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Z. anorg. allg. Chem. 537 (1986) 175-188 J. A. Barth, Leipzig Peroxofluorokomplexe der fjbergangsmetslle. VII El, 21 Peroxofluorokryolithe A,Ti(O,)F, (A = K, Na) und K,NaTi(O,)F, Kristallstruktur von K,Ti(O,)F, R. SCEHMIDT und G. PAUSEWANG" Tubingen, Institut fur anorganische Chemie der Universitat I n h a l t s u b e r s i c h t . Peroxofluorokryolithe A,Ti(O.JP, mit A == K, Na und K,NaTi(O,)F, wurden aus fluBsauren Ti0,- oder waBrigen TiF,-Losungen, H,Oz und AOH/AF zwischen p H 4,5 und 6: hergestellt. Zwischen p H 3 und 4,5 existieren Peroxofluorokryolithphasen. Die Bestimmung der Kristallstruktur von K,Ti(Os)F, (FmSm, a = 883,6(1) pm) fiihrte zu einem Kryolithfehlordnungs- modell, in dem auch die Alkaliionen statistisch fehlgeordnet sind (R = 0,020, R, = 0,017). Von Na,Ti(Os)F, wurden zwei monokline Normaltemperatur- und eine kubische Hochtemperaturniodifi- kation aufgefunden. KZNaTi(O2)F5 kristallisiert kubisch (Fm3m) mit ii = 547,8(1) pm. Die Schwin- gungsspektren wurden anfgenommen und das thermische Verhalten mittels DTAjDTG und Hciz- guinieraufnahmen untersucht. Bei pH 9,5 wurde die Verbindung K,Ti(0z)zF3 synthetisiert. Transition Metal Peroxofliioro Complexes. VII. Peroxofluorokryolithes AsTi(O2)FG (A = K, Na) and KSNaTi(0p)FS. Crystal Structure of KZTi(O?)FG A b s t r a c t . Peroxofluorokryolithes A,Ti(02)F, (A = K, Na) and K,NaTi(O,)Fj were prepared at p H 4.5-6 by adding H,O, and AOH/AF to solutions of TiO, in hydrofluoric acid or aqueous solutions of TiF,. In the range of pH 3-4.5 exist phases of peroxofluoro-kryolithes with variations in stoichiometrie. A single crystall X-ray structure analysis of K,Ti(0,)F5 (Fm3m, a = 883.6( 1) pm) yielded a disordered kryolithstructure (R = 0.020, K, = 0.017). Na,Ti(O,)F, was found to crystallize in two monoclinic low-temperature - and one cubic high-temperature modifications. K2NaTi(02)F, crystallizes cubic (Fm3m)with a = 847.8(1) pm. Vibrational spectra have been measured and thermal behavior was studied by DTA/DTG and high-temperature guinier. At pH 9.5 K,Ti(O,),F, has been synthesized. I. Einleitung und Darstellung Die orangegelbe Farbe saurer peroxidhaltiger Titanlosungen ist schon seit langem bekannt und wird zum Nachweis des Titans verwsndt [3, 41. Dagegen sind nur sehr wenige Peroxo-, insbesondere Peroxofluoro-Verbindungen des Titans als Festkorper isoliert und strukturell genauer charakterisiert worden. Es sind dies die Verbindungen (NH,),Ti(O,)F, [l, 5, 61 und K,'I'i(O,)F, H,O [2]. Von K,Ti(02)F, und KTi( O,)F, . 3 H,O sind nur sehwingungsspektrosliopische Daten bekannt [7, 101, auf Peroxofluoroverbindungen des Titans mit Na+, Rb+ und Cs+ als Alkaliion gibt es in der Literatur iiberhaupt keine Hinweise.

Peroxofluorokomplexe der Übergangsmetalle. VII. Peroxofluorokryolithe A3Ti(O2)F5 (A = K, Na) und K2NaTi(O2)F5 Kristallstruktur von K3Ti(O2)F5

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Z . anorg. allg. Chem. 537 (1986) 175-188 J. A. Barth, Leipzig

Peroxofluorokomplexe der fjbergangsmetslle. VII El, 21

Peroxofluorokryolithe A,Ti(O,)F, (A = K, Na) und K,NaTi(O,)F, Kristallstruktur von K,Ti(O,)F,

R. SCEHMIDT und G. PAUSEWANG"

T u b i n g e n , Institut fur anorganische Chemie der Universitat

I n h a l t s u b e r s i c h t . Peroxofluorokryolithe A,Ti(O.JP, mit A == K, Na und K,NaTi(O,)F, wurden aus fluBsauren Ti0,- oder waBrigen TiF,-Losungen, H,Oz und AOH/AF zwischen p H 4,5 und 6: hergestellt. Zwischen p H 3 und 4,5 existieren Peroxofluorokryolithphasen. Die Bestimmung der Kristallstruktur von K,Ti(Os)F, (FmSm, a = 883,6(1) pm) fiihrte zu einem Kryolithfehlordnungs- modell, in dem auch die Alkaliionen statistisch fehlgeordnet sind (R = 0,020, R, = 0,017). Von Na,Ti(Os)F, wurden zwei monokline Normaltemperatur- und eine kubische Hochtemperaturniodifi- kation aufgefunden. KZNaTi(O2)F5 kristallisiert kubisch (Fm3m) mit ii = 547,8(1) pm. Die Schwin- gungsspektren wurden anfgenommen und das thermische Verhalten mittels DTAjDTG und Hciz- guinieraufnahmen untersucht. Bei pH 9,5 wurde die Verbindung K,Ti(0z)zF3 synthetisiert.

