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Produktive Rezeption von Shakespeares Othello
in Jean-Paul Sartres Kean
Hausarbeit zur Erlangung des Akademischen Grades
Bachelor of Arts
vorgelegt am Fachbereich 05 – Philosophie und Philologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
von
Katharina Fritz
geboren am 19.06.1992 in Hadamar
Matrikelnummer: 2706568
2016
Kernfach: Komparatistik / Europäische Literatur
Erstgutachter: PD Dr. Frank Zipfel
Zweitgutachter: Dr. Christof Rudek
1
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ............................................................................................... 2
1.1. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit ................................................. 3
2. Forschungsstand ..................................................................................... 4
3. Othello und Kean als existentielle Außenseiter ..................................... 8
3.1. Eine Dynamik der permanenten Grenzüberschreitung ................. 11
3.2. Desdemona und Eléna: Zugehörigkeit als Illusion ....................... 13
4. Othello und Kean als Konvergenzpunkte multipler Identitäten ........... 15
4.1. Die Ambiguität der Außenseiterfigur ............................................ 18
4.2. Desdemonas Taschentuch ............................................................. 20
5. Produktive Rezeption der Tötungsszene aus Othello in Kean ............. 23
6. Fazit ...................................................................................................... 32
7. Literaturverzeichnis ............................................................................. 34
2
1. Einleitung
„Sartre’s Kean is a play about an actor requested from him by an actor, and adapted from a play about an actor requested by another actor from an unknown author, but signed by a novelist and playwright of the day - not unlike Sartre himself, in this respect!“1
Auf diese Art und Weise charakterisiert Sartre-Spezialist Benedict O’Donohoe
dessen 1953 uraufgeführte Adaption des Alexandre Dumas zugeschriebenen Dramas
Kean, ou Désordre et Génie. Über die genaue Entstehungsgeschichte des Originals
scheint es allerdings bis heute Uneinigkeiten zu geben. So nennt O’Donohoe nur
Frédérick de Courcy als den eigentlichen oder zumindest ursprünglichen Autor des
Originals, wohingegen der amerikanische Dramenspezialist Gerald Weales von Théaulon
de Saint Lambert als ursprünglichem Autor ausgeht, von dem das Stück dann über de
Courcy schließlich zu Alexandre Dumas gelangt sei, der es aufgrund von mangelnder
dramatischer Kontinuität überarbeiten sollte.2 Die Entstehungsgeschichte von Dumas'
Stück soll uns im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht weiter beschäftigen.
Viel wichtiger erscheint der Aspekt der Spiegelung, den O’Donohoe anspricht:
Ein Schauspieler, Frédérick Lemaître, spielt einen anderen Schauspieler, Edmund Kean,
der innerhalb der Dramenhandlung ebenfalls Theaterfiguren verkörpert. Sartre, der das
Stück auf Wunsch des Schauspielers Pierre Brasseur hin adaptiert, fügt sich in diese
Spiegelung nicht nur ein, sondern verdoppelt sie durch seine Bearbeitung auch.
O’Donohoe beschreibt diese Konstellation treffend als eine Art „hall of mirrors, in which
image and reality are inextricably confused and overlaid with each other, so that nobody
quite knows where their role-playing ends and ‚real life‘ begins“3.
Eine der signifikantesten Änderungen, die Sartre am Stück selbst vornimmt,
betrifft die in die Bühnenhandlung eingebettete theatrale Einlage. Sartre ersetzt die
Nachtigall/Lerche-Szene aus Romeo and Juliet mit der Tötungsszene aus Othello. Bei
Betrachtung der zu Sartres Bearbeitung erschienenen Forschungsliteratur scheint dem
Umstand, dass Kean nun nicht mehr Shakespeares Romeo, sondern stattdessen Othello
spielt, jedoch bisweilen nur wenig Bedeutung zugesprochen zu werden. Im Wesentlichen
1 O’Donohoe, Benedict: Sartre’s Theatre. Acts for Life. Oxford u.a. 2005. S. 170. 2 Vgl. Weales, Gerald: Edmund Kean Onstage Onstage. In: Elton, William R.; Long, William B. (Hgg.): Shakespeare and Dramatic Tradition. Essays in Honor of S.F. Johnson. Newark, London, Toronto 1989. S. 154-155. 3 O’Donohoe: Sartre’s Theatre. S. 170.
3
lässt sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Sartres Modifikation auf zwei
Argumente beschränken. Zum einen wird argumentiert, Othello sei hinsichtlich Keans
eigener Eifersucht die passendere Rolle.4 Dies erscheint als Antwort jedoch
unzureichend, da die Szene bei Sartre schon aus formaler Sicht deutlich länger ist und
auch die Grenze zwischen Mensch, Schauspieler und Rolle weniger trennscharf erscheint.
