra,Präsidentin der kolumbianischenFrauenorganisation OFP, auf dieFrage einer NZZ-Journalistin, ob ihrdie Schweiz gefalle. Frauen sindhartnäckige Kämpferinnen, wennes um die Menschenrechte geht.

Nach dem ersten Jahr peacebri-gades.ch und dem Aufbau eines gutetablierten Redaktionsteams dürfenwir Ihnen ein erstes Heft mit the-matischem Schwerpunkt präsentie-ren. Wir möchten zukünftig öfterQuerschnittsthemen diskutierenund zum Nachdenken anregen.Wieso «Gender» – also «sozialesGeschlecht» – als erstes Thema?Vielleicht, weil heute die ganzeBelegschaft bei PBI Schweiz weib-lich ist? Oder weil die Frauen inunseren Projekt-Partnerorganisa-tionen zunehmendem Druck ausge-setzt sind? Sicherlich haben die ein-drücklichen Menschenrechts-verteidigerInnen, die anlässlich derdiesjährigen Menschenrechts-

Peace Brigades International(PBI) leistet seit 1981 Friedensein-sätze und Menschenrechtsbeobach-tung in Krisengebieten. Internationa-le Teams von Freiwilligen begleitenPersonen und Gemeinschaften, diewegen ihres gewaltfreien Engage-ments für Gerechtigkeit und Friedenan Leib und Leben bedroht werden.Die internationale Präsenz ermög-licht ihnen die Weiterarbeit. Men-schenrechtsverletzungen könnennicht unbemerkt geschehen undwerden verhütet.

Die gewaltabschreckende Wir-kung der Schutzbegleitung wird ver-stärkt durch die Pflege einesumfangreichen Kontakt- und Bezie-hungsnetzes zu zivilen und militäri-schen Behörden, zu den Regierun-gen, zum diplomatischen Korps, zuinternationalen und nationalen Insti-tutionen und Organisationen. PBIbietet zur Zeit Schutzbegleitungen invier Ländern: In Kolumbien, Mexiko,Guatemala und Indonesien. Ständigstehen etwa 70 Freiwillige im Ein-satz, darunter mehrere Frauen undMänner aus der Schweiz.

Die Aktivitäten von PBI gründenauf den Prinzipien der Gewaltfrei-heit, Nichtparteilichkeit und Unab-hängigkeit sowie auf der Idee, dassdie betroffene Bevölkerung ihreKonflikte selbständig gewaltfreilösen kann, wenn ihr der dafür not-wendige Raum zur Verfügung steht(Nichteinmischung). PBI wird nurauf Anfrage aktiv.

Raum für Frieden schaffen

peacebrigades.ch

Sabine ZieglerGeschäftsführerinPBI Schweiz

Friedensgemeinde San José de ApartadóAblehnung von Polizei und Gewalt

KOLUMBIEN 3 peacebrigades.ch – 2/2005

Die EinwohnerInnen der Friedensgemeinde San José haben sich entschieden, ihr Dorf zu

verlassen, um nicht mehr länger Seite an Seite mit Sicherheitskräften leben zu müssen.

In den Augen der BewohnerInnen sind eben diese Sicherheitskräfte für das Massaker

vom letzten Februar, dem ein Anführer der Gemeinde zum Opfer fiel, verantwortlich.

Strassenszene in San José de Apartadó.

Vielleicht war es Naivität oderaber überschwänglicher Opti-mismus, dass viele dachten, dieÜbergriffe auf San José de Apartadógehörten der Vergangenheit an. Mansagte sich, die Strategien hätten ge-ändert, die Übergriffe gegen dieseGemeinde würden klar als rechtlicheVerletzung anerkannt. Wer nichtwahrhaben wollte, zu welchen Gräu-eln Menschen fähig sind, mussteeine Enttäuschung der eigenen Illu-sionen hinnehmen: am 21. Februardieses Jahres wurden acht Men-schen auf brutalste Art und Weise er-mordet. Unter den Opfern waren der11-jährige Deiner, die 6-jährige Nata-lie und der 18 Monate alte Santiago.Auch Luis Eduardo Guerra, Vater vonDeiner und angesehener Anführerder Gemeinde, gehörte zu den Er-mordeten. Mehrere Jahre hatte PBIihn begleitet. Im 2002 sah er sichnach Morddrohungen gezwungen,San José zu verlassen. Die Liebe zuseinem Heimatdorf aber war stärker,so dass er vor einigen Monaten nachSan José zurückkehrte, sich wei-gernd zu glauben, dass dies für ihnden Tod bedeuten könnte.

Armee wird beschuldigt

Die tosende Botschaft dieserschrecklichen Tat erstickte nicht in

den Bergen, wo das Massaker statt-gefunden hatte. Im Gegenteil, sieverbreitete sich rasch im ganzenLand und bald war sie auch über dieLandesgrenzen hinaus bekannt(siehe Kasten). Denn die Gemeindebeschuldigte die kolumbianischeArmee der Täterschaft. Die Regie-rung stritt dies sofort ab und wies ih-rerseits die Verantwortung den Gue-rillas zu. «Unmöglich», beteuertendie AugenzeugInnen.

Eine Kommission, der diverseParteien angehörten, machte sichauf, die Leichname zu entfernen.Unter ihnen waren PBI, weitereinternationale Organisationen, Re-gierungsvertreterInnen und einigeDutzend DorfbewohnerInnen. Dabei

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zeigte sich, wie schwierig es ist,eine unabhängige Untersuchungdurchzuführen. Präsident AlvaroUribe Velez seinerseits hat den Frie-densgemeinden, wie San José eineist, sofort den Krieg erklärt. In sei-nen Augen ist es unzulässig, dassZivilpersonen die Präsenz einer lega-len bewaffneten Einheit, wie hierdie Armee, zurückweisen. Und inder Annahme, damit weitere Opferverhindern zu können, ordnete derRegierungschef sogar die Gründungeines Polizeipostens in San José an.

Getreu ihren manchmal fast ei-gensinnig verfolgten Prinzipien, rea-gierten die paar hundert Mitgliederder Friedensgemeinde von San Josérasch. Aus dem Ort wegzuziehen,war die einzige Möglichkeit, nichtmit einem bewaffneten Akteur zu-sammen leben zu müssen. Als diePolizei mit dem Bau ihres Postensbegann, machten sich etwa 90 Fami-lien auf, etwas weiter weg ein neuesDorf aufzubauen. Sie tauften es SanJosécito – kleines San José. SeitMärz ist San José nun ein Geister-dorf. Nur wenige Kilometer weiter,dem Tod den Rücken zukehrend,nimmt das Leben neuerlich seinenLauf – trotz allem.

Anouk Henry

«Es braucht eine unabhängigeUntersuchung des Massakers vonSan José de Apartadó», forderteLouise Arbour, UNO-Hochkommis-sarin für Menschenrechte anlässlichder 61. Menschenrechtskommis-sion im April in Genf. Dieser Forde-rung schlossen sich die VertreterIn-nen der Schweizer, der holländi-schen, der kanadischen und dernorwegischen Delegation an. Wil-

son David, Mitglied des internenRates der Friedensgemeinde SanJosé, legte Zeugenschaft von denVorkommnissen ab. Gleichzeitigreiste eine diplomatische, von PBIbegleitete Delegation nach SanJosé. Vor kurzem, im vergangenenMai, hat sich auch das spanischeParlament zum Massaker geäussertund Präsident Uribe aufgefordert,den Sachverhalt aufzuklären. AH

Die internationale Gemeinschaft verurteilt

«Während ungefähr 2 Wochenwar unser Haus voll. Wir beherberg-ten die Mitglieder von Peace-Ed,dem PBI-Team, das an verschiede-nen Orten des indonesischen Archi-pels Workshops zum Thema Ge-

waltlosigkeit und Friedenserziehungorganisiert. Zum ersten Mal inPapua überhaupt, hat dieses Teamwährend 5 Tagen im Mai einenWorkshop über «Konflikttransforma-tion» durchgeführt. Organisiertwurde der Workshop zusammenmit der Universität von Jayapuraund zwei lokalen NGOs, die im Be-reich der Menschenrechte tätigsind. 20 Personen nahmen teil.

