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Stockwerkeigentum Referat von lic.iur. Thomas Oberle Jurist beim Hauseigentümerverband Schweiz Schlichter an der Schlichtungsbehörde für Mietsachen des Bezirks Winterthur Einleitung Besondere Form des Miteigentums; Eigentümer ist nicht Alleineigentümer, sondern ist Miteigentümer Mehrheitsentscheide Zusammenleben (Teil einer Gemeinschaft) Kostenproblematik Gleichbehandlungsgebot (Unterscheidungen ohne sachlichen Grund sind unzulässig, sofern die Ungleichbehandlung im konkreten Einzelfall ein gewisses erhebliches Mindestmass erreicht [BGE 131 III 459]) 2

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Stockwerkeigentum

Referat von lic.iur. Thomas Oberle

Jurist beim Hauseigentümerverband Schweiz Schlichter an der Schlichtungsbehörde für Mietsachen

des Bezirks Winterthur

Einleitung

Besondere Form des Miteigentums; Eigentümer ist nicht Alleineigentümer, sondern ist Miteigentümer

Mehrheitsentscheide

Zusammenleben (Teil einer Gemeinschaft)

Kostenproblematik

Gleichbehandlungsgebot (Unterscheidungen ohne sachlichen Grund sind unzulässig, sofern die Ungleichbehandlung im konkreten Einzelfall ein gewisses erhebliches Mindestmass erreicht [BGE 131 III 459])

2

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Grundsatz der GleichbehandlungDie gesetzlichen Bestimmungen über das Stockwerkeigentum gewährleisten den Schutz der Minderheit nur in verfahrensmässiger Hinsicht. Bezogen auf den Inhalt der zu treffenden Beschlüsse gebietet der Grundsatz der schonenden Rechtsausübung, dass die Mehrheit von verschiedenen gleichwertigen Entscheidungsmöglichkeiten diejenige wählt, die die Interessen der Minderheit nicht oder am wenigsten beeinträchtigt. Zusätzlich verbietet der Grundsatz der Gleichbehandlung Unterscheidungen ohne sachlichen Grund, sofern die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im konkreten Einzelfall ein gewisses erhebliches Mindestmass erreicht.

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Grundsatz der GleichbehandlungDie im Reglement vorgesehene gewerbliche Nutzung der Stockwerkeinheit Nr. 1 schliesse im vorliegenden Fall die Werbemöglichkeit an der Aussenfassade zwangsläufig mit ein. Zu einem Ladengeschäft oder Restaurantbetrieb gehöre gleichsam begriffsnotwendig ein Aushänge- oder Wirtshausschild. Da die Stockwerkeinheit Nr. 1 zudem von Beginn an für die gewerbliche und keine andere Nutzung bestimmt gewesen sei, könne auch gesagt werden, die übrigen Stockwerkeinheiten, deren Zweckbestimmung weiter gefasst sei und namentlich ein blosses Wohnen beinhalte, seien nicht zwingend auf Fassadenwerbung angewiesen, sondern nur für den Fall, dass sie reglementskonform als Büros oder Praxisräume genutzt würden. Es lasse sich deshalb mit vor dem Gleichbehandlungsgebot haltbaren Gründen ausführen, in der reglementskonformen Nutzung des Erdgeschosses als Laden sei eine entschädigungslose Nutzung der Fassade auf Erdgeschosshöhe zu Reklamezwecken inbegriffen, während die gleiche entschädigungslose Nutzung der Fassade den Obergeschossen nicht zustehe (BGE 131 III 459).

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Wesentliche Eingriffe in Eigentümerrechte

Wesentliche Eingriffe in Eigentümerrechte (z.B. Hausierhaltungsverbot); müsste im Reglement (Begründungsakt) verankert sein, nicht in einer Hausordnung.

