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AB 4: Planspiel Welthandelskonferenz Kein Brot für Öl © wdr Planet Schule 2012; Informationen Stand Mai 2012 Kein Brot für Öl Alle vier Jahre werden auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Abkürzung UNCTAD) Grundsätze und Strategien diskutiert und entwickelt, um den internationalen Handel und die wirtschaſtliche Entwicklung zu fördern. Handels- und Entwicklungspolitik soll koordiniert werden. In diesem Planspiel seid ihr die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Welthandelskonferenz. Tagesordnungspunkt ist der Handel mit Biokraſtstoffen und die Festlegung von globalen Kriterien für nachhaltig gewonnenen Biosprit. Bisher existiert noch kein funktionierendes Zulassungssystem für importierte Bioenergie. Die Beteiligten Länderdelegationen aus den USA, Deutschland, Indonesien und Kolumbien, in denen Politikerinnen und Politiker sowie Fachleute vertreten sind. Die folgenden Fachleute und Interessenvertreter treten während der Konferenz als Gutachterinnen und Berater auf: – Umweltaktivisten von der internationalen NGO Greenpeace – Menschenrechtsaktivisten von der internationalen NGO Amnesty International – Vertreter einer Nichtregierungsorganisation aus Kolumbien – Vertreter des Wissenschaſtlichen Komitees der Europäischen Umweltagentur – Vertreter des Mineralölkonzerns Shell – Wirtschaſtsexpertenteam aus den USA – EU-Vertreter Eine Gruppe übernimmt die Moderation der Konferenz. Das Szenario Auf der Konferenz treffen verschiedene Standpunkte aufeinander. Befürworter wollen die weltweite Biospritproduktion ausbauen, weil man so die Abhängigkeit von der endlichen Ressource Erdöl verringern könne und dies gleichzeitig ein Beitrag zum Klimaschutz sei. Kritiker warnen, dass der Preis viel zu hoch sei, den Mensch und Umwelt dafür zahlen. Agrosprit verursache ebenso viele Treibhausgase wie herkömmliches Benzin, führe zu steigenden Nahrungsmittelpreisen und gewalttätigen Konflikten. Die Europäische Union verabschiedete 2010 bereits Kriterien für eine nachhaltige Produktion von Biosprit, die eine Grundlage für die Zulassung von Biosprit seien könnten. Allerdings werden diese Kriterien als viel zu schwach kritisiert. Das Ziel der Welthandelskonferenz ist die Ausarbeitung von gemeinsamen Kriterien, nach denen Biokraſtstoffe als nachhaltig oder nicht nachhaltig zertifiziert werden. Damit sich die Teilnehmer ein umfassendes Bild machen können, werden neben den in den Biosprithandel involvierten Ländern auch Vertreter von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen und der Treibstoffindustrie sowie Wissenschaſtler angehört.

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Kein Brot für Öl

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Kein Brot für Öl

Alle vier Jahre werden auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Abkürzung UNCTAD) Grundsätze und Strategien diskutiert und entwickelt, um den internationalen Handel und die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Handels- und Entwicklungspolitik soll koordiniert werden. In diesem Planspiel seid ihr die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer

Welthandelskonferenz. Tagesordnungspunkt ist der Handel mit Biokraftstoffen und die Festlegung von globalen Kriterien für nachhaltig gewonnenen Biosprit. Bisher existiert noch kein funktionierendes Zulassungssystem für importierte Bioenergie.

Die BeteiligtenLänderdelegationen aus den USA, Deutschland, Indonesien und Kolumbien, in denen Politikerinnen und Politiker sowie Fachleute vertreten sind. Die folgenden Fachleute und Interessenvertreter treten während der Konferenz als Gutachterinnen und Berater auf:– Umweltaktivisten von der internationalen NGO Greenpeace– Menschenrechtsaktivisten von der internationalen NGO Amnesty International – Vertreter einer Nichtregierungsorganisation aus Kolumbien– Vertreter des Wissenschaftlichen Komitees der Europäischen Umweltagentur– Vertreter des Mineralölkonzerns Shell – Wirtschaftsexpertenteam aus den USA– EU-Vertreter Eine Gruppe übernimmt die Moderation der Konferenz.

