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Feuilletonistische Hinrichtung? Peter Handkes Äußerungen zum
‚Kosovo-Krieg’ in den deutschsprachigen Printmedien 1999.
1. Überblick
Am Streit um Peter Handke lässt sich exemplarisch die Vehemenz der
Auseinandersetzung um die ‚richtige’ Position in der Kosovo-Debatte
nachzeichnen – ein Streit, der zu Überreaktionen auf beiden Seiten führte
und Gräben riss, die noch Jahre später – vgl. die causa Heine-Preis 2006 –
klafften. Feuilletonisten lehnten in besonderem Ausmaß eine Auseinander-
setzung mit den Gründen für Handkes pro-serbische Haltung ab. Erst mit der
Rezeption der ‚morawischen Nacht’1 2008 wurde eine versöhnlichere
Haltung erkennbar. Zwölf Jahre lang, seit dem Erscheinen der ‚Winterlichen
Reise’,2 war Handke als ‚Serbenfreund’ oder gar ‚Milošević-Freund’
stigmatisiert worden, fast genau so schlimm, „als in üblen früheren Zeiten
als ‚Russen-’ oder gar ‚Judenfreund’ gegolten zu haben“.3
Am 18. Februar 1999 erklärte der Schriftsteller in Rambouillet dem
jugoslawischen Fernsehen in einem auf Französisch gegebenen Interview,
sein Platz sei in Serbien, „‚sollten die Nato-Verbrecher das Land
bombardieren.’“4 Während Hans Rauscher daraufhin meinte, „der endgültige
Verlust des Denkers Handke“5 sei zu verkünden, verteidigte die
Tageszeitung Neues Deutschland den Dichter.6 Dieser hatte gegenüber dem
serbischen Fernsehen mit Äußerungen provoziert wie mit jener über
„‚diese Pseudodichter in Sarajevo. Die wurden nur für den Krieg als Dichter
eingesetzt, irgendwelche Ali Muhmets. Die waren plötzlich Dichter, und
jetzt sind sie wieder die üblichen Trinker, wahrscheinlich.’ [...] ‚Jedenfalls
haben die Medien für den Krieg Dichter gebraucht, die in Wahrheit keine
waren. Und jetzt kommt wirklich einer – und der ist gegen sie. Nicht
einfach, oder?’“7
1 Peter Handke, Die morawische Nacht, Frankfurt am Main 2008.
2 Peter Handke, Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder
Gerechtigkeit für Serbien, Frankfurt a.M. 1996. 3 Ralph Hartmann, Die NATO-Aggression und die neue NATO-Strategie, in: Jugoslawisch-
Österreichische Solidaritätsbewegung (Hg.), Wiener Tribunal gegen die österreichische
Regierung wegen Beihilfe zur NATO-Aggression gegen Jugoslawien, Wien 2000, S. 35-42,
S. 38. 4 göt, Kein Feind der Zeit, in: Süddeutsche Zeitung, 20./21. Februar 1999. 5 Rau (Hans Rauscher), Handke in Belgrad, in: Der Standard, 20./21. Februar 1999. 6 Hans-Dieter Schütt, ‚Mein Platz ist in Serbien’, in: Neues Deutschland, 20./21. Februar
1999. 7 Frank Schirrmacher, Handke lacht. Ein Schriftsteller droht mit Sanktionen, in: FAZ, 11.
März 1999.
Harschere Kritik erntete aber ein anderes Zitat aus demselben Interview:8
„‚Was die Serben seit fünf, mehr noch, seit acht Jahren durchmachen, das
hat kein Volk in diesem Jahrhundert in Europa durchgemacht. Dafür gibt es
keine Kategorien. Bei den Juden, da gibt es Kategorien-/Begriffe – man
kann darüber sprechen. Aber bei den Serben – das ist eine Tragödie ohne
Grund. Das ist ein Skandal.’“9
Handke habe das Leid der Serben über jenes der europäischen Juden zur NS-
Zeit gestellt, meinte die FAZ,10
und Frank Schirrmacher fragte, ob damit
denn gemeint sei, dass es für die Vernichtung der Juden einen ‚Grund’, „das
heißt: eine Ratio“11
gegeben habe. Immerhin druckte die FAZ am 15. März
einen längeren Originalkommentar Handkes, in welchem der Schriftsteller
klarmachte, dass er sich in seinem auf Französisch gegebenen Interview
„verhaspelt“12
habe. Tatsächlich habe er genau das Gegenteil sagen wollen:
„Zum Thema Juden (vernichtung) gibt es keine Kategorien. Die Juden sind
außer Kategorie. Darüber gibt es nichts zu sagen (daran ist nicht zu rütteln).
Das Volk aber, das in diesem Jahrhundert (nach den Juden) am meisten in
Europa gelitten hat (durch die Deutschen, die Österreicher, die katholischen
Ustascha-Kroaten), das sind für mich die Serben. Und was man dem
serbischen Volk angetan hat und jetzt weiter antut, das geht über mein
Verstehen.“13
Dennoch konnte oder wollte der Schriftsteller es nicht dabei belassen:
„Bemerkenswert dabei aber, wie gerade die geschriebene Presse, allen voran
die FAZ, sich auf meinen Verhaspler gestürzt hat. Für diese Leute scheint
nur noch das Mündliche, nicht mehr das Schriftliche zu gelten. Ich bin ein
Schreiber und Leser, und im Mündlichen kann (und darf) mir das eine und
andere unterlaufen, vor allem, weil kein böser Wille (im Gegenteil!)
vorhanden ist (und war). Was für mich gilt, ist das Schriftliche.“14
Zeitungen seien mehr und mehr „von Maulwerkern bevölkert, von Anti-
Lese-Ratten“,15
so der Schriftsteller, der darauf hinwies, dass seine
‚verhaspelten Sätze’ gar keinen Sinn ergeben hätten, es sei denn, man
unterstellte dies böswillig. Die Bereitschaft dazu existierte indes nicht bloß
8 Vgl. Schirrmacher, FAZ, 11. März 1999 oder Thomas E. Schmidt, Der kurze Brief zum
langen Abschied. Peter Handkes Medienkritik führt bis an die Grenze zum politischen
Skandal – und in die Einsamkeit, in: Die Welt, 16. März 1999. 9 Schirrmacher, FAZ, 11. März 1999. 10 Handke reagiert. Es war alles nicht so gemeint, in: FAZ, 15. März 1999. 11 Schirrmacher, FAZ, 11. März 1999. 12 Handke reagiert, FAZ, 15. März 1999. 13 Ebd. 14 Ebd. 15 Ebd.
unter Journalisten, sondern selbst unter Autorenkollegen.16
Im März 1999
weitete sich der Skandal um Peter Handke auch auf dessen aktuellstes Werk
aus. Nachdem die österreichische Wochenzeitung Format bereits ein
heimlich aufgenommenes Telefongespräch als Interview ausgegeben hatte,
zitierte sie wenig später ohne Genehmigung aus ‚Die Fahrt im Einbaum oder
das Stück zum Film vom Krieg’,17
einem Theaterstück über die
unterschiedlichen Interpretationen des ‚Jugoslawien-Kriegs’.18
Darauf drohte
Handke mit der Absetzung und forderte ‚die Journalisten’ in einem offenen
Brief auf, das Werk und die Schauspieler in Frieden zu lassen, während er
über sich selbst nicht ohne Ironie schrieb: „‚Journalisten, macht mit mir, wie
es euch gefällt’“.19
Lothar Baier fiel angesichts der fortdauernden Debatte
die synonyme Verwendung der Begriffe ‚Dichter’ und ‚unzurechnungsfähig’
auf. Der Kärntner Autor erleichtere die Wahrnehmung der komplizierten
jugoslawischen Verhältnisse, denn jeder Einspruch gegen Handke gelte als
„Vernunft und Sachkenntnis“.20
Baier, der Handke bereits in der Debatte um
die Winterliche Reise 1996 verteidigt hatte,21
begründete seinen Standpunkt
2002 mit dem von Voltaire gegenüber Rousseau geäußerten Satz: ‚Ich
verabscheue deine Meinung – würde mich aber dafür schlagen, dass du sie
äußern kannst.’22
Wolfram Knorr erläuterte inzwischen den Lesern der Schweizer Weltwoche
Handkes pro-serbische Position damit, dass es zur Methode des
Österreichers gehöre, Trends und Moden zu unterlaufen und immer das
Gegenteil von dem zu machen, was eine Mehrheit gerade vertrete. Damit sei
es Handke als einzigem lebendem Schriftsteller gelungen ein Popstar zu
werden.23
Mit der Behauptung, der Autor drohe das Stück ‚Die Fahrt im
16 „Daß die Serben, seiner ‚verhaspelten’ Aussage zufolge, mehr erlitten als die europäischen
Juden, zeigt den Geisteszustand eines Mannes, der, statt in der Realität, in einem Wahn lebt.“
Günter Kunert, Befördert die Zivilisation die Barbarei? Auf dem Amselfeld kämpft der
Westen auch um die Bewahrung seiner bereits brüchig gewordenen Ideale, in: Die Welt, 1.
April 1999. Hans-Christoph Buch stellte Handke auf eine Stufe mit den pro-faschistischen
Dichtern Ezra Pound und Louis-Ferdinand Celine, vgl. Hans-Christoph Buch, Armer Ritter.
Auf den Spuren von Celine: Der Amoklauf des Peter Handke, in: Tagesspiegel, 8. April 1999. 17 Peter Handke, Die Fahrt im Einbaum oder das Stück zum Film vom Krieg, Frankfurt a.M.