Dieser letzte Punkt führt uns zum zweiten Argument. Sartres Kean wird von
Wissenschaftlern besonders mit Blick auf dessen philosophische Überlegungen zur Figur
des Schauspielers rezipiert. In diesen Zusammenhang wird Keans Auftritt als Othello und
sein subsequentes Ausfallen aus seiner Rolle dahingehend gedeutet, dass Kean Othello
nicht mehr spielen könne, sobald er die Eifersucht Othellos real fühle.5 Dieses Argument
erscheint deutlich plausibler, jedoch scheint es, als würden auch hier wichtige Aspekte
außer Acht gelassen. So wird Shakespeares Othello beispielsweise nicht nur als
Theatereinlage von Sartre produktiv rezipiert. Sartre verarbeitet auch das Motiv von
Desdemonas Taschentuch in, wie noch zu zeigen ist, zweierlei Weise.
1.1. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Diese Arbeit setzt es sich zum Ziel, die Titelfiguren aus William Shakespeares
Othello und Jean-Paul Sartres Kean im Hinblick auf die ihnen gemeinsamen
Charakteristika als existentielle Außenseiter zu vergleichen. Hierbei wird der produktiven
Rezeption von Shakespeares Othello in Kean besondere Aufmerksamkeit gelten, da die
These vertreten werden soll, die Figur Othellos könne als eine Spiegelung der Figur
Keans interpretiert werden. Sartre, so soll gezeigt werden, erweitert damit die bereits
angesprochene Spiegelstruktur des Stücks auch nach innen.
Zunächst wird im Forschungsstand ein kurzer Überblick über die wichtigsten
wissenschaftlichen Arbeiten gegeben, die sich bereits mit dem Außenseitertum der
Titelhelden in Othello und Kean auseinandergesetzt haben. Der darauffolgende Hauptteil
dieser Arbeit gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil wird die Figur des existentiellen
4 Vgl. z.B. Gaulmier, Jean: Un cas privilégié de signification sociale du théâtre; du ‚Kean‘ d’Alexandre Dumas au ‚Kean‘ de Sartre. In: Mélanges de littérature comparée et de philologie. Festschrift für Mieczyslaw Brahmer. Warschau 1967. S. 251-256. 5 Vgl. z.B. Savage Brosman, Catharine: Sartre’s Kean and Self-Portrait. In: The French Review 55.7 (1982). S. 383-412.
4
Außenseiters anhand des Werks Außenseiter von Hans Mayer6 näher definiert, da die
folgenden Punkte auf Mayers Thesen aufbauen. Mithilfe von Mayers Text soll gezeigt
werden, inwieweit Othello und Kean existentielle Außenseiter darstellen. Hierbei legen
insbesondere Othellos Beziehung zu Desdemona sowie Keans Beziehung zu Eléna eine
Dynamik der permanenten Grenzüberschreitung offen. Der zweite Teil analysiert die
Figuren Othello und Kean als Konvergenzpunkte multipler Identitäten, die nicht fähig
sind, Realität und Illusion voneinander zu trennen. In diesem Zusammenhang sind
besonders die Ambiguität der Außenseiterfigur in beiden Texten sowie Sartres
Verarbeitung des Motivs des Taschentuchs in Kean von besonderer Bedeutung. Der dritte
Teil beschäftigt sich schließlich mit der Tötungsszene aus Othello, die von Sartre
innerhalb des Spiels im Spiel in Kean produktiv rezipiert wird. Ein Vergleich der beiden
Szenen soll zeigen, dass die Figur des Außenseiters sowohl bei Shakespeare als auch bei
Sartre durch die ihr auferlegte Rolle einen völligen Identitätsverlust erleidet. Die in
Erfahrung gebrachten Ergebnisse werden dann in einem Fazit noch einmal
zusammengefasst dargestellt.
2. Forschungsstand
Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Werke und Aufsätze
zur produktiven Rezeption von Shakespeares Othello in Jean-Paul Sartres Kean gegeben
werden. Da sowohl die Shakespeare-, als auch die Sartre-Forschung der letzten
Jahrzehnte bereits einen breiten Korpus an Forschungsliteratur zu einer Vielzahl von
Themen hervorgebracht haben, soll es hier nur um jene Texte gehen, die sich konkret mit
der Figur des Außenseiters in den für diese Arbeit ausgewählten Werken beschäftigen.