Spätere Änderungen bedürfen der Einstimmigkeit

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STWEG eingeschränkt handlungsfähig

Die Stockwerkeigentümergemeinschaft ist keine juristische Person (vgl. z.B. Entscheid des Bundesgerichts 6B_355/2007, Erwägung 3.3)

Handlungs- und prozessfähig ausschliesslich in Belangen der gemeinschaftlichen Verwaltung des Stockwerkeigentums

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Stockwerkeigentum: Besondere Form des Miteigentums

Sonderregelungen der Art. 712a ff. ZGB gehen dem Miteigentumsrecht vor; sie gelten bei «normalem» Miteigentum nicht.

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Stockwerkeigentum: Besondere Form des Miteigentums

Soweit das Gesetz nicht besondere Bestim-mungen enthält, finden auf die Versammlung der Stockwerkeigentümer und den Ausschuss die Vorschriften über die Organe des Vereins und über die Anfechtung von Vereinsbeschlüssen Anwendung. (Art. 712m Abs. 2 ZGB)

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Stockwerkeigentum: Vereinsrecht1/5 der Eigentümer kann die Einberufung einer Versammlung verlangen. (Art. 64 Abs. 3 ZGB)

Die schriftliche Zustimmung aller Eigentümer zu einem Antrag ist zwingend möglich (Zirkulationsbeschluss) (Art. 66 Abs. 2 ZGB)

Ausschluss vom Stimmrecht (Art. 68) gilt auch für STWE-Vers. (BGE 134 III 481)

Anfechtung von Beschlüssen der STWE-Vers. analog Art. 75 ZGB (Anfechtung von Vers.beschl.)

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Stockwerkeigentum: Vereinsrecht (Art. 68 ZGB)Aufgrund des Verweises in Art. 712m Abs. 2 ZGB findet die Vorschrift über die Ausschliessung vom Stimmrecht (Art. 68 ZGB) auf die Stockwerkeigentümerversammlung Anwendung . Bei der Wahl des Verwalters handelt es sich nicht um ein Rechtsgeschäft i.S. von Art. 68 ZGB, sondern um einen internen Verwaltungsakt, sodass auch ein Stockwerkeigentümer an einem Beschluss teilnehmen kann, welcher seine Wahl zum Verwalter betrifft. Rechtsgeschäfte gemäss Art. 68 ZGB sind hingegen der Beschluss auf Leistung einer Entlöhnung für die Tätigkeit als Verwalter und die Wahl eines Abwarts sowie der Beschluss auf Leistung einer Entlöhnung für dessen Tätigkeit, sodass der betreffende Stockwerkeigentümer an dieser Beschlussfassung nicht stimmberechtigt ist. Ist ein Stockwerkeigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen, so gilt dies auch dann, wenn er einen nicht vom Stimmrecht ausgeschlossenen Stockwerkeigentümer vertritt (BGE 134 III 481).

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Rechtliche Aspekte des Stockwerkeigen-tumsMiteigentumsanteil am Grundstück

Sonderrecht an der Wohnung bzw. Gewerberaum (der Eigentümer darf diese und allfällige Nebenräume ausschliesslich benützen und innen ausbauen)

Miteigentumsanteil wird in einer Wertquote in Bruchteilen mit einem gemeinsamen Nenner ausgedrückt. Diese Quote ist massgebend für die Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten.

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Gegenstand des Sonderrechtes

Abgeschlossene (abschliessbare) Räume mit eigenem Zugang

Nebenräume können in räumlicher Hinsicht abgetrennt sein

Wirtschaftliche Einheit (jede Einheit muss für sich „lebensfähig“ sein)

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Gesetzliche Vermutung zugunsten des Sonderrechtes (Art. 712b Abs. 3 ZGB)

Beispiel Fenster

ältere Lehre (Fenster gemeinschaftlich, aber andere Regelung im Reglement zulässig)

neuere Lehre: Sonderrecht (Einfluss der STWE bezüglich deren Gestaltung)

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Was beinhaltet das Sonderrecht?