Das SzenarioAuf der Konferenz treffen verschiedene Standpunkte aufeinander. Befürworter wollen die weltweite Biospritproduktion ausbauen, weil man so die Abhängigkeit von der endlichen Ressource Erdöl verringern könne und dies gleichzeitig ein Beitrag zum Klimaschutz sei. Kritiker warnen, dass der Preis viel zu hoch sei, den Mensch und Umwelt dafür zahlen. Agrosprit verursache ebenso viele Treibhausgase wie herkömmliches Benzin, führe zu steigenden Nahrungsmittelpreisen und gewalttätigen Konflikten.Die Europäische Union verabschiedete 2010 bereits Kriterien für eine nachhaltige Produktion von Biosprit, die eine Grundlage für die Zulassung von Biosprit seien könnten. Allerdings werden diese Kriterien als viel zu schwach kritisiert. Das Ziel der Welthandelskonferenz ist die Ausarbeitung von gemeinsamen Kriterien, nach denen Biokraftstoffe als nachhaltig oder nicht nachhaltig zertifiziert werden. Damit sich die Teilnehmer ein umfassendes Bild machen können, werden neben den in den Biosprithandel involvierten Ländern auch Vertreter von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen und der Treibstoffindustrie sowie Wissenschaftler angehört.

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Der AblaufVorbereitung: - Aufteilung der Gruppen und inhaltliche Vorbereitung mithilfe der Info- und Rollenkarten auf diesem Arbeitsblatt. Ablauf der Konferenz:- Der EU-Politiker referiert in einem dreiminütigen Vortrag die Kriterien der EU. - Alle Konferenzteilnehmer können Fragen stellen. - Die Fachleute und Interessenvertreter legen ihren Standpunkt in etwa je 90 Sekunden dar. - Alle Konferenzteilnehmer können Fragen stellen.- Diskussion über die Kriterien für nachhaltige Biokraftstoffe, die Moderationsgruppe hält die Punkte fest, auf die sich alle einigen können.- Kurze Beratungsphase in den Delegationen.- Abstimmung im Plenum der Konferenz.

Ausführliche Informationen über die Kriterien der EU für Zertifikate oder Siegel für Biokraftstoffen sowie die Kritik daran, gibt es auf Arbeitsblatt 3.

Die ModerationDiese Position wird am besten doppelt besetzt, weil ihr eine Schlüsselrolle zukommt. Beim Gipfel treffen wirtschaftliche Interessen auf Umwelt- und Menschenrechtsinteressen. Für Biosprit ein unlösbarer Gegensatz? Es ist die Aufgabe der Moderatorinnen und Moderatoren, die Diskussion zu leiten und auf eine Kompromisslösung zu drängen. Das Ziel des Gipfels ist die Verabschiedung eines globalen Zertifizierungssystems für Biokraftstoffe. Dieses sollte verschiedene Aspekte beinhalten:– Umweltschutzkriterien – Klimaschutzkriterien – Arbeitsschutzkriterien – soziale Kriterien Die Kriterien für die Zertifizierung von nachhaltig gewonnenen Biokraftstoffen können an den Kriterien der EU ansetzen oder aber darüber hinausgehen und die verschiedenen Interessen und Forderungen der Gipfelteilnehmerinnen und Teilnehmer berücksichtigen.Zu den Aufgaben der Moderation zählen im Einzelnen:– Begrüßung – Ziel des Gipfels vorstellen – Teilnehmern das Wort erteilen – auf die Redezeit achten – gegebenenfalls auch selber Fragen stellen – die Diskussion leiten und zu einem Kompromiss führen

