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PERLEN AUS DEM SCHRANK 5. & 6. März 2018

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PERLEN AUS DEM SCHRANK5. & 6. März 2018

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Montag, 5. März 2018, 19.45 Uhr Dienstag, 6. März 2018, 19.45 Uhr

Minoritensaal

Johann Friedrich Fasch (1688–1758)Ouvertüre in C für 2 Oboen, 2 Fagotte, Streicher und b.c., FWV K:C1

OuvertureAir un poc[o] AllegroBourée 1 alternativ

Bourée 2Air Andante

Aria un poco Allegro Passepied

Jan Dismas Zelenka (1679–1745)Concerto à 8 in G, ZWV 186

[Allegro]Largo

Allegro

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Antonio Vivaldi (1678-1741)Fagottkonzert in a, RV 497

Allegro moltoAndante molto

Allegro

Jan Dismas Zelenka Sinfonia in a, a 8 concertanti, ZWV 189

SimphoniaAndante

Capriccio: Tempo di GavottaAria da Capriccio: Andante. Allegro

MenuetMenuet 2

recreationBAROCKLeitung: Sergio Azzolini, Fagott

Konzertdauer: Erster Teil: ca. 40 Minuten

Pause: ca. 25 MinutenZweiter Teil: ca. 40 Minuten

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AD NOTAM

Wer Sergio Azzolini kennt, weiß, dass er in Worten ein ebenso glühender Verfechter bestimmter Komponisten ist wie in Tönen. Zu seinen erklärten Lieblingen gehören Antonio Vivaldi, der rothaa-rige venezianische Priester mit der Hakennase und dem ebenso scharfen musikalischen Profil, und Jan Dismas Zelenka, Zögling der Prager Jesuiten und nicht nur deshalb ein Sonderling am Dresdner Hof. Seine vor Gläubigkeit glühenden Messen ragen aus dem galanten Dresdner Umfeld ebenso heraus wie seine eigenwilligen Orchesterwerke. Früher glaubte man, Zelenka sei in Venedig bei Vivaldi in die Lehre gegangen. Heute weiß man, dass er nur bis Wien kam, wo ihn der kaiserliche Oberkapellmeister Johann Joseph Fux unterrichtete. Der knorrige Steirer Fux passt viel besser zum Eigenbrötler Zelenka als der glatte Vivaldi. Doch damit sind wir schon mitten in den Geschichten des Programms.

Ein „Schranck“ in DresdenEr muss ein imposantes Möbelstück gewesen sein, jener Schrank in der Katholischen Hofkirche zu Dresden, wo nach dem Siebenjährigen Krieg die nicht mehr benötigten Orchestermaterialien fein säuberlich abgelegt wurden. In das 35. Fach des Schrankes ordnete ein Archivar um 1765 eine Ouvertüre von Johann Friedrich Fasch ein, dem längst verstorbenen Hofkapellmeister zu Anhalt-Zerbst, dessen Werke seinerzeit in Dresden hoch im Kurs gestanden hatten. Nun aber, da die Sinfonie das Feld beherrschte und man keine Orchestersuiten mehr brauchte, schrieb der Archivar die Registriernummer auf den Umschlag und legte die acht Orchesterstimmen ab: in „Schranck No. II, 35. Fach, 19. Lage No. 19) Ouverture“. Kaum konnte er ahnen, dass hundert Jahre später ein Hofkapellmeister namens Julius Rietz jenen vergessenen Schrank auf der Empore der Dresdner Hofkirche öffnen und sofort die Bedeutung des Inhalts erkennen würde. Rietz übergab die Hand-schriften an die Archivare einer neuen Zeit, die sie in die Dresdner Landesbibliothek überführten,

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wo sie sogar den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs überstanden. Auf diese Weise blieben mehr als 1750 Instrumentalwerke aus der Zeit Händels und Telemanns erhalten, komponiert von diesen beiden, aber auch von Fasch, Vivaldi, Zelenka und zahllosen anderen Meistern. Hätten die Kanonen Friedrichs des Großen nicht 1760 bei der Belagerung Dresdens ganze Arbeit geleistet und das Hauptarchiv der Hofkapelle zerstört, man besäße noch weit mehr solcher Orchesterstücke. Das Repertoire der viel gepriesenen Hofkapelle Augusts des Starken und seines Sohnes muss mehrere Tausend Werke umfasst haben. Drei davon spielen Sergio Azzolini und die Barockmusiker von recreation am heutigen Abend.