Verwaltung und ausschliessliche Benutzung

Um– und Ausbau der STW-Einheit

Veränderung der Raumeinteilung

Wahl (und Änderung) der Innenausstattung

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Umbau des SonderrechtsteilsGrundsätzlich ohne Zustimmung der STWE-Gemeinschaft möglich (sofern die Ausübung der gleichen Rechte den anderen Stockwerkeigentümern nicht erschwert wird und die gemein-schaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigt oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigt werden)

Beseitigung/Durchbruch von nichttragenden Wänden

Unterteilung von Räumen

Anbringen von Boden-, Wand und Deckenbelägen

Anbringen neuer oder zusätzlicher sanitärer oder elektrischer Installationen

neue Küche, neues Bad, neue Einbauschränke

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Beeinträchtigung gemeinsamer Bauteile im SonderrechtsbereichDerartige Veränderungen bedürfen der Zustimmung durch die STWE-Gemeinschaft (in der Regel genügt ein qualifiziertes Mehr)

Hobbybastler riskieren die Verletzung bautechnischer Normen im Bereich der Statik und des Schallschutzes (auch dort, wo keine Zustimmung der STWE-Gemeinschaft notwendig ist – z.B. bei Verlegung von Bodenbelägen)

Bei Erneuerungen und Änderungen in der Wohnung, bei welchen ein solches Risiko besteht, sollten Fachleute beigezogen werden.

Haftungsrisiko des Eigentümers gegenüber der Gemeinschaft.

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Umfunktionieren von Nebenräumen in Wohnräume = Nutzungsänderung

Die Freiheit des Stockwerkeigentümers in der baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume setzt deren Ausscheidung zu Sonderrecht voraus; der eigenmächtige Eingriff in gemeinschaftliche Teile ist unstatthaft. Das Umfunktionieren von Nebenräumen wie Estrich, Keller oder Garage in Wohnräume stellt keine Zweckänderung, wohl aber eine Nutzungsänderung dar (BGE 130 III 450).

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Umfunktionieren von Wohn- in Geschäftsräume: Zweckänderung?Zweck «Wohnen» schliesst sog. stilles Gewerbe mit ein (sofern nach öffentlichem Bau- und Planungsrecht zulässig)

Umwandlung einer oder mehrerer Wohnungen in ein Hotel oder einen Pensionsbetrieb ist eine Zweckänderung: Die Begründung für die Unzulässigkeit der hotelmässigen Bewirtschaftung einzelner Wohnungen liegt zum einen in der Störung des Gesamtcharakters der Wohnliegenschaft, zum anderen aber auch darin, dass die anderen Stockwerkeigentümer den ständigen Wechsel der Bewohner innert kürzester Zeit und die damit zwangsläufig verbundene höhere Belastung für die gemeinschaftlichen Anlagen nicht zu dulden brauchen (Entscheide des Bundesgerichtes 5A_632/2011 und 5A_648/2011).

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Zulässigkeit von Airbnb

Airbnb: gilt nicht als Pensionsbetrieb, obwohl bei regelmässiger Wohnungsvermietung über Internetplattformen gleiche Probleme auftreten können (Wechseln der Gäste, Sicherheitsbedürfnis der Miteigentümer, Überbeanspruchung der gemeinsamen Anlagen). Müsste in dem im Rahmen des Begründungsaktes erlassenen Reglement ausdrücklich verboten sein. Eine spätere Reglementsänderung bedürfte der Einstimmigkeit [?].

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Gemeinschaftliche TeileZwingend gemeinschaftlich sind:

der Boden der Liegenschaft und das Baurecht, kraft dessen gegebenenfalls das Gebäude erstellt wird;

die Bauteile, die für den Bestand, die konstruktive Gliederung und Festigkeit des Gebäudes oder der Räume anderer Stockwerkeigentümer von Bedeutung sind oder die äussere Gestalt und das Aussehen des Gebäudes bestimmen;

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die Anlagen und Einrichtungen, die auch anderen Stockwerkeigentümern für die Benutzung ihrer Räume dienen.

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Bauliche Massnahmen an gemeinschaftlichen Teilen (inklusive notwendige Massnahmen) nur mit Zustimmung der Gemeinschaft.