1999. 18 Huala lepo! oder: Handke droht, sein Stück zu stoppen, in: Tagesspiegel, 20. März 1999. 19 Ebd. 20 Lothar Baier, Haut den Handke, in: Wochenzeitung, 25. März 1999. 21 Lothar Baier, Krieg im Kopf. Aufregung um Peter Handkes Reisebericht aus Serbien, in:
Freitag, 2. Februar 1996. 22 So Lothar Baier in einer E-mail an den Verfasser dieser Arbeit, 25. März 2002 (Ausdruck
im Besitz des Verfassers). 23 Knorr zufolge stelle sich Peter Handke zuerst an die Spitze der Trends, um sie dann aus der
Ferne zu konterkarieren. Er zählt dazu Handkes Bekenntnis des ‚Elfenbeinturmbewohners’ in
einer Zeit, in der politisch engagierte Literaten in waren; sein tausendseitiges Werk ‚Mein
Einbaum’ abzusetzen, wenn die Kritik an seiner Position nicht aufhöre, lag
Knorr jedoch falsch.24
Als der Angriff auf Jugoslawien begann, verglich der
Verfasser der ‚Niemandsbucht’ die NATO in einem offenen Brief in der
Belgrader Zeitung Politika am 26. März mit den Marsianern aus Tim
Burtons Filmsatire ‚Mars attacks’.25
Hans Haider missverstand die
Anspielung und fühlte sich stattdessen an Karl Kraus’ Weltuntergangsdrama
‚Die letzten Tage der Menschheit’ erinnert. So kritisierte Haider, dass die
Marsianer von Kraus „einen total anderen, doch einen gerechteren Dienst als
den, den sich heute Handke arrogiert“,26
leisteten. Handke suggeriere nicht
zum ersten Mal, dass die Moral bei den Serben wohne, die Verbrechen bei
den Nichtserben.27
Diese Umkehrung musste angesichts der Verein-
nahmung der Moral durch das nordatlantische Bündnis bei Interventions-
befürwortern geradezu blasphemisch wirken.28
In weiteren Reaktionen
bescheinigte der österreichisch-serbische Literat Milo Dor seinem Kärntner
Kollegen, alles durcheinander zu bringen, da er von Politik nichts verstehe,
und Susan Sontag meinte, Handkes politische Ansichten seien ‚grauenhaft’,
er stehe damit „‚absolut auf der falschen Seite.’“29
Später fügte sie hinzu,
seine Bücher nicht mehr lesen zu wollen.30
Dor hielt auch drei Jahre danach
noch an seiner Einschätzung fest: „Wenn einer sich in einer Sache nicht
auskennt, dann soll er lieber darüber schweigen.“31
Handke wettere immer
wieder gegen die Oberflächlichkeit und Uninformiertheit der Journalisten
und verfalle dabei selbst in den gleichen Fehler.32
Jahr in der Niemandsbucht’ angesichts der Tatsache, dass hauptsächlich nur mehr dünne
Bücher geschrieben wurden; ‚Die Angst des Tormanns beim Elfmeter’ – obwohl nach
landläufiger Meinung der Schütze beim Elfmeter Angst hat und nicht der Torhüter; um in den
Medien zu bleiben, habe er sich schließlich dem Politischen zugewendet und dabei Serbien,
weil der allgemeine Trend gegen das Land war. Wolfram Knorr, Der Gegensurfer. Popikone
Handke, in: Weltwoche, 25. März 1999. 24 Ebd. 25 lm, Die Marsianer, in: FAZ, 27. März 1999. – In ‚Mars attacks’ greifen Marsianer die Erde
an und töten mit den Worten „Wir kommen in Frieden“ wahllos, wer sich ihnen in den Weg
stellt. Anfangs halten die USA und danach die EU dies für ein kulturelles Missverständnis, da
der erste Angriff beim Anblick einer Friedenstaube erfolgte. Sobald sie sich jedoch auf ein
neues Treffen einlassen, morden die Marsianer wieder blindlings. Der Film besticht besonders
durch die Darstellung der empathielosen Angreifer, für die jeder Begriff von Frieden und
Verständigung bloße Rhetorik ist, während die Zerstörung der Erheiterung dient. 26 Hans Haider, Wer zum Mars greift... Das falsche Bild zum Krieg auf dem Balkan, in:
Presse, 29. März 1999. 27 Ebd. 28 Vgl. Nenning, Freitag, 16. April 1999. 29 Aktuell, Handke, in: Kleine Zeitung, 29. März 1999. 30 Vgl. Buch, Tagesspiegel, 8. April 1999. 31 So Milo Dor am 13. April 2002 in einem persönlichen Schreiben an den Verfasser. 32 Ebd.
Doch zurück ins Jahr 1999: Alain Finkielkraut warf Peter Handke im
Corriere della Sera die ‚Verwandlung in ein ideologisches Monster’33
vor,
während der albanische Nationalschriftsteller Ismail Kadare meinte, es sei
immer traurig, „‚wenn einer von uns, ein Autor, vom rechten Weg
abkommt.’“34
Mit für die Handke-Berichterstattung des Magazins nicht
untypischen Invektiven und Verleumdungen wartete derweil Peter Stolle im
Spiegel auf.35
So habe der Schriftsteller „mit heißem Herzen, aber betrüblich
schwach bei Verstand“36
immer wieder Serbien bereist und Widerspruch bei
öffentlichen Diskussionen mit dem Ausspruch „‚Sie können sich Ihre
Leichen in den Arsch stecken’“ beschieden. Wiewohl der Artikel suggeriert,
dass Peter Handke solche Aussagen öfters gemacht hätte, stellt dies nicht
den Höhepunkt an Einseitigkeit dar, auch nicht die Tatsache, dass der Satz
aus dem Zusammenhang gerissen worden war,37
sondern die Verdrehung des
Zitierten.38
Die korrekte Aussage war eine wütende Replik auf die Frage des
News-Journalisten Karl Wendl nach der Betroffenheit Handkes angesichts
der Leiden in Bosnien und lautete wie folgt: „Stecken Sie sich von mir aus
33 Vgl. dpa, Aroma des Krieges. Handke, Grass, Wolf: Die Schriftsteller und der Balkan, in:
Süddeutsche Zeitung, 3./4./5. April 1999. 34 Aktuell, Kleine Zeitung, 29. März 1999. 35 So z.B. in der Rezeption der ‚winterlichen Reise’ 1996, als ein anonymer Polemiker im
Spiegel aus Handkes Interviewzitat, er stelle nicht die Frage, was auf dem Markt von
Sarajevo beim Massaker 1994 geschehen ist, er frage, was dort wirklich passiert sei,
geschlossen hatte, Antworten solcher Art seien „tautologisches Fragegefuchtel, nur scheinbar
am Wirklichen interessiert“. Dichters Winterreise. Peter Handkes Serbien-Reportage und die
Intellektuellen, in: Der Spiegel, 5. Februar 1996. – Handkes Zitat im Interview mit Willi
Winkler lautete hingegen: „Ich stelle nicht in Frage, was dort geschehen ist auf dem Markt
von Sarajevo. Ich stelle die Frage: Was ist da wirklich passiert?“ (Hervorhebungen von mir,
K.G.) Willi Winkler, Ich bin nicht hingegangen, um mitzuhassen. Peter Handke antwortet
seinen Kritikern. Ein Zeit-Gespräch mit Willi Winkler, in: Die Zeit, 2. Februar 1996. 36 Peter Stolle, Maulwerker ahoi. Serbien in Not, Peter Handke in Rage: Gegen Nato und
schurkische Journaille macht der Dichter sein neues Theaterstück zur skandalumraunten
Geheimsache, in: Der Spiegel, 29. März 1999. 37 Peter Handke hatte sich im Wiener Akademietheater über die ihm vorgeworfene mangelnde
Empathie mit den bosnischen Muslimen aufgeregt. „Sie sprechen, als ob Sie der Besitzer der
300.000 Toten wären, als ob Sie der Besitzer des Leides wären. Ihr scheinheiligen Gestalten
tut so, als gehört euch das Leid. Das ist das Schlimmste. Habt ihr es im Grundbuch
eingetragen, das Leid, oder wie? Jammergestalten! [...] Ich rede nicht mit Ihnen, hauen Sie
ab.“ Michael Scharang/Stefan Ripplinger/Peter Handke, Literatur und Lüge. Der Streit um
Peter Handke, in: Wolfgang Schneider (Hg.), Bei Andruck Mord. Die deutsche Propaganda
und der Balkankrieg (konkret texte 12), Hamburg 1997, S. 232-248, S. 247. Später sagte
Handke im Interview, „Einmal im Jahr bin ich halt bereit durchzudrehen. Ich bedaure auch in
keinem Moment meine Ausfälle, die diesmal vor zwei Tagen in Wien passiert sind. Aber das
genügt, das hat sich, ist aufgezeichnet und oft gesendet.“ Vgl. Wolfgang Reiter, Remis nach
dem Heimsieg, in: profil, 25. März 1996. 38 Darauf verwies auch der Literat Michael Scharang, Die Zeit, 15. April 1999.
Ihre Betroffenheit in den Arsch!“39
Weiters bezeichnete Stolle Handkes
Korrektur seines ‚Verhasplers’ über die Juden und die ‚serbische Tragödie
ohne Grund’ als ‚alberne Richtigstellung’, welche ‚die politische Tölpelei
noch peinlicher’ mache. „Denn statt sich mannhaft zu entschuldigen,
verharmloste der Agitator den Blödsinn als ‚Verhaspler’ und gab den
Pressebengels gleich tüchtig eins aufs Dach.“40
Der Streit um Peter Handke zeige, wie sehr auch Intellektuelle die Fassung
verlören, unduldsam gegen abweichende Meinungen würden und um so
lauter tönten, je unsicherer sie seien, notierte Jörg Magenau zutreffend in der
taz am 31. März 1999.41
Ganz in diesem Sinne verkündete der
Generalsekretär des Deutsch-Schweizer PEN-Zentrums, vor dem
Hintergrund des Engagements des PEN für albanische Autoren aus dem
Kosovo spreche „aus Handkes proserbischen Entgleisungen ein besonders
unerträglicher Zynismus“.42
Inzwischen reiste der Kärntner Schriftsteller
tatsächlich Ende März/Anfang April für vier Tage nach Serbien,43
um nach
eigener Aussage die Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren.44
Die Süddeutsche
Zeitung kommentierte die Fahrt unter Berufung auf das Belgrader Blatt
Politika mit den Worten, der Schriftsteller sei hingefahren, um ‚das Aroma
des Landes’ zu riechen. Im Titel wurde daraus schließlich ‚Aroma des
Krieges’.45
Peter Handke bekrittelte dies am 16. April und monierte, er sei
dort gewesen, „‚um das Land zu spüren’“.46
Die FAZ hatte gar „Handke
riecht Lunten“47
getitelt. Explizit distanzierte sich der Schriftsteller von der
propagandistisch anmutenden Formulierung ‚bis zum letzten Serben’ im
Satz, den die Süddeutsche unter Berufung auf das Belgrader Blatt Politika
zitiert hatte: „‚Als ich hörte, daß die Nato-Bombardierungen bis zum letzten
Serben fortgesetzt werden sollen, habe ich mich entschlossen zu kommen
und hier, in Serbien, mit euch zu sein.“48
Handke: „SZ: Es war einmal eine
Zeitung...“49
Zudem dementierte er Berichte, denen zufolge er für seine
Tapferkeit in seinem Engagement gegen den NATO-Krieg zum ‚Serbischen
Ritter’ geschlagen worden sei. Doch damit nicht genug der Aufregung: Nach
39 Scharang/Ripplinger/Handke, Literatur und Lüge, S. 247. 40 Stolle, Der Spiegel, 29. März 1999. 41 Jörg Magenau, Schreiber und Krieger. Warum Intellektuelle manchmal besser schweigen
sollten, weil sie sonst den Verstand verlieren, in: taz, 31. März 1999. 42 dpa, Autoren über Handke und den Tod auf dem Amselfeld, in: Die Welt, 1. April 1999. 43 Vgl. dpa, Aroma des Krieges, Süddeutsche Zeitung, 3./4./5. April 1999. 44 Peter Handke, Slawes Bruder. Ein kurzer Brief zum langen Krieg, in: Süddeutsche Zeitung,
16. April 1999. 45 Vgl. dpa, Aroma des Krieges, Süddeutsche Zeitung, 3./4./5. April 1999. 46 Handke, Süddeutsche Zeitung, 16. April 1999. 47 dpa, Handke riecht Lunten. Der Dichter in Belgrad eingetroffen, in: FAZ, 3. April 1999. 48 Vgl. dpa, Aroma des Krieges Süddeutsche Zeitung, 3./4./5. April 1999. 49 Handke, Süddeutsche Zeitung, 16. April 1999.
seiner Rückkehr gab der Schriftsteller aus Protest gegen die Politik des
transatlantischen Bündnisses den 1973 erhaltenen Büchnerpreis samt
Preisgeld von DM 10.000 zurück.50
Damit, so Kritiker, entferne sich Handke
eigenhändig „aus der Namensnähe des gerechten51
Büchner. Welch eine
Einsicht.“52
Ein Kommentar des Erzbischofs von Cambrai in Le Monde vom
4. April regte den Dichter darüber hinaus dergestalt auf, dass er seinen
Austritt aus der katholischen Kirche bekannt gab, obwohl der Vatikan sich
um die Wiederaufnahme von Verhandlungen mit Jugoslawien bemüht
hatte.53
Neben der Bezeichnung ‚Bruderkrieg’ anstelle von ‚NATO-Überfall’
hatte Handke insbesondere die Aussage gestört, Waffen seien nie eine
Lösung, aber für den Moment sei es dringlich, den Angreifer zu entwaffnen.