Transition Metal Peroxofliioro Complexes. VII. Peroxofluorokryolithes AsTi(O2)FG (A = K, Na) and KSNaTi(0p)FS. Crystal Structure of KZTi(O?)FG

A b s t r a c t . Peroxofluorokryolithes A,Ti(02)F, (A = K, Na) and K,NaTi(O,)Fj were prepared at p H 4.5-6 by adding H,O, and AOH/AF to solutions of TiO, in hydrofluoric acid or aqueous solutions of TiF,. In the range of pH 3-4.5 exist phases of peroxofluoro-kryolithes with variations in stoichiometrie. A single crystall X-ray structure analysis of K,Ti(0,)F5 (Fm3m, a = 883.6( 1) pm) yielded a disordered kryolithstructure (R = 0.020, K, = 0.017). Na,Ti(O,)F, was found to crystallize in two monoclinic low-temperature - and one cubic high-temperature modifications. K2NaTi(02)F, crystallizes cubic (Fm3m) with a = 847.8(1) pm. Vibrational spectra have been measured and thermal behavior was studied by DTA/DTG and high-temperature guinier. At pH 9.5 K,Ti(O,),F, has been synthesized.

I. Einleitung und Darstellung Die orangegelbe Farbe saurer peroxidhaltiger Titanlosungen ist schon seit

langem bekannt und wird zum Nachweis des Titans verwsndt [3 , 41. Dagegen sind nur sehr wenige Peroxo-, insbesondere Peroxofluoro-Verbindungen des Titans als Festkorper isoliert und strukturell genauer charakterisiert worden. Es sind dies die Verbindungen (NH,),Ti(O,)F, [l, 5, 61 und K,'I'i(O,)F, H,O [2]. Von K,Ti(02)F, und KTi( O,)F, . 3 H,O sind nur sehwingungsspektrosliopische Daten bekannt [7, 101, auf Peroxofluoroverbindungen des Titans mit Na+, Rb+ und Cs+ als Alkaliion gibt es in der Literatur iiberhaupt keine Hinweise.

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Im folgenden berichten wir uber Untersuchungen an den Systemen AF-Ti0,-HF-HH,O,-H,O (A = K, Na und K/Na 2 : I), wobei unser Interesse den kryolithverwandten Verbindungen und den strukturchemischen Konse- quenzen des Ersatzes von [MFJ-Gruppen durch die niedriger symmetrischen [M( O,)F,]-Anionen gilt.

Fur die D a r s t e l l u n g der Alkali-peroxofluoroverbindungen des Titans wurden fluBsaure Losungen Ton TiO, mit mogliehst geringer HF-Konzentration oder waBrige Losungen von TiF, venvendet. Je 100 ml dieser etwa 0,05 molaren Losungen wurden mit 10 ml Perliydrol versetzt und ihr pH-Wert, sowie das Alkali: Titan-Verhaltnis mit Alkalihydroxid- und/oder Alkalifluorid-Losung eingestellt. Der pH-Wert wurde rnit Spezialindikatorpapier (Acilit, Neutralit, Merck) oder/und einer Glaselektrode (Metrohm, EA121 UX) gepriift. Die ausgefallenen Produkte wurden abgesaugt, uber P,O,, getrocknet und rontgenographisch, IR-spektroskopisch sowie analytisch charakterisiert.

A n a l y senmethoden . Titan wurde mit Kupferron; Kalium mit Kalignost; Natrium flammen- emissionsspektroskopisch; Fluor nach WARB [ll] und Peroxid manganometrisch bestimmt.

11. Zum System KF-TTiO~-HF-HHyO~-H~O

1. Existenxbereiche Die Zusammensetzung der auskristallisierenden Verbindungen hangt signi-

fikant von den Darstellungsbedingungen pH-Wert und K : Ti-Verhaltnis ab. Ins- besondere wird das Ti : Oz2--Verh%ltnis durch den pH-Wert bestimmt. Diesen Zusammenhang haben wir bereits in ausgepragter Weise bei der Untersuchung des Systems KF-Ta,0,-HF-H20,-Hz0 [8] gefunden und fuhren ihn auf die pH-Abhangigkeit des Gleichgewichtes H,O, 2 H+ + H0,- f 2 Hf + 0,2- zuruck. In Tab. 1 sind die zwischen pH 0 und 8 stabilen Verbindungen und Phasen dargestellt ; die iin starker alkalischen Bereich auftretenden Verbindungen

Tabelle 1 Existenzbereiche der in den Systemen AF-TiO2--HF-H,O2-H,O (A = K, Na) auftretenden Verbindungen

PH K: Ti-Verhaltnis 2-4:l 6--8:l

Na: Ti-Verhlltnis 3--4:l

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werden nur insoweit erwahnt bzw. diskutiert, als dies zur Charakterisierung der im K3Ti(0,)F5 gefundenen Verunreinigungen erforderlich ist. Uber diese wird ge- sondert berichtet.

Zwischen pH 0 und 3 kristallisiert, trotz intensiv orangegelber Farbe der Losung, als einzige Verbindung farbloses trigonales K,T iF, aus. Oberhalb dieses pH-Bereichs entsteht die orangefarbene monokline Verbindung K,Ti(O,)F, - H,O, zunachst im Gemisch mit K,TiF,, ab pH 4 jedoch in reiner Form. Ab etwa pH 4,5 bilden sich je nach K : Ti-Verhaltnis unterschiedliche Produkte : Bei einem Verhaltnis von 2-4: 1 dominiert bis pH 7 K,Ti(O,)F, + H,O; ab pH 5,5 wird es jedoch durch wachsende Mengen von gelbem K3Ti(0,)P5 hegleitet. Bei pH-Werten > 7 werden bei obiger Darstellungsweise nur noch r6ntgenamorphe peroxid- reiche Produkte gefunden. Bei einem K : Ti-Verhaltnis 6 -- 8 : 1 dominiert - wenn man den pH-Wert ebenfalls von der sauren Seite her einstellt - K,Ti(O,)F, bis pH 8, doch ist es ab pH G durch wachsende Mengen offenbar rontgenamorph auftretender peroxidreicher Verbindungen verunreinigt.

