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47 Petra Plunger. Homöopathie in der Betreuung chronisch kranker Menschen. ICE 7. InHom 2008. Petra Plunger Homöopathie in der Betreuung chronisch kranker Menschen – die Perspektive der PatientInnen In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, ob und wie im Zusammenhang mit chronischen Erkrankungen eine Behandlung und Betreuung durch HomöopathInnen wirkungsvoll und hilfreich ist. Die Perspektive, aus der diese Beschreibung erfolgt, ist jene der Betroffenen: Sie berichten von ihren Erfah- rungen, Wünschen und Bedürfnissen, den Herausforderungen, denen sie sich im Rahmen ihrer Erkran- kung gegenübersehen. Und sie beleuchten die Rolle, die der Homöopathie im Umgang mit ihrer Erkran- kung zukommt. Aus dieser Sicht lassen sich fünf Themenblöcke identifizieren, die die Bedeutung der Homöopathie in diesem Zusammenhang sichtbar werden lassen: Die Rahmenbedingungen für eine ho- möopathische Behandlung, die Beziehungsgestaltung PatientIn – HomöopathIn, die Wirkung der homöo- pathischen Behandlung, die Entwicklung einer „Krankheitsgeschichte“ sowie Empowerment, Selbstsorge und Sorge für andere. 1. Einleitung In welcher Weise trägt Homöopathie zu einer patien- tenorientierten Behandlung und Betreuung von Men- schen, die an einer chronischen Erkrankung leiden, bei? Das war die Ausgangsfrage, mit der sich das Projekt „Homöopathie als Alternative zu schulmedizi- nischer Behandlung?“ an der Abteilung für Palliative Care und Organisationsethik der Alpen-Adria Univer- sität Klagenfurt auseinandersetzte 1 . Die Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen der Betroffenen, ihre Sicht auf eine gute Versorgung waren dabei forschungsleitende Prinzipien (Heller 2007). Ausgangspunkt der Forschung war die Hypothese, dass sich in der verstärkten Nutzung der Homöopa- thie deren Stärken, aber auch Entwicklungspotentiale für die konventionelle medizinische Versorgung be- sonders in der Behandlung chronischer Krankheiten abbilden. Der Erfolg der Homöopathie ist somit auch im Licht der gegenwärtigen sozialen, medizinischen und ökonomischen Herausforderungen der Schulme- dizin zu sehen: Versorgungsgrenzen werden ange- sichts der Veränderung im Krankheitsspektrum durch die Zunahme chronischer und funktioneller Erkran- kungen offensichtlich (die angebotsgesteuerte Nach- frage nach medizinischen Leistungen trägt zu diesem Umstand weiter bei), der Zunahme diagnostischer Verfahren steht keine entsprechende Entwicklung aufseiten neuer Therapien gegenüber, und eine zu- nehmende Spezialisierung, Fragmentierung und De- Personalisierung führt zu Kommunikationsdefiziten zwischen ÄrztInnen und PatientInnen – ein Dialog findet, wenn, dann über die PatientInnen, und nicht mit den PatientInnen statt (Degele 2000). Homöopa- thie übernimmt in den skizzierten Zusammenhängen eine Grundfunktion der konventionellen Medizin: die ganzheitliche Orientierung am Menschen in seinem Lebensumfeld. Der Blick auf das Feld der Homöopathie war ein zwei- facher: Er nahm Behandlungs- und Betreuungsver- läufe aus der Sicht von Menschen mit chronischen Erkrankungen in den Blick und fragte nach der Per- spektive der behandelnden HomöopathInnen auf die Thematik „Versorgung chronisch kranker Menschen“. _______________________________ 1 An dem Projekt haben neben der Autorin Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas Heller M.A., der Leiter der Abteilung, und Mag.a Claudia Wenzel mitgearbeitet. Ich danke ihnen für die gute Zusammenarbeit. Bevor im Folgenden auf die Bedeutung der Homöo- pathie aus der Sicht der PatientInnen eingegangen wird, soll an dieser Stelle dargestellt werden, wer für die Studie befragt wurde. Der Kontakt zu den Patien- tInnen wurde über die interviewten HomöopathInnen hergestellt, welche das prinzipielle Einverständnis für ein Interview vonseiten der PatientInnen einholten. Die so sukzessive ausgewählten 10 PatientInnen wurden in einem zweiten Schritt von den Forscherin- nen kontaktiert und die Vereinbarung für ein Interview (aber auch die Möglichkeit einer Absage!) wurde getroffen. Alle angesprochenen Personen haben dem Interview mit dem Hinweis, dass sie die Fragestellun- gen der Studie interessant fänden und die Homöopa- thie bekannter machen wollten, zugestimmt. Die meisten Interviews fanden bei den Betroffenen zu Hause statt, um ein vertrautes Umfeld zu gewährleis- ten und den ohnehin beträchtlichen Aufwand des Interviews so klein wie möglich zu halten. Alle Befrag- ten litten zum Zeitpunkt des Interviews bereits seit längerer Zeit an einer Erkrankung, für die sie zu- nächst schulmedizinische Hilfe gesucht hatten. Sie waren zwischen 39 und 69 Jahre alt, und zwischen 6 Monaten und 27 Jahren in homöopathischer Be- handlung. Frauen und Männer waren gleich verteilt. 2. Die Perspektive der PatientInnen Das folgende Kapitel beschäftigt sich damit, wie die homöopathische Behandlung und Betreuung vonsei- ten der PatientInnen 2 erlebt wird. Aus den Erzählun- gen der PatientInnen lassen sich fünf wesentliche Themen ableiten: Rahmenbedingungen für eine homöopathische Behandlung Beziehungsgestaltung PatientIn – HomöopathIn Wirkung der homöopathischen Behandlung Entwicklung einer „Krankheitsgeschichte“ Empowerment, Selbstsorge und Sorge für andere _____________________________ 2 Die Begrifflichkeit „PatientIn“ wird hier in Anlehnung an die Selbst- beschreibung der InterviewpartnerInnen verwendet. Es soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass die diesem Begriff zugrunde liegende, der sprachlichen Herkunft und vielfachen Praxis geschulde- te Annahme des „passiven Erduldens“ keinesfalls mit der Verwen- dung impliziert werden. „PatientInnen“ wird alternierend mit „Betrof- fene“ verwendet, um auf diese Problematik Bezug zu nehmen.

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Petra Plunger Homöopathie in der Betreuung chronisch kranker Menschen – die Perspektive der PatientInnen In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, ob und wie im Zusammenhang mit chronischen Erkrankungen eine Behandlung und Betreuung durch HomöopathInnen wirkungsvoll und hilfreich ist. Die Perspektive, aus der diese Beschreibung erfolgt, ist jene der Betroffenen: Sie berichten von ihren Erfah-rungen, Wünschen und Bedürfnissen, den Herausforderungen, denen sie sich im Rahmen ihrer Erkran-kung gegenübersehen. Und sie beleuchten die Rolle, die der Homöopathie im Umgang mit ihrer Erkran-kung zukommt. Aus dieser Sicht lassen sich fünf Themenblöcke identifizieren, die die Bedeutung der Homöopathie in diesem Zusammenhang sichtbar werden lassen: Die Rahmenbedingungen für eine ho-möopathische Behandlung, die Beziehungsgestaltung PatientIn – HomöopathIn, die Wirkung der homöo-pathischen Behandlung, die Entwicklung einer „Krankheitsgeschichte“ sowie Empowerment, Selbstsorge und Sorge für andere. 1. Einleitung In welcher Weise trägt Homöopathie zu einer patien-tenorientierten Behandlung und Betreuung von Men-schen, die an einer chronischen Erkrankung leiden, bei? Das war die Ausgangsfrage, mit der sich das Projekt „Homöopathie als Alternative zu schulmedizi-nischer Behandlung?“ an der Abteilung für Palliative Care und Organisationsethik der Alpen-Adria Univer-sität Klagenfurt auseinandersetzte1. Die Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen der Betroffenen, ihre Sicht auf eine gute Versorgung waren dabei forschungsleitende Prinzipien (Heller 2007). Ausgangspunkt der Forschung war die Hypothese, dass sich in der verstärkten Nutzung der Homöopa-thie deren Stärken, aber auch Entwicklungspotentiale für die konventionelle medizinische Versorgung be-sonders in der Behandlung chronischer Krankheiten abbilden. Der Erfolg der Homöopathie ist somit auch im Licht der gegenwärtigen sozialen, medizinischen und ökonomischen Herausforderungen der Schulme-dizin zu sehen: Versorgungsgrenzen werden ange-sichts der Veränderung im Krankheitsspektrum durch die Zunahme chronischer und funktioneller Erkran-kungen offensichtlich (die angebotsgesteuerte Nach-frage nach medizinischen Leistungen trägt zu diesem Umstand weiter bei), der Zunahme diagnostischer Verfahren steht keine entsprechende Entwicklung aufseiten neuer Therapien gegenüber, und eine zu-nehmende Spezialisierung, Fragmentierung und De-Personalisierung führt zu Kommunikationsdefiziten zwischen ÄrztInnen und PatientInnen – ein Dialog findet, wenn, dann über die PatientInnen, und nicht mit den PatientInnen statt (Degele 2000). Homöopa-thie übernimmt in den skizzierten Zusammenhängen eine Grundfunktion der konventionellen Medizin: die ganzheitliche Orientierung am Menschen in seinem Lebensumfeld. Der Blick auf das Feld der Homöopathie war ein zwei-facher: Er nahm Behandlungs- und Betreuungsver-läufe aus der Sicht von Menschen mit chronischen Erkrankungen in den Blick und fragte nach der Per-spektive der behandelnden HomöopathInnen auf die Thematik „Versorgung chronisch kranker Menschen“. _______________________________ 1 An dem Projekt haben neben der Autorin Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas Heller M.A., der Leiter der Abteilung, und Mag.a Claudia Wenzel mitgearbeitet. Ich danke ihnen für die gute Zusammenarbeit.

Bevor im Folgenden auf die Bedeutung der Homöo-pathie aus der Sicht der PatientInnen eingegangen wird, soll an dieser Stelle dargestellt werden, wer für die Studie befragt wurde. Der Kontakt zu den Patien-tInnen wurde über die interviewten HomöopathInnen hergestellt, welche das prinzipielle Einverständnis für ein Interview vonseiten der PatientInnen einholten. Die so sukzessive ausgewählten 10 PatientInnen wurden in einem zweiten Schritt von den Forscherin-nen kontaktiert und die Vereinbarung für ein Interview (aber auch die Möglichkeit einer Absage!) wurde getroffen. Alle angesprochenen Personen haben dem Interview mit dem Hinweis, dass sie die Fragestellun-gen der Studie interessant fänden und die Homöopa-thie bekannter machen wollten, zugestimmt. Die meisten Interviews fanden bei den Betroffenen zu Hause statt, um ein vertrautes Umfeld zu gewährleis-ten und den ohnehin beträchtlichen Aufwand des Interviews so klein wie möglich zu halten. Alle Befrag-ten litten zum Zeitpunkt des Interviews bereits seit längerer Zeit an einer Erkrankung, für die sie zu-nächst schulmedizinische Hilfe gesucht hatten. Sie waren zwischen 39 und 69 Jahre alt, und zwischen 6 Monaten und 27 Jahren in homöopathischer Be-handlung. Frauen und Männer waren gleich verteilt. 2. Die Perspektive der PatientInnen Das folgende Kapitel beschäftigt sich damit, wie die homöopathische Behandlung und Betreuung vonsei-ten der PatientInnen2 erlebt wird. Aus den Erzählun-gen der PatientInnen lassen sich fünf wesentliche Themen ableiten: • Rahmenbedingungen für eine homöopathische

Behandlung • Beziehungsgestaltung PatientIn – HomöopathIn • Wirkung der homöopathischen Behandlung • Entwicklung einer „Krankheitsgeschichte“ • Empowerment, Selbstsorge und Sorge für andere _____________________________ 2 Die Begrifflichkeit „PatientIn“ wird hier in Anlehnung an die Selbst-beschreibung der InterviewpartnerInnen verwendet. Es soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass die diesem Begriff zugrunde liegende, der sprachlichen Herkunft und vielfachen Praxis geschulde-te Annahme des „passiven Erduldens“ keinesfalls mit der Verwen-dung impliziert werden. „PatientInnen“ wird alternierend mit „Betrof-fene“ verwendet, um auf diese Problematik Bezug zu nehmen.

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2.1. Rahmenbedingen für eine homöopathische Behandlung

Grundlagen für eine gelingende homöopathische Behandlung und Betreuung werden bereits im Zu-gang zur Homöopathie gelegt: Die Anregung, eine homöopathische Behandlung zur Linderung von Be-schwerden zu versuchen, kommt aus dem Verwand-ten- oder nahen Bekanntenkreis, also von Personen, deren Empfehlung wertgeschätzt wird. Die Betroffe-nen berichten von dieser Phase als einer Suche nach Behandlungsalternativen, in der sie für hilfreiche Hinweise offen waren. Homöopathie war in dieser Phase für sie eine mögli-che Option, die durch die beobachteten Behand-lungserfolge bei anderen das Interesse weckte, und für die sie sich nach ersten Behandlungserfahrungen entschieden haben. Im Allgemeinen ist das Wissen über Homöopathie in dieser Phase gering; was zählt, ist die Empfehlung einer vertrauenswürdigen Person. Inhaltlich konnte diese Empfehlung an die eigenen subjektiven Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit und Behandlung von Leiden gut anschlie-ßen. In den Erzählungen zu ihren Vorstellungen von Ge-sundheit und Krankheit wird deutlich, dass die Betrof-fenen fast ausschließlich psychosoziale Gründe als Erkrankungsursachen anführen, und ihre körperliche Symptomatik in enger Verbundenheit und Bedingtheit mit ihrem Befinden sehen. Kranksein wird auf körper-licher Ebene als Funktionsstörung, verbunden mit Schmerzen, auf psychosozialer Ebene als einge-schränkte Handlungsmöglichkeit und potentielle Ab-hängigkeit von der Unterstützung anderer gedeutet. Eine diesen Bedürfnissen entsprechende Behandlung sollte möglichst nebenwirkungsarm und „sanft“ sein, einige InterviewpartnerInnen sprechen auch von einem „ganzheitlichen Ansatz“, der sie schon immer interessiert hat. Diesem umfassenden Verständnis von Krankheit und Krankenbehandlung steht ein in der Wahrnehmung der Betroffenen darauf wenig eingehendes schulme-dizinisches Behandlungskonzept gegenüber: Haupt-grund für die Suche nach Behandlungsalternativen sind dementsprechend wenig zufrieden stellende Erfahrungen mit der schulmedizinischen Behandlung. Einen wesentlichen Anteil an der Erfahrung mit schulmedizinischer Behandlung hat die Wahrneh-mung der Interaktion und Kommunikation mit schul-medizinisch tätigen ÄrztInnen: Ihre Leiden wurden teilweise ignoriert, nicht ernst genommen und baga-tellisiert, Diagnosen wurden unzureichend erklärt – somit waren schulmedizinischer Befund und das aktuelle Befinden für die Betroffenen nicht zur De-ckung zu bringen. Oftmals waren auch Therapievorschläge nicht akzep-tabel, meist aufgrund der befürchteten Nebenwirkun-gen, bzw. konnte der Grund einer Behandlung nicht schlüssig dargelegt werden oder die Betroffenen vermuteten aufseiten der ÄrztInnen die Tendenz, eher eine schnelle Lösung des Problems mittels Me-dikamenten anzustreben, als sich mit ihrem Befinden auseinanderzusetzen. In manchen Fällen wurde die schulmedizinische Behandlung aufgrund der Neben-wirkungen bzw. aufgrund der wahrgenommenen unzureichenden Wirksamkeit überdacht. Auch wird angemerkt, dass die Schulmedizin ihre Grenzen nicht

erkennen kann, und somit zum „Immerwei-ter(be)handeln“ gezwungen ist. Ganz allgemein stel-len die InterviewpartnerInnen aufseiten der von ihnen konsultierten SchulmedizinerInnen einen Mangel an Kommunikation, Zeit und Interesse an ihren Be-schwerden fest. 2.2. Beziehungsgestaltung

PatientIn – HomöopathIn Der Interaktion mit der/dem HomöopathIn wird in den Aussagen der PatientInnen große Bedeutung zuge-messen. Sie stellt einen „Gegenpol“ zur als sehr be-lastend wahrgenommenen Kommunikations- und Beziehungslosigkeit im schulmedizinischen Behand-lungskontext dar und wird idealtypisch in der Konzep-tion der „Hausärztin“ / des „Hausarztes“ gefasst. Paradigmatisch lassen sich diese Erfahrungen in den Erzählungen der InterviewpartnerInnen über den persönlichen Erstkontakt mit der/dem HomöopathIn im Rahmen der homöopathischen Fallaufnahme festmachen, der in Inhalt und Ablauf als überra-schend angenehm und interessiert an ihren Be-schwerden beschrieben wird. Die Art der Sprache als umgangssprachlich, jenseits der medizinischen Fach-sprache, wird von den PatientInnen geschätzt: „Wir sprechen dieselbe Sprache.“ Die genauen Fragen der HomöopathInnen erleben manche Betroffene als Herausforderung an ihre Beobachtungs- und Aus-drucksfähigkeit, ihre Beschwerden in allen Details zu schildern. Einige berichten davon, dass ihnen im Verlauf des Erzählens Zusammenhänge bewusst wurden, die für sie neu und überraschend waren. In manchen Fällen wird das freie Sprechen über die Beschwerden als eigenständige, heilsame Interventi-on empfunden: PatientInnen beschreiben diese Er-fahrungen als „sich ernst genommen fühlen“, verbun-den mit der Möglichkeit, „in der eigenen Sprache zu sprechen“. Die/der HomöopathIn wird von den PatientInnen als empathisch und Anteil nehmend beschrieben, als eine Person, die zuhören kann und daran interessiert ist, ihre Symptome und ihr Leiden zu verstehen und auf ihre Bedürfnisse und Wünsche Rücksicht zu nehmen. Dieses Interesse drückt sich für die Betrof-fenen durch das genaue Nachfragen der/des Homöo-pathIn aus. PatientInnen fühlen sich „als Mensch wahrgenommen“, eine Erfahrung, die sie in ihren bisherigen Kontakten im schulmedizinischen Kontext eher als Ausnahme erlebt haben. Die Konsultation lässt ihnen genug Zeit, um die Beschwerden ausführ-lich schildern zu können und die Individualität ihrer Symptome in der subjektiven Schilderung zu fassen. Die ausreichend vorhandene Zeit ermöglicht es nach Einschätzung der Betroffenen auch der/dem Homöo-pathIn, sich in ihre Schilderungen „einzufühlen“. Die-se Anteilnahme kann auch implizieren, dass die/der HomöopathIn eher „zurückhaltend“ auftritt, wenn das für die/den PatientIn angenehmer ist. Das Umfeld der Praxisräume spiegelt diese Schilderung wider, es wird als „freundlich, warm und nicht-medizinisch“ beschrieben, erinnert an einen Therapieraum und nicht an eine konventionelle Arztpraxis mit ihrer Aus-rüstung an medizintechnischen Gerätschaften. Insbesondere Frauen führen dieses Verständnis und die empathische Haltung der sie betreuenden Ho-möopathInnen darauf zurück, dass sie über gemein-

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Petra Plunger. Homöopathie in der Betreuung chronisch kranker Menschen. ICE 7. InHom 2008.

same, geteilte Erfahrungen verfügen: das Erlebnis des Krankseins und der homöopathischen Behand-lung, die Erfahrungen als Patientin im schulmedizini-schen System, und auf gesellschaftlicher Ebene z.B. als Mutter, die um die Behandlung ihrer Kinder be-sorgt ist, und als diejenige, die für Gesundheitsbelan-ge und die Versorgung von Kranken zuständig ist (z.B. in der Familie). Darüber hinaus scheint es be-deutsam zu sein, dass PatientInnen und Homöopa-thInnen bestimmte Überzeugungen teilen: Das betrifft Konzepte zur Entstehung von Krankheiten, die Be-handlung von Krankheiten und die jeweiligen Rollen von PatientInnen und HomöopathInnen, und auch den Sinn von Krankheit und Leiden. In Bezug auf die fachliche Qualifikation der/des Ho-möopathIn schätzen die Betroffenen, dass diese über eine homöopathische und eine schulmedizinische Ausbildung verfügen und quasi „in zwei Welten“ zu Hause sind. Diese doppelte Qualifikation vermittelt den PatientInnen ein Gefühl der Sicherheit. Der sich daraus ergebende Einsatz homöopathischer oder schulmedizinischer Behandlung wird als „nicht dog-matisch“ beschrieben. Die kontinuierliche Betreuung durch die/den Homöo-pathIn wird von den Betroffenen als bedeutsam an-gesehen. Qualitativ kann diese Begleitung unter-schiedliche Ausprägungen annehmen, abhängig davon, welche subjektiven Konzepte von Gesundheit und Krankheit die Betroffenen vertreten: Die/der Ho-möopathIn kann als „Hausärztin/Hausarzt“ wahrge-nommen werden, die/der die Betroffenen bereits über einen längeren Zeitraum hinweg betreut hat und nicht nur über ihre Erkrankungen, sondern auch über ihre Lebenszusammenhänge Bescheid weiß: Dies wird von den Betroffenen dahingehend kommentiert, dass man „nicht nur eine Nummer und ein Krankenschein zum Abrechnen“ ist. Werden Krankheiten und Symp-tome als hilfreiche Zeichen und Anstöße für Verände-rungen und persönliche Entwicklung gedeutet, dann wird die Betreuung durch die/den HomöopathIn auch als eine Form von spiritueller Begleitung gesehen. Innerhalb dieser beiden Pole lassen sich unterschied-liche Ausprägungen der Begleitungen ausmachen. Voraussetzung ist aber in jedem Fall ein bereits über einige Monate dauernder Kontakt. Am Beginn der Behandlung dominiert vonseiten der PatientInnen eine Haltung, die vorwiegend die akuten Beschwer-den im Blick hat und in Bezug auf eine längere Be-gleitung zurückhaltend agiert. Organisatorisch lässt sich die Begleitung als zeitwei-se Verdichtung der Kontakthäufigkeit und dauerhaftes „Dabeisein“ beschreiben. In diesem Zusammenhang wird betont, wie wichtig die Erreichbarkeit der/des HomöopathIn ist, insbesondere was Notfälle – vor-wiegend Erkrankungen von Kindern – angeht. Er-reichbarkeit meint hier das Vertrauen auf eine zeitna-he Bearbeitung eines aufgetretenen Problems und nicht zwingenderweise den sofortigen Kontakt. Die/der HomöopathIn fungiert ferner als ZuweiserIn zu schulmedizinischen KollegInnen – eine Funktion, die sehr geschätzt wird. Für die PatientInnen ist es wichtig, dass auch vonseiten der Einstellung der/des HomöopathIn eine Kombination der Homöopathie mit schulmedizinischen Methoden (oder auch anderen Verfahren bzw. Therapien) möglich ist: Einerseits, weil auch die Homöopathie in ihrem Behandlungs-spektrum an Grenzen stößt und die PatientInnen es

als vertrauensstiftend erleben, wenn diese Grenzen auch benannt werden. Andererseits, weil die Funktion der Zuweisung die Empfehlung von konkreten ÄrztIn-nen beinhaltet, auf deren Kompetenz vertraut werden kann, die in Kontakt mit der/dem HomöopathIn ste-hen, und die die Homöopathie gutheißen – somit wird den Betroffenen ein „Herumirren“ und ein Sich-erklären-Müssen (warum eine homöopathische Be-handlung in Anspruch genommen wird) erspart. Die/der HomöopathIn fungiert in diesem Behand-lungskontext als „Hausärztin/Hausarzt“, also als Ärz-tin/Arzt, bei der/dem alle Informationen über die Be-handlung zusammenlaufen und mit der/dem die ge-meinsame Entscheidung für nächste Schritte getrof-fen wird. Die Letztverantwortung bzw. Zuständigkeit für die Vereinbarkeit des Therapiekonzepts (z.B. die Kommunikaton mit SchulmedizinerInnen über die homöopathische Behandlung) liegt bei den PatientIn-nen – diese Konstellation wird von ihnen als Ausdruck ihrer persönlichen Verantwortung gewertet. 2.3. Wirkung der homöopathischen Behandlung In der Suche nach dem passenden homöopathischen Mittel manifestieren sich Übergang und Zusammen-hang zwischen der Bedeutung der Beziehung zwi-schen PatientIn und HomöopathIn und der Wirkung der Behandlung. Die Suche nach dem Mittel bzw. die Tatsache, dass nicht sofort nach einer Konsultation ein Mittel feststeht, wird von einigen PatientInnen als Ausdruck der Sorgfalt und des genauen Vorgehens bei der Auswahl des Mittels gedeutet. Auch ein Wechsel des Mittels im Lauf der Behandlung wird dementsprechend als Anpassung an ihr individuelles Befinden gedeutet. Das Auffinden des passenden Mittels stellt auch An-forderungen an die PatientInnen: Sie müssen bereit sein, nicht nur über körperliche, sondern auch über psychische Beschwerden Auskunft zu geben bzw. akzeptieren, dass auch ihr soziales Umfeld und ihre Lebenszusammenhänge in den Blickpunkt der ho-möopathischen Anamnese rücken. Ferner müssen sie ihre Beobachtungsfähigkeit und Ausdrucksfähig-keit schulen, um auf die genauen Nachfragen Aus-kunft geben zu können. Das erfordert zumindest am Beginn der homöopathischen Behandlung ein Um-denken und eine Zeitinvestition, da diese Aufmerk-samkeit erst geschult werden muss. Ein Umdenken ist nach Meinung der Betroffenen auch dort notwendig, wo sie am Beginn der Behand-lung noch von einer passiven Haltung ausgingen, die darauf basierte, mittels Einnahme eines möglichst nebenwirkungsarmen Mittels gesund zu werden: Hier berichten sie, dass ihre Mitarbeit und aktive Teilnah-me von Anfang an eingefordert wurde, sei es in Form der Schulung der Selbstbeobachtung, oder auch dadurch, eine Haltung zu finden, dass Heilung we-sentlich auch von den Betroffenen selbst bewirkt wird: Indem die Auseinandersetzung angestoßen wird, welchen Sinn die Symptome haben könnten. Fast alle berichten von einem Wandel in ihrer Haltung gegenü-ber Symptomen und Beschwerden: Diese werden als sinnvolle Zeichen des Körpers bzw. der Psyche ge-deutet, um auf einen Entwicklungsschritt oder eine Gefährdung hinzuweisen.

