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ARCHIV DER PHARMACIE, 7. Band, 3. Heft. A. Originalmittheilungen. Practische Notizen fiber das Drehnngsvermagen lttherischer Oele von F. A. Fluckiger. Wenn man sagt, dase die bei gewohnlicher Temperatur fliissigen oder festen atherischen Oele Triigcr des Geruches und auch grosstentheils de8 Geschmackes der betreffenden Pflanzen seien, so enstpricht dieser Satz so ziemlich der ublichen Voretellung vom Wesen der atherischen Oele und Stearoptene. So wenig scharf auch diese Definition I’t, so fallt es doch wohl leichter , sie anzugreifen als befriedigender zu fassen. Einige wenige der bei ungefahr 17O Biiseigen Oele, wie 2. B. etwa dae der Samen von Xigella sativa, sind von nur sehr geringem Geruche und unter den festen Bestand- theilen atherischer Oele vide vollkommen geruchlos, wie unter andern die krystallisirbaren Antheile des Bergamottoles , und Rosenoles. In Betroff einer iil tern Angabe L i e b i g s , dass der Geruch atherischer Oele sich bei der Rectification im Vacuum verliere, fehlt mir eigene Erfahrung. Der Geruch ware also nicht unbedingt eine wesentliche Eigenschaft der Xorper, welche wir atherische Oele nennen, ja nicht einmal die Destillirbarkeit , wolche ihnen doch den Namen der fliic h tigen Oele eingetragen hat. Vide derselben lassen sich nicht bis auf den letzten Tropfen destilliren. Wenn man somit behaupten kann, dam eich keine Eigen- schaft hervorheben lasse , welche ausuahmslos allen hierher Arch. d Pharm. X. Bdr. 3. Be& 18

Practische Notizen über das Drehungsvermögen ätherischer Oele

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Page 1: Practische Notizen über das Drehungsvermögen ätherischer Oele

A R C H I V DER PHARMACIE,

7. Band, 3. Heft.

A. Originalmittheilungen.

Practische Notizen fiber das Drehnngsvermagen lttherischer Oele

von F. A. Fluckiger.

Wenn man sagt, dase die bei gewohnlicher Temperatur fliissigen oder festen atherischen Oele Triigcr des Geruches und auch grosstentheils de8 Geschmackes der betreffenden Pflanzen seien, so enstpricht dieser Satz so ziemlich der ublichen Voretellung vom Wesen der atherischen Oele und Stearoptene. So wenig scharf auch diese Definition I’t, so fallt es doch wohl leichter , sie anzugreifen als befriedigender zu fassen. Einige wenige der bei ungefahr 1 7 O Biiseigen Oele, wie 2. B. etwa dae der Samen von Xigella sativa, sind von nur sehr geringem Geruche und unter den festen Bestand- theilen atherischer Oele vide vollkommen geruchlos, wie unter andern die krystallisirbaren Antheile des Bergamottoles , und Rosenoles. In Betroff einer iil tern Angabe L i e b i g ’ s , dass der Geruch atherischer Oele sich bei der Rectification im Vacuum verliere, fehlt mir eigene Erfahrung. Der Geruch ware also nicht unbedingt eine wesentliche Eigenschaft der Xorper, welche wir atherische Oele nennen, j a nicht einmal die Destillirbarkeit , wolche ihnen doch den Namen der f l i i c h t i g e n Oele eingetragen hat. Vide derselben lassen sich nicht bis auf den letzten Tropfen destilliren.

Wenn man somit behaupten kann, dam eich keine Eigen- schaft hervorheben lasse , welche ausuahmslos allen hierher

Arch. d Pharm. X. Bdr. 3. Be& 18

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gehorigen Korpern zukame, so ist doch die negative Behauptung richtig und durchgreifend, dass keines der in der Natur vor- handenen sogenannten atherischen Oele ein ungemengter Kor- per, eine reine bestimmte chemische Verbindung sei. Dieses ist allerdings der Fall bei Senfol und Bittermandelol, welche wir aber in der Natur nicht schon fertig gebildet vorfinden. Doch mag ja sogar hier noch eingewendet werden, dass das Senfol auch wohl von Cyanally1 begleitet auftreten kann. Und wenigstens aus Kirscblorbeerblattern erhalt man das Benzaldehyd keineswegs vollstandig rein; es ist, sehr im Gegensatze zu dem Oele der bittern Jlandeln oder gar zu dem kunstlich dargestellten , vou rosenrother oder dunkel- brauner Farbe, also durch noch nicht naher gekannte Begleiter verunreinigt. Auch die zahlreichen nach der einfachen Formel (C6 Ha)’ zusammengesetzten Oele, die Terebene , scheinen immer noch Gemenge, vermuthlich von CIO H16, Cl6Ha4,

CBOHSe, zu sein und die schwache Gaeentwickelung, welche schon in der Kalte eintritt, wenn man Natriumdraht etwa in Terpenthinol legt, zeigt Sauerstoffgehalt an, wenn auch oxy- dirte Substanzen (Wasser ?) z. B. in den Rohlenwasserstoffen der Abietineen und der meisten Aurantiaceen in nur hochst. untergeordneter Menge Torhanden sein mogen.