2. K3Ti(02)Fr; und kubische Phasen K3Ti(0,)F5 hat, wie Tab. 1 zeigt, bei UberschuB an Kt-Ionen einen relstiv

groBen Existenzbereich (pH 4,5 - 8,O). Bei oberflachlicher Betrachtung der Ront- genpulveraufnahmen verschiedener Reaktionsprodukte scheint diese Verbindung stochiometrisch und in reiner Form aufzutreten. Genauere Untersuchungen zeigen jedoch betrachtliche Abweichungen von der idealen Zusammensetzung. In Tab. 2 sind Gitterkonstanten, Dichten und Analysendaten einiger der im Kf- reicheren Gebiet (6- 8 : 1) hergestellten Praparate aufgefuhrt. Danach entsteht K3Ti(0,)F5 stochiometrisch und in reiner Form offenbar nur bei pH 5,5. Unter dieser Bedingung stimmen die Analysenwerte optimal mit der theoretischen Zusammensetzung iiberein. Bemerkenswert ist, daB K,Ti(O,)F,, im Gegensatz zum stochiometrischen K3Nb(0,)2F4 und K,Ta(O,),F, [8], kubisch und nicht monoklin kristallisiert. Weder auf Pulver (Guinier)- noch auf Einkristall (Burger)- Aufnahmen findet man Hinweise auf eine Abweichung lion der kubischen Sym- metrie. Be& stochiometrisch zusammengesetzten K,Ti( O,)F, erreicht die kubi- sche Gitterkonstadte mit 883,G pm einen maximalen Wert ; dies gilt ebenfalls fur die pyknometrisch ermittelte Dichte von 2,79 g/cm3 (dfi6 = 2,81 g/cm3). Die schwingungsspelrtroskopischen Daten sind in Tab. 6 aufgefuhrt.

Die bei kleineren pH-Werten (4,5 -5,5) erhaltenen Produkte weisen gegeniiber dem stochiometrisehen K,Ti( O,)F, bei gleicher Struktur neben deutlich geringeren Kalium- und Peroxid- und zu hohen Pluor-Werten auch kleinere Gitterkonstanten auf. Dies spricht fur das Vorliegen einer Kryolithphase Bhnlich wie sie von den Oxofluorokryolithen her bekannt ist : Im System K2TiF,/K,TiOF5 existiert die Kryolithphase K,+,TiO,F,-, mit 0,18 < x 1 1 , O O [9]. Erst oberhalb von x=0,98, wenn fast alle K-Platze aufgefullt qind, zeigen Rontgenaufnahmen der bis zu diesem Wert kubisch kristallisierenden Praparate die fur K,TiOF, charakteristi-

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sche (pseudotetragonale) Aufspaltung der Interferenzen. Die von uns postulierte Peroxofluorokryolithphase K,+,Ti(02),Fo-x besitzt demgegeriuber nur eine geringe Breite von etwa 0,9 < x <1,0 und ist an ihrem oberen Ende (x = 1 , O O ) immer noch kubisch. Die therinische Zersetzung verschiedener Praparate aus diesem Bereich (K,, ,,Ti ( O,),, ,,F,, ; K,, 94Ti( 02),, 94F5 ,06) bestatigt das Vorliegen einer Phase, denn aus diesen beiden Yraparaten entstanden knhische Oxofluorokryo- lithe mit den entsprechenden Gitterkonstanten, wogegen die Zersetzung von K,Ti(O,)F, zum pseudotetragonalen K,TiOF, (a = 60!3,2(1); c = 869,4(2) pm) fiihrte [9].

Alle Praparate, die bei pH-Werten > 5,5 erhalten wurclen, erscheinen rontgeno- graphisch identisch mit reinem K,Ti(O,)F,, denn weder eine Anderung der Gitter- konstante noch Fremdreflexe sind erkennbar. Allerdings beobachtet man init steigendem pH-Wert eine deutliche Zunahme des Peroxidgehaltes, eine Abnahme des Fluorgehalts und der Pyknometerdichte, sowie in1 IR -Spektrum das Auftreten zusBtzlicher Banden bei 832, 860, 1635 und 3420 cm-l, die immer intensiver werden. Da K,Ti(02)F5 als Endglied der Kryolithphase maximal eine Peroxo- gruppe enthalten kann, laBt sich dieser Befund nur so deuten, daB diese Praparate Gemische aus K,Ti(O,)F, und mindestens zwei bei dieser Darstellungsmethode rontgenamorph auftretenden Verbindungen oder Phasen sind. Eine davon konnte die um pH 9 und niedrigem K : Ti-Verhaltnis (3 : 1 ), allerdings nur riintgenamorph, erhaltene Phase sein. Charakteristisch fur sie sind starke TR-Banden bei 860, 1635 und 3 420 cn-l, sowie eine von Ansatz zu Ansatz erheblich variierende Zu- samniensetzung (O,,- > 20%, F- < 15%, mechselnde Mengen Wasser). Eine ge- nauere Charakterisierung war nicht moglich. Eine weitere bei obiger Darstellungs- methode rontgenamorph anfallende Verbindung konnte dagegen durch Zugabe von FluBsaure zu stark alkalischen (pH 14), fluorid- und peroxidhaltigen Titan- losungen (K : Ti = 2 : I) zwischen pH 10 und 7 - an der unteren Grenze zwar ge- ringfugig durch K,Ti(O,)F, verunreinigt - gut kristalljn erhalten werden. Ihre Zusainmensetzung ist K,Ti(0,)2F, (K: gef. 40,81%, th. 40,990/,; Ti: gef. 16,67%, th. 16,74; 022- gef. 21,69%, th. 22,3G% ; F- gef. 20,:30%, th. 19,92%). Es handelt sich um eine uherraschenderweise fast farblose Verbindung, deren Guinier-Auf- nahme sich monoklin mit a = 825,57(5), b = 888,82(3), c = G24,05(4) pm, /I = 131,439(2)O indizieren 1aBt ( G O Reflexe, Si-Standard). Im IR-Spektrum treten zwei intensive, scharfe Banden bei 858 und 832 cm-l auf. Geinische dieser beiden Spezies zusammen mit K,Ti( O,)F, konnen zwanglos die IR-Spektren und Ront- genaufnahmen der zwischen pH 6 und 8 erhaltenen Praparate erklaren.

