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DOI 10.1007/s10343-006-0125-z ORIGINALBEITRAG Gesunde Pflanzen (2006) 58:143–151 Perspektiven der Kontrolle des Maiszünslers (Ostrinia nubilalis Hbn.) mit Insektiziden – Versuchsergebnisse aus dem Oderbruch Gerhard Schröder · Gabriele Goetzke · Doris Kuntzke Eingegangen: 10 Mai 2006 / Angenommen: 2 Juni 2006 / Online veröffentlicht: 13 Juli 2006 © Springer-Verlag 2006 Zusammenfassung Mit der Zunahme des Maiszünslers im Oderbruch in den neunziger Jahren war zunehmend eine effektive Kontrolle dieses Schädlings in der land- wirtschaftlichen Praxis erforderlich. Seit 1997 wurden im Oderbruch Versuche zur Kontrolle des Maiszünslers mit Insektiziden durchgeführt. In den Jahren 2000–2002 wurden die unterschiedlichen Bekämpfungsstrategien (In- sektizideinsatz, Trichogramma-Einsatz und Bt-Mais) unter den Standortbedingungen des Oderbruches getestet. Die höchsten Wirkungsgrade gegen den Maiszünsler wurden durch den Anbau von Bt-Maissorten erreicht. Auch die eingesetzten Insektizide erzielten Wirkungsgrade von 60% bis 90%. Der Trichogramma-Einsatz konnte dagegen unter den Bedingungen des Oderbruchs nicht befriedigen. Infolge der unzureichenden Zulassungssituation (Indika- tion Maiszünsler) und der Entwicklung von Antiresistenz- strategien wurden ab 2003 Insektizide aus verschiedenen Wirkstoffgruppen bezüglich der biologischen Wirkung geprüft. Diese Erkenntnisse sind die Voraussetzung für die Zulassung weiterer Insektizide. Schlüsselwörter Maiszünslerkontrolle · Bt-Mais · Insektizideinsatz · Trichogramma-Einsatz G. Schröder () · G. Goetzke · D. Kuntzke Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung, Steinplatz 1, 15806 Zossen OT Wünsdorf, Germany E-Mail: [email protected] Tel.: 03370273670 Fax: 03370273622 Perspectives to control European corn borer (Ostrinia nubilalis Hbn.) using insecticides – experimental results from the Oderbruch area Abstract With rise of the European corn borer (Ostrinia nu- bilalis Hbn.) in the Oderbruch area in the 1990s the neces- sity of an effective control of this particular pest in the agri- cultural field became even more important. Since 1997 ex- periments on controlling the increase of the European corn borer by using insecticides took place in the Oderbruch area. Between 2000–2002 different control methods (Insecticide use, Trichogramma use, Bt-corn use) were tested referring to the local conditions in the Oderbruch area. By cultivating Bt-corn types highest efficiency rates against European corn borer could be detected. Employed insecticides reached out to efficiency rates ranging from 60% to 90%. The applica- tion of Trichogramma under local conditions in the Oder- bruch area was not satisfying at all. Since 2003 insecticides of different groups of active agents were examined concerning their biological effect. That is because of insufficient permission status (indication for European corn borer) and development of anti-resistant strategies. This knowledge is a necessary requirement for permission of insecticides to come. Keywords Control of European corn borer · Bt-corn · Insecticide use · Trichogramma use Einleitung Mit der Zunahme des Maisanbaus in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde auch im Oderbruch der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) nachgewiesen. Erst 1985 konnte im Kreis Seelow ein stärkeres Auftreten, einschließ- 13

Perspektiven der Kontrolle des Maiszünslers ( Ostrinia nubilalis Hbn.) mit Insektiziden – Versuchsergebnisse aus dem Oderbruch

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DOI 10.1007/s10343-006-0125-z

O R I G I N A L B E I T R A G

Gesunde Pflanzen (2006) 58:143–151

Perspektiven der Kontrolle des Maiszünslers (Ostrinia nubilalis Hbn.)mit Insektiziden – Versuchsergebnisse aus dem Oderbruch

Gerhard Schröder · Gabriele Goetzke · Doris Kuntzke

Eingegangen: 10 Mai 2006 / Angenommen: 2 Juni 2006 / Online veröffentlicht: 13 Juli 2006© Springer-Verlag 2006