So muss denn uberall, wo es eich um atherische Oele handelt, immer wieder erinnert werden , dass sie Gemenge sind und zwar naturlicher Weise Gemenge in veranderlichen Verhaltnissen. Es ist keine Gefahr , dass diese Thatsache verkannt werde, doch mogen als schlagende Belege hier ge- nannt werden das Oel der Petersilienfriichte und dasjenige der Mentha rotundifolia. Man erhalt aus erstern Proeent Oel und wenn das Destillat bei ungefahr 25O ruhig steht, so trennt es sich alsbald in nahezu gleiche Theile, indem sich der eine an die Oberflache erhebt, der andere unter dae Waeser sinkt; beide drehen die Polarisationsebene nach links, aber der letztere vie1 veniger. Das Oel der hier wild ge- wachsenen, in meinem Laboratorium destillirten Mentha rotundi- folis zeigte im Juli 1876 bei 50 Mill. Saulenlange 39,2O Linke- drehung, aber eine im September des gleichen Jahres darge-

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stellte Probe nur halb so viel. Diese wenigen leicht zu vermehrenden Beispiele beleuchten die obige BehauptuDg in recht auffallender Weise.

Weiterhin zeigt die tagliche Erfahrung , dass die chemi- schen und physicalischen Eigenschaften der atherischen Oele, hauptsachlich der fliissigen , leichter ganz erheblichen Aende- rungen unterliegen ale dieses bei manchen andern organiechen Substanzen der Fall iet.

Diese einfachen Betrachtungen nun enthalten schon die Widerlegung der Ansicht , dass das Drehungsvermogen eines atherischen Oeles , welches uberhanpt mit dieser optischen Eigenschaft ausgestattet ist, eine bestandige oder nur we- nig veriinderliche Groese sei und daher als scharfee Eenn- zeicheu dienen konne. Es ist von vornherein zu einleuchtend, dass dieses unmoglich ist bei Korpern, welche nicht nur wechselnde Gemenge darstellen, sondern deren einzelne Be- standtheile ausserdem noch zu erheblichen Veranderungen leicht geneigt sind. Kaum ist daher jene Ansicht jemals bestimmt ausgesprochen worden, wenn sie auch weniger scharf ausgepragt doch wohl gelegen tlich durchblicken mag.

Eine geringe Minderheit der atherischen Oele ist unihig, die Polarisationsebene abzulenken , darunter merkwiirdiger Weise gerade daR Senfol und das Bittermandelol, aber ausser- dem auch noch einige andere Oele, uber deren Constitution wir ebenfalls weit befriedigender unterrichtet sind als uber die Mehrzahl der andern. Anisol, Gaultheriaol, Nelkenol, Thymian- 01, Zimmtol gehoren hierher, in so fern ale ihren so sehr gut nntereuchten Hauptbestandtheilen das Drehungsvermogen abgeht. Dasselbe wird in der That vermisst sowohl bei

dem Anethol CG H4 { ES.;:', dem Methylsalicylsaureester

, wio bei dem Zimmtaldehyd

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C6H6-CH = CH-COH und ebenso wenig dreht der vor- wiegende Bestandtheil des Sassafrasoles, das Safrol C l o H"J 0 *, welches allerdings zur Stunde in Betreff seiner Constitution noch durchaus unaufgeklart dasteht und nur erst Bezie- hungen zum Anethol Cl0 H12 0. und Eugenol C10 HIS 0 2

ahnen lasst. Senfol und Bittermandelol drehen gar nicht, die 6 andern

eben genannten Oele hochstens in sehr geringem Grade, aber nur weil sie begleitet sind von Spuren anderer Oele, ver- muthlich vorwiegend Kohlenwasserstoffen*), welche die Yolari- sationsebene zu drehen vermogen.

