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SONNTAGSBLICK 2. März 2014 23 22 Politik Brasilien Chile Peru Panama USA USA Guam Philippinen Japan Russland Weissrussland Iran Irak Oman Jemen Äthiopien Simbabwe Senegal Nigeria Sierra Leone Holland DDR Frankreich Tunesien Libyen Algerien Niger Uganda Kongo (ehem. Zaire) Marokko Liberia Saudi- Arabien Ukraine Kirgisistan Haiti Paraguay Zentralafrikanische Republik Tschad Diktatoren auf der Flucht Sie sind die Schergen der Weltgeschichte. Sie reagier- ten mit harter Hand, plünderten und mordeten, miss- achteten ihr Volk. Verlieren sie die Macht, ergreifen sie die Flucht – wenn sie nicht vorher aufgeknüpſt werden. Auf verschlungenen Wegen fanden diese Diktatoren und ihre Familien ins Exil – in den Unterschlupf der Unmenschen. VON PETER HOSSLI (TEXT) UND PRISKA WALLIMANN (INFOGRAFIK) Hannibal Gaddafi (38) Der Sohn des gefallenen libyschen Dikta- tors Muammar Gaddafi stand im Zent- rum der Libyen-Krise mit der Schweiz. Im August 2011 reiste er nach Algerien, erhielt 2012 Asyl im Sultanat Oman. Hissène Habré (71) Der Präsident von Tschad (1982 bis 1990) soll 40 000 Menschen auf dem Gewissen haben. Nach dem Sturz flüch- tete er in den Senegal. 2013 wurde er dort verhaſtet. Prozess in Vorbereitung. Ben Ali (77) Er regierte Tunesien von 1987 bis 2011 . Nach einem Volksaufstand floh er im Januar 2011 über Nacht nach Saudi Ara- bien. Er plünderte sein Land und wurde in absentia zu 35 Jahren Haſt verurteilt. Mengistu Haile Mariam (76) War von 1987 bis 1991 Präsident von Äthiopien – und baute das Land zu einem marxistischen Staat um. Er soll für den Tod von zwei Millionen Menschen verant- wortlich sein. Seit 1991 in Simbabwe. Ali Abdullah Salih (71) Er hielt 33 Jahre die Macht in Jemen inne. Im Januar 2011 begann ein Volksaufstand gegen ihn. Er verletzte sich bei einem Bombenattentat, floh nach Saudi Arabien und in die USA. Kam 2012 zurück. Alberto Fujimori (75) War von 1990 bis 2000 Präsident von Peru. Wegen Korruption enthob ihn der Kongress des Amtes. Er floh nach Japan. 2005 ging er nach Chile, wurde verhaſtet – und nach Peru ausgeliefert. Ist in Haſt. Reza Schah Pahlavi (†, 1980) Von 1941 bis zur islamischen Revolution 1979 herrschte Schah Pahlavi in Iran. Danach erfolgt eine Odyssee nach Ägyp- ten, Marokko, in die USA, über Panama zurück nach Ägypten – wo er starb. Idi Amin (†, 2003) Brutaler als Idi Amin war kein Diktator. Er regierte in Uganda von 1971 bis zum Sturz 1979. Rund 400 000 Menschen fielen seinem Regime zum Opfer. Er floh über Libyen und Irak nach Saudi Arabien. Al Saadi Gaddafi (40) Der dritte Sohn von Muammar Gaddafi führte während des Volksaufstands in Libyen die Sondereinheiten an. Im Sep- tember 2011 floh er in den afrikanischen Staat Niger. Dort erhielt er Unterschlupf. Kurmanbek Bakijew (64) Bakijew war von 2005 bis 2010 Präsi- dent von Kirgisistan. Nach einem Umsturz flüchtete er nach Minsk in Weissrussland. In Abwesenheit wurde er zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt. Margot Honecker (86) Die Witwe von Erich Honecker war von 1963 bis 1989 Ministerin für Volksbil- dung in der DDR. Im März 1991 ging sie nach Moskau, verschanzte sich in der Botschaſt Chiles. Lebt seit 1992 in Chile. Ferdinand Marcos (†, 1989) Der zehnte Präsident der Philippinen regierte den Inselstaat von 1965 bis 1986. Er bereicherte sich, legte Millionen auf Schweizer Banken. Nach dem Macht- wechsel floh er über Guam nach Hawaii. Ayesha Gaddafi (37) Die einzige Tochter von Muammar Gad- dafi diente als Oberst in der libyschen Armee. Im August 2011 floh sie hoch- schwanger nach Algerien und erhielt schliesslich im Sultanat Oman Asyl. Jean-Claude Duvalier (62) «Baby Doc» herrschte auf Haiti von 1971 bis zum Sturz 1986. Er soll für Tausende politische Morde verantwortlich sein. Er floh nach Paris, kehrte 2011 nach Haiti zurück. Heute steht er unter Hausarrest. Erich Honecker (†, 1994) Der Generalsekretär der SED war der mächtigste Politiker der DDR. Nach der Wende ging er nach Moskau. Im Juli 1992 wurde er nach Berlin ausgeliefert. Im Januar 1993 reiste er nach Chile aus. Alfredo Strössner (†, 2006) Der Oberbefehlshaber der Armee Para- guays putschte sich 1954 in den Präsi- denten-Palast. Er hielt sich bis 1989. Fast 3000 Menschen verschwanden. Nach dem Sturz ging er nach Brasilien. Charles Taylor (66) Er war Liberias Präsident von 1997 bis 2003, verantwortlich für Kriegsverbre- chen im Krieg mit Sierra Leone. Er ging nach Nigeria, wurde in Sierra Leone ver- haſtet und nach Den Haag ausgeliefert. Raoul Cédras (64) War verantwortlich für den Staatsstreich von 1991 auf Haiti. Bis 1994 führte er als Oberbefehlshaber die haitianische Armee, war somit de facto Herrscher des Landes. Lebt heute in Panama im Exil. Mobutu Sese Seko (†, 1997) Der einstige Herrscher von Zaire gilt als korruptester Diktator Afrikas. Er regierte von 1965 bis 1997 und soll sich 5 Milliar- den Dollar angeeignet haben. Nach sei- nem Sturz flüchtete er nach Marokko. Jean-Bédel Bokassa (†, 1996 ) Ab 1966 Präsident der Zentralafrikani- schen Republik, ab 1976 bis zum Sturz 1979 Kaiser des von ihm berufenen Zent- ralafrikanischen Kaiserreichs. Floh 1979 nach Frankreich, kehrte 1986 zurück. l Vor einer Woche setzte das ukrai- nische Parlament den Präsiden- ten ab. Er floh nach Russland. Monatelang schlug er die Protes- te gegen sein Regime mit Härte nieder. Es gab mehr als 80 Tote. Janukowitsch soll den Schiessbe- fehl gegeben haben. Präsident war er vier Jahre. Nun kündigt er im russischen Exil einen Kampf um die Macht an. Er sehe sich noch immer als Staatschef der Ukraine, sagte er am Freitag im russischen Rostow . Er sei «nicht abgesetzt» worden, sondern habe das Land nach Drohungen verlassen. Sobald seine persönli- che Sicherheit gewährleistet sei, werde er in die Ukraine zurück- kehren. Zudem betonte er, keiner- lei Gelder auf ausländischen Kon- ten zu haben. Für die derzeitige Krise in der Ukraine machte er den Westen verantwortlich. Viktor Janukowitsch (63) 1 1 3 2 2 3 4 4 20 20 15 15 14 14 8 8 13 13 7 7 21 21 16 16 17 17 5 5 6 6 11 11 10 10 19 19 12 12 9 9 18 18 Fotos: Keystone (13), Reuters (7), Eric J. Aldag, Getty Images