Die Verbindung KTi(O,)F, - 3 H,O, uber die kurzlich berichtet wurde [lo] und die unter ahnlichen Bedingungen (pH 8,5-9,5; K: Ti = 25: 1) entstehen soll, konnten wir trotz intensiver Bemuhungen nicht reproduzieren. Wegen der kom- plizierten Verhlditnisse in diesem Bereich ist nicht auszuschliefien, da13 trotz der guten fjbereinstimmung der Analysenwerte mit obiger Formel auch hier ein Ge- misch vorlag . Die Identifizierung dieser Verbindung aus Analysen und Schwin- gungs-Spektren allein ist jedenfalls sehr problematisch. AuiJerdein erscheint die

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Zuordnung der Banden bei 900 und 860 cm-l zu Peroxogruppen verschiedener Spezies - K,Ti(0,)F5 und einer rontgenamorphen Phase - plausibler als ihre Zuordnung zur Peroxogruppe des KTi(O,)F, 3 H,O.

2.1. Thermisches Verhal ten von K,Ti(0,)F5

DTA-Untersuchungen an K,Ti( 0,)F5 und seinen Phasen zeigen jeweils nur einen exothermen Peak (irreversibel) bei 350 OC. Bei dieser Teinperatur erleiden die Probeii - begleitet von einem Farbumschlag von gelb nach farblos - einen Gewichtsverlust in Hiihe des halben Peroxidgehalts (gef. : 5,40%, ber. : 5,48%). Die Zersetzungsprodukte erweisen sich - nach Auswertung der Rontgenbeu- gungsdiagramme - als die entsprechenden Osofluoroverbindungen : Aus den ,,K,Ti(O,)F,"-Phasen entstehen Kryolithphasen aus der Reihe K,+,TiO,F,-,, die anhand ihrer Gitterkonstanten identifiziert werden konnten, aus K,Ti(0,)F5 das pseudotetragonale K,TiOF,. In den IR-Spektren tritt statt der scharfen O-O- Valenzschwingung bei 902 cm-l die breitere Ti - O-Valenzschwingung bei 900 cin-l auf.

3. Kristallstruktur von KsTi(O2)FG

3.1.. D a t en s a m m lung * Filmaufnahmen an einem gelhcn, u-urfelformigen Einkristall von K,Ti(0,)F5 (Prazessions-

Kamera, MoKix-Strahlung) belegen die Lauegruppe Fmgm und zeigen keine weiteren Ausloschungen als die der F-Zentrierung. Er wurde anf einem Vierkreisdiffra,ktometcr CAD4 ( Enraf-Nonius, Delft) mit MoKol-Strahlung (Graphitmonochromator) vermessen. Auf der Basis einer F-zentrierten Ele- mentarzelle (a = 883,G pm) wurden insgesamt 612 Iteflexe mit 3" < 0 < 40" erfal3t (11: 0-15; k: 0-15; I: 0-15; w/@scan; MeDzeit: variabel). Nach der LP-Korrektur, dem Eliminiercn von 77 nicht beobachtetan Reflexen und Mittelung symmetrieiiquivalenter Reflexe verblieben 87 unabhan- gige Reflexe mit I 2 3a(l), mit denen alle Rechnungen durchgefuhrt wurden [l?]. Eine empirische Absorptionsliorrektnr nach WALXFR und STUART [13] wurde angebracht.

3.2. Ergebnisse und Diskussion

Kei der Strukturbestimmung von K,Ti(0,)F5 dienten zunachst die Atomlagen des kurzlich publizierten neuen Fehlordnungsinodells fur (NH,),Ti(O,)F, [I] als Startmodell. I n diesem Model1 besetzt Titan die Lage 4a (0, 0, 0), Kalium die Lagen 4b (0,6, 0, 0) fiir K1 und 8c (0,25, 0,25, 0,25) fur K2 und Sauerstoff die Lage 9C;j (x, y, 0), wobei das zweite O-Atom der Peroxogruppe durch die (0 11)- Spiegelebene in (x, 0, y) erzeugt wird. Die Fluoratome sind aus der idealen Okta- ederposition 24e (x, 0, 0) ausgelenkt und zusatzlich in F L und F-2 gesplittet, vier Fluoratome (Fl) besetzen eine Lage 96 j (x, y, 0) und ein Fluor (F2) eine Lage OGk (x, x, z). Mit dieseni ,,Splitatom-Modell" liifit sich die Fehlordnung eines [Ti(O2)F,l3--Anions beschreiben, das statistisch in 24 verschiedenen, jeweils urn eine Flachendiagonale gegen die Zellkanten verkippten Orientierungen auftritt. Es erlaubt die Konstruktion eines einzelnen komplexen Anions init sinnvollen Abstanden und Winkeln. (Naheres zu diesem Fehlordnurigsmodell s. [ 11.)