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Petra Plunger. Homöopathie in der Betreuung chronisch kranker Menschen. ICE 7. InHom 2008.

Mit dem homöopathischen Mittel wird dabei eine qualitativ andere Wirkung als mit schulmedizinischen Medikamenten verbunden, die als „lösen, hervorho-len, ausheilen“ gefasst wird. Im Unterschied zu schulmedizinischen Medikamenten, denen zum Teil eine unterdrückende Wirkung zugeschrieben wird, werden homöopathische Mittel als unterstützend und systemisch wirkend und als nachhaltig wirksam be-schrieben. Anders als in der schulmedizinischen Behandlung, wo eine schnelle Wirksamkeit oft mit einer aggressiven Wirkungsweise und Nebenwirkun-gen verbunden ist, wird die Wirkung der homöopathi-schen Mittel als subtiler und frei von Nebenwirkungen (abgesehen von einer möglichen Erstverschlimme-rung) gesehen. Der Wirkungseintritt kann rasch und gut wahrnehmbar erfolgen, oder schrittweise und nur graduell wahrnehmbar. Wirkungen werden auf kör-perlicher Ebene, aber auch auf psychischer Ebene und, damit verbunden, auf sozialer Ebene beschrie-ben. Wie bereits erwähnt, wurde von allen Interviewpartne-rInnen angegeben, dass sie die homöopathische Behandlung mit anderen, vorwiegend schulmedizini-schen, aber auch alternativen und komplementären Therapien kombinieren. Den zusätzlichen alternativen und komplementären Methoden kommt in diesem Zusammenhang eine ergänzende Funktion zu, sie wurden z.T. von der/dem HomöopathIn empfohlen und sollen die Wirkung der Homöopathie unterstützen bzw. für eine homöopathische Behandlung nicht zu-gängliche Beschwerden bearbeiten. Der Verwendung der Schulmedizin kommt in diesem Zusammenhang eine etwas andere Bedeutung zu: Sie dient in erster Linie der Erstellung schulmedizini-scher Befunde, um die Möglichkeit auszuschließen, eine relevante Erkrankung nicht erfasst zu haben. Ferner wird sie im Rahmen jährlicher Kontroll- und Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen. Eine wichtige Funktion erfüllt die Option, sich schul-medizinisch behandeln zu lassen als „Sicherheits-netz“, wenn eine homöopathische Behandlung sich als zu wenig wirksam oder nicht wirksam erweist. In diesem Fall wird nach dem Prinzip des aufmerksa-men Abwartens vorgegangen – HomöopathIn und PatientIn beobachten den Verlauf der Beschwerden und setzen gegebenenfalls schulmedizinische Medi-kamente ein. Die Vereinbarkeit der Homöopathie mit einer schul-medizinischen Behandlung scheint somit für die Be-troffenen prinzipiell gegeben zu sein. In diesem Ar-rangement hat die Homöopathie Priorität, damit ist oft auch der Wunsch verbunden, schulmedizinische Therapien, insbesondere Arzneimitteltherapien, so-weit wie möglich zu reduzieren bzw. zu vermeiden. 2.4. Entwicklung einer „Krankheitsgeschichte“ Ein Element der heilsamen Wirkung der homöopathi-schen Behandlung und Betreuung stellt für die Betrof-fenen die Möglichkeit dar, ihre individuelle Krank-heitsgeschichte, ihr Kranksein zu fassen und sich dessen bewusst zu werden. Im Wesentlichen ge-schieht diese „Biographisierung“ im Rahmen der Kon-sultationen mit der/dem HomöopathIn und wird in der homöopathischen Fallaufnahme durch die Art der Fragestellung bzw. durch das aufmerksame Zuhören und die Verwendung von Alltagssprache vonseiten

der HomöopathInnen hervorgerufen. Sie setzt sich fort in der Selbstbeobachtung und in den dadurch angestoßenen Konstruktionen von Sinnzusammen-hängen aufseiten der PatientInnen. Diese Elemente der Selbstbeobachtung wurden zum Teil auch in schriftlicher Form festgehalten – als Ta-gebücher durch die Betroffenen selbst, oder im Fall der Behandlung von Kindern, für diese durch die Mütter. Eine Grundlage für diese Biographisierungs-leistung bilden geteilte Erklärungsmodelle zwischen PatientInnen und HomöopathInnen, was die Konzep-te von Gesundheit, Krankheit und Heilung angeht: Diese werden im Verlauf der Betreuung gemeinsam konstruiert, z.T. berichten PatientInnen auch von einem „Umdenken“, was ihre Sicht auf Ursachen von Krankheiten und Zusammenhänge z.B. zwischen Lebensstil und Gesundheit angeht. Bedeutsam ist auch, dass sich zwischen PatientIn und HomöopathIn im Verlauf der Betreuung eine Vertrauensbasis gebil-det hat, die den Austausch über subjektive Konzepte, Wahrnehmungen, Wünsche und Bedürfnisse erst ermöglicht. Die Betroffenen berichten, dass ihnen im Zuge des Sprechens und Erzählens über ihre Erkrankung erst-mals bewusst wurde, dass sie einen anderen Um-gang damit finden wollten, indem sie diese in ihr Le-ben integrierten, anstatt die Erkrankung als aus-schließlich zu bekämpfende Beschwerden zu sehen – diese Sichtweise wurde vor allem dann wichtig, wenn die Beschwerden wiederkehrend waren, keine Aus-sicht auf Heilung im Sinne von Beschwerdefreiheit gegeben war und der Alltag der Betroffenen dadurch beeinträchtigt war. Diese Aufgabe der Auseinandersetzung mit und der Rekonzeptualisierung von Beschwerden wurde im Prozess z.T. auch als mühsam und belastend emp-funden. Positiv wird von den Betroffenen wahrge-nommen, dass sie eine Sichtweise entwickeln konn-ten, sich auf die Signale und Zeichen ihres Körpers zu verlassen und diese als hilfreich im Aufspüren von Ressourcen und belastenden Einflüssen zu sehen: Symptome können so als Warnsignale des Körpers gelesen werden, die auf eine Überforderung hinwei-sen. Zentral auch der Begriff des „Ordnens“ von Wis-sensbeständen, welches das Denken und Wissen über Krankheiten sowie die Gefühle der Betroffenen umfasst. Die ressourcenorientierte Unterstützung der Entwick-lung einer individuellen Krankheitsgeschichte durch die/den HomöopathIn setzt sich fort im homöopathi-schen Mittel, das von einer Interviewpartnerin als „Talisman“, der sie in ihren Entwicklungsprozessen begleitet, beschrieben wurde. Das homöopathische Mittel leistet auch eine wichtige Übersetzungsarbeit, indem es als Vermittler zwischen den Signalen/Symp-tomen des Körpers und dem Bewusstwerden und Bewusstsein darüber fungiert. Thematisch lassen sich unterschiedliche Narrationen fassen: z.B. Geschichten, die Homöopathie als „Be-gleitung in einem Wachstumsprozess“ sehen, jene, die von „Sicherheit und Handlungsfähigkeit“ spre-chen, oder jene, die Homöopathie als „immer wieder in den Griff kriegen mit natürlichen Mitteln“ konzipie-ren.

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2.5. Empowerment, Selbstsorge und Sorge für andere

Die Ausgangspunkte für die Entwicklung von Kompe-tenzen zur Selbstsorge und Sorge für andere stellen die genaue Selbstbeobachtung, die Umdeutung von Symptomen als hilfreiche Zeichen des Körpers und die Orientierung an Ressourcen dar. Daran angela-gert sind das Vertrauen, für sich selbst und andere sorgen zu können, das sich im Wesentlichen durch die als erfolgreich erlebte Behandlung, aber auch im Zuge der Selbstbehandlung und Selbsthilfe entwi-ckelt, und die Haltung, Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Unterstützt wird dieses Selbstvertrauen durch die Aufforderung und Ermunterung der HomöopathInnen, für das eigene Wohlbefinden bzw. für Heilungspro-zesse Verantwortung im Sinne von Mitarbeit und Mitbestimmung zu übernehmen. Das kann im Verlauf der Konsultationen geschehen, durch Übertragen von „Aufgaben“, z.B. der Selbstbeobachtung und selb-ständigen Mitteleinnahme nach Bedarf. Oder auch als gezieltes Angebot vonseiten der HomöopathInnen in Form von Seminaren und Vorträgen, die neben der Erweiterung der Eigenkompetenz auch die Möglich-keit eröffnen, dass sich die TeilnehmerInnen gemein-sam relevantes Wissen über Optionen zur Selbstbe-handlung erarbeiten (im Gegensatz zu dekontextuali-sierten Informationen aus anderen Quellen, z.B. ho-möopathischer Fachliteratur). Auch die Stärkung des Selbstvertrauens und die Vernetzung mit anderen Betroffenen werden als hilf-reich erwähnt. Diese Netzwerke, die teilweise freund-schaftlichen Charakter annehmen, werden beinahe ausschließlich von Frauen thematisiert und sehr ge-schätzt, die ihre Kinder behandeln und im Austausch mit anderen Unterstützung – vor allem in Akutsitua-tionen – erhalten. Die Selbstbehandlung mit homöopathischen Mitteln kann unterschiedliche Formen annehmen: Sie rei-chen von einer selbständigen Einnahme der Mittel nach Anweisung der/des HomöopathIn bis zur eigenständigen Wahl von Mitteln. Generell wird aber die Rücksprache und Abstimmung mit der/dem Ho-möopathIn gesucht. Erleichtert wird die homöopathi-sche Selbstbehandlung dadurch, dass sich die Betrof-fenen auf wenige (Akut-)Mittel beschränken und die Art der Behandlung – das Einnehmen eines Mittels – als leicht erlernbar beschrieben wird. Die Auswahl des passenden Mittels anhand des Ähnlichkeitsprin-zips wird als intuitiv einleuchtend wahrgenommen. Die geringe Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen fördert die Offenheit zur Selbstbehandlung. Wie erwähnt, kann die Selbstbehandlung auch aus-gedehnt werden auf nahe stehende Personen, das ist insbesondere bei Müttern der Fall, die ihre Kinder homöopathisch behandeln. Hier wird betont, dass mithilfe der Homöopathie eine sanfte Behandlungs-methode gefunden wurde und Nebenwirkungen wei-testgehend ausgeschlossen werden können, was insbesondere bei der Betreuung kleiner Kinder eine große Rolle spielt. Einzig der Aufwand der homöopa-thischen Behandlung (z.B. bedingt durch den Verab-reichungsmodus) wird als teilweise mühsam und zeitaufwändig beschrieben.

Eine weitere Ausdehnung erfährt diese Selbstsorge, die ursprünglich die angeleitete Selbstbehandlung mit homöopathischen Mitteln umfasst, durch die Rückbe-sinnung auf Hausmittel, durch Änderungen im Le-bensstil, die ursächlich mit den Erfahrungen in der homöopathischen Behandlung in Verbindung ge-bracht werden (z.B. sich mehr Ruhe zu gönnen), und durch die selektive Anwendung anderer Behand-lungsoptionen, auch im schulmedizinischen Bereich. In diesem Zusammenhang schätzen die Betroffenen den offenen und pragmatischen Zugang ihrer Ho-möopathInnen zu anderen Behandlungsoptionen und Verfahren sowie die Empfehlung derselben. Manche InterviewpartnerInnen beschreiben diese Prozesse der Selbstsorge und Sorge für andere durch Homöopathie als „früher dran sein“. Die erfolg-reich erlebte Selbstbehandlung führt zu einem Gefühl des Selbstvertrauens, dass Wissen und Kompeten-zen zur Selbstbehandlung genutzt werden können, und zu einem Gefühl der Sicherheit, auch bei zukünf-tigen Beschwerden handlungsfähig zu sein und auf die Wirkung der Homöopathie vertrauen zu können. 3. Diskussion und Ausblick Die Praxis des Umgangs mit chronischen Leiden durch Nutzung homöopathischer Behandlung und Betreuung zeichnet sich dadurch aus, dass die Be-troffenen eine andere Perspektive auf und einen anderen Umgang mit Krankheit und Leiden erlangen. Dadurch gelingt es den Betroffenen, chronische Krankheiten zu rekonzeptualisieren, in ihren Alltag zu integrieren und handlungsfähig zu werden. Dieser veränderte Blickwinkel wird möglich in der Interaktion mit der/dem HomöopathIn als Gegenüber: Die ver-trauensvolle Beziehung, die sich im Verlauf der Be-treuung entwickelt, und das angewandte Behand-lungskonzept, das Krankheit in ihrer Individualität, subjektiven Beschreibung und biographischen Ein-bindung versteht und sichtbar macht, lassen einen ressourcenorientierten Zugang zu, in dem Symptome auch als hilfreiche Zeichen gelesen werden können, und somit der Erkrankung Sinn zugeschrieben wer-den kann. Die in dieser Praxis sichtbar werdende Orientierung an den Bedürfnissen der Betroffenen findet dort ihre Grenzen, wo man sich Fragen der Einbindung der Homöopathie in Versorgungs- und Finanzierungskon-texte innerhalb des Gesundheitswesens stellt, die in dieser Form auch für andere alternative und komple-mentäre Verfahren relevant sind: Es zeigt sich, dass die Homöopathie nach wie vor eine marginalisierte Existenz im Gesundheitsbereich führt, somit die In-tegration in Versorgungskontexte und die damit ver-bundenen Aushandlungsprozesse beinahe aus-schließlich auf individueller Ebene verortet und Auf-gabe der Betroffenen sind. Eine weitere Erschwernis stellt die Finanzierung der homöopathischen Behand-lung dar, da sie – zumindest in Österreich – nach wie vor nicht als Heilbehandlung anerkannt ist und daher nur in einem verschwindend geringen Ausmaß von der gesetzlichen Krankenversicherung abgegolten wird. Diese beiden Hürden können auch als Zugangsbe-schränkungen gelesen werden, die sozial und öko-nomisch selektiv wirksam werden, da sie spezialisier-tes Wissen (z.B. über den Zugang zu homöopathi-

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Petra Plunger. Homöopathie in der Betreuung chronisch kranker Menschen. ICE 7. InHom 2008.

scher Behandlung, aber auch in der Koordination der Versorgung) und finanzielle Ressourcen vonseiten der Betroffenen erfordern. Somit stellen sich auf der Ebene der Versorgungssysteme auch Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, wenn man davon ausgehen kann, dass eine homöopathische Behandlung aus der Perspektive der Betroffenen wirksam ist. Man kann der Homöopathie also wünschen, dass im Sinne der Betroffenen und einer allgemeinen Vertei-lungsgerechtigkeit die Bemühungen um eine Vernet-zung mit anderen Versorgungsangeboten gelingen mögen und dass sie sich dabei ihrer genuinen Stär-ken noch stärker bewusst wird. Literatur Degele, Nina (2000): Alternativmedizin zwischen Anpassung und Ausstieg: das Beispiel Homöopathie. Gesundheitswe-sen, 62, 47-52. Heller, Andreas (2007): Die Einmaligkeit von Menschen verstehen und bis zuletzt bedienen. Palliative Versorgung und ihre Prinzipien. In: Heller, Andreas/ Heimerl, Katharina und Stein, Husebo (Hg.): Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun. Wie alte Menschen würdig sterben können. Palliative Care und OrganisationsEthik. Freiburg i. Breisgau: Lambertus, 191-208. Mag.a pharm. Petra Plunger MPH Pharmazeutin und Gesundheits-wissenschaftlerin. Vita: Studium der Pharmazie in Graz. Master of Public Health an der Johns Hopkins University. Beschäftigt sich in Wissenschaft und Praxis mit den Themen Versorgungs-forschung, PatientInnenorientie-rung, Gesundheitsförderung und Public Health. Seit März 2006 als Wissenschaftliche Mitarbeite-rin tätig an der Abteilung für Palliative Care und OrganisationsEthik/IFF Wien, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Forschungsbereiche: Alternati-ve und Komplementäre Heilverfahren, Konzeptentwicklung Palliative Care. • Kontakt: [email protected] • Palliative Care und OrganisationsEthik / IFF Wien:

www.uni-klu.ac.at/pallorg

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Michael Teut. Homöopathie in der ambulanten geriatrischen Versorgung. ICE 7. InHom 2008.

Michael Teut Homöopathie in der ambulanten geriatrischen Versorgung Geriatrische Patienten leiden häufig unter schwerwiegenden Einschränkungen der Mobilität und Auto-nomie – Endstrecken von individuellen Erkrankungsbiographien, die sich in schweren Organpathologien und Multimorbidität niederschlagen. Viele chronische Erkrankungen sind auch konventionell nicht ver-nünftig therapierbar und es fehlen therapeutische Alternativen. Anhand von Fallbeispielen wird aufge-zeigt, wie man mit dem General Analysis Repertorium von C. M. Boger bei Demenz und Inkontinenz vor-gehen kann, Ursachen und Therapiemöglichkeiten bei Mobilitätsstörungen werden benannt. Der nachfol-gende Text ist eine Zusammenfassung des Kongress-Vortrags. 1. Homöopathie in der Geriatrie Häufige geriatrische Probleme sind z.B. Erschöp-fungszustände, Schwindel, Gangstörungen, Sturzge-fahr, Hemiparese und postapoplektische Residuen, Morbus Parkinson, kognitive Störungen und Demen-zen, Frakturen, Traumata, Kachexie, Exsikkose, chronische Schmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Bronchitis, Pneumonien und Diabetes mellitus mit Folgekomplikationen.

Ein großes Problem stellen Multimedikation und unerwünschte Arzneiwirkungen dar. Das wichtigste Ziel der homöopathischen Therapie besteht in der Anregung der Selbstheilung. Bei schweren Organ-pathologien sind die Selbstheilungspotentiale ein-geschränkt, so dass realistische Therapieziele die Linderung akuter und chronischer Krankheiten und die Steigerung der Lebensqualität und des Wohl-befinden sind. Wichtig ist es insbesondere, die Auto-nomie und Gesundheits-Kompetenz der alten Patien-tinnen und Patienten zu fördern und nebenwirkungs-reiche Medikamente einzusparen.

Ideal wäre es, wenn die Anzahl der eingenommenen konventionellen Arzneien auf eine Zahl zwischen drei und fünf reduziert werden könnte. Dies entspricht den Empfehlungen geriatrischer Leitlinien zur Pharmako-therapie, stellt sich aber leider im Alltag als häufig unrealistisch heraus. Nichtarzneiliche Therapiemög-lichkeiten sollten voll ausgeschöpft werden, ins-besondere Bewegungstherapie, Sport, Physiothera-pie und ordnungstherapeutische Maßnahmen, Schlaf-hygiene, Ernährung und Trinken und psychosoziales Wohlbefinden. 2. Demenzerkrankungen Patienten, die unter einer Demenz erkrankt sind, haben in der geriatrischen Praxis einen großen Anteil.

Die Häufigkeit dementieller Erkrankungen steigt mit dem zunehmenden Alter. Während in der Alters-gruppe zwischen 65 und 69 Jahren nur 1,2% an einer Demenz leiden, beträgt der Anteil bei den über

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Michael Teut. Homöopathie in der ambulanten geriatrischen Versorgung. ICE 7. InHom 2008.

90-Jährigen 35%, die Anzahl der Dementen verdop-pelt sich in der Altersgruppe alle 5 Jahre. Die häufig-ste Demenz ist mit ca. 50-60% die Alzheimer-Demenz, gefolgt von der gefäßbedingten vaskulären Demenz mit ca. 20%. Darüberhinaus gibt es zahlrei-che weitere Ursachen für Demenzerkrankungen.

Im Folgenden möchte ich einige Beispiele aufzeigen, wie mit dem General Analysis Repertorium von C. M. Boger bei Demenzpatienten vorgegangen werden kann.

Als Zentralrubrik (Hauptsymptom) bietet sich, sofern keine andere charakteristische Beschwerde im Vor-dergrund steht, die Rubrik „Gedächtnis, Erinnerungs-vermögen“ an.

Gedächtnis, Erinnerungsvermögen: Anac, Arn, Aur, Bar-c, Bell, Calc-c, Cann, Con, Hell, Hyo, Lach, Lyc, Merc, Nat-m, Nux-m, OP, Pho-ac, Stap, Sul

Diese Rubrik kann mit verschiedenen spezifizieren-den Rubriken kombiniert werden und richtet sich nach der individuellen Ausprägung (Charakterisierung) der Demenz. Das Schema hat sich klinisch bewährt. Ich möchte zeigen, wie man mit dem begrenzten Rubri-kensatz der General Analysis die klinische Haupt-symptomatik gut abbilden kann.

KASUISTIK Demenz bei Normaldruckhydrozephalus Anamnese und Befund Die 76-jährige Patientin leidet unter einem Normaldruck-hydrozephalus, Diabetes mellitus, Adipositas, Hypertonie, chronischen Wirbelsäulen-Schmerzen bei Osteoarthritis, Hyperlipoproteinämie und steht unter einer Schmerz-therapie mit Tramadolor. Es findet sich seit über einem Jahr eine progrediente kognitive Störungen und eine Gangstörung. Im CCT findet sich ein fortgeschrittener Normaldruckhydrozephalus als Ursache der demen-ziellen Entwicklung. Die neurologische und geriatrische Klinik lehnte eine Drainage-Therapie aufgrund des fort-geschrittenen Befundes ab. In der Untersuchung war ein erneutes kognitives Assessment aufgrund fehlender Sprechfähigkeit nicht durchführbar. Verlust der Geh-fähigkeit, Ataxie, Erschöpfung und Apathie. Eine Urin- und Stuhlinkontinenz war neu hinzugekommen, die Pa-tientin saß im Rollstuhl. Fallanalyse und Repertorisation Es werden für die Repertorisation folgende General- Analysis-Rubriken kombiniert: • Gedächtnis, Erinnerungsvermögen • Inaktivität (Apathie) • Koordinationsstörung • Inkontinenz Ergebnis (Anzahl der Rubriken): Sul (4), Arn (3), Bell (3), Con (3), Hyo (3), Pho-ac (3) Verschreibung Die Patientin erhält Acidum phosphoricum LM VI 2 x tgl. 5° über 6 Wochen und 12 Sitzungen Physiotherapie. Verlauf Nach 6 Wochen ist das Gedächtnis deutlich gebessert, eine Unterhaltung ist möglich und die Patientin ist über kurze Strecken gehfähig, die Urin-/Stuhlinkontinenz besteht nicht mehr. Der Erfolg konnte über 6 Monate Nachbeobachtungszeit stabilisiert werden.

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Michael Teut. Homöopathie in der ambulanten geriatrischen Versorgung. ICE 7. InHom 2008.

KASUISTIKEN Zwei Patienten mit demenziellen Erkrankungen Ein 87-jähriger Mann mit einer vaskulären Demenz wurde aufgrund eines Drehschwindels mit Verschlechterung durch Bewegung mit gutem symptomatischen Erfolg mit Conium maculatum behandelt. Ein Mann mit einem fortgeschrittenen Korsakow-Syndrom mit den Leitsymptomen Aggression, Kotschmieren und Zupfen an den Windeln wurde mit Hyoscyamus und Agaricus behandelt, darunter verbesserten sich Kogni-tion, Verhalten und Inkontinenz, der Patient war zuletzt zu einem strukturierten Gespräch fähig und konnte aus dem Bett mobilisiert werden.

3. Inkontinenz Ein großes Problem im Alter stellen Urin- und Stuhl-inkontinenzen dar. Diese sollten auch in ihren Ursa-chen diagnostisch abgeklärt und möglichst kausal behandelt werden. Häufig lassen sich zumindest in Bezug auf die Lebensqualität Verbesserungen erzie-len. Zur homöopathischen Begleittherapie hat sich folgen-de General-Analysis-Rubrik bewährt:

Inkontinenz, Stuhl, Urin, sexuell, etc.: Alo, Arn, Ars, Bell, Caus, Chin, Con, Dios, Gel, Hyo, Mur-ac, Nat-m, Pho, Pho-ac, Pod, Pul, Sele, Sep, Stap, Sul. Bei Urininkontinenz sind aus meiner Erfahrung die wichtigsten Arzneien Causticum, Acidum phosphori-cum, Staphisagria, Pulsatilla, Sepia. Bei Stuhlinkonti-nenz kommen besonders in Frage Aloe, Hyoscya-mus, Acidum phosphoricum, es sollte auch an Opium gedacht werden.