Ein Stockwerkeigentümer ist zwar in der baulichen Ausgestaltung seiner eigenen, d.h. zu Sonderrecht ausgeschiedenen Räume frei, darf jedoch keine gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen (Art. 712a Abs. 2 ZGB). Bei dieser Unterlassungspflicht handelt es sich um eine unmittelbare gesetzliche Eigentumsbeschränkung (MEIER-HAYOZ/REY, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1988, N. 72 zu Art. 712a ZGB). Befugnisse des Stockwerkeigentümers zu eigenmächtigen Umbauarbeiten an gemeinschaftlichen Teilen gibt es auch dann nicht, wenn damit keine Beschädigungen oder Beeinträchtigungen verbunden wären. Dies wäre mit der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung in Bezug auf die gemeinschaftlichen Teile betreffenden Verwaltungshandlungen und baulichen Massnahmen nicht vereinbar (Art. 712a Abs. 2 ZGB). vgl. BGE 135 III 212 E. 3.2

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Klage auf Einhaltung des Reglementes muss sich gegen Stockwerkeigentümergemeinschaft richten

Einem Stockwerkeigentümer stehen gegen einen anderen Stockwerkeigentümer die Klagen aus Eigentum und Besitz sowie einzelne im Mit- und Stockwerkeigentum vorgesehene Rechtsbehelfe zu. Eine Klage auf Einhaltung des Reglementes, ohne dass gleichzeitig andere Rechte aus Eigentum, Besitz o.Ä., namentlich wegen über-mässigen Immissionen, als verletzt geltend gemacht werden, ist zwischen Stockwerkeigentümern nicht vorgesehen. Für die Einhaltung des Reglementes hat vielmehr die Versammlung der Stockwerkeigen-tümer als oberstes Organ der Stockwerkeigentümergemeinschaft zu sorgen, deren Beschluss unter den allgemeinen Voraussetzungen gerichtlich angefochten werden kann (Entscheid des Bundesgerichtes 5A_640/2012 vom 13. November 2012).

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Jeder Eigentümer hat Anspruch auf Durchführung notwendiger baulicher Massnahmen. Aber: Kein Selbsthilferecht, sondern Anrufung des Richters

Beispiel: eigenmächtige Vornahme der Sanierung einer Dachterrasse (Eigentümer trägt Risiko, teilweise für die Kosten selber aufkommen zu müssen)

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Art. 712 a ZGB: Eigenmächtige Vornahme der Sanierung einer Dachterrasse durch einen Stockwerkeigentümer, der an der Terrasse ein besonderes Nutzungsrecht hat.

Der Stockwerkeigentümer hat der Gemeinschaft die Dachterrassen-Sanierung gegen ihren Willen aufgedrängt. Das Sanierungsergebnis lässt sich nicht mehr trennen vom Gebäude der Gemeinschaft. Der beklagte Stockwerkeigentümer hat demnach gemäss den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag nur Anspruch auf Ersatz des allermindesten Wertes des Sanierungserfolges [Obergericht Zürich, 24.12.1998, ZR 99 Nr. 2 S. 4ff.].

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Ausschliessliches Nutzungsrecht = Sondernutzungsrechtindirekte Regelung im Gesetz seit 1.1.2012 (Art. 712 Abs. 4 ZGB); vgl. z.B. Entscheid des Bger. 5C.110/2001, BGE 127 III 506; BGE 122 III 145

Begründung durch Dienstbarkeit (Grund- oder Personaldienstbarkeit), Reglement (aufgrund des neuen Art. 712g Abs. 4 ZGB bedarf es dazu m.E. eines einstimmigen Beschlusses) oder Vertrag.

Der Vertrag über die Einräumung eines Sondernutzungsrechts bedarf keiner besonderen Form, setzt aber einen ordnungsgemäss zustande gekommenen Beschluss der Versammlung der Stockwerkeigentümer, d.h. einen schriftlichen Zirkulationsbeschluss oder einen mündlich gefassten und protokollierten Beschluss voraus, bestimmten Stockwerkeigentümern ein vertragliches Recht auf ausschliessliche Nutzung gewisser gemeinschaftlicher Teile einzuräumen (BGE 136 III 261E. 4.3).