Die Vorbereitungen

In der Woche vor dem Workshopwurde unser Wohnzimmer zumstrategischen Mittelpunkt, wo sichortsansässige Mitarbeitende mitdenjenigen des Peace-Ed Teams tra-fen, um die Details der Module zubesprechen. Anfänglich war vorge-

INDONESIEN 4 peacebrigades.ch – 2/2005

Das Team von PBI in West-Papua ist seit März 2004 im Einsatz und zählt heute 4 Freiwil-

lige. Da PBI zu diesem Zeitpunkt noch keine offizielle Bewilligung für Begleitungen in

Papua hatte, konzentrierte sie sich bis heute auf Friedenserziehung (Peace-Ed) und den

Aufbau eines Beziehungsnetzes mit lokalen NGOs. Folgend eine «Momentaufnahme»

vom Alltagsleben des Teams, zusammengestellt von Pierre-Lucien Michelet, Schweizer

PBI-Freiwilliger in Jayapura, Provinzhauptstadt im Westen von West-Papua.

Alltag in West-PapuaEin Schweizer Freiwilliger berichtet

sehen, dass die Mitglieder des PBI-Teams in Papua beim Workshopeine aktive Rolle spielen. So stelltenwir einen Vorbereitungstag auf dieBeine, um die Teilnehmenden zutreffen und ihre Erwartungen und

Bedürfnisse bezüglich Konfliktlö-sung zu besprechen. Danach nah-men wir eine passivere Rolle einund hielten uns bei den kommen-den Aktivitäten eher im Hintergrund.

«Land des Friedens»

Während des Workshops kon-zentrierten wir uns mehrheitlich aufdie Betreuung unseres lokalen Netz-werks, d.h. die Organisationen, mitdenen wir im vergangenen Jahrenge Kontakte geknüpft hatten. DieBeurteilung ihrer Sicherheit und ihreMeinung zum aktuellen politischenKlima stellten die Hauptanliegen un-sererseits dar. Dies ist die besteMöglichkeit, sich von der Men-schenrechtslage in der Provinz einBild zu machen. Zwischen den infor-

mellen Treffen fanden einige vonuns doch noch die Zeit, am Work-shop, an einer Veranstaltung oder aneinem Essen teilzunehmen. Dabeikonnte man sich auch wieder ein-mal ins Gedächtnis rufen, dass vieleEinwohnerInnen Papuas ihr Land als«Land des Friedens» bezeichnenund dass die Suche nach gewalt-freien Lösungen Teil des BudayaDamai ist. Dies ist die pazifistischeKultur der Volksstämme, welche dieStammbevölkerung von Papua bil-den.

Abschluss und Ausblick

Am letzten Tag des Workshopshatten wir eine Unterredung mitdem Vertreter einer Kirche. Wir be-fragten ihn nach den Möglichkeiten,in Wamena ein Haus zu mieten. Indiesem zentralen Hochland werdendie meisten Menschenrechtsverlet-zungen in Papua begangen. Falls esdie finanzielle Lage erlaubt, will PBIim Verlauf des Sommers dort einBüro eröffnen*. Zum Abschluss desWorkshops feierten wir ein kleinesFest. Danach begleiteten wir eineFreiwillige, deren Einsatz zu Endeging, zum Flughafen. Sie wolle nichtin ihre Heimatstadt zurückkehren, inder «keine Schweine die Strasseüberqueren und wo die PassantIn-nen kein Wort miteinander wech-seln», meinte sie beim Abschied.Damit neigte sich das Wochenendeseinem Ende zu. Und schon began-nen wir uns zu fragen, was in derkommenden Woche auf uns zukom-men würde.»

Pierre-Lucien Michelet

* Ende Juli 2005 starteten zweiPBI-Freiwillige Aktivitäten in Wa-mena.

Teilnehmende an einem Workshop zu Gewaltfreiheit und Konflikttransformation inPapua: Ortsansässige NGO-Mitarbeitende, Mitglieder des Peace-Ed-Teams und einigePBI-Freiwillige.

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NEPAL 5 peacebrigades.ch – 2/2005

Haftbedingungenund Antiterrorgesetz in Nepal

MandiraSharma, Siesind Direktorindes AdvocacyForums, einerRechtshilfeorga-nisation fürOpfer von Men-

schenrechtsverletzungen, und besu-chen regelmässig Gefangene inHaftanstalten. Welche Haftbedin-gungen treffen Sie bei diesen Besu-chen an?

Es ist fast unmöglich zu schildern,was ich in diesen Haftanstalten täg-lich zu sehen bekomme. Es gehtüber jede Vorstellung hinaus. Dut-zende von Gefangenen werden inZellen gepfercht, oft haben sie nichteinmal Zugang zu lebenswichtiger,medizinischer Versorgung. Einigevon ihnen bekommen währendmehrerer Tage keine Nahrung, weilsie bei ihrer Ankunft nicht registriertwurden. Dabei ist zu bedenken,dass wir nur zu den Haftanstaltender Polizei Zugang haben, nicht zujenen der Armee, wo die Zuständenoch schlimmer sind. Im vergange-nen Jahr haben wir 2’500 Gefange-ne besucht. Von diesen hatten 90%

innerhalb der gesetzlich vorge-schriebenen 24 Stunden keinen Zu-gang zu einem Anwalt und 70%waren massiv gefoltert worden.

Wie dokumentieren Sie die Fällevon Folter?

Dies ist sehr schwierig, zum Teilauch weil die Richter den Verletzun-gen der Menschenrechte keine Be-achtung schenken. Aufgrund desnepalesischen Rechts können An-wältInnen oder Angehörige einesGefangenen bei Verdacht auf Folterverlangen, dass innert drei Tageneine medizinische Untersuchungdurchgeführt wird. Ich habe kürzlicheine solche Untersuchung verlangt,aber die administrativen Massnah-men wurden verschleppt, und dieUntersuchung dieses Gefangenenfand schliesslich einen Monat späterstatt! Nach so langer Zeit könnenFolterspuren kaum mehr festge-stellt werden. Es besteht deshalbwenig Aussicht, dass die Folterunganerkannt wird. Überdies verwen-den die Polizisten vermehrt Metho-den, welche keine Spuren hinterlas-sen. Vergewaltigungen könnenkaum nachgewiesen werden, weilin den meisten Fällen keine medizi-nische Untersuchung durchgeführtwird.

Welches sind die Auswirkungenvon TADO für die Gefangenen?

TADO erlaubt eine einjährige Unter-suchungshaft für Personen, die derPlanung terroristischer Handlungenverdächtigt werden. Die unter TADOunschuldig festgehaltenen Perso-nen haben keinen Zugang zu einemRichter, während den schlimmstenVerbrechern dieses Recht nicht ab-gesprochen wird! Hunderte von

Menschen wurden unter TADO ver-haftet, darunter JournalistInnen undAnwältInnen, aber nur einige Dut-zend von ihnen führte man einemRichter vor. Die Menschen sind inMilitärbaracken inhaftiert, was inkeiner Weise einem Haftort mit«menschlichen» Zügen entspricht,wie es eine Bestimmung von TADOverlangt. Auch das Besuchsrechtwährend der Inhaftierung wird ihnenaberkannt, ebenfalls entgegen be-stehende Bestimmungen.

Sind die Verletzungen von Men-schenrechten seit dieser Verord-nung häufiger geworden?

Die Fälle von Folter sind unterTADO noch zahlreicher als vorher.Wir haben den Verdacht, dass ge-wisse inhaftierte Personen zum Ver-schwinden gebracht oder ausserge-richtlich hingerichtet wurden. VieleAktivistInnen verstehen diese Ver-ordnung als Angriff auf die Zivilge-sellschaft und als Beweis für diewachsende Macht des Militärs. Wirhaben gegen TADO eine Klage beimObersten Gericht eingereicht. Die-ses hat entschieden, dass TADO un-gesetzlich ist, und hat von der Re-gierung eine Antwort verlangt. Wirwarten immer noch auf diese Ant-wort.

Sylvie Gränicher / S. Binz

Seit dem Staatsstreich vom 1. Februar 2005 sind Hunderte von AktivistInnen hinter

Schloss und Riegel gesperrt worden. TADO – die Verordnung betreffend terroristischer

und destabilisierender Aktivitäten – die am vergangenen 14. April verlängert wurde, gibt

den Behörden erweiterte Befugnisse für Verhaftungen und Inhaftierungen. Ein Gespräch

mit der Direktorin des Advocacy Forums, der ersten nepalesischen Organisation, die mit

der Nepal Bar Association um Begleitschutz von PBI bat.