Zusammenfassung Mit der Zunahme des Maiszünslersim Oderbruch in den neunziger Jahren war zunehmendeine effektive Kontrolle dieses Schädlings in der land-wirtschaftlichen Praxis erforderlich. Seit 1997 wurdenim Oderbruch Versuche zur Kontrolle des Maiszünslersmit Insektiziden durchgeführt. In den Jahren 2000–2002wurden die unterschiedlichen Bekämpfungsstrategien (In-sektizideinsatz, Trichogramma-Einsatz und Bt-Mais) unterden Standortbedingungen des Oderbruches getestet. Diehöchsten Wirkungsgrade gegen den Maiszünsler wurdendurch den Anbau von Bt-Maissorten erreicht. Auch dieeingesetzten Insektizide erzielten Wirkungsgrade von 60%bis 90%. Der Trichogramma-Einsatz konnte dagegen unterden Bedingungen des Oderbruchs nicht befriedigen.

Infolge der unzureichenden Zulassungssituation (Indika-tion Maiszünsler) und der Entwicklung von Antiresistenz-strategien wurden ab 2003 Insektizide aus verschiedenenWirkstoffgruppen bezüglich der biologischen Wirkunggeprüft. Diese Erkenntnisse sind die Voraussetzung für dieZulassung weiterer Insektizide.

Schlüsselwörter Maiszünslerkontrolle · Bt-Mais ·Insektizideinsatz · Trichogramma-Einsatz

G. Schröder (�) · G. Goetzke · D. KuntzkeLandesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft undFlurneuordnung,Steinplatz 1, 15806 Zossen OT Wünsdorf, GermanyE-Mail: [email protected].: 03370273670Fax: 03370273622

Perspectives to control European corn borer(Ostrinia nubilalis Hbn.) using insecticides –experimental results from the Oderbruch area

Abstract With rise of the European corn borer (Ostrinia nu-bilalis Hbn.) in the Oderbruch area in the 1990s the neces-sity of an effective control of this particular pest in the agri-cultural field became even more important. Since 1997 ex-periments on controlling the increase of the European cornborer by using insecticides took place in the Oderbruch area.Between 2000–2002 different control methods (Insecticideuse, Trichogramma use, Bt-corn use) were tested referringto the local conditions in the Oderbruch area. By cultivatingBt-corn types highest efficiency rates against European cornborer could be detected. Employed insecticides reached outto efficiency rates ranging from 60% to 90%. The applica-tion of Trichogramma under local conditions in the Oder-bruch area was not satisfying at all.

Since 2003 insecticides of different groups of activeagents were examined concerning their biological effect.That is because of insufficient permission status (indicationfor European corn borer) and development of anti-resistantstrategies. This knowledge is a necessary requirement forpermission of insecticides to come.

Keywords Control of European corn borer · Bt-corn ·Insecticide use · Trichogramma use

Einleitung

Mit der Zunahme des Maisanbaus in den siebziger Jahrendes letzten Jahrhunderts wurde auch im Oderbruch derMaiszünsler (Ostrinia nubilalis) nachgewiesen. Erst 1985konnte im Kreis Seelow ein stärkeres Auftreten, einschließ-

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lich Stängelbruch beobachtet werden (Popko 1988). BeiKontrollen im Jahr 1987 wurde auf 22 von 26 Maisschlägenim Oderbruch eine durchschnittliche Befallshäufigkeit von10,6% ermittelt. Der Prozentsatz gebrochener Stängel be-trug 4,1% (Minimum 0,5%, Maximum 37%) (Popko 1988).In den neunziger Jahren hat mit jährlichen Schwankungendie Befallsstärke im Oderbruch, nicht zuletzt durch dieverstärkte Nutzung der nichtwendenden Bodenbearbeitung,zugenommen. Im Landkreis Märkisch-Oderland, in demim Wesentlichen das Oderbruch liegt, hat sich das Anbau-verhältnis von Silomais zu Körnermais deutlich verschoben.So wurden 1995 860 ha Körnermais und 10 579 ha Silomaisangebaut. Im Jahr 2005 wurden nur noch 4956 ha Silomais,aber 5766 ha Körnermais geerntet. Diese Faktoren habenzu einem stabilen Aufbau der Maiszünslerpopulationbeigetragen. Es wurde eine Ausbreitung des Befalls indie angrenzenden Höhenlagen beobachtet. Gebiete, indenen der Maiszünsler auch außerhalb des Oderbruches bis2005 höhere Befallswerte aufwies, sind die ZiltendorferNiederung (bis zu 100% BH) und der Raum zwischenSteinhöfel, Heinersdorf und Beerfelde (BH bis 50%). Auchaus allen anderen Landesteilen wurden kontinuierlich neueBefallsstandorte gemeldet. In 2005 nahm die Anzahl derSchläge außerhalb des Oderbruches, die Befallshäufigkeitenvon über 50% aufwiesen (Landkreise Teltow-Fläming undOberhavel), zu. Das gab den Anlass, den Maiszünsler indas Schaderregerüberwachungsprogramm kurzfristig auf-zunehmen. Die Abb. 1 zeigt die Befallshäufigkeiten der 64bonitierten Maisschläge aus allen Regionen Brandenburgs.