Fasch-Ouverture in CDen Anfang macht natürlich eine Ouverture, also eine Orchestersuite. Sie kann von keinem ande-ren stammen als von Johann Friedrich Fasch, dem langjährigen Hofkapellmeister in Zerbst. Kein anderer Komponist, nicht einmal Telemann, wurde von den Deutschen so für seine Orchestersuiten gefeiert wie er, besonders, wenn Oboen und Fagotte beteiligt waren. Fasch verstand sich auf das effektvolle Auskosten des Bläserklangs wie kein Zweiter. Seine Ouverture in C, die im „Schranck No II“ deponiert war, legt davon beredtes Zeugnis ab: Ihre acht Stimmen waren für je zwei Oboen und Fagotte, für Violinen, Viola und Basso continuo bestimmt. Dem vierstimmigen Streichorchester steht also ein Holzbläser-Quartett gegenüber.

Um 1740 hatte man in Dresden keinerlei Mühe, ein solches Stück zu besetzen: Fünf Oboisten und fünf Fagottisten standen auf der Gehaltsliste des Kurfürsten, wie der „Hof- und Staatskalender“ ausweist. Entscheidend waren die jeweils ersten Kräfte: Johann Christian Richter und Johann Gott-fried Böhme. Ihren geradezu sagenhaften Ruf unter den Holzbläser-Virtuosen jener Zeit belegt ein berühmtes Lobgedicht, das Johann Gottlieb Kittel anno 1740 auf die Dresdner Hofkapelle verfasste:

„Mein Richter, hieß es nun, spiel gleich im AugenblickAuf deiner Hautbois ein wohlgesetztes Stück,Durch welche Du den Thon so kunstreich weißt zu zwingen, Daß es hierinnen leicht kein Mensch wird höher bringen ...Nebst diesen allen muß des Böhmens sein Basson,Die herrliche Music um desto mehr beleben.“

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Richter und Böhme also nahmen ihre jeweils zweiten Kräfte, Antonio Pezzotti an der Oboe und Caspar Ernst Quaz am Fagott, hinzu und spielten mit den Streichern unter der Leitung von Kon-zertmeister Pisendel jene Suite von Fasch. Weil es der Kurfürst aber nicht liebte, wenn Mitglieder der Hofkapelle untätig waren, weist das Dresdner Orchestermaterial zusätzliche Flötenstimmen aus, die zur Verstärkung der Oboen gedacht waren. Geht man nach der Größe des Streichorchesters, könnten die Oboen und Fagotte sogar verdoppelt worden sein. In Dresden liebte man den großen Klang. Selbst in kleinerer Besetzung freilich entfaltet Faschs C-Dur-Ouvertüre noch eine beträcht-liche Klangfülle. Die beiden Oboen gehen fast permanent mit den Geigenstimmen, die beiden Fagotte mit dem Cembalo. Umso überraschender, wenn die Bläser zu solistischen Trios oder Quartetten aus dem „Tutti“ aller Instrumente heraustreten.

Zur MusikDie eigentliche „Ouverture“, also der Kopfsatz der C-Dur-Suite, ist natürlich nach französischem Muster angelegt: Feierliche punktierte Rhythmen eröffnen und beschließen sie im vollen Klang aller Instrumente. In der Mitte steht ein beschwingtes Allegro im Dreiertakt, das zwar wie eine Fuge beginnt, aber keine ist. Ab Takt 50 treten die Bläser solistisch hervor, erst im Trio, dann im Quartett. Das ausgeschriebene Decrescendo der Oboen auf den langen Noten wie auch die quirligen Fagott-Passagen belegen das hohe Niveau der Dresdner Bläser.

An diese sehr lange Ouvertüre schließen sich vier sogenannte „Folgesätze“ an, von denen nur zwei barocke Tanzsätze sind. An zweiter Stelle steht eine galante „Air“ im Dreiertakt mit schönen Epi-soden für das Bläserquartett. Die folgende Bourée macht dem aufgeweckten Rhythmus dieses Tanzes alle Ehre, auch im Mittelteil, wo die Bläser pausieren. Eine zweite Air wartet mit geradezu irrwitzigen Laufkaskaden der Bläser auf, während der abschließende Passepied für einen „Kehraus“ im Dreiertakt sorgt. Kein Wunder, dass die Dresdner von solcher Musik nicht genug kriegen konnten.