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Dieses Startniodell lie0 sich auf einen R-Wert von 0,038 verfeinern, wobei allerdings beide K-Atome vie1 zu hohe Temperaturfalitoren aufwiesen (BR rn 5BTi). Es wurde daher vermutet, da0 die Besetzung der speziellen Lagen 4b und 8 c mit Kalium die wahren Verhaltnisse nur unzureichend widerspiegelt, und die Ka- liumionen in Wirklichkeit uber andere Lagen fehlgeordnet sind. Tatsachlich lieBen sich KI und K2 auf den Lagen 24e (x, 0, 0) und 32f (x, x, x) gut verfeinern, wobei der R-Wert auf 0,020 (R, = 0,017; Gewichtung mit w = l/02(F0)) sank

Tabelle 3 Atomparameter und Temperaturfaktoreii a) fur X,Ti(O,)F,

Atom Puukt- Re- X Y 2 u11 UZZ u33 U,, u23 Ul* lage setzungs-

faktor

Ti 4 a 1 0 0 0 0,0127(2) u,, U,, 0 0 0 XI 24e I/6 0,5298(5) 0 0 0,036(4) 0,036(2) U2z 0 0 0 112 32f 1/4 0,2660(6) 0,2660(6) 0,2660(6) 0,033(2) U,, IJi, 0,000(2) U1, u,, F1 9Gj 1/6 0,2127(6) 0,034(1) 0 o,oas(z) 0,097(7) 0,032(3) -0 ,027(3) o 0 F2 96k 1/24 0,210 0,029 0,029 0,051 U,, u,, 0 0 0 0 1 96j 1/12 0.193(2) 0,116(2) 0 0,037(8) 0,09(i) 0,036(8) -0 ,04i (7) 0 0

a) Die Temperaturfaktoren siiid defiriiert nach: exp 2na(U,lhaa*2 + ... + 2U,,klb’c*); Angaben in mz.

Abb. 1 richtung wurde so gewiihlt, daB die Verkippung gegen die Zellkanten deutlich wird.

ORTEP-Zeichnung des [Ti(O,)F,]*-Anions ( 50~o-Withrscheinlichkeitsellipsoide). Die Blick-

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Tabelle 4 (Zur Bezeiclinung der Atome s. Abb. 1; ,,0" ist der Schwerpunkt der Peroxogruppe)

Interatomare Abstande [pm] und Winkel ["I im Ti(O),F,-Anion

Ti-F, Ti-F, Ti-0

189,4(5) 188 198(2)

144

Fl,-Ti- PI,, 88,G Flb-Ti-F1 91,4 F,, -Ti- F,, 88,9 Flc- Ti - F,, 91,2 F1,>-Ti- ,,0'* 82,6 Flr-Ti-,,O" 97,4

und die Temperaturfaktoren sinnvolle Werte aiinahmen (Tab. 3 ) . Abb. 1 zeigt ein einzelnes [Ti(0,)F,]3--Aruon. Die dazugehorigen Winkel untl Abstande sind in Tab. 4 aufgefuhrt. (Zur Lagefehlordnung der Anionen d. Abb. la in [I].)

Kaliumfluoro- und Kalinmoxofluorokryolithe kristallisieren unter Normal- hedingungen in niedrigerer als kubischer Syminetrie. Die Besetzimng %-on nach GrolSe und Koordination sehr uiiterschiedlichen Gitterplatzen (KZ G und 12) niit gleich grofien Alkaliiorien wird als Ursache fur diese Verzerrung der idealen kubischen Kryolithstruktur angesehen [ 141. Irn K,Ti(O,)B, ist nnscheinend dnreh die hohe Fehlordnung der koniplexen Anionen und der re!ntiv weiten Auslenkung tier Sauerstoffatome aus der Ti-K1-Richtung in tler C)ktaederlucke geriugend Platz geschaffen, so daB deren Besetzung durch K1 oline Spannnngen in der Struktur erfolgen kanii iind soinit zu Beiner Syininetrieerniedrigung fiihrt. Das Kaliumatoni K1 wird dabei aus der idealen Position ( 0 3 , 0. 0) ausgelenkt und aiif dasjenige [Ti(O,)F,]~--Anion zubewegt, dessen Peroxogruppe in seine Richtung weist. Durch die Auslenkung von Kt aus seiner spsziellen Lage 4h sinkt der K1-0-Abstand 1-on 290 auf 265 pm, wahrend die K1 --B-Abst%nde sich von den zu kleinen Werten 255 (Fl) bzw. 258 (F2) pin auf 212 bzw. 285 pm erhohen. Die K 1 -Anion-Abstande nahern sich also einander an unti das Koordinationspolyeder uin K1 wird regelmaBiger.

Diese Untersuchungen weisen darauf hill, daB Verbindungen K3MX, eine starke Tendenz zeigen, die ideale kuhische Kryolithstruktur auszubilden, wenn die raumlichen Gegebenheiton geschaffen werden konnen. Bei K3Ti(0,)F, kann das durch eine entsprechende Lage- und Orientierungsfehlordnung der Kaliumatoine und der [Ti(O,)F,]~--Polyeder erreicht werden. Eine andere Moglichkeit ist bei den Kaliumperoxofluorokryolithen von Niob und Tantal verwirklicht. Diese Kryolithe weichen der Verzerrung zu niedrigerer Symmetrie dadurch aus, daB sie bei der Darstellung aus Losung primar mit Kaliumdefizit untl kubisoher Syinmetrie auskristallisieren. Erst durch tagelanges Digerieren in konzentrierten KF/H,O,- Losungen erhalten diese PrBparate die Zusammensetzung der Kryolithe, kristalli-

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sieren dann aber auch mit monokliner Verzerrung. Eine weitere Moglichkeit ist in den kubischen Hochtemperaturmodifikationen fast aller Kaliumfluoro- und Kaliumoxofluorokryolithe realisiert [14].

111. Zum System NaF-TTiO~-HF-H~O~-H20 1. Exis tenz b ereiche

In Tab. 1 sind die Existenzbereiche der in diesem System auftretenden Ver- bindungen angegeben: In stark saurer Losung bis zu etwa pH 3 entsteht nur die peroxidfreie Verbindung Na,TiF,. Eine Verbindung der Stochiometrie A2Ti(02)F, - H,O, wie sie vom K-System her bekannt ist, tritt hier offenbar nicht auf, statt dessen bilden sich ab etwa pH 3 bis etwa pH i',5 kryolithartige Spezies, zwischen pH 3 und 4 mit einemNat- und OZ2--Defizit, daruber mit der stochio- metrischen Zusammensetzung Na,Ti( Oz)F,. Oberhalb pH 7,5 fanden wir nur rontgenamorphe Produkte mit hoherem Peroxidgehalt.

