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Permeabilitätsprobleme

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Page 1: Permeabilitätsprobleme

B. Referate.

W. WILBRANDT (Bern): Permeabilitiitsprobleme.

MR 8 Textabbildungen.

Das Wasser des KSrpers verteilt sich auf drei R~ume, den Plasmaraum im Blutzirkulationssystem, das Intersti t ium zwischen den Zellen und das Protoplasmawasser im Inneren der Zellen. Diese l ~ u m e sind gegen- einander dutch zwei verschiedene Membranen abgegrenzt, durch die Kapfllarwand zwischen Plasmaraum und Interst i t ium und die Zell- membranen zwischen Intersti t ium und protoplasmatischem Raum.

Den beiden Membranen ist gemeinsam die Aufgabe, den Stoffaus- tausch zwischen Blur und Zellen zu gew~hrleisten. Darfiber hinaus hat die Kapillarwand die yon STARLI~TG 49 genial erkannte physiologisch wichtige Aufgabe der Regulation der Wasserverteilung im K6rper auf Grund des kolloid-osmotischen Gleichgewiehts. Die Zellmembranen da- gegen sind zun~chst dafiir verantwortlich, da~ die chemische Einheit der Zelle gew~Lhrleistet wird, die ohne hohes Diffusionshindernis bei der enormen Geschwindigkeit der Diffusion auf kleine Strecken sich in Bruchteilen einer Sekunde auflSsen wiirde. AuBerdem zeigt sich in stei- gendem lV[aI~, dab die Zellmembranen als Zeltorgane zu betrachten sind, die Tr~ger wichtiger physiologischer Funktionen shad, in erster Linie im Dienste des aktiven Transports bei driisenartigen Organen und im Dienste der Erregung bei erregbaren Zellen.

Die verschiedenartige physiologische Bedeutung der beiden Membra- hen hat zur Folge, da~ die Kapillarw~nde in bezug auf ihre Durchl~ssig- keit ganz anders zu bewerten sind als die Zellmembranen. Das zeigt sich zuni~chst sehr eindriicklich, wenn man den Durchl~ssigkeitsgrad der beiden ~embranen vergleicht. Als geeignete Kriterien kSnnen dienen die Wasserdurchl~ssigkeit, die in physikalischen Einheiten me ,ba r ist und die Porosit~t, als deren Mal~ das Grenzmolekularvolumen genommen werden kann, oberhalb dessen eine Penetration nicht mehr mSglich ist. Beide Werte liegen bei der Kapillarmembran um Gr61]enordnungen hSher Ms bei den Zellmembranen.

Die Wasserpermeabilit~t (in/za/min, at. #~) der Kapillarwand betr~gt nach LANDIS 3s 370, diejenige verschiedener S~ugetierzellen (Erythro- zyten, Leukozyten, Fibroblasten) variierte in den Messungen yon SHA- PmO und PARPART 48, JACOBS S2 und BRUES und MASTERS 6 zwischen 0,29 und 3,0. Das Grenz-Molekulargewicht fiir die Penetrat ion fanden BAY- LISS~ KERRIDGE und RUSSELL 2 fiir die Kapillarwand des Nierenglome-

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10 W. WrLBaA~DT:

rulus bei 68000, ffir verschiedene S~ugetierzellen liegt es nach einer Zusammenstellung yon SCHMENGLER und HOBER 45 etwa zwischen 100 und 300.

Die h5here Durchl~ssigkeit der Kapil larwand im Vergleich zu den Zellmembranen ist offenbar dadurch begrfindet, da6 der Durchtrit ts- mechanismus in zweifacher Hinsicht ein prinzipiell anderer ist. Die Passage der Kapil larwand erfolgt nach Meinung namhafter Autoren in erster Linie durch Filtration (KRoGH a~, DA~IELH und STOCK TM, CHAM- BErS und ZWEIFACHS), die der Zellmembran durch Diffusion. Der Durch- tri t tsweg ist bei der Kapillarwand in der Hauptsache interzellul~r, so dal3 die Bedeutung der Eigenschaften der Zellmembrane hier zuriick- tri t t , diejenige des interzellul~ren Ki t t s in den Vordergrund rfickt.

Die folgenden Ausffihrungen beschr~nken sich im wesentlichen auf die :Permeabilit~t der Zellmembranen. Ihr Zweck ist weniger, eine auch nur skizzenhafte ~bers icht fiber das heute vorliegende gesamte Beob- achtungsmaterial zu geben, als vielmehr zu zeigen, da6 an verschiedenen Stellen die ,,klassischen" Permeabilit£tsprinzipien sich zunehmend un- zul~nglich erweisen und dal3 neue Deutungen gesucht werden mfissen, insbesondere aber, dal~ die Membranen gewisser Zel]en nicht nur passive Durchtri t tspforten sind, sondern aktiven Anteil haben an Leistungen der Zellen. I m Vordergrund stehen hier die Probleme des aktiven Trans- ports und der Erregungsvorg~inge.

Methodisches.

Das Ziel einer Permeabilitiitsmessung sollte, wenn immer mSglich, in der Best immung einer Permeabiliti~tskonstante liegen, die heute in vielen Fgllen mit ausreichender Genauigkeit best immt werden kann. Es ist eine Konstante, die der Diffusionskonstante entspricht, aber die Dimension Li~nge/Zeit hat, also im allgemeinen in cm/Std ausgedrfickt wird, w~hrend die Dimension der Diffusionskonstante L~nge2/Zeit ist a°. Der Unterschied rfihrt yon der Membrandicke her, die nicht bekannt ist und in die Permeabili t~tskonstante mit hinein genommen wurde.

Die Kinetik der Penetration ist ffir eine gr51~ere Anzahl yon Ver- .suchsanordnungen heute durchgearbeitet und erlaubt in vielen F~llen aus Best immungen verschiedener Art die Errechnung einer Permeabili- tgtskonstanten. (Ffir eine Zusammenstellung siehe~a.) Die lVfeBmSglich- keiten, die zur Verffigung stehen, sind natfirlich erstens chemische Bestimmungsmethoden, deren Anwendung sich auf groBe Zellen be- schr~nkt, heute erg~nzt durch die bequeme Messung mit Hilfe yon R adioisotopen, die gestattet , auch im Diffusionsgleichgewicht zu arbeiten. Welter ist zu erwghnen die elektrisehe Methode, die bisher wirklich fruchtbare Ergebnisse in erster Linie an groBen punktierbaren Zellen ergeben hat (Diskussion siehe bei COLE11).

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Permeabilitatsprobleme. 1 1

SehlieBlich ist eine grolte Zahl yon Untersuchungen mi t osmotisehen Methoden durchgefiihrt worden, bei denen das Volumen der Zellen als Mal~ benutzt wh'd. Das Volumen ~ndert sich bei Wasserverschiebungen infolge yon Dffferenzen im osmotischen Druck aul~en und innen, also einmal in nichtisotonischen LSsungen, ferner bei der Penetrat ion yon gelSsten Substanzen sekundar infolge der Versehiebung der osmotischen Druckverh~ltnisse.

Aueh hier stehen eine Reihe yon verschiedenen Methoden zur Ver- fiigung, so die mikroskopisohe Ausmessung der Zelldimensionen, die Wttgung yon Organen, die Mes- sung des Gesamtvolumens freier Einzelzellen in Suspension mit Hilfe des Zentrifugierens und schlieBlich beim Erythrozyten die optische Messung mit Hilfe der Lichtdurchl~ssigkeit, die darauf basiert, dab die Erythro- zyten bei einem best immten Vo- lumen fiir H~moglobin durch- l~issig werden und h~molysieren.

Wir haben uns in den letzten Jahren mit der letztgenannten ~e thode vielfach besch~ftigt, nieht nur aus dem Grunde, weft Ery throzyten ein leicht erh~lt- liches und bequem handzu- habendes Material darstellen, sondern auch in der l~berzeu- gung, die sieh mehr und mehr

3,Or

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Zeit Abb. 1. Geschwindigke|t und Gleichgewicht. Die beiden Schwel lungskurven I und I I unterscheiden sich n u t in der Geschwindigkei t , die X u r v e n I und I I I n u t im Gleicl~ewicht . Wi ih l t man als K r i t e r i u m das ¥ o l u m e n nach der Zei t 1, so kann eine Verschie- bung v o m Volumen B zum Volumen A sowohl du tch Erh6hung der Geschwindigkei t als durch Verschie-

bung des Gleichgewichts zustande kommen.

rechtfertigt, dab die Ery throzy tenmembran nieht nur als Modell fiir eine Zellmembran im Sinne einer Durchtr i t t smembran benutzt werden kann, sondern dab sie aueh yon den wiehtigeren physiologischen Eigensehaften, die im Dienste der Zellfunktion stehen, noeh eineAnzahlin geniigendemAus- maB besitzt, um niitzliche Untersuehungen durchzufiihren. Der Erythro- zyt ist zwar ein Spezialist, besitzt aber doch soviel Erbmaterial , dab er fiir eineReihevon allgemein zellphysiologischenFragestellungen interessant ist.

