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Popularisierung von Geschichte in Wort und Schrift
• Typen von Geschichtsdarstellungen:
• Historisches Drama, historischer Roman,
Bilderbögen, Film, Fernsehen (Fakten und Fiktionen; Frage nach Authentizität)
• Geschichtspolitik
Historische Narrative - Beispiel: Friedrich v. Schiller (1759-1805)
• Exemplarisch für den Übergang von Geschichtsschreibung als Literatur und als Wissenschaft
• Friedrich von Schiller (1759-1805)
• 1780 Medizinische Dissertation Versuch über den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen
Historische Narrative
• 1780-1787 Jugendlyrik• 1787-1789 Die großen Gedichte der ersten
Weimarer Zeit• 1788 Geschichte des Abfalls der vereinigten
Niederlande von der spanischen Regierung[1522-1567]: Entstanden aus den historischen Studien zu Don Carlos (seit 1783) und veröffentlicht mit der Hoffung auf eine Geschichtsprofessur; fand allgemeinen Beifall.
Historische Narrative:Friedrich v. Schiller
• Historiographische Bedeutung: Höhepunkt seiner Bemühungen um Durchdringung von dramatischer Erzählung und wissenschaftlicher Akribie
• Innerer Zwiespalt: Einerseits glaubte er, der bedeutendste Historiker aller Zeiten werden zu können, andererseits empfand er die Kunst als seine Berufung.
Historische Narrative:Friedrich v. Schiller
• 1789-1794 Beruf: Geschichtsprofessor
• 1789 Antrittsvorlesung: „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?“
• 1791-1793: „Geschichte des dreyssigjährigen Kriegs“
Historische Narrative:Friedrich v. Schiller
• Historische Dramen: Die Verschwörung des Fiesco zu Genua (1783); Wallenstein; Ein dramatisches Gedicht (1798); Maria Stuart (1800); Die Jungfrau von Orleans (1801); Wilhelm Tell (1804) [Schweizer Unabhängigkeitskrieg gegen Habsburg]
Historische Narrative:Der historische Roman
• Entstehung des historischen Romans nach der Französischen Revolution
• im Zusammenhang mit der „Erfindung der Nation“ (Benedict Anderson)
• Als Begründer des Genres gilt Sir Walter Scott (1771- 1832)
• Als erste historischer Roman gilt Walter Scotts „Waverly“
Historische Narrative:Der historische Roman
• Walter Scotts historische Romane weisen Besonderheiten auf, die einen eigenen Romantypus, eben den historischen Roman schufen:
• 1. Verlebendigung der Vergangenheit• 2. Basis: Auf der Geschichtsschreibung
basierende Fakten• 3. Held: Person „mittlerer Bedeutung“
Historische Narrative
• Scotts Romane beeinflussten eine ganze Reihe von bedeutenden Autoren darunter Balzac, Hugo, Puschkin, Tolstoi Stifter, in den USA Coopers Lederstrumpf.
• deutsche Bestseller:– Joseph Viktor von Scheffel (1826-1886)– Ekkehard. Eine Geschichte aus dem 10.
Jahrhundert (1855)
Historische Narrative
• 1853/54 übersetzte Scheffel das Waltharius Lied (10. Jhdt) aus dem Lateinischen ins Deutsche.
• Anregung auch durch Lektüre weiterer lateinischer Handschriften für den Roman
• Ekkehard. Eine Geschichte aus dem 10. Jahrhundert (1855)
Kommunikatives / Kulturelles Gedächtnis ↔ Funktions- / Speichergedächtnis
• Zur Konstitutionslogik historischer Narrativität• Geschichtsschreibung zwischen
Wissenschaft/Geschichtspolitik/Erinnerungskultur • Historiographie eine Textsorte unter vielen• Geschichtsschreibung zwischen Kunst ( Klio oder
kleio = Muse) und Wissenschaft
Historische Narrative
• Das quantitative bedeutendste:Das Schulgeschichtsbuch
• = Multiplikator und Popularisator von „Geschichte“ (im Sinne der modernen Geschichtswissenschaft)
GeschichtsunterrichtGeschichtslehrbücher
• Bis ins 18. Jhdt. hinein: lateinisch
• Zielgruppe: Kleine Minderheit der Erwachsenen
• Seit Beginn 18. Jahrhundert: Geschichte ordentliches Lehrfach der höheren Schule
• Lösung von universalgeschichtlichen Abrissen
GeschichtsunterrichtGeschichtslehrbücher
• Lehrbuch: Dreh- und Angelpunkt• Antike Geschichte tritt in den Hintergrund• Politische Geschichte der neueren und neuesten
Zeit als Vorgeschichte d. Gegenwart • Reiche /Territorialstaaten / Nationalstaaten• Lernunterricht (Namen / Daten / Begriffe)• Kritik Buch- und Lernschule: Reformpädagogik
Funktionen von Schulgeschichtsbüchern
1. Wissensvermittlung
2. Umsetzung didaktischer Konzeptionen
3. Normative Legitimierung der Gegenwart
4. Geschichtsbilder / Weltbilder
5. „Safes“ nationaler Identifikationsmuster
6. Serielle Quellen
19. Jahrhundert
• Chronologie Gliederungsprinzip
• Staatliches Geschichtsbild
• Kontrolle und Zentralisierung
• Dagegen 1848: – Lehrerversammlungen– Lehrfreiheit– Lehrmittelfreiheit
19. Jahrhundert
• Restauration:– Stiehl‘sche Regulative 1854 (Preußen /
Volksschule)– Ferdinand Stiehl (1842):
„Der vaterländische Geschichtsunterricht in unseren Elementarschulen“:
– Vaterlandsliebe / Patriotismus– Geschichte und Gegenwart „Gott gewollt“
19. Jahrhundert
• 1889: Wilhelm II. „Allerhöchste Order“ zur „Aufgabe der Schule und des Seminars bei der
Bekämpfung der sozialistischen und kommunistischen Ideen“Schulkonferenzen (Lehrplan 1892 /1901)Nationalgeschichte statt AntikeEindämmung Latein / GriechischModerne Fremdsprachen / Naturwissenschaften
20. Jahrhundert
• Ab 1900 Reformpädagogik (Privatschulen Landerziehungsheime)
• Weimarer Republik – auch staatliche Schulen (Minderheit)– Selbstdenken / Selbsttätigkeit der Schüler – Bund entschiedener Schulreformer– Kontinuitäten überwiegen
20. Jahrhundert
• NS-Deutschland (1933-1945)– Zunächst keine neuen Schulbücher, aber
„demokratische“ verboten– Mehr Sport / Biologie– Geschichte reines Gesinnungsfach (Rasselehre)
1933-1945
Parteioffiziöses Standwerk für GU:Dietrich Klages, Geschichtsunterricht als nationalpolitische Erziehung (1936):
1. Das Leben ist Kampf.2. Wir sind nichts ohne den Führer.3. Dein Volk ist Deine Zukunft.4. Volksgenossen sind Schicksalsgenossen.5. Dein Blut, Dein höchstes Gut
Zitat: Klages (1936), S. 141.