An dieser Stelle ist zunächst zu vermerken, dass sich die Shakespeare-Forschung
mit Sartres Drama noch nicht auseinandergesetzt zu haben scheint. So setzt sich
beispielsweise Leslie Fiedler 1972 mit der Außenseiterfigur in Shakespeares Othello
auseinander7, lässt dabei aber die weitere Entwicklung und produktive Rezeption des
Othello-Stoffes außer Acht. Generell scheint Fiedler in seiner Analyse der Figur Othellos,
6 Mayer, Hans: Außenseiter. Frankfurt a.M. 2007.7 Fiedler, Leslie A.: The Stranger in Shakespeare. New York 1972. S. 139-196.
5
in welcher er Othellos „blackness“ als eine „difference in temperament“8 und die
Frauenfiguren (mit Ausnahme von Desdemona) als „weak or treacherous, or both“9
beschreibt, dem „‚alehouse‘ slander“10 Iagos, den er selbst als unwirksam abtut, zu
verfallen. Verfolgt man die Shakespeare Rezeption beginnend mit Fiedlers Analyse bis
ins 21. Jahrhundert, so scheinen vor allem feministische und postkoloniale Ansätze sowie
Theorien des New Historicism Othellos Außenseiterstatus in Relation zu rassistischen
Vorstellungen des elisabethanischen Zeitalters zu setzen. Als richtungsweisende
Forschungsbeiträge sind hier vor allem Stephen Greenblatts Renaissance self-
fashioning11, Karen Newmans Essay „‚And wash the Ethiop white‘: Femininity and the
Monstrous in Othello“12, sowie die Aufsätze der Literaturwissenschaftlerin Ania
Loomba13 zu nennen. Greenblatt stellt die folgende These auf: [T]he scandal of Desdemona’s marriage consists not only in her failure to receive her father’s
prior consent but in her husband’s blackness. That blackness – the sign of all that the society finds frightening and dangerous – is the indelible witness to Othello’s permanent status as an outsider, no matter how highly the state may value his services or how sincerely he has embraced its values.14
Greenblatt identifiziert „Christianity“ als „the alienating yet constituitive force in
Othello’s identity“15. Er argumentiert, es sei insbesondere Desdemonas „erotic
submission“, die sich Iago im Kontext kirchlicher Sexualdoktrin zunutze mache, um
Othello von ihrer Lüsternheit und Untreue zu überzeugen.16 Die im Rahmen dieser Arbeit
interessanteste These Greenblatts ist jedoch, dass sich sowohl Iago, als auch Othello
durch eine gewisse, ihren Figuren inhärent Theatralik auszeichnen. Iago habe, so
Greenblatt, „the role-player’s ability to imagine his nonexistence so that he can exist for
a moment in another as another“17, während Othellos Identität einer permanenten
„performance […] of his ‚story‘“18 bedürfe. Der an Sartres Überlegungen zur
8 Fiedler: The Stranger in Shakespeare. S. 171. 9 Ibid., S. 169.10 Ibid., S. 173. 11 Greenblatt, Stephen: Renaissance self-fashioning. From More to Shakespeare. Chicago, London 1984. 12 Newman, Karen: „And wash the Ethiop white“: Femininity and the Monstrous in Othello. In: Dies.: Essaying Shakespeare. Minneapolis, London 2009. S. 38-58. 13 Siehe v.a. Loomba, Ania: Sexuality and Racial Difference. In: Barthelemy, Anthony Gerard (Hg.): Critical Essays on Shakespeare’s Othello. New York 1994. S. 162-186, sowie Loomba, Ania: Shakespeare, Race, and Colonialism. Oxford, New York 2002. S. 91-111. 14 Greenblatt: Renaissance self-fashioning. S. 240. 15 Ibid., S. 245. 16 Vgl. Ibid., S. 244. 17 Ibid., S. 235. 18 Ibid., S. 245.
6
Schauspielerei als trügerische Selbsterschaffung erinnernde Gedanke, Othellos ebenso
paradoxe wie instabile Identität konstituiere sich in einem fortlaufenden Rollenspiel,
findet sich in veränderter Form auch bei John Drakakis wieder: „Othello goes through a
series of transformations in the play, some of which exist only in the imagination that
Iago feeds.“19 Auch Ania Loomba merkt an, Othello sei scheinbar dazu verdammt, „to
play out the script of jealousy and wife-murder“20. Karen Newman hingegen wirft
Greenblatt das Folgende vor: „[B]y focusing on Othello’s ideological complicity, he
[Greenblatt] effectively erases the other, which is constituted discursively in the play as
both woman and black.“21 Sowohl Othello als auch Desdemona weichen, so Newman, ab
von den Normen eines „sex/race system in which they participate from the margins“22.
