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Analytik Pittcon: Zwischen Massen- spektrometer und Mississippi „We ’re jazzed, you ’re here!”, unter diesem Motto fand vom 2. bis 7. März die 59. Pittsburgh Conference in New Orleans, der Jazz-Metropole am Mississippi, statt. Über 19 000 Besucher kamen nach Louisiana, um an dem abwechslungsreichen Programm teilzunehmen. Die diesjährige Pittsburgh Confe- rence in New Orleans eröffnete am Sonntagnachmittag der Präsident der Pittcon 2008, John Varine. Er stellte den diesjährigen Gewinner des Pittcon Heritage Award und Sprecher des Eröffnungsvortrages, Leroy Hood, vor. Hood ist Präsident und Mitbegründer des Institute for Systems Biology in Seattle, WA. In seinem Vortrag „Systems Biology and Systems Medicine“ gab er einen Überblick über seine Forschungs- ergebnisse in Immunbiologie, Evo- lution und Genomforschung. Er ver- knüpft Biologie mit moderner Tech- nik durch Verfahren zur automati- sierten Synthese und Sequenzierung von Oligonukleotiden und Protei- nen. Diese Verfahren spielten unter anderem eine wichtige Rolle bei der Entschlüsselung des menschlichen Erbguts. Nach der Eröffnungsveranstal- tung folgte direkt die erste Poster- Session, die bereits zeigte, wie dis- kussionsfreudig die Tagungsteilneh- mer waren. So konnten sich die Pos- terautoren über große Resonanz freuen. Ausstellung Im Ernest N. Morial Convention Center präsentierten mehr als 1100 Unternehmen aus aller Welt mit über 8800 Mitarbeitern den Stand ihrer Produktentwicklung. Die Aus- stellung umfasst alle Bereiche des analytischen Labors von Analysen- geräten für Chromatographie, Mas- senspektrometrie, Atom- und Mole- külspektroskopie über Instrumente zur Charakterisierung von Mikro- und Nanopartikeln bis hin zu Ver- brauchsmaterialien und Gegenstän- den für die Laborausstattung, so dass die Ausstellung alle Interessen abdeckte. Nicht nur Anschauen son- dern auch Ausprobieren machten den Reiz der Pittcon für die Besu- cher aus: An einigen Ständen konn- ten sie die Funktionsweise von hochauflösenden Mikroskopen und Infrarotkameras selbst testen. Wissenschaftliches Programm Damit die Besucher schnell zwi- schen Postersession und Geräteaus- stellung wechseln konnten, waren die Poster in diesem Jahr in der Mit- te der Ausstellungshalle platziert. Inhaltlich umfassten die Postersessi- ons sämtliche analytische Themen, allerdings bei sehr stark variierender Qualität und relativ vielen angekün- digten, aber nicht präsentierten Pos- tern. Das Vortragsprogramm war auch in diesem Jahr sehr vielfältig. Bis zu 28 Sessions wie Preisverleihungen, Vortrags- und Posterveranstaltungen und Workshops gleichzeitig mach- ten eine gute und frühzeitige Pla- nung erforderlich. Schwerpunkte waren sowohl die apparative Ent- wicklung als auch Applikationen bei den analytischen Trennmethoden, insbesondere bei Gas- und Flüssig- keitschromatographie. Darüber hi- naus nahm die LC-MS-Kopplung in Bio- und Umweltanalytik erhebli- chen Raum ein. Akademische und industrielle Fragen stießen jeweils auf gute Re- sonanz: So wurden Trennungen von Rohölfraktionen mit Flüssigchro- matographie auf neu entwickelten Der Mississippi in der Nähe des Tagungszentrums. (Fotos: Torsten Vielhaber) 564 Nachrichten aus der Chemie | 56 | Mai 2008 | www.gdch.de/nachrichten

Pittcon: Zwischen Massenspektrometer und Mississippi

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�Analytik�

Pittcon: Zwischen Massen -

spektrometer und Mississippi

„We ’re jazzed, you ’re here!”, unter diesem Motto fand vom 2. bis 7. März die

59. Pittsburgh Conference in New Orleans, der Jazz-Metropole am Mississippi, statt.

Über 19 000 Besucher kamen nach Louisiana, um an dem abwechslungsreichen

Programm teilzunehmen.