KASUISTIK Blaseninkontinenz und Apoplex Anamnese und Untersuchungsbefund Die 75-jährige Patientin erlitt vor einem Jahr einen ischä-mischen Insult, im CCT vaskuläre Leukenzephalopathie, außerdem besteht eine Karotisstenose, eine Hyperlipopro-teinämie, Hyperthyreose und eine Urininkontinenz. Sie klagt über Erschöpfung, hat keine Kraft mehr, schwere Beine. Beim Gehen das Gefühl von Schwanken, wie betrunken, Fallneigung nach links, aber kein Schwindel-gefühl. Ihre Stimme hört sich, wenn sie spricht, seit dem Schlaganfall subjektiv anders an. Es besteht trockener Reizhusten und Urinabgang beim Husten und bei Anstrengungen, wenn Blase voll ist, kann es zu unkon-trollierbarem Harnabgang kommen. In der BWS und LWS stechende Schmerzen. Seit dem Schlaganfall besteht ein nicht kontrollierbares Lachen und Weinen bei lustigen oder traurigen Geschich-ten. Sie leidet unter Durchschlafstörungen und wacht alle 2 Stunden auf. Sie ist mitfühlend, will Menschen helfen. Sie fühlt sich häufig frostig und ist durstig.

Fallanalyse und Repertorisation Es werden für die Repertorisation folgende Rubriken kombiniert: • Inkontinenz, Stuhl, Urin, sexuell, etc. (General Analysis) • Mitfühlend, Mitleid (Phatak-Repertorium) • Schmerz, Stechen(Phatak-Repertorium) Als einzige Arznei geht Causticum durch alle Rubriken. Verschreibung Die Patientin erhält Causticum Q3 5 Tropfen zur Nacht. Verlauf Nach 20 Tagen ist der Schlaf besser, der trockene Reiz-husten viel besser, die Urininkontinenz deutlich gebessert. Nach 46 Tagen ist die Urininkontinenz verschwunden, der Husten weg, die Mobilität gut, die Patientin fühlt sich topfit. Verschreibung: Causticum Q4 jeden 3. Tag 5 Tropfen. Nach 60 Tagen liegt Normalbefinden vor, keine Be-schwerden mehr, Causticum wird abgesetzt.

4. Mobilität und Sturz Fast ein Drittel der 65-Jährigen und Älteren sowie die Hälfte der 80-Jährigen und Älteren stürzen jährlich mindestens einmal. Im Heimbereich kommt es schät-zungsweise zu etwa 1 Million Stürzen pro Jahr, min-destens jeder zweite Bewohner ist betroffen. 10-20% aller Stürze führen zu Verletzungen, 5% zu Frakturen, etwa 2% zu hüftnahen Oberschenkelhalsfrakturen.

Jährlich ereignen sich allein in Deutschland etwa 70.000 Oberschenkelhalsfrakturen. Nach der Ober-schenkelhalsfraktur sterben 14-34% der Patienten innerhalb eines Jahres, 20% der Betroffenen müssen anschließend in einem Pflegeheim versorgt werden und 30% der Betroffenen leiden im Anschluss unter der Furcht, erneut zu stürzen. Besonders sturz-gefährdet sind ältere Menschen, die unter Gang- und Gleichgewichtsstörungen, Muskelschwäche, Schwin-del und Sehstörungen leiden. Auch die Einnahme beruhigender oder Schlaf fördernder Medikamente sowie allgemein die Einnahme sehr vieler Medika-mente tragen zum erhöhten Sturzrisiko bei.

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Michael Teut. Homöopathie in der ambulanten geriatrischen Versorgung. ICE 7. InHom 2008.

Hierarchisierung

Vogelperspektive Charakteristische Symptome

Anatomische Wirkungsrichtung

Lokalität

Pathologie

Sensation

Modalität

Begleitbeschwerden

Diskrete Symptome

Geistes-/Gemütssymptome

Verankerung Eigene Biographie

Familienanamnese

Hierarchisierung

 

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass sich Stürze durch Früherkennungsmaßnahmen, frühzeitige Diag-nostik und gezielte Therapiemaßnahmen häufig wirk-sam verhindern lassen.

Angehörige, Pflegedienste und Ärzte können durch erfolgreiche Früherkennung dazu beitragen, die Sturzneigung frühzeitig zu erkennen und optimal zu behandeln.

5. Ausblick Wie an den geschilderten Fallbeispielen zu sehen ist, eignet sich die Arbeitsweise mit den Bogerschen Repertorien und dem Phatak-Repertorium gut zur geriatrischen Versorgung, da sie pragmatisch kli-nisch ausgerichtet sind, sich schwere Pathologien gut abbilden und die Methode außerdem zeitsparend ist. 6. Weitere Informationen • Homepage von Michael Teut: www.michael-teut.de • Charité Ambulanz für Prävention und Integrative Medizin

CHAMP: www.champ-info.com • Projekt Sturzprävention: www.geriatrienetzwerk-berlin.de

Dieser Beitrag ist in kürzerer Form und ohne die Abbildungen erschienen in

Gudjons aktuell. Januar 2008: 31-34.

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Raimund Friedrich Kastner. Die Bedeutung der Materia medica homoeopathica für die Menschen. ICE 7. InHom 2008.

Raimund Friedrich Kastner Die Bedeutung der Materia medica homoeopathica für die Menschen I. Einleitung Ich begrüße Sie sehr herzlich an dieser historischen Stätte zu meinem Vortrag und ich danke Ihnen für die Einladung zum heutigen Kongress – und Herrn Lars Broder Stange, der dies ermöglicht hat. Ich freue mich, Teil dieser wichtigen Veranstaltung zu sein und möchte in der für mich vorgesehenen Zeit einen kur-zen Bericht über die Bedeutung der Materia medica homoeopathica (MMH) für die Menschen geben. „Der höchste Grad der Arznei ist die Liebe. Die Liebe ist es, die die Kunst lehret, und außerhalb der-selbigen wird kein Arzt geboren. Schwätzen, süß re-den ist des Maules Amt; helfen aber, nutz sein, ist des Herzens Amt. Im Herzen wächst der Arzt, aus Gott geht er, des natürlichen Lichtes der Erfahrenheit ist er. Nirgend ist, wo große Liebe vom Herzen ge-sucht wird, größere als im Arzt.” (Paracelsus) „Ich habe es oft gesagt: Die Medizin ist eine Naturwis-senschaft; aber das Arzttum ist keine Naturwissen-schaft, sondern das Arzttum ist das Letzte, Schönste und Größte an Beziehungen von Mensch zu Mensch. Das Arzttum ist das Königliche, die Naturwissen-schaften sind die Minister dieses Königs, die dienen müssen und nicht herrschen dürfen.” (Ferdinand Sau-erbruch) Wir alle wissen, dass durch Samuel Hahnemann (1755-1843) ein großer Schnitt in das bis dahin übli-che wissenschaftliche Denken und Handeln der Men-schen kam – als sich die Homöopathie für das Be-wusstsein der Menschen öffnete und dies durch Hah-nemanns Arbeit überhaupt erst ermöglicht wurde. Das Bewusstsein der Menschen wurde – wenn diese es zuließen – erweitert durch die Homöopathie, hauptsächlich durch das kosmische Gesetz der Ähn-lichkeit (Similia similibus curentur). Hahnemann hat dies in seinem Buch „Organon der Heilkunst” defi-niert, zeitlebens erweitert und kommentiert, so dass wir heute in der Neufassung der 6. Auflage, die Privatdozent Josef M. Schmidt erarbeitet hat1, endlich die Fassung in der Hand halten, die Hahnemanns letzte Überprüfung berücksichtigt. Den Weg der Ent-faltung der Homöopathie durch die Praxis Hahne-manns bis zu dieser Ausgabe wurde in der Organon-Synopse (6 Auflagen von 1810-1842)2 von den Her-ausgebern Bernhard Luft und Matthias Wischner fest-gehalten und wir können so die Entwicklung der Ho-möopathie von Hahnemann nachvollziehen. Den wichtigen philosophischen Anteil, den die Homöopa-thie ausfüllt, werde ich heute nicht betrachten. Uns fehlen noch weitere Bereiche, die unsere Arbeit in der homöopathischen Praxis weiter sichern und exaktes Wissen ermöglichen. Ich möchte deshalb un-sere Aufmerksamkeit beispielsweise auf den Schrift-wechsel Hahnemanns mit seinen Kollegen und Pa-tienten hinweisen, der bis heute weitgehendst35 unbe-rücksichtigt blieb, auf seine Krankenjournale, die durch die Initiative des Robert Bosch Instituts in Stutt-gart unter Leitung von Prof. Robert Jütte („Kritische Gesamtedition”)3 seit Jahren erarbeitet werden und

nach und nach erscheinen, und – auf die Materia me-dica homoeopathica (MMH). Diese wichtige Samm-lung von Prüfungssymptomen ist bis heute nahezu unbeachtet geblieben und schlummert in den Archi-ven. Wir müssen uns fragen, ob wir uns dies heute noch leisten können und mitschlummern möchten, oder ob wir aufwachen wollen. Es erscheint mir jedoch fahrlässig, bei unserem Heilauftrag, den wir angenommen haben, dieses Werk nicht für die Pra-xistätigkeit zu erarbeiten. Letztlich stellt diese die Ba-sis für alle Homöopathen, für alle persönlichen Rich-tungen und Begabungen dar. Als aktuelles Beispiel mag hier die „Biochemie nach Schüssler” genannt werden, die homöopathische Arz-neien verwendet in einem nach Schüssler benannten Wirkungsspektrum; Eugene B. Nash (1838-1917)4 berichtete schon damals, dass Constantin Hering (1800-1880) diese Mittel als „Steißgeburt” bezeichne-te. Dieser fertigte deshalb eine wichtige Extraarbeit über diese 12 Mittel an, die aber im Laufe der Zeit vergessen wurde, vor allem von den „Schüssler-Ver-ordnern”.5 Eine ganz andere Richtung der Verwendung von Bausteinen der Homöopathie finden wir in der Anthro-posophischen Medizin, nämlich das Inanspruchneh-men der homöopathischen Potenzierungsmethode ihrer Arzneien.6 Weitere großartige und eigenartige Ideen, die homöopathisches Wissen benutzen sind z.B. die Arbeiten E. von Grauvogl, die „Weiheschen Druckpunkte”, der farbtherapeutische Ansatz zur Fin-dung des Simillimums von Prof. Hugbald V. Müller, die Homotoxinlehre Reckewegs und andere Metho-den, weil die Homöopathie und deshalb diese Tradie-rung aufgrund ihrer Universalität, kompatibel ist. Letztlich gibt es gar keine Unterscheidung in „klassi-sche”, „allgemeine”, „genuine”, „moderne”, „altmodi-sche”, oder gar eine „kreative”6a oder „neuerfundene” Homöopathie, wie dies neuerdings von jungen enthu-siastischen Kollegen postuliert wird, auf die mich unsere Apothekerin Frau Britta Gudjons beim Ettlin-ger „Internationalen Hahnemann Kongreß”7, schmun-zelnd aufmerksam machte, sondern ganz einfach, sogar unspektakulär „nur” Homöopathie, weise wis-send, dass die Heilung nur im Unsichtbaren stattfin-det. Dies macht unsere Lage verantwortungsvoll und kompetent und ist auch ein Grund für mich, heute die-sen Vortrag mit großem Respekt vor Ihnen und dieser Thematik zu halten. II. Medizinisches Wissen Lassen Sie mich bitte deshalb kurz an dieser Stelle berichten. Ich erwähne bewusst nicht das römische oder griechische medizinische überlieferte (Rest-) Wissen über den Menschen – ein Wissen, dessen damaliger Standard schon Hahnemann überschritt und drastisch änderte, Bönninghausen sogar in sei-nem Werk „Die Aphorismen des Hippokrates” (Leipzig 1863) durch seine „homöopathischen Glossen” wider-

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Raimund Friedrich Kastner. Die Bedeutung der Materia medica homoeopathica für die Menschen. ICE 7. InHom 2008.

legte – von dem aber Krankheitsnamen und damit verbundene Vorstellungen und Ideen der heutigen Medizin stammen und es deshalb nicht uninteressant ist, auch darüber Bescheid zu wissen. Ich erlaube mir, die älteste literarische Überliefe-rungsschicht der indischen Kultur, die vedische Lite-ratur, zu erwähnen. Das Wort „Veden” leitet sich von der Sanskritwurzel vid = wissen (heiliges Wissen) ab. Die Entstehungszeit dieser Textsammlungen er-streckt sich über viele Jahrtausende und hat sich bis heute weiter entwickelt. In der Homöopathie haben wir ähnliche Phänomene, was ich nachstehend auch für alle erkennbar aufzeigen werde. Der deutsche Sanskritgelehrte Prof. Martin Mittwede hat in seiner wichtigen Veröffentlichung „Der Ayurveda”8 die um-fassende vedische Literatur, die traditionell in zwei Teile gegliedert ist, eingeteilt in: • „Die śruti – wörtlich ‘das Gehörte‘ – bezeichnet den

Kanon der offenbarten Texte, die von Sehern (ṛṣĩ) der Urzeit geschaut worden sind. Insofern sind sie nicht von Menschen geschaffen worden und bilden die Grundlage des ewigen Gesetzes (sanatana dharma), welches innerhalb des Hinduismus auch heute noch als maßgeblich anerkannt wird.

• Die smṛti – wörtlich ’das Erinnerte‘ – bezeichnet

diejenigen Schriften, die auf der śruti aufbauen und diese näher erläutern. Sie sind von Menschen ver-faßt worden, gelten aber auch als göttlich inspirierte Texte.

Zur śruti gehören die sogenannten vier Veden, d. h. Rigveda, Samaveda, Yajurveda und der Atharveda sowie die Brahmanas, Aranyakas und Upanisads. Die Atharveda-samhita ist in der vedischen Perio-de die wichtigste Quelle für unser Wissen über die Heilkunde, die in der damaligen Zeit praktiziert wurde.”8a Die Materia medica der verschiedenen Heilkräuter und andere Substanzen, verteilt auf unserem gesam-ten blauen Planeten, ist sehr groß, so dass man, wie auch aus unserer Tradition Paracelsus anspricht, weiß, dass die gesamte Natur unser Heilmittel ist und im speziellen Fall sogar, wenn ein Ungleichgewicht als Krankheit sich zeigt, zur Heilung verwendet wer-den kann. Sie heißt nicht umsonst im Volksmund „Die Apotheke Gottes”. In Deutschland hat sich bis heute die Naturheilkunde behauptet, die in die Volksheil-kunde eingebettet ist, diese wiederum stellt eine Erfahrungsheilkunde der Menschheit dar. In der ayurvedischen Heilkunst ist auch „alles” Heil-mittel. Die Ayurveda-Klassiker, die wir kennen, ent-stammen nicht den erwähnten Textsammlungen, son-dern der Überlieferung der Upavedas, die als eine Vielzahl von Einzeltexten über das ganze Land zer-streut (!) vorliegen, und nach ihren „Sammlern” Cara-ka, Susruta und Vaghbata als „Samhitas“ – auf deutsch „Sammlungen” – bezeichnet werden. Sie al-le haben aber auch einen sakralen Charakter. Der indische Avatar Sathya Sai Baba, den ich schon mehrfach besucht habe, erwähnte 2001 bei der Ein-weihungsfeier eines Krankenhauses in Whitfield in seiner Ansprache u.a. Folgendes: „Die Allöopathie kann Krankheitserreger nicht dauerhaft ausrotten.

Sie kann sie nur in einem gewissen Maße eine gewis-se Zeit lang kontrollieren. Es bleibt immer das Risiko eines Rückfalls. Obwohl die Allöopathie von Zeit zu Zeit Fortschritte gemacht hat, ist auch die Zahl der Krankheiten gestiegen. Dr. Samuel Hahnemann aus Deutschland, der die Homöopathie entdeckte, er-forschte auch Ayurveda eingehend. Das Wohlerge-hen der ganzen Welt war sein Motto. Aber den heuti-gen Menschen kümmert das Wohlergehen der Welt nicht.”9

Wir erleben die gleiche Vorsicht bei der Aufbewah-rung von Wissen auch bei den Palmblattbibliotheken, die weise über den indischen Kontinent verteilt sind – um Feuer-, Wasser-, Erdbeben- oder andere Gefähr-dungen auszuschließen, weil dieses Wissen für die Menschheit wichtig und deshalb heilig ist. Denken wir nur an die Homöopathie-Archive in den USA, denen bisher viele dem Feuer zum Opfer fielen, auch Bönninghausens Bibliothek in seinem Schloss bei Münster (Westfalen) wurde durch Feuer vernichtet – ganz zu schweigen von den legendären Bibliothe-ken von Alexandrien und Konstantinopel. Die chinesische Heilkunst z.B. warnt aber, mit dem Gesetz der 5 Elemente bzw. den Wandlungsphasen [(Venus)-Pentagramm des Wandels], dass, „wenn das Holz überwiegt, es vom Feuer zerstört wird”, weil die Spannung der geballten gespeicherten Energie zum Weiterfließen drängt. Analog dazu führt eine Fettleber (Holz) zur Herzerkrankung (Feuer). Da momentan die homöopathische Bibliothek in Köthen eingerichtet wird, und zwar sinnigerweise im ehemaligen Hospital der „Barmherzigen Brüder”, ein Gebäudekomplex, der sich an Hahnemanns Grund-stück anschließt, wäre es notwendig, aus bekannten Sicherheitsgründen, weitere Bibliotheken mit identi-schem Inhalt innerhalb Deutschlands, Europas, vor allem aber in Südindien10 und in Übersee anzulegen. In einer besonderen Situation der Menschheitsent-wicklung, ähnlich der heutigen, – nämlich zu dem Zeitpunkt, als die ersten Krankheiten auftauchten und damit dem religiösen Streben („religio” heißt sich zurückerinnern) der Menschen Hindernisse entgegen-setzten, – versammelte sich im Himalaya eine Grup-pe von Weisen aus Mitgefühl mit den Menschen, um nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Sie hatten damals erkannt, dass die Gesundheit die beste Grundlage für das Erreichen der Lebensziele dar-stellt. Sie begannen das Treffen mit ähnlichen Worten wie „die lieben Menschen werden krank, wie können wir Ihnen helfen?” Die mit den Krankheiten einherge-hende sich stets verkürzende Lebenszeit sorgte au-ßerdem dafür, dass der Zeitraum für die Erreichung des Heils als nicht mehr ausreichend empfunden wur-de. Dieses ayurvedische Wissen wurde von den ver-sammelten rsis positiv aufgenommen. Purnarvasu betrachtete das Mitgefühl als das Höchste und lehr-te daraufhin sechs Schüler den Ayurveda.11 III. Homöopathie – Hahnemann Und hier beginnen wir auf dem Kongress ICE 7 mit dem Anspruch „Mit Homöopathie alt werden und jung bleiben” in unser Thema einzutauchen. Der Ayurveda ist die Lehre vom langen Leben, die Homö-opathie, aber auch die schwesterlich anthroposo-

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phischen medizinischen Gedanken, schließen sich hier nahtlos an. Diesem Mitgefühl für die kranken Menschen, die sich uns anvertrauen, gilt auch die heutige Zusammenkunft von Homöopathen, die sich innerlich dieselbe Frage stellen: Was kann ich tun, denn die lieben Mitmenschen sind erkrankt. Auch Hahnemann hat sich immer wieder diese Frage gestellt, und sie hat ihn unermüdlich arbeiten lassen, weil ihm bewusst wurde, dass die Medizin, die er ge-lernt hatte, nicht ausreichte, um seine eigenen Kinder vor dem Tod zu bewahren. Ich habe vor etwa 25 Jahren in Bangalore/Südindien eine homöopathische Apotheke besucht – in der auch homöopathische Bücher verkauft wurden – und dabei ein großes Bildnis von Hahnemann betrachtet, das im Verkaufsraum zu seiner Verehrung aushing. Darunter stand kurz und deutlich die Bezeichnung: Maha-Hah-nemann, der Große Hahnemann. Dies hat mich tief berührt – in einer deutschen Apotheke habe ich bis-her diese Erfahrung nicht gemacht. Durch innere Führung wurde von Hahnemann die Ho-möopathie so klar dargestellt, dass er schon damals vor dem Wissen um die Gesetze der Atomphysik, die ich später kurz anreißen möchte, viele dieser Gesetze in §§ 291ff. im Organon der Heilkunst vorwegnahm – denn Kunst kommt von Können. Im Organon widmet Hahnemann unserem Thema (Reine Materia medica) die Paragraphen §§ 143-145. Es heißt dort: „Eine wahre Materia medica ist eine Sammlung reiner Arzneiwirkungen, ein Kodex der sorgfältig befragten Natur, ohne Vermutungen, Behauptungen oder Erdichtungen (§ 143f.). Bei ent-sprechendem Umfang wird dort für jeden Krankheits-zustand ein homöopathisches Arzneimittel zu finden sein (§ 145). Wir achten auf das Wort Kodex. Heutzutage spre-chen viele moderne Menschen wichtigtuerisch vom „DaVinci-Code”. Ich habe aber bisher noch keinen ge-troffen, der mir erklären konnte, was damit gemeint ist oder was dieser überhaupt sein soll. Aber um den Ko-dex der Homöopathie, der sorgfältig befragten Na-tur, habe ich inzwischen in 33-jähriger Praxisarbeit mehr erfahren. IV. Materia medica homoeopathica Die Materia medica homoeopathica (MMH) setzt sich zusammen – damals nannten es die Homöopa-then Hering, Farrington u.a. noch erfurchtsvoll – aus den „Königreichen der Natur”, den Mineralien, den Pflanzen und den Tieren. Um ein System in die Fülle der geprüften Arzneien zu bringen, damit die „historische Dimension” ersichtlich wird, wird es nötig sein, ein übersichtliches Planen für das Studieren dieser „Fülle” zu machen. Zu diesem Zweck habe ich die Mittel in vier Abteilungen ge-bracht, entsprechend dem Naturreich, welchem sie entnommen sind, dem wir auch entwachsen sind und das in uns latent schlummert, nämlich: 1. Mittel aus dem Mineralreich 2. Mittel aus dem Pflanzenreich 3. Mittel aus dem Tierreich 4. Mittel der Nosoden und Krankheitsprodukte

Hahnemann, Organon § 14312: „Hat man eine be-trächtliche Zahl einfacher Arzneien im gesunden Menschen auf diese Art geprüft und alle Krankheits-Elemente und Symptome sorgfältig und treu aufge-zeichnet, die sie von selbst als künstliche Krankheits-Potenzen erzeugen können, so hat man eine wahre Materia medica. Das ist eine Sammlung der ech-ten, reinen, untrüglichen Wirkungsweisen der ein-fachen Arzneistoffe, einen Kodex der Natur. Darin sind von jeder so erforschten, kräftigen Arznei eine beachtliche Reihe besonderer Befindungs-Verände-rungen und Symptome aufgezeichnet, wie sie sich der Aufmerksamkeit des Beobachters darstellten. In diesen sind in Ähnlichkeit die (homöopathischen) Krankheits-Elemente mehrerer natürlicher Krankhei-ten vorhanden, die einst durch sie zu heilen sind. Sie enthalten künstliche Krankheitszustände, die für die ähnlichen natürlichen Krankheitszustände die einzi-gen, wahren, homöopathischen, das heißt spezifi-schen Heilwerkzeuge zur gewissen und dauerhaften Genesung darstellen.“ Und weiter, § 144: „Von einer solchen Arzneimittel-lehre sollte alles Vermutete, bloß Behauptete oder so-gar Erdichtete ausgeschlossen sein. Alles hat reine Sprache der sorgfältig und redlich befragten Na-tur zu sein.”12 Soweit Hahnemann. Die Materia medica homoepathica finden wir vor in vier verschiedenen Versionen, die unterschiedlich gewertet werden: 1. Unbearbeitetes Rohmaterial von Symptomen von

Prüfern

2. Bearbeitete und geordnete Symptome als so-genannte Primäre Materiae medicae – die Symp-tome von gesunden Arzneiprüfern im Original-wortlaut – wie Hahnemanns Reine Arzneimittelleh-re (RA), Chronische Krankheiten (CK) und Hart-laub/Trinks Reine Arzneimittellehre (HT) usw. Die größte Sammlung von Primärquellen ist das Werk von T.F. Allen Encyclopedia of Pure Materia Medi-ca, diese liegt jedoch nur in englischer Fassung vor. Allein die diesbezüglichen Arbeiten Hahne-manns müssen erfasst und bearbeitet werden.13 Der Referent hat dies fertiggestellt in seinem Buch „Bibliographia (1805-1900) der Materia medica ho-moepathica”, das als Kernstück der Materia medica homoepathica gilt, mit den gesamten deutschen Quellen und ihren Kommentaren. Diese Original-quellen wurden vollständig gefunden und liegen ab-geschrieben zur kritischen Bearbeitung vor.14

3. Bearbeitete und geordnete Symptome als so-

genannte Primäre Materiae medicae – die Symp-tome von Geheilten im Originalwortlaut. Erinnert sei an Hahnemanns Schüler Georg Heinrich Gott-lieb Jahr (1801-1875), dessen diesbezügliche erste Veröffentlichung in der damals gegründeten Zeit-schrift AHZ 1 zu finden ist als „Beiträge zur ange-wandten Pharmakodynamik: Belladonna”.15 Wohlbemerkt erscheint diese AHZ durchgängig bis heute als Ihr Mitteilungsorgan. Später erschienen die beachtungswürdigen „Klini-schen Anweisungen in der Homöopathie” (1854- 1877)” von Th. J. Rückert16, Noack/Trinks „Hand-buch der homöopathischen Arzneimittellehre”17 und A. Possarts „Homöopathische Arzneimittellehre”17a

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– auf dem Höhepunkt des damaligen deutschen wissenschaftlichen Niveaus – und die heute mehr bekannten „Guidings Symptoms” Constantin He-rings in den USA, die wir als klinische Symptome kennen, auch in der inzwischen übersetzten deut-schen Fassung von Frau Renée Schlick als Leit-symptome unserer Materia medica. Getreulich kor-rekt hatte Herings Schwiegersohn Calvin B. Knerr 1896 das Repertorium zu den „Guiding Symtomes” herausgebracht, indem er, wie es sein soll, alle Symptome aus diesem Werk nachweislich übertra-gen hat, ähnlich „Spiegelphotonen”, um das Bild zu behalten: Die Münze mit Ihrer Vorder- und Rücksei-te ist wie aus einem Guss. Dies naheliegend auch mit Hahnemanns Werk zu erarbeiten, ist bis heute keinem Homöopathen eingefallen. Selbst die dies-bezüglichen genialen Repertorien von C. v. Bön-ninghausen (1785-1864)18, die zugegebenermaßen nicht ganz vollständig Hahnemanns Werk wieder-geben, aber ein nie wieder erreichtes Niveau dar-stellen, sind aus „erster” Hand. Erinnert sei auch noch an die große Tradition der deutschen Kräuter- und Pflanzenbücher, die häufig sogenannte „Goldkörner” und Volksweisheiten über den Gebrauch enthalten.