Methodisch liegen vor allem zwei Meflm6glichkeiten sS, 60, e4 vor, die direkte Verfolgung der tt~imolyse, die wir mi t photoelektriseher An- ordnung durchfiihren, und die indirekte Best immung einer Verfolgung des ]~indringens einer Substanz durch fortlaufende Aufnahme yon osmotischen Resistenzkurven.

Auf einen Punkt , der in zahlreiehenUntersuehungen zu wenig be- riicksichtigt worden ist, muB immer erneut hingewiesen werden: auf

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12 W. WILBRA '.XDT ."

den Unterschied zwischen Geschwindigkeits~nderungen und Gleich- gewichts~nderungen 5, 5~. Er mSge an einem Beispiel erli~utert werden. Von den drei Schwellungskurven in Abb. l, die nach kinetischen For- meln berechnet sind, unterscheiden sich I und I I nur in der Geschwindig- keit und I und I I I nut im Gleichgewicht. Nimmt man einen bestimmten Me6punkt als Kriterium, z. B. das Volumen nach einer bestimmten Zeit, so kann eine bestimmte Verschiebung dieses Punktes, z .B. von

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+*1 I~*1:~: I~+I-~++[ZZ] + , . +÷ ~ - + + + + d - ÷ + + + + + d - + + + 4 - + + + + +

Abb. 2. A. Schema einer ]Porenmembrall nl i t eincr Popu la t ion yon Poren versehiedener Gr66e, die bei Wahrscheinl iehkei tsver te i lung der Poren- grSl]en zu S-fSrmiger Abhgngigkei~ zwisehen Durchlttssigkeit und ~M[olekulargr~J[~e Ii ihren m u l l

B. Schema einer elektr isch geladenen Porenmem- bran, die je nach Ladung nur Par t ike l des einen oder anderen Ladungsvorzeichens penetrieren l£flt.

B nach A, nicht nur auf einer Nnderung der Geschwindigkeit, sondern auch auf einerXnderung des Gleichgewichts bei unveri~n- derter Geschwindigkeit beruhen.

Tguschungen durch Vernach- liissigung dieses Unterschiedes sind in den mannigfachsten Varia- tionen m6glich und sind er- fahrenenUntersuchernaufdiesem Gebiet unterlaufen. Eine An- derung des Gleichgewichts kann bedingt sein durch eineXnderung des osmotischenWertes der Zellen, kann aber auch bedingt sein durch

Verschiedenheit der Augenvolumina bei Auswiirtsdiffusion, in anderen Fi~llen durch ver~inderte Speicherungsaffinit~t, um nur einige zu nennen. Beim Erythrozyten ist vor allem bei der direkten Methode die Unter- scheidung zwischen Geschwindigkeits- und Gleichgewichts~nderung sehr wichtig. Solche Bestimmungen sollten niem~ls ohne Kontrolle der os- motischen Resistenz durchgefiihrt werden.

Die ,,klassischen" Permeabilitgtsprinzipien.

Die wichtigsten Prinzipien, die fiir den Stoffdurchtritt durch die Zellmembran verantwortlich gemacht worden sind und die hier als

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Permeabilit~tsprobleme. 13

,,klassische" bezeichnet werden mSgen, sind das Prinzip tier Porositgt, der L6slichkeit und der elektrischen Ladung.

Die Vorstellung der Porositgt der ~embran , die zu einer Siebwirkung fiihrt, ist durch das Schema der Abb. 2 A veranschaulicht: in einer

£reie Di~usion ~,o1----7~,.~.- ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

l- ~ Z g % _ ~ - o o ~ . , , 1 I

! rso~e,,.

! I t I I I I ' J 0 50 10# 150 200 250 300 350 q#O

l'qole/r~/~r#ev~/ch,*

Abb. 3. A. Permeabilitgt yon Bcggiato~ mirabilis (Schwefelbakterinm) fiir 19 8ubstanzen, gegen das )Iolekulargewieht aufgetragcn naeh S. SCH~F]~LDEI~ (10 b). Verwendete Substanzen: 1 :[=[arn- stoff, 2 Glykol, 3 Glycerin, 4 Glykokoll, 5 Alanin, 6 Succinimid, 7 Anilin, 8 Erythri t , 9 Aspara- gin, 10 Arabinose, 11 Arabit, 12 Glukose, 13 :Y[annit, 14 Fruktose ]~Ianuose, 16 Coniin, 16 SaHcin,

17 M:orphin, 18 Thebain, 19 Leucin.

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3 I0 15 20 25 30 35 qO MolekMarrefra/(//oz @

Abb. 3. B. Permeabflitgt einer Porenmembran (Kollodiummembran), for 9 Snbstanzen gegen die Mole- kular-ttefraktion als MaB der MolekulargrSBe aufgetragen. ~aeh COT.Lt.I~DER (14). Verwendete Sub- stanzen : 1 Ammoniak, 2 Ameisensgure, 3 Glykolsgure, 4 Milchs~ure, 5 Xpfelsgure, 6 Weinsgurc,

7 ~Iethyl~ithylmalons£ure, 8 Zitronensgure, 9 Chinasgure.

Population yon Poren verschiedener GrSBe stehen den penetrierenden •olekfilen desto mehr Poren zur Verffigung, je kleiner sie im Verhgltnis zur Siebweite sind; Beispiele fiir ein solches Verhalten bieten die Schwefel- alge Beggiatoa 46, die von RU~[LA~D als das klassische Objekt der Poren- theorie untersucht worden ist und entsprechende Modellversuche an

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14 W. ~VILBRANDT:

Kollodiummembranen ( C O L L A N D E R 1 2 ) . Beide sind in Abb. 3 zusammen- gefaBt.

Die Ov~Rwo~sehe LipoidlSslichkeitstheorie ist vor allem an botani- schen Objekten gepriift und begriindet worden. Die besten biologisehen Untersuchungsserien sind wohl diejenigen yon COLL~)~g und B;4g- LU~D 13 an Chara-Zellen, die mit chemiseher Methodik an einer sehr groBen Zahl yon Substanzen durehgeffihrt worden sind und bei denen

6

o , , o o o T ~ . 2 I @1 I I I l

o, o o o l o, oo~ o, o i .. o,s V e r t e / l u n ~ s k o ~ , 01." H20

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Abb, 4.

B

Luf t l I I I

0 Y Z 3 9 5 Io 9 ab~ ¼oefl

sich eine recht gute Relation zwisehen LipoidtSslichkeit und Penetrations- f~ihigkeit gezeigt hat. Den elegantesten physikalischen Modellversuch lieferten die Durehlassigkeit der Seifenschaumlamellen fiir Gase, die vo~ EXNER untersucht worden ist 19, 6e. Eine zusammenfassende Darstellung gibt Abb. 4.

Die weitere Entwicklung hat zu kombinierten Annahmen gefiihrt. etwa der Lipoidfiltertheorie von COLLA~DER, nach der beide Prinzipien wirksam sind und das Prinzip der LSsliehkeit sich vor allem bei hoeh- lipoidl5slichen und das der Siebwirkung vor allem bei sehr kleinen ~olekfilen besonders stark auswirkt. Es gibt danach ein Grenzvolumen der MolekulargrS~e, oberhalb dessen nur noch hochlipoidlSsliche Sub- stanzen eindringen k5nnen und eine Grenze der LipoidlSslichkeit, unter- halb deren nur noch sehr kleine Molekiile penetrieren.

Die Annahme elektriseh geladener lYiembranen ist durch eine Anzahl yon guten Modellen gesttitzt as und mehrfaeh quantitativ bearbeitet wordenS~, 51. Das am meisten bearbeitete Modell, die getrocknete Kollo- diummembran, ist durch Farbstoffimpr~gnation umladbar und zeigt je nach Ladungsintensit~t und Vorzeiehen mehr oder weniger setektive Permeabilit~it fiir Kationen oder fiir Anionen. Entspreehende Analoga auf der biologisehen Seite sind die Anionendurehl~ssigkeit der rote~

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Permeabiliti~t sprobleme. 15

B l u t k S r p e r c h e n u n d die bis vo r ku rzem supponie r te re ine K a t i o n e n - durchl~ss igkei t yon Zel len wie Muskeln und l~erven.

S p e z i ]i tdi ten.