Zelenka in Prag: Concerto in GIm August 1723 musste August der Starke notgedrungen einem Teil seiner Hofkapelle Urlaub bewilligen, denn ein wahres Großereignis der Musikgeschichte lockte seine Virtuosen gleich scha-

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renweise von der Elbe an die Moldau: Der kaiserliche Oberkapellmeister Johann Joseph Fux hatte zur böhmischen Königskrönung Kaiser Karls VI. eine monumentale Oper geschrieben, „Costanza e Fortezza“. Bei ihrer Aufführung auf dem Hradschin in Prag saß alles im Orchestergraben, was in Dresden, Prag und Wien Rang und Namen hatte.

Einer der Dresdner Musiker trat die Prager Reise mit besonderer Vorfreude an: Jan Dismas Zelenka. Der Böhme kehrte in seine alte Heimat zurück, wo er nicht nur die Jesuiten-Padres am Clementinum wiedersah, denen er seine Ausbildung und Schulbildung verdankte. Er konnte dort auch seinen verehrten Lehrmeister Fux wiedertreffen, der wegen seines schweren Gichtleidens in einer Sänfte von Wien nach Prag getragen wurde. So sehr schätzte Kaiser Karl VI. seinen Kapellmeister aus der Steiermark, dass er ihm dieses fürstliche Privileg gewährte.

Man kann sicher sein, dass Fux und Zelenka sich in Prag über ihre neuen Kompositionen austausch-ten. Dazu gehörten einige Instrumentalkonzerte, die Zelenka damals in der größten Eile kompo-nierte: „Concerti fatti in fretta à Praga 1723“ steht über dem Autograph seines Concerto in G-Dur, „Concerti in Eile gemacht in Prag 1723“. Die Hast der Entstehung ist der autographen Partitur allenthalben anzusehen. Die Musik verrät nichts davon. Sie ist mit der Hand des Könners entworfen.

Zur MusikDas erste Allegro des G-Dur-Konzerts beginnt mit einem imposanten Unisono-Thema im Rhyth-mus und Tonfall Vivaldis. Zelenka hat dieses gebieterische Thema durch überraschende Piano-Stellen und eine seltsame Fermate eigenwillig aufgebrochen. Von den Soloinstrumenten tritt zunächst die Oboe auf den Plan, danach die Violine. Das schöne, kantable Thema der beiden erinnert eher an Telemann als an Vivaldi, mündet aber in ruppige Volksmusik-Akzente aus Böhmen. Sou-verän hat Zelenka den Klang der Solo-Violine mit Oboe und Fagott gemischt.

Wie ausdrucksvoll er die Linien seiner Soloinstrumente auch in langsamen Sätzen überlagern konn-te, zeigt das Largo in e-Moll. Über dem „gehenden Bass“ von Violone und Violoncello beginnt das Fagott mit einem anrührenden „Cantabile“. Nach einem kraftvollen Einwurf der Streicher gesellt sich die Oboe hinzu. Schließlich löst sich auch das Violoncello vom Bass und mischt sich mit der Solovioline. In permanenten Vorhalten tauschen die vier Solisten ihre Seufzer aus, während der Bass

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unverrückbar seine Bahnen zieht. Am Ende mengen sich die Streicher noch einmal ins Geschehen ein, mit einigen der originellsten dissonanten Reibungen, die im Barock erfunden wurden.

Die Spannungen des Mittelsatzes lösen sich im Finale in einem Tanzthema von böhmischer Fröh-lichkeit, einer Art Polka im stampfenden Rhythmus. Wieder antwortet zuerst die Oboe auf das kräftige Unisono der Streicher, später treten auch die übrigen drei Solisten hinzu. Fagott und Cello flirten in einem kurzen Duo, bevor sich alle vier Solisten einen Schlagabtausch in virtuosen Passagen liefern. Im Laufe des Satzes scheint Zelenka den Dresdner Konzertmeister Johann Georg Pisendel an Virtuosität bevorzugt zu haben. Doch so leicht gaben sich dessen Kollegen nicht geschlagen: Richter an der Oboe, Böhme am Fagott und Califano am Violoncello hielten munter dagegen. Bis zum Schluss bleibt der Sieg in diesem „Quadrupelkonzert“ offen.