Die drei aktuellen Arbeitsstandortevon PBI in Nepal:1. Katmandu2. Pokhara3. Nepalgunj

PBI in Nepal

MEXICO 6 peacebrigades.ch – 2/2005

San Cristóbal de las Casas –ein Ort, viele Gesichter

San Cristóbal de las Casas – Dorfund Stadt zugleich. Kolonialer Char-me, wunderschön eingebettet inHügelzüge. Ein Labyrinth aus far-benprächtigen, engen Strassen. Tra-ditionell gekleidete Menschen prä-gen das Strassenbild ebenso wiedie vielen TouristInnen. Auf Schrittund Tritt werden Waren zum Kaufangeboten. Vor allem die indigeneBevölkerung hält eine riesige Aus-wahl an selbst hergestellten Produk-ten wie Spielzeuge, Decken oderKleider feil. Dutzende von Cafés mitwunderschönen Patios locken. SanCristóbal – ein Ort zum Wohlfühlen,Verweilen und Geniessen…

San Cristóbal de las Casas –

Bezirkshauptort und Schauplatz derGuerillaoffensive der EZLN (EjércitoZapatista de Liberación Nacional)vom 1. Januar 1994. Einen Tag spä-ter verliest Subcommandante Mar-cos in San Cristóbal die «Erste Erklä-rung aus dem Lakandonischen Ur-wald». Mit 13 Forderungenbegründen die Zapatisten ihrenKampf: Arbeit, Land, Wohnung,Nahrung, Gesundheit, Bildung, Un-abhängigkeit, Freiheit, Demokratie,Gerechtigkeit, Frieden, Informationund Kultur. In den darauffolgendenTagen bombardieren die Regie-rungstruppen indigene Gemeinden.Es kommt zu Gewaltakten, Massen-erschiessungen und Vertreibungendurch Bundesarmee und Gross-grundbesitzer. Während den näch-sten sechs Jahren folgen zahlreicheweitere Verbrechen gegen die Men-schenrechte. Über 20’000 Men-schen werden durch paramilitäri-sche Gewalt intern vertrieben. Mitder Übernahme der Macht durchden neuen mexikanischen Staats-präsidenten Vicente Fox im Jahre2000 keimt Hoffnung auf, den Kon-flikt politisch lösen zu können. Auchnach Fox’ Amtsantritt finden jedochandauernde Menschenrechtsverlet-zungen statt; die Regierung zeigtkein Interesse an einer friedlichenLösung. San Cristóbal – ein Ort andem der Krieg gegen das Vergessen

weitergehen wird – bis die Rechteder Indígenas in Mexiko anerkanntsind und nie wieder vergessen wer-den.

San Cristóbal de las Casas –

seit 1995 ständiger Sitz von SIPAZ(«Servicio Internacional para laPaz»), eine internationale Friedens-organisation, welche nach dem Auf-stand der Zapatisten in Chiapas1994 mit der Aufgabe der Konflikt-beobachtung und -dokumentationins Leben gerufen worden ist. SIPAZunterstützt die Suche nach fried-lichen Lösungen und den Aufbaueiner Kultur des Friedens und desDialogs zwischen allen am Konfliktbeteiligten Akteuren. Der KoalitionSIPAZ gehören 50 Organisationen

an, unter anderem auch PBI, die seit1996 bei SIPAZ mitarbeitet. Die Ar-beit des Teams in San Cristóbal kon-zentriert sich vor allem auf die dreiKonfliktzonen Hochland, Dschungelund Norden und ist in folgenden Tä-tigkeitsfeldern aktiv: Information,Begleitung, Interreligiöser Dialogund Friedenssensibilisierung. Zu-sätzlich fordert SIPAZ die internatio-nale Gemeinschaft dazu auf, ihreBeziehungen zu Mexiko genau zuüberprüfen, wie auch ihre Verant-wortung im Aufbau von mehr wirt-schaftlicher, sozialer und politischerGerechtigkeit in der Weltordnungwahrzunehmen. San Cristóbal – einOrt, wo Gleichgültigkeit keine Op-tion ist.

Nina Neidhart

Im Frühjahr 2001 reisen die Zapatisten nach Mexiko-City, um die Umsetzung der 1996beschlossenen Verträge von San Andres zu fordern.

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Nach dreieinhalbjähriger Haft kam der wegen Sabotage verurteilte mexi-kanische Aktivist Alejandro Cerezo am 1. März 2005 frei. Seit zwei Jahrenbegleitet PBI die Schwester und einen Bruder Alejandros, die beide Mitglie-der des Cerezo Komitees zur Unterstützung politischer Gefangener sind.Beide haben bereits Drohungen erhalten und berichten, der Schutz von PBIerhöhe die Sichtbarkeit des Komitees und die öffentliche Anerkennungihres Einsatzes merklich.

Katia Aeby

Politischer Gefangener frei

Gender – Geschlechterrollen: Männer undFrauen in bewaffneten Konflikten

FOKUS 7 peacebrigades.ch – 2/2005

schlechtsspezifische Gewalt sindzwei Beispiele, bei denen es sichnicht um unvermeidbare Folgen,sondern um gezielte Strategien zurDestabilisierung von Familien undGemeinschaften handelt. Frauenund Kinder machen weltweit 80%der Flüchtlinge und intern Vertrie-benen aus. Sie sind besonders ver-letzlich und gefährdet. Physischeund sexuelle Gewalt, speziellgegen Frauen und Kinder, trifftman häufiger während und nachKonflikten an. Vergewaltigung undSchwängerung sind eigentlicheKriegsstrategien. Eine «Sexualisie-rung» der Streitzonen ist ein be-kanntes Phänomen: kommerziellesSexgewerbe einschliesslich Kin-derprostitution nimmt zu. Diefeindliche Konfliktpartei sowiestaatliche Streitkräfte zwingenFrauen zu Prostitution und sexuel-ler Sklaverei. Manchmal sind esauch Angehörige internationalerFriedensorganisationen – mandenke zum Beispiel an die Vorfällemit den UN-Friedenstruppen inMozambique und Kambodscha –für die sich Frauen im Austauschfür Nahrung oder kleine Mengenan Geld prostituieren. Als Überle-bensstrategie gehen Frauen inKonflikten auch «freiwillige» se-xuelle Beziehungen mit Kämpfernder gegnerischen Seite ein, um ihreigenes Überleben und das ihrerKinder zu sichern. In der Folge wer-den sie oft durch ihr soziales Um-

Die Benachteiligungen von Frau-en in bewaffneten Konflikten wider-spiegeln ein Ungleichgewicht inMacht- und Sozialstrukturen, das be-reits vor dem Konflikt bestand,durch diesen und dessen Nachwir-kungen aber noch verschlimmertwird.

In allen Gewaltkonflikten domi-nieren die Männer Armee und Poli-tik. Männer lösen die Kampfhand-lungen aus und führen die Verhand-lungen. Die Rolle der Frauen imKonflikt ist häufig weniger direkt undsichtbar. Sie unterstützen ihre Män-ner, übernehmen männliche Rollenim Erwerbsleben, kümmern sich umdie Verwundeten, Kranken und Zu-

rückgebliebenen. Es sind mehrheit-lich Männer, die bei Kampfhandlun-gen ums Leben kommen. Frauenmachen jedoch die Mehrheit der zi-vilen Todesopfer aus. Sie sind Opferder zusammenbrechenden sozialenStrukturen. Doch auch Frauen neh-men an Gewalthandlungen teil,schliessen sich der Armee, Guerillaoder Befreiungsbewegung an.

Opfer – auf beiden Seiten

Die Folgen bewaffneter Konflik-te auf die Geschlechter und ihreRollen sind einschneidend. Gewalt-same Vertreibungen und ge-

Die heutigen Konflikte sind gezeichnet von gezielter Gewalt gegen ZivilistInnen. Wäh-

rend im 1. Weltkrieg noch 10% der Opfer Zivilpersonen waren, sind es in den bewaffne-

ten Konflikten von heute über 80%. Bewaffnete Konflikte haben negative Folgen für

beide Geschlechter. Sie führen zu geschlechtsspezifischen Benachteiligungen, insbeson-

dere für Frauen. Die Gründe und Folgen werden von den internationalen und humanitä-

ren Organisationen nicht immer erkannt und genügend berücksichtigt.

feld stigmatisiert und diskriminiert.Obwohl Männer die primären Ak-teure von Gewalt gegen Frauenund Kinder sind, werden auch sieOpfer von Gewalt, einschliesslichsexueller Gewalt.