4. Sekundäre Materiae medicae, die individuelle Be-

arbeitungen der Homöopathen als „Arzneimittelleh-ren” darstellen, mit ihren Erfahrungen, Kommenta-ren und Vergleichen und Arzneibeziehungen, wel-che die Primäre Materiae medicae durchgearbeitet haben. Wir finden hierzu z.B. Werke wie die von C. v. Bönninghausen19, G.H.G. Jahr „Handbuch der Hauptanzeigen homöoathischer Heilmittel (1834)”. Später die uns allen bekannten Werke von C. He-ring „Kurzgefaßte Arzneimittellehre, A. Lippe „Handbuch homöopathischer Charakteristika”, C. Dunham „Vorlesungen zur homöopathischen MM”, Cowperthwaite „Charakteristik der homöopathi-schen Arzneimittel”, E.A. Farrington „Klinische Arzneimittellehre”, E.B. Nash „Leitsymptome in der homöop. Therapie”, J.T. Kent „Homöopathische Arzneimittelbilder (3 Bände), J. Mezger „Gesichtete homöopathische Arzneimittellehre (2 Bände) u.a.m.

Die Symptome, die der Arzneiprüfer durch Selbstbe-obachtung empfindet, können, wenn sie vollständig sind, in vier Symptomenbestandteile zerlegt werden. Das sind 1. Lokalisation und Ausdehnungen 2. Empfindungen (Befunde, Befindlichkeiten) 3. Modalitäten und Teilmodalitäten (d.h. Besserung

und Verschlimmerung der Symptome) 4. Begleitsymptome Erwähnt sei noch, dass die chinesische, die tibeti-sche, die ayurvedische Heilkunst alle ihre ausführli-chen Materiae medicae haben, und dieses Wissen den Völkern das Überleben in den vergangen Jahr-tausenden aus medizinischer Sicht ermöglichte – und deren seit Urzeiten bewährte Heilmittel heute noch vorliegen. V. Ernährung Zur Gesunderhaltung der Menschen spielt die Ernäh-rung eine dominierende Rolle, besonders Früchte seien hier erwähnt. In der Tradition der jüdischen Mystik z.B. wird eine Reihe von Früchten angegeben,

die für die sieben Arten des Wachstums des Men-schen stehen. Diese sind (1) Weizen, (2) Gerste, (3) Weinstock (Trauben), (4) Feige, (5) Granatapfel, (6) Olive, (7) Dattel, (8) Mandel (Nuss). Wir treffen hier auf das Gesetz der Sieben, indem auch unser Wo-chenrhythmus schwingt und die Siebentonleiter. Die anthroposophische Medizin z.B. beachtet dieses Ge-setz auch auf anderen Gebieten, z.B. bei den Lebensrhythmen der Menschen. Diese Materia medica der Früchte steht für Gesund-heit für „jedermann“, verändert sich aber kulturkreis-mäßig. Friedrich Weinreb20 hat dabei eine bemer-kenswerte archaische Entdeckung gemacht. Die Früchte von (1) Weizen, (2) Gerste, (3) Weinstock (Trauben), (4) Feige und (5) Granatapfel enthalten viele Kerne, es ergeben sich viele Saatkörner. Nun aber, bei der sechsten Frucht, der (6) Olive, ist es nur noch ein Kern, der begraben werden muss, damit neue Frucht kommt. Aus der Sichtbarkeit muss es verschwinden in ein Geheimnis. Wozu die-ses Sterben, dieses Verwesen, diese Art Ende? Im Geheimnis lebt es, keimt und kommt wieder heraus. Die Olive, wie auch die (7) Dattel, die siebte Frucht, enthält nur einen Kern. Die Dattel ist süß. Wenn in der Bibel von Honig gesprochen wird, ist neben dem Honig der Bienen vor allem der Honig der gepressten Datteln gemeint. So auch immer dort, wo von „Milch und Honig” die Rede ist. Hopi-Indianer weisen darauf hin, dass zum Weiterle-ben den Menschen auf der Erde das Bienenvolk not-wendig ist, da deren Hauptaufgabe das Bestäuben der Blüten der Fruchtbäume ist. Wie verhält es sich nun aber mit der achten Frucht? Sie hat einen ganz merkwürdigen Kern – man kann ihn essen: Es ist die (8) Mandel, die Nuss. Da wird der Kern gegessen, während man sich bei den Ker-nen der anderen Früchte die Zähne ausbeißen wür-de. Den Kern der achten Frucht kann man begraben, aber auch essen. Was man begräbt, isst man auch, ist man auch. Da ist kein Unterschied. Der achte Tag zeigt das. Im Hebräischen gibt es zwei Namen für die Mandel. Der eine ist „lus”, das gleiche Wort wie der Name des Ortes, der in der Genesis vorkommt, wo Jakob sich hinlegt und die Leiter sieht, die in den Himmel führt. Jakob legt sich also an den Ort der Mandel, den Ort des achten Tages, den Ort der Erlösung. Dann sieht er den Himmel sich öffnen und schaut Gott. Mit „lus” wird im alten Wissen auch eine Stelle des menschlichen Körpers bezeichnet. Man sagt, es sei das Stückchen im Körper, worum sich bei der Auferstehung der neue Körper baut, wor-an er sozusagen kristallisiert. Etwas von unserem Ich hier, von unserem Dasein bewahrt. Es gibt einen Faden (Silberfaden). Der neue auferstandene Leib enthält die Verbindung zum Leben im Körper. Etwas geht wie durch ein Nadelöhr, könnte man sagen, und daraus wird der neue Mensch gebaut. Das ist der Ort Lus im Körper. Die Anatomie des alten Wissens, wie sie in Midrasch und Talmud überliefert ist, erzählt da-von. Das andere Wort für Mandel ist „schaked”: Es bedeu-tet „eilen”, also die Hinde (die Hirschkuh, Symbol der Venus, die Hinde des Morgens), die eilt. Der im Zei-chen der Mandel kommt, eilt so schnell, dass er am

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Anfang schon da ist. Daher wird im jüdischen Brauch dem Namen des Erlösers als „Tröster”, Menachem, immer ein „Mendel” (jiddisch für Mandel) beigefügt. Denn der Tröster, sagt man, „eilt sich wie die Man-del.”20 Durch ihr Brauchtum entwickelten die Mönche, die ihre religiösen Aufgaben sorgfältig wahrnahmen, weil ihnen damals noch „profunde” Zusammenhänge über den Sinn einer heilsamen Ernährung bekannt waren, das energiereiche Marzipan, das aus Mandeln zubereitet wird (das sogenannte Mönchsbrot). Wenn wir bei unseren Betrachtungen noch eine Win-zigkeit verweilen wollen, so fällt auf, dass z.B. die Walnuss (Juglans regia) eine gewisse Ähnlichkeit mit unserem Schädel hat – mit ihrer harten holzigen Schale – und mit unserem Gehirn (u. a. im Hinblick auf die beiden Großhirnflächen) durch ihre Frucht und Fruchthaut.21 Durch ihre Signaturenlehre bekommt der praktisch denkende Mensch die Mitteilung, dass die Walnuss unser „erschöpftes oder erkranktes” Ge-hirn beeinflussen und ernähren kann, was durch die homöopathischen Prüfungen bestätigt wird. Diesbe-zügliche Hinweise finden wir in unserer Materia medi-ca homoeopathica „selbstredend”.22 W. Boericke z.B. verordnete Juglans regia homöopathisiert für folgen-de Symptomatik des Menschen als wirksame Arznei: „Bei geistiger Verwirrung oder Situationen, in denen man den Kopf zu verlieren droht.”

Walnuss Standhielt hielt dieses Wissen durch die Tradierung der Zeit auf verschiedenen Ebenen bis in unsere Ge-neration. Vielen von Ihnen ist sicherlich noch das so-genannte „Studentenfutter” bekannt (Mandeln, Nüsse, Rosinen), das „Kopfarbeiter” (Studenten wie Schüler) aßen, oder im Volksbrauchtum das Lied „Apfel-Nuß- und Mandelkern, essen alles Kinder gern”.23 Auffällig ist auf jeden Fall, dass gewisse Früchte beim gesunden Menschen nahezu keine Krankheitssymp-tome produzieren, aber wenn sie nicht vertragen wer-den, meistens chronische Beschwerden vorliegen. Deshalb nehmen wir bei der Behandlung auch zu chronischen Arzneimitteln Zuflucht: Verlangen nach unreifem Obst hat z.B. Medorrhinum, Verlangen nach Kirschen China als Heilmittel. Auch der homöopathisierte Zitronensäurezyklus24 mit seinen Fruchtsäuren, mit dem ich jahrelang behandelt habe, heilt dann den Menschen, wenn dem Körper sein Atmungspotenzial schwindet, denn er zeigt dann die Symptome der Fruchtsäuren. Ich habe deshalb in Bönninghausens Repertorium ein Extrakapitel über die Nahrungsversorgung unseres Körpers angehängt, als ersten Schritt für die „Entdeckungsreise” des Lesers zur Nahrungsumwandlung seines Körpers.

Viele Wissenschaftler halten bis heute die Selbstbe-obachtung, die Hahnemann bei der Arzneiprüfung for-derte, nicht für ein geeignetes Mittel, „die Funktions-weise des Bewusstseins zu verstehen“. Inzwischen wissen wir aus der „Atomphysik“, dass aber auch hier Hahnemann, aus praktischer Erfahrung heraus, rich-tig handelte. „Es gibt viele diverse Arten von Wissen auf dieser Welt, aber sie sind alle nicht wichtig. Was ihr ent-wickeln müßt, ist ‘praktisches Wissen‘. Dies sollte alleine, in der Zurückgezogenheit getan werden.”25

Die Evolution des Menschen ist die Evolution seines Bewusstseins, dies kann sich nicht unbewusst ent-wickeln, kommentiert G. I. Gurdjieff. Bei der Betrachtung der „Grundbausteine“ der Mate-rie (Atomkerne, Protonen, Neutronen, Elektronen usw.) können wir beobachten, dass in diesem „mikro-skopischen’, d.h. atomaren und subatomaren Be-reich, dem „Nano“-Bereich, winzigste Unterschiede gewaltige Veränderungen nach sich ziehen. Ich erinnere nur so nebenbei an die Tatsache, dass nur ein einziges Elektron den Unterschied zwischen dem Goldatom und dem Quecksilberatom aus-macht.26 Wieviel hunderte Prüfungssymptome zeigen hier be-reits massive Unterschiede von beiden Substanzen bei der Prüfung und Heilung am Menschen. Die Mate-rie zeigt uns keine isolierten „Grundbausteine”, son-dern ein höchst kompliziertes zartes Gewebe, ein Netz von Zusammenhängen (ind. Tantra, ein Wort, dessen Wurzel im Sanskrit „Weben” bedeutet bzw. kosmisches Gewebe – die Beschreibung der Welt als perfektes Netzwerk von gegenseitigen Beziehungen) zwischen den verschiedenen Teilen des Ganzen. In der Homöopathie wird dies sichtbar am Beispiel der Arzneibeziehungen, die bisher am genauesten bei Bönninghausens Konkordanzen zu beobachten sind. Diesem gesamten Sektor wurde aber in der Homöo-pathie bisher wenig Beachtung geschenkt! Deshalb ist es immens wichtig, dass die Homöopathen ihre Er-fahrungen und Bestätigungen der Gemeinschaft mit-teilen, die dann ähnlich der „Errata-Listen“ gesammelt und regelmäßig in den Periodika mitgeteilt werden, um dann in den folgenden Auflagen Berücksichtigung zu finden. Dadurch kann auch dann die Wertigkeit der einzelnen Arzneien und der Zeitpunkt ihres Auftretens beobachtet werden, analog der „epidemischen Mittel”, über längere Zeitperioden, und deshalb qualitativ har-monisch wachsen. Dies erfordert sehr viel Sorgfalt! Nebenbei bemerkt, hatte dies G.H.G. Jahr bereits 1837 vorgeschlagen.27

VI. Zusammenfassung Diese Zusammenhänge schließen immer den Beob-achter mit ein. Der menschliche (Selbst)-Beobachter bildet immer das Schlusslicht in der Kette von Beobachtungsvorgängen, und die Eigenschaften eines atomaren Objekts können nur in Begriffen der Wechselwirkungen zwischen Objekt und Beobachter verstanden werden. Das heißt, dass die klassische Vorstellung einer objektiven Beschreibung der Natur nicht mehr gilt. Die Cartesische Trennung von Ich und

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Welt, vom Beobachter und dem Beobachteten, kann im atomaren Bereich nicht durchgeführt werden (!). In der Atomphysik können wir nie über die Natur sprechen, ohne gleichzeitig über uns selbst zu sprechen.”28 Wir können also nicht die Rolle eines unbeteiligten objektiven Beobachters spielen, sondern er wird in die beobachtende Welt mit ein-bezogen und beeinflusst die Eigenschaften des beobachtenden Objekts, dies zeigt uns der Ayurve-da. Quantenphysiker empfehlen deshalb den Aus-druck „Beobachter” durch ”Teilnehmer” zu erset-zen.28a Die Homöopathie spricht hier von Prüfer oder einer freiwillig kranken Person (personare: ertönen, wieder-hallen), in der Ehegemeinschaft heißt es auch nicht „Beobachter”, sondern Ehepartner(in), eine geliebte Person, die am Leben teilnimmt, Anteil nimmt, „Teilnehmer“. Was machen hier nun die „modernen” Prüfer der Homöopathie, die Placebos prüfen? Auch hier kommentiert Gurdjieff mit einer Feststellung über dieses Tun: „Nichts ins Leere gießen.” Da durch die Sprache wohlbeschrieben die Sympto-me mitgeteilt werden, möchte ich an dieser Stelle kurz das Zustandekommen der „reinen Sprache” er-wähnen. Mit der Verteilung der Laute der Buchstaben des 51-gliedrigen Devanagari-Alphabets im menschli-chen Körper29, wo die Buchstaben als Keimlinge ver-teilt sind – man muss an dieser Stelle aber beachten, dass die Devanagari-Buchstaben den Körper bilden, und nicht die Buchstaben rein willkürlich an gewisse Körperpartien zugeteilt wurden.30 Im besonderen, speziell in der Buchstabenverteilung auf den Lotos-blättern, d. h. Chakras (richtiger Chakrani), als auch in der gesamten Natur, ähnlich Fragalen, kommen wir bei der freiwilligen (!) Arzneiprüfung beim gesunden Menschen zu einer reinen Sprache, ohne Beige-schmack. Hahnemanns Forderung im Organon § 144): „Von einer solchen Arzneimittellehre sollte al-les Vermutete, bloß Behauptete oder sogar Erdichtete ausgeschlossen sein. Alles hat reine Sprache der sorgfältig und redlich befragten Natur zu sein.”12 Die Sprache des erkrankten Menschen beschreibt nun interessanterweise die gleiche Problematik, wie die, welche bei der Arzneiprüfung beim gesunden Menschen ebenfalls vorlag. Hier greift das Ähnlich-keitsgesetz. Das erwähnte Devanagari-Alphabet ist der tiefere Sinn, ist das eigentliche Wesen des Körpers – dies gilt sowohl für den mikro- als auch den makroskopi-schen Körper – und kann aus diesem Körper auch wieder herausgeholt werden. Die Kontrolle für die Richtigkeit dieser Auffassung liegt darin, dass durch das mantrische Aussprechen bestimmter Laute das Chakra, worin dieser Laut beheimatet ist, und damit die ihm verbundenen Funktionen lokal feststellbar an-geregt werden. Um aber „mantrisch” sprechen zu können, genügt es nicht, das entsprechende Mantra nur auszusprechen (das kann entweder äußerlich hörbar oder nur mit den Lippen bewegend oder aus-schließlich innerlich in Gedanken geschehen), son-dern es muss erst das entsprechende Mantra-Cait-anya geweckt sein, das „Mantra-Bewusstsein”.30 Ein ähnliches Phänomen hat Hahnemann in Paris herausgefunden, als er die Verordnung der Q-Po-tenzen erarbeitete, weil er feststellen musste, dass das Leben der „Städter” durch zu viele Noxen bela-

stet war und den Heilungsverlauf mit seinen damals üblichen Einzelpotenzen schwächte. Der erkrankte Mensch erlebt mit den täglich genommen Q-Potenzen ein ähnliches Phänomen wie das des Mantra-Caitan-yas! Wir kommen dabei mit archaischen Bereichen von uns selbst in Berührung. Die Natur meldet sich, wenn sie in uns schwächelt, krank wird oder ausfällt. Wir fragen deshalb die erkrankte Person, die sich uns anvertraut hat, mitfühlend „Was fehlt Dir?“, bzw. der Kranke sagt freiwillig aus, was er empfindet und beschreibt, was ihm fehlt und wie er leidet. Parzi-fal soll die ähnlich „erlösende” Frage an seinen Oheim stellen: „Oheim was wirret dir, Oheim was fehlt dir?” Durch Allöopathie wird das Fehlen – „Was fehlt Dir?“ – durch Arzneien praktiziert, die die Beschwerden er-leichtern, aber fast immer unterdrücken. In der Homöopathie wird das Fehlende gefunden, indem es sich selbst durch die Symptome mitteilt, wie bei einem Suchspiel. Fehlt dem erkrankten Menschen z.B. Arnica, das sich aus den geschilderten Sympto-men ergeben hat, heißt es deshalb „Ihm fehlte Arnica“ und diese Pflanze wirkt dann auch. Als sogenannte „klinische Symptome” werden die Symptome bezeichnet, die außer den Symptomen, die z.B. zur Arnicawahl führten, auch durch die Arni-cagabe geheilt wurden, aber unbeachtet geblieben waren. In der Praxis konnte man deshalb Arzneiprü-fungssymptome bestätigen, ergänzen und sogar kom-mentieren, wie es sich z. B bei Baryta carbonica30a gezeigt hat, dass es ein wirksames Mitttel gegen Affektionen alter Menschen ist, insbesondere aber mehr für Männer passt, während Conium für ältere Frauen mehr in Frage kommt.30b Aber Symptome dür-fen nicht interpretiert werden, denn sie enthalten, wie wir täglich erfahren, zeitlose Wahrheiten. Im Verlauf unserer Entwicklung zum Menschen, der aus dem Meer kam, zum Landbewohner als Reptil und Säugetier transformierte, vergrößerte sich das Gehirn stetig und hat diesen Prozess in sich abrufbar gespeichert. Wir sprechen deshalb von einem Ur- oder Stammhirn, einem Reptiliengehirn und einem in zwei Hälften geteilten Großhirn. Auf diesem Evolu-tionsweg unserer Erde der verschiedenen Zeitalter blieben die „Königreiche” zurück und sind bis heute in „live” erhalten und zum großen Teil noch sichtbar – als Mineralien, Steine, Pflanzen und im Tierreich. So finden wir einerseits in uns die gesamte Evolu-tion bis zum Menschen vor. Es heißt deshalb vom Menschen, dass er die Krone der Schöpfung darstellt, – und andererseits die äußerlichen, von uns zurück-gelassenen Evolutionsstufen, die wir klugerweise mit unserem letzten Gehirn, dem Großhirn erkennen, be-greifen und erhalten sollten. Diese Natur ist nicht nur, wie Einzelne geringschätzig bemerken könnten, un-ser Ersatzteillager, sondern, wenn wir dies holistisch betrachten möchten, das sind wir selbst. Ich erinnere daran, dass in dem Wort holistisch die Bezeichnung „holy” enthalten ist. Dies bezeichnet in der christlichen Tradition eine Person, die eine große Form des ein-heitlichen Bewusstseins begreift und lebt. So begrüßt z.B. in Indien Sathya Sai Baba die anwe-senden Ärztinnen und Ärzte bei den Fachkongressen schlicht mit „Ihr heiligen Ärzte”. Auch der Zweig der in

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Deutschland zugelassenen „Laienärzte”, die Heilprak-tiker, haben diese Bezeichnung sogar als Berufsbe-zeichnung übernommen. Bei einer Arzneiprüfung von Peyotl (Anhalonium lewi-nii) beschrieb der deutsche Arzt Herbert Unger31 Fol-gendes – ich zitiere ihn wörtlich: „Ich sah Land-schaftsbilder aus geologischer Vorzeit, riesengroße Zypressen, fliegende Tiere mit Menschköpfen; mir fiel auf, dass die Landschaften stets in tiefes Grün und Blau getaucht waren. [...] Landschaftsbilder wech-selten in rasender Geschwindigkeit, ohne dass ich unruhig wurde. Vielmehr beobachtete ich alles mit sachlicher Neugierde. [...] Oft Verschmelzung von Geschmacksempfindungen mit Seherscheinungen.” Ethnologische Forschungen bestätigen die Arbeit der Homöopathen, beachtenswert sind u.a. die „Lehren des Don Juan”, die der amerikanische Ethnologe Car-los Castaneda beschrieb. Man achte auch hier auf die äußerlich sichtbare Signatur der Energiewirbel.

Peyotl-Kaktus VII. Die Chronik des menschlichen Stoffwechsels Die Homöopathie ist deshalb nicht nur ein „Kulturer-be”, wenn wir lernen, sie als noch viel mehr zu be-greifen – sie ist weit mehr. Mit diesem Wissen können wir die gesamte Chronik der Natur „lesen”. Sie ist die Chronik des menschlichen Stoffwechsels. Hahne-mann erkannte auch dies und nennt sie „Kodex der Natur“. Die Natur ist in und außerhalb von uns, wir können sie deshalb erkennen und zum Heilen benut-zen. Die Bereiche, die von der Homöopathie bisher betrachtet werden, beziehen sich (nur) auf das Heilen kranker Menschen, kompetent und sicher – aber ein-seitig. Andere Bereiche wurden bisher nicht beachtet. Das wirkliche Kulturerbe der Entstehungsentwicklung unseres Menschseins können wir deshalb „nur” am Kranksein beobachten, wenn wir z.B. beachten ler-nen, aus welchem Zeitabschnitt der Evolution, aus welchem „Königreich” das Heilmittel stammt. Ein Schlüssel dazu sind die Wirkungszeiten der Arz-neien, auf die Hahnemann bei dem Erscheinen der Symptome achtete – und die Wirkungszeiten der Arz-neien im Heilungsprozess, welchen Zeitraum sie be-nötigten, um auszuheilen. Dies wurde bisher von der Homöopathie-Forschung übersehen. Ich habe den Zeithinweis in meinem 1. Band der ehemals von mir geplanten MMH (Aconitum napellus, 1995) deutlich der Prüfung vorangestellt.32

Sind doch die homöopathischen Symptome, die wir in der Materia medica homoeopathica vorfinden, eine, ich nenne es einfach eine „Ursprache“ der DNA, die nicht manipuliert werden darf! Das „Programm“ der DNA ist bisher nur zu einem gewissen Teil verständ-lich. Es existiert keine einzige wirkliche Heilung, die durch Gentherapie bisher erreicht wurde. Die soge-nannten „Genmanipulationen” sind kein Ziel und auch keine Lösung. „Man” sollte sich deshalb als Homöo-path durch „Trends” der heutigen Technik nicht verun-sichern lassen. Die Materia medica homoeopathica muss rein und stabil bleiben, das intelligente Suchen wird durch ein entsprechendes Repertorium erleichtert. Beide sind eine untrennbare Einheit und bilden vereint ein „Spie-gelbild“ zum geschilderten Kranksein, wie wir gehört haben. Es macht Sinn, wenn wir beim Arbeiten in der Homöopathie das Denken, Überlegen, Begreifen und Lesen nicht verlernen, damit unser Gehirn geschult bleibt, und Gedanken sich bilden können, ähnlich, als wenn wir einen Globulus, z.B. Sulphur, auf „Reise” schicken und Sulphur den Ort findet, wo die Arznei fehlt. Auch kann durch diese Disziplin Intuition erfah-ren werden. Immerhin sind unsere Gedanken schnel-ler als die Lichtgeschwindigkeit (!), mit der die Com-puter arbeiten – aber dieses Arbeiten muss gelernt sein. In der Homöopathie, wo es auf jeden definierten Globulus ankommt, ähnlich der Genauigkeit in der „Atomphysik”, ist wünschenswert, dass die Heilung das Ziel ist, denn in der Praxis heißt dies für den uns anvertrauten Menschen immerhin Heilung oder wei-terhin Krankheit oder Tod. Erinnert sei an dieser Stelle noch an zwei weitere wichtige Argumente für eine wahre Materia medica homoepathica für den Homöopathen. Inzwischen wurde die Neuroplastizität des menschlichen Gehirns bestätigt.33 Dies bedeutet, falls eine Krankheit nicht ausheilt, dass es später zu Problemen kommen kann („der Körper vergisst nichts”). Wir alle wissen, wie hilfreich es ist, wenn wir nach ei-ner homöopathischen Arzneigabe anhand der nun er-scheinenden Symptome (aus der MMH) den Kranken führen können und ersehen, ob das Heilmittel (noch) wirkt oder ein Folgemittel notwendig ist. Der bereits erwähnte Avatar Sathya Sai Baba sagte, wie passend für unser Thema: „Es ist löblich, wenn der Mensch sich wie ein Mensch benimmt, und es ist rühmlich, wenn er sich als der mådhava (ein Name für Krishna) beträgt, der er in Wirklichkeit ist. Sich aber wie ein Dämon oder wie ein wildes Tier zu betra-gen, ist verabscheuungswürdig. Denn der Mensch war lange als Mineral geboren und starb als Mineral, dann machte er Fortschritte und wurde zum Baum. Lange wurde er als Baum geboren und starb als Baum, doch im Entwicklungsprozeß schritt er zum Tier weiter. Nun jedoch ist er zum Rang eines Men-schen aufgestiegen. Dieser Aufstieg von einer Stufe zur anderen hat in der Wissenschaft wie in der direk-ten spirituellen Erfahrung Bestätigung gefunden. Nun wird der Mensch als Mensch geboren, stirbt aber lei-der auch als Mensch. Eine noch größere Schande ist es, wenn er ins Tierhafte zurückfällt oder zum bestiali-schen Dämon wird. Ehre gebührt ihm nur, wenn er sich in den göttlichen Zustand erhebt. Das ist die wahre Erfüllung seiner Bestimmung.”34

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Diese tiefe Weisheit finden wir von ihm in nachste-hender Feststellung, mit der ich meinen heutigen Vor-trag beenden möchte: Gott schläft in den Steinen – atmet in den Pflan-zen – träumt in den Tieren – und erwacht in den Menschen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

__________________________ Nachtrag: Der Vortrag musste gekürzt vorgetragen werden, da der vorgesehene zeitliche Rah-men durch den Vorredner einge-engt worden war.