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Brasilien

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Diktatoren auf der FluchtSie sind die Schergen der Weltgeschichte. Sie reagier-ten mit harter Hand, plünderten und mordeten, miss-achteten ihr Volk. Verlieren sie die Macht, ergreifen sie die Flucht – wenn sie nicht vorher aufgeknüpft werden. Auf verschlungenen Wegen fanden diese Diktatoren und ihre Familien ins Exil – in den Unterschlupf der Unmenschen. VON PETER HOSSLI (TEXT) UND PRISKA WALLIMANN (INFOGRAFIK)

Hannibal Gaddafi (38)Der Sohn des gefallenen libyschen Dikta-tors Muammar Gaddafi stand im Zent-rum der Libyen-Krise mit der Schweiz. Im August 2011 reiste er nach Algerien, erhielt 2012 Asyl im Sultanat Oman.

Hissène Habré (71)Der Präsident von Tschad (1982 bis 1990) soll 40 000 Menschen auf dem Gewissen haben. Nach dem Sturz flüch-tete er in den Senegal. 2013 wurde er dort verhaftet. Prozess in Vorbereitung.

Ben Ali (77)Er regierte Tunesien von 1987 bis 2011 . Nach einem Volksaufstand floh er im Januar 2011 über Nacht nach Saudi Ara-bien. Er plünderte sein Land und wurde in absentia zu 35 Jahren Haft verurteilt.

Mengistu Haile Mariam (76)War von 1987 bis 1991 Präsident von Äthiopien – und baute das Land zu einem marxistischen Staat um. Er soll für den Tod von zwei Millionen Menschen verant-wortlich sein. Seit 1991 in Simbabwe.

Ali Abdullah Salih (71)Er hielt 33 Jahre die Macht in Jemen inne. Im Januar 2011 begann ein Volksaufstand gegen ihn. Er verletzte sich bei einem Bombenattentat, floh nach Saudi Arabien und in die USA. Kam 2012 zurück.