Vivaldi in VenedigSo viele Werke von Vivaldi sich auch seinerzeit im Dresdner „Schranck No II“ befanden, ein Fagott-konzert war nicht darunter. Die sächsischen Virtuosen waren eher an den Violinkonzerten des „Prete rosso“ interessiert und an den groß besetzten „Concerti con molti stromenti“. Es lässt sich kaum mehr nachprüfen, ob einer der fünf sächsischen Hof-Fagottisten Böhme, Quaz, Lincke, Morasch oder Mösser jemals ein Vivaldi-Konzert für sein Instrument gespielt haben könnte. Die er-haltenen Quellen dieser Werke weisen eindeutig nach Venedig, ausnahmsweise auch nach Böhmen.

38 Konzerte für Fagott und Streicher hat Antonio Vivaldi komponiert – ein Umstand, der in der Geschichte des Instruments einmalig ist und bis heute noch nicht hinreichend erklärt werden konnte. Selbst Sergio Azzolini, der alle Vivaldi-Konzerte eingespielt und eingehend studiert hat, kann kaum erklären, warum sich Vivaldi um die Mitte der 1720er Jahre so intensiv dem Fagott zuwandte und dieses Interesse bis in die späten 1730er Jahre nie erlahmen ließ. Es muss wohl ein besonders begeisternder Fagott-Professor gewesen sein (möglicherweise Giuseppe Biancardi), der am „Ospedale della Pietà“ eine ganze Generation von jungen Fagottistinnen ausbildete, die auch in Vivaldis Orchester spielten. Ihnen oder ihrem Lehrer hat er seine Fagottkonzerte auf den Leib geschrieben. Dazu gehört auch das bizarre a-Moll-Konzert, das der Däne Peter Ryom in seinem Vivaldi-Werkverzeichnis mit der Nummer RV 497 versehen hat. Wie bei fast allen Fagottkonzerten gibt es davon nur eine einzige Handschrift: Vivaldis autographe Partitur. Ihre Notenschrift verrät

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den Furor, mit dem der „Prete Rosso“ dieses Concerto zu Papier brachte. „Wie ein großer Maler mit wenigen Pinselstrichen eine ganze Szene entwerfen kann, so malt Vivaldi mit einer Handvoll Noten Gefühle, die vollkommen menschlich sind.“ (Sergio Azzolini)

Zur MusikDer erste Satz beginnt mitten im Sturm der Affekte im rasend schnellen Dreiertakt, was aber nach neun Takten plötzlich abbricht. Eine leise, melancholische Melodie über seltsamen Dissonanzen schließt sich an, bevor das Kaleidoskop aus wilden Sechzehnteln wiederkehrt. Das Solo-Fagott schließt sich zuerst dem „Agitato“ der wilden Sechzehntel an, weicht dann jedoch immer wieder in den Piano-Duktus des zweiten Themas aus - wie ein Opernheld, der von widerstreitenden Empfin-dungen wie Rache und Trauer zerrissen wird. Der Opernkomponist Vivaldi hat diesem Satz seinen Stempel aufgeprägt.

Im langsamen Mittelsatz, einem „Andante molto“, wird man eher an die kunstvollen Imitationen seiner Kirchenmusik erinnert. Damit bereiten die Streicher das Solo des Fagotts vor, das wortlos eine Art „Salve Regina“ singt, mit etlichen „Triolen-Koloraturen“ durch alle Lagen hindurch, wie eine der tiefen Altistinnen im „Ospedale della Pietà“.

Im Finale hat sich Vivaldi einen Scherz erlaubt: Ein scheinbar belangloses Thema der Streicher wan-dert unbekümmert durch die Tonarten. Sein kraftvoller Rhythmus wird von einem leisen Gegen-thema konterkariert. Das Fagott greift die rhythmischen Impulse der Streicher auf und glänzt in gebrochenen Dreiklängen. Dann aber moduliert es in die abseitige Tonart B-Dur. Von dort stolpern die Streicher durch aberwitzige Rückungen zurück in die Grundtonart. „La Capricciosa“ könnte über diesem Satz stehen.