Literatur und Anmerkungen 1. Haug-Verlag (1992) und Elsevier Urban&Fischer-Verlag

(2003). 2. Haug-Verlag (2001). 3. Haug-Verlag (1993-2007 usw.). 4. Eugene B. Nash: Leitsymptome der homöopathischen

Therapie. Haug-Verlag (2004), 136. 5. Hering, Constantin: Prüfungen der Schüssler'schen Ge-

webemittel. AHZ 97 (1878), 9ff., AHZ 98 (1879), 22ff. 6. Homöopathische Potenzierungsmethode ihrer Arzneien

in D-Potenzen (D: Abkürzung für Decimalskala). Dazu ist es nicht unwichtig, die diesbezüglichen Kommentare Bönninghausens zu kennen, z.B. „Die jetzt so beliebte Anwendung der niederen, überdem nach der Decimal-skala angefertigten Verdünnungen, wobei die eigenthli-che, tief greifende Kraft der Arznei noch nicht genügend aufgeschlossen ist, wie man Solches, wenn man nur se-hen will, insbesondere bei mehreren Mineralien und Me-tallen sehen kann.” (AHZ 54.1857. 89-90) und „Die Deci-malskala ist ebenfalls ein nutzloser Rückschritt der neu-ern Zeit.” Die Vorzüge der Hochpotenzen. AHZ 59 (1859) 172.

6a. „Kreative Gedanken, kreative Kunst und kreative Poesie

sind alles Entschuldigungen, um die Welt den Verirrun-gen auszusetzen, die in den trüben Köpfen der soge-nannten intellektuellen Elite des Westens entstanden sind. Der wirklich kreative Künstler schreit seine Kreativi-tät nicht in alle Welt. Der wahre Intellektuelle behauptet niemals, einer zu sein. Es sind die Unerfüllten, die nicht Erfolgreichen, die Faulen und Törichten, die alte Fahrrä-der zusammenschweißen und verkünden, sie seien kre-ativ. Sie sind umringt von der gleichen Sorte, die den Mist mit Lob überschütten, damit sie wiederum gelobt werden.” Scheich Abdul Muhi, in Rafael Lefort: Die Leh-rer Gurdjieffs, 101. Verlag Bruno Martin. Frankfurt 1980.

7. Von Dr. C. R. Klinkenberg ins Leben gerufen. Ettlin-

gen/Baden, 27.-29. September 2007. 8. Mittwede, Martin: Der Ayurveda. Haug-Verlag (1998). 8a. Mittwede, Martin: Der Ayurveda, 30. 9. Sathya Sai Baba: Hospitals are meant to serve the poor

and needy. Whitefield (Sanathana Sarati Feb. 2001, 53-54).

10. „Prof. E. Vulliamy und seine Kollegen haben auf der Ba-sis von Pflanzenfossilien sechs vorzeitliche Landforma-tionen der Welt beschrieben, die während verschiedener geologischer Zeitalter in den letzten 405 Millionen Jah-ren existierten. Srinivasan (1986) machte deutlich, dass das Studium dieser Karten enthüllt, dass der einzige Teil der Welt, der durchgehend als Landmasse existierte, Südindien ist.” (Govindan, Marshall: Babaji, 81. Hans-Nietsch-Verlag, 21999).

11. Mittwede, Martin: Der Ayurveda. Haug-Verlag (1998),

34f. 12. Hahnemann, Samuel: Organon der Heilkunst. Neufas-

sung mit Systematik und Glossar von Josef M. Schmidt. Elsevier Urban&Fischer-Verlag (2003).

13. Josef M. Schmidt stellte die Materia medica Samuel

Hahnemanns zusammen (seine veröffentlichen Arznei-mittelprüfungen und Abhandlungen zu den einzelnen Mitteln), Jahrbuch des IGM der Robert Bosch Stiftung, Bd. 6 (1987), 111-125.

• Die „Fragmenta de viribus medicamentorum“ enthalten Prüfung von 27 Arzneimittel.

• Die „1Reine Arzneimittellehre“ enthält 63 Arzneien, von denen aus den Fragmenta 22 übernommen sind, also 41 neue Arzneimittel, in der 2. Auflage kamen drei wei-tere dazu, das sind 44 Arzneimittel.

• Die „1Chronischen Krankheiten“ enthalten 17 Arz-

neien, die neu geprüft sind und in keinem anderen Werk vorkommen, die 2. Auflage wurde um weitere 12 Arzneimittel vermehrt. Haehl: Die Erforschung der Arzneikräfte durch Hahnemann. AHZ 170 (1922), 21-34.

• In seinen Vorarbeiten zur „Reinen Arzneimittellehre

(RA, 1796-1812), die im Archiv des Robert Bosch Insti-tuts in Stuttgart aufbewahrt wird und 231 Seiten um-fasst, handelt es sich um Quellenstudium von Büchern mit Behandlungshinweisen aus dem Mineral-, Pflan-zen- und Tierreich sowie aus eigenen Beobachtungen. IGM Stuttgart. Nachlass Hahnemann, Bestand G, Nr. 2.

• Richard Haehl erwähnt eine weitere Liste (AHZ 170.

1922. 23-24) mit unbekannten Prüfungssymptomen von 68 Arzneien von Hahnemann oder einem seiner Mitarbeiter, nebst Literaturvermerken. Bemerkenswert für mich war bei meiner diesbezüglichen Forschungs-arbeit, dass Kollegen und Schüler Hahnemanns die später Arzneiprüfungen durchführten, diese Erwähnun-gen von Hahnemann aufgriffen, die aus diesen Wer-ken und dem Apothekerlexikon stammten.

• In dem neuerdings erschienenen Buch von Peter Min-

der „Gesamtregister zu Hahnemanns Werk” (Sach-, Arznei- und Personenverzeichnis, Haug-Verlag 2002) wird erstmalig versucht, die Arzneien zu sammeln, de-nen Hahnemann in seinem Leben Beachtung schenk-te. Leider fehlen hier die Arzneistoffe, die Hahnemann in seinen „Vorarbeiten zur „Reinen Arzneimittellehre” (RA, um 1803) erwähnt, und das zweibändige Apo-thekerlexikon (Bd. 1, Leipzig 1793; Bd. 2, Leipzig 1798), deren Inhaltsstoffe er einer Betrachtung unter-zog.

14. Lediglich das Arzneimittel „Aconitum napellus” ist 1995

beim Haug-Verlag erschienen: Kastner, R. F.: Materia medica homoeopathica – Aconitum napellus. Heidelberg 1995. (Restexemplare sind zu erhalten bei: Edition Kast-ner, 64646 Heppenheim, Ludwigstraße 38. 12,95 Euro + Porto)

15. AHZ 1(1832)13, 97-102.

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Raimund Friedrich Kastner. Die Bedeutung der Materia medica homoeopathica für die Menschen. ICE 7. InHom 2008.

16. Rückert, Th. J.: Klinische Erfahrungen in der Homöopa-thie. Eine vollständige Sammlung aller in der deutschen und ins Deutsche übertragenen homöopathischen Lite-ratur niedergelegten Heilungen und praktischen Bemer-kungen vom Jahre 1822 bis 1850. 1. Band; 1012 Seiten. Dessau 1854 und Leipzig 1861.

• Klinische Erfahrungen in der Homöopathie. Eine voll-

ständige Sammlung aller in der deutschen und ins Deutsche übertragenen homöopathischen Literatur niedergelegten Heilungen und praktischen Bemerkun-gen vom Jahre 1822 bis 1850. 2. Band; 465 Seiten. Dessau 1855.

• Klinische Erfahrungen in der Homöopathie. Eine voll-ständige Sammlung aller in der deutschen und ins Deutsche übertragenen homöopathischen Literatur niedergelegten Heilungen und praktischen Bemerkun-gen vom Jahre 1822 bis 1850. 3. Band; 592 Seiten. Leipzig 1857.

• Klinische Erfahrungen in der Homöopathie. Eine voll-

ständige Sammlung aller in der deutschen und ins Deutsche übertragenen homöopathischen Literatur niedergelegten Heilungen und praktischen Bemerkun-gen vom Jahre 1822 bis 1860. 4. Band; 1034 Seiten. Leipzig 1861.

• Klinische Erfahrungen in der Homöopathie. Eine voll-

ständige Sammlung aller in der deutschen und ins Deutsche übertragenen homöopathischen Literatur niedergelegten Heilungen und praktischen Bemerkun-gen vom Jahre 1822 bis 1858. Supplementband zu den Abschnitten 1-12. Zusammengestellt und mit ver-gleichenden Bemerkungen versehen von Dr. F. G. Oehme; 956 Seiten. Leipzig 1866.

• Klinische Erfahrungen in der Homöopathie. Eine voll-ständige Sammlung aller in der deutschen und ins Deutsche übertragenen homöopathischen Literatur niedergelegten Heilungen und praktischen Bemerkun-gen vom Jahre 1823 bis 1860. II. Supplementband, enthaltend die in der deutschen und amerikanischen Literatur niedergelegten Heilungen und praktischen Bemerkungen vom Jahre 1860 -1870. Zusammenge-stellt und mit vergleichenden Bemerkungen versehen von Dr. F. G. Oehme; 242 Seiten. Prag 1877.

17. Noack, Alphons und Trinks, Carl Friedrich: Handbuch

der homöopathischen Arzneimittellehre nach den ge-sammten älteren und bis auf die neueste Zeit herab ge-nau revidirten Quellen der Pharmakodynamik und The-rapie dem gegenwärtigen Standpunkte der Homöopathie gemäss. Erster Band. Verlag von Ludwig Schumann. Leipzig 1843. – Trinks, Carl Friedrich und Müller, Clotar: Handbuch der homöopathischen Arzneimittellehre nach den gesammten älteren und bis auf die neueste Zeit her-ab genau revidirte Quellen der Pharmakodynamik und Therapie dem gegenwärtigen Standpunkte der Homöo-pathie gemäss. Zweiter Band. Leipzig 1847.

17a. Possart, A.: Homöopathische Arzneimittellehre aller in

den Jahren 1850-1857 geprüften Mittel. Erster Teil. Ver-lag von Adolph Büchting. Nordhausen 1858. – Homöo-pathische Arzneimittellehre aller in den Jahren 1850- 1857 geprüften Mittel. Zweiter Teil: Prüfungen von 1858 und 1859 und Nachträge aus früheren Jahren. Verlag von Adolph Büchting. Nordhausen 1860. – Kleinert, G. O.: Homöopathische Arzneimittellehre aller in den Jahren 1860-1862 geprüften Mittel. Dritter Theil: Prüfun-gen nebst Nachprüfungen von 1860-1862. Verlag von Adolph Büchting. Nordhausen 1863.

18. Bönninghausen, Clemens von: Repertorium der Antipso-

rischen Arzneien (229 S.) Repr. der Ausgabe 1832.* Bönninghausen/Kastner: Repertorium der homöopathi-schen Arzneimittel (539 S.). 2. Unveränderte Auflage 2006.*

Bönninghausens Therapeutisches Taschenbuch (502 Seiten). Rev. Ausgabe, 3. Aufl. 2006.*

19. Bönninghausen, Clemens von: Homöopathische Arz-

neien nebst einer abgekürzten Uebersicht ihrer Eigent-hümlichkeit und Hauptwirkungen. Münster 1836.

20. Weinreb, Friedrich: Astrologie in der jüdischen Mystik.

Thauros Verlag, Weiler 2000. 21. Frau Britta Gudjons hatte mir bereits vor ca. 25 Jahren

diese Fruchthaut potenziert. Huibers, Jaap: Kräuter bei Stress und Nervosität. Heilkräuter, Homöopathie und un-sere tägliche Nahrung, 54-56: Wallnuß (Juglans regia), Theorie der Signaturenlehre (Diese Lehre basiert auf ei-ner Übereinstimmung der bei Pflanzen vorkommenden Formen mit denen unseres Körpers.). 2. Aufl. Aurum-Verlag, Freiburg i. Br. 1979 (11977).

22. Buchner: Juglans regia. HYG 15 (1841) 418. Und: Mül-

ler, C.: Arzneiprüfung Juglans regia. HYG15 (1841) 60-92; 149-180. Und: Trinks, Carl Friedrich und Müller, Clo-tar: Handbuch der homöopathischen Arzneimittellehre nach den gesammten älteren und bis auf die neueste Zeit herab genau revidirte Quellen der Pharmakodyna-mik und Therapie dem gegenwärtigen Standpunkte der Homöopathie gemäss. Zweiter Band; 11. Juglans regia. (Nachtrag), 1458-1464. Leipzig 1847.

23. Oder man gibt gar mit dem abgeknockten Mittelfinger

den Kindern „zur Erziehung” eine Kopfnuss. 24. Seutemann, Sigrund / Kastner, Raimund Friedrich: Ho-

möotherapie mit Bio-Katalysatoren. Arzneimitelbilder der Säuren und Salze des Zitronensäurezyklus und der Chi-none. Bd. 1/A. 3. verb. u. erweiterte Auflage 1979 (11976). Wissenschaftliche Arbeiten, Verlag Kastner. Heppenheim 1979.*

25. Sathya Sai Baba: Ansprache 11.04.1991. 26. Crow, David: Auf der Suche nach dem Medizin-Buddha,

142. W. Goldmann Verlag. München 2001. 27. G.H.H. Jahr: Unsere Arzneimittellehre und die Reperto-

rien. AHZ 10 (1837) 14, 209-214; 15, 225-232; 16, 241-245; 17, 257-261. (228: „Dies ist die heilige Bestimmung unserer Original-Prüfungs-Berichte ...“)

28. Capra, Friedjof: Das Tao der Physik, 68. Scherz-Verlag.

Bern, München, Wien 1984. 28a.Capra, Friedjof: Das Tao der Physik, 142. 29. Hinze, Oscar Marcel: Tantra Vidya. Die Wissenschaft

vom Tantra, 51. Aurum-Verlag. Freiburg i. Br. 1983. 30. Hinze, Oscar Marcel: Tantra Vidya. Die Wissenschaft

vom Tantra, 146. 30a.Seipel, Jürgen: Baryta acetica und carbonia in den

Chronischen Krankheiten von Samuel Hahnemann. Eine vergleichende Darstellung. Hainburg/H. 2006.*

30b.Huber. AHZ 90 (1875) 1, 6. 31. Unger, Herbert: Das Arzneibild von Peyotl. AHZ 203

(1958) 11, 523-535; 12, 571-577. 32. Kastner, R .F.: Materia medica homoeopathica – Aconi-

tum napellus. Heidelberg 1995.* 33. Eine internationale Arbeitsgemeinschaft von Neurowis-

senschaftlern und buddhistischen Mönchen, die sich auf Initiative des Dali Lama in seiner indischen Residenz in Dharmsala seit 2004 regelmäßig zur „Mind and Life“-Konferenz trifft, und die sich mit Hirnforschung beschäf-tigt, dokumentierte, dass diese Art von Arbeit nur auf freiwilliger Basis gewährleistet ist. (113:) „Wir sind der Ansicht, dass freiwillige Bewegung die Anzahl der

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Raimund Friedrich Kastner. Die Bedeutung der Materia medica homoeopathica für die Menschen. ICE 7. InHom 2008.

neuralen Stammzellen erhöht, wodurch sich neue Ner-venzellen im Hippocampus (94: Der H., der die Form ei-nes Seepferdchens hat, ist maßgeblich an der Funktion des Gedächtnisses beteiligt) erhöhen.“ (112:) „Neue Nervenzellen entwickeln sich selbst noch im 7. Jahr-zehnt, sie wandern dorthin, wo sie gebraucht werden und wo sie sich in bereits bestehende Gehirnschaltkrei-se einfügen oder sogar Grundlage für einen neuen Schaltkreis bilden. Es waren die sterbenden Krebspa-tienten in Göteborg, die diese Entdeckung möglich wer-den ließen.“ (Begley,113,117). Eine zweite, für die Ho-möopathie maßgebliche (!) Entdeckung dieser Arbeits-gemeinschaft war, (9:) „… dass das Gehirn über er-staunliche Fähigkeiten zur Neuroplastizität verfügt.“ (8:) „Das menschliche Gehirn besteht aus vielen Nervenzel-len untereinander – schätzungsweise 100 Milliarden Nervenzellen mit ungefähr 100 Billionen Verbindungen – dass es riskant zu sein schien, dieses Gebilde auch nur minimal zu verändern, so als ob man an ein par Schalt-kreisen auf der Festplatte eines Supercomputers herum-bastelt.“ (10:) „Für Funktionen, die wir häufiger benut-zen, stellt das Gehirn mehr Gewebe zur Verfügung, und es begrenzt den Bereich, der für Aktivitäten verantwort-lich ist, die seltener ausgeführt werden.“ („Übung macht den Meister.“).

Raimund Friedrich Kastner Raimund Friedrich Kastner, geb. 1948 in Karlsruhe, ist seit 33 Jah-ren selbständiger Heilpraktiker in Heppenheim in eigener Praxis. Diese führt er zusammen mit sei-ner Frau Monika, geb. 1956 in Köln, die seit 25 Jahren Heilprakti-kerin ist. Gemeinsam haben sie fünf Kinder: Johannes (26), Mile-na (24), Katharina (22), Benedikt (18) und Felicitas (14). Nach dem Abitur studierte er Homöopathie und Augendiagnose bei der Heil-praktikerin Frau Sigrun Seutemann in Weingarten bei Karls-ruhe. Sie führte ihn in das naturheilkundliche Denken ein und übergab ihm dieses Wissen im Vertrauen einer Fami-lientradition. Jahrelanger Kontakt mit dem philippinischen Heiler und Logurgen Antonio Agpaoa aus Baguio, wo er ar-chaisches Heilen kennenlernte, mit Darshan der Sehr Heili-gen Babaji und mit Sathya Sai Baba in Indien prägten seine Entwicklung und bildeten das Fundament seiner Heilpraxis. In seinem „Institut für die harmonische Entwicklung des Menschen” pflegt er Kontakt mit Kollegen, Patienten, Schü-lern und Wissenschaftlern aus der ganzen Welt, mit denen er sich alljährlich trifft, um sich einerseits über Homöopathie und Ayurveda auszutauschen und andererseits um zu leh-ren.

(9:) „Das Gehirn verfügt über erstaunliche Fähigkeiten zur Neuroplastizität. Das Gehirn kann sich neu verdrah-ten.“ (5:) „Die herkömmliche neurowissenschaftliche Lehrmeinung geht [...] davon aus, dass im ausgewach-senen Säugetiergehirn keine neuen Nervenverbindun-gen mehr geknüpft werden und die bereits bestehenden Verbindungen unveränderbar sind.“ (125:) „Gage hat das Dogma zerstört, dass das menschliche Gehirn auf die Nervenzellen beschränkt ist, über die es bei der Ge-burt verfügt, und dass Neurogenese eine Gabe ist, die wir schon vor langer Zeit in unserer evolutionären Ver-gangenheit hinter uns gelassen haben.“ (Sharon Begley: Neue Gedanken – Neues Gehirn, 2007,8, 9, 125.)

34. Erfüllung in Gott – Bhagavata Vahini,16. Bonn 1994. 35. Ausnahme: Stahl, Martin. Der Briefwechsel zwischen

Samuel Hahnemann und Clemens von Bönninghausen. Haug-Verlag 1997.

______________________________

* Zu erhalten bei: Edition Kastner Ludwigstraße 38, 64646 Heppenheim

Besondere Beachtung finden bei ihm die von G. I. Gurdjieff überlieferten Weisheitslehren im Zusammenhang mit dem Enneagramm. Im Jahre 2001 erlitt er einen Schlaganfall und wurde von seiner Ehefrau und seinen Kindern zu Hause ge-pflegt. Er erholte sich wider allen ärztlichen Erwartens und führt heute wieder seine Heiltätigkeit in der Praxis aus. Von seiner Forschungsarbeit in der Heilkunst, speziell in der von Hahnemann gelehrten Homöopathie, zeugen z.B. folgende Bücher: Bönninghausens Physiognomik der homöopathi-schen Arzneimittel und die Arzneiverwandtschaften (1995), Bönninghausens Repertorium der homöopathischen Arznei-mittel und Geniushinweise (1998), Bönninghausens Syste-matisch-Alphabetisches Repertorium der Homöopathischen Arzneien (2003). Diese Bücher regten inzwischen in Deutschland andere Homöopathen an, sich nicht nur im Ausland zu informieren, sondern die eigenen Quellen zu stu-dieren. Für die deutschen englisch sprechenden Kollegen heißt dieser Rat deshalb „Back to the roots”. Seine Materia medica homoeopathica, die in der „Bibliographia (1805-1900) und Gesamtbibliographia Magnetismus (2001) ge-sammelt und deren erster Band 1995 erschienen ist („Aconi-tum napellus“, 1995), bildet, neben der täglichen Praxisar-beit, die er mit seiner Frau bewältigt, die Grundlage weiterer Überlegungen und Werke. • Kontakt: Heilpraxis Kastner (Klassische Homöopathie,

Augendiagnose – Ayurveda) Ludwigstraße 38, 64646 Heppenheim

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Franz-Xaver Reichl. Toxikologie der Fluoridverbindungen. ICE 7. InHom 2008.

Franz-Xaver Reichl Toxikologie der Fluoridverbindungen Fluoride (F-) sind wichtige Spurenelemente. 99% des F- befinden sich in Knochen und Zähnen. Kinder nehmen in Deutschland mit Nahrung und Wasser ca. 0,15 mg F-/Tag (= ca. 0,005 mg/kg KG) auf, Erwach-sene ca. 0,5 mg F-/Tag, davon ca. 0,3 mg F-/Tag mit der Nahrung, den Rest mit dem Trinkwasser. Für die kariesprophylaktische Wirkung von F- sollte eine Dosis in Höhe von 0,05 mg F-/kg KG pro Tag zugeführt werden. Im Vergleich mit den aufgenommenen F--Mengen mit den Lebensmitteln ergibt sich somit ein Mangel der F--Aufnahme sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen in Deutschland. Ein Übermaß an organischen Säuren in Verbindung mit Bakterien löst den Zahn auf (Kariesbildung). Die Zufuhr von F- hemmt diese Zahnauflösung. Bei Kindern bis zum Alter von 8 Jahren führt die langfristige Überdosierung von F- (mehr als 0,1 mg F-/kg KG/Tag) zur Störung der Zahnschmelzbildung während der Zahnentwick-lung (Dentalfluorose) auch der bleibenden Zähne. Von der zahnärztlichen Zentralstelle Qualitätssicherung wurde eine aktuelle Leitlinie für Fluoridierungsmaßnahmen erarbeitet, die unter folgender Adresse einge-sehen werden kann: www.zzq-koeln.de. 1. Grundlagen Fluoride sind Bestandteile vieler Mundhygieneproduk-te wie Zahnpasta, Mundspüllösungen, Lacke und Bleichmittel. Diese Produkte werden meist den Kos-metika zugeschrieben und so über das Kosmetikge-setz zugelassen. Sie unterliegen deshalb nicht den strengen Kriterien der Zulassung über das Arzneimit-tel- oder Medizinproduktegesetz. Die Gefährlichkeit der Verwendung von Mundhy-gieneprodukten besteht darin, dass sie ohne ärztliche Verordnung vom Patienten selbst gekauft werden können und durch eine falsche Handhabung (z.B. Überdosierung) zu einer gesundheitlichen Gefähr-dung führen können. 2. Historie

Fluoride (F-) sind Salze des Fluors (F). Das Wort „Fluor“ entspringt der althergebrachten Verwendung von Flussspat (CaF2) als Flussmittel (lat. fluor, flie-ßend). Im 17. Jahrhundert entdeckte man die ätzende Ei-genschaften der Flusssäure (Fluorwasserstoffsäure, HF) sowie die merkwürdige Eigenart des CaF2, beim Erhitzen Licht zu emittieren („Fluoreszenz“). 1886 gelingt Moissan die Isolierung von Fluor, für die er 1906 den Nobelpreis für Chemie erhielt. 1930 erkann-te Deans den Zusammenhang zwischen verringertem Auftreten von Karies und der Zufuhr von F- durch Trinkwasser. 1940/41 waren die Anfänge der industriellen Fluor-gas-Produktion, vorwiegend in Großbritannien und den USA zur Herstellung von Uranhexafluorid (UF6). Fluoride werden aus Erzen gewonnen, z.B. CaF2, das vorwiegend in Frankreich, Russland, China, Mexiko und Südafrika abgebaut wird. Schon 5000 v.Chr. war die Bedeutung der Fluoridie-rung der Zähne bekannt. Damals wurde Siwak be-nutzt. Siwak (arabisch) steht für Zahnbürste oder Zahnholz, das meist aus Zweigen des Arakbaumes (Salvadora persica) gewonnen wurde (Abb. 1). Erst durch Untersuchungen in jüngster Zeit wurde festges-tellt, dass das benutzte Holz einen hohen Fluoridge-halt von 8 bis 22 ppm aufweist.