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Infokarte GlobalisierungDie Globalisierung ist ein Prozess, der in unterschiedlichen Geschwindigkeiten abläuft. Besonders wirtschaftliche Prozesse sind nur noch schwer von den einzelnen Regierungen kontrollierbar, weil sie sich hauptsächlich global und nicht mehr innerhalb der nationalstaatlichen Grenzen abspielen. Die internationale Regelung von sozialen und umweltpolitischen Standards hinkt der Entwicklung hinterher.Motoren der Globalisierung waren unter anderem technische Entwicklungen im Transport- und Kommunikationswesen. Informationstechnologien führten zu einer zunehmenden weltweiten Verflechtung. Technische Entwicklungen bei Schiffen und Flugzeugen machten es möglich, Rohstoffe und Produkte schnell und preiswert um den Globus zu transportieren. Die gesunkenen Transport- und Kommunikationskosten machen es unter anderem für Unternehmen lukrativ, weltweit zu operieren. Wichtige Triebkräfte der Globalisierung sind transnationale Konzerne, die in vielen Ländern tätig sind. Sie bestehen aus einer Muttergesellschaft, die meist in einem Industrieland sitzt, und zahlreichen Tochtergesellschaften in verschiedenen

Ländern. Zwischen 1990 und 2008 stieg die Zahl der transnationalen Unternehmen von 35.000 auf 82.000. Zu den zehn größten transnationalen Unternehmen gehörten vier Konzerne, die Treibstoff produzieren: Shell, BP, Exxon Mobile und Total.Transnationalen Unternehmen fällt es leicht, ihre Produktion von einem Land ins andere zu verlegen. Sie produzieren gerne in Ländern, in denen viel geringere Löhne gezahlt werden als in den Industrieländern und die Umwelt- und Sozialstandards niedriger sind. In Entwicklungsländern bedeutet dies oft Armut, unfaire Arbeitsbedingungen und Umweltverschmutzung. In Industrie- oder Schwellenländern werden Lohnabbau oder Senkung von Sozialstandards oft damit begründet, sonst als Produktionsstandort für große Unternehmen nicht attraktiv zu sein. Deswegen jubeln nicht alle über diese Prozesse und es gibt zahlreiche globalisierungskritische Stimmen. Sie kritisieren, dass weltweit gültige Umwelt- und Sozialstandards und globale Instanzen fehlen, die deren Einhaltung kontrollieren.Die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung UNCTAD kann eine Instanz sein, die Regeln festlegt.

Infokarte Biospritproduktion – Heute machen Biotreibstoffe global nur etwa drei Prozent des Gesamtverbrauchs aus.– Die EU sieht vor, den Anteil von Biosprit bis 2020 auf zehn Prozent zu erhöhen.– Die USA wollen die Biospritproduktion bis 2022 sogar verfünffachen.– Nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) hat sich die globale Biokraftstofferzeugung seit der Jahrtausendwende fast versechsfacht.– Die Politik will es so: Laut IEA wird global keine andere Form der erneuerbaren Energien stärker gefördert. Nach Schätzung der IEA werden auf der Welt bis 2035 insgesamt 335 Milliarden Dollar in den Biotreibstoffsektor investiert.– Es gibt verschiedene Arten von Biotreibstoffen, an denen derzeit noch geforscht wird. Während die erste Generationen von Biotreibstoffen aus Pflanzenölen gewonnen wird, die nur aus den Früchten der Pflanzen gewonnen wird, setzt die sogenannte zweite Generation von Biokraftstoffen darauf, Biomasse aus der ganzen Pflanze zu gewinnen einschließlich Abfall- und Reststoffen wie zum Beispiel Gülle. Die Biomasse wird zu Biogas verarbeitet. Dies gilt als wesentlich effektiver und klimafreundlicher.