Handke: „‚Nie. Doch für den Moment...’“54
Angesichts zunehmender Anfeindungen in den deutschsprachigen Medien
konstatierte Hans-Dieter Schütt am 9. April in der Tageszeitung Neues
Deutschland, es finde „eine feuilletonistische Hinrichtung statt“.55
Dass er
damit nicht so falsch lag, hatte der Autor Hans-Christoph Buch einen Tag
zuvor im Berliner Tagesspiegel gezeigt. Dort reihte er Handke in die Riege
der Faschismus verherrlichenden Dichter Ezra Pound (für Mussolini) und
Louis-Ferdinand Celine (für Hitler) ein.56
Pound-Celine-Handke – angesichts
der westlichen Propaganda (Mussolini)-Hitler-Milošević ein
nachvollziehbarer, wenngleich insbesondere für einen Intellektuellen
fragwürdiger Vergleich. Bei beiden Dichtern sei ebenso wie bei Handke das
politische nicht vom ästhetischen Engagement zu trennen, also von
literarischen Positionen, welche sie unter Beifall der Kritik bereits früher
vertreten hatten.57
Celines Verleger wurde schließlich als Kollaborateur
50 Hubert Spiegel, Zehntausend Mark. Peter Handke gibt den Büchner-Preis zurück, in: FAZ,
8. April 1999. 51 Assheuer vergisst hierbei, dass Büchner Zeit seines kurzen Lebens ein Rebell gegen die
herrschende Ordnung war, was dem damaligen Establishment keineswegs als ‚gerecht’
erschien. Dieses Adjektiv erhielt Büchner erst postum. ‚Gerechtigkeit’ ist nicht bloß
subjektiv, sie hängt auch mit den Idealen der jeweiligen Zeit zusammen. 52 Thomas Assheuer, Irrfahrt im Einbaum. Peter Handkes neues Stück ist erschienen: Trägt
der Westen die Schuld am Balkankrieg?, in: Die Zeit, 29. April 1999. 53 Klaus Brill, Offensive des Vatikans für Frieden in Jugoslawien. Päpstliche Gesandte
bemühen sich seit Tagen um Vermittlung/Hilfe für die Flüchtlinge, in: Süddeutsche Zeitung,
1. April 1999. 54 red, Peter Handkes Konsequenz: Kirchenaustritt, Preisrückgabe, in: Der Standard, 8. April
1999. 55 Hans-Dieter Schütt, Kein Bewohner des Elfenbeinturms mehr. Der Fall Peter Handke und
die neue Engstirnigkeit, in: Neues Deutschland, 9. April 1999. 56 Buch, Tagesspiegel, 8. April 1999. 57 Ebd.
hingerichtet58
und Pound bekanntlich von den Alliierten in Pisa in einen
Käfig gesperrt. Handke hinter Gitter? Zumindest intellektuell:
„Pound, Celine, Handke – ein schlimmes Trio, drei außerordentliche Fälle
von Verbohrtheit und Verblendung. Drei Beispiele dichterischer
Ahnungslosigkeit, die im Umfeld von Faschismus, Antisemitismus,
Völkermord enden.“59
Den Faschismusvergleichen zum Trotz nahm der Verleger Michael Krüger
den Österreicher gegen die „Mischung aus Haß und Hohn“60
am selben Tag
in der Süddeutschen Zeitung in Schutz, wobei er sich gleichzeitig in aller
Deutlichkeit von Milošević distanzierte. Zu den Interventionsbefürwortern
bemerkte Krüger: „Jetzt haben wir Bürgerkrieg und europäischen Krieg, und
die französischen Philosophen der Generation Handkes sind begeistert.“61
Es
folgten weitere Solidaritätsbekundungen für den Kärntner Dichter: Der 1941
geborene österreichische Autor Michael Scharang, der schon 1972 einen
Band über seinen Landsmann herausgegeben und dessen Werk auch in der
Debatte um ‚Gerechtigkeit für Serbien’ 1996 verteidigt hatte,62
äußerte die
Befürchtung, die Attacken auf den Autor zielten in Wirklichkeit auf sein
Werk ab.63
Martin Walser kritisierte, der Kärntner Schriftsteller werde seit
der Rückgabe des Büchnerpreises moralisch, politisch und professionell
unglaublich disqualifiziert. „Daran bemerke ich eine Kriegsstimmung, die
mich ein bißchen erschrecken läßt.’“64
Für Handke äußerte sich auch der
Schauspieler Josef ‚Sepp’ Bierbichler in einem offenen Brief in der Zeit.65
Inzwischen publizierte der Maler und Dichter Herbert Achternbusch in
seinem Band ‚Weiße Flecken’ ein Gemälde mit dem Titel ‚Handke in
Fäulnis’. Achternbusch bezeichnete den Dichter als ‚ausgemachten
Dummkopf’, nicht, „‚weil er dumm wäre, nein, weil er mit seiner Klugheit
solche Dummheiten verbreitet wie die zu Serbien.’“66
Der österreichische
Literat Günther Nenning meinte hingegen, Handke habe die Trennung
zwischen fortschrittlichem Westen und serbischer Barbarei, die auch eine
moralische in Gut und Böse war, durch seine Parteinahme für Serbien
aufgehoben und das Land damit ‚europakompatibel’ gemacht. Trotzdem sei
58 Ebd. 59 Fritz Göttler, Bagatellen zum Massaker. Der Dichter Handke, die serbische Sache und der
Büchnerpreis, in: Süddeutsche Zeitung, 9. April 1999. 60 Krüger, Süddeutsche Zeitung, 9. April 1999. 61 Ebd. 62 Michael Scharang, Erfahrung schrecklicher Fremdheit, in: Der Standard, 24. Januar 1996. 63 Scharang, Die Zeit, 15. April 1999. 64 dpa, Aktionen gegen Hilflosigkeit. Walser verteidigt Handke, Loest schlägt Kriegskongreß
der Schriftsteller vor, in: Neues Deutschland, 17./18. April 1999. 65 Bierbichler, Die Zeit, 15. April 1999. 66 SZ, Handke in Fäulnis, in: Süddeutsche Zeitung, 15. April 1999.
die pro-serbische Parteinahme letztlich ‚absurd’ und für ‚die falsche Seite’.67
Der slowenische Philosoph und Psychoanalytiker Slavoj Zizek bezeichnete
Handkes Haltung schließlich als ‚verkehrten Rassismus’, da sich der
Schriftsteller nicht mit dem gegenwärtigen Serbien, sondern mit „einem
konstruierten Objekt von zweideutigem Haß und Faszination“68
identifiziere.
Dem Schweizer Literaten Jürg Laederach ging die Opposition indes nicht
weit genug. Er warf insbesondere den Suhrkamp-Autoren vor, durch ihr
Schweigen dem Kärntner Dichter „direkt und indirekt“69
verpflichtet zu sein.
Der Österreicher, seit ‚Gerechtigkeit für Serbien’ nicht mehr nur
Schriftsteller, sondern eine Partei, ein Guru und Scientologe,70
habe noch
während des Goethe-Jahrs erfolgreicher „das Handke-Jahr ausgerufen“,71
meinte Laederach, der nach eigenen Angaben 1996 aufgrund des Streits um
‚Gerechtigkeit für Serbien’, das er in die Nähe neonazistischer Propaganda
gerückt hatte, den Suhrkamp-Verlag verlassen hatte.72
Inzwischen brach Peter Handke erneut zu einer Jugoslawien-Fahrt mit dem
Ziel Pristina auf.73
Währenddessen bescheinigte Thomas Assheuer in einer
Rezension des jüngsten Werks, Handkes Dichtung kenne nur „Krieg oder
Frieden, das Reine oder das Unreine, den Haß oder die Liebe“.74
Dieser
Traum besitze allenfalls in der Literatur sein natürliches Recht, denn: „Wer
über den Krieg ein Märchen schreibt, betreibt eine Strategie des
Vergessens.“75
Der Kosovo-Beauftragte der EU Wolfgang Petritsch meinte
diesbezüglich, ‚Die Fahrt im Einbaum’ erscheine ihm als eine ‚rückwärts
67 Nenning, Freitag, 16. April 1999. 68 Taschwer, taz, 16. April 1999. 69 Laederach, Weltwoche, 22. April 1999. 70 Skandal mit Wirkungsästhetik. Laederach verläßt Suhrkamp wegen Handke, in: Frankfurter
Rundschau, 7. Februar 1996. 71 Laederach, Weltwoche, 22. April 1999. 72 Laederach verlässt Suhrkamp, in: Tages Anzeiger, 7. Februar 1996. 73 dpa, Wieder unterwegs. Peter Handke fährt nach Pristina, in: Süddeutsche Zeitung, 22.
April 1999. – Zur lange vor dem Krieg geplanten einwöchigen Fahrt durch Slowenien,
Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Jugoslawien (allerdings ohne Kosovo, da dies die
serbischen Behörden verhinderten) vgl. Thomas Deichmann, ‚Warum war Columbus so
neugierig?’ Eine Reise mit Peter Handke in den Krieg nach Jugoslawien, in: profil, 31. Mai
1999. – Diese Reiseaufzeichnung inspirierte die österreichische Wochenzeitung Falter zu
einer stellenweise diskreditierenden Parodie. Vgl. Reportage: Exklusiv im ‚Falter’: Der von
den Medien bislang totgeschwiegene Kfz-Mechaniker Alois Oblatnig berichtet von der
Serbien-Reise an der Seite Peter Handkes, von den berüchtigten Wutanfällen des Dichters und
davon, was sich im Stammlokal von Roter Stern Belgrad tatsächlich zutrug, in: Falter, 11.
Juni 1999. Als Buch veröffentlicht wurden Handkes Jugoslawien-Reisen nachträglich unter
Peter Handke, Unter Tränen fragend. Nachträgliche Aufzeichnungen von zwei Jugoslawien-
Durchquerungen im Krieg, März und April 1999, Frankfurt a.M. 2000. 74 Assheuer, Die Zeit, 29. April 1999. 75 Ebd.