Ende der neunziger Jahre traten an einigen Standortenim Oderbruch größere Ertragsausfälle durch Umknickender Stängel (20–30%) infolge des Maiszünslerfraßes auf.Erste Insektizidversuche zur Kontrolle des Befalls wurdenmit Pyrethroiden vorgenommen. Aufgrund des relativsicheren Befallsniveaus im Oderbruch wurde dieses Gebietneben süddeutschen Gebieten in Baden-Württemberg und

Abb. 1 Befallshaufigkeit (Maiszunsler) auf den im Rahmen derSchaderregeruberwachung im Land Brandenburg bonitiertenFlachen in 2005

Bayern für Versuche zur biologischen Wirksamkeit sehrattraktiv. Von 2000 bis 2002 wurden in Zusammenarbeit mitMaiszüchtern und der chemischen Industrie Vergleiche un-terschiedlicher Bekämpfungsmöglichkeiten durchgeführt.Dabei wurden neben verschiedenen Insektizidvarianten, diebiologische Bekämpfung mit dem Eiparasit Trichogrammabrassicae Bezd. und gentechnisch veränderte Maissortenbezüglich der biologischen Wirksamkeit überprüft. Infolgeder mangelnden Akzeptanz des Bt-Maises in die Politikund breiten Öffentlichkeit und der bereits gewonnenenErkenntnisse wurden diese Versuche ab 2004 nicht mehrdurchgeführt. Bedingt durch den für die Praxis unzu-reichenden Zulassungsstand von Insektiziden gegen denMaiszünsler bestand vor dem Hintergrund dessen weitererAusbreitung die Notwendigkeit, neue insektizide Wirkstoffebezüglich der biologischen Wirksamkeit zu prüfen.

Material und Methoden

Die Abb. 2 gibt einen Überblick über die Versuchss-tandorte im Oderbruch. Die einzelnen Versuchspar-zellen hatten eine Größe von mindestens 0,5 ha.Diese Großparzellen lagen nebeneinander und um-fassten 24 bis 30 Maisreihen. Die Insektizide wurdenmit Stelzenschleppern (Abb. 3) bei Wuchshöhen desMaises von 1,5 m bis 1,7 m (unterschiedliche Wuchs-höhen des Maises in den einzelnen Jahren und Standorten)appliziert. Die Applikation wurde bis zum späten Vormittagbei vermindertem Turgor der Maispflanzen durchgeführt,sodass sich die Pflanzen nach der Durchfahrt ohne großeSchäden wieder aufrichteten.

Der Applikationstermin erfolgte nach Warndienstaufrufdurch den Pflanzenschutzdienst. Mit Lichtfallen wurdeder jährliche Falterflug überwacht. Die Auswertung derFangergebnisse (Abb. 4, Beispiel für 2005) ermöglicht dieErmittlung von Flughöhepunkten. Die Insektizidapplikationerfolgte unmittelbar nach dem Flughöhepunkt, da der Maisschon eine Wuchshöhe von 1,5 m überschritten hatte. Diezweimalige Ausbringung der Trichogramma - Rähmchenbzw. Trichogramma-Kugeln erfolgte manuell zum Flugbe-ginn des Maiszünslers. Der Abstand zwischen den beidenAusbringungen betrug 10 bis 14 Tage.