Zelenka-SinfoniaDass der schüchterne Zelenka im Prager Sommer 1723 einen Schaffensschub erlebte, steht außer Frage: Die Begegnung mit seinem alten Lehrer Fux und die Anwesenheit so vieler großartiger Orchestermusiker löste in ihm eine Begeisterung aus, die alle seine Orchesterwerke jenes Sommers verraten, besonders aber die riesige „Sinfonia a 8 concertanti“ in a-Moll, eines der längsten Orches-

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terwerke der Epoche. In ihr wollte Zelenka seinem Lehrmeister Fux beweisen, was er bei ihm und inzwischen in Dresden gelernt hatte. Zugleich wollte der Böhme die hohen Herrschaften aus ganz Europa auf seine Kunst aufmerksam machen. Letzteres gelang ihm wohl kaum, denn er blieb zeit-lebens in Dresden, wo er nur in der Kirchenmusik eine herausragende Rolle spielte (bei durchaus schlechter Bezahlung). Erst das späte 20. Jahrhundert entdeckte in Zelenka einen böhmischen Antipoden zu Bach. Seit der „Zelenka-Renaissance“, die nicht zufällig von Holzbläsern wie Heinz Holliger und Klaus Thunemann eingeleitet wurde, erfreuen sich die Triosonaten und Orchesterkon-zerte Zelenkas größter Beliebtheit - obwohl oder vielleicht gerade weil sie so unerhört schwer sind, besonders für die Oboisten und Fagottisten.

Zur MusikIn der Sinfonia a-Moll ist der erste Satz bei weitem der längste und mit seinen acht Minuten einer der längsten Konzertsätze des Barock überhaupt. Schuld daran ist das Ritornell, also das Orches-tervorspiel. Es dauert alleine eine volle Minute, weil es fast manisch um seine Motive kreist – ein typischer Zelenka, wie man ihn aus den Fugenthemen seiner berühmten Triosonaten kennt. Das Tutti-Thema beginnt zwar kraftvoll mit „Coup d’archets“, also mit scharf abgerissenen Akkorden der Geigen, kann sich dann aber nicht zwischen weichem Cantabile, kräftigem Unisono und ge-schäftigen Sekundmotiven entscheiden. Der ganze Satz schwankt zwischen diesen drei Motiven, die ständig um sich selbst zu kreisen scheinen. Die Solisten kämpfen dagegen mit teilweise hoch virtuosen Passagen an.

Das Andante führt ins tröstliche F-Dur und in einen zauberhaften Quartettsatz für Oboe, Violine und Fagott mit Basso continuo, der auch in Zelenkas Sonaten stehen könnte. Erst teilen sich alle drei Solisten die schöne Melodie, dann untermalt das Fagott mit sanftem Arpeggio die langen, ausdrucksvollen Linien von Oboe und Violine. Die folgende Gavotte bleibt in F-Dur und ist so kapriziös, wie ihr Titel „Capriccio“ vermuten lässt. Melodisch erinnert sie seltsamerweise an Händel. Ständige „Tirate“, also schnell in die Höhe schießende Läufe, machen aus dem Satz ein Probestück für genaues Zusammenspiel.

Auch die folgende „Aria“ soll ein Capriccio sein, beginnt aber ganz unkapriziös als d-Moll-Duett für Fagott und Violoncello im singenden Stil Italiens, getragen von gezupften Bässen. Erst wenn

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im zweiten Teil Violine und Oboe das Duett übernehmen, führen die Pizzicati der Streicher ein seltsames Eigenleben. Urplötzlich bricht ein wildes Allegro über den friedlichen Satz herein. Nun erst versteht man den Sinn des Titels „Aria da Capriccio“, zumal die vier Solisten mehrmals ver-suchen, zum Liebesduett des Anfangs zurückzukehren – vergeblich. Immer wieder werden sie von den Streichern ins bizarre Allegro hineingedrängt.

Nach so vielen kapriziösen Einfällen wollte Zelenka seine Zuhörer durch zwei sanfte Menuette beschwichtigen. Das erste Menuett in a-Moll wirkt durch seinen absteigenden Bass französisch, das zweite wechselt ins leuchtende A-Dur hinüber.