Bei solchen Oelen nun, welche ohnc Wirkung auf die Polarisationsebone sind, oder dieeelbe nur um eine verschwin- dende Kleinigkeit drehen, ist die Priifung vermittelst des Pola- ristrobometers offenbar sehr geeignet, Zusiitze von solchen Oelen zu verrathen , welchen Drehungsvermogen eigen ist. Man wird unleugbar Senfol , Bittermandelol fur unrein erklaren mussen, welches nur die geringste Drehung zeigt und ebenso Anisol , Sternanisol , Gaultheriaol , Nelkenol, Rosenol Sassa- frasol, Zimmtijl, wenn dieselben im Rohre des Wild'schen Polaristrobometers von 50 .Millimetern Liinge mehr Drehung als einige wenige Grade zeigen. Aber der umgekehrte Schluss ware nicht gerechtfertigt. Bieten namlich die Proben dieser Oele keine Drehkraft dar, so sind betrugerische Zusatze der Moglichkeit nach noch keineswegs ausgeschlossen. Dass solche Fliissigkeiten , practisch gesprochen, zur Stunde dem Falscher kaum bei der Hand sind, schliesst die Aufforderung nicht aus, dergleichen an dieser Stelle zur Sprache zu brin- gen, selbst auf die Gefahr hin, dase ein Betruger gerade in diesen Zeilen willkommene Anleitung fande. Wenn es ein billiges atherisches Oel giibe, welches ohne Wirkung auf die Polarisationsebene ware, so erhielte die Falschung darin ein vortreffliphes Vcrdiinnungsmittel theurerer Oele, vorausgesetzt,

*) Von den Krystallen des Safrols liisst sich auch ein Phenol ab- giessen; vergl. meine Notiz in P o g g e n d o r f f ' s Annalen 158 (1876) 244 und dnraus in B u c h n e r ' s Repertorium fur Pharmecie 25 (187G) 617.

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dase daseelbe auch die iibrigen geeigneten Eigenschaften be- siisse. Ein solchee Oel findet sich, wenn wir etwa von dem noch .zu erwahnenden Grasole absehen, meines Wissens in der Natur nicht, kann aber leicht dargeetellt werden. Untsr den zahlreichen Sorten des Terpenthinoles giebt es links drehende und rechts drehende. Das amerikanische von Pi- n u s a u s t r a l i s Michaux und wohl auch von P i n u s T a e d a L., so wie das Oel unserer Fichte A b i e s e x c e l s a drehen rcchts , das franzosische Terpenthinol von Pi nu s P i n a 8 t e r Solander (P. maritima Poiret) und mehr noch das unserer Weisstanne, besonders der Zapfen, dreht stark nach links. Es bedarf keines Beweises, dasa es unschwer gelingt, durch angerneesene Mischung zweier in entgegengesetztem Sinne wirkender Oele ein Gemenge herzustellen, aelchee die Pola- risationsebene nicht mehr beeinflusst. Ein solchee Pra- parat konnte also, andern ebenfalls unwirksamen Fliissig- keiten zugesetzt , vermittelst des Polaristrobometers nicht aufgefunden werden. Um sich gegen eine solche Falschung zu schiitzen, deren M o g 1 i c h k e i t allein hier zu erortern ist, mueste man die zu prufende Waare durch langsame Dostillation in eine Reihe von Antheilen zerlegen und jeden cinzeln optisch priifen. Ee iet kaum denkbar, dass sich alle Antheile unwirksam erweisen wiirden; aber eine solche Un- tcrsuchung setzt ein ganz unverhiiltnissmassiges Opfer an Substanz voraus, woraus nur wieder der Schluas folgt, dass das Polariatrobometer selbst zur Un tersuchung solcher Oelg welche gar nicht oder nur lusserst wenig drehen, nur unter Beachtung der eben erwahnten Verhaltnisse ganz zuverlassige Dienste leistet. Zeigt ein solches Oel auch sonet keine Ab- weichung von den ihm zukomrnenden Eigenschaften, so mag ja wohl in seiner optischen Unwirksamkeit eine weitere 13estiitigung seiner Echtheit erkannt werden. Fur die Praxis jcdoch erscheint dieses zu weit hergeholt, um so mehr ale es gerade fur die beiden ganz unwirksamen Oele, das Bitter- mandelol und das Senfol, gar nicht an eonstigen ausreiohen- den Priifungsmitteln fehlt.

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Das Terpenthinol iibrigens steht in der srwahnten Eigen- schaft keineswegs etwa allein da. S a i n t e - C l a i r e D e v i l l e hat 1841 Elemiol untersucht und links drehend gefunden. Ich habe mir solches Oel aus Manila - Elemi selbst dargestellt und daran das entgegengesetzte Drehungsvermogen wahr-- genommen; es giebt also auch bei Elemiol Abarten mit sehr weit aus einander gehenden optischen Eigenschaften. ') Fer- ner ist das Carvol, der Hrtuptbestandtheil der Oele des Rum- mels u6d Dills, stark rechts drehond, wahrend ein in che- mischer Hinsicht damit ubereinstimmendes Carvol aus Krause- minzol links dreht. "") Ebenso giebt es auch verschiedene Campherarten C'O H16 0 und CIo HI8 0 von entgegengesetz- tem Drehungsvermogen."Y*) Derartige Verhaltnisse , das heisst die Existenz chemisch, nicht aber optisch identischer organischer Korper , kommen vermuthlich in der Natur nicht so selten vor, obwohl noch nicht allzu zahlreiche Reispiele aufgefunden worden sind, seit P a s t e u r 1849 in der Wein- siiure den ersten, mil Recht beriihmt gewordenen derartigen Fall nschgewiesen hat. Auch die Gummiarten liefern hierher gehorige Thatsachen. -4r:ibisches Gummi dreht in duflosung linke, ebenso das senegambivche; ich denke aber (1869) zuerst gezeigt zu habon, dass ee auch rechts drehendes Gummi gibt, namlich das der F e r o n i a ' e l e p h a n t u m Correa. +) 5 c h e i b 1 e r "rf-) hat ferner aus Zuckerruben des Jahres 1872 ein rechts drehendes Gummi dargeetellt und die- selbe Drehung auch an zwei Proben von Gummi ans Sen- nar t++) gefunden. JenesFeroniagummi ist vielleicht nicht streng als in chemischem Sinnc identisch mit Arabin zu bezeichnen ;

