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Persönliche PDF-Datei für www.thieme.de Dieser elektronische Sonderdruck ist nur für die Nutzung zu nicht-kommerziellen, persönlichen Zwecken bestimmt (z. B. im Rahmen des fachlichen Austauschs mit einzelnen Kollegen und zur Ver- wendung auf der privaten Homepage des Autors). Diese PDF-Datei ist nicht für die Einstellung in Repositorien vorgesehen, dies gilt auch für soziale und wissenschaftliche Netzwerke und Plattformen. Mit den besten Grüßen vom Georg Thieme Verlag Verlag und Copyright: Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart ISSN Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags

Persönliche PDF-Datei für - Praxis Dr. med. Heinrich ... · Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart ISSN Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags. Dr. med. Ursula

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    www.thieme.de

    Dieser elektronische Sonderdruck ist nur für die Nutzung zu nicht-kommerziellen, persönlichen Zwecken bestimmt (z. B. im Rahmen des fachlichen Austauschs mit einzelnen Kollegen und zur Ver-wendung auf der privaten Homepage des Autors).Diese PDF-Datei ist nicht für die Einstellung inRepositorien vorgesehen, dies gilt auch für sozialeund wissenschaftliche Netzwerke und Plattformen.

    Mit den besten Grüßen vom Georg Thieme Verlag

    Verlag und Copyright:

    Georg Thieme Verlag KGRüdigerstraße 1470469 StuttgartISSN

    Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags

  •  Dr. med. Ursula Steiner-König, … Balint 2018; 19: 31–32

    ThiemeNachruf

     Dr. med. Ursula Steiner-König, … Balint 2018; 00: 00–00

    Dr. med. Ursula Steiner-König, 4. Juli 1939 – 29. August 2017

    Es liegt nahe, dass mir als ehemaligem Mit-glied des Leiterteams und während ein paar Jahren Organisator der Silser Balint-Studi-enwoche und Gründungspräsident der Schweizerischen Balint-Gesellschaft die Ehre zufällt, den Nachruf für unsere Kolle-gin Ursula Steiner-König zu schreiben. Ich kann aber Ursula nicht so gerecht werden wie Samuel Wiener-Barraud anlässlich der Verabschiedung von Ursula aus dem Leiter-team von Sils 2010. Ursula hat seine Wür-digung so geschätzt, dass sie den Text bei ihren persönlichen Unterlagen aufbewahrt hat, und ich möchte deshalb auch für den Nachruf daraus zitieren.

    Samuel Wiener-Barraud hat uns auf eine Zeitreise über mehrere Stationen mitge-nommen.

    1. Station, ca. 1950 Wer von meinem Heimat-städtchen Aarberg in die Welt fahren will, kommt am benachbarten Verkehrsknoten-punkt Lyss vorbei. Dort steht ein behäbiges Doktorhaus in einem zauberhaften Garten. Man sagte mir damals, dort wohne der be-rühmte Dr. König mit seiner Familie. Für mich wurde das Doktorhaus ein prächtiges weisses Schloss, und selbstverständlich trugen die Kö-nigs Kronen, die Eltern grosse, die Kinder kleine.

    Der Dr. König war ein Patriarch in einer pa-triarchalischen Gesellschaft, dem bei der Geburt seines ersten Kindes, einem Mäd-chen, nur trotzdem gratuliert worden war. Ursula blieb im Dorf „ds Dokter Ursula“. Später wurde ein Bruder geboren. Noch in der Schulzeit von Ursula erkrankte die Mut-ter und starb als Ursula 23 war.

    2. Station, ca. 1960 Ich fahre nun täglich über Lyss nach Biel ans Gymnasium. Dort höre ich von der legendären Ursula König in den oberen Klassen. Ein Krönchen stellte ich mir damals nicht mehr vor, aber es war mir klar, dass es Ursula König war, welche der Schule eine Einladung in ein internationales Jugend-rotkreuz-Lager vermittelt hatte. Ursula sagt mir zwar, dass sie nie was mit dem JRK zu tun hatte, aber meine erste Teilnahme an einem internationalen Treffen blieb für mich mit dem Namen von Ursula König verbunden.

    Ursula König studierte nach der Matura zu-nächst in Genf, u. a. Philosophie bei Jeanne Hersch, dann Medizin in Basel, Staatsexa-men 1965. In Basel machte sie eine psycho-analytische Ausbildung, Analyse bei Gaeta-no Benedetti und war Assistenzärztin an der Psychiatrischen Universitätsklinik, spä-ter Konsiliarärztin für psychosomatische Medizin am Kantonsspital und schliesslich als Psychiaterin und Psychotherapeutin tätig. In Basel lernte sie 1968 ihren Ehe-mann kennen, Thoma Steiner, einen Ma-thematiker, den sie dann auch unterstützte bei einer Weiterbildung in Musikinstrumen-tenbau. In der Familie scheint er „halt nur als Schwiegersohn akzeptiert“ gewesen zu sein. Nach dem Tod des Vaters praktizierte sie ab 1980 im Doktorhaus in Lyss.