Josef Beheimb

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DIE INTERPRETEN

Sergio Azzolini, Fagott & LeitungSergio Azzolini, 1967 in Bolzano/Bozen geboren, studierte in seiner Heimatstadt am Conservatorio Claudio Monteverdi bei Romano Santi und anschließend bis 1989 bei Klaus Thunemann an der Staatlichen Hochschule für Musik Hannover. Er gewann renommierte Wettbewerbe, darunter den C.M. von Weber-Wettbewerb, den Wettbewerb des „Prager Frühlings“ und den ARD-Wettbewerb. Dort war er auch mit dem Ma’alot Quintett erfolgreich, dem er während zehn Jahren angehörte.

Neben seiner solistischen Tätigkeit auf dem modernen Fagott setzt sich Sergio Azzolini seit einigen Jahren intensiv mit Alter Musik auf historischem Instrumentarium auseinander. So spielt Azzolini heute beispielsweise unter der Leitung von Christophe Coin im Ensemble Baroque Limoges, er ist bei La Stravaganza Köln, La Cetra Basel, den Sonatori de la Gioiosa Marca, L’aura soave Cremona, Parnassi musici, dem Collegium 1704, der Holland Baroque Society oder auch dem Concentus Musicus Wien zu hören.

Viele CD-Produktionen zeugen von seiner außergewöhnlichen stilistischen Vielfalt; aktuell arbeitet er an einer Gesamteinspielung der Fagottkonzerte von Antonio Vivaldi für Opus 111/Naïve, die bereits mit hohen Auszeichnungen bedacht wurde. Häufige Einladungen zu Meisterkursen in Europa und Asien, u. a. an der Musikhochschule Weimar, am Konservatorium Wien und Markt-neukirchen, zeugen von seiner hohen Reputation als Dozent. Seit 1998 ist Sergio Azzolini Professor für Fagott und Kammermusik an der Hochschule für Musik FHNW in Basel.

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recreationBAROCKMit vielen wichtigen Interpreten der Alten Musik, von Jordi Savall über Roy Goodman bis zu Paul Goodwin, hat recreation – GROSSES ORCHESTER GRAZ, das 2002 aus dem Orchester der Grazer Symphoniker hervorging, schon Programme erarbeitet. Unter der Intendanz von Mathis Huber und mit Stefan Vladar als Chefdirigenten präsentierte das Orchester in der Saison 2002/03 einen ersten eigenen Konzertzyklus, der vom Grazer Publikum mit Begeisterung angenommen wurde. Außer in seinen Konzertzyklen in Graz ist das Orchester, das seit der Saison 2004/05 vom Bankhaus Krentschker gesponsert wird, regelmäßig bei der styriarte zu hören gewesen und bildet auch die Basis des 2014 neu gegründeten styriarte Festspiel-Orchesters, es gastierte im großen Wiener Musikvereinssaal, in der Alten Oper Frankfurt, beim steirischen herbst, beim Jazzsommer Graz u. a. m.

Mit seinem damaligen Chefdirigenten Michael Hofstetter, selber ein ausgewiesener Original-klangspezialist, ging das Orchester dann noch einen Schritt weiter: Mit gewohntem Elan, aber auf Darmsaiten und in alter Stimmung konzentrierte sich eine Extraformation aus dem Orchester recreation unter dem Namen recreationBAROCK auf die historische Aufführungspraxis und gab ihr Debüt 2012 gleich im renommierten Festival styriarte, wo es seither jährlich auftrat. Im Frühjahr 2013 war das Ensemble auf kleiner Frankreich-Tournee und feierte in der Chapelle Royale in Schloss Versailles und in der Chapelle de la Trinité in Lyon einen großen Erfolg. Im Sommer 2015 war recreationBAROCK gemeinsam mit Valer Sabadus nicht nur bei der styriarte, sondern mit zwei verschiedenen Programmen höchst erfolgreich auch bei der Schubertiade in Hohenems zu hören. 2016 feierte man mit Glucks „Orfeo“ und einem Konzertprojekt große Erfolge bei den internatio-nalen Gluck-Opern-Festspielen Nürnberg.