gewandte Utopie’, die Sicht des Autors, der ins ‚banal Polemische’ abgleite,
sei „‚ziemlich oberflächlich’“.76
Inzwischen wurden dem Schriftsteller
angesichts der aktuellen Thematik PR-Zwecke unterstellt,77
da sein Stück
vor der Uraufführung in Wien bereits als Buch bei Suhrkamp erschienen
war. Die Verlagsankündigung war jedoch Monate vor Kriegsbeginn
erfolgt.78
Interventionsbefürworter Salman Rushdie plädierte schließlich
dafür, Handke zusammen mit Charlton Heston79
in die engere Auswahl der
‚Wirrköpfe des Jahres’ zu berufen. Man könne die Situation wohl mit
gemischten Gefühlen betrachten, dies sei aber alles andere „als Handkes halb
törichte, halb zynische Komplizenschaft mit dem Bösen“.80
Der Genannte
zweifelte inzwischen im österreichischen Magazin News Flüchtlingsberichte
von Massenvergewaltigungen und Massenvertreibungen an:
„Ich höre immer von Massenvergewaltigungen und Vertreibungen, und es
steht auch immer: Wir können das zwar nicht beweisen, aber es wird sicher
bewiesen werden. Ich habe da ein sprachkritisches Formbewußtsein, das mir
sagt: Etwas ist falsch.“81
Weitere Äußerungen, die ihn ins Kreuzfeuer der Kritik brachten, waren:
„Der amerikanische Dreckskerl, der englische Kunstturner, alle diese
Verbrechertypen [...] die Pfeifen und Verbrecher [...] Genauso verlogen,
brutal und schmutzig, wie die Deutschen den Zweiten Weltkrieg vom Zaun
gebrochen haben, ist die Nato gegen Jugoslawien vorgegangen. Schon der
Sprachgebrauch! ‚Krieg im Kosovo’, da könnte ich schon meinen
Kugelschreiber entsichern. Für mich heißt das ‚Der Krieg gegen
Jugoslawien’. [...] Für mich ist das Weiße Haus nicht mehr das Weiße Haus,
sondern das Herz der Finsternis, und ich schlage vor, das Oval Office zur
Bombenform zu verlängern.“82
Die Presse differenzierte nun noch seltener – die dargebotene Angriffsfläche
war wohl zu verlockend, wie das Zitat über Journalisten zeigt:
„Ich sehe bei diesen Typen seit langem keine Arbeit mehr. [...] Ist Killen
denn eine Arbeit? Diese Zeitungsratten verdienen mit ihrer Nichtarbeit, mit
ihren Fertigsätzen und Fertigbildern ein Heidengeld. Für diese mechanische
76 dpa, Herbe Verrisse für Handkes Thesen zum Krieg, in: Die Welt, 11. Mai 1999. 77 U.a. Knorr, Weltwoche, 25. März 1999 sowie Nenning, Freitag, 16. April 1999. 78 So Peter Handke im Interview mit Heinz Sichrovsky, ‚Es ist etwas so Schmutziges passiert
wie seit Hitler nicht mehr.’ Interview mit Peter Handke, in: News, 11. Mai 1999. 79 Der Filmschauspieler Heston, Präsident der US-amerikanischen Waffenvereinigung
National Rifle Association, hatte als Reaktion auf den Amoklauf an der Columbine-
Highschool in Littelton, bei der am 20. April 1999 zwei Schüler mehrere Mitschüler und
Lehrer und anschließend sich selbst getötet hatten, für eine Bewaffnung der Lehrer plädiert. 80 Rushdie, Die Welt, 12. Mai 1999. 81 Sichrovsky, News, 11. Mai 1999. 82 Ebd.
Killerei und Schweinerei bekommen sie auch noch eine Pension. Unter den
tausend Skandalen ist das einer der schlimmsten.“83
Der unmittelbar darauf folgende Satz fand allerdings keine Erwähnung:
„Andererseits habe ich gerade in ‚Le Monde’ gelesen, daß sich jetzt viele
Fotojournalisten weigern, in diese Flüchtlingsbilder zu fotografieren. Sie
fotografieren lieber die Fotografen, die in Großaufnahme in diese seltsame
Mischung aus Erschöpfung und Verzweiflung hineinfotografieren.“84
Dass Handke im selben Interview auch den auf Kosovo-Flüchtlinge und
Vertriebene angewendeten Begriff ‚Deportierte’ als „eine Entwertung des
Judenelends“85
kritisiert hatte, wurde ebenfalls nicht berücksichtigt, im
Gegenteil: Hans Rauscher warf dem „Wiederholungstäter gegen humanes
Denken“86
paradoxerweise vor, das Niveau von Holocaust-Verharmlosern
oder „die moralisch-intellektuelle Verrottung jener Intellektuellen, die Stalin
und Mao für die Schaffung eines ‚neuen Menschen’ priesen“,87
erreicht zu
haben. Davon unbeeindruckt behauptete Handke am 15./16. Mai im
Interview mit Willi Winkler, die NATO habe entgegen ihrer angeblichen
Ziele „ein neues Auschwitz erreicht“.88
Von Winkler, „handzahm, wie es
sonst nicht seine Art ist“,89
darauf hingewiesen, dass Auschwitz doch etwas
anderes sei, meinte der Dichter: „Damals waren es Gashähne und
Genickschußkammern; heute sind es Computer-Killer aus 5000 Meter
Höhe.“90
Damit drehte der Schriftsteller „den Spieß der offiziellen
Rechtfertigungen für die Bombenangriffe um“.91
Unter „den gesetzmäßig
verunglückenden Auschwitz-Vergleichen ist dies wohl einer der
verrücktesten“,92
meinte dazu Peter Schneider, der schon in der Debatte um
‚Gerechtigkeit für Serbien’ als vehementer Kritiker93
aufgetreten war.
Handke griff im Interview auch Jürgen Habermas an, der in seinem Essay in
83 Ebd. 84 Ebd. 85 Ebd. 86 Hans Rauscher, Peter Handkes moralischer Zerfall, in: Der Standard, 14. Mai 1999. 87 Ebd. 88 Winkler, Süddeutsche Zeitung, 15./16. Mai 1999. 89 Wolfram Schütte, Gashähne, in: Frankfurter Rundschau, 18. Mai 1999. 90 Winkler, Süddeutsche Zeitung, 15./16. Mai 1999. Diese Formulierung wurde in der
Frankfurter Rundschau heftig kritisiert: „Wer Auschwitz mit Gashähnen und
Genickschusskammern assoziiert, hat seine Imaginationsfähigkeit verloren [Hervorhebungen
im Original]“, so Wolfram Schütte, Frankfurter Rundschau, 18. Mai 1999. 91 Bernd Reinhardt, Der Schriftsteller Peter Handke, die öffentliche Meinung und der Krieg in
Jugoslawien, in: World Socialist Website, Juli 1999, zit. nach
www.wsws.org/de/1999/jul1999/hand-j22.shtml, update 30. August 2008. 92 Schneider, ‚Ich kann über Leichen gehen, ihr könnt es nicht’, S. 227. 93 Vgl. Peter Schneider, Der Ritt über den Balkan, in: Der Spiegel, 15. Januar 1996.
der Zeit die Intervention verteidigt hatte.94
Recht als Gegenteil von Willkür
müsse Recht bleiben, denn Moral, so der Dichter, sei für ihn in diesem Krieg
zu einem anderen Wort für Willkür geworden. Mit seiner Formulierung, fast
alle Menschen in Serbien, im Kosovo, in Montenegro seien „so unschuldig,
wie hier auf dem Kriegs- und Feindesplaneten fast alle schuldig sind, finster-
ahnungslos schuldig“,95
setzte er sich weiteren Angriffen aus, auch wenn er
betonte, „mit dem serbischen Volk, nicht mit Milošević“96
zu sein. Seine
Teilnahme am Begräbnis des ehemaligen jugoslawischen Staatschefs 2006
offenbarte später eine Veränderung im Standpunkt des Schriftstellers. Oder
war der Kern dazu schon während der Luftangriffe 1999 entstanden? „Was
hätte ein anderer Präsident Serbiens im Interesse Jugoslawiens anders
machen können als Milošević?“,97
fragte Handke nämlich angesichts der
Feststellung, dass ‚die Serben’ als einziges Volk durch den Zerfall
Jugoslawiens nur verlieren konnten. Diese Aussage kommentierte Reinhard
Mohr 1999 im Spiegel damit, der Schriftsteller adle „den Faschisten
Milošević zum Vorkämpfer der Menschheit“.98
Unseriöse wie politisch
korrekte Äußerungen dieser Art brachten den Dichter auf die Palme. Im
ORF-Interview sagte er am 10. Dezember 2007 rückblickend:
„So leid es mir tut, ich hatte und ich habe keine Meinung zu Slobodan
Milošević. Aber es ist mir unerträglich, wie man, vor allem kurz nach
seinem Tod, über ihn geredet hat. ‚Der Schlächter vom Balkan’, der ‚Kriege
angezettelt’ hat! Der ‚blutrünstige Killer’ [...] Milošević war nicht
Ceausescu, er war nicht Hitler. Ich weiß nicht, was er war. Es wäre wichtig
für den Frieden, zu wissen, wer er wirklich war.“99
Seine Beweggründe, dem Begräbnis des letzten jugoslawischen Präsidenten
beizuwohnen, erklärte er folgendermaßen: „Ich bin als privater Mensch
hingegangen. [...] Ich war auf eine Weise Trauergast für das gestorbene
Jugoslawien“.100
Aufschlussreiches liefert ein weiterer Satz aus demselben
Interview. Zur Arbeit an literarischen Texten sagte Handke nämlich, es sei
wichtig, „falsch anzufangen und richtig aufzuhören. Hätte ich immer richtig
angefangen, hätte ich nichts entdeckt“.101
Selbiges lässt sich für viele
94 Jürgen Habermas, Bestialität und Humanität. Ein Krieg an der Grenze zwischen Recht und
Moral, in: Die Zeit 18, 29. April 1999. 95 Winkler, Süddeutsche Zeitung, 15./16. Mai 1999. 96 Ebd. 97 Ebd. 98 Mohr, Der Spiegel 21, 24. Mai 1999. 99 Claus Philipp, ‚Instrumentalisiert wurde ich ja wohl eher von den West-Medien’, in: Der
Standard, 10.-12. Juni 2006. 100 ORF-Interview mit Peter Handke zu seinem 65. Geburtstags, ausgestrahlt am 10.
Dezember 2007 um 22:30 Uhr. 101 Ebd.
Kritiker nicht behaupten, die seiner Forderung nach Sprachreflexion – „Die
meisten Journalisten und Politiker sind ohne Sprachgewissen, und eine
ärgere Gewissenlosigkeit gibt es nicht.“102
– verständnislos gegenüber-
standen. Vor diesem Hintergrund wird Handkes Angriff auf Hans Magnus
Enzensberger, der eine Bewaffnung der UCK gefordert hatte,
nachvollziehbar: „Der weiß immer, wo’s lang geht, ein grinsender
höhnischer Zuschauer, der menschgewordene Hohn“.103
Und auf Daniel J.
Goldhagens Forderung nach Besiegen, Besetzen und Umerziehen von
Serbien meinte Handke in neuerlicher Anspielung auf ‚Mars Attacks’:
„Seit Vietnam werden die Amerikaner nur noch zum Beten, Boomen und
Bomben erzogen. Seitdem sind die Marsmenschen da, und sie tragen eine
Clinton-Maske. Serbien umerziehen? Nein, Amerika umerziehen, samt
seinem Vorsteher und dem Pimpf Goldhagen.“104
Kann man dem österreichischen Dichter in seiner Bildkritik oder seiner
Skepsis gegen die Vermarktung von Flüchtlingsbildern folgen, so ist seine
am Schluss des Interviews getätigte Aussage, dass der sichtbare Krieg im
Kosovo durch den Einbruch des UCK-Terrors in die Städte Ende 1998
begann, aufgrund der Faktenlage nicht zutreffend.
Während Handkes ehemalige Lebensgefährtin Marie Colbin die Debatte
inzwischen zur persönlichen Abrechnung – der Schriftsteller sei kein Mann
des Friedens, sondern ein „‚Ideologe des modernen Balkanfaschismus’“105
–
nutzte,106
suchten andere Antworten in der Kunst.107
Der bukolische Blick
habe nicht unmittelbar „mit einer jugoslawischen Verblendung zu tun“,108
er
sei vielmehr Bestandteil der poetischen Methode, meinte Wolfgang Reiter
im österreichischen Magazin profil. Und der Schriftsteller Michael Amon
verlautbarte im österreichischen Standard, das ganze literarische Werk drehe
102 Winkler, Süddeutsche Zeitung, 15./16. Mai 1999. 103 Ebd. 104 Ebd. 105 SN/apa, ‚Du bist kein Mann des Friedens!’. Marie Colbin beglich mit dem einstigen
Gefährten Peter Handke jetzt eine offene Rechnung aus dem Rosenkrieg, in: Salzburger
Nachrichten, 22. Mai 1999. U.a. warf Colbin, die sich selbst als Pazifistin bezeichnet, ihrem
langjährigen Lebensgefährten in einem offenen Brief vor, sie zu Boden gestoßen, in den
Unterleib getreten und ins Gesicht geschlagen zu haben. 106 Zur Thematik vgl. Isolde Schaad, Ein Fleck, der nicht ausgeht. Über das Frauenbild bei
Peter Handke, in: Text und Kritik 24 Peter Handke, Juni 1999, S. 100-109. 107 Zur Handkes Erzählweise vor allem in „den Reisemärchen und herausgestülpten
Wunschromanen“, vgl. Hugo Dittberner, Der heroische Kampf um die Erzählung.