DaB die klass ischen Pr inz ip ien n ich t ausreichen, zeigte sich zun/~chst bei ex tens iven verg le ichenden :Permeabi l i t~tsmessungen. Vor a l lem JACOBS al h a t dar f iber sehr in te ressan tes B e o b a c h t u n g s m a t e r i a l ge-

t ia :ns to j f I Gi3"k°l I r e l ~ i i v e i f~m o 13,s eze i ten

20 ¢0 60 20 ~0 60 40 60 I I I I I I I I I I [ I I I I I I I

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I I I i I 1 I i I I I I I

r-- Molekularje wick I

~0 80 :20 i ~0 80 120 I ¢0 80 720 I I I I I I [ I I I I I I I I I 1 I I I I I

Abb. 5. Art~pezifit~t dcr Erythrozyten-Permeabilitat. t£~molysezeiten yon Blur verschiedener Tier- arten in isotonischen LSsungen yon ]~arnstoff, Glykol und Glycerin, nach JAOOBS (15). Als ~al3 der LipoidlSsliehkeit nnd der MolekulargrSl3e die relative J(therlSslichkeit und das Molekular-

gewicht der genannten drei Substanzen.

sammel t . E in Beispie l g ib t Abb . 5, in der ffir B lur versch iedener Tier- a r t e n die t t i~molysezei ten in i so tonischen LSsungen yon drei pene t r ie ren- den A n e l e k t r o l y t e n als MaB ihrer Pene t r a t ionsgeschwind igke i t zusam- menges te l l t sind. Zum Vergleich s ind auch die phys ika l i schen Eigen- schaf ten der Molekii le eingezeichnet . Greif t m a n e twa das Beispie l des Glykols u n d t t a rns to f f s heraus , die p rak t i s ch gleiche MolekfilgrSBen haben, so versagen die k lass ischen Pr inz ip ien zur Erk l / i rung der Ta t - sache, dab das besser l ipoidlSsl iche Glykol in Sauge re ry th rozy t en un- gleich l angsamer e indr ing t als der Harns tof f .

We i t e r e auffa l lende Ar tun t e r s ch i ede s ind in der Zusammens t e l l ung le icht zu erkennen. Die Spezif i t / i t geh t so welt , dalB es wahrscheinl ich bei geni igender Anzah l yon Tes t subs t anzen durchaus mSglich w/~re, das Blur einer T ie ra r t aus den l%rmeabi l i t~ t se igenschaf ten der E r y t h r o z y t e n zu bes t immen.

Man ni iher t sich also der Spezifit/~t der chemischen R e a k t i o n und h a t demen t sp rechend such die A n n a h m e gemach t ~1, dal~ die l%net ra~ion mi t Kn i ip fung und LSsung yon t t a u p t - oder N e b e n v a l e n z b i l d u n g e n

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16 W. WILBRANDT :

ve rbunden ist. DA:NIELL117 h~t insbesondere durch energetische Berech- n u n g e n w~hrscheinlich gemacht, dai~ es sich in gewissen F~llen u m

W~sserstoffbri icken handel t .

A fo rrnaldehj,,d 1% fO i I(on/x'~lO^20 fl/O 6"0 90rain 120min

I I i 0 2

0 ~

q 6 8 ~0 20 30 ¢0 50min

B - . 10 2 0 qO 6'0 .90min ,on

12 18 g# 3036 i ',~i6'Osec 2 10 ZO min 30, ~25~

x C

, 0 5 10 15 ZO Z5min

2,5

D x J x

I i /20 200 min

Abb. 6. A. H~imolysekurven in hypotouischer KochsalztSsung nach steigenden Einwirkungszeiten von 1% :Formaldehyd uuf eine Blutsuspension. -- B. Die gleichcn Kurven m i t logar i thmischem Zeitmal~stab gezeichnet, wobei die parallele Kurvenform auf eine homogene Kurvenschar m i t der Geschwindigkeit als r a r a m e t e r deutet. -- C. t t~tmolysekurven in hypotonischer KochsalzlSsung nach 2 rain, 40 rain, 120 rain un4 200 rain Einwirkung yon ~ormaldehyd auf eine Blutsuspension. -- D. Ein t r i t t sgeschwindigkei t von Glyzerin in die gleichen Suspensionen wie in den Kurven C, m i t dem indirekten Verfahren bestimrat. I m Gegensatz zu der s tarken VerzSgerung des Wassere int r i t t s ii~ den Kurverl C ~tndert sich in den Kurven D die Eint r i t t sgeschwindigkei t des Glyzerins durch die

Einwirkung des )~ormaldehyds nicht.

Es ist auch wahrscheinlich, dab ffir den Durch t r i t t verschiedener Molektile verschiedene Ein t r i t t s s te l len bestehen. DANIELLI und DAVSON 17

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Permeabilit ~tsprobleme. 17

haben die Annahme spezifischer ,,aktiver Bezirke" ffir die Pene- tration verschiedener ]Yfolekfile eingefiihrt. Als Stfitze ffir solche An- schauungen sei eine neuere Beobachtung gezeigt, die die Wirkung des Formaldehyds betrifft. Sic ergab sich bei einer Untersuchung der Ad- stringentie auf breiterer Basis.

Die Wirkung des Formaldehyds besteht in einer ausgesprochenen VerzSgerung der tt~molysekurven (Abb. 6 A), die mit steigender Ein- wirkungszeit des Formaldehyds immer starker wird und bis zur voll- st~ndigen Undurchl~ssigkeit der Membran ffihren kann. Nach m~Bigen Einwirkungszeiten ist sic reversibel. Es l~I~t sich durch eine geihe yon Kriterien zeigen, dab es sich um eine Abdichtung der lYIembran gegenfiber dem Eintr i t t des Wassers handelt und nicht, wie PONDER annahm, um Gelierung des Zellinhalts unter der Wirkung des Formaldehyds. So zei- gen, um nur einen Punkt zu nennen, die Kurven bei Verwendung eines logarithmischen Zeitmai3stabs parallelen Verlauf, wie es bei einer homo- logen Kurvenschar mit der Geschwindigkeit als Parameter zu er- warren ist. (Abb. 6 B)

Auffallend ist nun, da~ bei einer Formaldehydwirkung, die eine hoch- gradige Verz5gerung der tt~molysekurven ergibt, (Abb. 6 C) der indirekt bestimmte Eintr i t t yon Glyzerin praktisch gar nicht verzSgert wird (Abb. 6 D). Offenbar beniitzen die beiden Molekfile versehiedene Durch- tr i t tspforten durch die Membran.

A dstringentien.

Bevor auf andere Beobachtungen eingegangen wird, die die komplexe Natur der Permeationsvorg~nge demonstrieren und zur, ,Organfunktion" der Zellmembran fiberleiten, seien aus der genannten Untersuehungs- reihe fiber Adstringentien einige weitere Beobaehtungen erw~hnt, die teilweise auch auf differenzierte Mechanismen und l~ezeptoren deuten.

a) Tannin.

Tannin hat die Eigenschaft, dai~ es viele H£molysen vollst~ndig zu verhindern scheint. Es erweckt so den Eindruck einer Abdichtung der ~embran, die hSchste Grade erreicht. Quantitative Untersuchungen yon ttEIMANN 7° fiber die Tanninaufnahme durch die Erythrozyten, die zun~chst unverst~ndliche Resultate ergaben, haben dann aber eine mikroskopische Kontrolle nStig gemacht, bei der sich zeigte, dab die tt~molysehemmung vorget~uscht ist. Tats~chlich schwellen und h~mo- lysieren die Zellen mit wenig ver~nderter Geschwindigkeit, nur wird im )/foment der tt~molyse, d. h. des H~moglobinaustritts, H~moglobin in Form eines Klfimpehens an der Oberfl~che der Zelle niedergeschlagen, so dab eine Aufhellung der Suspension unterbleibt. Damit st immt die

Arch, exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 212. (Tagungsbericht.) 2

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18 W. ~VILBRANDT :

schon yon anderen Autoren, so y o n B O H L M A N N 4 gemachte Beobachtung tiberein, dab die hi~molysehemmende Konzentration mit der h/~moglobin- fi~llenden Konzentration des Tannins iibereinstimmt.

Um die Wirkung des Tan-

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nins auf die Membrandurch- IKssigkeit zu untersuchen, miissen daher Verfahren ver- wendet werden, bei denen die Zellen night h/~molysieren. Tut man das% so zeigt sich, dal3 die Wirkung des Tannins im Sinne einer Durchtrittsver- z6gerung zwar besteht, aber etwa verglichen mit derjenigen des Formaldehyds relativ ge- ring ist. Das stimmt mit Mo- dellversuchen v o n S C H U L M A N 47

an monomolekularen Filmen fiberein, bei denen das Tannin sigh am Filmdruck und Film- potential relativ wenig aus- wirkte, weil es in dig Film- struktur nicht eindringt, son- dern sich nur anlagert, w~h- rend andere ,,filmpenetra- tion" zeigende Agentien, die auch am Erythrozyten ausge- sproehenere,teils hKmolytisehe Wirkungen zeigen,durch,,film- penetration" den FilmdruGk dramatisch steigerten.*

b) Kalzium.