Abb. 1 3. Verwendung Fluorid entsteht als Nebenprodukt in der Aluminium-, Stahl-, Glas- und Porzellanindustrie sowie bei der Kunstdüngerherstellung. HF wird z.B. für Ätzungen in der Glasindustrie verwendet. Eine großtechnische Produktion gibt es erst seit 1939 (Manhattan-Projekt). Heute erreicht die Jahresproduktion in der westlichen Welt rund 12000 t. Fluoride werden auch zur Anreicherung von Uran z.B. für die Herstellung von Brennstäben in der Kernener-gie, aber auch für Atombomben verwendet. Der Ein-satz von Fluor in der Zahnmedizin geht interessan-terweise auf die amerikanische Aluminiumindustrie zurück, die am Anfang des letzten Jahrhunderts eine Verwendungsmöglichkeit für das Abfallprodukt Fluorid suchte. 4. Toxizität Akute Vergiftungen mit Fluoriden beim Menschen sind beschrieben, verursacht durch Unfälle in suizida-ler Absicht oder durch fehlerhafte Fluoridierung des Trinkwassers. Die Symptome sind meist Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall, starker Spei-chelfluss und Krämpfe, gefolgt von Koma und Herz-stillstand. Schwere Hypocalcämien wurden beobach-tet. Aufgrund seiner hohen Lipidlöslichkeit besitzt HF ein starkes Penetrationsvermögen im menschlichen Gewebe. HF erzeugt äußerst schmerzhafte Verät-zungen (Abb. 2). Sie gehen in hartnäckige Geschwü-re über, die durch sehr schlechte Heilungstendenzen gekennzeichnet sind.

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Franz-Xaver Reichl. Toxikologie der Fluoridverbindungen. ICE 7. InHom 2008.

Mit Calcium des Gewe-bes bildet sich unlösli-ches Calciumfluorid. Häufig tritt Herzkammer-flimmern auf. Bei län-gerer Exposition können die Knochen irreversibel geschädigt werden. Abb. 2

Als PTD („Probably Toxic Dose“) gilt für kleine Kinder (bis ca. 10 kg KG) 50 mg Fluorid und für schwache ältere Menschen (bis ca. 60 kg KG) 300 mg (= 5 mg Fluorid/kg KG). Als sicher tödliche Dosis („Certainly Lethal Dose“ = CLD) wird für Erwachsene (70 kg KG) eine Menge von 5-10 g Fluorid (= 0.07-0.14 g/kg KG) angegeben. 5. Therapie Sie besteht in der Bindung der Fluoridionen im Körper durch Zufuhr von Calciumionen, z.B. Calciumgluco-nat-Gel an der Haut oder Calciumgluconat-Lösung bzw. Infusion von 10 ml Calciumgluconat (20%ig) z.B. im Magen/Darm über mindestens 4 h. 6. Fluorid-Gehalte in Lebensmitteln Fluoride (F-) sind wichtige Spurenelemente für die Bildung von Knochen und Zähnen. 99% des F-

befinden sich in Knochen und Zähnen, bei einem Erwachsenen sind dies ca. 2,6 g F-. Natürliche Quel-len von F- sind Fische, Krustentiere, Mineralwässer, schwarzer Tee und fluoridiertes Speisesalz (Abb. 3, Stand: 2007).

Abb. 3 7. Fluorid-Aufnahme mit den Lebensmitteln Kinder (ca. 30 kg KG) nehmen in Deutschland mit der Nahrung und Wasser ca. 0,15 mg F-/Tag (= ca. 0,005 mg/kg KG) auf, Erwachsene ca. 0,5 mg F-/Tag, davon ca. 0,3 mg F-/Tag mit der Nahrung, der Rest mit dem Trinkwasser (Abb. 4).

Abb. 4 8. Empfohlene Fluorid-Aufnahme Für die kariesprophylaktische Wirkung von F- sollte eine Dosis in Höhe von 0,05 mg F-/kg KG pro Tag zugeführt werden. Auf einen Erwachsenen mit 70 kg KG gerechnet also ca. 3.5 mg F-/Tag. Für ein Klein-kind bis 10 Jahre ca. 1 mg F-/kg KG (Abb. 5).

Abb. 5

Im Vergleich mit den aufgenommenen F--Mengen mit den Lebensmitteln (vgl. Abb. 4) ergibt sich somit ein Mangel der F--Aufnahme sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen in Deutschland. 9. Clearance von Fluorid 80% des aufgenommenen Fluorids werden im oberen GIT resorbiert und 20% mit den Fäzes ausgeschie-den. Kalzifiziertes Hartgewebe (z.B. Knochen, Zähne) kann resorbiertes F- binden (absorbieren). Beim Er-wachsenen werden täglich etwa 50% des resorbierten Fluorids mit dem Urin ausgeschieden, bei Säuglingen kann diese renale Ausscheidung aber nur 10% betra-gen (hohe Aufnahme bzw. Absorptionskapazität der Knochen). 10% werden mit dem Schweiß eliminiert. Die Bioverfügbarkeit kann durch Calcium, Magne-sium, Aluminium und Eisen erheblich vermindert werden. Die Absorptionsrate von F- aus kalziumhalti-gen Lebensmittel kann dabei auf 25% reduziert wer-den. 10. Ätiologie (= Ursachen) der Karies Kohlenhydrathaltige Nahrung wird von den Zahnpla-que-Bakterien (z.B. Streptokokkus mutans) metabo-lisch zersetzt, wobei als Nebenprodukte organische Säuren (z.B. Milchsäure) auftreten.

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Franz-Xaver Reichl. Toxikologie der Fluoridverbindungen. ICE 7. InHom 2008.

In lokalisierten Bereichen der Plaque-Schicht kommt es zu einem Abfall des pH-Wertes. Im darunter be-findlichen Schmelz trennen sich Kalzium- und Phos-phat-Ionen von den Kalziumphosphatkristalliten und wandern in die bakterielle Plaque ab und führen zur Zahnauflösung. Zahnschmelz besteht zu 97% aus Hydroxylapatit mit ca. 50% Ca2+, 30% PO4

3- und 20% Hydroxylionen. Demineralisation ist die Zerstörung des Hydroxylapa-tits (Zahnauflösung, vgl. Abb. 6).

Abb. 6 Die Zufuhr von F- hemmt diese Zahnauflösung. F- verstärkt das Kristallgitter durch seine hohe Ladungs-dichte und verhindert so seine Auflösung (Schutz vor Demineralisation). Freies Calcium im Speichel oder in der Flüssigkeitsphase des Zahnbelags wird in Anwe-senheit von F- wieder in Defekte des Kristallgitters eingebaut (Remineralisation).

Abb. 7 Es kommt zur Bildung von Calciummonofluorphos-phat (= Fluor-Apatit), das säurestabil und härter als Hydroxyl-Apatit ist (Abb. 7). Bei geringer Häufigkeit oder Stärke der Säureangriffe wird bevorzugt magne-sium- und carbonathaltiges Apatit gelöst und bei der Remineralisation in Anwesenheit von F- als fluoridier-tes Apatit wieder in den Schmelz eingebaut. Dadurch wird im Verlauf des Lebens die äußere Schmelz-schicht verstärkt (Schmelzreifung), vorausgesetzt, die Karies ist nicht zu aggressiv, d.h. die Entmineralisie-rungsphasen sind nicht zu lang und zu häufig. F-

wirken bereits in kleinen Mengen. Es muss aber eine regelmäßige Anwendung stattfinden.

Regelmäßiges Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahn-pasta ist dazu im Allgemeinen ausreichend. Bei Pa-tienten mit hohem Kariesrisiko kann zusätzlich eine F--Applikation durch den Zahnarzt notwendig werden. Heute wird jedoch davon ausgegangen, dass die regelmäßige lokale Aufbringung niedrig dosierter Fluoride (Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta) den besseren Schutzeffekt bietet. Außerdem können die F- durch die gleichzeitige Entfernung der bakteriel-len Beläge besser an ihren Wirkungsort gelangen. 11. Fluoride härten den Zahnschmelz nicht von

innen, sondern von außen. Die ständige Anwesenheit niedriger F--Konzen-trationen im Speichel fördert und beschleunigt den natürlichen Wiedereinbau von Mineralstoffen aus dem Speichel in den Zahnschmelz (Reminerali-sation). Dadurch kann das Mineraldefizit einer beginnenden Karies ausgeglichen und u.U. rückgängig gemacht werden („Ausheilung der Karies“). Eine Reihe von Zahnpasten mit unterschiedlichen F--Formen ist heute auf dem Markt verfügbar. Aminfluo-ride (AmF) haben Vorteile gegenüber anderen Fluori-den. AmF hemmen die bakteriellen Ablagerungen, die Säure bildenden (insbesondere die Karies auslösen-den) Bakterien (Abb. 8).

Abb. 8 Es kommt zu einer Verzögerung des gefährlichen pH-Wert-Abfalls (Abb. 9). Nach ihrer kariesprophylakti-schen Wirkung gilt bei den Fluorid-Formen folgende Reihung: NaF<Na2FPO4

3-<SnF2<<AmF.

Abb. 9

Karies = extreme Sonderform der lokalen Demineralisierung

Demineralisation und Remineralisation

Demineralisation ist die Zerstörung von Hydroxylapatit

Intaktes Milieu Gestörtes Milieu

• Zahnschmelz besteht zu 97 % aus Hydroxyl-Apatit.• Säuren (aus Mundbakterien, Nahrungsmitteln) können Hydroxyl-Apatit

angreifen (Demineralisation):

Ca5[OH(PO4)3] + H3O+ → 5 Ca2+ + 3 PO4

3– + 2 H2O

• Die Hydroxid-Ionen im Apatit werden durch Säuren neutralisiert, dadurch zerfällt das Kristallgitter.

• Bei der Fluorid-Einlagerung werden die OH– -Ionen im Hydroxyl-Apatit gegen Fluorid ausgetauscht (Remineralisation):

Ca5[OH(PO4)3] + F– → Ca5[F(PO4)3] + OH–

• So ist es möglich, Hydroxyl-Apatit-Kristalle an der Oberfläche des Zahnschmelzes in Fluor-Apatit umzuwandeln ("Schmelzhärtung").

• Im Gegensatz zu Hydoxyl-Apatit ist Fluor-Apatit säurestabil, da die Fluorid-Ionen nicht mit H3O+ reagieren

Reaktionen von Hydroxyl-Apatit

FluoridierungDie Hauptwirkung des Fluorids aus AmF besteht in einer Verringerung der De-Mineralisation und einer Förderung der Re-Mineralisation an der Zahnoberfläche.

Ätz-Versuche:Die gesamte Fläche wurde mit Milchsäure (pH 3, 60 Min.) geätzt.

Ergebnis: der geschützte Zahnschmelz links ist intakt, der ungeschützte rechts stark angegriffen.

REM-Aufnahme von Zahnschmelz:

mit Aminfluorid (Elmex Gelée) behandelt

ohne Aminfluorid

Ei inEssigsäure

• Aminfluoride hemmen die bakteriellen Ablagerungen, die Säure bildenden Bakterien und insbesondere die Karies auslösenden Bakterien.

• Verzögerung des gefährlichen pH-Wert-Abfalls:

0 2 4 6 8

AmF

NaF

Zeit [h]

Einsetzen des pH-Wert-Abfalls

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Franz-Xaver Reichl. Toxikologie der Fluoridverbindungen. ICE 7. InHom 2008.

12. Systemische Fluoridzufuhr Sie kann z.B. in Form von Salz-, Tabletten-, Trink-wasser- oder der Milch-Fluoridierung erfolgen. F- wird oral aufgenommen und im Magen-Darm-Trakt gut resorbiert. F- wird aber nur in geringen Mengen über die Mundspeicheldrüsen in den Speichel abgegeben. Über die alleinige systemische F--Zufuhr kann somit eine vollständige F--Schmelzhärtung nicht erfolgen. Die Menge des eingelagerten bzw. zur Verfügung stehenden F- reicht nicht aus, um einen Säure abweh-renden Effekt zu erzielen. Viel wirksamer ist die lokale F--Zufuhr. 13. Lokale Fluoridzufuhr Sie kann z.B. in Form von Zahnpasta, Mundspül-lösungen, Lacken, Gelees und Suspensionen erfol-gen. Sie gilt heute als die effektivste Maßnahme, da der direkte Kontakt der Zähne mit F- eine günstige Beeinflussung der Remineralisation in den obersten Schichten der Zahnoberfläche hat. In Studien konnte gezeigt werden, dass bei einer Zahnpasta-F--Konzentration von mehr als 1000 ppm F- (AmF) keine Zunahme des Mineralgehalts im Milchzahnschmelz mehr zu beobachten war (Abb. 10).

Abb. 10 14. Überdosierung und Nebenwirkungen Bei Kindern bis zum Alter von 8 Jahren führt die lang-fristige Überdosierung von F- (mehr als 0,1 mg F-/kg KG/Tag) zur Störung der Zahnschmelzbildung wäh-rend der Zahnentwicklung (Dentalfluorose) auch der bleibenden Zähne. Die milde Form der Dentalfluorose äußert sich in weiß gesprenkeltem Zahnschmelz, in schweren Fällen kann eine braune Verfärbung auftre-ten (Abb. 11).

Abb. 11

In Deutschland tritt die Dentalfluorose fast nur in ihrer milden Form auf. Sie stellt ein ästhetisches Problem ohne Krankheitswert dar. In der letzten bevölkerungsrepräsentativen Unter-suchung wurde bei insgesamt 15% der 12-Jährigen eine Schmelzfluorose festgestellt. Davon entfielen 13,4% auf sehr milde und milde, 1,1% auf mittlere und 0,5% auf schwere Ausprägungsformen. 15. Kleinkinder und Zähneputzen Durch Verschlucken von Zahnpasta während des Zähneputzens nehmen Kleinkinder deutlich mehr F- auf als z.B. größere Kinder (Abb. 12).

Abb. 12 16. Grenzwerte Der zulässige obere F--Aufnahmewert (laut europä-ischen Ernährungswissenschaften) beträgt bei Kin-dern (9-14 Jahre): 5 mg F-/Tag, Schwangere/Stillende und Kinder ab 15 Jahre: 7 mg F-/Tag (= 0,12mg F-/kg KG). In den USA (und vom Bundesinstitut für Risikoermitt-lung in Deutschland) wird der Tolerable Daily Upper Intake (UL) verwendet. Hier gilt: Kinder (0-8 Jahre): 0,7-2,2 mg F-/Tag und Erwachsene auch Schwange-re: 10 mg F-/Tag (= 0,15 mg F-/kg KG pro Tag). Zu beachten ist, dass z.B. ein 3-4-jähriges Kind (ca.15 kg KG) somit eine ganze Tube Zahnpasta mit 75 ml Inhalt (F--Gehalt 0,1%) verschlucken kann, bevor dieser Grenzwert erreicht wird. Dagegen kann ein 5-jähriges Kind (20 kg KG) gefährdet sein, wenn es 500 ml einer 0,05% fluoridhaltigen Mundspül-lösung verschluckt. Der No-Observed-Adverse-Effect Level (NOAEL) für F- liegt z.B. bei über 14-Jährigen bei 10 mg F-/Tag. Der Lowest-Observed-Effect Level (LOAEL) liegt bei Kindern bis 8 Jahre bei 0,1 mg/kg/Tag (Abb. 13). Bei Erwachsenen (70 kg KG) kann bei der langjährigen und permanenten Zufuhr von mehr als 10 mg F-/Tag eine Skelettfluorose entstehen, die zu Knochen-schmerzen und Osteoporose führt.

Unerwünschte WirkungenDentalfluorose

• Dentalfluorose tritt überwiegend in Gegenden auf, wo die Fluoridkonzentration im Wasser über 2 mg Fluorid/l beträgt (hauptsächlich vulkanische Gebiete mit vulkanischem Gestein).

Eine Fluoridzufuhr von mehr als0,1 mg/kg/Tag während der Zahnentwicklung, also bis etwa zum Alter von acht Jahren, führt zu einer Dentalfluorose auch der bleibenden Zähne.

Mittlere Form(Häufigkeit 1%)

Schwerere Form(Häufigkeit 0,5%)

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Franz-Xaver Reichl. Toxikologie der Fluoridverbindungen. ICE 7. InHom 2008.

Abb. 13 17. Bewertung der Aufnahme hoher Fluorid-

mengen Vergiftungen mit Fluoriden sind weltweit äußerst sel-ten und bedürfen derart hoher Mengen, die es nahezu ausschließen, überhaupt verzehrt werden zu können: So wird die Probably Toxic Dose (PTD) bei Kleinkin-dern und schwachen älteren Menschen mit 5 mg F-

/kg KG angegeben. Die PTD ist die geringste Dosis, die ernsthafte oder lebensbedrohliche Symptome hervorruft und sofortige Notbehandlungen erfordern kann. Nach diesem Wert müsste ein 10 Kilogramm schwe-res Kind die Menge von 100 g Kinderzahnpasta (Fluo-ridkonzentration 0,05% oder 500 ppm) verzehren bzw. beim Zähneputzen (unbeabsichtigt) herunter-schlucken, um lebensgefährlich zu erkranken (Abb. 14). Die therapeutische Anwendung beim Zähneput-zen liegt in dieser Altersgruppe bei 2 g Zahnpas-ta/Tag mit einer Kinderzahnpasta.

Abb. 14 18. Empfehlungen Von der zahnärztlichen Zentralstelle Qualitätssiche-rung wurde eine aktuelle Leitlinie für Fluoridierungs-maßnahmen erarbeitet, die unter folgender Adresse eingesehen werden kann: www.zzq-koeln.de. Diese Leitlinie fasst für Zahnärzte, für Patienten, für Fachkräfte im Gesundheitswesen und für alle Interes-sierte den derzeitigen Wissensstand zusammen und gibt wissenschaftlich abgesicherte Empfehlungen zur optimalen Fluoridierung. Folgendes Dosierungssche-ma und folgende Verhaltensweisen werden heute von den wissenschaftlichen Fachgesellschaften für die Fluoridierung präferiert (Abb. 15).

Abb. 15 Beispiele: • Die Verwendung fluoridhaltiger Zahnpasta ist eine

wirksame kariespräventive Maßnahme. Dieser Ef-fekt steigt im bleibenden Gebiss mit zunehmender Fluoridkonzentration in der Zahnpasta, häufigerer Verwendung und höherer Kariesaktivität.

• Während der Schwangerschaft müssen keine Fluo-

ridtabletten eingenommen werden, da diese Gabe keinen Einfluss auf die Kariesprävalenz im Milch-gebiss hat.

• Die Fluoridlack-Applikation ist eine wirksame ka-

riespräventive Maßnahme. Bei Kindern und Ju-gendlichen kann sie zwei- oder mehrmals jährlich durchgeführt werden.

• Die Speisesalzfluoridierung ist eine wirksame ka-

riespräventive Maßnahme. Sie steigt mit der höhe-ren Verbreitung in unterschiedlichen Einsatzgebie-ten (Haushalt, Gemeinschaftsverpflegungen, Res-taurants oder Bäckereien). Die Anwendung wird generell empfohlen.

• Fluorid-Lutschtabletten sind kariespräventiv wirk-

sam. Da dieser Effekt bei durchgebrochenen Zäh-nen auf der lokalen Wirksamkeit des Fluorids be-ruht, sollten sie regelmäßig gelutscht werden. Es wird nur eine Form der systemischen Fluoridzufuhr (Tablette oder Speisesalz) empfohlen. Bei Verwen-dung von Fluoridtabletten für Kinder unter 6 Jahren muss eine Fluoridanamnese erhoben werden, um überhöhte Fluoridaufnahmen durch andere Quellen zu verhindern.

• Bei niedriger Kariesaktivität und regelmäßiger

Mundhygiene mit F--haltiger Zahnpasta wird die Anwendung F--haltiger Mundspüllösungen nicht empfohlen.

• Bei Personen mit erhöhtem Kariesrisiko wird die

kontrollierte Anwendung F--haltiger Mundspüllösun-gen empfohlen.

19. Allgemeine kariesprophylaktische Maßnahmen • Fluoridlösungen und Spülungen sollten erst vom

Schulalter an bei Kindern mit erhöhtem Kariesrisiko eingesetzt werden, da bei diesen Präparaten im Gegensatz zu den Zahnpasten die therapeutische Breite geringer ist.

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Franz-Xaver Reichl. Toxikologie der Fluoridverbindungen. ICE 7. InHom 2008.

• Vermeidung ständigen Schnuller- und Flaschennu-ckelns bei Säuglingen und Kleinkindern, vor allem keine Anwendung von gezuckerten Beigaben.

• Vermeidung von ständigen oder häufigen Süßig-

keitsgaben.

• Gesunde Ernährung mit längeren Nahrungs-pausen.

• Frühe Gewöhnung an eine altersgerechte Zahn-

und Mundpflege und ggf. Aufsuchen kinderzahn-ärztlicher Betreuung.

• Sorgfältige Mund- und Zahnpflege und Zahnsanie-

rung der Eltern bzw. des Pflegepersonals, schon pränatal beginnend.

20. Praxistipp Um dem Entstehen einer Dentalfluorose vorzubeu-gen, wird Eltern empfohlen, bei Vorschulkindern nur eine geringe Menge F--haltiger Zahnpasta einzuset-zen. Als Richtgröße für die Applikation gilt die Größe einer Erbse.

Weiterführende Literatur 1. Lehrbücher Laurence Brunton, John Lazo, Keith Parker, A. Goodman Gilman (eds.): „Goodman and Gilman's: The Pharmacologi-cal Basis of Therapeutics", The McGraw-Hill Companies, Inc., New York 2005. Marquardt, H, Schäfer, S, Lehrbuch der Toxikologie, Wis-senschaftsverlag, Mannheim, 2. Aufl. 2004. Reichl, FX, Taschenatlas der Toxikologie, 2002, Thieme, Stuttgart. Reichl, FX, Taschenatlas der Umweltmedizin, Thieme, Stuttgart, 2000. Richard C. Dart, MD, PhD. Medical Toxicology, Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, 2003. Schmalz G, Arenholt-Bindslev D, Biokompatibilität zahnärz-tlicher Werkstoffe, Elsevier Urban & Fischer, 2005. 2. Online-Informationssysteme www.toxikologie.de (Allgemeine Informationen) www.dimdi.de (Deutsche Datenbanken) www.ecdin.etomep.net (Europäische Datenbanken) www.irptc.unep.ch (UNO-Datenbanken) www.zahnwissen.de (Allgemeines Zahnwissen) www.zahnwissen.de/frameset_lexi.htm?lexikon_aa-am.htm (Zahnwissen-Lexikon)

Prof. Dr. Dr. Franz-Xaver Reichl Walther-Straub-Institut für Phar-makologie und Toxikologie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontolo-gie der LMU. Vita: 1975-1980 Studium der Mikrobiologie an der Technischen Universität Mün-chen. 1980 Diplom. 1983 Promo-tion. 1983-1985 Studium der Humanmedizin an der LMU. 1994 Habilitation am Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie der medizinischen Fakultät der LMU für die Fächer Pharmakologie und Toxikologie (Thema: Amalgam). 2000 Apl. Professor am Walther-Straub-Institut für Pharma-kologie und Toxikologie der LMU. 2002 Berufung zum Univ.-Professor (C3) an die Poliklinik für Zahnerhaltung und Paro-dontologie der LMU. Herausgeber von 12 Lehrbüchern für die Fächer Pharmakologie, Toxikologie und Umweltmedizin. Verfasser von 170 Originalarbeiten auf dem Gebiet der Toxikologie. Mitglied in Advisory Boards verschiedener Zeitschriften.

Geförderte Projekte durch zahlreiche nationale und interna-tionale Institutionen für die Untersuchungen der Toxizität von zahnärztlichen Restaurationsmaterialien. Hauptarbeitsgebie-te: Untersuchungen zur Cytotoxizität, Mutagenität, Cancero-genität, Embryotoxizität u.a. von chemischen Substanzen vor allem zahnärztlichen Restaurationsmaterialien in men-schlichen und tierischen Zellen. Verschleiß von Zahnfüllun-gen und Elution von Zahnwerkstoffen aus Füllungen nach Belastung im Kausimulator. Toxikokinetische und toxikody-namische Untersuchungen von chemischen Substanzen (u.a. Inhaltsstoffe in Zahnmaterialien) im Tierexperiment. Aufklärung von Stoffwechselwegen und Analytik von Inter-mediaten beim Abbau von zahnärztlichen Materialien in biologischen Systemen. Risikoabschätzungen von Fremd-stoffen (Xenobiotika). • Kontakt: [email protected] • Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der LMU:

www.dent.med.uni-muenchen.de • Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie

der LMU: http://wsi.web.med.uni-muenchen.de/

Praxistipp:Um das Entstehen einer Dentalfluorose vorzubeugen wird Elternempfohlen bei Vorschulkindern nur eine geringe Mengefluoridhaltiger Zahnpasta einzusetzen.(Richtgröße = Erbse)

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Klaus-Roland Jahn. Fluoride in der Kariesprävention. ICE 7. InHom 2008.