    3. Station, ca. 1974 Ich komme erstmals nach Sils. Für mich ist klar, dass ich da Ursula leibhaftig begegnet bin. Ich sehe sie als strah-lende charmante Frau. Ursula sagt mir zwar, das könne nicht stimmen, sie sei erst 1977 erstmals da gewesen.

    4. Station, ca. 1980 Ich bin als Coleiter wie-der da. Die Spannungen zwischen dem Fuss-volk und dem Leiterteam waren damals be-trächtlich. Als Coleiter zählte ich mich zum Fussvolk. In den Abenddiskussionen wurde gegen das Leiterteam als dem „Olymp“ gewet-tert. Aber der Olymp hatte eine Botin, die ro-senfingrige Eos. Charmant schwebte sie ver-mittelnd hin und her zwischen Fussvolk und Olymp, zwischen Deutschsprachigen und Frankophonen und machte den Dialog mög-lich. In stagnierenden Grossgruppen stiess sie Türen zu neuen Fantasieräumen auf, indem sie uns teilhaben liess an ihren Schätzen aus Erfahrungen und unerschöpflichen Einfällen aus Kunst und Literatur. Von da an war Ursu-la Steiner-König, wie sie nun hiess, für mich die Fee von Sils. Sie wirkte nun im Doktorhaus in Lyss und sie leitete als Präsidentin der Schwei-zerischen Gesellschaft für Psychiatrie chaoti-sche Mitgliederversammlungen (welche öfter wie nach-68-Vollversammlungen imponier-ten) mit königlicher Souveränität.

    Ursula engagierte sich also in der Balintar-beit, war im Leiterteam der Silser Balint-

    Studienwoche und im Leiterteam der Jour-nées Balint d'Annecy. Sie organisierte die Teilnahme der Schweizer Leiter von Anne-cy, die sich jährlich trafen und über einige Jahre leitete sie in Annecy mit einem fran-zösischen Kollegen alle Grossgruppen-Sit-zungen. Jean-Pierre Bachmann aus Genf, mit dem sie wegen Annecy viele Kontakte hatte, erinnert sich, dass das immer ange-nehm gewesen sei mit Gesprächen meist über gemeinsame Interessen, die Musik, und weniger über die Funktion als Balint-Leiter.

    Ursula engagierte sich auch berufspolitisch, zuerst in der bernischen, dann in der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiat-rie und Psychotherapie, die sie 1991 bis 1996 präsidierte. 1994 wurde sie als erste Frau in den Zentralvorstand der FMH, der Schweizerischen Ärztegesellschaft, ge-wählt, deren Vizepräsidentin sie wurde.

    5. Station, 2002 Ich stosse auch zum Leiter-team und lerne Ursula Steiner erst jetzt als en-gagierte zuverlässige Kollegin wirklich kennen, auf die man sich verlassen kann. Sie ist inzwi-schen im Zentralvorstand der Schweiz. Ärzte-gesellschaft tätig, in einer schwierigen stan-despolitischen Situation. Sie ist auch in dieser Funktion eine begnadete Networkerin, und von ihrem schweizweiten und internationalen Beziehungsnetz profitieren auch die Balint-Gesellschaft und Sils. Ihr Zauberwort am Te-lefon öffnet oft einen Sesam, und auch der kleine Goldregen der Ärztekasse ist ihrem Wir-ken zu verdanken. Wie gesagt: Die Balint-Fee von Sils.

    Im Leiterteam von Sils war Ursula immer ein sehr geschätztes Mitglied, vernünftig, nicht in die ideologischen Rivalitätskämpfe ver-strickt, ein ruhiger Pol, mit Verständnis für gegensätzliche Standpunkte. Spürbar war auch ihr grosses Engagement für die Balint-arbeit, das durch ihr Vernetzt-Sein große Wirkung hatte, bei der Platzierung von Ar-tikeln über die Balintarbeit, bei der Grün-dung der Schweizerischen Balint-Gesell-schaft, bei der Anerkennung der Balint-Ar-beit, beim Vermitteln von Sponsoring für die Silser-Balint-Studienwoche. Eindrück-

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  •  Dr. med. Ursula Steiner-König … Balint 2018; 19: 31–32

    Nachruf Thieme

    lich war immer wieder ihre verbindende Funktion, z. B. indem sie für die Balintge-sellschaft den Kontakt zu den französischen und welschen Kolleginnen und Kollegen vermittelte.

    Ursula war aktiv in der Schweizerischen Akademie für medizinische Wissenschaften mit Publikationen v. a. über ethische Fra-gen, zu ethischen Aspekten in der medizi-nischen Behandlung im Strafvollzug, zur Verwahrung gefährlicher Straftäter, sowie zur Auseinandersetzung mit Krankheit und Tod mit Artikeln zum Tag der Kranken oder zum Recht auf einen würdigen Tod.