2. Na3Ti(02)F; Die zwischen pH 3und 4auftretendeKryolithphase Na2+lTi(02)xF6-x mit etwa

0,9 < x 5 1,0 kristallisiert in ihrem unteren Bereich kubisch flschenzentriert und geht ah etwa x = 0,95 unter immer ausgepragterer d4ufspaltung der Rontgen- reflexe sultzessive in die monokline Struktur des Na,Ti(O,)F, uber, das ab pH 4 in stochiometrischer Zusammensetzung erhalten wird. Dabei spielt das Na : Ti- Verhaltnis, im Gegensntz zum K-Ti-System, nur eine untergeordnete Rolle, offenbar weil die Kryolithspezies hier nicht mit anderm Verbindungen in Kon- kurrenz steht .

Vom stochiometrischen Na,Ti(O,)F, konnten drei Modifikationen nachge- wiesen werden. Die eingangs beschriehene Darstellungsinethocle fuhrt bei pH 4 primiir stets zu einem als Modifikation I bezeichneten Produkt. Wird dieses Produkt Iangere Zeit (12-48 h) in H,O,/NaOH bei pH 4--6 digeriert oder 2 bis 3 Wochen bei Raumtemperatur (25OC) aufbewahrt, so geht es in eine Modifi- kation II mit geringerer Dichte uber. Diese bildet sich auch, wenn I kurz auf 70°C erwarmt wird oder bereits bei der Darstellung in der Hitze gearbeitet wird. Beide Modifikationen kristallisieren monoklin :

I a = 818,8(l)pm I1 a = 811,0(1) pm b = 813,7(1) pm c = 812,0(1) pm

V = 535,7 . lo6 pm3

drS = 3,02 g/cm3

b = 800,9(2) pm c = 810,8(3) pm 6 = 90,28(3)O 6 = 91,61(1)" V = 531,7 . lo6 pm3

d,, = 3,05 g/cm3 dl,yk = 3,OO g/cm3 d,,, = 2,09 g/cmR

Die vollstandige Indizierung ist in Tab. 5a und 5b enthalten. Mit Hilfe ihrer Beugungsdiagramme lassen sich beide Formen leicht, unterBcheiden, denn bei I fallen die Reflexe I l i und 111 fast zusammen, wahrend sie bei I1 deutlich

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Tnhelie 5a Indizierung eines Pulverdiagranims von Na,Ti(O,)F, (Modifikation I), CuKa, Si-Standard, monoklin, a = 818,8(1), I) = 800,9(2), c = 810,8(3) pm, B = 90,28(3)0

sin' B . lo5 h k l sin2 9. . lo5 h k l sinZ 9 . 1oL h k l gef. ber. gef. ber. gef. ber.

2688 2704 1 I i

2700 2721 11 1 3547 3540 2 0 0 3606 3610 0 0 2 3697 3700 0 2 0 7 087 7115 20.2 7 173 7185 2 0 2 7233 7240 2 2 0 7318 7310 0 2 2

8891 8890 3 1 0 8894 3 0 1

9 212

9 738 10 159 11 524 12 446 12849 14170 14441 14790

15960

9210 9 227 9 766

10121 11522 12 447 12838 14159 14441 14800

15952

1 3 0 0 3 1 3 1 1 1 3 1 3 0 2 3 1 2 1 3 2 4 0 0 0 0 4 0 4 0

4 i i

1 7 717

17858 18322 18501 21 530 21996 23924 28957

1 7 699

1 7 859 18340 18727 21540 21 986 23907 28960

4 0 2

4 2 0 2 4 0

4 2 2 2 4 2

4 4 0

4 2 1

5 i i

Tabelle 5h Indiziernng eiues Pulverdiagramms von Na,Ti(O,)F, (Modifikation 11) CuKx, Si-Standard, monoklin, a = 811,0(l),h = 813,7(1), c = 812,0(1)pm, p = 91,61(1)'

sina 8 . l o 5 h k l gef. ber.

sine B . l o 6 h k l sin* 8 . lo5 h k l gef. ber. gef. ber.

2649 2648 i i i

2750 2750 11 1

~ -~

10996 10999 2 2 2 21196 21196 2 2 4 12443 12440 I 2 3

12458 3 2 i 21350 21344 2 4 %

3587 3584 0 2 0 12735 12743 1 2 3 21744 21750 2 4 2 3605 3602 n o 2 14340 14335 0 4 0 22015 22008 2 2 4 i O i O 7009 2 0 2 14426 14409 0 0 4 24116 24108 5 i i

14442 4 0 0 7 189 7186 0 2 2 15963 16003 1 1 4 28047 28037 4 0 a 7411 7416 2 0 2 16455 16442 4 1 1 28767 28777 4 4 0

17635 17638 4 0 2

9178 9160 1 0 3 17949 17939 0 4 2 9177 3 0 1 17945 2 4 0

10590 10593 22.2 18447 18451 4 0 2

Tabelle 6 I&.- und Ramanspektren von A,Ti(O.,)F,-Verbindungen [ om-']

K,'J!i(O,)F, Na.Ti(O,)F. I Na,Ti(O,)F, I1 K,NaTi(O,)F, IR lLanian I R lLaman I R Raman I R Raman

902sst 9 0 2 m

598 sst 600 sst

530sst 529 m

420 st

325 m , sh 329 ni 314 306 st 300 288 w 280 st

904 907 m 895st 897 603st 600sst 530 500sst 5 2 7 m

440 st 388 w 355sh 3 6 9 m 340 m 324m 3 2 6 m 311 st

298 m, sh 300 st

898sst 897 st

610 sst 599 sst 530 528 m 50ZSSt 511 w 452 s t 387 w 3 6 0 m 365w 344 m 328 326 w 320 m 312 300 m, sh 301 s t

923sst 919 m y o - 0)

608 sst 608 s t v(Ti-o,las 495 528 sat 524 m v(Ti-OI)s

432 st )v(Ti-F;

372 w

322 w, sh 322 m

308 st 300 sh 289 w 286 sst

315

R. SCHMIDT u. G. PAUSEWANG, Peroxofluorokiyolithe 185

29

Abb. 2 Na,TiOF,

Strichdiagramme vop Guinier-Aufnahmen der 3 Modifikntiorien von Na,Ti(O,)F, und von

getrennt Bind (& > PI) (Abb. 2). Im ubrigen weisen ihre Reflexmuster auf eine nahe Verwandtschaft zur idealen Kryolithstruktur hin, wie sie im (NH,),Ti(02)F, und K,Ti(O,)F, venvirklicht ist.