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Ausschliessliches Nutzungsrecht = SondernutzungsrechtNicht möglich an gemeinschaftlichen Teilen, die allen Eigentümern zur Verfügung stehen müssen.

Umfang der Benützung (Nutzungsrecht; Gestaltungsrecht nur, wenn im Reglement vorgesehen oder wenn STWEG Zustimmung erteilt).

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Bauliche Veränderungen im Aussen-bereich durch einzelnen Eigentümer

in den der Gemeinschaft gehörenden Teilen

(nur mit Zustimmung der STWE, allenfalls Eistimmigkeit)

im Sondernutzungsbereich (Zustimmung der STWE)

Bei Reglementsverletzungen muss einzelner Eigentümer gegen STWE klagen (vgl. Entscheid des Bundesgerichtes, 5A_640/2012) 28

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Bewilligung von baulichen Veränderungen eines Eigentümers durch die Gemeinschaft:

Steht die bauliche Massnahme im ausschliess-lichen Individualinteresse eines oder weniger Stockwerkeigentümer, so ist diese aus der Optik der Gemeinschaft als luxuriös anzusehen (vgl. Entscheid des Bundesgerichtes 5A_407/2015).

Konträr noch: Das Zustimmungsquorum richtet sich nach den Miteigentumsregeln betr. bauliche Massnahmen (vgl. Entscheid des Bundesgerichtes 5C.110/2001). 29

Aufhängen von Balkonpflanzen im Aussenbereich: Zustimmung der STWE notwendig, da das äussere Erscheinungsbild betroffen ist (Entscheid des Obergerichtes Kanton ZH, zitiert im TagesAnzeiger)

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Bauliche Massnahmen gemäss Art. 647c ff. ZGB

Notwendige bauliche Massnahmen (647c ZGB)

Nützliche bauliche Massnahmen (647d ZGB)

Luxuriöse (nur der Verschönerung und Bequemlichkeit dienende) bauliche Massnahmen (647 e ZGB)

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Bauliche Massnahmen gemäss Art. 647c ff. ZGB

Die Frage der Notwendigkeit oder Nützlichkeit baulicher Massnahmen bestimmt sich immer aus der Sicht der Gemeinschaft (BGE 135 III 212 E. 3.2)

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Bauliche Massnahmen gemäss Art. 647c ff. ZGB: Quoren

Notwendige bauliche Massnahmen: einfaches Mehr (Mehrheit der anwesenden und vertretenen Eigentümer)

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Bauliche Massnahmen gemäss Art. 647c ff. ZGB

Nützliche bauliche Massnahmen: qualifiziertes Mehr (Mehrheit der anwesenden und vertretenen Eigentümer, die zugleich mehr als 50% der Quoten sämtlicher Eigentümer vertreten.

Änderungen, die einem Miteigentümer den Gebrauch oder die Benutzung der Sache erheblich und dauernd erschweren, bedürfen dessen Zustimmung.

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Bauliche Massnahmen gemäss Art. 647c ff. ZGBErsetzt ein Aparthotel die bestehende Tennishalle durch eine Wellnessanlage, ändert dies den Zweck einer Apartüberbauung mit Hotel und Wohnungen nicht. Liegt die Errichtung der Wellnessanlage auch im Interesse der Wohnungseigentümer, handelt es sich mit Bezug auf die Gemeinschaft um eine nützliche bauliche Massnahme. Das Bundesgericht hatte im vorliegenden Fall darauf hingewiesen, dass eine Wellness-anlage bei einem Viersternhotel keine luxuriöse bauliche Massnahme darstelle. Erst recht könnten Seminarräume und weitere Hotelzimmer nicht als luxuriös gelten. Das Bundesgericht hält fest, dass vorliegend auch die Wohnungseigentümer vom Ausbau (welcher vom Betreiber des Apart-Hotels ausschliesslich finanziert wird) profitieren, da diesen im gleichen Gebäudekomplex zeitgemässe Freizeit-und Erholungsanlagen zur Verfügung stünden. Zudem hinge der Charakter der gesamten Liegenschaft vom Fortbestand des Hotelbetriebs ab, würden doch die einzelnen Wohnungen ohne das Apart-Hotel nicht mehr im Genuss der sich daraus ergebenden Serviceleistungen stehen (BGE 130 III 441).