Eine allgemein abdichtende Wirkung des Kalziums auf

Abb. 7. A. H~molysekurven in hypotonischen L6sungcn yon NaCl, KCl und CaCl2. Die Eintrittsge- schwindigkeit des Wassers wird durch die Kalzium-Ionen praktisch nicht beeinflul~t. -- B. H~mo- lysekurven in isotonischen L6sungen yon Glyzerin mit Zusatz yon NaC1 und CaC12. Die Eintrittsge- schwindigkeit des CTlyzerins wird nicht beeinfluBt. -- C. Entsprechende Kurven fiir den Eintritt

von Glykol in isotonischen Glykoll6sungen mit Zusatz yon NaCl, KC1 bzw. CaCl~.

* N e u e r e U n t e r s u c h u n g e n y o n JACOBS c . s . z e igen a l l e r d i n g s s t i~rkste H e m m - w i r k u n g e n s e h r k l e i n e r T a n i n - K o n z e n t r a t i o n e n a u f d e n r a s c h e n A n i o n e n a u s t a u s c h d u r c h d ie E r y t h r o z y t e n m e m b r a n , e in w e i t e r e s f r a p p a n t e s Beispie l e i n e r spez i f i schen

Wirkung.

Page 11: Permeabilitätsprobleme

Permeabilit~tsprobleme. 1 9

Zellmembranen wird heute fast axiomatisch angenommen. Abb. 7 zeigt, dab die Penetrat ion des Wassers sowie von Glykol und Glyzerin aus gleieh hypotonischen LSsungen yon CaC12, KC1, NaC1 praktisch gleich schnell erfolgt.

Es gibt also zum mindesten F/~lle, wo mit exakten quant i ta t iven Methoden keinerlei abdichtende Calciumwirkung nachweisbar ist.

Zwei Beobachtungsgruppen haben wahrscheinlich zu unzul~ssigen Verallgemeinerungen Anlal3 gegeben. Einmal Beobachtungen fiber Kalziumwirkungen an Kapillarw/~nden im Sinne einer Exsudations- hemmung 1°, die vermutlich ihre Grundlage haben in der Wirkung des Kalziums auf die interzellul~re Kit tsubstanz. CrIAMBERS und ZWEIFACH 7 haben in eindrucksvoUen Versuchen gezeigt, dab bei Perfusi0n mi t kalziumfreien LSsungen die Kit tsubstanz ausgewaschen wird, wodureh es zu extremen Durchl~ssigkeitssteigerungen kommt. Offenbar bflde~ Kalzium mit der Substanz einen schwerl5slichen Komplex, der sie Sta- bilisiert, /~hnlich wie das ffir die Blastomeren des Seeigeleis vor langer Zeit yon H~RBST 21 und fiir Epithelzellen in Gewebskultur neuerdings yon C~AMBE~S C. S. gezeigt worden ist 9.

Die zweite Gruppe betrifft Kalziumwirkungen in nicht/£quilibrierten reinen SalzlSsungen bzw. AnelektrolytlSsungen, in denen es zu J~nderun- gen des Membranpotentials und des PH an der ~embrangrenzfl~che kommen kann, die teils Permeabilit~ts~nderungen vort/~usehen, teils Anderungen auslSsen, die in ~quilibrierten Elektrolytl5sungen nicht auf- treten. Ein Beispiel daffir ist der Salzverlust von Ery throzyten in ZuckerlSsungen 5s. Ob und in welchen F/illen Kalzium membrandichtend wirkt, sollte mit quanti tat iven ~e thoden noch eingehender geprfift werden. Die Wirkung ist jedenfalls nicht so obligatorisch wie meist angenommen.

c) Schwermetalle.

Schwermetalle haben an der Ery throzytenmembran mindestens drei verschiedene, gegeneinander abgrenzbare Wirkungen: eine kolloid- osmotische H~molyse durch Aufhebung der Selektivit/£t der Ionendureh- lassigkeit (siehe unten), eine nichtosmotische tti~molyse und eine formal- dehydartige Wirkung ~s, 72. Die verschiedenen untersuchten Metalle (Itg, Au, Cu, Pb, Fe) zeigen die drei Wirkungen in spezffisehen Abstufungen.

Die Wirkungen unterscheiden sich in bezug auf die erforderliehen Konzentrationen, indem im allgemeinen die kolloid-osmotisehe I-I~mo- lyse mit den niedrigsten, die Formaldehydgerbung mit den hSchsten Konzentrat ionen auslSsbar ist.

Sie sind auBerdem verschieden reversibel. Durch Verdiinnen lassen sie sich im allgemeinen gar nicht aufheben. Durch Komplexbildner ist die formaldehydart ige Wirkung zu 15sen, die Selektivit~ts/~nderung

2*

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(kolloid-osmotische tti~molyse) schwerer, und abhi~ngig von der Ein- wirkungszeit des Metalls. Die ~berlegenheit des BAL (Dithioglyzerins) bei der Behandlung der Schwermetallvergiftungen li~Bt sich hier modell- m~Big reproduzieren: verglichen mit Cystein, ]~aCN, NaCNO zeigt es, besonders nach li~ngeren Einwirkungszeiten, eindeutig die beste Wirk- samkeit.

Eine Ausnahme in bezug auf die Reversibilit~t bildet eine von JXCOBS c. s. 3a entdeckte und yon uns 59, 6s genauer untersuehte Wirkung gewisser Schwermetalle (vor allem Hg und Cu), die ein weiteres Beispiel fiir die Wirkungsspezifit~t ist: die spezifisehe Hemmung der Glyzerin- penetration durch die Erythrozytenmembran gewisser Tierarten. Sie ist durch Verdfinnung reversibel und zeigt dabei quanti tat ive Eigentiim- lichkeiten, die fiir die Theorie der Potentialgiftwirkungen von Interesse sind und daher kurz gesondert dargestellt seien.

d) Beziehungen zur Theorie der Potentialgi/twirkungen.

An der yon STRAUB 5° begriindeten Vorstellung der Potentialgift- wirkung, insbesondere an ihrer Ausdehnung auf die autonomen Nerven- gifte ist in letzter Zeit viel Kri t ik geiibt worden, auf die hier nicht ein- zugehen ist. Offenbar ist in manchen Untersuchungen fibersehen worden, dab es sich beim Azetylcholin und Adrenalin um Substanzen handelt, die sehr rasch zerstSrt werden.

Immerhin ist die Grundbeobachtung yon ST~AUB mit Muskarin am Aplysienherzen meines Wissens nie in Zweifel gezogen worden. Eine plausible Erkl~rungsmSglichkeit fiir derartige Beobachtungen scheint nun darin zu liegen, dab es sich um Membranwirkungen eindringender Molek(ile handelt, die im Inneren der Zelle gebunden werden. I m Fall der genannten Wirkung lieB sich diese Vorstellung quanti tat iv durch- rechnen, wobei sich iiberzeugende ~bereinst immung mit der Beob- achtung ergab.

Photoelektrische H~molysekurven zeigen zun~ehst einen unerwar- teten Kurventyp, bei dem niimlich nicht der Gesamtverlauf der Kurve verzSgert ist, sondern auf eine gewisse Latenzzeit die Hi~molyse mit normaler Geschwindigkeit erfolgt5% Es l~Bt sieh zeigen, dab das darauf beruht, dab das Quecksilber in die Zellen eindringt und im Inneren vom Hi~moglobin abgefangen wird. Seine Wirkung an der Membran bleibt solange bestehen, bis das letzte Quecksilber in die Zellen penetriert und abgefangen worden ist.

Berechnet man unter diesen Voraussetzungen zun~chst den zeitlichen Verlauf der Konzentrations~nderung des Quecksilbers in der AuBen- 15sung, so ergibt sich ein linearer Abfall des Logarithmus der Konzen- t rat ion mit der Zeit. Die Steilheit des Abfalls wird proportional der Gesamtoberfl~che der Zellen und damit der Suspensionskonzentration.

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Permeabilitt~tsprobleme. 21

Das li~Bt sich exper imente ! l bes t~t igen. Aus der S te i lhe i t e rg ib t sich die P e r m e a b i l i t ~ t s k o n s t a n t e des Quecksi lbers .

l q immt m a n wei ter an, da~ fiir die Normal i s i e rung der Membran- pe rmeab i l i t~ t das Un te r sch re i t en einer gewissen Konzen t ra t ionsschwel l e nSt ig ist, so lassen sich die VerzSgerungszei ten durch verschiedene Quecks i lbe rkonzen t r a t ionen m i t Hi l fe de r e rmi t t e l t en Pe rmeab i l i t~ t s - k o n s t a n t e n berechnen. I h r theore t i scher Ver l au f is t eine Gerade bei

fheore//~ch beobach/e/

rain ] o m% 5 /0%

2O

2

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I I I I F I o o, o15 ~o~ 0,o62 o,125 ~2s g,5

Io9 c[c ,,n re.moll Abb. 8. Verz6gerung der Htimolysegeschwindigkeit in isotonischer G]yzerinliisung als Yia6 der Penetrationsgeschwindigkeit des Glyzerins bei Menschenblut. Zimmertemperatur. Theoretische und beobaehtete Abhtingigkeit der VerzSgerungszeit (Ordinate) vom Logarithmus der Queeksilber- konzentration (Abszisse) bei Variation der Zellkonzentraticn der Suspension (Zahlen an den Kurven

bezogen auf Vollblut = loo%).