Newmans These, die Vereinigung Desdemonas und Othellos rufe gleichzeitig die Furcht
Venedigs vor der weiblichen Sexualität und vor Rassenmischung hervor, wird von
Loomba weiter ausgeführt: [T]he ‚central conflict‘ of the play […] is neither between white and black alone, nor merely
between men and women – it is both a black man and a white woman. But these two are not simply aligned against white patriarchy, since their own relationship cannot be abstracted from sexual or racial tension.23
Neueste Publikationen, wie beispielsweise Ian Smiths „Othello’s Black
Handkerchief“24, schlagen neue Richtungen in bestehenden Diskussionen vor. So stellt
Smith in seinem Essay die These auf, Desdemonas Taschentuch sei nicht weiß, sondern
schwarz. Damit stellt sich Smith explizit gegen die allgemein anerkannte Deutung eines
weißen, mit Erdbeeren bestickten Taschentuchs als Visualisierung der Hochzeitslaken25.
„[B]lack silk“ visualisiere zugleich „the process of inventing and manufacturing the
theatrical black body“26 sowie die „abject notion of a black man as a thing“27. Auch in
Smiths Essay lassen sich Untertöne des Sartre’schen Existenzialismus vernehmen. So
erinnert die metatheatralische Bedeutung des Taschentuchs bei Smith an Sartres Diskurs
19 Drakakis, John: Shylock, Morocco, Othello: On Representing the Shakespearean Intertext. In: Ahrens, Rüdiger (Hg.): The Construction of the Other in Early Modern Britain: Attraction, Rejection, Symbiosis. Heidelberg 2013. S. 109-122. 20 Loomba: Shakespeare, Race, and Colonialism. S. 97. 21 Newman: Femininity and the Monstrous in Othello. S. 49. 22 Ibid., S. 52. 23 Loomba: Sexuality and Racial Difference. S. 172. 24 Smith, Ian: Othello’s Black Handkerchief. In: Shakespeare Quarterly 64.1 (2013). S. 1-25. 25 Vgl. z.B. Boose, Lynda E.: Othello’s Handkerchief: „The Recognizance and Pledge of Love“. In: English Literary Renaissance 5.3 (1975). S. 360-374. 26 Smith: Othello’s Black Handkerchief. S. 22. 27 Ibid., S. 23.
7
über die Erschaffung von Rollen zur Rechtfertigung der eigenen Existenz und den damit
einhergehenden Begriff der attitude de mauvaise foi, während die bereits erwähnte
Verdinglichung der Figur Othellos an Sartres Begriff des objektivierenden Blicks des
anderen denken lässt. Diese beiden Themenbereiche der Sartre’schen Philosophie
nehmen auch in Forschungsbeiträgen zu Kean eine zentrale Rolle ein.
Innerhalb der Sartre-Forschung kristallisieren sich im Wesentlichen Francis
Jeansons Sartre par lui-même28 von 1955 und Robert Lorris’ Sartre dramaturge29 als
richtungsweisende Beiträge zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Drama
Kean heraus. Jeanson beschäftigt sich innerhalb seines Werks unter anderem mit dem
Sartre’schen Theater als „dénonciation du théâtral“30. Die Figur des Bastards sei, so
Jeanson, „le personnage par excellence de ce théâtre“31, da er, „par la contestation qui
d’emblée pèse sur lui“32, prädisponiert sei, die dem Menschen inhärente Distanz zu sich
selbst und das daraus resultierende Spielen von Rollen wahrzunehmen. Hierbei
identifiziert Jeanson Sartre klar mit der Figur Keans. Denn der Mythos des Schauspielers
„qui ne cesse de jouer, qui joue sa vie même, ne se reconnait plus, ne sait plus qui il est“
sei ebenfalls der Mythos „de l’Intellectuel, - tout ensemble bâtard, traître et comédien“.33
Catharine Savage Brosmans Analyse von Kean als autobiographisches Werk und
gesellschaftskritisches Unternehmen Sartres baut auf dieser Begriffsgleichsetzung auf.34
Im Rahmen dieser Arbeit scheint es interessant zu erwähnen, dass Jeanson auch
Außenseitertypen wie die Figur des Juden oder des Schwarzen als „bâtards“ und „traîtres“
im Sartre’schen Sinne bezeichnet.35 Hierbei geht Jeanson auf den historischen Kean ein,
der besonders durch seine Darstellung des Shylock als Außenseiter zu größerer
Bekanntheit gelangte. Auf Sartres Verarbeitung des Othello-Stoffes in Kean geht Jeanson
hingegen nicht ein.