Die Befallsbonituren erfolgten im BBCH Stadium 85je nach Standort Ende September bis Mitte Oktober. DieAuswahl der zu bonitierenden Maisstängel erfolgte bis2002 nach der Linienbonitur. Die ersten Maispflanzenwurden aus der Mitte der Parzelle 20 m vom Schlagrand(5 Pflanzen nacheinander in der Reihe) genommen.Nach weiteren 20 m wurden die nächsten 5 Maispflan-zen entnommen und so weiter bis pro Parzelle 50 Mais-pflanzen für die Bonitur zur Verfügung standen. Ab 2003 er-folgten die Bonituren nach der EPPO-Richtlinie PP 1/13 (3)

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Abb. 2 Lage derVersuchsstandorte imwestlichen Brandenburgeinschließlich Oderbruch

Abb. 3 Applikation der Insektizide mit Stelzenschlepper

Maiszünsler Ostrinia nubilalis. Pro Variante wurden in 2Reihen an 2 Stellen (Abstand 50 m) 25 Pflanzen hinterei-nander bonitiert, d. h. je 25 bonitierte Pflanzen entsprecheneiner Wiederholung der EPPO-RL.

Zur Ermittlung des Befalls wurden die Maisstängel auf-geschnitten. Folgende Kriterien wurden erfasst: befallenePflanze ja/nein, Anzahl Larven pro Pflanze, Stängelbruchoberhalb des Kolbens bzw. unterhalb des Kolbens. DieAbb. 5 zeigt die aufgeschnittenen bonitierten Maisstängel.Das Schadsymptom Stängelbruch unterhalb des Kolbensvermittelt Abb. 6.

Mit dem Zulassungsauslauf für Baythroid 50 bestand dieNotwendigkeit, Insektizide bezüglich ihrer biologischenWirksamkeit gegenüber dem Maiszünsler zu testen, umZulassungen im Rahmen des § 15 Pflanzenschutzgesetzbzw. auch Lösungen für Genehmigungen nach § 11/2Pflanzenschutzgesetz anzustreben. Deshalb richteten sichdie Versuche ab 2004 auf neuere insektizide Wirkstoffe.Die Tabelle 1 gibt einen Überblick über die seit 1997eingesetzten insektiziden Wirkstoffe. In 2004 und 2005wurden Insektizide mit unterschiedlichen Wirkungsweiseneingesetzt, um Resistenzvermeidungsstrategien entwickelnzu können. Die Tabelle 2 zeigt für die eingesetzten In-sektizide die Wirkorte nach der Klassifizierung des IRAC(Insecticide Resistence Action Commitee).

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Abb. 4 Verlauf desFalterfluges vonOstrinia nubilalisan zwei Lichtfallenstandortenim Jahr 2005

Abb. 5 Aufgeschnittene befallene Maisstangel nach der Bonitur

Abb. 6 Durch Maiszunslerbefall verursachter Stangelbruch unter-halb des Kolbens

Ergebnisse

Die Abb. 7 zeigt, dass auf den für die Versuche ausgewähl-ten Maisflächen eine hohe Befallshäufigkeit (unbehandelteKontrolle bis auf eine Ausnahme über 50%) des Maiszüns-lers bonitiert wurde. Aus Abb. 8 ist ersichtlich, dass derAnteil befallener Pflanzen in den Bt-Mais - Parzellenum 93% gesenkt werden konnte. Die verschiedenenInsektizidvarianten erreichten einen durchschnittlichenWirkungsgrad von 68%. Beim Einsatz von Trichogrammabrassicae, sowohl in Form der Rähmchen als auch derKugeln, konnte unter den Bedingungen im Oderbruchnur ein Wirkungsgrad von 17% bonitiert werden. Mit denunterschiedlichen Bekämpfungsstrategien wurde auch dieAnzahl der Larven in den Stängeln beeinflusst (Abb. 9).Erwartungsgemäß wurde durch den Bt-Mais ein Wirkungs-

Abb. 7 Befallshaufigkeit mit Ostrinia nubilalis auf den Versuchs-schlagen (unbehandelte Kontrolle)

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Tabelle 1 Zur Kontrolle des Maiszunslers eingesetzte Insektizide