Geschlechterrollen aufgeweicht

Infolge des Konflikts überneh-men Frauen traditionell männlicheRollen. In Abwesenheit ihrer Ehe-männer werden sie zu allein stehen-den Familienvorständen und müs-sen für den Lebensunterhalt ihrer

Familie aufkommen. Viele Frauenwerden durch die Streitigkeiten trau-matisiert und ihrer Ehemänner,Söhne und Brüder für immer be-raubt. Trotz der menschlichen Tragikkönnen solche Momente zu Kataly-satoren werden in Machtstrukturen,welche die Frauen bisher unter-

FOKUS: GenderGeschlechterrollen in bewaffnetenKonflikten: Übersicht

S. 7/8PBI und Geschlechterrollen

S. 8Die weibliche Seite der Tsunami-Katastrophe

S. 9Bericht einer Frauenrechtsaktivistinaus Aceh

S. 10

drückt hatten. Bestehende sozialeNormen und Geschlechtsstereo-typien werden aufgeweicht.

Friedens-Akteurinnen

Bewaffnete Konflikte machenFrauen zu Opfern, Pflegerinnen, Wit-wen, Familienvorständen oder auchzu Kämpferinnen. Nicht nur: Frauensind auch Akteurinnen und viele enga-gieren sich für den Frieden. Nicht amVerhandlungstisch, sondern in der Ge-meinschaft, in der Familie, in Frauen-gruppen und auf der Strasse verrich-ten sie ihre unspektakuläre alltägliche«Friedensarbeit». So haben Frauen inSri Lanka jahrelang die Ausgangssper-re mit Armeesoldaten verhandelt undso ein Stück Normalität geschaffen.

Aufgrund ihrer unterschiedlichenErfahrungen und Rollen bringen siequalitativ andere soziale und politi-sche Perspektiven in die Friedensar-beit ein. Wie im genannten Beispielder Sri Lankanischen Frauen arbeitenFriedensaktivistinnen häufig mit ge-schlechtsspezifischen Stereotypien,

mit der Rolle der friedensliebendenMutter und Frau. So wirken Frauen,die sich aus privaten und persön-

lichen Motiven heraus engagieren –weil ihre Männer «verschwanden»oder ihre Söhne rekrutiert wurden –in der Gesellschaft glaubwürdig. Siekönnen sich eher Gehör verschaffen,während soziale Protestbewegun-gen von Männern schneller Repres-salien ausgesetzt sind.

UN-Resolution 1325

Trotz dieses grossen Engage-ments von Frauen, wird ihre «stille»

Arbeit in den offiziellen Friedens-prozessen immer noch zu wenig be-achtet. Von den Verhandlungsti-schen bleiben sie häufig ausge-schlossen. Die internationaleGemeinschaft hat die spezifischeGefährdung und das spezifische Po-tential von Frauen in Konflikt- undNachkonfliktsituationen erkannt. ImJahr 2000 wurde die Resolution1325 «Frauen, Frieden und Sicher-heit» des UNO-Sicherheitsrats vonallen Mitgliedern der Vereinten Na-tionen einstimmig verabschiedet.Diesem Resolutionstext müssennun Taten folgen.

Christa Dold

Link:http://www.swisspeace.org/koff/uploads/InfoSheet/InfoSheet1_Role-sOf.pdf

FOKUS 8 peacebrigades.ch – 2/2005

«Sie kamen nach Kolumbien, umFrauen zu begleiten... Frauen, dieÜberbringerinnen des Lebens...Frauen, die mutig, intelligent und ge-duldig die tägliche Anstrengung inKauf nehmen, sich für ihre Rechteeinzusetzen.» Soraya Gutierrez, Prä-sidentin des Anwaltskollektivs JoséAlvear Restrepo, Kolumbien.

PBI setzt sich für gleiche Chan-cen von Männern und Frauen inner-halb der Organisation ein, sei es beiden Festangestellten oder den Frei-willigen. Es existieren Richtlinienund Verhaltensregeln. Aufgrund derArbeitsweise und dem Prinzip derNichteinmischung sind die PBI-Pro-jekte jedoch nicht geschlechtsspezi-fisch orientiert. Die Verantwortlich-keiten, die sozialen und ökonomi-

schen Rollen von Männern undFrauen in den Projektländern, wer-den nicht systematisch hinterfragt.Die langjährige Arbeitserfahrung inden einzelnen Ländern ermöglichtPBI aber ein solides gesellschaftli-ches und kulturelles Wissen ein-schliesslich Geschlechterrollen. Die-ses Verständnis beeinflusst die tägli-che Arbeit wie auch die strategischePlanung. In den Projektländern neh-men Frauen eine proaktive Rolle beider Förderung von Menschenrech-ten und sozialer Gerechtigkeit ein.Auch besteht die Mehrheit der in-tern Vertriebenen in unseren Pro-jektländern aus Frauen und Kindern.

PBI begleitet Organisationen, diesich auf Frauenrechte spezialisierthaben, wie etwa RPuK in Aceh.

PBI und GeschlechterrollenRPuK besteht aus einem Team frei-williger Frauen, das sich für internVertriebene und die Schulung vonFrauen und Kindern engagiert (sieheArtikel S. 10). Andere Partnerorgani-sationen fokussieren nicht spezi-fisch auf Frauenrechte. Viele wer-den jedoch von Frauen geführt. DieAnliegen dieser NGOs weisen auftypische Rollenverteilungen vonMännern und Frauen in internenKonflikten hin. Männer exponierensich häufiger politisch und werdenfolglich eher Opfer von Repressions-massnahmen. Die Hinterbliebenen –Ehefrauen, Schwestern und Mütter– kämpfen darum, die Fälle aufzu-decken und die Verantwortlichen zurRechenschaft zu ziehen.

C. Dold

In Indonesien forderte der Tsuna-mi über 174’000 Menschenlebenund machte 800’000 zu Vertriebe-nen (August `05). Trotz ungenauerDaten ist unbestritten, dass dieOpfer um ein Vielfaches häufigerFrauen und Kinder waren. Eine Stu-die von Oxfam* fand, dass im AcehBesar Distrikt von 676 Überleben-den nur 189 weiblich waren, sprichdreimal mehr Frauen fanden in derFlut den Tod.

Frauen überlebten seltener

Die Gründe für dieses Missver-hältnis sind vielschichtig: viele Frau-en starben, weil sie erst ihre Kinderoder älteren Familienmitgliedersuchten, statt sofort zu fliehen.Frauen hielten sich häufiger Zuhau-se – in Strandnähe – auf. Die Män-ner dagegen waren ausser Haus,machten Besorgungen oder befan-den sich auf dem Meer und dieBoote trugen sie über die Welle hin-weg. Auch physische Faktorenspielten eine Rolle: Schwanger-schaft, geringere Körperkraft oderdie langen Kleider von Musliminnenmachten das Überleben bei Frauenweniger wahrscheinlich. Männerkönnen häufiger als Frauen schwim-men oder auf Bäume klettern.

Die Folgen

Durch den bestehenden Konfliktwaren die Rechte und Sicherheitvon Frauen in Aceh bereits vor demTsunami empfindlich eingeschränkt.Viele erlebten Traumatisierungen,waren von beiden Konfliktparteiendurch physische und sexuelle Ge-walt bedroht oder wurden zwangs-rekrutiert. Die Flut löste gravieren-de, demographische Verschiebun-gen aus, deren gesellschaftlicheFolgen nicht zu unterschätzen sind.Am meisten beeinträchtigt werden

Umsetzungsebenen spielt eine zen-trale Rolle, wenn es darum geht,konfliktdeeskalierende Wirkungenzu erzielen. Oxfam begann dazu einStudienprojekt und fordert interna-tionale Geberländer und NGOs aufdie Aspekte der Geschlechterrollenzentral in die Aufbauarbeit zu inte-grieren. Die verschiedenartigen Be-dürfnisse von Männern und Frauenmüssen adäquat eingeschätzt undberücksichtigt werden. Bei sämt-lichen Massnahmen müssen Frauenteilhaben können. Dabei ist die Ab-stützung auf bereits bestehende, lo-kale Frauenrechtsorganisationenwichtig. Frauen sind nicht nur Opfer,sie sind aktiv am Handlungsprozessbeteiligt. Umwälzungen in der Ge-sellschaftsstruktur tragen ein Poten-tial zur politischen Veränderung insich. Doch die Tür mit Möglichkei-ten für Reformen schliesst sichschnell wieder.