Robert Lorris wählt für seine Analyse den expliziten Vergleich zwischen Sartres
Adaption und Dumas’ Original. Dabei hebt er vor allem die Sonderstellung der Figur
28 Jeanson, Francis: Sartre par lui-même. Paris 1959. 29 Lorris, Robert: Sartre dramaturge. Paris 1975. 30 Jeanson: Sartre par lui-même. S. 105. 31 Ibid., S. 105. 32 Ibid., S. 84. 33 Ibid., S. 79. 34 Vgl. Savage Brosman, Catharine: Sartre’s Kean and Self-Portrait. In: The French Review 55.7 (1982). S. 109-122. 35 Vgl. Jeanson: Sartre par lui-même. S. 93.
8
Anna Dambys als Verkörperung der attitude de bonne foi bei Sartre hervor.36 Sartres
Modifikationen sieht er in der Autorintention begründet. Während Dumas den Fokus auf
„la condition de l’artiste dans un monde qui le méconnait“ lege, widme sich Sartre dem
„conflit plus aigu entre l’illusion et la réalité, le jeu et l’authenticité“.37
Robert Nelson38 legt, ebenso wie Jeanson, den Fokus auf Sartes philosophische
Überlegungen, identifiziert den Autor jedoch nicht mit dem Protagonisten seines Dramas
und kommt zu dem Ergebnis, Kean sei „incapable of the duplicity which […] Sartre […]
recognizes as essential to the esthetic art“39. Damit steht er den Überlegungen Jeansons
diametral gegenüber, denn dieser sieht Kean als Inbild des „Bâtard conscient“40, den sein
Status als Außenseiter dazu befähigt, das dem menschlichen Dasein inhärente Rollenspiel
als solches zu erkennen. Auch Lorris sieht in Keans Schauspielerdasein gleichzeitig die
Begründung seiner Entfremdung und „le moyen qu’il possède de se libérer de cette
aliénation“41. Er widerspricht damit Nelsons These, Sartres Kean sei „prepared […] to
give up the stage“ für eine Existenz als „M. Edmond, jeweler“42.
Karin Schöpflin43 analysiert Sartres Dumas-Adaption im Hinblick auf die
Identitätskrise des Protagonisten, die, so Schöpflin, aus dessen Unfähigkeit resultiert, die
Bühnenwelt von der Realität zu unterscheiden. Denkt man in diesem Zusammenhang an
Shakespeares Othello, so ergibt sich eine mögliche Parallele zwischen den Titelhelden
beider Dramen. Denn auch Othello ist nicht fähig, die von Iago erzeugten Illusionen von
der Wirklichkeit zu unterscheiden.
3. Othello und Kean als existentielle Außenseiter
Hans Mayer unterscheidet in seinem Werk Außenseiter zwischen intentionellen
und existentiellen Außenseitern. Er trifft diese Unterscheidung unter Heranziehung des
36 Lorris: Sartre dramaturge. S. 294-295.37 Ibid., S. 300-301. 38 Vgl. Nelson, Robert J.: Play within a Play. The Dramatist’s Conception of his Art: Shakespeare to Anouilh. New Haven, Paris 1958. S. 100-114. 39 Ibid., S. 108-109. 40Jeanson: Sartre par lui-même. S. 88. 41 Lorris: Sartre dramaturge. S. 303. 42 Nelson: Play within a Play. S. 103-106. 43 Schöpflin, Karin: Theater im Theater. Formen und Funktionen eines dramatischen Phänomens im Wandel. Frankfurt a.M. u.a. 1993. S. 363-373.
9
antiken griechischen Theaters. Mayer identifiziert Helden der antiken griechischen
Komödie als „willentliche Einzelgänger“, wohingegen der Tragödienheld, der „die
tragische und unlösbare Konstellation nicht eigentlich gewollt“ hat, laut Mayer eine
Vorform des existentiellen Außenseiters darstellt.44 Den dramatischen
Außenseiterfiguren der Renaissance räumt Mayer innerhalb seiner Überlegungen einen
besonderen Platz ein. Ihnen allen gemeinsam sei die Tatsache, dass sie „Fremdheit in der
bestehenden Gemeinschaft“ repräsentieren und damit nicht durch andere, sondern „durch
Ihresgleichen“ verurteilt werden.45 Allerdings müsse auch bei diesen „Figuren der
Grenzüberschreitung“46 unterschieden werden zwischen der intentionellen und der
existentiellen Grenzüberschreitung. Wenn die Grenzüberschreitung „durch das
Geschlecht, die Abkunft, die körperlich-seelische Eigenart“ von Geburt an auferlegt sei,
dann werde „die Existenz selbst zur Grenzüberschreitung“47. Diese Entdeckung eines in
die Wiege gelegten existentiellen Außenseitertums schreibt Mayer dem elisabethanischen
Zeitalter, insbesondere Christopher Marlowe und William Shakespeare, zu.