Anmerkungen zum gegenwärtigen Peter Handke, in: Text und Kritik 24 Peter Handke, Juni
1999, S. 28-37 (Zitat aus S. 34); Weiters Alexandra M. Kedves, ‚Sie erzählten einander
namenlos’. Peter Handkes Erzählen als präsentische Allegorie, in: Text und Kritik 24 (Peter
Handke), Juni 1999, S, 80-91. 108 Wolfgang Reiter, Der Unvernünftige stirbt nicht aus, in: profil, 31. Mai 1999.
sich nicht um Realität, sondern um die Selbstwahrnehmung des Autors.
Deshalb sei es falsch, wie Hans Rauscher zu unterstellen, Handke wolle ‚das
Unleugbare leugnen’,109
vielmehr sei er seiner eigenen, ‚offenbar falschen’
Theorie über Literatur und Wirklichkeit auf den Leim gegangen, nämlich
„daß sich die Wirklichkeit nicht an seinem Werk orientiert“.110
Während
Marcel Reich-Ranicki angesichts der wütenden Medienschelte den
Gesundheitszustand des Dichters anzweifelte und ihm empfahl, „‚sich
möglichst schnell in die Obhut eines Sanatoriums zu begeben’“,111
konstatierte Reiter, der Schriftsteller sei nicht nur „seiner poetischen
Methode, dem reflexiv subjektivistischen Zugang zu einem Thema, auch in
Kriegszeiten“112
treu geblieben, sondern auch seinen Eskapaden. Der jäh
aufbrausende Charakter sei nichts anderes als die Kehrseite von Handkes
ruhiger, weltabgewandter Beobachtungsgabe. Das Magazin unterstrich diese
These, indem es unter dem Titel ‚Der Publikumsbeschimpfer’ ‚Die kurze
Chronik der Handkeschen Eskapaden’ abdruckte.113
Etwas überraschend wartete gegen Kriegsende die FAZ mit versöhnlichen
Tönen auf. Thomas Wirtz meinte unter Bezugnahme auf Handkes
Interviewzitat „Man sagt immer, das erste Opfer des Krieges sei die
Wahrheit. Für mich ist immer eins der ersten Opfer die Sprache“,114
so
trauere ein Dichter. Die NATO-Sprache habe für den Schriftsteller nicht
zuerst das politische, sondern das poetische Wort beschmutzt, und das
Serbien, von dem der Kärntner Autor spreche, sei seine literarische
Erfindung.115
Wirtz’ Einschätzung wird vom Interviewzitat des
Schriftstellers im Juni 2006 gestützt, derzufolge ein Grundantrieb seines
Engagements für Serbien die Sprache der Medien sei.116
Handkes
„bürgerlicher Selbstmordversuch vor laufenden Mikrophonen“117
verdiene
Respekt, meinte Wirtz 1999, weil er mit dem Übertritt in die Unbelang-
109 Rauscher, Der Standard, 14. Mai 1999. 110 Michael Amon, Ein Autist, kein Kriegstreiber. Peter Handkes Ansichten künden von
einem radikalen Subjektivismus, in: Der Standard, 28. Mai 1999. 111 Reiter, profil, 31. Mai 1999. – Reich-Ranickis Aussage verwundert angesichts des seit
Jahren angespannten Verhältnisses zwischen dem Kritiker und dem Dichter nicht. 112 Ebd. 113 Ebd. 114 Winkler, Süddeutsche Zeitung, 15./16. Mai 1999. – Zum bewussten Umgang mit Sprache
vgl. die Dankesrede des Übersetzers und Herausgebers Peter Urban beim Festakt zum Leipzi-
ger Buchpreis 2000, Peter Urban, Verständigung braucht Sprache, in: Freitag, 31. März 2000. 115 Thomas Wirtz, Der andere Krieg. Ein Friedensangebot an Peter Handke, in: FAZ, 5. Juni
1999. 116 Vgl. Martin Meyer/Andreas Breitenstein, Der lange Abschied von Jugoslawien. Peter
Handke über den Untergang des Vielvölkerstaates und seine umstrittene Parteinahme für
Serbien, in: Neue Zürcher Zeitung, 17./18. Juni 2006. 117 Wirtz, FAZ, 5. Juni 1999.
barkeit, „den vielleicht einzig wahren poetischen Zustand“,118
ernst mache.
Wirtz zufolge entsprach der Dämonisierung Miloševićs „die reflexhafte
Verurteilung von Peter Handke“,119
der, gäbe es einen Internationalen
Gerichtshof in der Literatur, kaum auf einen fairen Prozess hätte hoffen
können. Diesem Verdikt entsprach weiterhin der Spiegel, wenngleich Volker
Hage immerhin den Versuch unternahm, Werk und Äußerungen des Autors
getrennt zu bewerten.120
Die taz kritisierte ebenfalls am 7. Juni Handkes
Bericht seiner jugoslawischen Karwochenreise, welcher in der Wochenend-
beilage vom 29./30. Mai in der Süddeutschen Zeitung erschienen war. Die
unterschiedliche Beschreibung beispielsweise eines serbischen Botschafts-
angestellten mit Attributen und Nebensätzen im Vergleich zu den
Namenskürzeln westlicher Diplomaten, die Anführungszeichen beim Begriff
‚Vertreibungen’ im Kosovo, aber auch die Unterscheidung zwischen Serben
als Jugoslawen und Albanern als ‚Bewohner des Kosovo’ lasse keine andere
Schlussfolgerung zu, als dass der Reisebericht selbst zur Propaganda
verkommen sei.121
Jörg Lau meinte unter Anspielung auf die Verwendung
der „andersgelben Nudelnestern oder –kronen“122
aus ‚Gerechtigkeit für
Serbien’, der ganze Text sei „Selbstzitat und Selbstbestätigung“.123
Der
Dichter habe bloß Menschen getroffen, die ihn in seiner Meinung bestärkten.
Norbert Mappes-Niediek konstatierte, die Parteinahme für die serbische
Seite sei die Trauer „über die Zerstörung von Menschen, auch über den
Zerfall Jugoslawiens. [...] Politisch aber ist Handke ein Idiot“.124
Dies zeige
sich in den Irrtümern des Dichters, der übersehe, dass die Verwestlichung
auch in Belgrad nur eine Frage materiellen Wohlstandes sei. „Fuhr Arkan
einen Zastawa?“125
Handke habe bloß die eigene Kulturkritik auf ein anderes
Volk projiziert. Diese Sehnsucht nach vorkapitalistischer Idylle war dem
Schriftsteller bereits im Streit um ‚Gerechtigkeit für Serbien’ bescheinigt
118 Ebd. 119 Ebd. 120 Volker Hage, Das Zittern des Grobians. Pünktlich zur Premiere seines neuen Theaterstücks
über Jugoslawien, Journalismus und Krieg meldet sich Peter Handke erneut eifernd zu Wort,
in: Der Spiegel, 7. Juni 1999. 121 Unterm Strich, in: taz, 7. Juni 1999. 122 Handke, Winterliche Reise, S. 71. 123 Jörg Lau, Ein lieber Gast. Peter Handke findet in Serbien andersgelbe Nudelnester und
redet seinen Freunden nach dem Mund, in: Die Zeit, 10. Juni 1999. 124 Norbert Mappes-Niediek, Mit dem Blick eines serbischen Papalagi. Peter Handkes neuer
Roman ‚Unter Tränen fragend’ über den Krieg auf dem Balkan krankt an seiner Parteinahme
für die ‚serbische Sache’, in: Freitag, 5. März 2000. 125 Ebd.
worden.126
Iris Radisch hatte Ende April in der Zeit bemerkt, Handkes
Provokation bestehe vor allem darin, dass er die alte überlegene Geltung des
literarischen Erzählens zurückfordere „und dieses hochfahrende ästhetische
Programm auf eine Kriegswirklichkeit“127
übertrage. Dem Politikwissen-
schaftler und Friedensforscher Theodor Ebert zufolge war es hingegen das
Ziel des Autors, in seinen Reiseberichten „die Feindbilder, die von Serbien
und den Serben existieren, aufzulösen. [...] Ihn interessieren in erster Linie
Land und Leute, weil diese letzten Endes auch Träger einer neuen
Friedenspolitik sein müssten.“128
Handkes poetische Methode bestehe nicht
aus Thesen oder Antithesen, sondern in der Suche nach dem Dritten, dem
Versöhnenden.129
Schon in der ‚winterlichen Reise’ beruft sich der
Schriftsteller auf „das Verbindende, das Umfassende – den Anstoß zum
gemeinsamen Erinnern, als der einzigen Versöhnungsmöglichkeit, für die
zweite, die gemeinsame Kindheit“.130
Einem Konflikt könne man, so Ebert,
allerdings nicht mit der poetischen Methode allein ‚gerecht’ werden, sondern
müsse ebenso das politische System analysieren.131
Mit dem Ende der Luftangriffe wurde es auch um den österreichischen Autor
ruhiger. Zwar berichtete Handke 2002 für die Süddeutsche Zeitung über den
Milošević-Prozess in Den Haag,132
doch so richtig tauchten die alten
Vorwürfe erst aufgrund der geplanten Verleihung des Heine-Preises 2006
wieder auf. Die Düsseldorfer Lokalpolitikerin Marie-Agnes Strack-
Zimmermann (FDP) unterstellte dem Dichter, „‚Mord, Vertreibung,
Massenfolter und Vergewaltigung’“133
relativiert zu haben. Und während
Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) für die Verleihung
des Heine-Preises an Peter Handke eingetreten war, opponierte sein
Parteikollege Jürgen Rüttgers, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident,
dagegen mit der Behauptung: „Die Landesregierung ist der Meinung, dass
126 Vgl. Kurt Gritsch, Eine Frage des Blickpunkts? Peter Handkes ‚Gerechtigkeit für Serbien’
in der Rezeption deutschsprachiger Printmedien, in: Zeitgeschichte Januar/Februar 2003, Heft
1, S. 3-18. 127 Iris Radisch, Peter Handkes Unfall. Wie der Dichter eine geopolitische Ästhetik suchte
und sich in Serbien verirrte, in: Die Zeit, 27. April 2000. 128 Theodor Ebert, Die poetische Methode und ihre Grenzen – oder Peter Handkes
Reiseberichte aus Jugoslawien als Friedenstexte, in: Ulrich Albrecht/Jörg Becker (Hg.),
Medien zwischen Krieg und Frieden (Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft für Friedens-
und Konfliktforschung e.V. 29), Baden-Baden 2002, S. 247-266, S. 250. 129 Ebd., S. 254. 130 Handke, Winterliche Reise, S. 133. 131 Ebert, Die poetische Methode und ihre Grenzen, S. 256. 132 Peter Handke, ‚Und wer nimmt mir mein Vorurteil?’, in: Süddeutsche Zeitung Magazin
40, 4. Oktober 2002, S. 8-32. 133 Thomas Steinfeld, Handke und kein Preis. Die Selbstinszenierung der üblen Nachrede, in:
Süddeutsche Zeitung, 31. Mai 2006.