*) Vergl. Pharmacographia. p. 133. **) Berichte der Deutschen Chemischen Gesellechaft 1876. 468 und

daraua in Buchner's Repertor. 25. p. 280. ***) Buchner's Repertor. 23 (1874) 326. t) Schweizerische Wochenschrift fur Pharmacie 1869. No. 6 ; auch

Wiggers'scher Jahreshericht der Pharmacie 1869. 154. tt) Berichte der Deutschen Chcmischen Gcsellschaft 1873, 613. 618. ttt) Vermuthlich identisch niit dem Suakim - Gummi vom Talha-

beume, 4 c R c i a 8 t e n o c a r p a Hochst. - Pharmacographia 308 . 209.

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noch weniger gilt dieses aber von den isomeren mit entgegen- gesetztem Drehungsvermogen ausgestatteten Alkaloiden. Chi- nin dreht links, Chinidin (Conchinin) rechts, aber trotr glei- cher procentischor Zusammensetzung dorf man kaum behaup-

das eine diem Alkalolde sei das genaue Spiegelbild des andern und ebenso wenig ist diesee gestattet mit Beeug auf das links drehende Cinchonidin und das isomere rechts drehende Cinchonin. Es bleibt der Zukunft vorbehalten, ein Alkaloid nachruweisen , von welchem ganr einfaah ausgesagt werden kann, es existire in einer links drehenden und einer rechts drehenden Form, wie es bei vielen organisohen Siiuren, bei Zuckerarten, bei Campherarten und iitherischen Oelen der Fall ist.

Mischungen, worin das Drehungsvermogen einer Substanz zum Theil durch die entgegengesetzte Eigenschaf't eines be- gleitenden Korpers aufgehoben wird , sind hiernach in der Natur zu erwarten und auch wirklich vorhanden. Das schon angefuhrte Elemiol drehte allerdings stark reohta, echeint aber doch einen links drehenden Antheil zu enthalhn. Destillirt man es in der Art, dass mit steigender Temperatur eine

. Beihe verschiedener Portionen aufgefangen werden , so zeigt sich das Drehungsvermogen derselben schwacher und sohwiG cher und der Ruckstand in der Retorte dreht schliesslich nicht mehr rechts, sondern schwaoh links. Und noch weit auffallender war mir das Verhalten des Oeles zu concentrirter Schwefelsaure. Daa rohe Elemiol drehte in einer nur 26 Mil- limeter langen Saule 6 O rechts; *) ich trug es sehr allmiihlich unter moglichster Abkublung in das vierfache Gewioht con- centrirter Schwefelsaure , verdiinnte dann mit vie1 Wasser und wusch das wieder abgeschiedene Oel aus, worauf es um lo,7 links drehte.

- ten,

*) Fiir die vorliegenden Zwecke mag ea geniigen, die nnmittelbaren Beobachtungse&bnisse mitsatbeilen, welohe vollkommen vergleiohbar und nontrollirbar h d , wenn beigefiigt w i d , dsrs sie sich auf daa l#ild'rohe Pdarirtrobometer beeiehen nnd d8Er bei 10 bin Z O O LPffbmperetru wter Anwendung der Nstriumflamme (Chlornatrium) abgeleree wurde,

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Sollten in der Natur selbst Einfliisse von derselben Wir- knng zur Geltung kommen, wie der hier gewaltsam dnrch die Sohwefelsaure hervorgerufene , so lage darin ein Grund mehr, das Drehungsverinogen der Oele als eine wenig bestandige Xigenschaft aufznfassen. Derartige Vorgange sind mir nicht unwahrecheinlioh, seit ich an sehr lange aufbewahrtem, zuver- lassig reinem Sabinaole eine bedeutende Abschwachung des Drehungsvermogens wahrgenommen habe. *) Nicht minder auffallend ist die Thatsache, dass das Terpinhydrat C1oH1e(OH*a) + OHa, welohes so leicht schon kryRtallisirt aus den Oelen ClOH16 dargestellt werden kann und auch in der Natur vor- kommt, in Losiingen kein Drehnngsvermogen besitzt , moge es aus links drehenden oder rechts drehenden Terebenen ge-