� Die diesjährige Pittsburgh Confe-rence in New Orleans eröffnete am Sonntagnachmittag der Präsident der Pittcon 2008, John Varine. Er stellte den diesjährigen Gewinner des Pittcon Heritage Award und Sprecher des Eröffnungsvortrages, Leroy Hood, vor. Hood ist Präsident und Mitbegründer des Institute for Systems Biology in Seattle, WA. In seinem Vortrag „Systems Biology and Systems Medicine“ gab er einen Überblick über seine Forschungs-ergebnisse in Immunbiologie, Evo-lution und Genomforschung. Er ver-

knüpft Biologie mit moderner Tech-nik durch Verfahren zur automati-sierten Synthese und Sequenzierung von Oligonukleotiden und Protei-nen. Diese Verfahren spielten unter anderem eine wichtige Rolle bei der Entschlüsselung des menschlichen Erbguts.

Nach der Eröffnungsveranstal-tung folgte direkt die erste Poster-Session, die bereits zeigte, wie dis-kussionsfreudig die Tagungsteilneh-mer waren. So konnten sich die Pos-terautoren über große Resonanz freuen.

Ausstellung

� Im Ernest N. Morial Convention Center präsentierten mehr als 1100 Unternehmen aus aller Welt mit über 8800 Mitarbeitern den Stand ihrer Produktentwicklung. Die Aus-stellung umfasst alle Bereiche des analytischen Labors von Analysen-geräten für Chromatographie, Mas-senspektrometrie, Atom- und Mole-külspektroskopie über Instrumente zur Charakterisierung von Mikro- und Nanopartikeln bis hin zu Ver-brauchsmaterialien und Gegenstän-den für die Laborausstattung, so dass die Ausstellung alle Interessen abdeckte. Nicht nur Anschauen son-dern auch Ausprobieren machten den Reiz der Pittcon für die Besu-cher aus: An einigen Ständen konn-

ten sie die Funktionsweise von hochauflösenden Mikroskopen und Infrarotkameras selbst testen.

Wissenschaftliches Programm

� Damit die Besucher schnell zwi-schen Postersession und Geräteaus-stellung wechseln konnten, waren die Poster in diesem Jahr in der Mit-te der Ausstellungshalle platziert. Inhaltlich umfassten die Postersessi-ons sämtliche analytische Themen, allerdings bei sehr stark variierender Qualität und relativ vielen angekün-digten, aber nicht präsentierten Pos-tern.

Das Vortragsprogramm war auch in diesem Jahr sehr vielfältig. Bis zu 28 Sessions wie Preisverleihungen, Vortrags- und Posterveranstaltungen und Workshops gleichzeitig mach-ten eine gute und frühzeitige Pla-nung erforderlich. Schwerpunkte waren sowohl die apparative Ent-wicklung als auch Applikationen bei den analytischen Trennmethoden, insbesondere bei Gas- und Flüs sig -keits chro ma to gra phie. Darüber hi-naus nahm die LC-MS-Kopplung in Bio- und Umweltanalytik erhebli-chen Raum ein.

Akademische und industrielle Fragen stießen jeweils auf gute Re-sonanz: So wurden Trennungen von Rohölfraktionen mit Flüssigchro-matographie auf neu entwickelten

Der Mississippi in der Nähe des

Tagungszentrums. (Fotos: Torsten Vielhaber)

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Nachrichten aus der Chemie | 56 | Mai 2008 | www.gdch.de/nachrichten

stationären Phasen gezeigt. Themen wie Softwareentwicklung, Kapillar-elektrophorese und toxikologische Studien behandelten viele Vorträge. In der Nanotechnologie wurden vor allem die Synthese und die Modifi-zierung von Na no par ti keln vor-gestellt, und die Fragen nach der Charakterisierung der Teilchen durch Messung von Partikelgröße und f-Potential sowie die Unter-suchung der spektroskopischen Ei-genschaften intensiv diskutiert.