Zwei Charakteristika scheinen für Mayers Figur des existentiellen Außenseiters
konstitutiv: zum einen wird ihm das ihn abgrenzende Merkmal auferlegt, zum anderen
wird er nicht durch eine ihm entgegengesetzte Instanz verurteilt, sondern durch die
Gesellschaft, in welcher er lebt. Der permanente Zustand des existentiellen Außenseiters
scheint jedoch unklar. Er überschreitet, so Mayer, die Grenze, die ihn von der Gesellschaft
trennt, nicht vorsätzlich, sondern seine Existenz als solche ist die Grenzüberschreitung.
An dieser Stelle kommt unweigerlich die Frage auf, ob sich der existentielle Außenseiter
folglich in einer Art dynamischen Zustand der permanenten Grenzüberschreitung
befindet und inwieweit sich dieser von einer definitiven, intentionellen
Grenzüberschreitung unterscheidet.
Othello und Kean können zunächst insofern als existentielle Außenseiter
interpretiert werden, als beiden Figuren ihr Außenseitertum auferlegt ist. In Othellos Fall
ist es seine äußere Erscheinung, genauer gesagt seine Hautfarbe, und die damit
verbundenen religiösen und ethnischen Implikationen, die ihn zum Außenseiter machen.
44 Mayer: Außenseiter. S. 14. 45 Vgl. Ibid. 46 Ibid., S. 17. 47 Ibid., S. 18.
10
In Keans Fall ist es seine „naissance illégitime“48, die ihn zu einem „natural social
outcast“49 macht. Der Außenseiterstatus von Othello, der innerhalb des Stücks explizit als
„extravagant and wheeling stranger“50 bezeichnet wird, wird vor allem durch die Figur
der Desdemona deutlich, die in Othello als Ehemann „the suitor most alien to her [...] in
age, breeding, class, and ‚complexion‘“51 wählt.
Durch ihresgleichen verurteilt werden Kean und Othello insofern, als dass sie
aufgrund ihrer Andersartigkeit nicht als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft
angesehen werden. So wird Kean vom Compte de Kœfeld zur Abendgesellschaft nicht
als Gast, sondern in seiner Funktion als Schauspieler und Unterhalter eingeladen:
„Invité... Invité... Est-ce qu’on invite ces gens-là? Disons que je me suis assuré les
services d’un bouffon.“52 Othellos Verurteilung durch die Gesellschaft zeigt sich in
ähnlicher Weise anhand der Figur Brabantios: OTHELLO. Her father loved me, oft invited me, Still questioned me the story of my life From year to year - the battles, sieges, fortunes That I have passed.53
Brabantios in diesem Kontext folgewidrig erscheinender Zorn über die Heirat
zwischen Desdemona und Othello sowie die Tatsache, dass er Othello als Ehemann seiner
Tochter nicht nur ablehnt, sondern die Vereinigung darüber hinaus als „[a]gainst all rules
of nature“54 bezeichnet, zeigen, dass auch er Othello zuvor nicht als Freund und
Gleichgestellten, sondern in seiner Rolle als General und Geschichtenerzähler zu sich
eingeladen hat. Othello wird demnach in seiner militärischen Funktion von der
venezianischen Gesellschaft geschätzt, genießt innerhalb dieser Gesellschaft als Mensch
jedoch nicht den Status eines vollwertigen Mitglieds. Ebenso wird Kean von der
Gesellschaft in seiner Funktion als Schauspieler gefeiert, außerhalb des Theaters jedoch
für seine Herkunft verachtet. Dass Kean kein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft ist,
48 Gaulmier, Jean: Un cas privilégié de signification sociale du théâtre: du ‚Kean‘ d’Alexandre Dumas au ‚Kean‘ de Sartre. S. 254.49 O’Donohoe: Sartre’s Theatre. S. 174. 50 Shakespeare, William: Othello. Hg. von E. A. J. Honigman. 3. überarb. Aufl. London u.a. 2016. S. 129. 51 Fiedler: The Stranger in Shakespeare. S. 141. 52 Dumas, Alexandre: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. 11. Aufl. Paris 1954. I.3, S. 23. Die vorliegende Ausgabe verfügt nicht über Zeilenangaben. 53 Shakespeare: Othello. I.3.129-132, S. 147. 54 Ibid., I.3.102, S. 145.