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Infokarte Nahrungsmittelkrise– Der Nahrungsmittelpreis-Index der Vereinten Nationen erreichte 2011 den höchsten Stand seit 21 Jahren. Die Vereinten Nationen sprechen von einem „Preisschock“.– Nach einer Studie der Weltbank ist die gestiegene Produktion von Biokraftstoffen zu einem Großteil für den Anstieg der Nahrungsmittelpreise weltweit verantwortlich. Die Studie untersuchte den Zeitraum zwischen 2002 und 2008. Drei Viertel des Preisanstiegs ging demnach auf die erhöhte Biosprit-Nachfrage zurück. – Wenn nur Europa seine ehrgeizigen Biokraftstoffziele bis 2020 erreichen will, müssten dafür nach Schätzung der Forscher bis zu 69 000 Quadratkilometer zusätzliches Ackerland geschaffen werden – eine Fläche mehr als doppelt so groß wie Belgien.– In Europa reichen die Flächen für diesen großen Bedarf nicht aus. Deshalb wird die Produktion in Entwicklungs- und Schwellenländer verlegt. Ackerland wird zu einem umkämpften Gut. Zum Beispiel greift das Phänomen des sogenannten „Landgrabbings” um sich: Staaten oder Unternehmen kaufen in anderen Ländern Landflächen, um dort für den eigenen Bedarf anzu- bauen. Dies ist vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika zu beobachten.

Infokarte Klimawandel und Regenwaldabholzung – Befürworter argumentieren, dass Biokraftstoffe klimaneutral sind, da beim Verbrennen der Biotreibstoffe nur die CO2-Menge frei würde, die die Pflanzen vorher durch ihr Wachstum aus der Atmosphäre aufgenommen haben.– Kritiker halten diese Rechnung für falsch. In der Bilanz fehlt der Energieaufwand für die landwirt- schaftliche Produktion, die zum Beispiel bei Intensivanbau von Getreide, Kartoffeln oder Zucker- rüben höher ist als der CO2-Ausstoss beim Verbrennen von herkömmlichen Kraftstoff.– Hinzurechnen müsse man die Flächen, die für die Biokraftstoffproduktion verbraucht werden. Oft seien dies wertvolle Ökosysteme wie Wälder und Feuchtgebiete, die als CO2-Speicher dienen und somit zum Klimaschutz beitragen. Sie fallen nun als CO2-Speicher aus.– Ölpalmen werden vor allem in (ehemaligen) Regenwaldgebieten angebaut. Vor etwa 200 Jahren waren rund 16 Millionen Quadratkilometer der Erdoberfläche mit tropischem Regenwald bedeckt. Heute sind es nur noch rund sieben Millionen Quadratkilometer.– Würden die tropischen Wälder gar komplett von der Erde verschwinden, wäre die Kohlendioxid- Konzentration um bis zu 25 Prozent erhöht.

Viele Organisationen und Experten raten angesichts dieser Zahlen und Fakten dazu, sich grundsätzlichere Gedanken über die Verkehrssysteme zu machen. Treibstoff auf Erdölbasis einfach durch einen neuen zu ersetzen, ist keine Lösung. Wie soll man reagieren, wenn aufstrebende Schwellenländer wie China oder Indien das gleiche Niveau an Autoverkehr anstreben wie es heute in den USA und Europa existiert?

Quellen Infokarten: • www.zeit.de/online/2008/28/biosprit-studi • www.m.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/zoff-an-der-zapfsaeule-lebensmittelkonzerne-warnen-vor-biosprit-16552.html • www.upi-institut.de/biosprit.htm • www.welt.de/dieweltbewegen/oekologische_verantwortung/article13696054/Brasiliens-Regenwald-koennte-vollstaendig-austrocknen.html (Stand Mai 2012)

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Ein Politiker der Europäischen Union hält die Auftaktrede des GipfelsIhr stellt die Kriterien der EU für ein Zertifizierungssystem von Biokraftstoffen vor. Mit diesen Kriterien wollt ihr die Wirtschaft, Regierungen und Nichtregierungsorganisationen ermutigen, freiwillige Zertifizierungs-systeme für Biokraftstoffe einzuführen. Stellt in eurer Auftaktrede die drei Hauptkriterien vor und erläutert diese mithilfe der Informationen auf Arbeitsblatt 3 und zusätzlich recherchierten Informationen aus dem Internet. Ihr haltet diese Kriterien für einen wichtigen Fortschritt und wollt die Gipfelteilnehmerinnen und Teilnehmer dazu ermutigen, diese weltweit zu übernehmen.