wonnen sein. Dass auch das Cymen C e H4 (g:;, , das sich

aus so sehr vielen iitherischen Oelen eThalten lasst, ebenfalls nicht dreht, war von vornherein zu erwarten, da der Angriff der Agentien, welche dessen Bildung herbeifihren , ein sehr vie1 heftigerer ist als der zur Darstellung des Terpins erfor- derliche. Gewiss sind Fall0 von Oelen, welche bei der Rec- tification ganz verschieden drehende Antheile liefern, sehr haufig nnd es ware zu untersuchen, ob vielleicht durch die Destilletion selbst Aenderungen herbeigefiihrt werden , was mir zwar nach einigen wenigen beziiglichen Versuchen nicht eben wahrscheinlich vorkommt.

Bei Terpnthinen, die man ja auch in Betracht ziehen muss, wenn atherische Oele in Frage diehen, finden eich sehr oft die Bestandtheile mit entgegengesetztem Drehungsvermo- gen ausgestattet. So z. B. dreht der Venetianische Terpen- thin, wenigstens wenn er mit Aceton oder Benzin verdiinnt wird, rechts, das daraus abdeetillirte Oel links und das zu- ruckbleibende Harz rechts. Ganz ahnlich verhalten sich auch die Terpenthine yon Pinus balsamea L. (Canadabalsam) und Pinus Picea L. (Straseburger Terpenthin , von der Weiss- tanne).

*) Aehnliche Beobachtung an Terpesthipd yon L a s d o l t , Berichte $er Deutaahen Chem. Ges. 1876. 907.

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Es ist daher ganz allgemein anzunehmen, dass die Grosse der brebung bei so gemischten Xorpern wie die Mehrzahl der atherischen Oele das Ergebniss verschiedener zusammen- wirkender Pactoren sein muss. Waren die Bestandtheile eines Oeles immer in demselben Verbaltnisse gemischt , 60 wiirde freilich das Drehungsvermogen auch gleich bleiben konnen. Da aber die Katur in der Pflanze die atherischen Oele in so bunter Abwechselung bereitet, so ist bestimmt zu erwarten, dass fur ein und dasselbe Oel doch nicht immer gleiche Ge- wichtsverhaltnime statt finden. Dieses verrath sich z. B. schon bei der optischen Priifung solcher Oele, welche bei weitem vorwiegend aus einem nicht drehenden und einem drehenden Antheile bestehen, wie Zimmtol, Nelkenol , Sassa- frasol u. 8. w. Das sehr geringe Drehungsvermogen dersel- ben zeigt sich boi verechiedenen Proben ungleich. D a m wird sich noch ein anderer Umstand gesellen, namlich der Einfluss eines Korpers , welchem das Drehungsvermo- gen abgeht, auf Substanaen, denen es znkommt. Es ist schon heute nicht mehr nothig , Beweise dafur beizubringen, dnss eine Verbindung unter sonst genau gleichen Umstiinden in verschiedener Weise auf die Polarisationsebene wirkt, j e nacbdem sie in diesem oder jenem Losungamittel enthalten ist und zwar eben in Losungsmitteln, welche optisch ganz unwirksam sein konnon. Nicht nur die Natur dieser letztern ist aber von entscheidendem Einflusse, sondern oft sogar auch die Menge, so dass die specifiache Drebkraft einer Substanz ,

sich unter ubrigens genau gleichen Umstanden andert , wenn eie in mehr oder . weniger vcrdiinnter Losung beobachtet wird. *)

Ueber atherische Oele liegen in dieser Hinsicht nur erst die Beobachtungen von O u d e m a n ~ uber Cubebeno1 **) und L a n d o 1 t’ s echone Untersuchungen ***) uber Terpenthinol und

*) T o l l e n s , Berichte der Deutschen Chemischen Geeellechaft 1876.

**) Naurnaun’s Jahresbericht der CLcrnia 1873. 70 aua Ann. d. Ch.

***) Berichte der D. Chem. Ocrsellach. 1876. 907. 914.

1538. -

166 (1873) 65.

