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Himmlisch. Bett „cjelle“ braucht Raum, vor allem nach oben, um zu wirken. 96 LUXURYLIVING PORTRÄT BETTEN

PoRtRät Betten - guut.at Rahmen stammt aus Schwa-des Feder. „Wobei der Begriff Design in Österreich ja denjenigen vorbehalten ist, die Design studiert ha-

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Himmlisch. Bett „cjelle“ braucht Raum, vor allem nach oben, um zu wirken.

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Variabel. Modell „paed“, ohne Schnörkel, schlicht, Kopf- und Fußteile kann man tauschen.

Massiv. Anselm Schwade setzt auf Massivholz, vor allem Esche, Eiche, ulme, Kirsche.

Wir befinden uns im Jahr 2016 n. Chr. und ganz Europa ist von dem Trend zu hohen Betten mit dicken Matrat-zen beherrscht. Ganz Europa? Nein.

Eine kleine Bettenmanufaktur am Wiener Wallen-steinplatz hört nicht auf, Widerstand zu leisten. „Wir sind der Gegenentwurf zu Boxspring und den hohen Betten“, lacht Anselm Schwade, Geschäftsführer und ein Drittel der Belegschaft von „guut“. Im Moment seien zwar hohe Betten en vogue, aber die Frage sei, ob es wirklich immer so viel Matratze oder Bett brauche. Für den Chef der Manufaktur, in der seit 2013 unter dem Markennamen „guut“ und seiner Leitung metallfreie Massivholzbetten und handge-nähte Matratzen aus Naturmaterialien hergestellt werden, heißt die Antwort Nein. „Wenn man sich den Körper in Seitenlage anschaut, braucht keine Hüfte und keine Schulter 50 Zentimeter Höhen-unterschied, und nur darauf muss eine Matratze eingehen.“ Weshalb seine Matratzen zumeist mit 25 Zentimetern ihr Auslangen finden, und damit auch optisch zu seinen schlichten Designerbetten passen, die niedrig gehalten sind und eher von einem italie-nischen oder skandinavisch-hanseatischen Stilge-fühl beeinflusst sind als vom amerikanischen Box-spring-Design.

Auftragsarbeiten. Hergestellt werden die neun Bett-gestelle, die „guut“ derzeit im Portfolio hat, in der Tischlerei Füchsl im Mühlviertel. Und zwar dann, wenn sie verkauft sind. „Wir fangen an, wenn der Kunde sagt: ‚So will ich’s‘, vorher sind wir nur ein

auf hohem NiveautiefstapelnAnselm Schwade schimmt mit seiner kleinen Wiener EdELBEttEnMAnuFAKtuR „guut“ gegen den Trend. t E x t: S A B i n E M E z L E R - A n d E L B E R g

Rohstofflager mit ein paar Mustern“, so Schwade. Mit dem Besitzer Alois Füchsl teilt Schwade die Lie-be zu echtem Massivholz, das in vielen Tischlereien kaum mehr verarbeitet wird – „weswegen unsere Betten auch das kosten, was sie kosten. Denn die meisten Tischlereien verdienen heute ihr Geld mit Metern, und mit der Verarbeitung vom Massivholz verdient man einfach deutlich weniger“, so Schwade. Anders als landläufig oft gedacht, sind Massivholz und Vollholz nicht dasselbe: „Massivholz ist so, wie es vom Baum heruntergeschnitten wird und besteht nicht aus Schichten“, so der Experte. Beim Vollholz könne dagegen beispielsweise eine acht Millimeter dicke Schicht massiver Eiche, dann eine Schicht eines günstigeren Holzes und wieder acht Millime-ter massive Eiche verleimt werden.

In Eiche, Ulme, Kirsche. Was für Schwade aber kei-ne Alternative ist: „Die Kunstfertigkeit besteht ja schon in der Holzauswahl, darin, das Maserungsbild zu komponieren und die massiven Bretter in der Breite so miteinander zu verleimen, dass es eine Schönheit ist.“ Verwendet werden für diese Schön-heiten heimische Harthölzer wie Braunesche, Eiche, Ulme, Kirsche und Nuss, die mit Hartöl gefinished werden. Einmal im Monat nehmen Schwade und Füchsl sich für die Produktion der bestellten Betten im Mühlviertel Zeit, weshalb es zwischen drei und sechs Wochen dauern kann, bis ein „guut“-Bett aus-geliefert wird. Designt, genäht und konzipiert wird in der Wiener Manufaktur am Wallensteinplatz. Das Design für die klaren, geraden, manchmal ein wenig F