Auf t r agung gegen den L o g a r i t h m u s der Quecks i lbe rkonzen t ra t ion . Die hTeigung der Geraden Kndert sich wiederum mi t der Suspens ionskonzen- t r a t ion . Die theore t i schen u n d die b e o b a c h t e t e n K u r v e n s t immen in bef r ied igender Weise f iberein (Abb. 8).

Ionenpermeabilit~it und Erregung.

Die F r a g e der Ionenpermeabi l i t t~ t der Ze l lmembran ist gegenw~rt ig eine der in te ressan tes ten , weft sie m i t wicht igs ten P rob l emen der Phy - siologie Ber i ih rung gewonnen ha t .

Als A u s g a n g s p u n k t sei folgende ~ b e r l e g u n g gewt~hlt, die von JACOBS s t a m m t . Alle Zel len en tha l t en im Inne ren eine wesent l ich hShere Ei - wei l ]konzent ra t ion als s ie sich in der umge be nde n Fl t i ss igkei t f inder . D a r a u s e rg ib t sich m i t No twend igke i t , dab die Ze l lmembran n i ch t frei fiir al le Ionen durchlt~ssig sein kann . W~re sie das, so mfil3te Salz e indr ingen und Wasse r nach sich ziehen, es wi i rde eine osmot i sche Schwel lung erfolgen, die zu ke inem Gleichgewicht f i ihrt , es sei denn, da[~ ein S t i i t zgewebe die Schwel lung aufh~l t ~.

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Ein Beispiel fiir die Richtigkeit dieser (~:berlegung ist die kolloid- osmotische H/~molyse 6~. Erythrozyten gelten als durchl/~ssig flit Anionen und undurchl/~ssig ffir Kationen. Werden sie ftir Kationen durchl~ssig. so tri t t Salz und Wasser ein und die erfolgende Schwellung fiihrt zu H~molyse. Solche H~imolysen, die als kolloid-osmotisch bezeichnet wurden, sind erkennbar an der Verschiebung der osmotischen Resistenz. wie sie beim Eindringen von Substanzen zustande kommt~ und es hut sich gezeigt, dai] dieser Typ der H/~molyse sehr hiiufig ist. Die Mehrzahl der hi~molytischen Agentien wirkt auf diese Weise, so z. B. Narkotika, Schwermetalle (siehe oben), S~ure, Alkali. W~rme. Ultraviolett, R6nt- genstrahlen, sichtbares Licht nach Sensibilisierung, Eiwei~denaturantien.

Die Verschiebung der Resistenzkurven ist nicht das einzige Krite- rium. das fiir die kolloid-osmotische Natm' einer H~molyse belmtzt werden kann. Ein quantitativer Test (Kompensationstest) beruht auf fblgender l~Tberlegung 67. Wird die H~molyse durch den kolloid-osmoti- schen Mechanismus ausgelSst, so miil]te man den osmotischen Druck des [-[~moglobins durch ein nichtpenetrationsf~thiges ~[olekiil kompen- sieren k6nnen. In vielen F~illen bleibt (tie ~¢[embran ffir gohrzucker undurchl~ssig und Rohrzucker kaml vevwendet werden. Es l~Bt sich berechnen, dab je nach Konzentration des Rohrzuckers sich dann Gleich- gewichtsvohlmina einstellen miissen, dic durch Schrumpfung oder durch Schwellung erreicht werden und deren Weft vom pH abh~ngt. Die ex- perimentell bestimmten Gleichgewichtsvolumina stimmen befriedigend mit den Berechnungen iiberein.

Die (~berlegung, dab eine eiweifthaltige Zelle nieht frei ionendurch- I£ssig sein kann, fiihrt zu der Frage, in welcher Weise die Ionendurch- l/~ssigkeit beschr~tnkt ist. Man hut l~nge Zeit angenommen, da~ es sich um selektiv ionenpermeable Membranen handelt, (tie entsprechend der Ladung ihrer Substanz entweder fiir Kationen oder ffir Anionen durch- l/~ssig sind. SchSne Untersuchungen yon BOYLE und CoNwAY 5 haben wahrscheinlich gemacht, daf~ ein anderes Einschr~nkungsprinzip ver- wendet ist, n~mlich das der Porosit~t. Die Autoren haben gezeigt, dal.~ die Muskelzelle sich osmotisch verhi~lt, als ob sie ffir Kalium und Chlorid durchl~ssig w~re, fiir Natrium und Phosphat undurchl~ssig. Diese An- schauung ist nicht unbestritten geblieben, hut aber heute recht festen Ful~ gefai3t. Coz~wAY hglt diesen Typ der Ionenpermeabilitgt ffir den Standardtyp der lebenden Zellen und hat experimentell wahrscheinlich gemacht, dal3. auch die Leber- und N'ierenzellen demselben Gesetz folgen 14.

Es besteht nun abet die M6glichkeit, dab die Undurchlgssigkeit fiir Natrium vorgetguscht ist durch einen kontinuierlichen aktiven Transport yon Natrium aus dem Zellinneren nach aut~en. Anhaltspunkte fiir solche Transporte sind von KROGH as an verschiedenen Objekten gesammelt

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worden, beim Muskel spricht ffir normalerweise bestehende Natrium- permeabilit~t ferner die Tatsache, dal~ die Leitf~higkeit der Muskel- membran durch Natrium beeinflu6t wird (HODGKI~C2S). Vor allem aber ist ein Prozel~, der Natrium aus der Zelle heraus bef6rdert, nach den neueren Resultaten in der Nervenphysiologie eine kaum mehr zu ent- behrende Annahme geworden. Eine kurze skizzenhafte Darstellung dieser Entwicklung mSge das zeigen.

Die BERNSTEIN-H()BERsche Theorie des Ruhestroms, die im wesent- lichen unerschiittert ist, nimmt bekanntlich an, daI~ das Membran- potential durch den Konzentrationsunterschied yon Kalium innen und aul~en bei selektiver Durchl~ssigkeit der Membran fiir Kalium zustande kommt. Ffir das Aktionspotential wurde zun~chst angenommen, daI~ diese selektive Durchl/~ssigkeit voriibergehend aufgehoben wird, so daf~ das Ruhepotential auf Null sinkt. HODGKIN und HUXLEY 27 haben nun zun/ichst ffir den Nerven in einer wichtigen Arbeit an der Riesenfaser des Tintenfischs gezeigt, daI~ das Potential in Wirklichkeit nicht nur auf Null sinkt, sondern sich umkehrt. Inzwischen sind entsprechende Ver- suche an Einzelfasern des Muskels und des Reizleitungssystems des Her- zens gemacht worden 54. Ferner haben HODGKIN und KATZ 3° gezeigt, dab die Umkehr des Potentials yon der Natriumkonzentration in gleieher Weise abhi~ngt, wie das Ruhepotentiat yon der Kaliumkonzentration. Es ergibt sich daraus recht fiberzeugend, dal~ die Membran im Moment der Erregung hochgradig fiir Natrium durchl~ssig wird. In neuesten eindrucksvollen Untersuchungen ist es HODGKIN, HUXLEY und KATZ 29 nun gelungen zu zeigen, dal3 die Natriumdurchl~ssigkeit der Membran eine Folge der Membrandepolarisation ist. Da sie zu einer weiteren Ent- ladung durch den Eintrit t des Natriums ftihrt, ist so ein selbstauslSsender Mechanismus fiir das Aktionspotential gegeben, der den ganzen Ablauf des Aktionspotentials weitgehend verstiindlich macht. Wichtig ist dabei, da6 neben der Natriumdurchl/~ssigkeit und zeitlich nicht gleichzeitig, sondern spKter, eine erhShte Kaliumdurchl/issigkeit auftritt. Es handelt sich also nicht um einen Austausch von Natrium gegen Kalium, sondern um unabh~ngige und zeitlich nicht identische Permeabilit/its/~nderungen.

Die Situation ist demnach heute die, da6 wir offenbar vor einer Auf- kl'~rung einer der wichtigsten Lebenserscheinungen, n~mlich der Er, regungsleitung im Nerven stehen, und dab die wesentliehen Probleme, die zu 15sen bleiben, Permeabilit/~tsprobleme sind.