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Campher vor. buch bei Mannit *) und Alkaloi’den sind hochst auffdlende hierhcr gehorige Thatsachen aufgefunden worden. H e sse,”) z.B. hat gezeigt, dass Laudanin, in Natronlauge oder Chloroform gelost, links dreht , aber in Form von Hydrochlo- rat in Wasser, Alkohol und Salzsiiure kein Drehungsvermo- gen mehr anssert. Nach demselben Chemiker dreht Narcotin in Chloroform links, aber in Salzsanre rechts, Papaverin in Alkohol links, ale Hydrochlorat in Wasser gar nicht. Ganz gewiss werden Beobachtungen in dieser Richtung bald leh- ren, wie allgemein solche Einfliisse vorkommen , welchen sich auch die atherischen Oele untorworfen zeigen werden. Es ist hochst wahrscheinlich , dass Campherarten (Stearoptane), Ester, Ketone und andere der biaher in Oelen beobachteten Korper in Betreff ihrer eigentlichen optischen Eigenschaften durch Verdiinnung mit Kohlenwasserstoff en beriihrt werden, mogen letztere nun optisch wirksalu sein oder nicht, und umgekehrt. Also auch hier ein moglicher, wenn auch noch nicht erwiesener Factor. Es ware denkbar, dass z. B. bei Fenchelol etwas derartiges niit im Spiele ist , denn auffallen- der Weise dreht dasselhe immer, und zwar in sehr verschie- denem Grade rechts,***) obwohl e s , so gut wie das nur iiueserst wenig drehende Anisol, vorwiegend aue dem optisch indifferenten Anethol bestcht.

Diesen Erorterungen und Thatvachen gegeniiber Iasst sich nun freilich einwenden, dass am Ende die Schwankungen in der Mischung der atherischen Oele in Wirklichkeit ihre Grenzen haben miissen, so dass es denkbar ware, fur ein bestimmtes Oel solche Grenzzalilen feAtzustellen. In dieser Art ist es ja auch gelungen, fur practische Zwecke das specifische Ge- wicht der Milch in bestimmte Zahlen einzuschliessen, deren Ueberschreitung sich fast ausnahmslos auf Fiilschung zuriick- fiihren liisst. Bis zur Stunde liegen nun Beohachtungen an atherischen Oelen in dieser Richtung eigentlich nicht in irgend

F. A. Fliickiger, Drehungsvermogen atheriaoher Oele.

*) Berichte der Deutschen Chem. Gcsellacheft 1877. 93. **) Ann. d. Ch. 176 (1875) 189 und folg. ***) Pharmacogrephia 276.

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grosserem Umfange vor. Ware es aber auch wahrscheinlich, solche Grenzzahlen etwa fur die in grosserer Menge auf dem Weltmarkte vorkommenden Oele zu ermitteln, so ist ein grosser Nutzen derselben kaum einzuseben, da ja, wie oben dargethan, Falschungsmittel zu Gebote stehen, welche das Drehungwermogen nicht beriihren. Wir mogen als Beleg fiir diesen Satz nur das Rosenol anfuhren, welches nur sehr wenig auf die Polarisationsebene wirkt. Mit eehr bewunderungs- wurdigem Inetincte verwenden die Producenten des Rosenolee zur Verdunnung desselben dae indische G r aso 1, welches selbst ebenfalls nur wenig dreht. Ich finde z. B. bei einem solchen Oele, dem eogenannten Ingwer- Graeole von A n d r o - p o g o n S c h o e n a n t h u s L. eine Drehung von 347 nach links in dem Rohre von 50 Mm. Lange. Das nahe verwandte C i t r o n e l l a - O e l von A n d r o p o g o n N a r d u s L. zeigte unter gleichen Umetanden 144 Rechtsdrehung; ale ich dasselbe der Rectification unterwarf, erhielt ich der Reihe nach Portionen von folgenden Drehungsvermogen :

50,2 20,8 0",7 links 30,4 70,2 reohts uberpgengen

zwiechen 1500 u. 2000 200 u. 230 230 u. 236 250 u. 300 iiber 300°

Es ist daher sehr begreiflich, dass andere Proben des gleichen Oeles von vornherein Linksdrehung darbieten konnen, da es clich gemischt zeigt aus Antheilen von entgegenge- setzten optischen Eigenschaften. Aehnlich echeinen sich alle diese wohlriechenden Oele indischer Graser zu verhalten ; auch daa L e m o n - G r a s o l , Siri-Oel oder indische Me- lissenol TOU A n d r o p o g o n c i t r a t u s DeC. dreht nur sehr schwach und zwar in der mir eben vorliegenden Probe 1°,6 links bei 50 Mm.

Ganz ebenso erweist sich ein unzweifelhaft reines Berga- m o t t o 1 ale Gemisch rechts drehender, zwischen 170° und 240° siedender Antheile mit geringen Mengen vie1 schwerer fluchtiger, links rotirender Oele. Das robe Oel z. B. zeigte bei 50 blm. Saulcnlange 7 O Rechtsdrehung, der bei 1700 bis 195O ubergehende Theil 13O,4. Andere ebenfalls durchaus authentische Proben Bergamottol schwankten von 8O,S bis

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10°,4. Unzweifelhaft ist also auch hier ein geniigender Spiel- raum fur etwaige gut gewahlte Zusatze vorhanden. Allerdings werden dieselben nicht vorzugsweise in den Oelen anderer ,4grumi (Aurantiaceenfruchte) zu wahlen sein , unter welchen das Bergamottol (wie auch das Neroliol") sich durch schnache- res Drehungsvermogen auszeichnet , da z. R. Limonenol und Citronenol mindestens doppelt so etark rechts drehen wie das Bc?rgamottol; ein selbst dargestelltes Limonenol drehte 23O,4 rcchts bei 50 Mm., abcr ein anderes aue Mentone von gleich- falls verbiirgter Reinheit *") unter genau gleichen Umstiinden 3344 rechts.