In den Schwingungsspektren unterscheiden sich beide Modifikationen vor allem durch eine geringfiigige Aufspaltung der 0- 0-Valenzschwingung bei I, die bei der Urnwandlung in I1 verschwindet (9. Tab. 6). Der Grund liegt vermutlich in einer niedrigeren Symnietrie von 1.

3. Thermisches Verhalten von NasTi(O2)FB DTA-Untersuchungen an Na,Ti(02)F, zeigen bei 195 "C einen scharfen endo-

thermen Peak (reversibel) und bei 315OC einen starken exothermen Peak (irre- versibel). Nach DTG-Untersuchungen ist der endotherme Effekt mit keinem Gewichtsverlust, der exotherme dagegen mit einem solchen verbunden, der dem halben Peroxidgehalt entspricht, d. h. bei 315 OC zersetzt sich die Peroxogruppe. Rontgenaufnahmen des Zersetzungsproduktes zeigen, daI3 hierhei monoklines Na,TiOF, (a = 554,5(1), b = 574,1(1), c = 799,6(1) pm; p = 90,35O) entsteht [9]. Bei den ,,Na,Ti(O,)F,"-Phasen fehlt der Peak bei 195OC und nur der Zer- setzungspeak bei 315 OC tritt auf.

186 Z. anorg. allg. Chem. 537 (1986)

Eine Heizguinieraufnahme (Guinier-Lend-Kamera) von Na,Ti( O,)F, (I) zeigt bei 70°C eine Uinwandlung in Modifikation 11, erkennbar an der groBeren Aufspaltung der , -11 1"-Reflexe. Dieser Ubergang ist in DTA-Untersuchungen nicht sichtbar, offensichtlich ist der Enthalpieunterschied zuischen beiden Modi- fikationen zu gering. Die relativ niedrige Umnandlungstemperatur zeigt, daB auch die Aktivierungsenergie fur den Ubergang von I + I1 sehr klein ist. Darauf deutet auch hin, daB sich dieser Ubergang bereits durch langeres Digerieren - Zufuhr inechanischer Energie - als auch durch langeres Stehenlassen bei Raum- temperatur vollzieht. Die sich sehr ahnelnden Reflexmuster der Rontgenbeugungs- diagramnie (Abb. a) , sowie die nahezu identischen Schwingungmpektren weisen ebenfalls auf nur minimale Unterschiede im Aufbau beider Modifikationen hin. Die Urnwandlung I --t I1 ist anscheinend irreversibel, da die Riickumwandlung I1 --t I bis -200°C nicht beobachtet nerden konnte.

Die Heizguinier-Aufnahmen konnten nuch die Natur des endothermen Pro- zesses bei 196 "C kliiren. Hier geht Modifikation I1 in eine kubisch fliichenzentrierte Hochtemperaturinodifiltation (a = 818,5(1) pin; V,, = 548. 106 pn13) uber. Der Peroxofluorokryolith N:i,Ti(O,)F, verhalt sich daniit iihnlich wie viele reine Fluorkryolithe, bei denen der fhergaiig in die kubische HT-Modifikation aller- dings meist erst bei erheblich hoherer Teiii1)erntur auftritt. z. B. beim Na,AlF, bei 550°C [15]. Bei den ,,Na,Ti(O,)F,"-Phasen mit Na-Defizit ist dieser Ubergang nicht zu beobachten, da sie bereits iin kubisch fljcheiizentriertei~ Gitter kristalli- sieren. Na,Ti(O,)F, ist cler erste Peroxofluorokryolith, bei dem eine Umwandlung i n die kubisohe Hochteiiiperaturiiiodifilratioii beobnchtet werden konnte. Bei ti lien anderen bisher untersuchten Peroxofluoiokrpolithen liegt der - hypothe- tische - cbergnng offensichtlich bei Teinperaturen, die hoher als die Zersetzungs- tempera t u r sind.

Oberhalb 316 "(3 zeigen die Heizguinieranfnxhineii nur noch die Reflexe von Na,TiOF,. Das folgende Reaktionsschema gibt dus thermische Verhalten voti Na,Ti(O,)F, wieder :

RI.L;CI(O~)F~ (I) y r ' Ka,Ti(Oz)F5 (11) FL Nn,Ti(02)F5 (kiib.) ';;;:, + Na,TiOF,

* odcr a) digrriereii in H,O,/SnOH bei pH 4 -5

i0.C * 195"

I r\

b) langeres Strlienlnsscn hei Raumtemperatur c) Darstellung ih der Hitzc

Abb. 2 zeigt die Strichdiagrainme von GuiniersLufnahinen aller vier Verbin- dungen. Die Reflexabfolge rerdeutlicht die nahe Verwandtschaft aller drei Modi- film t ionen.