Es sind in der Hauptsache zwei: erstens die Frage, wie die Durch- 1/~ssigkeits/inderung der Membran bei ver~nderter elektrischer Ladung zustande kommt, spezif!sch fiir Natrium und spezifisch ffir Kalium, und zweitens (was zu den vorherigen l~bertegungen zuriiekfiihrt): wie das Natrium, das w~hrend der Erregung eingedrungen ist, wieder entfernt wirdi

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Ffir die Beantwortung der ersten Frage schlagen die genannten Au- toren einen Tr~germechanismus vor, bei dem ein elektronegativer lipoid- 15slicher Tr~ger in der Membran, der bei aufgeladener Membran an eine Membranseite gedrangt ist, bei Entladung der Membran transportf~hig wird. Der Transport mfiBte auf der Bildung eines Komplexes mit Natr ium beruhen.

Es sei die MutmaBung erlaubt, dab dieser Mechanismus von pharma- kologischer Bedeutung sein kann. I%OSE~BERG 43 hat darauf hingewiesen, dab/~hnliche Komplexe in Form yon Chelatbildung bei denjenigen ()len zu erwarten sind, die in den bekannten Versuchen yon BEUTNER a fiber ()lketten sich als gut wirksam erwiesen haben. Es ist nun bemerkenswert, dab die stickstoffhaltigen Schlafmittel i~hnliche Konsti tut ion aufweisen und vielleicht ffir solche Transportfragen yon Bedeutung sein kSnnen.

Was die zweite Frage, die , ,Natr iumpumpe" betrifft, so scheint ein /~hnlicher Tr~germechanismus, der mit dem Stoffwechsel der Zelle ver- knfipft sein miiBte, heute die aussichtsreichste Annahme. Es ist nicht uninteressant, dab mSglicherweise bei den roten BlutkSrperchen eine ~hnliche Situation besteht. DaB auch hier die Kationenundurchl~ssigkeit m5glicherweise vorget/~uscht ist durch geringe Kationendurctfli~ssigkeit in Kombinat ion mit einer , ,Kationenpumpe", wird unter anderem wahr- scheinlich durch Versuche mit Radioisotopen, in denen sich die Ery- throzyten als nicht unbetr~chtlich kationendurchl/~ssig erwiesen haben (z. B. 39, weitere Beobachtungen siehe bei 22). Hier liegt also ein Problem vor, das sich sehr wohl mit demjenigen der erregbaren Zellen berfihren kann. Die Annahme liegt um so n/~her, als auch hier frappante Ionen- durchl~ssigkeits/~nderungen bei ~nderungen des elektrischen Potentials in Form des Salzverlustes in NichtleiterlSsungen bekannt sind 5s, 9s.

Zuckerpermeabilitdt und alctiver Transport.

Zu ~hnlichen Vorstellungen bezfiglich der Wirksamkeit lipoidl5slicher ,,Membrantr/~ger" habenVersuche auf einem ganz ar/deren Gebiet geffihrt, n~mlich in bezug auf die Zuckerdurchl~ssigkeit der Zellmembran, wovon abschlieBend berichtet werden soll.

Es ist seit langem bekannt, dab in bezug auf die Zuckerresorption sowohl im Darmepithel als in der Niere eine Reihe yon Eigentfimlieh- keiten festzustellen sind, die mit der Annahme eines Diffusionsausgleiches im Widerspruch stehen. In beiden Organen werden verschiedene Mono- saccharide mit groBer Selektivit~t resorbiert 15, 24, die auf Untersehiede in der MolekulargrSi3e oder der Lipoidl5slichkei.t nicht bezogen werden kann. Die Resorption ist weiterhin nicht proportional der Konzentra- tion 5a, sondern weitgehend konzentrationsunabh~ngig und verschiedene Zucker hemmen sich gegenseitig bei gleichzeitiger Anwesenheit 15.

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SchlieBlich ist gezeigt worden, dab in beiden Organen best immte Stoff- wechselgifte die Resorption aufheben oder hemmen, so Jodaze ta t am Darmepithe171, Phlorizin bei beiden und eine Reihe von weiteren Fer- mentgiften, die sparer geprfift worden sind.

Es sind an diese Beobachtungen im wesentliehen zwei Vorstellungen geknfipft worden. Einmal wurde angenommen 71, dab eine Beziehung zu Pho phorylierungsprozessen besteht. Die Bedeutuug der Phospho- rylierung, die zun~chst intrazellul~r angenommen wurde, wurde darin gesehen, dab durch das Abfangen der penetrierten Glukosemolekfile der Diffusionsgradient steil gehalten wird, entsprechend Vorstellungen, die schon 1899 von HSBER ~ und sparer yon VERZ~R 5~ entwiekelt worden sind.

Die Vorstellung ist zun~chst deshalb unbefriedigend, weft die Be- sehleunigung der Diffusion durch einen solchen AbfangprozeB berechen- bar ist und im Maximum 100 ~o betragen kann, w~hrend die tats~chlichen Resorptionsunterschiede zwischen verschiedenen: Zuckern und zwischen der unvergifteten und der vergifteten Resorption grSBer sind. Aul~erdem kann der Meehanismus nur eine Beschleunigung erkl~ren und nieht einen akt iven Transport yon niederer auf hShere Konzentration, wie er sparer von BARA~r und SPERB]~R 1 ffir die Darmresorption gezeigt wurde und ffir die Nierenresorption seit langem bekannt ist.

Die zweite Vorstellung, die teils mit, teils ohne Einbeziehung der Phosphorylierungsannahme gemacht worden ist, ist die eines intra- zellul~ren Tr~germechanismus, der mit dem Stoffwechsel der Zelle irgendwie verkniipft sein muB und der den Zucker von einem Ende der Zelle zum anderen zu transportieren h~tte. Sotche Vorstellungen sind yon KROGH 35, SHANNON und FISHER 44, HSBE~ 26 und anderen nieht nur ffir die Zuekerresorption, sondern ffir andere aktive Resorptions- prozesse entwickelt worden.

Die Untersuchung der Zuckerdurchl~ssigkeit der Erythrozyten- membran hat nun zu Resultaten geffihrt, die mSglicherweise einen Schritt weiterffihren. An Einzelzellen sind gewisse Versuchsanordnungen mSg- lieh, die sich bei Zellverb~nden nicht durchffihren lassen und es lassen sich daher Fragen entscheiden, die bei resorbierenden Organen unzu- g~nglich sind.

Es ist seit langem bekannt 34, dab aueh am Erythrozyten beziiglich der Zuckerdurchl~ssigkeit hohe Spezifit~ten bestehen. Sie beziehen sich einmal auf die Durchl~ssigkeit bei den Zellen verschiedener Tierarten, so sind die Aldosen bei mensehlichen BlutkSrperchen relativ besser penetrationsfiahig, die Ketosen bei HundeblutkSrperehen, w~hrend die Erythrozyten der meisten Tierarten i iberhaupt nur eine sehr geringe Zuckerdurchl~ssigkeit zeigen, insbesondere diejenigen, die schlecht glykolysieren 5s.

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Die frappanteste chemische Spezifit/~t hat sich ergeben bei der Unter- suehung der optischen Antipoden zweier Pentosen, der Xylose und der Arabinose. Unter gleichen Versuchsbedingungen dringt d-Arabinose leicht, 1-Arabinose gar nicht ein, 1-Xylose leicht, d-Xytose gar nieht6%

Weitere Parallelen zum Darm und der Niere ergaben sieh bei der Untersuehung der Konzentraticmsabh/ingigkeit6"%

Schlieftlich zeigen auch hier verschiedene Zucker gegenseitige Hem- mung beim Durehtritt, so dab die Frage sich stellte, ob /~hnliche Ver- h/iltnisse wie beim ])arm und der Niere vorliegen. Die zun/iehst unter- suchten Stoffwechselgifte Fluorid und Jodazetat, die am Darmepithel stark hemmen, zeigten keine Wirkung. Dagegen erwies sieh das Phlorizin. alas sowohl am Darm als an der Niere stark wirksam ist. aueh hier aktiv 66. Damit war eine recht frappante Parallele zu Darm und Niere hergestellt und es ergab sieh. sofern es sich bei den beiden Zellarten um/~hnliche Prozesse handelt, was kaum mehr zweifelhaft sein konnte. eine erste wiehtige Konsequenz. Wenn ein Tr/~germechanismus im Sinne der geschilderten Annahme vorliegt, so mug der Tr/£ger nieht intra- zellul/~r, sondern in der Membran lokalisiert sein. (Das ist an sich schon a priori zu erwarten, wei| intrazellul/~r praktiseh kein Diffusionshindernis bestehen dfirfte.)

Die Ubertragung der Annahme einer Phosphoryliermlg auf die Erythrozytenmembran wiirde zu der weiteren 1V[odifikation ftihren, dal3 auch diese Phosphorylierung au[3erhalb der Membran stattfinden miil~te. da ein transzellulKrer Transport hier gar nicht vorliegt. Damit w~re die Frage gestellt, wozu eine Phosphorylierung in bezug auf die Penetration dienen k6nnte, was zuni~chst nieht ersichtlich ist. Die Verbindung mit der Phosphors/£ure fiihrt zu einem grSgeren und ionisierten Molekiil, das h6chstwahrseheinlieh schleehtere Penetrationsbedingungen haben wird, als die Glukose selbst. Versuche mit versehiedenen Phosphors/iure- estern, insbesondere dem Glukose-6-Phosphat, das in erster Linie in Betraeht zu ziehen ist, best/~tigen diese Vermutung: w/~hrend Glukose in die Erythrozyten eindringt, penetrieren die Ester nicht 6s.