Klaus-Roland Jahn Fluoride in der Kariesprävention – Nutzen versus Risiko Karies ist eine Erkrankung der Zahnhartsubstanzen von erheblicher gesundheitspolitischer Bedeutung. Die Prävention dieser Erkrankung stützt sich auf Mundhygienemaßnahmen, Ernährungslenkung und vor allem auf die Fluoridapplikation. Die örtliche Applikation von Fluoriden auf die Zahnhartsubstanz hat nachgewiesenermaßen eine kariespräventive Wirkung. Die gelegentlich in der Literatur zu findende Fra-ge, inwiefern Fluoride gesundheitsbedenklich sind, kann dahingehend beantwortet werden, dass bei Ein-haltung der Anwendungsvorschriften kein gesundheitliches Risiko besteht. Karies ist eine Zivilisationskrankheit, deren epidemio-logische, gesundheitspolitische und volkswirtschaftli-che Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt wer-den kann. Tatsächlich leiden 98-99% aller Bürger an Karies. Die Beseitigung der Kariesschäden selber und der aus dem Kariesbefall resultierenden Folge-schäden erfordert in Deutschland Aufwendungen von ca. 20 Mrd. Euro. Diese Umstände haben frühzeitig Anstrengungen zur Prävention dieser Erkrankung initiiert. Nach heutigen Erkenntnissen basiert die Kariesprävention auf folgenden Säulen: • Ernährungslenkung (Vermeidung des oftmaligen

Genusses zuckerhaltiger Speisen), • Mundhygienemaßnahmen, • vor allem die systemische Fluoridgabe, besonders

jedoch die topische Applikation von Fluoriden auf die Zahnhartsubstanz.

Stand der Forschung zur fluoridgestützten Kariesprä-vention ist, dass in unmittelbarem Kontakt zur Zahn-hartsubstanz applizierte Fluoride eine Förderung der Remineralisation des initial entkalkten Schmelzes bewirken. Die systemische Fluoridapplikation ist von nachrangiger Bedeutung. Die Fluoridgabe kann als • massenprophylaktische Maßnahmen (Trinkwasser-,

Milch- oder Salz-Fluoridierung) oder • individualprophylaktische Maßnahmen (Gelees,

Lacke oder Zahnpasta) erfolgen. Als kostengünstigste, juristisch jedoch umstrittene Maßnahme hat sich die Trinkwasser-Fluoridierung erwiesen. Zirka 120 Mill. Bürger weltweit kommen in den Genuss fluoridangereicherten Trinkwassers. Das normale Trinkwasser in unseren Breiten enthält etwa 0,2-0,3 mg Fluorid pro Liter Trinkwasser. Als optimal im Sinne des Kariesschutzes hat sich der Wert von 1 ppm Fluorid im Trinkwasser herausgestellt. Die damit erreichbare Kariesreduktion beträgt ca. 50%. Wegen der angesprochenen juristischen Probleme (Zwangsmedikation) hat sich in jüngster Zeit die Salz-Fluoridierung etabliert. Sie stellt ebenfalls eine kos-tengünstige kariespräventive Maßnahme dar, bei der aus geschmacklichen Gründen eine Überdosierung nicht möglich ist. Allerdings ist die Verwendung fluoridierten Speisesal-zes bei der industriellen oder handwerklichen Produk-tion von Lebensmitteln (Großküchen, Bäckereien etc.) nicht zugelassen. Der Verbrauch fluoridierten Salzes liegt gegenwärtig in Deutschland im häuslichen Be-reich bei ca. 60%.

Die natürliche Fluoridaufnahme erfolgt vor allem über Lebensmittel, deren Gehalt jedoch hoch different ist. So weisen schwarzer Tee und Seefische, insbeson-dere Sardinen, einen hohen Fluoridgehalt auf. Eine große Diskrepanz besteht ebenfalls zwischen der empfohlenen täglichen und der tatsächlichen Fluorid-aufnahme.

Tab. 1 Empfohlene und tatsächliche Tab. 1 Empfohlene und tatsächliche FluoridaufnahmeFluoridaufnahme

Alter Aufnahme/Tag

1-3 Jahre 0,7 mg

3-8 Jahre 1,1 mg

8-13 Jahre 2,0 mg

13-18 Jahre 3,2 mg (m)2,9 mg (w)

> 18 Jahre 3,8 mg (m)3,1 mg (w)

Alter Aufnahme/Tag

6 Monate 0,2 mg

4-6 Jahre 0,2 mg

8-10 Jahre 0,23 mg

15-18 Jahre 0,52 mg (m)0,47 mg (w)

Empfohlen (DGE)Empfohlen (DGE) TatsächlTatsächl. Aufnahme. Aufnahme

nach nach PrzyrembelPrzyrembel 19981998

Wie aus der Tabelle ersichtlich, erreicht die tatsächli-che Fluoridaufnahme in allen Altersgruppen besten-falls ein Fünftel der empfohlenen Menge. Die von Skeptikern zuweilen geäußerte Vermutung, dass eine aus unterschiedlichen Quellen wie • Nutzung fluoridierter Zahnpasta, • erheblicher Konsum fluoridierten Speisesalzes, • hoher Konsum von Ölsardinen, • oftmaliger Einsatz fluoridierter Gelees mit Verschlu-

cken erheblicher Anteile und • exzessiver Verbrauch fluoridierter Mundspüllösun-

gen gespeiste übermäßige Fluoridzuführung gesundheits-bedenklich ist, kann – wenn überhaupt – nur durch extreme Überdosierungen hervorgerufen werden. Aus zahnärztlicher Sicht kommt es im Grunde ge-nommen nur darauf an, überängstliche Eltern, die um die Zahngesundheit ihrer Kinder fürchten und demzu-folge weit über das übliche Maß hinaus ihren Kindern Fluorid zuführen, auf die langfristigen Folgen ihrer falsch verstandenen Präventionsstrategie aufmerk-sam zu machen. Kritisch ist nach neueren Erkenntnissen die systemi-sche Fluoridgabe hinsichtlich des erzielbaren Präven-tionseffektes zu sehen.

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Klaus-Roland Jahn. Fluoride in der Kariesprävention. ICE 7. InHom 2008.

Das bloße Verschlucken von Fluoridtabletten hat – wie jüngere Untersuchungsergebnisse zeigen – nur einen geringen kariesprotektiven Effekt. Die Gabe von Fluoridtabletten ist in den ersten Lebensmonaten, d.h. vor Durchbruch der ersten Milchzähne, nicht sinnvoll. Eine Minderung des Kariesbefalls ist bei Fluorettengabe in diesem Lebensabschnitt später nicht zu verzeichnen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass • Fluoride aus der Kariesprävention nicht mehr weg-

zudenken sind, • Fluoride am besten langfristig in der Mundhöhle

anwesend sein sollten, • die Salz-Fluoridierung sich als die günstigste mas-

senprophylaktische Maßnahme erwiesen hat und • eine gesundheitliche Gefährdung durch Fluoride

(Ausnahme: langfristige extreme Überdosierung) nicht gegeben ist.

Literatur ATSDR (2002) Agency for Toxic Substances and Disease Registry. Toxicological profile for fluorides. U.S. Department of Health and Human Services. DAKJ (2002) Deutsche Akademie für Kinderheilkunde und Jugendmedizin. Empfehlungen zur Kariesprophylaxe mit Fluoriden. Monatsschr Kinderheilkd 148: 1154-1157. Einwag J, Hetzer G, Hey HW, Hirschmann E, Marthaler TM, Micheelis W, Päßler J, Reihlen E, Staehle HJ, Strubelt O, Zimmer S (2000) Fluoride in der Kariesprophylaxe. Deutscher Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ) 3: 1-20. Infante PF (1974) Communication of a reader: acute fluoride poisoning - North Carolina. J Public Health Dent 34: 281. Mascarenhas AK (2000) Risk factors for dental fluorosis: A review of the recent literature. Pediatr Dent 22: 269-277. WHO (1994) Report of a WHO Expert Committee on Oral Health Status and Fluoride Use. Fluorides and oral health. WHO Technical Report Series No. 846, Weltgesundheitsor-ganisation, Genf. Prof. Dr. Klaus-Roland Jahn Kommissarischer Leiter der Abtei-lung für Zahnerhaltung und Prä-ventivzahnmedizin am Charité-Centrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in Berlin. Vita: 1964-1969 Zahnmedizinstudium an der Humboldt-Universität. 1969 Wissenschaftlicher Assistent an der Universitätspoliklinik für Kon-servierende Zahnheilkunde am Bereich Medizin (Charité) der HUB. 1975 Promotion zum Dr. med. 1976 Ernennung zum Oberarzt. 1985 Habilitation. 1993 Privatdozent. 1994 Berufung zum ordentlichen Univer-sitätsprofessor an die Humboldt-Universität zu Berlin. Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit: Pathogenese und Prävention der Sekundärkaries, klinische Beurteilung von Füllungswerkstoffen, klinische Studien zur Prognose füllungstherapeutischer Leistungen. • Kontakt: [email protected] • Abteilung für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin:

www.charite.de/praevmed

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Christine Doppler. Bericht über die Podiumsdiskussion zu offenen Fragen der Fluorid-Prophylaxe. ICE 7. InHom 2008.

Christine Doppler Bericht über die Podiumsdiskussion zu offenen Fragen der Fluorid-Prophylaxe* Das Thema Fluorid-Prophylaxe wurde in den letzten Jahren unter den Mitgliedern des DZVhÄ kontrovers diskutiert, ausgelöst durch eine seit mehreren Jahren bestehende Kooperation des DZVhÄ mit der Firma GABA. Diese bietet mit der Zahnpasta elmex® mentholfrei ein Homöopathie-verträgliches Produkt an. Die Zahnpasta ist frei von Kampfer, Menthol und ätherischen Ölen wie Pfefferminze und Eukalyptus. Gleich-zeitig aber enthält sie zum Schutz vor Karies und zur Förderung der Remineralisierung das Aminfluorid Olaflur. Kritische Stimmen aus der Komplementärmedizin weisen auf toxikologische Bedenken hin, die bis hin zu einer behaupteten karzinogenen Wirkung reichen. An die Vorträge der Fachleute aus Zahn-medizin und Toxikologie, Prof. Dr. Klaus-Roland Jahn (Charité Berlin) und Prof. Dr. Dr. Franz-Xaver Reichl (LMU München) schloss sich daher eine Diskussion mit vielen Fragen an, von denen auch am Ende etliche offen blieben – offen bleiben mussten?! In ihren Vorträgen hatten die beiden Referenten die eindeutige Evidenz für die kariesprotektive Wirkung von Fluorid dargelegt. In einem kurzen historischen Überblick hatte Professor Reichl auch auf die ethno-medizinisch belegte Verwendung des Siwak als Zahnreinigungsinstrument hingewiesen, das aus besonders fluoridreichen Zweigen des Arakbaumes gewonnen wurde. Beide Vortragenden stimmten darin überein, dass es toxikologische Bedenken nur im Zusammenhang mit akuter und massiver Überdosie-rung gäbe, nicht bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch. Die klare Datenlage wurde in der Diskussion nicht in Zweifel gezogen. Zunächst ging es um Fragen zu Details der Fluorid-Anwendungen und deren Auswir-kungen: zu den chemischen Prozessen, zum Anstieg des Fluoridgehaltes des Zahnes durch die Behand-lung oder zu den Auswirkungen von Fluoridanreiche-rungen in kieferorthopädischen Geräten wie Zahn-spangen. Dabei verdeutlichte Professor Reichl, dass es sich hier oftmals um heikle, definitorische Fragen und kontroverse Diskussionen handelt, da es rech-tlich beispielsweise zu klären gilt, wann es sich um Arzneimittel oder um Medizinprodukte handelt. Daher sei auch die Zulassungspraxis kritisch zu überden-ken. Im weiteren Verlauf der Diskussion rückte die Frage in den Vordergrund, was mit dem Fluorid außerhalb der lokalen Wirkung auf die Zähne geschieht, worin also seine systemische Wirkung auf den Menschen besteht: Wo reichert sich das Fluor sonst an, außer in den Zähnen und in den Knochen? Mit welchen Fol-gen? Wann wird es gefährlich? Welche Studien gibt es dazu? Es sei für homöopathische Ärztinnen und Ärzte schwer vorstellbar, dass eine Substanz wie das Fluorid, das eine akute Toxizität hat, in den Organ-systemen nichts bewirke, außer Zahnfluorose und möglicherweise Osteoporose. Professor Reichl be-richtete, dass es bei akut toxischen Dosen zu Ablage-rungen in den Nieren kommen könne, von leichten Schädigungen bis hin zum Nierenversagen, oder auch zu Ablagerungen in den Lungen, bis hin zur Erstickung, da die Blutversorgung nicht mehr optimal gewährleistet sei. Was nennenswerte chronische Vergiftungen beträfe, so könne eine langanhaltende übertriebene An-wendung zu Organschäden führen, niemals aber die

___________________________________

* Für wichtige Ergänzungen danke ich Curt Kösters und Lars Broder Stange.

korrekte Anwendung, so Professor Jahn. Akute Ver-giftungsfälle gäbe es in der Aluminiumindustrie, in der Zahnmedizin kaum. Es gab weitere Fragen aus dem Kreis der homöo-pathischen Ärztinnen und Ärzte: Sind Kombinations-effekte zu beobachten, wie die Auswirkungen von regelmäßigem Mineralwasser- und fluoridiertem Speisesalz-Konsum, dazu noch dreimal im Jahr Lack auf die Zähne? Dazu gäbe es keine seriösen Studien aus der Zahnmedizin, so die Antwort der beiden Fachleute. Der Genuss von Mineralwässern mit ei-nem hohen Fluoridgehalt ist allerdings dann ein Prob-lem, wenn eine toxikologische Wirkung auftaucht. Und in Kombination mit dem häufigen Genuss von Krustentieren sind ebenfalls toxikologische Verände-rungen zu beobachten. Auch bei Stoffwechselvor-gängen gibt es Störungen. Der Kalziumstoffwechsel steht da an erster Stelle – wenn dieser gestört ist, gibt es Veränderungen. Sogar der Glukose-Stoff-wechsel kann gestört werden. Dabei handle es sich um biochemische Vorgänge, die aber rasch wieder weggingen, und nicht zu vergleichen seien mit echten Intoxikationen mit klinischen Symptomen wie Bauch-schmerzen oder Übelkeit, erläuterte Professor Reichl. Die von mehreren Teilnehmerinnen und Teilnehmern geäußerten Bedenken zum Thema „lokale versus systemische Wirkung“ brachte der Allgemeinarzt Curt Kösters wie folgt auf den Punkt: „Wenn unstreitig ist, dass der topische Effekt deutlich höher ist als der systemische, dann verstehe ich nicht, warum nicht ausschließlich auf den topischen Effekt gesetzt wird. Unsere Sicht, unser ärztliches Prinzip ist, niemals Schaden anzurichten. Wenn man nicht mit hundert-prozentiger Sicherheit chronische Effekte ausschlie-ßen kann, dann wäre die logische Schlussfolgerung, dass man ausschließlich auf topische Applikationen setzt.“ Das seit langem umstrittene Thema der flächende-ckenden Gabe von Fluoridtabletten kam ebenfalls zur Sprache. Da Fluoridtabletten als pharmakologisch-toxikologisch nebenwirkungsarm gesehen werden, werden sie nicht als Arzneimittel bezeichnet, so Pro-fessor Reichl. Und Professor Jahn führte aus, dass auf Tabletten durchaus verzichtet werden könne, da durch die lokale Anwendung von fluoridhaltigen Subs-tanzen die größten Effekte erzielt würden. Zudem sei die Gabe von Tabletten insofern problematisch, als mit einer frühen Verabreichung möglicherweise eine Heranführung an einen späteren allgemeinen hohen Tablettenkonsum verbunden sein könne.

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Christine Doppler. Bericht über die Podiumsdiskussion zu offenen Fragen der Fluorid-Prophylaxe. ICE 7. InHom 2008.

Eine Teilnehmerin berichtete von einer schwedischen Untersuchung, deren Ergebnisse dazu geführt hätten, dass in Schweden vom Gebrauch der Fluoretten abgeraten worden sei. Es seien bei Kindern Verände-rungen im ZNS und eine Abnahme der Leistungsfä-higkeit beobachtet worden. In diesem Zusammen-hang verwies Professor Reichl auf die Empfehlung, dass man bei Kindern in der Fluoridgabe etwas zu-rückhaltender sein solle. Er kenne aber keine Studie, bei der eine Organschädigung im Gehirn nachgewie-sen worden wäre. Was die allgemeine Fluorid-Prophylaxe betrifft, so könnte auch das Motto gelten: Prävention ist viel besser als Therapie. So könnte man den Patientinnen und Patienten empfehlen: zurück zur Natur, zu ver-nünftiger zuckerfreier Ernährung und zu Mundhygie-ne, dann könnte man weitgehend auf Fluoride ver-zichten. Auf diese Weise könne man das Thema „gesunde Zähne“ in die Verantwortung der Patientin-nen und Patienten zurückgeben. Auf einen wesentlichen Aspekt einer ganzheitlichen Heilweise machte die Ärztin Carla Vrecko aufmerk-sam. Es gehe in der Homöopathie – aber auch in der Anthroposophischen Medizin – unter anderem darum, zu sehen, dass diese Substanzen als Kräfte wirken. „Aus der geisteswissenschaftlichen Anschauung gibt es beispielsweise den Hinweis, dass das Fluorid, das mit den Zähnen aufgenommen wird, noch einen an-deren Effekt hat: Dass es nämlich die besonderen intellektuellen Fähigkeiten mindestens auf ein Nor-malniveau, wenn nicht sogar darunter senkt.“ Sie äußerte den Wunsch, „dass wir in unsere Forschun-gen auch solche Hinweise aufnehmen sollten, um zu anderen Beobachtungen zu kommen.“ Dies könne sinnvollerweise in Zusammenarbeit von homöopathi-schen und anthroposophischen Ärztinnen und Ärzten geschehen. Eine Anregung für klinische Forschungen, um mögli-che Zusammenhänge zwischen Fluoridbehandlung und Exostosen zu klären, gab Dr. Thomas Röhrig: „Aus homöopathischen Arzneimittelprüfungen, die ja feintoxikologische Untersuchungen sind, weiß ich, dass Calciumfluorat Exostosen hervorrufen kann. Es wird daher in der Homöopathie als Arzneimittel in diesem Zusammenhang verwendet. In meiner Praxis habe ich selbst mehrere solcher Fälle beobachtet. Ich würde deshalb zum einen vorschlagen, dass man bei Kindern, die Exostosen entwickeln, zumindest mit dem Fluorid sehr zurückhaltend wäre. Zum anderen gäbe es vielleicht die Möglichkeit, diesen Zusammen-hang klinisch durch die Untersuchung des Materials aus der operativen Entfernung der Exostosen auf Fluorid zu erforschen.“ Am Rande der Diskussion berichtete Professor Reichl, dass vulkanische Asche in hohem Maße Fluorid-haltig sei. Interessant ist in diesem Zusammenhang das Mittel Hekla lava, das gerade aufgrund der aufgetretenen Exostosen bei Schafen in die homöopathische Anwendung kam, wobei der mögliche Fluorid-Gehalt bisher in der ho-möopathischen Literatur nicht erwähnt ist. In mehreren Diskussionsbeiträgen wurde der Aspekt einer ganzheitlichen Betrachtungsweise in der Ho-möopathie betont: „Homöopathen gehen davon aus, dass ein Mittel nicht nur an zwei oder drei Stellen wirkt, sondern im ganzen Körper. Fluorid muss im Zusammenhang mit dem ganzen Organismus und nicht nur mit Zahn und Knochen gesehen werden.“

Dieses Unbehagen an einer fragmentierten Sichtwei-se auf den Menschen fasste der Allgemeinmediziner Franz Bonsch zusammen: „In den Darstellungen der beiden Fachleute wurde sehr gut deutlich, welche Wirkung Fluorid auf die Zähne und die Knochen hat. Aber jedes Lebewesen ist letzten Endes ein Öko-system. Wir wissen, dass es in Ökosystemen keine lokalen, sondern nur systemweite Effekte gibt. Jeder Prozess betrifft durch die ökologische Vernetzung das gesamte System. Wenn wir den Effekt von Fluorid auf den Zahnschmelz beurteilen, dann ist das nur ein Teil der Story. Wir Homöopathen haben im Grunde einen ökologischen Ansatz und denken immer systemweit, wenn wir eine lokale Erkrankung haben. Daher sehe ich eine Lücke: Ich sehe einen gewollt langfristigen Eingriff in das Ökosystem und sehe aber nur die lokale Beurteilung, weiß aber gleichzeitig, dass dieser Eingriff möglicherweise systemweite Effekte hat, die unklar sind. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Sachlage beim Asbest: Man hatte lange damit gearbeitet, dann hat man große Probleme festgestellt, die vorher das Modell, mit dem man gearbeitet hatte, nicht geliefert hatte. Man hat erst dann den Schaden gemerkt. Meine Anregung wäre, zu prüfen, wie wir eine ähnliche Situation vermeiden könnten: Mögli-cherweise stellen wir später fest, dass die Fluorid-Prophylaxe zwar Karies beseitigt oder verhindert, uns aber andere Probleme beschert hat – Probleme, die wir vielleicht hätten sehen können, wenn wir danach geschaut hätten.“ Fazit: Es wurden viele Fragen erörtert, vieles ist sicherlich auch noch offen geblieben. Alle Beteiligten haben sich in dieser komplexen und diffizilen Diskus-sion um eine gemeinsame Sprache bemüht und eini-ge sachliche Dinge klären können. Und wie eine individuelle Prophylaxe für die Patientinnen und Pa-tienten aussehen kann – das muss letztlich individua-lisierend herausgefunden und entschieden werden. Mag. phil. Christine Doppler Öffentlichkeitsarbeit und Lektorat in der Homöopathie-Stiftung des DZVhÄ und im InHom. Vita: 1966-1972 Studium der Romanischen Sprachwissenschaft in Graz, Berlin und Turin (Französisch und Italienisch). 1974-1986 Wissen-schaftliche Mitarbeiterin in For-schung und Lehre im Bereich Linguistik an den Universitäten Klagenfurt und Bielefeld. Freibe-rufliche Tätigkeit als Übersetzerin und Sprachtrainerin (Italienisch). 1992-2005 Wissenschaftliche Mit-arbeiterin im Career Service der Universität Bielefeld (Unter-nehmenskontakte, Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising). Seit 1985 Beschäftigung mit Homöopathie. Konzeption und Durchführung von Kooperations-Projekten zur „Arzt-Patien-ten-Kommunikation“ (auch zum Gespräch in der Homöopa-thie). 2001 Beginn der zunächst zeitweisen Tätigkeit für Stiftung und InHom im Bereich Internetpräsentation, seit 2005 zusätzlich für Öffentlichkeitsarbeit. Seit 2005 intensive Beschäftigung mit dem Thema „Homöopathie und Alter“. • Kontakt: [email protected] • Homöopathie-Stiftung: www.homoeopathie-stiftung.de • InHom: www.inhom.de

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Statements Dialogforum: Anthroposophische Medizin und Homöopathie. ICE 7. InHom 2008.

Dialogforum: Anthroposophische Medizin und Homöopathie – ähnlich oder gegensätzlich? Im Rahmen des ICE 7 fand erstmals ein Gedankenaustausch zwischen Vertretern von Anthroposophi-scher Medizin und Homöopathie statt. Angeregt wurde die Veranstaltung durch das „Forum Pluralismus in der Medizin“, in dem es um den Dialog zwischen konventioneller Medizin und Komplementärmedizin geht. Daraus hat sich die Idee entwickelt, diesen Dialog auch innerhalb der Komplementärmedizin zu führen, um inhaltlich, wissenschaftlich und auch politisch Impulse zu setzen. Es geht um die Benennung aller Differenzen, unterschiedlicher Konzepte und Standpunkte, aber auch der verbindenden Elemente. Homöopathie und Anthroposophische Medizin verwenden teilweise die gleichen Arzneimittel, aber mit einem unterschiedlichen Konzept und möglicherweise auch unterschiedlichen Erfahrungen. Lohnt es sich, diese Erfahrungen auszutauschen? Dr. med. Matthias Girke und Lars Broder Stange, neben Dr. med. Jens-Uwe Goos und Curt Kösters auf dem Podium vertreten, hatten vorab in ihren Statements nachstehende Fragen zu den beiden Heilweisen formuliert (Newsletter ICE 7, 5). Daran anschließend fol-gen der Bericht von Lars Broder Stange und der des DAMID.

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Lars Broder Stange. Bericht Dialogforum: Anthroposophische Medizin und Homöopathie. ICE 7. InHom 2008.

Lars Broder Stange Bericht über das Dialogforum: Anthroposophische Medizin und Homöopathie – ähnlich oder gegensätzlich?