IF-. Zum System HF-"aF-'l'iO,!-HF- Hs02-HHs0 1. &XaTi ( 02) F6

AuBer den soeben vorgestellten reinen I<- und Nn-Paroxofluorokryolithen des Titans existiert auch die geinischte elpasolithanaloge Verbindung K,NaTi(O,)F,. Sie ciitsteht sehr leiclit in Forin 1)olykristalliner Pulver aus wiinriger TiF,- oder

R. SCHMIDT 11. G. PAUSEWAI?~, Peroxofluorokryolithe 187

TiO,/HF-LBsung nach Zugabe von KOH/NaOH-Losung (2: 1) bei pH 4-5 oder aus einem entsprechenden Gemisch von K,Ti(O,)F,/Na,Ti(O,)F,-Losungen beim gleichen pH-Wert. Die Analysendaten dieser Verbindung sind in Tab. 2 enthalten. K,NaTi(O,)F, kristallisiert in einem kubisch flachenzentrierten Gitter mit a = 847,8(1) pm (VEz = G09,4 * 106 pm3; dysk = 2,93, d,, = 3,OO g/cm3).

Die DTA-Untersuchung von K,NaTi(O,)F, zeigt mu' einen exothermen Peak bei 390OC. Bei dieser Temperatur zorsetzt sich die Peroxogruppe (Gew.-Verlust : 5,84% ; ber. 5,SO%) unter Bildung des kubischen Elpasoliths K,NaTiOF, mit a = 833,9(1) pm [9]. Irn IR-Spektrum tritt statt der scharfen O-O-Valenz- schwingung bei 920 cm-l die breitere Ti-O-Valenzsohwingung ebenfalls bei 920 cm-1 auf.

Bemerkenswert ist die in1 Vergleich zu K,Ti(02)F, (350 "C) und Na,Ti(O,)F, (315 "C) hohe Zersetzungsteniperatur der Peroxogruppe von 390 "C. Diese hohere thermische Stabilitgt durfte ihren Grund in der hoheren Gitterenergie der Elpa- solithstruktur haben. Dies zeigt sich auch darin, daB sich K,NaTi(O,)F, sogar bei einem K : Na-Verhaltnis > 100 : 1 der Mutterlauge - wenn auch nur in geringer Ausbeute - bildet.

Wahrend bei den Oxofluoroelpasolithen alle moglichen Varianten A,ATiOF5 niit A = H, Rb, Cs und A' = Li, Na, K, Rb redisiert merden konnten [9], ist mit K,NaTi(0,)F5 erst ein Vertreter der entsprechenden Peroxofluoroelpasolithe beksnnt. Allerdings ist bisher auch die Synthese von A,Ti(O,)F,-Verbindungen mit A = Li, Rb, Cs nicht gelungen: Mit Rb+- oder Cs+-lonen entstehen statt der Peroxospezies Rb,TiF, bzm. Cs,TiF, oder, wie mit Li+ -Ionen, rontgenamorphe Yrodukte.

Ob sich fur Peroxofluoroelpasolithe ebenso wie fur die Oxofluoroelpasolithe ein modifizierter Go1,DscHMrDTschor Tolarenzfaktor formulieren lafit, kann an einer Verbindung allein nicht entschieden bzw. nachgepruft werden. Dazu ware au13erdem der Radius von OZ2- vonnoten. Einen solchen anzugeben ist jedoch sehr fragwurdig, da die Peroxogruppe, wie das C22--Ion in CaC, [16], eine starke Anisotropie der Form aufweist.

V. Zusammenfassung

Die untersuchten Alkali-Peroxofluoroverbindungen tles Titans, aber auch die von Niob und Tantal, uber die demnachst an gleicher Stelle berichtet wird, schlieBen sich strukturell eng an die entsprechenden Oxofluoro-, ja sogar an die reinen Fluorokryolithe an. Die Verzerrungen der stochiometrischen Spezies sind zwar geringfugig anders, und bei den Natriumverbindungen mu13 eine groBere Elementarzelle zur Beschreibung der Struktur gewahlt werden, doch leiten sich alle diese Strukturen von der idealen kubischen Kryolitl-istruktur ab. Der EinfluB der sehr voluminosen Peroxogruppe ist weitgehend auf die oktaedrischen Bau- gruppen'beschrankt und bewirkt hier eine starke Symmetrieerniedrigung (CrFC3- : O,, ; TiOF,3- : C,, ; Ti(O,)Fs3- : Cs). Ihr EinfluB auf die Kristallstruktur ist dagegen infolge einer Fehlordnung der Peroxogruppe auf allen .Anionenlagen und Orien-

188 Z. anorg. allg. Chem. 537 (1986)

tierungen vergleichsweise gering. Im K,Ti(O,)F, ermijglicht vermutlich die zu- satzliche Fehlordnung der Kaliumionen gegenuber dem K,TiOF, sogar eine Symmetrieerhohung des Gesamtgitters.

Fur die zur Darstellung der hier beschriebenen Verbindungen verwendete Synthesemethode ist charakteristisch, daB sie nur bei Einhaltung bestimmter Bedingungen (pH-Wert, Alkali : Ti-Verhaltnis) zu einheitlichen Produkten fuhrt. Nicht selten entstehen nebeneinander mehrere - auch rontgenamorphe - Pro- dukte, die zusammen eine bestimmte Stochiometrie vortauschen konnen.

Mit der Darstellung von K,Ti(O,),F, bei pH 9,5 bestatigt sich auch fur das K -Ti- (0,) -F-System die Tendenz, daIJ mit steigendem pH-Wert die Peroxid- konzentration in der jeweils auskristallisierenden Verbindung wachst.

Uiiser besonderer Dank gilt Prof. Dr. J. STRAHLE fur die Bereitstellung der Gerate zur Rontgen- strukturanalyse, Frau K. GIRSON fur die Durchfuhrung analytischer Arbeiten und der DFG fur die gewiihrte Unterstiitzung.

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Bei der Redaktion eingegangen am 11. I>ezember 1985.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. G. PAUSEWANG u. R. SCHMIDT, Inst. f. Anorg. Chemie d. Univ., Auf der Morgenstelle 18, D-7400 Tubingen 1