Rollenkarten: Politiker

Politiker aus den USAIhr vertretet die Interessen eures Landes. Zentral sind besonders die wirtschaftlichen Aspekte. Die Vereinigten Staaten haben sich als Vorkämpfer für erneuerbare Kraftstoffe profiliert. Die USA und Brasilien sind gemeinsam für mehr als Dreiviertel der weltweiten Produktion des Biosprits E10 verantwortlich. E10 wurde in den USA schon 2007 eingeführt. Fast alle Autos in den USA sind für diesen Treibstoff zugelassen. Die Regierung hat auch grünes Licht für die Herstellung des Mischkraftstoffes E15 mit einem noch höheren Ethanol-Anteil gegeben. Von der Regierung unter George W. Bush wurde 2007 ein sogenannter „Biofuel Plan“ beschlossen. Dieser sieht vor, die Produktion von Biokraftstoffen bis 2022 zu verfünffachen. Nachfolger Barack Obama führte dieses Vorhaben fort und will dadurch vor allem die Abhängigkeit vom Öl verringern. Ihr möchtet also eure Biospritproduktion nicht einschränken und steht inter-nationalen Richtlinien tendenziell kritisch gegenüber. So haben die USA auch bisher das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnet. Obwohl die USA nach China der zweitgrößte Produzent von Treibhausgasen sind, machen sie nach wie vor keine großen Zugeständnisse im Kampf gegen den Klimawandel.

Politiker aus DeutschlandIhr vertretet die Interessen eures Landes und der Europäischen Union. Die Bundesregierung hat die EU-Verordnung zu Kriterien für nachhaltige Biokraftstoffe bereits umgesetzt. Ihr setzt euch während des Gipfels dafür ein, dass diese Kriterien der EU auch global gelten (siehe Arbeitsblatt 3). Der Schwerpunkt der Kriterien liegt auf Nachhaltigkeit und einer hohen Treibhausgaseinsparung. Deutschland und die EU haben eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz eingenommen. Von 1990 bis 2007 hat Deutschland seinen CO2 Ausstoß um 21,3 Prozent gesenkt und will bis 2020 weitere drastische Einsparmaßnahmen vornehmen.

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Politiker aus IndonesienIhr vertretet das südostasiatische Land, das mit 237,6 Millionen Einwohnern das viert bevöl- kerungsreichste Land der Welt ist. Hunger und Armut nehmen zu. Nach Angaben der Welternährungsorganisation WHO lebt fast die Hälfte der indonesischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, obwohl seine Wirtschaft seit mehreren Jahren beständig wächst. So gilt Indonesien inzwischen als Schwellenland wie China, Indien oder Brasilien. Das starke Wirtschaftswachstum liegt zum einen an dem Rohstoffreichtum des Landes, aber auch an seinem großen Regenwaldgebiet, das fast zehn Prozent allen noch existierenden Regenwalds weltweit ausmacht. Jeden Tag verschwinden jedoch 4600 Waldflächen von der Größe eines Fußballfelds. Das ist unter anderem auch auf die Umwandlung in Palmölplantagen zurückzuführen. Geht die Errichtung von Plantagen im derzeitigen Tempo weiter, werden einer UN-Studie zufolge 98 Prozent der Urwälder Indonesiens bis 2022 verschwunden sein. Indonesien entwickelte sich zum weltweit größten Exporteur von Palmöl und zu einem der weltgrößten CO2-Produzenten. In dem südostasiatischen Land wird jährlich dreimal soviel Kohlendioxid freigesetzt wie in Deutschland.