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technisch-verspielten Rahmen stammt aus Schwa-des Feder. „Wobei der Begriff Design in Österreich ja denjenigen vorbehalten ist, die Design studiert ha-ben, weshalb ich es eher Gestaltung nenne“, stapelt der 50-Jährige tief. Und Design hat er nicht studiert, auch wenn sein Weg hin zur Bettenmanufaktur ein kreativer war: Ende der 1980er-Jahre studierte Schwade Metallrestaurierung, „weil es Holzrestau-rierung an der Angewandten nicht gab. Nach einem Jahr habe ich verstanden, dass es nicht das ist, was ich wollte, und bin umge-schwenkt auf Musik.“ Eine Entschei-dung, die ihm ein solides Auskommen als Querflötenlehrer bescherte, aber Weiterentwicklungswünsche offen ließ. Der Traum vom Geigenbauen ließ ihn Mitte der 1990er-Jahre eine Tischleraus-bildung beginnen, die zwar nicht zum Instrumentenbau führte, aber zu Res-taurierungsaufträgen für das kurz vor der Wiedereröffnung stehende Techni-sche Museum. „Die Kohleförderungs- und die Kohletrocknungsanlage sind von mir restauriert.“ Eine weitere Station war die Vermittlung seines Tischlerwissens an Ju-gendliche, ehe 2005 der Einstieg in die Welt der „guut“en Betten begann.

Nur Holz, kein Metall. Bereits 1999 hatte Lucas Stür-zenhofecker am Wallensteinplatz damit begonnen, Naturmatratzen zu nähen und den Grundstein für die heutige Manufaktur „guut“ gelegt. 2005 entwi-ckelte er dann gemeinsam mit Schwade die dazu-passenden Betten. „Er kam vom Design und ich von der Tischlerei“, erinnert sich Schwade an die Anfän-ge der Betten mit den metallfreien Holzsteckverbin-dungen, die bis heute Markenzeichen der Manufak-tur sind. Auch nach dem Ausscheiden Stürzenhof-

eckers blieb die Herstellung der Matratzen ein Kern-bereich des Bettenhauses, für den seit 2003 Biljana Djokic verantwortlich ist. „Sie ist die Hand und das Herz in unserer Werkstatt und hütet unseren Wis-sensschatz und näht jeden Matratzenbezug mit der Hand und nach Maß“, schwärmt Schwade.

Liegen zur Probe. Denn wer im Glauben, es gäbe die eine richtige Matratze, in die Verkaufsräume

kommt, lernt schnell dazu. Ein bis zwei Stunden kann es dauern, bis mithilfe von Schwade oder seiner Tochter Leo-nie Bruckner, die das Team im Verkauf komplettiert, die Wahl getroffen ist; mancher kommt ein zweites Mal zum Probeliegen. „Es gibt nicht das perfekte Matratzensystem, sondern nur die rich-tige Matratze für die jeweilige Lebenssi-tuation. Und die sieht für eine junge Fa-milie, bei der die Kids ins Bett hüpfen, anders aus als für seit 35 Jahren verhei-ratete Ehepartner, die es sich – jeder auf seiner Seite – eingerichtet haben.“ Für die Vertreter aller Gruppen gibt es

bei „guut“ die gleichen Materialien, etwa reiner Na-turlatex in verschiedenen Festigkeiten und latexierte Kokosfaser, in einer Hülle aus biologisch angebauter Baumwolle. Je nach Anzahl der Kids und/oder Ehe-jahren kann darüber hinaus aus drei Matratzen- oder Liegesystemen gewählt werden. Und auch aus unterschiedlichen Stärken, Gegenent-wurf zu den dicken Matratzen hin oder her: „Grund-sätzlich haben unsere Matratzen eine Aufbauhöhe von 25 Zentimetern“, so Schwade. „Aber natürlich können wir auch 50 Zentimeter hohe machen. Nur bei Materialien wie reinem Naturlatex gibt es das dann auch nicht umsonst; so etwas ist teuer und muss mit Augenmaß eingesetzt werden.“ e

„Es gibt nicht das eine perfekte System für Matratzen.“

A n S E L M S c h wA d E

Simpel. das design des Modells „slimm“ ist einfach, leicht, zurückhaltend.

Minimalistisch. „Bouw“ hat keinen Bettrahmen, ein Bett wie eine Skulptur.

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