11
zeigt sich auch an der Verwendung von Personalpronomen im Stück: „Kean, penses-tu
que nos femmes puissent tenir à vous pour de bon?“55
3.1. Eine Dynamik der permanenten Grenzüberschreitung
Der beiden Figuren zugrundeliegende Dualismus, von der Gesellschaft zugleich
geachtet und verurteilt zu werden, schafft innerhalb der Dramen eine Art Dynamik der
permanenten Grenzüberschreitung. Othello ist zugleich christlicher General und „erring
barbarian“56, Kean wird auf der Bühne gefeiert, jenseits dieser ist er ein „saltimbanque“57.
Hierbei handelt es sich allerdings nicht um ein ausgeglichenes Verhältnis, denn sowohl
Othello als auch Kean können die Achtung der Gesellschaft verlieren, sobald sie ihre
Funktion innerhalb dieser nicht mehr erfüllen. Die Verachtung der Gesellschaft erfahren
sie jedoch aufgrund eines unveränderlichen Umstands.
Othello wird von Venedig zur Verteidigung „[a]gainst the general enemy
Ottoman“58 engagiert. Er genießt folglich innerhalb der venezianischen Gesellschaft nur
Ansehen, „as long as he is useful“.59 Dies zeigt sich unter anderem darin, welche
Bezeichnung für Othello gewählt wird. So bezeichnen die anderen Figuren des Dramas
Othello als ‚Mohren‘, wenn sie über ihn sprechen, und nennen ihn bei seinem Namen,
wenn sie mit ihm sprechen. In der dritten Szene des ersten Aktes kündigt einer der
Senatoren die Ankunft von „Brabantio and the valiant Moor“ an, der Fürst begrüßt
Othello jedoch als „[v]aliant Othello“60. Innerhalb derselben Szene spricht später auch
der Senator Othello mit seinem Namen61 an. Die Verwendung seines Namens in seiner
Anwesenheit und das Zurückgreifen auf eine kategoriale Bezeichnung in seiner
Abwesenheit machen deutlich, dass Othello trotz seines Wertes als General von den
anderen Figuren nicht als Individuum, sondern als Ding, als „representation of an idea of
the Moor“62 gesehen wird. Als vermeintlich ebenbürtig wird der ‚Mohr von Venedig‘,
55 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. II.2, S. 68. Hervorhebungen im Text.56 Shakespeare: Othello. I.3.356, S. 162. 57 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. III.7, S. 111. 58 Shakespeare: Othello. I.3.50, S. 142. 59 Heller, Agnes: The Absolute Stranger: Shakespeare and the Drama of Failed Assimilation. In: Critical Horizons 1.1 (2000). S. 150. 60 Shakespeare: Othello. I.3.48-49, S. 142. 61 Ibid., I.3.111, S. 146. 62 Loomba: Shakespeare, Race, and Colonialism. S. 92.
12
„who cannot fully become a part of Venice“63, nur solange behandelt, wie er in seiner
Funktion als General militärisch nützlich ist.
Auch Kean genießt innerhalb der Gesellschaft nur solange Ansehen, wie er seine
Rolle als Schauspieler erfüllt. Dies zeichnet sich am deutlichsten im vierten Akt ab, als
Kean die Illusion des Spiels im Spiel bricht und sich, aus seiner Rolle als Othello und als
Schauspieler heraustretend, dem Publikum als der Mensch Kean zeigt: „Oui, voilà
l’homme. Regardez-le. Vous n’applaudissez pas? (Sifflets.)“64. Kean wird von seinem
Publikum ausgepfiffen und als „[c]abotin“65 beschimpft. Er wird von den anderen nicht
als Individuum, sondern als Objekt, als „gloire nationale“66 wahrgenommen. Innerhalb
dieser Rolle ist es ihm untersagt, „pour de vrai“67 zu existieren. Seine an das fiktive
Theaterpublikum gerichtete Bemerkung, „Qu’est-ce qui vous fâche? Vous avez payé pour
voir du sang et vous voulez voir du sang: c’est ça?“68, ist insofern interessant, als sie auch
von Othello stammen könnte. Dieser wird in den Dienst Venedigs gestellt, „to fight with
the Turks and risk his life“69, den einzigen ‚Eindringling‘, den er im Stück jedoch
tatsächlich tötet, ist er selbst. Othellos Geschichte vom Totschlag eines „malignant and
turbaned Turk“70 in Aleppo, die er unmittelbar vor seinem Selbstmord erzählt, legt nahe,
dass seine Selbsttötung eine Art letzter Akt der Pflichterfüllung gegenüber dem Staate