Christa Dold

*The tsunami’s impact on women,Oxfam Briefing Note. March 2005.Online:http://www.oxfam.org/eng/pdfs/bn050326_tsunami_women.pdf

FOKUS 9 peacebrigades.ch – 2/2005

in vielen Fällen die Frauen sein.In den Notunterkünften sind

Frauen in der Minderzahl und somitstärker gefährdet, Opfer von sexuel-ler Belästigung und Vergewaltigungzu werden. Kulturelle Normen hal-ten viele davon ab, öffentlich nachHilfe zu suchen. Mit weniger Frauenim heiratsfähigen Alter werdenMädchen früher verheiratet. Ihre Bil-dungschancen und ihre reproduktiveGesundheit stehen auf dem Spiel.Die zukünftige Arbeitsbelastung vonFrauen hängt davon ab, ob Männermehr Verantwortung im Haushaltund der Kinderbetreuung überneh-men werden. Sollten sich die tradi-tionellen Geschlechterrollen nicht soleicht umwälzen lassen, wird sichdas Arbeitspensum von Frauen be-trächtlich vergrössern.

Frauen beteiligen

Nach dem «do no harm»-Prinzipsollen nicht intendierte Folgen vonder internationalen Entwicklungszu-sammenarbeit kritisch in den Blickgenommen und ungewollte Konflikt-verschärfungen erkannt und vermie-den werden. Die Beteiligung vonFrauen auf allen Entscheidungs- und

Nach der Flutwelle in AcehDie weibliche Seite der Katastrophe

Katastrophen, wie «natürlich» bedingt sie auch sein mögen, treffen die Bevölkerung nicht gleichmässig.

Wo immer sie auftreten, bestimmen bestehende Strukturen, wer eher verschont bleibt oder sich von den

Folgen schneller erholen kann und wer einen hohen Preis bezahlt. In Aceh, Indonesien, traf die Flut eine

langjährige Konfliktregion. Welche Folgen hat die Katastrophe für die Zivilbevölkerung, insbesondere für

die Frauen?

Die Flutwelle hinterlässt Tod und Zerstörung in Aceh.

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FOKUS 10 peacebrigades.ch – 2/2005

Rani heisst eigentlich gar nichtRani. Rani möchte unerkannt bleiben.Keine Fotos, keine Tonaufnahme un-seres Gesprächs. Rani hat Angst –vor dem Militär, vor der GAM. Angst,auch Opfer der allgegenwärtigen Ge-walt zu werden. «Die Regierung führtso genannte ‚black lists’ von Sympa-thisantInnen der GAM, auf denenauch viele Mitarbeitende von NGOsvermerkt sind», berichtet Rani.

Intern Vertriebene

RPuK (Freiwillige Frauen für dieMenschlichkeit), die Organisation fürdie Rani arbeitet, kümmert sich umdie im eigenen Land Vertriebenen(IDPs). Allein im letzten Jahrzehntwurden insgesamt eine halbe MillionMenschen durch den bewaffnetenKonflikt vertrieben. Doch viele derVertriebenen meiden die IDP-Lageraus Angst vor Befragungen durchdas Militär. «Sie verstecken sich imWald, in verlassenen Häusern odersuchen bei Verwandten Zuflucht», er-zählt Rani. Tatsächlich befinden sichdie meisten IDPs ausserhalb der offi-ziellen Lagern. Das sei genau dasProblem, wie Rani erklärt: «Die Ver-triebenen, die sich nicht in einem offi-ziellen IDP-Lager befinden, werdenvon der Regierung nicht als IDPs an-erkannt. Das heisst, die Regierung istnicht für sie verantwortlich und musssie nicht unterstützen.» OffizielleLager erhalten Reis, Instantnudelnund Zelte. „Dennoch helfen wir auchin IDP-Lagern. Sauberes Trinkwasserist ein grosses Problem, aber auch zuwenig Essen, sanitäre Einrichtungenund medizinische Versorgung.»

Frauen und Kinder am stärksten

betroffen

RPuK kümmert sich in erster Linieum Frauen und Kinder, da diese vomKonflikt am stärksten betroffen sind:

weiter eingeschränkt. RPuK wieauch viele andere NGOs verlorenMitarbeitende und haben Schädenan ihren Räumlichkeiten zu beklagen.Die Provinz Aceh wurde zwar sehrzögerlich für ausländische Helfer ge-öffnet, doch bereits jetzt wird derSpielraum der Mitarbeitenden inter-nationaler Hilfsorganisationen in derProvinz immer stärker eingeschränkt.

Indonesische Politiker und Staatsan-gestellte haben wiederholt Fristenfür deren Abzug gefordert.

Trotz der gescheiterten Verhand-lungen in der Vergangenheit setztRani grosse Hoffnungen in die zur-zeit in Helsinki laufenden Friedens-verhandlungen. Allerdings ist die Zi-vilgesellschaft davon ausgeschlos-sen. «Die Zivilbevölkerung fühlt sichweder von der Regierung noch vonder GAM vertreten», sagt Rani. «Wirwissen nicht, was verhandelt wird.Hauptsache es gibt Frieden, damitein normales Leben möglich ist.»

Anne-Chantal Daum,Gesellschaft für bedrohte Völker

C. Dold

«Verschiedene Formen sexueller Ge-walt gegen Frauen werden von bei-den Seiten zur Kriegsführung instru-mentalisiert. Vergewaltigungsopferwagen sich häufig nicht über ihrSchicksal zu sprechen.» Rani erzähltweiter: «Ausserdem ist es sehrschwierig, die Fälle vor Gericht zubringen. Es gibt zwar lokale NGOs,die Frauen in rechtlichen Belangen

unterstützen, trotzdem wagen sichviele nicht, ihren Fall publik zu ma-chen. Dank unermüdlichem Einsatzkonnten schon einige Verfahren er-reicht werden, aber die Täter wurdennur zu milden Strafen verurteilt.»

Schwierige Arbeit, schwierige

Zukunft

Die Arbeit von RPuK ist schwie-rig, obwohl die Organisation übereine Sondergenehmigung des Mili-tärkommandos Aceh verfügt. Die Be-wegungsfreiheit ist eingeschränkt,überall sind Strassensperren undKontrollpunkte eingerichtet. Der Tsu-nami hat die Möglichkeiten der Frie-dens- und Demokratiebewegung

Frauen für MenschenrechteEine Frauenrechtsaktivistin aus Aceh berichtet

In der nordindonesischen Provinz Aceh herrscht seit 1976 Krieg. Die Bewegung Freies

Aceh (GAM) kämpft mit Gewalt gegen die indonesische Zentralregierung und für einen

unabhängigen Staat. Derweil leidet die acehnesische Zivilbevölkerung unter schwersten

Menschenrechtsverletzungen beider Konfliktparteien. Ein Gespräch mit Rani, Mitarbeite-

rin einer lokalen humanitären Frauenorganisation.

Mutter mit Kindern im Lhonga Camp für intern Vertriebene westlich von Banda Aceh.

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Rückkehr jedoch nicht. Sie fanden inder Regel, sie hätten sich gut vorbe-reitet und sie waren sich darüber imKlaren, dass die Rückkehr ein Pro-zess ist, der Zeit braucht. Insbeson-dere wussten sie es zu schätzen,wenn sie im Familien- und Freun-deskreis von ihren Erfahrungen er-zählen konnten. Aber gerade dieswar nicht einfach: Vieles liess sichnicht so leicht in den Schweizer All-tag übersetzen, blieb unverständlichund die intensiven Gefühle warenkaum in Worte zu fassen. Mit derZeit nahm auch die Bereitschaft desUmfeldes zuzuhören, und das Inter-esse am Thema an und für sich, ab.Besonders wichtig war deshalb derAustausch mit anderen ehemaligenFreiwilligen und Personen, die dasProjektland kennen. Eine gute Gele-genheit Erfahrungen mitzuteilen undErlebnisse selber zu verarbeiten,boten die eigenen Vorträge, die denmeisten in sehr positiver Erinnerunggeblieben sind. Zwischen drei undzwanzig Vorträge wurden jeweilsgehalten – vorwiegend in Kirchge-meinden und an Informationsnach-mittagen von PBI, aber auch anSchulen, Universitäten und anderenöffentlichen Institutionen.