Eine interessante Annahme, die von ROSENBEI~G 42, 43 gemacht worden ist, bietet mSglicherweise einen Ausweg, und die folgenden Untersuchun- gen sind in Gemeinschaft mit ROSENBERG durchgefiihrt worden. Die Annahme ist die, dab bei der Phosphorylierung der Glukose dureh Adeno- sintriphosphorsi~ure unter der Wirkung der Hexokinase als Zwischen- produkt ein Hexose-Metaphosphat-Ester entsteht, wahrseheinlich nach vorheriger Anlagerung der Glukose an die Adenosintriphosphors/~ure. Diese Annahme, die verschiedene Sttitzen hat, ist fiir die Frage der Membranpenetration deshalb interessant, weil der entstehende Ester nieht ionisiert wiire und mSglicherweise eine gewisse LipoidlSslichkeit besitzen wiirde.

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Perme~bilit~tsproblem e. 27

Es wurde daher als erste Arbeitshypothese fiir die weiteren Versuehe die Vorstellung gebildet, dab an der Aul?enseite der Membran die Glu- kose durch Hexokinase phosphoryliert wird, als Glukosemetaphosphat durch die Membran penetriert und an der Innenseite der Membran durch Phosphatase gespMten wird. Die Wirkung des Phlorizins wfirde sich in diesem Fall auf die Spaltung durch die Phosphatase beziehen.

Als Sttitzen fiir diese Vorstellung konnten bisher folgende Resultate erhalten werden ss. Erstens wirkt nicht nur Phl0rizin hemmend, sondern in noch st/~rkerer Weise sein Aglukon, das Phloretin, das auch Phospha- tase starker hemmt. Die wirksamen Konzentrationen stimmen mit den- jenigen bei der Phosphatasehemmung etwa tiberein. Zweitens lieB s ich zeigen, dab die Hemmung dureh Phlorizin davon abh/~ngt, auf welche Membranseite es einwirkt. Nach der entwickelten Arbeitshypothese sollte es aufder Seite des Glukoseaustritts aus der lV[embran wirken. Tats~chlich ist seine Wirkung auf dieser Seite mindestens sehr viel starker als auf der anderen. Die Frage ist prtifbar, weil Phlorizin nut langsam durch die Membran penetriert." Setzt man es der Aul~enlSsung einer Erythro- zytensuspension zu und verfolgt den Glukosedurchtrit t durch die Mem- bran in beiden Richtungen, so zeigt sieh in einem best immten Kon- zentrationsbereich gar keine Hemmung der Glukosepenetration yon auBen nach innen, dagegen fast vollst/indige Hemmung in der umge- kehrten Richtung.

SchlieBlich wurden eine Reihe von Hexokinasegiften gepriift, die allerdings nur wenig spezifisch sind. Von DIxo~ und seiner Gruppe is ist gezeigt worden, dab die Reizstoffe starke Hexokinasehemmung zeigen, was auf Reaktion mit Sulfhydrylgruppen bezogen wird. Wir hat ten Ge- legenheit von diesen Substanzen Chlorpikrin, Bromazetophenon und Allylsenf61 zu prtifen. Alle drei Substanzen hemmen den Glukoseeintritt zunehmend mit steigender Konzentrat ion und k6nnen ihn vollstKndig blockieren. Auch der Austri t t wird gehemmt. Xhnliche Resultate sind mit Queeksilber und Gold erzielt worden, die ftir starke Sulfhydryl- affinit/~t bekannt sind.

Wie weit die entwickelten Vorstellungen sich im einzelnen halten werden, ist noch nieht zu entscheiden. Das Hauptgewicht m6chten wir ¥orderhand auf den Nachweis legen, dab die Glukosepenetration durch die Ery throzy tenmembran ein fermentat iver Prozel~ ist, dab die beiden Seiten der Membran verschiedene Bedeutung ftir die Penetrat ion be- sitzen und dab mindestens zwei Fermente am PenetrationsprozeB be- teiligt sind.

Es ist kaum zweifelhaft, dab die Elemente des Transportsystems mit denjenigen in den Nieren- und Darmzellen weitgehend fibereinstimmen.

I n einem Punkt allerdings mul~ ein wiehtiger Unterschied bestehen: in den resorbierenden Zellen mug der Nembrant ranspor t auf eine Riehtung

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28 W. ~ILBRANDT"

b e s c h r i ~ n k t se in , v i e l l e i c h t d u r c h e i n s e i t i g e F e r m e n t l o k a l i s a t i o n , d e n n

b e i d e z e i g e n a k t i v e n T r a n s p o r t i m t h e r m o d y n a m i s c h e n S inn . A m

E r y t h r o z y t e n k o n n t e b i s h e r k e i n e A k k u m u l a t i o n n a c h g e w i e s e n w e r d e n .

D e r Z w e c k d ieses t ~ e f e r a t s w a r in e r s t e r L i n i e z u ze igen , dal~ d ie

P e n e t r a t i o n d u r c h d ie Z e l l m e m b r a n s ich n i c h t a u f die P a s s a g e e i n e r m e h r

o d e r w e n i g e r f i x e n S t r u k t u r m i t b e s t i m m t e n p h y s i k a l i s c h e n E i g e n s c h a f -

t e n b e s c h r ~ n k t . D i e F r a g w i i r d i g k e i t y o n W i r k u n g s d e u t u n g e n i m S i n n

e i n e r a l l g e m e i n e n , , P e r m e a b i l i t i ~ t s v e r m i n d e r u n g " o d e r , , P e r m e a b i l i t ~ t s -

e r h 6 h u n g " w i r d i m m e r d e u t l i c h e r . Sie w i r d n o c h k r a s s e r , w e n n e t w a

n o c h d ig D u r c h l ~ s s i g k e i t d e r K a p i l l a r w i ~ n d e m i t e i n b e z o g e n wird , b e s t e h t

a b e r a u e h be i B e s c h r ~ , n k u n g a u f die Z e l l m e m b r a n . D ie M e m b r a n p e n e -

t r a t i o n i s t e in k o m p l e x e r V o r g a n g m i t h o h e n Spez i f i t i~ ten u n d w i r d

v o n d e r Ze l le f i i r a k t i v e Z e l l e i s t u n g e n a l s t i n Tei l d e r Z e l l m a s c h i n e r i e

b e n i i t z t . E i n e P a r a l l e l e z u r A t m u n g s k a t a l y s e l i eg t n a h e . W e n n m a n

e t w a v o r 50 J a h r e n n o c h a n n e h m e n k o n n t e , e in F e r m e n t , , ,das A t m u n g s -

f e r m e n t " , sei d ie G r u n d l a g e d e r b i o l o g i s c h e n V e r b r e n n u n g , so h a t dig

Z w i s c h e n z e i t g e l e h r t , wie w e i t e ine so lche V o r s t e l l u n g v o n d e r W i r k l i c h -

k e i t e n t f e r n t is t . V i e l l e i c h t s t e h e n wi r in b e z u g a u f (tie P e r m e a b i l i t K t

a m B e g i n n e i n e r ~ h n l i c h e n E n t w i e k l u n g .

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Page 21: Permeabilitätsprobleme

Permeabf l i t~ t sp rob leme . 29

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Diskussion. KIESE: KiiSEL h u t in u n s e r e m L a b o r a t o r i n m gezeigt , d ab die E l i m i n a t i o n y o n N a t r i u m u n d die A u f n a h m e v o n K a l i u m a n den Stof fwechse l der r o t en Zellen g e b u n d e n ist. R o t e Zel len ver l ie ren in der K~l t e K a l i u m u n d n e h m e n N a t r i u m auf . Bei 37 ° C u n d G e g e n w a r t yon Glukose wird K a l i u m wieder a u f g e n o m - m e n u n d N a t r i u m ausgcsch ieden . H e m m u n g der G ~ r u n g d u r c h F luo r id u n t e r b i n d e t die K a l i u m a u f n a h m e u n d bewi rk t e ine weitere V e r m i n d e r u n g des K a l i u m g e h a l t e s der Zellen. S t e igc rung der A t m u n g der r o t en Zellen d u r c h Ni t rosobenzo l beschleu- n ig te die K a l i u m a u f n a h m e in e in igen V e r s u c h e n u n d h e m m t e sic in anderen .