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Bauliche Massnahmen gemäss Art. 647c ff. ZGB

Luxuriöse (nur der Verschönerung und Bequem-lichkeit dienende) bauliche Massnahmen (647e ZGB)

Einstimmigkeit

Diese Massnahmen können aber auch mit qualifiziertem Mehr beschlossen werden, sofern Opponenten nicht dauernd beeinträchtigt werden und von der Kostentragung befreit werden. (Beeinträchtigung des Nutzungs- und Gebrauchsrechtes, die nicht erheblich sein muss, aber eine gewisse Intensität aufweisen muss [minimale Duldungspflicht]).

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Einberufung der STWE-Versammlung

Sofern Verwalter bestellt ist, ist dieser für die Einberufung zuständig

1/5 der Eigentümer können Einberufung verlangen (Einberufung muss durch Verwalter erfolgen)

Das Reglement kann vorsehen, dass z.B. auch ein Delegierter eine Versammlung einberufen kann bzw. dass der Ausschuss/jeder Eigentümer die Einberufung einer Versammlung verlangen kann.

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Beschlussfassung in der STWE-Versammlung

Beschlussfähigkeit (Art. 712p ZGB)

Beschlussfassung:

Kopfstimmrecht (wenn das Reglement nichts anderes vorsieht, hat jeder Eigentümer eine Stimme)

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Beschlussfassung in der STWE-VersammlungAlso auch dann, wenn ein Eigentümer mehrere Stockwerkeinheiten besitzt.

Besitzen mehrere Eigentümer eine Stockwerkeinheit, so verfügen sie bloss über eine Stimme, die sie durch einen Vertreter abgeben.

Anscheinsvollmacht, wenn ein Eigentümer anwesend ist.

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Beschlussfassung in der STWE-Versammlung

Einfaches Mehr (i.d.R. Mehrheit der anwesenden und vertretenen Eigentümer)

Wahl / Abberufung des Verwalters

Äufnung (bzw. Aufstockung) eines (des) Erneuerungsfonds

notwendige bauliche Massnahmen

einfache Verwaltungsmassnahmen (Auftrag an Gärtner; Ersatz des defekten Rasenmähers

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Beschlussfassung in der STWE-Versammlung

Qualifziertes Mehr (i.d.R. Mehrheit der anwesenden und vertretenen Eigentümer, die mehr als 50% der Wertquoten sämtlicher Eigentümer repräsentieren).

Wichtigere Verwaltungshandlungen (Art. 647b Abs. 1 ZGB)

nützliche bauliche Massnahmen (Art. 647d Abs. 1 ZGB)

ev. luxuriöse bauliche Massnahmen (Art. 647 Abs. 2 ZGB)

Erlass und Änderung des Reglementes (Art. 712g Abs. 3 ZGB)

41

Beschlussfassung in der STWE-VersammlungEinstimmigkeit (sämtliche Eigentümer müssen zustimmen; also bei Stimmenthaltungen oder Abwesenheiten von nicht vertretenen Eigentümern kein Beschluss)

luxuriöse bauliche Massnahmen (mit Ausnahme v. Art. 647e Abs. 2 ZGB)

Verfügung über Stammgrundstück; Dienstbarkeiten (auch solche zu Gunsten des Stammgrundstückes)

Einräumung eines reglementarischen Sondernutzungsrechtes (Art. 712g Abs. 4 ZGB)

Änderung der Zweckbestimmung (Art. 648 ZGB; Entscheid des Bundesgerichtes 5C.168/2003, Erwägung 4.2.1); vgl. BGE 130 III 441 (Wellnessanlage statt Tennishalle bei Aparthotel); BGE 130 III 450 (Umwandlung von Nebenräumen in Wohnräume)