Politiker aus KolumbienIhr vertretet das südamerikanische Schwellenland, das genau wie Indo- nesien seit Jahren ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum verzeichnet. Eines seiner wichtigsten Ausfuhrgüter ist Erdöl, doch die Vorräte neigen sich dem Ende zu. So fördert eure Regierung die Palmölproduktion, wie der Film deutlich machte. Obwohl Palmöl vielseitig einsetzbar ist – für Nahrungsmittel, Reinigungsmittel oder Kosmetika – fließt das kolumbianische Palmöl zum größten Teil in die Biosprit-Produktion. Exportiert wird der Biokraftstoff vor allem in die Industrieländer. Ein lukrativer Markt, den ihr weiter ausbauen wollt.

Umweltaktivisten der internationalen NGO GreenpeaceIhr argumentiert, dass mit Biotreibstoffen nicht maßgeblich CO2 eingespart werden kann. Ihr seid euch aber sicher, dass steigende Nahrungsmittelpreise Hungerkatastrophen verursachen, weil die Industrienationen immer mehr Nahrungsmittel in den Tank statt auf den Teller packen. Die ethisch moralische Frage, ob die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen für die Biospritproduktion vertretbar ist, bleibt bei der ganzen Diskussion bisher außen vor. Ihr kritisiert beispielweise, dass es keine sozialen Kriterien gibt. Generell sind euch die Kriterien der EU zu schwach. Weder die Regenwaldabholzung noch der Treibhausgasausstoß können dadurch angemessen verringert werden. Verschiebungseffekte, die die Urwaldzerstörung vorantreiben, werden nicht berücksichtigt (siehe Arbeitsblatt 3). Die Konsequenzen der globalen Erderwärmung betreffen alle Menschen, aber derzeit besonders die Menschen in den Entwicklungsländern. Menschen verhungern als Konsequenz extremer Dürreperioden und Tsunamis. Wirbelstürme verwüsten ganze Landstriche, Städte und Dörfer. Überlegt euch, welche Aspekte aus der Perspektive des Umweltaktivisten in die Richtlinien aufgenommen werden müssen. Argumentiert mit diesen Informationen und lest den Hintergrundartikel auf www.planet-wissen.de, Stichwort: Klimawandel. Informiert euch außerdem bei Greenpeace im Internet.

Rollenkarten: NGO-Vertreter und Experten

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Mitglieder einer Nichtregierungsorganisation aus Kolumbien, die die Interessen der (indigenen) Bevölkerung im Regenwald vertrittIhr habt im eigenen Land erlebt, wie die indigene Bevölkerung und Kleinbauern zu Tausenden illegal vertrieben werden und ihnen durch die Abholzung des Regenwalds die Lebensgrundlage entzogen wird. Ihr fordert von der kolumbianischen Regierung, dass sie die Vertriebenen entschädigt und ihre Landrechte wahrt. Letztlich helfe Biosprit vor allem den Industrienationen, ihren Mobilitäts- und Konsumstandard aufrechtzuerhalten und schade den Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern.Überlegt euch, welche Aspekte aus der Perspektive des Menschenrechtsaktivisten in den Kriterien berücksichtigt werden müssen. Den Zugang zu Gebieten verbieten, in denen die Urbevölkerung lebt? Welche sozialen Kriterien sind wichtig? Nutzt das im Unterricht erworbene Wissen über den Konflikt in Kolumbien und recherchiert im Internet.