    Ursula war bis 2006 im ZV der FMH und schrieb im Rückblick auch auf diese Tätig-keit, wie ihr der Satz „Unbegreifliches ver-stehen lernen“ am ersten Tag im ZV begeg-net sei und sie über all die Jahre nicht losge-lassen habe, sie immer wieder angespornt habe, auch wenn sie Kopf – oder Flügel – hätte hängen lassen wollen. Und bei allem berufspolitischen Engagement immer wie-der daran denkend, dass wir Ärztinnen und Ärzte ja eigentlich v. a. für unsere Kranken da sein wollen.

    2007 kehrte sie nach Basel zurück. Ihre Ehe war schon länger geschieden worden, aber die letzten Jahre, wieder in Basel, war ihr Thomas Steiner ein nächster Freund. An-lässlich ihres 70. Geburtstages konnte sie offenbar eine grosse Zahl von Freunden begrüssen. Sie hatte auch engen Kontakt zu Nichten, über viele Jahre telefonierte sie täglich mit einer im Ausland lebenden früh verwitweten Nichte.

    Ursula hatte über viele Jahre mehr oder minder dauernd eine 7-Arbeitstage-Wo-che. In privatem Gesangsunterricht hatte sie einen Ausgleich zu all den beruflichen Beanspruchungen gefunden. Sie freute sich deshalb – allem Abschiednehmen-Müssen zum Trotz – auf mehr Freiraum, auch auf das Singen in einem Chor. Das war im vor-gerückten Alter dann zwar schwierig, aber sie fand ,,ihren Chor“, den INCANTO-Chor in Basel. Und in einem Schreiben über den Chor, in dem sie auch die Funktion der Vi-zepräsidentin übernommen hatte, zitierte sie aus einem Lied: „… und habe wieder ge-sungen, und alles war wieder gut“.

    Ursula realisierte beim Schwimmen, dass sie plötzlich kurzatmig geworden war, was dann zur Entdeckung eines malignen Pleu-raergusses führte. Sie hatte wiederholte Therapien, die zu Remissionen führten. Sie konnte offen über ihre Krankheit und die Mühsal der Behandlungen sprechen, blieb aber zuversichtlich, fröhlich, und erwähnte z. T. auch gegenüber guten Kollegen nur, dass es ihr trotz Krankheit gut gehe.

    6. Station, 2010 (Verabschiedung von Ursu-la aus dem Silser Leiterteam): Ursula, Du wirst uns allen fehlen. Ein Trost kann sein, dass Du der Balintarbeit verbunden bleibst, und dass Du, weil auch in der Feenwelt die Katzen das Mausen nicht lassen können, in Deiner alt-neuen Heimat Basel, wohin Du aus dem Lysser Doktorhaus zurückgekehrt bist, bald eine neue Balintgruppe eröffnen wirst. Danke Ur-sula, im Namen von uns allen für alles. Samu-el Wiener-Barraud.

    Soviel ich weiss, hat Ursula in Basel nicht mehr so viele berufliche Aufgaben überneh-men können, wie sie es sich gewünscht hat. Aber sie blieb der Balintarbeit verbunden, nahm teil an den Generalversammlungen der Balintgesellschaft, besuchte einmal die Silser-Balint-Studienwoche.

    Am 29. August 2017 ist sie ihrer Krebs-krankheit erlegen und ist im Kreise ihrer Fa-milie eingeschlafen. Auch die Familie schrieb: wir werden ihre Fröhlichkeit, ihre Hilfsbereitschaft und ihr Engagement für diejenigen Menschen, die auf der Schatten-seite des Lebens stehen, vermissen.

    Im Rückblick bleibt mir der Eindruck, dass Ursula Steiner-König nicht wie viele von uns den Balint-Gedanken gepredigt und sich damit auch sichtbar gemacht haben, aber dass sie im Pflegen und Sich-Einlassen auf Beziehungen, im Reflektieren und Verste-hen-Wollen die Grundgedanken Balints be-wundernswert gelebt hat. Wie sehr es ihr um diese uneigennützige Haltung gegan-gen ist, zeigt auch der Wahlspruch der mit-telalterlichen Stadtvögte, mit dem sie sich aus dem ZV der FMH verabschiedet hat: „Servir et disparaître“. Und ich schließe auch französisch, indem ich mich den Wor-ten von Jean-Pierre Bachmann anschließe: „Je pense que beaucoup de nos collègues perdent une collègue aimée et appréciée, et si engagée dans le travail Balint“.

    Dr. med. Heinrich Egli, St. Gallen

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    Autoren: Heinrich EgliTitel: Dr. med. Ursula Steiner-König, 4. Juli 1939 – 29. August 2017DOI/Literaturangabe: DOI 10.1055/s-0044-102307Balint 2018; 19: 31–32ISSN: 1439-5142Copyright: © 2018 by