Zukunftsweisende

Veränderungen

Mit einer Ausnahme haben alleehemaligen Freiwilligen bei sich Ver-änderungen (in Bezug auf Wertvor-stellungen, Umgang im interkulturel-len Kontext, Gesundheit und Beruf)festgestellt. Am meisten erwähntwurden die eigenen gewandeltenWertvorstellungen, die hautnaheKonfrontation mit anderen Menta-litäten und Begegnungen mit Men-schen, die direkt Opfer von Gewaltsind. Der Einsatz hat glücklicher-weise niemanden schwerwiegend

SCHWEIZ 11 peacebrigades.ch – 2/2005

Fünfzehn ehemalige Freiwilligeaus vielen verschiedenen Projektenhaben sich an der Umfrage beteiligt.Sie waren in Haïti, Kolumbien, Mexi-ko/Chiapas, Indonesien, Guatemala,Kanada und Serbien/Belgrad (BalkanPeace Team) während mindestensdrei Monaten und bis zu zwei Jah-ren für PBI bzw. PWS (Peace WatchSwitzerland) tätig. Die meisten vonihnen haben ihren Einsatz wie ge-plant geleistet und ihn nur in Aus-nahmefällen verlängert oder abge-brochen. Was hat die RückkehrerIn-nen bei ihrer Ankunft in der Schweizam meisten bewegt? Was für ge-meinsamen Erfahrungen teilen sie?Es fällt nicht leicht, ein schlüssigesFazit zu ziehen.

Wunsch nach Austausch

Fast alle ehemaligen Freiwilligenverspürten das Bedürfnis, das Erleb-te nachträglich irgendwie aufzuar-beiten. Bei einigen entstand sofortder Wunsch, darüber zu sprechen,bei anderen erst nach ein paar Mo-naten. Bei einigen wenigen äussertesich dieses Bedürfnis nie, siebrauchten einfach viel Zeit für sich.Etwas grundsätzlich anders machenwürden die Freiwilligen bei ihrer

gesundheitlich beeinträchtigt. Unge-fähr die Hälfte der Freiwilligen konn-te an den früheren Studien- bzw. Ar-beitsplatz zurückkehren. Anderewurden danach im Bereich Men-schenrechte oder der Entwicklungs-zusammenarbeit tätig, fanden eineAnstellung bei der DEZA (Direktionfür Entwicklung und Zusammenar-beit) oder arbeiten bei einer anderenOrganisation weiterhin im Projekt-land. Viele denken aber, dass die Fä-higkeiten, die sie sich währendihrem PBI- / PWS-Einsatz angeeig-net haben – Sprachkenntnisse,Teamfähigkeit, Beratung und Beglei-tung von Menschen mit traumati-schen Erfahrungen, Arbeit im inter-kulturellen Umfeld etc. - heute imAlltag anwenden können.

Und wie lange dauerte es, bis siedas Gefühl hatten, sie hätten sichwieder hier eingelebt? Auch hier fie-len die Antworten höchst unter-schiedlich aus. «Sehr schnell»,meinten einige, andere fanden, eshätte lange gebraucht (bis zu einemJahr) und manchmal lebten sie nochheute gerne in der Erinnerung die-ses intensiven Auslandaufenthaltsweiter.

Kontakt zu PBI weiter pflegen

Schliesslich wurde PBI bei derAuswertung des Fragebogens darinbestätigt, wie wichtig ein Rückkeh-rerInnen-Treffen ist. Die Freiwilligensind froh, auf die Unterstützung vonPBI zählen zu können. PBI hat sichnatürlich besonders gefreut, dassalle ehemaligen Freiwilligen, die beider Umfrage mitgemacht haben,den Kontakt zur Organisation zumTeil noch sehr lange gepflegt habenund vielfach in irgendeiner Formweiterhin für PBI tätig sind.

Sara Kipfer

Die Journalistin Manon Schickmachte im 2003 einen Einsatz mitPBI in Kolumbien. Seit ihrer Rück-kehr arbeitet sie als Medienspreche-rin für die Schweizer Sektion vonAmnesty International und ist Mit-glied des PBI Nationalkomitees.

Zurück in der Schweiz – und nun?

Was erwartet Freiwillige nach ihrer Rückkehr in die Schweiz? Wie erleben sie die erste Phase der Reinte-

gration in Freundeskreis und Familie? Kehren sie an ihren Studien- und Arbeitsplatz zurück oder stehen sie

vor einem Neuanfang? Diesen und ähnlichen Fragen ist PBI im vergangenen Herbst nachgegangen und hat

dazu Fragebogen an ehemalige Freiwillige verschickt. Längerfristig soll ein Programm für RückkehrerInnen

aufgebaut werden.

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SCHWEIZ 12 peacebrigades.ch – 2/2005

wurden zwei Sicherheitswork-shops mit gegen 200 Teilnehmen-den durchgeführt. Dabei zeigtesich, dass diese kurzen Interventio-nen eine hohe Effektivität aufwei-sen, auch in Gebieten, welche dietraditionelle Schutzbegleitung vonPBI politisch gesehen nicht ermög-lichen.

Veränderungen bei PBI Schweiz

Struktur- und Personalmutatio-nen haben dazu geführt, dass abSeptember 2004 ein neues, ideen-reiches Team aufgebaut wurde,das mit sieben Personen gegen450 Stellenprozent ausfüllt. DerHauptteil dieser Arbeit wird auffreiwilliger Basis geleistet. DasJahr schliesst mit einer erfreu-lichen Spendensteigerung von11% ab. Dies ermöglichte, dassPBI überdurchschnittlich hohe Pro-jektbeiträge überweisen konnte.Noch nie hat PBI Schweiz so vieleMonate Freiwilligenarbeit in allenProjektländern erbracht: Schweize-rInnen leisteten 49 Monate Ar-beitseinsatz für die Einhaltung derMenschenrechte und für die Frie-

PBI hat 2004 ausführliche Evalu-ationen aller Projekte durchgeführtund in der Folge für alle Länder stra-tegische Dreijahrespläne erstellt. Eszeigte sich in der Evaluation, dassnebst Menschenrechtsverteidige-rInnen vermehrt Binnenflüchtlinge(IDPs) und Globalisierungsopfer PBIbeanspruchen. Der Bedarf anSchutzbegleitung, internationalerBeobachtung, psycho-sozialer Be-treuung und an Wissen über Sicher-heit steigt. Im letzten Jahr ging PBIneue Partnerschaften ein mit Um-weltaktivistInnen, IDPs, Gewerk-schafterInnen und indigenen Grup-pen. Je nach Sicherheitslage, perso-nellen Kapazitäten undFinanzmitteln kann jedoch nichtjedes Projekt diese breite Palettevon AktivistInnen bedienen. Totalwaren 147 als Freiwillige für PBI imEinsatz.

Geografische Ausdehnung

2004 war auch das Jahr dergeografischen Ausdehnung. PBIunternahm eine dreimonatige Ex-plorationsmission nach Nepal. InAfrikas Region der Grossen Seen

densförderung. Dies entsprichteinem Gegenwert von CHF294’000.

Innovative Öffentlichkeitsarbeit

Die Ausstellung «Obser-Vision»in Sierre stellte einen neuen Dialogzwischen Kunst und Menschen-rechten her. Ein Parcours brachtemehreren hundert Jugendlichendie Arbeit von PBI näher. Auch inder Ausbildung war PBI aktiv undinnovativ. Nebst dem Kurs in gewaltfreier Konfliktbearbeitunggemeinsam mit dem «Centre deMartin Luther King» mit gegen 150Teilnehmenden wurde neu ein«Train the Trainer»-Programm mit12 Teilnehmenden durchgeführt.Einige ehemalige PBI-Freiwilligewaren entweder als TrainerInnenoder als Teilnehmende dabei. DieRegionalgruppen in Zürich, Bern-Freiburg, Luzern und der Romandieunterstützten das Team in Fribourgmit regelmässigen Publikumsakti-vitäten, mit Vernetzungs- und Öf-fentlichkeitsarbeit.

... und das Jahr 2005?

Als klar lesbare Organisationkonnten im Jahr 2004 die Partner-schaften mit dem Bund – PolitischeAbteilung IV des EDA – und mit derWirtschaft verstärkt werden. DerUmzug nach Bern (siehe Service-Seite) soll diese Netzwerkkontakteverstärken und die Sichtbarkeit derOrganisation erhöhen.

Sabine Ziegler

Die Umsetzung der Anti-Terror-Gesetze nach dem 11. September 2001

erhöhte den Druck auf die MenschenrechtsverteidigerInnen in den PBI-

Projektländern. In der Folge verzeichnete PBI im Jahr 2004 eine massi-

ve Zunahme der Anfragen für Begleitungen. Dies beweist sowohl die

Notwendigkeit der Arbeit von PBI wie auch das Vertrauen in unsere

Organisation.

2004 – Jahr der StärkungPBI-Generalversammlung 2005

Die Präsidentin Béatrice Berset berichtet über die Aktivitäten von PBI Schweiz im 2004.