1st es wunschenswerth, noch weitere Belege in dieser Kichtung beizubringen, so nenne ich ferner das C a s c a r i l lo 1, von dem ich folgende Erfahrungen mitzutheilen habe, die sich auf die Rohrenlange von 50 Mm. beziehen. Selbst dostillirtes Oel, etwa 10 bis 15 Jahre gut verschlossen auf- bewahrt, 249 links, von Gehe & Co. in Dresden gekauftes 1°,3 r c c h t s , von Schimmel & Co. in Leipzig ebenfalls ungefahr 1 0 rechts (genaues Ablesen der braunen Farbe wegen iiicht ausfuhrbar). Hiermit steht also die Angabe VOI

F r a n c k ***) sehr wohl im Einklange , dass dem Cnscarillolr lieine Drehkraft zukomme. Dasselbe ist auch wieder aus Antheilen von entgegengesetzten optischen Eigenschaften gernischt, welche sich in F r a n c k' s Probe genau ausgleichen iiiochten. G l a d s t o n e t) hingegen, dem wir eine grosse Zahl von Rotationsbestimmungen der Oele verdanken, fand Cawarillol stark rechtsdrehcnd.

*) Pharmacographia 113. **) ibid. 108.

***) Jahresbericht von Wiggors und Husemann. 1868. p. 380. .t) Jahresb. der Chcniie 1863. 546. - Ausser den ehen erwiihnten

groaaern Vereuchsreihen uber Drehungsverrnogen iitherischer Oele von Fr a n c k und von 0 1 a d s t o n e lipgcn beziigliche Beobachtungen noch vor von L u boldt irn Wiggers'aehen Jahresberichte der Pharmacie Fir 1860 p. 200 (aua Wittstein's Vierteljahrcsschrift IX. 552) und von B u i g n e t , Journal de Pharm. et de Chimie 40 (1861) 261 und ferner ist eine gute Zahl solcher auch in der Pharmacographia niedergelegt , letatere alle autheutiecbe, meiet selbet dargeatellte Oele betreffend,

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Anderseits ist es auffallend , bisweilen bei Oelcn von hochst verwickelter Zusammensetzung doch ein ziemlich wenig schwankendes Rotationsvermogen zu treffen. Das Baldrianol gehort hierher, indem darin Baldriansaure, Borneo1 (?), Valerol (C* H'OO?), Valercn Ci0 H16 langst nachgewiesen sind, denen ich noch sinen prachtvoll blau gefarbten Antheil *) anzureihen habe, ohne dass nach meiner Ansicht damit die Kenntniss dieses vielfach merkwiirdigen Odes eine befriedigende Voll- standigkeit crreicht hatte. Tr&z der Anwesenheit aller die- ser Bestandtheile und ohne Zweifel noch anderer mchr haben mir Proben des Oeles von verschiedener Herkunft ziemlich ubereinstimmend 1l0 bis 13O Linksdrehung bei 60 Mm. Sau- lenlange dargeboten. Um so merkwurdiger ist mir L u - b o l d t ' s Befund,'") der doch ohne Zweifel ein echtes Oel in Hiinden hatte und demselben das Rotationsvermogen abspricht. Das Baldrianol ist von einer hochst eigenthiimlichen Farbung, welche die Beobachtung erschwert ; sollte eich dieser Wider- spruch dahin erklaren, dass es L u b o 1 d t aus diesem Grund nicht niehr moglich war, die Drehung abzulesen?

Die Zufiammenstellung der vorstehonden Notizen ist durch Fragen eines Freundes veranlasst worden, welcher sich iiber d0n practischen Werth der Rotationsbestimmungen znr Prii- fung der atherkchen Oele zu orientiren wiinschte. Die Ant- wort laset sich hiernach ungefahr folgendermaseen zusammen- fassen :

1) Unter den Gemengtheilen atherischer Oele gibt e8

sowohl drehende ale nicht drehende. 2) Das Drehungsvermogen eines Oeles ist die Resultante

der Drehkraft seiner einzelnen Bestandtheile. 3) Da diese letztern in wechselndem Verhaltnisse im Oele

vorhanden sind, so liegt darin ein erster Grund, weswegen ein und dasselbe Oel nicht immer gleiches Drehungsverrnogcn aussern kann.

4) Ein zweiter Grund ist derin zu suchen, dass such ein einzelnes chemisches Individuum von bestimmter Zusammcn-

*) Adolf KO p p , Archir der Phsrm. 209 (1876) 204. **) Jahresbericht der Pbarm. 1860. 200.