Das alljährliche James L. Waters Annual Symposium, das Pioniere auf dem Gebiet einer bestimmten Ana-lysenmethode auszeichnet, verstärk-te den diesjährigen Schwerpunkt Genomik: Leroy Hood, Richard K. Wilson (Washington University School of Medicine, St. Louis, MO), Lloyd M. Smith (University of Madi-son, WI), Robert H. Waterston (Uni-versity of Washington, WA) und George M. Church (Harvard Univer-sity, MA) gaben mit ihren Vorträgen aus dem Themenkomplex „DNA Se-quencing: From the Early Days of Sanger Sequencing to the Humane Genome Project“ weitere Einblicke in die Bedeutung der Genomfor-schung für die Biowissenschaften.

Preise und Auszeichnungen

� Milton L. Lee (Brigham Young University, Provo, UT) erhielt den Pittsburgh Analytical Chemistry Award. Ausgezeichnet wurde seine Forschung auf dem Gebiet der ana-lytischen Trenntechniken mit den Schwerpunkten überkritische Fluidchromatographie, Kapillar-elektrophorese und massenspektro-metrische Detektionsverfahren. Zu-sätzlich hat er gleich zwei Unter-nehmen mitbegründet: Im Jahr 1984 eröffnete er Lee Scientific, das Geräte für überkritische Fluidchro-matographie entwickelt und ver-treibt, im Jahr 1991 etablierte er Sensar Corporation, deren Ge-schäftsschwerpunkt auf dem Gebiet der Time-of-flight-Massenspektro-metrie liegt.

Der Dal Nogare Award des Chro-matography Forums of the Delawa-re Valley ging an John G. Dorsey

(Florida State University, Tallahas-see, FL) für seine Forschung und Lehre bei den flüssigchromatogra-phischen Analysenmethoden. Zu seinen Forschungsgebieten zählen zudem die Kapillarelektrophorese und die Fließ in jek tions analyse. Be-kannt ist er auch als einer der He-rausgeber des Journal of Chromato-graphy A.

Mit dem Pittsburgh Conference Achievement Award wurde Neil Kel-leher (University of Illinois, Urbana-Champaign, IL) für seine Arbeit für die massenspektroskopische Se-quenzierung von Proteinen aus-gezeichnet. Sanford Asher (Universi-ty of Pittsburgh, PA) erhielt den Pittsburgh Spectroscopy Award für die Entwicklung der UV-Raman-Spektroskopie und ihrer Anwen-dung in der analytischen, physika-lischen und biophysikalischen Che-mie.

Fazit

� Während die Ausstellerzahl der Pittcon seit Jahren konstant ist, sind die Besucherzahlen im Ver-gleich zum Vorjahr, als die Tagung in Chicago, IL stattfand, leicht zu-rückgegangen. Generell setzt sich damit der Trend fort: Noch 2002 nahmen an der Tagung in New Or-leans 15 Prozent mehr Besucher teil. Dies mag zum einen daran lie-

gen, dass es mittlerweile eine noch größere Bandbreite an kleineren, fachspezifischeren Konferenzen zu nahezu allen analytischen Themen gibt. Zum anderen werben viele Un-ternehmen im Internet für ihre neu-en Produkte, so dass eine persönli-che Orientierung der Kunden auf den Fachmessen als nicht mehr so wichtig gilt.

Das Vortragsprogramm war mit 115 Sessions sehr umfangreich und vielfältig. Die Sessions mit einge-ladenen Referenten waren durchweg hervorragend, während die Qualität der Sessions mit frei eingereichten Beiträgen stark schwankte.

Neben der diesjährigen Pittcon ist New Orleans auch aus touristi-scher Sicht eine Reise wert. Rund-fahrten mit dem Raddampfer auf dem Mississippi sind ebenso loh-nend wie Abstecher in das Sumpf-gebiet nördlich der Stadt, um die dort heimische Pflanzen- und Tier-welt zu bewundern. In den vielen kleinen Kneipen und Restaurants konnten die Besucher die kulinari-schen Spezialitäten der Region pro-bieren.

Im nächsten Jahr ist allerdings das T-Shirt gegen den Schneeanzug zu tauschen, denn dann wird die Pittcon vom 8. bis 13. März in der „windy city“ Chicago stattfinden.

Katrin Veldboer, Münster

Blick in die Ausstellung.

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