SBZ / DDR
• 1945/47– Ziel: Antiimperialistische, antifaschistische
und demokratische Standpunkte (Wertung)
• 1948/49– Erste Übersetzungen sowjetischer
Geschichtslehrbücher – Geschlossene marxistische Geschichte
DDR
• Gründung der DDR 7. Oktober
• „Aufbau des Sozialismus“
• Übergang von der antifaschistisch-demokratischen zur sozialistischen Revolution:
• Neue Phase des Geschichtsunterrichts
Westzonen / BRD
• Schulbuchnotprogramme bereits vor Kriegsende konzipiert
• Überprüfung und Auswahl von Lehrbüchern aus der Zeit vor 1933
• Konventionelle Inhalte und Methoden
• Reformen erst ab den 1960er Jahren
BRD ab 1970er Jahre
• Arbeitsbuch statt Lernbuch(Anknüpfung an Reformpädagogik)
• Quellenarbeit• Iconic turn / Medienkompetenz• Multiperspektivität• Kontroversität • USA / SU• Europäische Geschichtsbücher• Weltgeschichte
Linguistic turn
• Hinwendung zum Diskurs • Hayden White sprach der
Geschichtsschreibung weitgehend ihre Wissenschaftlichkeit ab (auch Klio dichtet)
• Erzählstrukturen lenken das Verständnis jeder Rekonstruktion von Geschichte
• Stilmittel (Metaphern) wirken sich auf den Inhalt aus
Kritik an Hayden White
• Kritik an Hayden White: Ob Historiker künstlerisch oder wissenschaftlich arbeitet oder beides sei eine falsch gestellte Frage (Gerhard Oexle)
• Auch Verstehen und Erklären kein Gegensatz, sondern Ergänzung
Geschichtspolitik
• Staat, Interessengruppen, Parteien
• Kommerzielle Interessen
• Beispiel: Der 14. Juli als Gedenktag in Frankreich
VL Geschichtswissenschaft – Geschichte, Methoden, Medien
der Vermittlung
• Einführende bzw. ergänzende Lektüre für die gesamte Vorlesung:
• Stefan Jordan, Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft. Orientierung Gschichte, Paderborn 2009
Moderne Geschichtswissenschaft
• Ca. 1750-1850
• Sattelzeit (Reinhart Koselleck)
Kollektivsingular Geschichte
• Aufklärung (Gatter, Schlözer, Heeren):
Historisch-politischer Gegenstandsbereich
Historisches Kategorialgefüge: Individualität,
Entwicklung (Herder, Humboldt)
Moderne Geschichtswissenschaft
Einzelne Lehrstühle (Ende 18. Jahrhundert)
Fachlehrerprinzip (Hochschule / Schule)
Etablierung: Humanistische Bildungsreformen
Gründung der Berliner Universität (1810)
Humanistische Gymnasium (Abitur)
Fakultäten der Universitäten:
Ausdifferenzierung der Fächerkanons
I. Das Lehr- und Unterrichtsfach Geschichte
• Mittelalter: Artes liberales (sieben)– Artistenfakultät der Universitäten (Propädeutik)– Abschluss: Magister Artium
• Trivium (die drei freien Künste)• Grammatik, Dialektik, Rhetorik• Historia magistra vitae • (auch: Trivial- und Elemtarschulen)
• Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie
• (nur: höhere Lehranstalten)
Literaturhinweise
• Richard Rorty (ed.), The linguistic turn. Recent essays in philosophical method / ed. and with an introd. by. - Univ. of Chicago Press, 1967
• Hayden White, Metahistory: The Historical Imagination in Nineteenth Century Europe, Johns Hopkins University Press 1973; dt. Metahistory, Die historische Einbildungskraft im 19. Jahrhundert in Europa, Frankfurt am Main 1991
• Ibid., Tropics of Discourse: Essays in Cultural Criticism, Johns Hopkins University Press 1978; dt. Auch Klio dichtet oder die Fiktion des Faktischen. Studien zur Tropologie des historischen Diskurses, Stuttgart 1991