für den Heine-Preis nicht preiswürdig ist, wer den Holocaust relativiert“.134
Dazu passend rief der ‚neue Philosoph’ Bernard-Henry Levy den
‚Verhaspler’ über die Juden und die Kategorien von 1999 in Erinnerung, um
seiner Empörung Nachdruck zu verleihen. „So kommt einiges zusammen:
fehlende Sachkenntnis, Mangel an Anstand und Urteilsvermögen,
Opportunismus“,135
fasste Thomas Steinfeld, Literaturchef der Süddeutschen
Zeitung, die Vorwürfe zusammen. Handkes Richtigstellungen waren bei
seinen Kritikern schon früher auf taube Ohren gestoßen,136
2006 war dies
nicht anders.137
Im Gegensatz zur Süddeutschen hatte die FAZ wenig
überraschend die beschlossene Vergabe des Preises als „unerhört“138
kritisiert. Marcel Reich-Ranicki nannte den Beschluss der Düsseldorfer Jury
„‚eine empörende Beleidigung und Verhöhnung des Dichters Heine’“.139
Alice Schwarzer hingegen meinte, Handkes Mut hätte Heine „‚vermutlich
imponiert’“.140
Der Schriftsteller selbst fügte die Bitte an, man möge seine
Schriften zu Jugoslawien sorgfältig lesen. Dann würde man auch, so Thomas
Steinfeld, darin ‚viel Dichtung’ und ‚auch viel Wahres’ finden. Allerdings
würden Handkes Texte und Gesten dann kritikwürdig, „wenn sich in ihnen
in die Zuneigung zu den Serben und ihrem Land eine, wenn auch subjektiv
vorgetragene Treue zum serbischen Staat und zur Politik der Jahre von 1990
bis 2000 mischt“.141
Abzulehnen sei aber der als gängiges Credo über
Handke kursierende „faule Kompromiss“,142
der zwischen dem Werk und
den politischen Äußerungen des Dichters trenne. Mit der Anschauung, der
134 dpa, Rüttgers kritisiert Handke, in: taz, 1. Juni 2006. 135 Steinfeld, Süddeutsche Zeitung, 31. Mai 2006. 136 So z.B. ARD-Balkan-Korrespondent Detlef Kleinert, der Bezug nehmend auf seine Kritik
an ‚Gerechtigkeit für Serbien’ (vgl. Detlef Kleinert, Billig und infam. Wider die
Verharmlosung – Antwort auf Peter Handkes Journalistenschelte, in: Das Sonntagsblatt, 19.
Januar 1996) fünf Jahre später sagte: „Ich habe doch recht konziliant versucht, die Dinge
wieder einigermaßen zurechtzurücken. Wenn ich gewusst hätte, wie Herr Handke reagiert,
hätte ich meine Kritik weit schärfer formuliert.“ (12. Februar 2001, 9 Uhr 30, Zeitungsarchiv
Innsbruck, Telefongespräch mit dem Verfasser). Dies tat Kleinert dann in seinen Antworten
auf meinen Fragebogen am 13. September 2001, wobei er sich als ungenauer Leser erwies:
„Nach ‚Gerechtigkeit’ und den primitiven Beschimpfungen kritischer Frager ist H. für mich
als Intellektueller nicht mehr existent. [...] Die Balkan-Pamphlete Hs. haben mit Literatur
absolut nichts zu tun. [...] Die kritiklose Wiedergabe der Propaganda der Diktatur Miloševićs
mach ernsthafte Auseinandersetzung mit H. unmöglich. [...] H. hatte Scheuklappen auf – und
er hat sie wohl noch immer.“ Brief im Besitz des Verfassers. 137 Zu den Richtigstellungen vgl. Steinfeld, Süddeutsche Zeitung, 31. Mai 2006. 138 Hubert Spiegel, Heine wird verhöhnt. Blinde Provokation: Düsseldorfs Ehrung für Peter
Handke, in: FAZ, 27. Mai 2006. 139 Ebd. 140 Ebd. 141 Steinfeld, Süddeutsche Zeitung, 31. Mai 2006. 142 Ebd.
Kritisierte sei „ein wunderbarer Autor [...] aber in seinen politischen
Überzeugungen [...] gleichsam nicht zurechnungsfähig“,143
entbinde man
sich von der Verantwortung, nach den Motiven des Handelns zu fragen.
Nachdem der Schriftsteller der Posse durch Ablehnung des Preises
schließlich ein Ende bereitete, schwoll die Empörung wieder ab.
Versöhnlicher reagierte das Feuilleton auf Peter Handkes letztes Werk zu
Jugoslawien. ‚Die morawische Nacht’,144
so Hubert Spiegel in der FAZ, sei
„der Versuch eines Dichters, mit sich und der Welt ins Reine zu kommen.
Für jemanden, der den Streit oft mehr zu lieben schien als den Frieden, ist
das erstaunlich gut gelungen.“145
Und Andreas Breiteinstein meinte in der
NZZ, Handkes jüngstes Buch „nimmt den entspannten Ton auf und führt ihn
weiter in Richtung Revision und Versöhnung, deren Ausmass überrascht“.146
2. Fazit
Peter Handkes eigenwilliges Jugoslawien-, später Serbien-Engagement
isolierte den Schriftsteller in den 1990er Jahren zunehmend, bis er sich
schließlich eingestehen musste, sich verrannt zu haben.147
Die intellektuelle
Debatte verselbständigte sich im Laufe der Zeit mehr und mehr. Standen am
Anfang noch das Kosovo und die Legitimationsfrage der Luftangriffe im
Fokus, so drehte sich bald alles um den österreichischen Schriftsteller und
seine pointierten Äußerungen. Schlussendlich lenkte die Aufregung um
Handke von der Frage nach Recht- und Verhältnismäßigkeit des NATO-
Einsatzes ab und wirkte dadurch beruhigend auf zweifelnde Interventions-
befürworter. In seiner dezidierten Parteinahme für Serbien fand der Dichter
bei den hier analysierten Zeitungen keine Zustimmung. Verständnis wurde
seinem poetischen Anliegen entgegengebracht, ebenso gab es Versuche, die
provokanten Interviewaussagen vom literarischen Werk zu trennen. Am
meisten Ablehnung kam von Spiegel, FAZ und taz. Die Zeit ließ immerhin
auch Handke-Verteidiger zu Wort kommen, und die dem Rechtfertigungs-
diskurs der NATO-Propaganda erlegene Süddeutsche Zeitung veröffentlichte
zumindest den Reisebericht des Dichters. Seine Medienkritik lehnten jedoch
143 Ebd. 144 Handke, Die morawische Nacht. 145 Hubert Spiegel, Der Prinz von Nirgendwo, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Januar
2008. 146 Andreas Breitenstein, Die grosse Versöhnungstour. ‚Die morawische Nacht’ – Peter
Handke zieht eine selbstironische Bilanz (s)eines Dichterlebens, in: Neue Zürcher Zeitung,
15. Januar 2008. 147 „Aber jetzt ist alles versperrt, oder ich bin versperrt?“ Peter Handke in einem Brief vom
22. Januar 2000 an den Verfasser. Elf Monate später erneuerte der Schriftsteller seine
Ablehnung, von mir als Zeitzeuge befragt zu werden. „Und verstehen Sie, daß ich mit einem
‚Interview’ nichts im Sinn habe.“ Brief an den Verfasser, 25. November 2000.
alle hier untersuchten Zeitungen ab. Der Autor selbst ließ Hinweise auf
seiner Meinung nach positiven Journalismus in seinen Interviews vermissen
und konzentrierte sich nur auf die von ihm schon 1996 kritisierten
„Rotten der Fernfuchtler, welche ihren Schreiberberuf mit dem eines
Richters oder gar mit der Rolle eines Demagogen verwechseln und, über die
Jahre immer in dieselbe Wort- und Bildkerbe dreschend, von ihrem
Auslandshochsitz aus auf ihre Weise genauso arge Kriegshunde sind wie
jene im Kampfgebiet“.148
Obwohl damit Journalisten in den westlichen Redaktionen und nicht die
Kriegsberichterstatter vor Ort gemeint waren, fühlten sich auch letztere
angesprochen. ARD-Balkan-Korrespondent Detlef Kleinert meinte: „Als
betroffener ‚Fernfuchtler’ – ich war während der Balkan-Kriege in fast
jedem Schützengraben – kann ich nur sagen: H. weiß gar nicht, wovon er
schreibt.“149
Durch die obgenannte Handke’sche Formulierung konnte der
Eindruck einer Pauschalverurteilung entstehen, ein von vielen Zeitungen
erhobener Vorwurf, der dazu benutzt wurde, sich die Reflexion der eigenen
Berichterstattung zu ersparen. Dies geschah durch die Unterstellung, der
Kärntner Autor richte sich prinzipiell gegen alle Journalisten sowie auf der
stillschweigenden Annahme, dass er damit falsch liegen müsse – denn alle
können sich nicht irren. Dadurch wurde schließlich das Gegenteil suggeriert
– Handke täusche sich und ‚die’ Journalisten hätten Recht. Dabei hatte der
Schriftsteller drei Jahre zuvor seine Haltung differenziert und – ebenfalls in
der ‚winterlichen Reise’ – auch den positiven Typus definiert:
„Nichts gegen so manchen – mehr als aufdeckerischen – entdeckerischen
Journalisten, vor Ort (oder besser noch: in den Ort und die Menschen des
Ortes verwickelt), hoch diese und andere Feldforscher!“150
Was aber hat Peter Handke dazu bewogen, sich solcherart gegen die
‚humanitäre Intervention’ und für Serbien zu verwenden? Neben den bereits
in der ‚Gerechtigkeit-Debatte’ geäußerten Vermutungen, er habe seine
Jugoslawien-Nostalgie auf Serbien übertragen,151
dürften drei Gründe dafür
verantwortlich gewesen sein: Erstens seine Ablehnung, „dass Journalisten
148 Handke, Winterliche Reise, S. 122f. 149 Detlef Kleinert am 13. September 2001 in seinem Antwortbrief auf meine Fragen. Im
Besitz des Verfassers. 150 Handke, Winterliche Reise, S. 122. 151 Vgl. Gritsch, Eine Frage des Blickpunkts?