DRUCKREY f i ih r t als Beispiel f i i r die l a n g s a m e Pe rme ie rgeschwind igke i t der H e x o s o p h o s p h o r s ~ u r e e s t e r e igene unve r6 f f en t l i ch t e Ver suche an s u b s t r a t v e r a r m t e m Speiche ldr i i sengewebe an. Diescs reag ier t in subs t r a t f r e i e r L S s u n g n i c h t m e h r u u f Reize z. B. Aze ty lcho l in m i t d e m t y p i s c h e n Er regungss to f fwechse l , wohl abe r n a c h Z u s a t z y o n Glykose oder Milchs~ure. H e x o s e m o n o u n d - d i p h o s p h a t s ind d a g e g e n wirkungs los .

A u f den Hinweis , da~ der K + - N a + - A u s t a u s c h a n de r e r r eg t en Muskelzel le ke in eng gekoppe l te r ProzeB ist , wird yon MALOR~Y b e m e r k t , d a b u n t e r C02- Einf luB in R u h e g le ichs innige K +- u n d N a + - B e w e g u n g e n in R i c h t u n g Muske l fase r an f t r e t en . D i e A l k a l i a u f n a h m e in die s~uregef~hrde te Muskelzcl le d ienen der

Page 22: Permeabilitätsprobleme

30 Diskussion zu Permeabilit/~tsprobleme.

ErhShung der Pufferkapazit/ i t und sind von einem H+-Austr i t t begleitet. MALORN~" fragt ferner an, ob etwas iiber eine Xnderung der Zellpermeabilit/~t bei der Azidose bekann t sei.

ROTHSCHUS: Das Verh/~ltnis von Verletzungs-(Ruhe-)potential und Aktions- potent ial ist nur dann ein Permeabilit/itsph/~nomen, wenn die Messungen an einer einzelnen Faser gemacht werden. Andernfalls ist es ein Abgriffsphitnomen wie am Herzen, wo das Verletzungspotential durchweg halb so grog ist wie das Aktions- potential . Die Befunde sind vom Nerven erst dann auf die Skelett- und Herz- muskula tur zu i iber t ragen, wenn Messungen an ehlzelnen Fasern hier das gleiche Ergebnis haben.

FLECKENSTEIN : AllylsenfS1 und zahlreiehe andere Stoffe mit st~rkster sensibler Reizwirkung hemmen nach unseren Versuchen besonders die Dehydrasen des Zitronensgurezyklus. Die dehydrasenhemmenden Grenzkonzentrat ionen (Versuche mit Triphenyltetrazoliumchlorid) s t immen mi t den - - bei in t rakutaner Injektion am Menschen - - noch schmerzerregenden Grenzkonzentrat ionen ziemlich gut iiberein. Eine Hemmung der Hexokinase durch AllylsenfS1 ist wohl erst bei Ein- wirkung st/~rkerer Konzentra t ionen zu beobachten.

HEUBNER: Studien an Adstringentien haben mich zu der Auffassung geffihrt, dab auch bei ihnen besondere, mehr oder weniger elektive Affinit/~ten zu be- s t immten EiweiBkSrpern im Spiele sind. Trifft diese Auffassung zu, so miffite allerdings gefolgert werden, dab in kollagenen Fasern und Membranen wie in den S t romata der Blutk6rperchen /~hnliche EiweiBkSrper vorkommen.

GXBELEIN: Die Permeabilit/~t ist ja ohne Zweifel eng verkniipft mi t den Vor- gi~ngen, die sich an Na" und K" bzw. Cl' und ihrem Verhal ten im Gewebe erkennen la~sen. Diesen Vorg/~ngen diirfte jedoch nur sekund~re Bedeutung beizumessen sein, die offenbar selbst wieder dirigiert werden dureh den prim/~ren Vorgang der Energie- wanderung in biologischen Systemen. Dieser Leitungsvorgang ha t in den Photo- sensibilisatoren ein modellartiges Vorbfld, das sich in Vitamin B~ wiederholt. Das Wesentliehe ist dabei, dab eine Energieform, wie z. B. die Lichtwelle sie dar- stellt, du tch ein solches Molektil t ransformiert wird und in der neuen Form die lonenbi lanz s tark versehieben kann.

MUSCHAWECK: Wir haben in letzter Zeit im Anschlu8 an unsere friiheren Untersuchungen fiber die kapil larabdichtende Wirkung yon Rut in (Rutinion) eine grSBere Anzahl yon Stoffen in dieser Hinsicht gepriift. Als/~hnlich stark wirksam wie Ru t in haben sich an der en thaar ten Bauchhaut der Rat te im Saugverfahren fo]gende Substanzen erwiesen:

Im Kapillarte*t (Saugmethode) untersuchte Substanzen. (100 mg Substanz/kg Ratte) Im allgemeinen wurden Na-Sa]ze verwendet. wirIcsam: wenig bzw. unwir]csam: p-Aminobenzoes/~ure Glykokoll p-aminobenzoes. Ca Glykokollester-Chlorhydrat p-Aminobenzolsulfos/~ure Glutaminsgure Ligninsulfos/~ure Salicyls/~ure Fluoresc~in-Natrium Asparagins/~ure ? p-Aminosalicyls/~ure Gallussaure weitere yon uns untersuehte Substanzen: Quercetin Quercetinsulfosiiure Ru t in (Rutinion) und Abk6mmlinge Wirkungss~rke: Para ~ Ortho ~ Meta-Aminobenzoes.

p-Aminosalicyls/~ure > Salieyls/~ure

Page 23: Permeabilitätsprobleme

]~. VA~IREMOOI%TERE, M. GOFFART U. Z. M. BACQ: K~liumsensibilisatoren. 31

Besonders bedeutsam erscheint uns, dal~ die p-Aminobenzoes~ture fiberhaupt zu den st~rksten kapillardiehtenden Stoffen gehSrt, dasselbe seheint aueh fiir die lokalan~sthetischen Ester dieser S~ture zu gelten. Die meisten der anderen Stoffe zeiehnen sich durch reaktionsfi~hige Hydroxylgruppen aus, die zur Chinonbildung beff~higt sind. Besonders durch die Gallussaure ergeben sich engste /3eziehungen zu den Gerbstoffen.

Die membrandichtende Wirkung h~ngt wahrscheinlieh mit dieser gerbenden Wirkung zusammen.

E. VANREMOORTERE, ~4I. ~rOFFART II. Z. M. BAcQ (Liittich): Kaliumsensibili- satoren.

Ich weil~ die Ehre, heute vor dieser Versammlung das Work ergreifen zu diirfen, in vollem Umfange zu wfirdigen. Aber obwohl es mir ein ganz besonderes Vergniigen bereitet, hier zu sprechen, so mul3 ich doch nachdrficklich erkl~ren, dafJ ich an diesem Rednerpult nur stehe als Vertreter eines Laboratoriums und der dor~ t£tigen Mitarbeiter, die unter der Leitung yon Prof. Dr. BACQ arbeiten. Als seinerzeit dieser Kongrel~ geplant wurde, hatte Prof. Dr. BACQ gehofft, selbst das Wort ergreifen zu k6nnen. Widrige Umst~nde haben die Ausffihrung dieser anf£ngliehen Absieht verhindert. Als schliel~lich ich beauftragt wurde, diesen Vortrag zu halten, habe ich reich nicht ohne grol~e Besorgnis an die Arbeit gemacht, denn das Gebiet ist recht schwierig, und ich verfiigte fiber wenig Zeit. Glficklicherweise hatten Prof. Dr. BACQ und Dr. GOFFART fiber die Kaliumsensibilisatoren einen eingehenden Bericht vorbereitet, der in Kiirze in den ,,Ergebnissen der Physiologie" er- seheinen wird*. Sie verfehlten nicht, mir alle Literaturangaben, die sie im Laufe ihrer Arbeit gesammelt hatten, rnitzuteilen, auf denen mein heutiger Bericht ful3t. Falls dieser Bericht Sie i~teressieren sollte, bitte ieh Sie, sich vor Augen zu halten, dab ich ihn ohne diese Hilfe nicht geschrieben haben kSnnte. Ich reehne es mir zur Ehre an, wenn Sie die Irrtiimer und die Liicken und die Unriehtigkeiten, die Sie ohne Zweifel feststellen werden, mir zur Last legen wollen.

I. Ein/iihrung: Definition und allgemeine Bedeutung der Kaliumsensibilisation.

Die Bezeichnung ,,Kaliumsensibilisation" wurde zuerst auf die Phar- makologie des Veratrins angewendet und ist unter Bedingungen ent- standen, die es wert sind, kurz in Erinnerung gebracht zu werden.

W~hrend seines Aufenthaltes in Liittich im Jahre 1939 hat SZ~NT- GYS~OYI seine Idee einer experimentellen Untersuchung folgender

*Fiir erg~nzende Einzelheiten verweisen wir auf diese Arbeit 5~ ebenso wie auf die ]~bersicht, die yon O. K/~AYER und G. H. ACHESON der Pharmakologie des Veratrins gewidmet ist By. H. SC~A]~F~R'S neuere Arbeit wird auch mit groBem In- teresse gelesen werden (Ergebnis der Physiol., 46, 71 (1950).