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206 F. A. Fliiekiger , Drehungsvermagen atheriacher Oele.

setzuog, z. B. das Moleciil C l 0 HI6, bei laogerer Aufbesabrung chemischen Veranderungen (Aufnahme von 0 oder O H 3 un- terliegen kann, welche sich auch buf die optischen Eigen- schaften erstrecken.

5 ) Drittens wird die Drehnng ferner beeioflusst durch die Qualitat und die Quantitiit von Substanzen, welche selbst ohne Wirknng auf die Polarisationsebene sind.

6) Viertens wird man denselhen Einfluss auch zu gewar- tigen haben, wenn es sich Urn Gemenge handelt, worin meh- rere optisch wirksame Substanzcn vorhanden sind. Wie ungemein verwickeit sich diese Eigenschaften gestalten kon- nen und in atherischen Oelen sicherlich gestalten miissen, buchtet ein, wenn wir etwa von folgenden Ueberlegungen ausgeheo. A Aei ein optiach unwirksames Stearopten, auf- geloet in B, einem links drehenden Tereben und begleitet von C , einem daraus vielleicht durch Oxydation hervorge- gnngenen Oele, das rechts dreht. I n erster Lioie wird die Drehuog des rohen Oeles abhangen von dem relativen Ver- haltnisse zwischen B und C; sollte C weit hoher sieden ale B , so wird schon ein etwas verschiedener Gang der Destillation grosse Verschiedenheiten im Oele einer und der- selben Pflanze herbeifuhreo konnen. Weiterhin fragt sich, ob nicht die Gegenwart von A , ganz abgesehen von der reinen Thatsache der Verdiinnung auf die optischen Eigenschaften von B und C einwirkt.

7) Erscheint somit die Drehkraft eines Oeles ale Rssul- tante verschiedener zusammenwirkender Krafte, so ist -ferner zu bedenken, daas selbst diese Resultante nach Satz 4 nicht ale unveriinderlich gelten kann.

8)' Bei denjenigen Oelen, deren Hauptbestandtheil optisch unwirksam ist und bei den ganz unwirksamen, welche oben namhaft gemacht werden , konnte aus den dargelegten Griin- den doch' nur mit Vorsicht auf vollige Echtheit geschloesen werden, wenn sie keine oder nur sehr geringe Drehkraft aussern.

Die Bebtimmung des Drehungsvermogens der atherischen Oele scheint mir hiernach nur eine untergeordnete practische Bedentung beanspruchen zu durfen.

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E. Mylius, Ueber das kiinetlicbe Benfol des Handels. 207

Im Vereine mit andern Eigenschaften mag sie z. B. dazu verwerthet werden, etwa die Identitat einer 0 el s o r t e mit einer andern zu priifen. Immerhin lasst sich meiner An- schauungsweise der Vorwurf machen, dass ahnliche Bedenken mit gleichem Rechte auoh mit Bezug auf das apeciflsahe Gewicht und den Siedepunkt der atheriechen Oele zu erhe- ben waren. Indem ioh dieses zugebe, mochte ich immerhin bei einer eingehenden wissenschaftlichen Charakteristik eines Oeles die Bestimmung seiner Drehkraft no,ch weniger missen, aber die practische Bedeutung derselben einschranken und zwar so weit, daas ich denke, die practische Pharmacie konne dieses Moment, so ausserst interessant es auch ist, vollig auseer Betracht lassen.

Ueber das Btinstllche Senf61 des Handels. Von Dr. E. M y l i u e in Freiberg.

Vor etwa Jahresfrist enthielt die Pharmaceutische Zeitung den Auszug eines Vortrages, welchen Schacht uber den in der Ueberschrift genannten Gegenstand im Berliner Apotheker- verein gehalten hatte. Damals der Pharmacie fernstehend, hatte ich nicht hinreichendes Interesee fur den Artikel, um ihm die Beachtung zu widmen, welche er vom wissenschaftlich chemischen Standpunkte verdiente, erfasste vielmehr nur seinen an sich fur den Chemiker sehr plausiblen practiechen Kern: Dae kiiuetliche Senfiil ist mit dem naturlichen chemisah voll- kommen identisch und daher pharmaceutisch von demeelben Werthe. ,, Substanzen, deren chemieche Identitiit feststeht, mussen j a auch in ihrer Wirkong und in ihrem Handelswerth gleich sein" - ist ja eine dem Chemiker sehr leicht pasairende Voraussetzung , deren allgemein giltigen Werth in ihrem ersten Theil der Physiologe jedoch (man denke an Kaffee und Thee) nicht auerkennen mag, deren zweiten Theil die Weinbrauer auch noch vergeblich allgemeine Anerkennung zu verschaffen suchen. Der Hauptmenge nach ubereinstimmende , chemisah gleichwertbige Subetanzen konnen eben durch kleine , andefl-