Pflanzenschutzmittel Wirkstoff Wirkstoffanteil Aufwandmenge Jahr

Fastac SC Alpha-Cypermethrin 100 g/l 175 ml/ha 1997, 1998, 1999, 2000Fastac SC Alpha-Cypermethrin 100 g/l 250 ml/ha 1997, 1998, 1999Fastac SC Super Contact Alpha-Cypermethrin 100 g/l 100 ml/ha 2005Fastac SC Super Contact Alpha-Cypermethrin 100 g/l 125 ml/ha 2005STEWARD Indoxacarb 300 g/kg 150 g/ha 2000, 2001STEWARD Indoxacarb 300 g/kg 2 × 150 g/ha 2001STEWARD Indoxacarb 300 g/kg 125 g/ha 2004, 2005STEWARD + Breakthru Indoxacarb 300 g/kg 125 g/ha + 500 ml/ha 2004Baythroid 50 Cyfluthrin 51,3 g/l 750 ml/ha 2000, 2002, 2003, 2004Calypso Thiacloprid 480 g/l 750 ml/ha 2001RUNNER Methoxyfenozide 240 g/l 750 ml/ha 2003, 2004KANPEI Cromafenozide 50 g/l 2000 ml/ha 2003, 2004Spintor Spinosad 480 g/l 100 ml/ha 2004, 2005Dantop Clothianidin 500 g/kg 75 ml/ha 2005Proteus Thiacloprid 100 g/l 750 ml/ha 2005

Deltamethrin 10 g/l

Tabelle 2 IRAC - Klassifizierung der eingesetzten Insektizide

PSM Wirkstoff Wirkstoffgruppe IRAC-Klassifizierung

Fastac SC Alpha-Cypermethrin Pyrethroide 3Fastac SC Super Contact Alpha-Cypermethrin Pyrethroide 3Baythroid 50 Cyfluthrin Pyrethroide 3Spintor 100 ml/ha Spinosad Spinosyne 5STEWARD Indoxacarb Oxadiazine 22RUNNER Methoxyfenozide Diacylhydrazine 18KANPEI Cromafenozide Diacylhydrazine 18Calypso Thiacloprid Neonicotinoide 4 ADantop Clothianidin Neonicotinoide 4 AProteus Thiacloprid Neonicotinoide 4 A

Deltamethrin Pyrethroide 3

Abb. 8 Wirkung der verschiedenen Bekampfungsstrategien auf dieBefallshaufigkeit (befallene Pflanzen) Abb. 9 Wirkung der verschiedenen Bekampfungsstrategien auf die

Anzahl der Larven pro Stangel

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grad von 97% erreicht. Die restlichen 3% sind (Degenhardtet al. 2003) auf übliche Saatgutvermischungen (nicht resis-tente Maispflanzen) zurückzuführen. Der durchschnittlicheWirkungsgrad der Insektizidvarianten von 93% zeigt, dassnach einem anfänglichen Fraß ein großer Teil der Larvenabgetötet wurde. Die Abtötung der Larven infolge derParasitierung durch Trichogramma brassicae erreichte nureinen Wirkungsgrad von durchschnittlich 31%.

Die Abb. 10 zeigt die erzielten Wirkungsgrade vonverschiedenen Pyrethroiden mit unterschiedlichen Auf-wandmengen und einem Kombinationsprodukt ausPyrethroid und Neonicotinoid. Dabei wurden trotz ver-

Abb. 10 ErzielteWirkungsgrade verschiedenerPyrethroide im Vergleich zuProteus

Abb. 11 ErzielteWirkungsgrade vonInsektiziden verschiedenerWirkstoffgruppen

ringertem Wirkstoffanteil (Alpha Cypermethrin) vonFastac SC Super Contact gegenüber Fastac SC höhereWirkungsgrade (befallene Pflanzen und Larven im Stängel)erreicht. Der Unterschied in der Anzahl der Versuche mit175 ml/ha Fastac SC zwischen Wirkungsgrad befallenerPflanzen n = 5 und Wirkungsgrad Larven im Stängeln = 3 basiert auf der Tatsache, dass 1997 und 1998 dieStängel nicht auf Larven bonitiert wurden. Baythroid 50wurde bis 2004 als Vergleichsstandard genutzt. Es warzu diesem Zeitpunkt das einzige in Deutschland gegenden Maiszünsler zugelassene synthetische Insektizid. DieErgebnisse zeigen, dass die erzielten Wirkungsgrade von

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Abb. 12 Lichtfallenfange vonOstrinia nubilalis am StandortNeutrebbin der Jahre 2003 bis2005

Baythroid 50 mit denen von Fastac SC und Fastac SC SuperContact vergleichbar sind. Proteus erreichte bezüglichder Larvenmortalität in unseren Versuchen den höchstenWirkungsgrad.