Menschenrechtsaktivisten von der internationalen NGO Amnesty InternationalAls Mitglieder der weltweit agierenden Menschenrechtsorganisation kritisiert ihr verschiedene Aspekte: Beispielsweise prangerte eure Organisation in einem Bericht die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Biokraftstoffen in Brasilien an, dem weltweit zweitgrößten Hersteller von Bioethanol. Viele

Menschen arbeiten unter „sklavenähnlichen Bedingungen“. Aus dem ganzen Land werden Fälle von Zwangsarbeit auf Zuckerrohr-Plantagen gemeldet. Außerdem mahnt ihr, dass die Abholzung der Regenwälder für Biospritplantagen zur Verdrängung und Vertreibung indigener Völker führt. Auch Kleinbauern fallen rund um den Globus illegalen Vertreibungen zum Opfer, wie im Film gezeigt wird. Landkonflikte gibt es zwar seit Jahrzehnten, doch diese nehmen besonders in Lateinamerika und Afrika zu. So ist euch die Einforderung der Landrechte ein besonderes Anliegen. Amnesty International setzt sich für den Schutz und Erhalt indigener Völker ein. Dafür ist es unverzichtbar, indigene Landrechte anzuerkennen. Außerdem ist die Umverteilung von Land ein wirksames Instrument zur Erfüllung des Menschenrechts auf Nahrung. Überlegt euch, welche Aspekte aus der Perspektive des Menschenrechtsaktivisten in die Kriterienliste aufgenommen werden müssen. Nutzt das im Unterricht erworbene Wissen und recherchiert im Internet unter anderem zu den Stichworten: Landrechte und Menschenrecht auf Nahrung.

Wirtschaftsexperten aus den USAIhr seid begeistert von den positiven Entwicklungen der Globalisierung, die auf der ganzen Welt zu mehr Wirtschaftswachstum geführt hat. Der Produktionskreislauf der Biokraftstoffe vernetzt die ganze Welt miteinander. Transnationale Unternehmen gewinnen aus den in Kolumbien oder Indonesien gewonnenen Palmfrüchten Palmöl, das auch für die Biospritproduktion eingesetzt wird. Eine lange Reise bringt die neuen Kraftstoffe nach Europa und in die USA, wo Autofahrer mit gutem Wissen tanken können, weil Bio positiv für die Umwelt und das Klima ist. Ihr seid der Meinung, dass man diese Prozesse nicht mit Regeln aufhalten kann. Man muss sie stattdessen fördern, weil Statistiken zufolge alle vom Wirtschaftswachstum profitieren. Sucht selbst Zusatzinformationen und überlegt euch weitere Argumente für eure Position.

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Vertreter des Wissenschaftlichen Komitees der Europäischen UmweltagenturIn einer Studie habt ihr herausgefunden, dass Bioenergie nicht unbedingt klimafreundlich ist. Die EU-Rechnung, wie viel Treibhausgase Biotreibstoffe gegenüber fossiler Energie einspare, sei falsch. Die EU geht davon aus, dass Bioenergie weitgehend klimaneutral ist, da bei ihrer Verbrennung nur so viel Kohlendioxid freigesetzt wird, wie beim Wachstum der Pflanzen aus der Atmosphäre aufgenommen wurde. Dabei ignoriert sie aber, was vorher auf der Anbaufläche war: Regenwald hat zum Beispiel einen positiven Klimaeffekt, der jetzt wegfällt. Das müsste in der Rechnung eigentlich zusätzlich auftauchen.

In eurer Studie heißt es, dass die indirekten klimatischen Effekte kaum seriös zu berechnen seien. Aber die Folgen eines massiven Umstiegs von Fossilenergie auf Bioenergie können zu einem weiteren Anstieg der Treibhausgas-Emissionen führen und so den Klimawandel weiter vorantreiben anstatt ihn zu stoppen. Insgesamt mahnt ihr als Forscher, dass die Erde gar nicht so viel Biosprit produzieren kann, wie nötig sei, um die gegenwärtigen Ziele zu erfüllen. Eure Meinung: „Die Entscheidungsträger sollten ihre Erwartungen an die Kapazität des Planeten anpassen.“

Nutzt die Informationen von Arbeitsblatt 3 für euer Statement und informiert euch im Internet unter dem Stichwort: Stellungnahme zur CO2-Bilanz von Bioenergie.