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SCHWEIZ 13 peacebrigades.ch – 2/2005

«Schauplatz des Konflikts und dergravierenden Menschenrechtsverlet-zungen sind vor allem die ländlichenGebiete», erklärte Martin Kärcher,der als Leiter eines Umweltprojektsder Direktion für Entwicklung und Zu-sammenarbeit (DEZA) mehrereJahre in Katmandu arbeitete. Die auf-ständischen Maoisten beherrschenrund 70% der Landesfläche. Ihr Ho-heitsgebiet beschränkt sich weitest-gehend auf die nur unzulänglich er-schlossenen Regionen vor allem imWesten, wo es oft nicht einmal eineStrassenverbindung gibt. Die Ursa-chen des Konflikts sieht Kärcher imsozialen Ausschlussverfahren desKastenwesens, der wirtschaftlichenRückständigkeit sowie der grassie-renden Korruption. Zu Hunderttau-senden wandern BewohnerInnenländlicher Gebiete in die Stadt oderins Ausland ab.

Stadt-Land-Gefälle

Auch Sylvie Gränicher erachtetdas wirtschaftliche und politischeStadt-Land-Gefälle als Risiko für daszukünftige PBI-Projekt. Nach ihremEinsatz als Freiwillige im Indone-sien-Projekt besuchte Gränicher diePBI-Erkundungsmission in Nepal.«Aus Sicherheitsgründen sindSchutzbegleitungen vorerst nur inder Hauptstadt zu erwarten, so zumBeispiel bei Menschenrechtsprozes-sen mit Opferaussagen», erklärteGränicher. «In den westlichen Lan-desteilen ist mit Schutzgeldforde-rungen seitens der Maoisten zurechnen.» Die Arbeitsprinzipien derOrganisation erlauben jedoch keineDialoge mit illegalen Akteuren. For-derungen der Rebellenseite kenntauch die Tourismus-Branche. Mar-kus Siegfried, Mitbegründer vonGlobotrek Schweiz, bietet seit 1990ein Nischenprodukt an: Trekking im

Auf dem Dach der Welt: Friedensförderung und Menschenrechte

Himalayaland. Der Tourismus muss-te sich in den letzten Jahren wei-testgehend aus dem Westen desLandes zurückziehen. Nach dem Pa-last-Massaker und der Ermordungvon König Birendra am 1. Juni 2001seien die Buchungen um 30% ge-sunken. Dank den differenziertenAnalysen des Eidgenössischen De-partements für auswärtige Angele-genheiten (EDA) seien jedoch regio-nale Sicherheitsempfehlungen vor-handen, welche Nepal touristischnicht vollkommen abriegeln.

Soziale und politische Not

Was abenteuerlustige Trekking-touristInnen vielleicht weniger inte-ressiert, sind die sozialen Fragen imLand und die sind in Nepal drängend.Dazu Kärcher: «Das Bevölkerungs-wachstum erhöht den Druck auf dienatürlichen Ressourcen ständig undbegünstigt die Migrationsbewegun-gen.» Das erhoffte bessere Lebenfinden die MigrantInnen in Katman-du jedoch kaum. Mit unsicheren undungenügenden Löhnen hausen die

Familien in Notunterkünften ohneTrinkwasser und Kanalisationsan-schluss. Aufgrund des Migrantensta-tus’ dürfen die Kinder nicht in dieSchule. Die Zugewanderten sindständig im Visier der Armee. Weil sievom Land kommen, werden sie derKomplizenschaft mit den Maoistenverdächtigt und entsprechend kon-trolliert und drangsaliert.

Mehr Sicherheit

PBI hofft mit der internationalenPräsenz zumindest eine Verbesse-rung der Sicherheitslage zu errei-chen. Physische Schutzbegleitungensind zur Zeit jedoch noch nicht mög-lich. Dafür braucht es einen legalenAufenthalts- und Arbeitsstatus. Die-ser Prozess kann mitunter Jahre inAnspruch nehmen. Erstmals konntePBI im Mai Workshops für Men-schenrechtsverteidigerInnen zumThema Sicherheit anbieten. Weiterbaut sie die Kontakte zu lokalen Or-ganisationen und Regierungsstellenauf und aus.

Christa Dold

Bürgerkriege diskriminieren: in Nepal ist die Gefahr, dem Konflikt zum

Opfer zu fallen, sehr ungleich verteilt. Die Sicherheitslage der Landbe-

völkerung ist prekär. Wer kann, migriert in die Hauptstadt oder flieht

ins benachbarte Indien. An der PBI-Generalversammlung vom 30. April

2005 beleuchteten Nepal-ExpertInnen die aktuelle Situation im Land

aus verschiedenen Winkeln.

MigrantInnen, die in einer Ziegelei Katmandus arbeiten, nehmen an einem«Gesundheitstag» teil, der einfache Gesundheitsdienste wie Impfungen, Gewichtsmes-sungen bei Kleinkindern, Untersuch auf verbreitete Krankheiten etc. bietet.

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SCHWEIZ 14 peacebrigades.ch – 2/2005

Vom 14. bis 16. April 2005 fandin Genf die 61. Session der UNO-Menschenrechtskommission statt.Mehr als 3000 VertreterInnen vonMitgliedstaaten, Beobachterstaatenund Nichtregierungsorganisationen– darunter PBI – nahmen teil. ImRahmen der Vollversammlung undden Parallelveranstaltungen kam dieLage in Mexiko zur Sprache.

Renaissance der Militarisierung

In Chiapas hat der Abbau vonneun Militärlagern unter der Präsi-dentschaft von Vicente Fox kaum zupositiven Veränderungen geführt.Noch immer gibt es in diesemBundesstaat 91 Militärlager. Seit An-fang 2005 erlebt der Prozess der Mi-litarisierung eine Renaissance. Dasbegünstigt die Bildung paramilitäri-scher Gruppen. Diese versuchen

mittels Druck dielokale Bevölkerungdazu zu bringen,die ZapatistischeArmee der Natio-nalen Befreiung(EZLN) nicht mehrlänger zu unterstüt-zen. Zwischen1995 und 2000wurden 95 extrale-gale Hinrichtungengezählt.

Frauenmorde in Ciudad Juarez

Seit 1993 wurden in der nordme-xikanischen Grenzstadt Ciudad Jua-rez (Bundesstaat Chihuahua) mehrals 400 Morde und 4000 Fälle von«Verschwindenlassen» gemeldet.Die Zahl der aufgeklärten Fälle istsehr gering und nicht selten liegen

18. August bis 20. September

2005, jeweils um 20 Uhr im Käfig-turm - Ein Politforum des Bundes,Marktgasse 67, BernOrganisiert vom Verein Lateinameri-ka-Schweiz (ALAS) mit freundlicherUnterstützung von PBI, der Stiftungfür Bevölkerung, Migration und Um-welt; Migros-Kulturprozent, SRK,Brot für alle, Terre des hommesSchweiz, Fastenopfer, FachstelleOeME, Swisscoalition, Swissinfo, E-CHANGER, ask!, Caritas Bern, Gua-temalanetz Bern, Peacewatch Swit-zerland, ACAT, Mundo Hispánico

Donnerstag, 8. September

GUATEMALA: Die schwierige Ent-stehung eines politischen Willensfür einen dauerhaften Frieden (Mô Bleeker, EDA/PA IV und Hugo

An der diesjährigen Menschenrechtskommission thematisierten zahl-

reiche NGOs die Menschenrechtslage in Mexiko, namentlich das Pro-

blem der Militarisierung in den Bundesstaaten Chiapas und Guerrero

und die Fälle von Mord und «Verschwindenlassen» von Frauen in Ciu-

dad Juarez.

UNO-Menschenrechtskommission 2005Die Lage in Mexiko

Cabrera, Guatemala-Netz Zürich)Spanisch

Mittwoch, 14. September

BRASILIEN: Landlosenbewegung(MST): Situation und Perspektiven (Beat «Tuto» Wehrle und IsabellePlomb, E-CHANGER)Deutsch/Französisch

Dienstag, 20. September

LATEINAMERIKA-SCHWEIZ: Bei-trag des Weltsozialforums für dieVerbesserung der Situation derKleinbauern?(Andrea Hämmerle, Nationalrat)DeutschSimultanübersetzung (Spanisch-Deutsch vice versa)

www.latinoamerica-suiza.org

Vortragsreihe: “Ohne Landrechte keineEntwicklung. Die Landfrage in Lateinamerika”

ihr willkürliche Anschuldigungenund Verhaftungen oder durch Foltererzwungene, falsche Geständnissezugrunde.