meinen, Geschichte schreiben zu dürfen“152
, zweitens die dazu verwendete
Sprache, die „Knüppelwörter“,153
und drittens die Bildkritik:
„Ich spüre manchmal, dass ein neuer Bildersturm an der Zeit wäre. Es geht
nicht so weiter, es ist eine Beleidigung, eine Entseelung, eine
Entleiblichung, was die Bilder mit uns machen.“154
Kaum einmal wurde versucht, Handkes Motivation zu verstehen – Man
zweifelte im Gegenteil seine Glaubwürdigkeit und Integrität an. Frauke
Meyer-Gosau meinte 1999 in der Literaturzeitschrift Text und Kritik gar,
beim Dichter einen Komplex auszumachen. Dieser setze sich zusammen aus
„Relativierungsstrategien, die Manier der Abwehr von Schuld und Mitschuld
und schließlich dann die Zuflucht zu den Kinder-Bildern, die alle
Jugoslawien-Texte von Peter Handke prägen“.155
Hinzu geselle sich noch der
Narzissmus des Schriftstellers, der selbst in Aussagen wie ‚was die Serben
[...] durchmachen, [...] dafür gibt es keine Kategorien [...] das ist eine
Tragödie ohne Grund’ vor allem von ihm selbst spreche – „der für das, was
er ‚durchmacht’, ‚keine Kategorien’ sieht und keinen ‚Grund’ – ‚eine
Tragödie’, wahrhaftig“.156
Wie bereits in ‚Gerechtigkeit für Serbien’ zog sich Handke auch in der
Kosovo-Debatte auf den Standpunkt des Dichters und Sprachkritikers zurück
und unterließ es beispielsweise beim Thema Medien, auf Fakten und
wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu verweisen, die seine Position
unterstützen.157
Ein anderer Kritikpunkt, die mediale Inszenierung realen
152 Martin Meyer/Andreas Breitenstein, Der lange Abschied von Jugoslawien. Peter Handke
über den Untergang des Vielvölkerstaates und seine umstrittene Parteinahme für Serbien, in:
Neue Zürcher Zeitung, 17./18. Juni 2006. 153 Ulrich Greiner, Ich komme aus dem Traum. Ein Zeit-Gespräch mit dem Schriftsteller Peter
Handke über die Lust des Schreibens, den jugoslawischen Krieg und das Gehen in den
Wäldern, in: Die Zeit, 1. Februar 2006. 154 Ebd. 155 Frauke Meyer-Gosau, Kinderland ist abgebrannt. Vom Krieg der Bilder in Peter Handkes
Schriften zum jugoslawischen Krieg, in: Text und Kritik 24 Peter Handke, Juni 1999, S. 3-20,
S. 17. 156 Ebd., S. 18. 157 Dabei war Kritik an stereotypen Mustern und einseitigen Berichten im Jugoslawien-Krieg
für die deutschen Zeitungen Frankfurter Allgemeine, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter
Rundschau und tageszeitung bereits 1994 wissenschaftlich nachgewiesen worden. Vgl.
Gabriele C. H. Vollmer, Polarisierung in der Kriegsberichterstattung. Inhaltsanalytische
Untersuchung bundesdeutscher Tageszeitungen am Beispiel des Jugoslawienkrieges, Univ.-
Diss., Münster 1994, S. 223-226. Kritische Berichte stammten von Journalisten wie den
Amerikaner David Binder und Peter Brock, dem Engländer Misha Glenny, den Deutschen
Thomas Deichmann und Martin Lettmayer oder dem Franzosen Jacques Merlino. Auch
Aussagen internationaler Vermittler widersprachen einer einseitigen Sichtweise, wie jene von
Peter Carrington, Cyrus Vance, David Owen oder der UNO-Generäle Michael Rose und
Lewis MacKenzie. Diese Stimmen stammten aus verschiedenen Lagern und standen keiner
Leids,158
wurde als ‚Verhöhnung der Opfer’159
ausgelegt, obwohl es dies-
bezüglich in der Medienwissenschaft Bestätigung gibt.160
Die postum
geführte Diskussion über die Rolle der deutschen Massenmedien während
des Krieges zeigte zudem ob ihrer selbstkritischen Töne, dass der
Schriftsteller mit seinem Standpunkt so falsch nicht lag.161
Angesichts des in
den deutschen Printmedien weit verbreiteten pro-interventionistischen
Standpunkts musste Handkes Meinung auf Ablehnung stoßen. Dass der
Dichter dabei auch noch die Moral für seine Argumentation in Anspruch
nahm, enthielt, wie erwähnt, blasphemische Züge, denn die Moral war
innerhalb der Kriegserzählung ausschließlich Interventionisten vorbehalten.
Den Krieg als unmoralisch darzustellen, musste damit zum Ausschluss aus
der Erzählgemeinschaft führen.162
Inhaltlich gibt es ebenfalls Parallelen zu ‚Gerechtigkeit’. Hier wie dort
existieren Fakten, die Handkes Meinung plausibel und nachvollziehbar
erscheinen lassen.163
Durch ihre Weigerung, die Ereignisse auf dem Balkan
von verschiedenen Seiten zu betrachten, bestätigten viele Journalisten das
Handke’sche Vorurteil. Die Einseitigkeit hielt aber auch über den Krieg
hinaus an, womit sich eine neue Parallele offenbart, jene zur veröffentlichten
Kriegspartei nahe. Der deutsche Fernsehjournalist Lettmayer war beispielsweise nicht nach
Bosnien gereist, um die Unschuld der serbischen Seite zu beweisen, sondern die These der
serbischen Vergewaltigungslager zu dokumentieren. Vgl. Martin Lettmayer, Da wurde
einfach geglaubt, ohne nachzufragen, in: Klaus Bittermann (Hg.), Serbien muß sterbien.
Wahrheit und Lüge im jugoslawischen Bürgerkrieg, Berlin 41999, S. 37-50. 158 In ‚Gerechtigkeit’ steht der kritisierte Satz über die mediale Darstellung von Opfern:
„Diese, so war es jedenfalls nicht selten zu sehen, ‚posierten’ zwar nicht, doch waren sie,
durch den Blick- oder Berichtswinkel, deutlich in eine Pose gerückt: wohl wirklich leidend,
wurden sie gezeigt in einer Leidenspose.“ Handke, Winterliche Reise, S. 41. 159 So Franz Bogen, österreichischer Botschafter in Sarajevo a.D. Vgl. Carl Gustaf Ströhm,
Wo eine Dichterlesung Politik ist. Österreichs Konservative streiten über Handkes Auftritt im
Parlament, in: Die Welt, 5. Juni 1996. 160 Ignacio Ramonet, der damals in Paris an der Denis-Diderot-Universität Theorie der
audiovisuellen Kommunikation lehrte, konstatierte 1999 bezüglich der opferzentrierten
Krisenberichterstattung: „Frauen, Kinder und Alte werden genüsslich in allen erdenklichen
Posen des Leidens dargestellt“. Ignacio Ramonet, Die Kommunikationsfalle. Macht und
Mythen der Medien, Zürich 1999, S. 125. 161 Vgl. Kurt Gritsch, ‚Die Rolle der Massenmedien in Kosovo-Konflikt und ‚humanitärer
Intervention’’, unveröffentlichtes Manuskript. 162 Georg Seeßlen, Kriegsnovelle oder: Wie eine Erzählgemeinschaft für einen moralischen
Krieg erzeugt wird, in: Klaus Bittermann/Thomas Deichmann, Wie Dr. Joseph Fischer lernte,
die Bombe zu lieben. Die SPD, die Grünen, die Nato und der Krieg auf dem Balkan (Critica
Diabolis 86), Berlin 1999, S.169-184, S. 175. 163 Vgl. Kurt Gritsch, ‚Kosovo im 20. Jahrhundert: Vorgeschichte und die Ereignisse
1998/1999’, unveröffentlichtes Manuskript. Kritisch zum Jugoslawien-Krieg vgl. Klaus
Bittermann (Hg.), Serbien muß sterbien. Wahrheit und Lüge im jugoslawischen Bürgerkrieg,
Berlin 41999.
Debatte über die Heine-Preis-Verleihung 2006.164
Unter der kollektiven
Ablehnung stechen zwei Zeitungen hervor, die FAZ und der Spiegel.
Angesichts des seit Längerem angespannten Verhältnisses zwischen ihnen
und dem Schriftsteller165
konnte die klare und bisweilen harsche
Zurückweisung nicht überraschen. Während der Spiegel bei einer
durchgehend deutlich negativen Berichterstattung blieb, druckte die FAZ
zumindest Handkes Gegendarstellung zu seinem ‚Verhaspler’ sowie einen
längeren abmildernden Artikel gegen Kriegsende.166
Dessen Verfasser,
Thomas Wirtz, ließ Ende April 2000 noch eine insgesamt wohlwollende
Besprechung der serbischen Reiseberichte folgen, worin er zwischen der
Literatur und den Interviewaussagen differenzierte.167
Von den an Handke herangetragenen Vorwürfen möchte ich nur auf den
meiner Meinung nach zentralen eingehen. Es ist dies die Insinuation, durch
sein Infragestellen der westlichen Kosovo-Berichterstattung „das Niveau
eines Holocaust-Verharmlosers in irgendeiner rechtsradikalen Hetzschrift“168
erreicht zu haben. Dabei ist Handke trotz aller Parteinahme für Serbien kein
Srebrenica-Leugner, und selbst dann wäre er noch nicht automatisch ein
Auschwitz-Leugner oder Shoa-Relativierer. Der Hintergrund ist folgender:
Die Annahme eines Genozids an den bosnischen Muslimen im ‚Bosnien-
Krieg,’ das von der US-amerikanischen PR-Agentur Ruder Finn verbreitete
Synonym ‚Serben = Nazis’ sowie das in Den Haag als Genozid bezeichnete
Massaker von Srebrenica spielen in der Jugoslawien-Debatte vor allem unter
Befürwortern westlicher Interventionspolitik eine zentrale Rolle.
Problematisch ist neben der UN-Definition von Genozid, die auf zahlreiche
Kriegsverbrechen weltweit anwendbar wäre,169
dass die Bezeichnung
‚Völkermord’ gerade im deutschen Sprachraum mit der planmäßigen
Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten assoziiert
wird. Nicht der Vergleich, sondern die suggerierte Gleichsetzung der realen
Völkermorde des Zweiten Weltkriegs oder, in anderer und auch zahlenmäßig
abgeschwächter Form, von Ruanda 1994 mit dem behaupteten Völkermord
164 Vgl. die ablehnende Haltung der FAZ und den positiven Kommentar der Süddeutschen
Zeitung. Spiegel, FAZ, 27. Mai 2006; Steinfeld, Süddeutsche Zeitung, 31. Mai 2006. 165 Vgl. beispielsweise Handkes Angriffe auf den ‚großmäulig-ahnungslosen’ Spiegel, dessen
‚frechen Unsinn’ zum Thema Zerfall Jugoslawiens (‚Völkergefängnis Jugoslawien’) der
Autor Anfang der 90er Jahre scharf kritisierte. Die ‚erfahrungslosen Maulhelden’ sowie die
‚Finstermännerriege der deutschen Frankfurter Allgemeinen’ bekamen ebenfalls ihr Fett weg.
Vgl. Wolfgang Reiter, Der Unvernünftige stirbt nicht aus, in: profil, 31. Mai 1999. 166 Wirtz, FAZ, 5. Juni 1999. 167 Thomas Wirtz, Wem die Standuhr schlägt. Die vielen Töne des Peter Handke, in: FAZ, 29.
April 2000. 168 Rauscher, Der Standard, 14. Mai 1999. 169 http://www.un.org/millennium/law/iv-1.htm, update 19. Januar 2008.
an den bosnischen Muslimen sowie dem Massaker von Srebrenica führte erst
zu jenen fragwürdigen Revisionismus-Unterstellungen, die in der Handke-
Debatte bei Kritikern allgegenwärtig sind. Wer den bosnischen Genozid
leugnet, leugnet Srebrenica, und wer das abstreitet, leugnet also auch den
deutschen Völkermord, lautet die Schlussfolgerung. Dabei hat Peter Handke
wiederholt und mit Ausnahme seiner Interviewaussage über ‚Juden und
Kategorien’, wofür er eine glaubhafte Erklärung präsentierte, auf die Gefahr
der Relativierung der Shoa hingewiesen. Ihm vorzuwerfen, er habe „den
Holocaust relativiert“,170
ist absurd. Des Weiteren hat der Schriftsteller
weder in der ‚winterlichen Reise’ noch im ‚sommerlichen Nachtrag’ noch in
irgendeinem Interview die Massenerschießungen durch bosnisch-serbische
Truppen in Frage gestellt. Srebrenica bleibe „eine ewige Schande“,171
meinte
er 2006. Zutreffend ist hingegen, dass Handke die seiner Meinung nach
übertrieben negativ dargestellte Rolle Serbiens relativiert hat. Und indem er
‚dem großen Leiden Bosniens’ „die serbischen Wehwehchen“172
gegenüber-
stellte, störte er durch Differenzierungen das vielerorts medial erzeugte Bild
des serbischen Bösewichts empfindlich. Durch mikrohistorische Tatsachen
ein makrohistorisches Bild revidieren zu wollen, gehört dabei jedoch in der
Tat zu den Techniken, denen sich auch Holocaust-Leugner bedienen.