Alberto Fujimori (75)War von 1990 bis 2000 Präsident von Peru. Wegen Korruption enthob ihn der Kongress des Amtes. Er floh nach Japan. 2005 ging er nach Chile, wurde verhaftet – und nach Peru ausgeliefert. Ist in Haft.

Reza Schah Pahlavi (†, 1980)Von 1941 bis zur islamischen Revolution 1979 herrschte Schah Pahlavi in Iran. Danach erfolgt eine Odyssee nach Ägyp-ten, Marokko, in die USA, über Panama zurück nach Ägypten – wo er starb.

Idi Amin (†, 2003)Brutaler als Idi Amin war kein Diktator. Er regierte in Uganda von 1971 bis zum Sturz 1979. Rund 400 000 Menschen fielen seinem Regime zum Opfer. Er floh über Libyen und Irak nach Saudi Arabien.

Al Saadi Gaddafi (40)Der dritte Sohn von Muammar Gaddafi führte während des Volksaufstands in Libyen die Sondereinheiten an. Im Sep-tember 2011 floh er in den afrikanischen Staat Niger. Dort erhielt er Unterschlupf.

Kurmanbek Bakijew (64)Bakijew war von 2005 bis 2010 Präsi-dent von Kirgisistan. Nach einem Umsturz flüchtete er nach Minsk in Weissrussland. In Abwesenheit wurde er zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt.

Margot Honecker (86)Die Witwe von Erich Honecker war von 1963 bis 1989 Ministerin für Volksbil-dung in der DDR. Im März 1991 ging sie nach Moskau, verschanzte sich in der Botschaft Chiles. Lebt seit 1992 in Chile.

Ferdinand Marcos (†, 1989)Der zehnte Präsident der Philippinen regierte den Inselstaat von 1965 bis 1986. Er bereicherte sich, legte Millionen auf Schweizer Banken. Nach dem Macht-wechsel floh er über Guam nach Hawaii.

Ayesha Gaddafi (37)Die einzige Tochter von Muammar Gad-dafi diente als Oberst in der libyschen Armee. Im August 2011 floh sie hoch-schwanger nach Algerien und erhielt schliesslich im Sultanat Oman Asyl.

Jean-Claude Duvalier (62)«Baby Doc» herrschte auf Haiti von 1971 bis zum Sturz 1986. Er soll für Tausende politische Morde verantwortlich sein. Er floh nach Paris, kehrte 2011 nach Haiti zurück. Heute steht er unter Hausarrest.

Erich Honecker (†, 1994)Der Generalsekretär der SED war der mächtigste Politiker der DDR. Nach der Wende ging er nach Moskau. Im Juli 1992 wurde er nach Berlin ausgeliefert. Im Januar 1993 reiste er nach Chile aus.

Alfredo Strössner (†, 2006)Der Oberbefehlshaber der Armee Para-guays putschte sich 1954 in den Präsi-denten-Palast. Er hielt sich bis 1989. Fast 3000 Menschen verschwanden. Nach dem Sturz ging er nach Brasilien.

Charles Taylor (66)Er war Liberias Präsident von 1997 bis 2003, verantwortlich für Kriegsverbre-chen im Krieg mit Sierra Leone. Er ging nach Nigeria, wurde in Sierra Leone ver-haftet und nach Den Haag ausgeliefert.

Raoul Cédras (64)War verantwortlich für den Staatsstreich von 1991 auf Haiti. Bis 1994 führte er als Oberbefehlshaber die haitianische Armee, war somit de facto Herrscher des Landes. Lebt heute in Panama im Exil.

Mobutu Sese Seko (†, 1997)Der einstige Herrscher von Zaire gilt als korruptester Diktator Afrikas. Er regierte von 1965 bis 1997 und soll sich 5 Milliar-den Dollar angeeignet haben. Nach sei-nem Sturz flüchtete er nach Marokko.

Jean-Bédel Bokassa (†, 1996 )Ab 1966 Präsident der Zentralafrikani-schen Republik, ab 1976 bis zum Sturz 1979 Kaiser des von ihm berufenen Zent-ralafrikanischen Kaiserreichs. Floh 1979 nach Frankreich, kehrte 1986 zurück. l

Vor einer Woche setzte das ukrai-nische Parlament den Präsiden-ten ab. Er floh nach Russland. Monatelang schlug er die Protes-te gegen sein Regime mit Härte nieder. Es gab mehr als 80 Tote. Janukowitsch soll den Schiessbe-fehl gegeben haben. Präsident war er vier Jahre. Nun kündigt er im russischen Exil einen Kampf um die Macht an. Er sehe sich noch immer als Staatschef der

Ukraine, sagte er am Freitag im russischen Rostow . Er sei «nicht abgesetzt» worden, sondern habe das Land nach Drohungen verlassen. Sobald seine persönli-che Sicherheit gewährleistet sei, werde er in die Ukraine zurück-kehren. Zudem betonte er, keiner-lei Gelder auf ausländischen Kon-ten zu haben. Für die derzeitige Krise in der Ukraine machte er den Westen verantwortlich.

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