ShellIhr vertretet die Position des größten Mineralölkonzerns der Welt. Biokraftstoffe sind für euch alternativlos, da sie die einzige Kraftstoff-Alternative zur Ergänzung des heutigen Kraftstoff-Mix sind, die schon jetzt nahtlos genutzt werden kann. Damit auch künftig die Mobilität der Menschheit gesichert werden kann, muss nach Alternativen für Öl gesucht werden, die zudem noch das Klima schützen. Da Biomasse zu den nachwachsenden Rohstoffen gehört, können Biokraftstoffe zur Schonung der endlichen Ressource Öl beitragen und die Versorgungssicherheit erhöhen.Sucht nach Zusatzinformationen, zum Beispiel auf der Internetseite von Shell und überlegt euch weitere Argumente für eure Position. Welche Gegenargumente könnten kommen und wie könntet ihr diese entkräften?

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Tipps zum Ablauf des Planspiels

VorbereitungEin Ziel des Planspiels ist es, dass die Schüler lernen abzuwägen und nicht vorschnell in Gut oder Böse unterteilen. Entscheidend ist nicht unbedingt das Ergebnis der Konferenz, sondern wie argumentiert wurde.Folgende Rollen sind zu verteilen:– die Länderdelegationen– die Gutachterinnen und Berater der NGOs, Wirtschaftsvertreter und EU-Vertreter– Moderation der KonferenzBesonders komplex sind sicherlich die Rollen der Gutachter und der Moderation der Konferenz. Dies sollte bei der Besetzung der Rollen bedacht werden. Es empfiehlt sich, auch die Rollen der Experten und Moderation mit mehreren Schülerinnen und Schülern zu besetzen, damit sie sich gemeinsam vorbereiten und beim Planspiel eventuell abwechseln können. Die Rollen werden in Gruppen vorbereitet. Dazu helfen die Informationen im Film, aus den vorangegangenen Unterrichtsvorschlägen sowie die Info- und Rollenkarten auf diesem Arbeitsblatt. Für die Vorbereitung sollten die Gruppen eine Woche Zeit haben.

Ablauf der eigentlichen KonferenzFür das Rollenspiel selbst benötigen Sie eine Doppelstunde.In der ersten Stunde wird die Sitzung eingeleitet und die einzelnen Parteien werden angehört. Es sollte für alle die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen. Die Sitzung muss moderiert werden, um die Redezeitbegrenzungen einzuhalten und auf Ergebnisse zu drängen.In der zweiten Stunde haben die Delegations-Gruppen etwa fünf Minuten Zeit, um untereinander zu diskutieren, welche Kriterien sie in das Zertifizierungssystem aufnehmen wollen. Danach hält jede Länderdelegation ein kurzes Statement und die Diskussion über die Kriterien eines Zertifizierungssystems beginnen. Hier haben alle Rederecht, die Länderdelegationen und die Experten.

Fünf Minuten vor Ende der Stunde wird abgestimmt. Zunächst wird gruppenweise abgestimmt, jede Delegation muss ein einheitliches Votum abgeben. In einer zweiten Abstimmung wird das Abstimmungsverhalten freigegeben und jeder Schüler kann abstimmen, wie er unabhängig von seiner Rolle denkt. Schreiben Sie die Ergebnisse auf und halten Sie den Unterschied fest. Bis zur nächsten Unterrichtsstunde schreibt jeder Schüler und jede Schülerin eine schriftliche Begründung für das eigene Abstimmungsverhalten. In dieser Stunde wird das Planspiel ausgewertet.

Nach der Auswertung sollte noch Zeit für eine Diskussion für Handlungsalternativen sein. Wenn Biosprit keine wirkliche Lösung ist, welche anderen Alternativen gibt es? Dies wird sicher ein ganzes Bündel von Maßnahmen sein. Und – was kann jede und jeder von uns heute schon tun?