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DIE BESETZUNGVioline 1 • Harald Martin Winkler* (Konzertmeister) • Marina Bkhiyan • Toshie Shibata •

Violine 2 • Albana Laci* • Barbara Haslmayr • Katharina Stangl • Viola • Ingeburg Weingerl-Bergbaur • Wolfram Fortin • Violoncello • Ruth Winkler* • Jan Zdansky •

Kontrabass • Tim Dunin • Oboen • Georg Fritz* • Stanislav Zhukovsky • Fagott • Tonia Solle • Cembalo • Eva Maria Pollerus

* Orchestersolisten

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AVISOMontag, 12. März 2018, 19.45 Uhr – Stefaniensaal

Dienstag, 13. März 2018, 19.45 Uhr – Stefaniensaal

MAHLERS FÜNFTEDavon hat Christian Muthspiel schon lange geträumt: im wundervollen Stefaniensaal eine große Mahler-Symphonie zu dirigieren. Die Fünfte ist der ideale Einstieg, mit ihrem Trauermarsch-Anfang und dem jubelnden Finale, dem verliebten Adagio und dem Riesen-Scherzo. Was Mahler an traurig- schönen Melodien in den ersten und zweiten Satz hineinpackte, erinnert häufig genug an Kurt Weill. Nicht nur deshalb ist die „Kleine Dreigroschenmusik“ der treffende Prolog zum symphonischen Koloss.

Kurt Weill: Kleine Dreigroschenmusik

Gustav Mahler: Symphonie Nr. 5 in cis

recreation • Großes Orchester Graz Dirigent: Christian Muthspiel

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AVISOMittwoch, 28. März 2018, 19 Uhr – Helmut List Halle

MERCURIO ED APOLLOMerkur, der geflügelte Gott der Kaufleute, ist in Italien bis heute der Herr über den Mittwoch, den „Mercoledì“. Deshalb hieß er auch im barocken Wien „Mercurio“ und wurde von einem italienischen Tenor gesungen. Als Götterbote war er in den prunkvollen Festopern des Kaiserhofs viel beschäftigt, so etwa 1714 am Geburtstag Karls VI. in der wunderschönen Oper „Dafne in Lauro“ von Johann Joseph Fux. Hier muss Mercurio den liebestollen Apollo bändigen, der sich in die Nymphe Dafne verliebt hat. Auch in der Serenata über die „Eintracht der Planeten“ von Antonio Caldara bekommt es Mercurio mit Apollo zu tun. Die Arien, die Fux und Caldara den beiden Göttern in den Mund legten, gehören zum Schönsten, was der Wiener Barock hervorgebracht hat.

Eine Wiener Serenata aus:Johann Joseph Fux:

„Dafne in Lauro“, 1714 & Antonio Caldara:

„La Concordia de’ Pianeti“, 1723

Mercurio, Massimo Altieri, TenorApollo, Ewa Puchalska, Mezzosopran

recreationBAROCKLeitung: Marco Vitale, Cembalo

Zu diesem Projekt führen wir Busse aus Bad Aussee, Murau, Villach, Köflach,

Birkfeld und Bad Radkersburg.

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Organisation: Gertraud HeiglInspizient: Matti Kruse

Impressum:Medieneigentümer: Steirische Kulturveranstaltungen GmbH

A-8010 Graz, Sackstraße 17Telefon: 0316.825 000 (Fax -15)

[email protected]

Redaktion: Claudia TschidaGrafik: Cactus Design

Druck: Medienfabrik Graz – 20231-2018

recreation wird gefördert von

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AVISOMontag, 30. April 2018, 19.45 Uhr

Helmut List Halle

OMBRA MAI FUAls Xerxes in der umjubelten Inszenierung von Stefan Herheim brach Stephanie Houtzeel an der Grazer Oper alle Koloratur-Rekorde. Nun kehrt sie zurück, um noch einmal Händels „Largo“ und andere berühmte Opernarien des Meisters zu singen – aus „Giulio Cesare“, „Ariodante“ und „Rinaldo“. Michael Hofstetter steht am Pult und bringt seine ganze Barock-Erfahrung ein – ein Rendezvous zwischen einem großen Händel-Dirigenten und einer wunderbaren Primadonna.

Georg Friedrich Händel: Berühmte Opernarien

aus „Serse“: Ombra mai fu, Se bramate & Crude furie

aus „Giulio Cesare“: Ouvertüre, Cara speme & Svegliatevi nel core

aus „Ariodante“: Ouvertüre, Ballettmusik & Scherza infida

aus „Rinaldo“: Lascia ch’io pianga

Concerto grosso in h, op. 6/12

Stephanie Houtzeel, MezzosopranrecreationBAROCK

Dirigent: Michael Hofstetter

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