Aus der Abb. 11 sind die Wirkungsgrade der Insektizideaus anderen Wirkstoffgruppen im Vergleich zum Kombina-tionspräparat Proteus ersichtlich. STEWARD ist in der Mor-talität der Larven mit den Pyrethroiden vergleichbar. Mitdem Zusatz von Breakthru zum STEWARD sollte überprüftwerden, ob die Wirkung von Indoxacarb durch eine bessereVerteilung auf der Pflanze verbessert werden kann. Nieder-schläge von 10 mm wenige Stunden nach der Applikationhaben zu einem stärkeren Abwaschen des Spritzbelages imVergleich zu STEWARD solo geführt. Dadurch lassen sichdie verringerten Wirkungsgrade erklären.

Von den Neonicotinoiden erzielte Calypso (Thiacloprid)etwas höhere Wirkungsgrade als Dantop (Clothianidin).Proteus (Thiacloprid und Deltamethrin) erreichte die höchs-ten Werte. Spintor und der Häutungsbeschleuniger KANPEIlagen bezüglich der Wirkungsgrade auf dem Niveau derPyrethroide. RUNNER fiel in der Wirkung geringfügig ab.

Diskussion

Die Reihenfolge bezüglich der erzielten Wirkungsgrade mitden unterschiedlichen Bekämpfungsstrategien der Versucheaus dem Oderbruch (Bt-Mais 97%, Insektizidvarianten 93%,zweimaliger Trichogramma-Einsatz 31%) entspricht den Er-gebnissen von anderen Untersuchungen (Degenhardt et al.(2003) für Baden-Württemberg; Albert et al. (2001); Zell-ner (1999) für den Vergleich von Bt-Mais und Insektizidein-

satz; Bohn et al. (1998) und Ackermann et al. (2005) für denVergleich von Trichogramma- und Insektizideinsatz).

Der geringe Wirkungsgrad des zweimaligen Tricho-gramma-Einsatzes im Oderbruch von 31% im Vergleichzu anderen Versuchsanstellern (Degenhardt et al. (2003),59%; Dannemann (2006), 70–75%; Winkler (2006),67–73%; Ackermann et al. (2005), 60–98%; Wührer(2002), 73%) liegt mit großer Wahrscheinlichkeit in derhöheren Abundanz des Schädlings und in dem meist übereinen längeren Zeitpunkt verzettelten Flug der Adulten,sowie in der höheren Maisanbaukonzentration im Umkreisder Versuchsstandorte begründet.

Die Abb. 12 zeigt die Lichtfallenfänge der Jahre 2003 bis2005 am Standort Neutrebbin. Es wird deutlich, dass nebendem jährlich unterschiedlichen Befallsbeginn auch die An-zahl Falter pro Tag und der Zeitraum, in dem höhere Fal-lenfänge registriert wurden, von Jahr zu Jahr schwankt. Dieüber einen längeren Zeitraum teilweise hohe Flugaktivitätder Falter, verbunden mit einer verzettelten Eiablage, ist beider begrenzten Wirkungsdauer der Trichogramma und In-sektizidvarianten für die geringeren Wirkungsgrade gegen-über dem Bt-Mais verantwortlich.

Bis auf Ackermann et al. (2005) (auch STEWARD) wa-ren die Insektizidvarianten in den Versuchen der oben ge-nannten Autoren in der Regel Pyrethroide. Mit diesen wur-den Wirkungsgrade zwischen 70 bis über 90% erreicht. DaPyrethroide über eine insektizide Breitenwirkung verfügen,werden in der Regel auch Blattlausantagonisten, wie Ma-rienkäfer und ihre Larven sowie Schwebfliegen- und Flor-fliegenlarven gut erfasst. Somit kann es nach einem Pyre-throideinsatz zu einem verstärkten Blattlausbesatz kommen.Deshalb wurden ab 2000 sukzessive mehr spezifisch wir-

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kende Insektizide in die biologische Wirksamkeitsprüfungeinbezogen.

Für STEWARD liegen Ergebnisse aus den Jahren 2000und 2001 mit einer Aufwandmenge von 150 g/ha und ausden Jahren 2004 und 2005 mit 125 g/ha vor. Als Fraß-und Kontaktwirkstoff verfügt Indoxacarb über eine guteWirkung gegen eine Vielzahl von Lepidopteren und einigenZikadenarten. Blattlausantagonisten werden nicht erfasst.