Entscheidend bleibt aber, dass Serbien erstens nicht Hitler-Deutschland und
zweitens Handke kein Neonazi ist. Während der Schriftsteller seine mit
Bedacht gewählten Fragen reflektiert und Versöhnung anstrebt, geht es NS-
Revisionisten um Hass, Ausgrenzung und Intoleranz sowie um die
Reinwaschung Deutschlands von seiner historischen Schuld. Wo letztere
Fakten abstreiten, stellt Handkes Relativierung der angeblichen Alleinschuld
Serbiens eine Differenzierung in der Wahrheitssuche dar. Serbische
Verbrechen waren und sind weder qualitativ noch quantitativ mit den
nationalsozialistischen vergleichbar. Vor allem aber sind die Vorfälle
juristisch nicht annähernd so akribisch untersucht worden wie der deutsche
Genozid. Wogegen sich Handke stellt, ist die Vorverurteilung, und dort
leistet sein Werk Wesentliches für den Anspruch auf Gerechtigkeit.
Peter Handke hat sich in seinem Engagement für Jugoslawien und Serbien
dem gängigen Bild entgegen gestellt. Ein durchgehendes, wenngleich nicht
geschlossenes Gegenbild zu kreieren – „Serbien wurde nie erzählt, und ich
habe nur erzählt, was ich in Serbien gesehen habe“173
–, war auch seine
Absicht. Seine Haltung führte zu heftigen Reaktionen, weil er damit gegen
die political correctness verstieß. Das phasenweise wie ein Gegensatzpaar
170 dpa, Rüttgers kritisiert Handke, in: taz, 1. Juni 2006. 171 Meyer/Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung, 17./18. Juni 2006. 172 Handke, Winterliche Reise, S. 132. 173 Greiner, Die Zeit, 1. Februar 2006.
anmutende ‚Handke – Journalisten’ entstand auch durch die grundsätzlich
unterschiedliche Herangehensweise an die Thematik. Während Journalisten
von ‚Brennpunkten’174
berichten (müssen), erforschte der Dichter das Dritte,
„dieses Nebendraußen, jenes neben den Brennpunkten des Kriegstheaters
Existierende“.175
Auf der literarischen Ebene eckten seine um Nuancen
bemühten Worte, die er der mehrheitlich stereotypen Sprache vieler
Journalisten gegenüberstellte, schon deshalb an, weil sie zu Relativierungen
führten, wo in den Medien Absolutheit herrschte. Seine der Eindeutigkeit
journalistischer Erzählung entgegengehaltene Mehrdeutigkeit stellte lieb
gewonnene Sicherheiten in Frage und kratzte am Selbstverständnis jener, die
mit Entschlossenheit an einer Politik festhielten, die in Serbien und
Milošević das alleinige Übel erblickte. Des Weiteren provozierte der
Schriftsteller durch seine zugespitzten Interviewaussagen, in denen er sich
bisweilen dem sachlichen Gespräch entzog und stattdessen mit Polemik,
Ironie und Sarkasmus reagierte. Für zusätzliche Aufregung sorgten seine
Handlungen, angefangen bei seinen Reisen nach Serbien über sein Auftreten
als Trauzeuge eines in Deutschland als Kriegsverbrecher verurteilten
Serben176
bis zu seiner Rede beim Begräbnis von Slobodan Milošević im
Mai 2006. Damit und mit manchen polemischen Äußerungen fügte der
Dichter sich und seinem Anliegen letzten Endes mehr Schaden als Nutzen
zu. Trotzdem entband dies niemanden von einer fairen Beurteilung. Handke
hat, was ihm zu Recht angekreidet wurde, in einem Konflikt Gerechtigkeit
postuliert, ohne das politische System zu analysieren und zu beurteilen. Sein
politischer Standpunkt wurde vielleicht auch deshalb, obwohl plausibel, in
der Debatte nicht geteilt. Verteidigt wurde maximal sein Werk, und auch
dies nur manchmal und zaghaft und eher durch Schriftstellerkollegen denn
durch Journalisten. Im Unterschied zu seinen anderen Werken wurden seine
Texte zu Serbien mehrheitlich abgelehnt. Dies hat den Kärntner Autor im
Februar 2006 angesichts der Tatsache, dass viele Buchhandlungen seine
Bücher nicht mehr führten, zur Aussage veranlasst:
174 Ebert, Die poetische Methode und ihre Grenzen, S. 260. 175 Ebd., S. 254. 176 Allerdings wurde der Angeklagte Novislav Djajic 1997 nicht wegen eines Völkermord-
Delikts verurteilt, sondern wegen Beihilfe zum Mord und versuchtem Mord. Von Kritikern
als ‚Bauernopfer’ der deutschen Justiz, „die ein Exempel statuieren zu müssen glaubte“,
bezeichnet, wurde Djajic wegen guter Führung frühzeitig entlassen. Hauptbelastungszeuge
war ein langjähriger Jugendfreund Djajics gewesen, die guten Beziehungen zwischen den
Familien des angeklagten bosnischen Serben und des muslimischen Belastungszeugen
wurden verschwiegen. Es war der erste Fall, in dem jemand von einem deutschen Gericht als
Kriegsverbrecher verurteilt wurde. Vgl. Thomas Deichmann, Hochzeit des Waldläufers. Peter
Handke setzt seine serbische Mission fort – als Trauzeuge des in Deutschland als
Kriegsverbrecher verurteilten Novislav Djajic, in: profil, 30. Oktober 1999.
„Daran seid auch ihr Kritiker schuld. Auf der einen Seite macht ihr im
Feuilleton, wenn ich jetzt mal im Plural reden darf, einen Text wie den über
meinen Besuch bei Milošević oder über meine Reise zu den Flüchtlingen in
Serbien nieder, noch bevor ihr ihn gelesen habt, ihr blockt ab; und auf der
anderen Seite, wenn Gestern unterwegs erscheint, seid ihr ganz offen und
zeigt euch als feine, aufmerksame, sprachbewusste Leser.“177
Um über Handke in Bezug auf seine pro-serbische Haltung zu einer
fundierten Einschätzung zu gelangen, empfiehlt es sich, seine Reiseberichte
sowie seinen Bericht vom Milošević-Prozess aus Den Haag178
zu lesen. Was
die öffentlichen Äußerungen betrifft, so stehen sich über die Kosovo-Debatte
hinaus exemplarisch das durchgängig ironisch-sarkastisch geführte Interview
im österreichischen Magazin News vom November 2001179
einerseits und
ein über die Thematik Jugoslawien hinausgehendes Zeit-Interview anfangs
2006180
sowie ein sich über fast zwei Seiten erstreckendes Gespräch in der
NZZ vom Juni 2006181
andererseits gegenüber. Zum vertieften Verständnis
empfiehlt sich zudem an dieser Stelle ein Blick zurück in die 1990er Jahre.
Viele der 1999 erhobenen Vorwürfe waren nichts anderes als die
Fortsetzung der Beurteilung von ‚Gerechtigkeit für Serbien’. Schon damals
diskutierte man in den Feuilletons mehr über Handke denn über Serbien
diskutiert, 1999 verhielt es sich ähnlich. Seine Gegner konnten sich erneut
auf der ‚richtigen’ Seite wähnen, weil der Standpunkt des Dichters als
Verstoß gegen die political correctness fast einhellig abgelehnt wurde.
177 Greiner, Die Zeit, 1. Februar 2006. 178 Handke, ‚Und wer nimmt mir mein Vorurteil?’, S. 8-32. 179 Heinz Sichrovsky, In der Fremde. Interview mit Peter Handke, in: News, 46/2001. 180 Greiner, Die Zeit, 1. Februar 2006. 181 Meyer/Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung, 17./18. Juni 2006.
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Seeßlen, Georg, Kriegsnovelle oder: Wie eine Erzählgemeinschaft für einen moralischen
Krieg erzeugt wird, in: Klaus Bittermann/Thomas Deichmann, Wie Dr. Joseph
Fischer lernte, die Bombe zu lieben. Die SPD, die Grünen, die Nato und der Krieg
auf dem Balkan (Critica Diabolis 86), Berlin 1999, S.169-184.
Vollmer, Gabriele C. H., Polarisierung in der Kriegsberichterstattung. Inhaltsanalytische
Untersuchung bundesdeutscher Tageszeitungen am Beispiel des
Jugoslawienkrieges, Univ.-Diss., Münster 1994.
Zum Autor:
Kurt Gritsch, geb. 1976 in Meran (Südtirol/Italien), Studium der Geschichte und
Germanistik in Innsbruck und Rom; Promotion zum Doktor der Neueren Geschichte
in Hildesheim 2009 bei Professor Michael Gehler (Zeitgeschichte) und Professor
Jörg Becker (Politikwissenschaften/Konfliktforschung) mit ‚summa cum laude’.
Wissenschaftliche Publikationen:
- Peter Handke und ‚Gerechtigkeit für Serbien’. Eine Rezeptionsgeschichte,
Innsbruck/München/Wien 2009.
- Peter Handke und der ‚totalitäre Populismus’, in: ide (Zeitschrift für den Deutsch-
unterricht in Wissenschaft und Schule) 04/01, Wien/München 2001, S. 82-89.
- Eine Frage des Blickpunkts? Peter Handkes ‚Gerechtigkeit für Serbien’ in der
Rezeption deutschsprachiger Printmedien, in: zeitgeschichte 01/03, Wien/München
2003, S. 3-18.
- Balkan-Bildern auf der Spur (Rezension des Buches ‚Hotel Jugoslavija’ von
Martin Sexl/Arno Gisinger, Innsbruck/München/Wien 2008), in: Der Standard, 18.
April 2009.
Zeitungsartikel:
- Populismus oder warum Handke ein würdiger Heine-Preisträger ist, in: Tiroler
Tageszeitung, 7. Juni 2006.
- ‚Ruhig, aber instabil’. Kurt Gritsch über seine Reise durch die unter UN-
Verwaltung stehende Krisenprovinz Kosovo, in: Novo 7/8 2007, S. 50.
- „Waren die Medien die Kriegshetzer?“, in: Die Südostschweiz am Sonntag, 22.
März 2009.
- „Albaner-Schutz Nebensache“. Warum NATO Jugoslawien angriff, in: Dolomiten,
24. März 2009.
- „Bomben für den Frieden?“, in: Bündner Tagblatt, 24. März 2009.
- „Südtirol ist nicht Kosova“, in: Dolomiten, 9. Mai 2009.
- Kosovo und Südtirol: Selbstbestimmung durch Autonomie oder
Eigenstaatlichkeit?, in: der vinschger wind 16, 27. August 2009.
in Vorbereitung:
- Inszenierung eines gerechten Krieges? Intellektuelle, Medien und der ‚Kosovo-
Krieg’ 1999, Hildesheim (voraussichtlich 2010).