Gerechtigkeit für alle

Als positives Zeichen zu wertenist, dass Mexiko soeben die Interna-tionale Konvention gegen Folter rati-fiziert hat. Gemäss Amnesty Inter-national ist es jedoch unabdingbar,dass sich Mexiko nun ein wirksa-mes Instrument verschafft, umdiese Verpflichtung in konkreteTaten umzusetzen. Keinerlei Fort-schritt ist bezüglich des traditionel-len Misstrauens der Bevölkerunggegenüber der Polizei und dem be-stehenden Justizapparat festzustel-len. Die mexikanischen Behördensind deshalb gut beraten, in einerStellungnahme Gerechtigkeit für alleverbindlich zu garantieren. Obwohldie Zentralregierung im Verlauf derletzten Jahre neue Justizreformenvorgelegt hat, besteht weiterhin dasProblem, dass die Gerechtigkeit auflokaler Ebene nur partiell zum Zugkommt, und allzu oft nur dann,wenn es lokalpolitischen Zielendient.

Tommy ByrneAus: www.chiapas.ch

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Gabi StämpfliKolumbien ➜ CH ➜Kolumbien

Seit einem Monat bin ich ferienhal-ber in der Schweiz. Mein erstes Jahrmit PBI habe ich im Team von Urabáverbracht: Eine Erfahrung, die ichnicht missen möchte. Am meistenbeeindruckt haben mich diemenschlichen Begegnungen, sozum Beispiel mit den BewohnerIn-nen der Friedensgemeinden. Siehaben mich in Sachen Solidarität,Optimismus und Durchhaltewille

Ich habe meinen Einsatz mit PBI inIndonesien vorzeitig abgebrochen.Das Indonesien-Projekt hat im Mo-ment mit der Schwierigkeit zukämpfen, dass alle Teams mehroder weniger in ihrer Arbeit blockiertsind und deshalb im Prinzip das Pro-jekt nur unterhalten wird, aber keinekonkrete Arbeit geleistet werdenkann (Ausnahme hierbei bildet dasProgramm zur Friedenserziehung).Dies ist teilweise auch durch dieprekäre finanzielle Lage bedingt. Fürmich war die Arbeit sehr frustrie-rend, weil ich das Gefühl hatte, dasProjekt schreckt davor zurück, weitreichende Entscheide zur Schutz-begleitung zu treffen, wodurch dasgesamte Projekt stecken blieb undMöglichkeiten nicht ausgeschöpftwurden. Ich bin enttäuscht, dass mein Ein-satz so schnell wieder beendet war,insbesondere nach der zeit- und ko-stenintensiven Vorbereitung. Gleich-zeitig bin ich aber auch froh, dass ichdiesen Entschluss gefasst habe unddamit nun offen bin für neue Projek-te, bei denen ich meine Ressourcensinnvoll einsetzen kann.

Ein Kommen und Gehen:Sommer 2005

SCHWEIZ 15 peacebrigades.ch – 2/2005

Fast wäre ich sitzen geblieben ineinem netten Haus, in einer vertrau-ten Umgebung, an einer tollen Ar-beitsstelle mit einem schönen – undanstrengenden – Beruf als Lehrerin.Doch ich wollte noch etwas Sinnvol-les tun. Ich stiess auf PBI und ent-schied, sofort mit dem Spanischler-nen zu beginnen. «Nach Mexiko?», werde ich oft un-gläubig gefragt. Ja, das Bild einesfriedlichen Landes, wie es die mexi-kanische Regierung vermittelt, siehtin der Realität anders aus. Währendeinem halbjährigen Freiwilligenein-satz in einem Strassenkinderprojektspürte ich das unmittelbar. Oft muss-te ich mit den Einheimischen Indige-nas aus einem Bus aussteigen, weiluns die Militärs dazu aufforderten.Uns Weissen gegenüber sind dieStaatsangestellten höflich, denn siemüssen das Tourismusgeschäftunterstützen. Doch die Ohnmacht

Wiebke Döring

Indonesien➜ CH

Brigit Dürr

CH ➜ Mexiko

der Einheimischen war spürbar. Siewissen von den Vergewaltigungen,Morden, Drohungen und Verschlep-pungen. Nun kehre ich nach drei Wo-chen Aufenthalt in der Schweiz be-reits wieder nach Mexiko zurück.Alles ist noch ganz «frisch», die Er-fahrungen dort und zum Schluss dasPBI-Training, das mir so ausgespro-chen gut gefallen hat, dass ich abso-lut überzeugt bin, genau die richtigeArbeit für mich gefunden zu haben.

viel lernen lassen. Aber auch dieMenschenrechtsverteidigerInnen,die aus Bogotá oder Medellín nachUrabá kamen, lebten mir vor, wieviel Mut sie für ihren Traum voneinem gerechteren und friedlicherenKolumbien aufbringen. Ein wichtigerTeil meines PBI-Lebens war natür-lich auch das Zusammenleben und -arbeiten mit den anderen Freiwilli-gen. Ich habe mich entschieden,einen zweiten Einsatz in Bogotá an-zuhängen, weil ich direkt erfahrenhabe, wie wichtig die Arbeit von PBIist und weil ich diese auch in einerandere Region von Kolumbien aus-führen möchte.

Neu: Benoît Hemmer

«Nach einem (unbewaffneten) En-gagement als Militärbeobachter derUNO im Nahen Osten möchte ichmich weiter für die Friedensförde-rung einsetzen. Das Konzept vonPBI – ”Making space for peace”–hat mich überzeugt.» Die General-versammlung wählte Benoît Hem-mer für ein Jahr. Aufgrund der beruf-lichen Tätigkeit für die Armee darf erkeine nach aussen repräsentieren-den Aufgaben übernehmen.

Neu: Nicola Stingelin

«Es ist mir ein Anliegen, meine lang-jährigen Erfahrungen in Betriebs-wirtschaft und Management kombi-niert mit meinem jetzigen Beruf alsEthikerin zu Gunsten einer interna-

tionalen Organisation wie PBI einzu-setzen. Gerne stelle ich PBI meineKompetenzen zur Verfügung undlerne die Organisation besser ken-nen.»

Stabsübergabe: Béatrice Berset

übergibt das Präsidium an Jürgen

Störk. Wir danken Béatrice Bersetherzlich für das achtjährige Engage-ment im Nationalkomitee, insbeson-dere ihre Aufbauarbeit bei der Fri-bourgSolidaire!

Bewegung im Nationalkomitee

SERVICE 16 peacebrigades.ch – 2/2005

PBI-Infonachmittage

Samstag, 3. Sept. 2005, 13.00-17.30 h, Bildungszentrum WWF,Bollwerk 35, BernSamstag, 10. Sept. 2005, 13.00-17.30 h, Volkshaus,Stauffacherstr. 60, Zürich

PBI-Training Schweiz

– 28.-30. Oktober 2005

Jugendherberge Solothurn(Teilnahme CHF 190.-)

Regionalgruppen

– Bern-Freiburg:05.10.05 / 23.11.05,Kontakt: Margret [email protected]

– Luzern: 13.09.05, Kontakt:Barbara [email protected]

– Zürich: 18.10.05 / 15.11.05,Kontakt: Maria [email protected]

Events

– 18. August – 20. September,Vortragsreihe „Ohne Landrechtekeine Entwicklung. Die Landfragein Lateinamerika“, Marktgasse67, Bern (Detailprogramm sieheSeite 14).

– 3. September 2005, 14.30-

21.00h, Bern-Münsterplatz: Ab-schluss der Fotowanderausstel-lung «Memoria – der vergesseneKrieg in Kolumbien». ASK-Arbeitsgruppe Schweiz-Kolum-bien, www.kolumbien-aktuell.ch.Standaktion Regionalgruppe BE-FR (14.30-20.00 h).

– 17.-18. September 2005, PBIRückkehrerInnen-Weekend. Wirbieten einen Einblick in die Phasender Rückkehr, tauschen Erfahrun-gen aus und erarbeiten Strategien,um die Reintegration zuerleichtern. Kontakt: PBI Schweiz.

Weitere Events werden fortlaufendauf der Website publiziert:www.peacebrigades.ch

Agenda Umzug nach Bern

Peace Brigades International-CH

PCK: 80-20957-8

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❑ Ich interessiere mich für das Einführungsweekendvom 28. bis 30. Okt. 2005 in Zofingen.

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