Das Höchste wäre zu begreifen, dass alles Faktische schon Theorie ist. Die Bläue des Himmels offenbart uns das Grundgesetz der Chromatik. Man suche nur nichts hinter den Phänomenen, sie selbst sind die Lehre. Johann Wolfgang Goethe (Maximen und Reflexionen)

Zu diesem Thema trafen sich am 9. November 2007 in Köthen (Anhalt) im Rahmen des ICE 7 Vertreter der Anthroposophischen Medizin und der Homöopathie zu einem ersten öffentlichen Gedankenaustausch. Es diskutierten miteinander: der Internist Dr. Matthias Girke als Vorstand im Dachverband Anthroposophi-sche Medizin in Deutschland (DAMID), der Frauenarzt Dr. Jens-Uwe Goos als praktizierender anthroposo-phischer und homöopathischer Arzt, Lars Broder Stange und Curt Kösters als homöopathische Allge-meinärzte und Vorstandsmitglieder des DZVhÄ. Die Gesprächsleitung lag in den bewährten Händen von Gerhard Bleul, ebenfalls homöopathischer Allgemeinarzt. Nach einer Vorstellungsrunde ging es im ersten Teil des Gesprächs, an dem sich das Auditorium bald lebhaft beteiligte, um die Stellung der potenzierten Arznei im therapeutischen Kontext. Es wurde deutlich, dass es seitens der anthroposo-phischen Ärzte (und bei Kenntnis der Quellenlage) keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Anwen-dung von Hochpotenzen gibt, wenn sie lege artis angewendet werden. Kollege Girke bemerkte dazu: “Wir haben die Arzneien von den Homöopathen ge-klaut, aber wir sind freundliche Diebe!“ Auf der anderen Seite sollten die Kollegen, die kom-binierte Hochpotenzen im Rahmen des anthroposo-phischen Therapiekonzeptes über längere Zeit ver-ordnen, Kenntnisse über das Auftreten möglicher Arzneiprüfungssymptome haben, um Schaden vom Patienten abzuwenden. Das fand einhellige Zustim-mung, und eine Folgerung war, dass im Unterricht der anthroposophischen Kollegen ausführlichere Kenntnisse über Arzneimittelbilder vermittelt werden sollten. Der sogenannte “Placeboeffekt“ ist für die Anthropo-sophische Medizin kein Thema. Hier bemerkte der Kollege Teut: „Sind wir Homöopathen traumatisiert durch die regelmäßig wiederkehrende Placebo-Diskussion, weil wir dann immer im Blickpunkt sind? Sind wir immer das Opfer?“

Möglicherweise liegt es an unserem – historisch ge-sehen – hohen Anspruch, von Konzept und Praxis her die „bessere Medizin“ zu sein, während sich die Anthroposophische Medizin von Beginn an als Er-gänzung der naturwissenschaftlich begründeten Me-dizin verstand. Die differenzierte Anamnesetechnik der Homöopathie wurde einhellig als wichtiger Baustein jeder individuel-len Behandlung anerkannt. Die Unterstützung des Gesundungspotentials („Salu-togenese“) findet in der Anthroposophischen Medizin eine hohe Aufmerksamkeit. Durch Kunsttherapie und Heileurythmie beispielswei-se kann die seelische Ebene angesprochen werden, und die biographische Arbeit („Was will mir meine Krankheit jetzt sagen? Was will ich?“), die auch die „Würde des Krankseins“ nicht aus dem Blick verliert, will zur Lebensstiländerung und zum Gewinnen einer erneuerten Lebensperspektive verhelfen. Diese differenzierte „Diätetik“ ist ein Feld, in dem wir Homöopathen durchaus Anregungen und Erweite-rungen des vielleicht manchmal sehr konkret aufge-fassten Behandlungsauftrages („Die Warze muss weg!“) lernen können.

Auf dem Podium (von links): Dr. Matthias Girke, Dr. Jens-Uwe Goos, Gerhard Bleul, Lars Broder Stange und Curt Kösters (Foto: Trapp)

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Lars Broder Stange. Bericht Dialogforum: Anthroposophische Medizin und Homöopathie. ICE 7. InHom 2008.

Ob die (auch mythologischen) Zusammenhänge, in die die Anthroposophische Medizin die Naturstoffe als Ausgangsbasis der Arzneien stellt, in homöopathi-schen Schulen eine Entsprechung haben bzw. wo sie differieren, wäre eine eigene Untersuchung wert. Als wichtige Dimensionen wurden von den beiden Vertretern der Anthroposophischen Medizin Biogra-phie und Entwicklung genannt. „In der Anthroposo-phischen Medizin ist der Heilungsbegriff untrennbar mit dem Entwicklungsbegriff verbunden“, so der Kol-lege Girke. Bei Heilung gehe es nicht um Reparatur, und Heilung führe nicht zurück in eine gesunde Ver-gangenheit, sondern in eine neu zu erobernde Ge-sundheit. Die Zukunftsorientierung, die Heilung über die jeweils individuellen Entwicklungsstufen, stehen dabei im Mittelpunkt. In diesem Zusammenhang entsteht die Frage, was sich bei Sterbenden denn noch entwickeln könne. „Hier ist zu beobachten, dass in den letzten Lebens-zeiten eines Menschen die Möglichkeit, komprimiert Fähigkeiten zu entwickeln, ganz stark da ist,“ erläuter-te Kollege Girke weiter. Ähnlich wie am Lebensbeginn sei am Lebensende eine unglaubliche Dichte an Ent-wicklung erkennbar. Auch im Sterbensprozess komme der Mensch zur Selbstwerdung. Diese Beob-achtungen führen in der Anthroposophischen Medizin dann weiter zu den Fragen von Vorgeburtlichkeit und Nachtodlichkeit, unabhängig von sakralen Bindungen. Der „anthroposophisch-weltanschauliche Überbau“ wurde von einigen Zuhörern als schwer verständlich angesehen, und damit als ein Rückzugsgebiet, in das sich anthroposophische Ärztinnen und Ärzte gewis-sermaßen wie in einen Schutzraum zurückziehen können und sich nicht weiter erklären müssen.

Homöopathie wird dagegen oft als klarer konturiert und transparenter („quasi handwerklich“) wahrgenom-men. Homöopathie als „Kind der Aufklärung“ ist der möglichst vorurteilslosen Beobachtung verpflichtet. Oder um den Kollegen Wilkens aus seinem Vortrag zu zitieren: „Protestantische Präzision und katholi-sche Breite finden sich wieder in der Präzision der Homöopathie und der Breite der Anthroposophie.“ Ein Vergleich, auf den im Verlauf der Diskussion mehr-fach angespielt wurde. Zum Thema „Überbau“ in der Anthroposophie betonte Kollege Girke, dass die Anthroposophie primär kein Lehrgebäude, sondern eine (Erkenntnis-)Methode sei. Damit wäre ein Dialog über methodologische Fragen und Konzepte durchaus denkbar und wün-schenswert. „Wir können ungeheuerlich viel voneinander lernen und sollten diese Diskussion als einen Start für eine weitere Vertiefung sehen!“ so Kollege Girke. Auch das Publikum wünschte sich gemeinsame For-schungsprojekte und kasuistische Studien im Dialog. Festzuhalten ist: Beide Methoden zeichnen sich aus durch • eine ganzheitliche Sichtweise, • ein dynamisches Krankheitsverständnis und • Individualisierung. Es wäre weiter zu untersuchen, ob wir den oben zitierten Goethe-Ausspruch ähnlich oder verschieden interpretieren! Wir stehen am Anfang eines hoffentlich folgenreichen Gespräches mit dem beiderseitigen Mut, Einsicht zu haben und freuen uns auf eine Fort-setzung!

Dieser Beitrag ist in etwas kürzerer Form erschienen in

Gudjons aktuell. Januar 2008: 29-30, und in der AHZ 2008; 253: II-III.

Lars Broder Stange Facharzt für Allgemeinmedizin. 1. Vorsitzender im Vorstand des DZVhÄ. Vita: Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin. Seit 1981 Weiterbildung in Ho-möopathie bei Dres. Sohn, Künz-li, Spinedi. Seit 1989 in eigener Praxis niedergelassen. Unterrich-tet Studenten und Ärzte in Ho-möopathie. Gemeinsam mit Dr. K.-H. Markgraf (Augsburg) Leiter der Weiterbildungsgruppe Augs-burg. 2002-2004 Leiter des Ho-möopathischen Dreimonatskurses für Ärzte in Augsburg. • Kontakt: [email protected] • Homepage Praxis: www.homoeopathie-kissing.de

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Anthroposophische Medizin vs. Homöopathie?Berlin, 1. Dezember 2007

Globuli & Co. sind längst in der breiten Bevölkerung angekommen. Während Schul- und Alternativmedizin noch oft um die vermeintliche medizinische Vorherrschaft ringen, sind die Patientinnen und Patienten dazu übergegangen, verschiedene medizinische Ansätze miteinander zu kombinieren. Nicht nur vor diesem Hintergrund ist ein offener und konstruktiver Dialog zwischen Schul- und Komplementärmedizin gefragt. Genau so wichtig ist jedoch auch der Austausch innerhalb der Komplementärmedizin. Kann man die verschiedenen medizinischen Ansätze überhaupt miteinander kombinieren? Widerspricht sich das nicht?

Um zu diesen Fragen miteinander ins Gespräch zu kommen, haben sich die Anthroposo­phische Medizin und die Homöopathie im November beim Dialogforum „ICE 7: Interna­tionaler Coethener Erfahrungsaustausch“ zum erstmaligen gemeinsamen Gedankenaus­tausch getroffen. Gerade die Unterscheidung zwischen diesen beiden Richtungen fällt Patientinnen und Patienten oft schwer. Denn in der Anthroposophischen Medizin und in der Homöopathie werden teilweise die gleichen Arzneimittel verwendet. Allerdings sind die Konzepte unterschiedlich – und natürlich auch die klinischen Erfahrungen. Dementsprechend wurde der Austausch mit viel Spannung erwartet. Schnell wurde deutlich, dass man in erster Linie voneinander lernen wolle: Die homöopathischen Ärzte hoben als besonders positiv hervor, dass sich die Anthroposophische Medizin offen zu einer spirituellen Dimension bekenne, während sich die Homöopathie davor scheue, eine solche Ebene mit einzubeziehen. Es sei eine Herausforderung für die Homöo ­pathie, auch den weiteren Kontext einer Erkrankung stärker zu gewichten. Auf anthro ­posophischer Seite zeigte man sich beeindruckt von der „Kunst der genauen Sym­ptombeobachtung“, die in der Homöopathie geübt und ausgebildet wird.

Gemeinsamkeiten zeigten sich vor allem, als über die Krankheit als Prozess, der ganz­heitlich ablaufe und der in der medizinischen Behandlung individualisiert wahrgenom ­men werden müsse, diskutiert wurde. Beim Verständnis von Erkranken und Gesunden gibt es jedoch wichtige Unterschiede: Während die Homöopathie unter Krankheit ver­steht, dass ein Patient bestimmte Symptome hat, erkennt die Anthroposophische Medi ­zin in diesem Punkt mehrere Dimensionen: Eine Krankheit zeigt nicht nur Symptome und messbare Befunde, sondern birgt immer auch die Möglichkeit zur individuellen Entwicklung. Es ist eine Aufgabe für jeden erkrankten Menschen, biografischen Gewinn aus Krankheit und Krankheitsbewältigung zu ziehen. Gleichzeitig fragt die Anthroposo­phische Medizin danach, welcher Prozess sich in einer Krankheit ausdrückt und welche Färbung das seelische Erleben des Patienten hat. Eingesetzt werden deshalb nicht nur Arzneimittel – und natürlich auch alle nötigen Bestandteile der konventionellen Medi ­zin – sondern auch Künstlerische Therapien, Heileurythmie sowie die Rhythmische Mas­sage nach Dr. Ita Wegman.

Auch die Wege zur Arzneimittelfindung können durchaus unterschiedlich sein. Wichtige Grundzüge der Homöopathie beziehen sich auf ein genaues Betrachten der Wechselwirkungen zwischen Symptom und Arzneimittel sowie auf das Simile-Prinzip. Nach diesem Prinzip werden Krankheiten durch Arzneistoffe geheilt, die dem Er­krankungsbild ähnlich sind. Hier unterscheidet sich der Ansatz in der Anthroposo­phischen Medizin: Die Anthroposophische Arzneimittelfindung geht davon aus, dass zwischen dem menschlichen Organismus und bestimmten Naturprozessen eine evolutio ­

„Anthroposophische Medizin vs. Homöopathie?“ 1 von 2D.A.M.i.D e.V | Chausseestr. 29 | D-10115 Berlin | T. 030 | 28 87 70 94 | F. 030 | 97 89 38 69 | [email protected] | www.damid.de | Geschäftsführerin: Barbara Wais | [email protected]

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näre Verwandtschaft besteht. Vor diesem Hintergrund werden bei der Arzneimittel ­findung die spezifischen Heilkräfte aus den Naturreichen herausgearbeitet, um sie auf ein bestimmtes therapeutisches Ziel hin auszurichten und gezielt einzusetzen.

Ein erster Schritt zum weiteren Austausch und zum gegenseitigen Verständnis ist mit dem Dialogforum auf jeden Fall getan. Was folgen soll, brachte eine Teilnehmerin auf den Punkt: „Wir brauchen dringend Fälle und Forschung!“, also gemeinsame Fallbe­sprechungen und komplementärmedizinische Forschungsprojekte.

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe 12/2007 der Zeitschrift info3 – Anthroposophie im Dia­log zum Schwerpunkt „Anthroposophische Medizin – menschlich, heilsam, kompetent“ erschienen. Wir danken für den freundlichen Abdruck.

Bestellt werden kann das Heft beim

info3-Verlag, Kirchgartenstr. 1, 60439 Frankfurt

Telefon 069-58 46 47, Fax 069-58 46 16 oder per Email [email protected]

„Anthroposophische Medizin vs. Homöopathie?“ 2 von 2D.A.M.i.D e.V | Chausseestr. 29 | D-10115 Berlin | T. 030 | 28 87 70 94 | F. 030 | 97 89 38 69 | [email protected] | www.damid.de | Geschäftsführerin: Barbara Wais | [email protected]

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ICE 7. InHom 2008.

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Internationaler Coethener Erfahrungsaustausch

Mit Homöopathie alt werden und jung bleiben

8.-10. November 2007, Köthen (Anhalt)

Referentinnen und Referenten• Gerhard Bleul, Allgemeinarzt (Selters)• Prof. Dr. Klaus Roland Jahn (Berlin)• Raimund Kastner (Heppenheim)• Prof. Florence M. Margai (New York)• Dr. med. Jacob Minah (Steinheim)• Mag.a pharm. Petra Plunger MPH (Wien)• Prof. Dr. Dr. Franz-Xaver Reichl (München)• Dr. med. Brigitte Seul (Feldafing)• Dr. med. Michael Teut (Berlin)• Dr. med. Johannes Wilkens (Bad Steben)

Teilnehmer am DialogforumAnthroposophische Medizin und Homöopathie• Dr. med. Matthias Girke (Berlin)• Dr. med. Jens Uwe Goos (Bochum)• Curt Kösters, Arzt (Hamburg)• Lars Broder Stange, Allgemeinarzt (Kissing)

VeranstaltungsortTheatersaal im Bürgerhaus am Markt in Köthen (Anhalt)

Schwerpunktthemen

Prävention in der homöopathischen PraxisHomöopathie für ältere Menschen

Teilnahmegebühren• Mitglieder des DZVhÄ und der homöopathischen

Ärzteverbände anderer Länder:220 Euro (Anmeldung bis 1. Oktober 2007)250 Euro (Anmeldung ab 2. Oktober 2007)

• Nichtmitglieder:270 Euro (Anmeldung bis 1. Oktober 2007)300 Euro (Anmeldung ab 2. Oktober 2007)

• Die Pausenversorgung ist nicht in der Teilnahmegebührenthalten.

Übernachtung• Hotel (1 Ü/F): EZ ab 41,50 Euro / ½ DZ ab 25 Euro• Pension (1 Ü/F): ab 25 Euro• Details entnehmen Sie bitte dem Anmeldeformular.

Veranstalter, Planung und Koordination• DZVhÄ – Deutscher Zentralverein homöopathischer

Ärzte (www.welt-der-homoeopathie.de)• InHom – Europäisches Institut für Homöopathie

(www.inhom.de)

Organisation, Information und AnmeldungHomöopathie- und Wissenschaftsservice Köthen GmbH, Springstraße 28, 06366 Köthen (Anhalt)Fon: +49(0) 34 96 – 30 37 02, Fax: +49(0) 34 96 – 30 37 06, Mail: [email protected]

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Internationaler Coethener ErfahrungsaustauschMit Homöopathie alt werden und jung bleiben

ICE 7: Mit Homöopathie alt werden und jung bleiben. 8. bis 10. November 2007. Köthen (Anhalt). Information und Anmeldung: Homöopathie- und Wissenschafts-service Köthen GmbH. Springstraße 28, 06366 Köthen (Anhalt). Fon: 03496-30 37 02, Fax: 03496-30 37 06, Mail: [email protected]. Weitere Informationen:www.inhom.de und www.welt-der-homoeopathie.de

Samstag, 10.11.2007

9.00 Mag.a pharm. Petra Plunger MPHMag.a pharm. Petra Plunger MPHMag.a pharm. Petra Plunger MPHMag.a pharm. Petra Plunger MPHMag.a pharm. Petra Plunger MPHHomöopathie in der Versorgungchronischer Krankheiten:Die Perspektive der PatientInnen(Forschungsschwerpunkt „AlternativeHeilverfahren“ an der Abteilung„Palliative Care und OrganisationsEthik“/Fakultät für Interdisziplinäre Forschungund Fortbildung – IFF der Alpen-AdriaUniversität Klagenfurt, Standort Wien)

9.45 Raimund KastnerRaimund KastnerRaimund KastnerRaimund KastnerRaimund KastnerDie Bedeutung der Materia medicahomoeopathica für die Menschheit

10.30 -11.00 Pause

11.00 Diskussionsforum:Diskussionsforum:Diskussionsforum:Diskussionsforum:Diskussionsforum:Wissenschaftliche HomöopathieWissenschaftliche HomöopathieWissenschaftliche HomöopathieWissenschaftliche HomöopathieWissenschaftliche HomöopathieDie Idee zu einer Deutschen Wissen-schaftsgesellschaft Homöopathie entstandaus dem Interesse, die Homöopathie alseigene Wissenschaft zu positionieren.Dazu gehört natürlich ein Netzwerk zuanderen Wissenschaften, besonders dernaturwissenschaftlichen Medizin, aberauch zu den Geisteswissenschaften.Gruppen, die zu homöopathischenThemen arbeiten, sollten sich in dieserGesellschaft zusammenfinden. Sie istals Instrument zur Vernetzung vonForschungsideen angedacht, zur gegen-seitigen Befruchtung und dem Dialogüber die wissenschaftliche Homöopathie.

12.30 Abschließende DiskussionAbschließende DiskussionAbschließende DiskussionAbschließende DiskussionAbschließende Diskussionder Vorträge und Foren

ab 13.00 Ausklang am Kongressbuffet

Donnerstag, 8.11.2007

ab 14.30 Eintreffen und Empfang am Kongressbüffet

15.00 Gerhard BleulGerhard BleulGerhard BleulGerhard BleulGerhard BleulDie vier Arten der Prävention inhomöopathischer Lehre und Praxis

16.00 Dr. med. Michael TeutDr. med. Michael TeutDr. med. Michael TeutDr. med. Michael TeutDr. med. Michael TeutIntegrative Prävention im MedizinischenVersorgungszentrum (Integration vonärztlicher Früherkennung, individuellemPräventionscoaching und wirkungsvollemMind-Body-Gesundheitstraining durchBewegungs-/Sporttherapie, Verhaltens-therapie, Stressmanagement, Entspannungs-verfahren, Yoga, Ernährungstherapie undRaucherentwöhnung im Polikum Berlin)

16.45 DiskussionDiskussionDiskussionDiskussionDiskussion

17.00 -17.30 Pause

17.30 Prof. Dr. Dr. Franz-Xaver ReichlProf. Dr. Dr. Franz-Xaver ReichlProf. Dr. Dr. Franz-Xaver ReichlProf. Dr. Dr. Franz-Xaver ReichlProf. Dr. Dr. Franz-Xaver ReichlToxikologie der Fluoridverbindungen:Anwendung der Fluoride im zahnärzt-lichen Bereich – was ist gesichert?

18.15 Prof. Dr. Klaus Roland JahnProf. Dr. Klaus Roland JahnProf. Dr. Klaus Roland JahnProf. Dr. Klaus Roland JahnProf. Dr. Klaus Roland JahnFluorid-Prophylaxe auszahnmedizinischer Sicht

19.00 - 19.30 Pause

19.30 - 20.30 Podiumsdiskussion Podiumsdiskussion Podiumsdiskussion Podiumsdiskussion Podiumsdiskussion zu offenen Fragender Fluorid-Prophylaxe

Freitag, 9.11.2007

9.00 Dr. med. Brigitte SeulDr. med. Brigitte SeulDr. med. Brigitte SeulDr. med. Brigitte SeulDr. med. Brigitte SeulDer Einsatz homöopathischer Nosodenals Infektionsprophylaxe und Schutzvor chronischen Erkrankungen

10.00 Dr. med. Jacob Minah undDr. med. Jacob Minah undDr. med. Jacob Minah undDr. med. Jacob Minah undDr. med. Jacob Minah undProf. Florence M. MargaiProf. Florence M. MargaiProf. Florence M. MargaiProf. Florence M. MargaiProf. Florence M. MargaiThe Use of Malaria Nosodes to Reducethe Prevalence of Malaria in DepressedCommunities (Malaria-Prophylaxemit der Malaria-Nosode, 1)

10.30 - 11.00 Pause

11.00 Dr. med. Jacob Minah undDr. med. Jacob Minah undDr. med. Jacob Minah undDr. med. Jacob Minah undDr. med. Jacob Minah undProf. Florence M. MargaiProf. Florence M. MargaiProf. Florence M. MargaiProf. Florence M. MargaiProf. Florence M. MargaiMalaria-Prophylaxe mit derMalaria-Nosode (2)

12.00 Diskussion Diskussion Diskussion Diskussion Diskussion der Vorträge undPodiumsdiskussion zur Prophylaxein der Homöopathie

13.00 - 15.00 Mittagspause

15.00 Dr. med. Johannes WilkensDr. med. Johannes WilkensDr. med. Johannes WilkensDr. med. Johannes WilkensDr. med. Johannes WilkensHomöopathie für ältere Menschen

15.45 Dr. med. Michael TeutDr. med. Michael TeutDr. med. Michael TeutDr. med. Michael TeutDr. med. Michael TeutHomöopathie in der ambulantengeriatrischen Versorgung (Homöo-pathische Behandlung als sinnvolleErweiterung der Therapie, Kasuistiken zuwichtigen Anwendungsgebieten und zurhomöopathischen Behandlungsstrategie)

16.30 - 17.00 Pause

17.00 Dialogforum:Dialogforum:Dialogforum:Dialogforum:Dialogforum:Anthroposophische MedizinAnthroposophische MedizinAnthroposophische MedizinAnthroposophische MedizinAnthroposophische Medizinund Homöopathie – ähnlich oderund Homöopathie – ähnlich oderund Homöopathie – ähnlich oderund Homöopathie – ähnlich oderund Homöopathie – ähnlich odergegensätzlich?gegensätzlich?gegensätzlich?gegensätzlich?gegensätzlich?Homöopathie und Anthroposophieverwenden teilweise die gleichen Arznei-mittel – aber mit einem unterschiedlichenKonzept und möglicherweise auchunterschiedlichen Erfahrungen. Lohnt essich, diese Erfahrungen auszutauschen?Mit Dr. med. Matthias Girke, Dr. med.Jens Uwe Goos, Curt Kösters und LarsBroder Stange. Moderation: Gerhard Bleul

ab 20.00 gemeinsames Abendessen

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Internationaler Coethener Erfahrungsaustausch Mit dem Internationalen Coethener Erfahrungsaustausch (ICE) wurde für die internationale homöopathische Forschung ein Grundstein mit dem Ziel gelegt, einen Raum für den intensiven wissenschaftlichen Austausch unter Kolleginnen und Kollegen zu schaffen. „Coethen“ – geschrieben wie zu Zeiten Hahnemanns – soll auf die historischen Wurzeln der Homöopathie hinweisen. Der Internationale Cöthener Erfahrungs-austausch (ICE) findet seit 2001 einmal jährlich in Köthen (Anhalt) statt. Weitere Informationen: www.inhom.de.

Themen / Publikationen

Termine

ICE 1

Wissenschaftliche Forschung in der Homöopathie und internationale Zusammenarbeit. Bericht: Gerhard Bleul. InHom. Köthen (Anhalt) 2001.

01.-05.05.2001

ICE 2

Wissenschaftliche Homöopathie in Europa / Scientific Homeopathy in Europe. Kongress-band. Redaktion: Gerhard Bleul. InHom. Kö-then (Anhalt) 2002.

19.-21.09.2002

ICE 3

Die homöopathische Behandlung krebskranker Patienten. Bericht: Gerhard Bleul. InHom. Köthen (Anhalt) 2003.

11.-13.09.2003

ICE 4

Kindliche Verhaltensstörungen / Behavioral disorders in children. InHom. Köthen (Anhalt) 2004. + Audio-CD

09.-11.09.2004

ICE 5

Der subjektive Faktor Arzt in der Homöopathie bei Fallanalyse, Mittelwahl und Heilungsver-lauf. Dokumentation. Herausgeber: Gerhard Bleul. InHom. Köthen (Anhalt) 2005. + Audio-CD

29.09.-01.10.2005

ICE 6

Homöopathie im klinischen Alltag. Bericht: Gerhard Bleul. InHom. Köthen (Anhalt) 2006. + Audio-CD

25.-27.05.2006

ICE 7

Mit Homöopathie alt werden und jung bleiben. Dokumentation. Herausgeber: Ge-rhard Bleul, Christine Doppler und Lars Broder Stange. InHom. Köthen (Anhalt) 2008. + Audio-CD

08.-10.11.2007

ICE 8

Vorschau Schwere Pathologien – Kasuistik und Fallmanagement

20.-22.11.2008

Page 40: Petra Plunger - Willkommen -  · 48 Petra Plunger. Homöopathie in der Betreuung chronisch kranker Menschen. ICE 7. InHom 2008. 2.1. Rahmenbedingen für eine homöopathische Behandlung

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ICE 7. InHom 2008.