Spintor mit dem Wirkstoff Spinosad ist ebenfalls einFraß- und Kontaktwirkstoff, wobei die Fraßwirkung do-minierend ist. Nach Zotz (2004) werden neben Vertreternder Gruppe der Lepidoptera auch Arten aus der Gruppe derDiptera, Thysanoptera, Coleoptera u. a. erfasst. Weiterhinwurden mit RUNNER und KANPEI zwei Häutungs-beschleuniger getestet. Diese wirken spezifisch nurgegen Lepidopteren-Larven. Somit werden andere In-sektengruppen von diesen Wirkstoffen nicht beein-trächtigt.

Aus der Gruppe der Neonicotinoide wurden die Wirk-stoffe Clothianidin und Thiacloprid (in Verbindung mit Del-tamethrin) bezüglich der Zünslerwirkung getestet. Beide ausder Gruppe der Neonicotinoide können zur Kontrolle einerVielzahl von saugenden und beißenden Insekten eingesetztwerden.

Die Versuchsergebnisse aus dem Oderbruch haben ge-zeigt, dass eine Reihe von Wirkstoffen aus unterschiedlichenWirkstoffgruppen mit unterschiedlichen Wirkorten zur Kon-trolle des Maiszünslers geeignet sind. Für ein gezieltes Re-sistenzmanagement in der landwirtschaftlichen Praxis ist dieBereitstellung (Zulassung) von Insektiziden mit verschiede-nen Wirkorten erforderlich.

Die Notwendigkeit einer Maiszünsler-Bekämpfung hängtvon den zu erwartenden Ertragsausfällen ab. Diese sind beiKörnermais, infolge der längeren Standzeit, deutlich höherals bei Silomais. Bei einem Larvenbefall von 2 bis 3 Lar-ven je Pflanze ist im langjährigen Mittel mit Ertragsverlus-ten von 10% bis 30% zu rechnen (Zellner 1994). Winkler

Abb. 13 Zusammenhang zwischen Befallshaufigkeit und -starkeauf den Versuchsstandorten

Abb. 14 Zusammenhang zwischen Larvendichte und Stangelbruchunterhalb des Kolbens

(2006) ermittelte bei einer Befallshäufigkeit von 26% durchdie Insektizidbehandlungen einen Mehrertrag von 8% bzw.7 dt/ha.

Bohn et al. (1998) gibt Ertragseinbußen bis zu 30 dt/hain Baden-Württemberg bei Körnermais an. Er ermittelteeinen verminderten Kornertrag von 23% bei einer mit demMaiszünsler befallenen Pflanze. Degenhardt et al. (2003)stellte im Rheintal einen Mehrertrag von 7% beim Insekti-zideinsatz und von 14% bei Bt-Mais fest. Der Mehrertragzwischen der unbehandelten Kontrolle und dem Bt-Maisbetrug etwa 10 dt/ha.

Trotz der teilweise recht hohen Befallshäufigkeitenschwankt der Ertrag jahresspezifisch. Entscheidend für dieErtragsausfälle ist der Anteil des Stängelbruchs unterhalbdes Kolbens, so dass mit der üblichen Erntetechnik diesePflanzenteile bei Silomais und die Kolben beim Körnermaisnicht mehr geborgen werden können.

Mit zunehmender Befallshäufigkeit der Pflanzen nimmtdie Anzahl der Larven je Pflanze zu (Abb. 13). Somit hatdie Befallshäufigkeit Einfluss auf die sich entwickelnde Be-fallsstärke.

Die Abb. 14 zeigt, dass mit zunehmender Anzahl vonLarven aber nicht zwangsläufig der Stängelbruch unterhalbdes Kolbens negativ beeinflusst wird. Entscheidend fürdie Häufigkeit des Stängelbruchs ist nach unseren Erfah-rungen die Witterung im Herbst. Starkniederschläge undSturmereignisse fördern den Stängelbruch und somit dieErtragsausfälle.

Die Bekämpfungsentscheidung kann nur durch den Vor-jahresbefall in der Region, d. h. gegebenenfalls Anbau vonBt-Maissorten bzw. durch die Ermittlung der Eiablagen je100 Maispflanzen im Anbaujahr erfolgen. Wenn die Prä-ventivmaßnahme Anbau von Bt-Mais aus welchen Gründenauch immer nicht genutzt wird, dann müssen in Zukunft zurKontrolle des Maiszünslers für die Befallsgebiete je nachBedarf ausreichend Insektizide zur Verfügung stehen.

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