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Anfechtung von Beschlüssen (Art. 75 ZGB)Grundsatz: Beschlüsse in der Regel nur anfechtbar, nicht nichtig

Beschlüsse über nicht gehörig traktandierte Geschäfte (Das Bundesgericht verlangt, dass ein Eigentümer die seiner Meinung nach ungenügende Traktandierung sowie andere Fehler in der Einladung sofort rügt. Er riskiert ansonsten den Anspruch zu verlieren, den Mangel gerichtlich geltend machen zu können; so BGE 136 III 174).

Beschlüsse einer nicht beschlussfähigen Versammlung

Entscheid unter Missachtung der Quorumvorschriften

Nichtigkeit: z.B. Beschlüsse einer Vers., die nicht vom Verwalter einberufen wurde

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Nichtigkeit von Beschlüssen

Beschlüsse, welche eine gravierende Widerrechtlichkeit enthalten

Beschluss verletzt schutzwürdige Interessen der Gläubiger oder der Öffentlichkeit

Unmoralische Beschlüsse oder solche mit unmöglichem Inhalt

Beschlüsse, welche Persönlichkeitsinteressen ohne Rechtferti-gungsgrund verletzen

(vgl. Entscheid des Bundesgerichtes 5A_760/2011, Erw. 3.2.3.1)

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Nichtigkeit von Beschlüssen Beispiele für nichtige Beschlüsse:

Beschlüsse einer Versammlung, die von einer unzuständigen Person einberufen wurde;

Allgemeines Verbot des Verkaufs von Stockwerkanteilen

definitiver Entzug des Stimmrechtes

Zwingend gemeinschaftlicher Teil wird mit Sonderrechten belegt

Ausschluss der Anfechtungsklage gemäss Art. 75 ZGB

Änderung der Wertquote ohne Zustimmung des betroffenen Eigentümers (Entscheid des Bundesgerichts 5A_760/2011, E. 3.2.3.1)

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Gemeinschaftliche Kosten

Unterhalt, Reparaturen und Erneuerungen der gemeinschaf-tlichen Teile des Grundstücks und des Gebäudes sowie der gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen

Betriebskosten (Heizöl, Wasser, Hauswart, Gartenpflege etc.)

Regelung des Art. 712h Abs. 3 ZGB ist zwingender Natur (BGE 117 II 251; Erwägung 5b). Das Bundesgericht (wie auch die Lehre) sind zurückhaltend in der Anwendung dieser Bestimmung (vgl. BGE 117 II 251, Erw. 6b; BGE 112 II 312, Erw. 3b)

Änderung des Kostenverteilschlüssels möglich (mit reglementarischen Mehrheiten)

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Abberufung des Verwalters

Ein Stockwerkeigentümer kann die gerichtliche Abberufung des Verwalters erst verlangen, nachdem er der Versamm-lung der Stockwerkeigentümer ordnungsgemäss Antrag auf Abberufung des Verwalters gestellt hat und die Versamm-lung die Abberufung unter Missachtung wichtiger Gründe abgelehnt hat. Letztere Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Versammlung nicht mit der Abberufung, sondern mit der Wiederwahl des Verwalters befasst war (BGE 131 III 297).

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Protokoll: Beschluss erlangt nur mit der Protokollierung RechtskraftAuffassung des Bundesgerichtes (Entscheid 5C.254/2006, E. 3.1): nur einem im Protokoll ersichtlichen Beschluss kommt rechtliche Wirkung zu.

[Im Widerspruch zur herrschenden Lehre, welche eine konstitutive Wirkung des Protokolls ablehnt.]

Genehmigung des Protokolls: Reglement sollte eine Beanstandungsfrist vorsehen; vgl. Wermelinger, Zürcher Kommentar zum ZGB, Art. 712a-712t ZGB, N 157 zu Art. 712n

Anfechtung von Beschlüssen gemäss Art. 75 ZGB läuft ab Kenntnis des Protokollinhaltes. 48