von Venedig darstellten könnte. Das ‚Blut‘, das man von Kean sehen möchte, ist figurativ
zu verstehen. Es handelt sich um „sang de poulet“71, um eine Theaterillusion. Von Kean
wird also die Aufrechterhaltung einer permanenten Illusion erwartet: „Kean le Comédien
[...] est transformé en apparence; à ses dépens, les gens sérieux se distraient: par son
intermédiaire, [...] ils accèdent magiquement à l’héroïsme [...] et [...] ils caressent le Mal
[...] en toute irréalité, en toute innocence.“72
Othello und Kean werden beide von der Gesellschaft verdinglicht und auf ihre
Funktion innerhalb dieser reduziert. Der Umstand, dass Kean und Othello dabei weder
der Gesellschaft, noch der Kategorie des Anderen ganz zugeordnet werden können,
63 Loomba: Shakespeare, Race, and Colonialism. S. 94.64 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.13, S. 166. Hervorhebungen im Text. 65 Ibid., IV.13, S. 166. 66 Ibid., II.2, S. 64. 67 Ibid., II.2, S. 65 68 Ibid., IV.13, S. 163. 69 Heller: Shakespeare and the Drama of Failed Assimilation. S. 150. 70 Shakespeare: Othello. V.2.351, S. 335. 71 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.13, S. 163. 72 Jeanson: Sartre par lui-même. S. 78.
13
versetzt sie in eine Art Zustand der permanenten Oszillation zwischen Akzeptanz und
Verurteilung. Indessen scheinen beide Figuren jedoch der Illusion verfallen, es sei ihnen
möglich, ein Teil genau der Gesellschaft zu werden, durch welche sie verurteilt werden.
3.2. Desdemona und Eléna: Zugehörigkeit als Illusion
Francis Jeanson argumentiert, die Sartre’sche Figur des „bâtard conscient“
verspüre ein starkes Bedürfnis, geliebt zu werden, wenngleich sie wisse, dass die Liebe
der anderen sich nicht an sie als konkrete Person, sondern an sie als Objekt ihrer „pitié“
richte.73 Jeanson stellt diese These natürlich im Zusammenhang mit Kean und Sartres
Theater im Allgemeinen auf, der Begriff der „pitié“ lässt jedoch zunächst an Othellos
Beschreibung der Liebe zwischen ihm und Desdemona denken: „She loved me for the
dangers I had passed / And I loved her that she did pity them“74. Othello ist zwar kein
Bastard im wörtlichen Sinne, Jeanson versteht jedoch auch die Figur des Schwarzen
aufgrund einer von Geburt an auferlegten „double appartenance sociale“75 als
Bastardfigur. Dass Desdemonas Liebe zu Othello sich in der „story“76 seiner
abenteuerlichen Vergangenheit begründet, ist hierbei entlarvend dafür, dass auch sie
Othello verdinglicht und als Repräsentation einer Idee liebt. Othello selbst wird dadurch
auf die Rolle eines (ersetzbaren) Vermittlers reduziert: OTHELLO. She thanked me And bade me, if I had a friend that loved her, I should but teach him how to tell my story And that would woo her.77
Desdemona verliebt sich nicht in den Menschen Othello, sondern „in das Bild
vom exotischen und geheimnisvollen Othello“78. Sie liebt Othello demnach scheinbar
nicht ungeachtet, sondern wegen seiner Andersartigkeit und wird damit zur „Komplizin
des abendländischen Ethnozentrismus und Rassismus“79, der auch die Grundlage für die
Verurteilung Othellos durch Brabantio und die anderen Figuren bildet.
73 Vgl. Jeanson: Sartre par lui-même. S. 88. 74 Shakespeare: Othello. I.3.168-169, S. 149. 75 Jeanson: Sartre par lui-même. S. 93. 76 Shakespeare: Othello. I.3.130, S. 147. 77 Ibid., I.3.164-167, S. 149. 78 Schabert, Ina (Hg.): Shakespeare Handbuch. 5. durchges. und überarb. Aufl. Stuttgart 2009. S. 543. 79 Ibid.
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Desdemona stellt in vielerlei Hinsicht das weibliche Ideal Venedigs dar. So
beschreibt Cassio sie beispielsweise als „a most exquisite lady [...] yet [...] quite
modest“80. Othellos Vermählung mit ihr kann insofern auch als Versuch Othellos, sich
vollkommen in die sozialen Strukturen Venedigs zu integrieren, angesehen werden. Die
Tatsache, dass „the fortunes of the Moor“81 nach dessen Tod in den Besitz Gratianos,
Brabantios Bruder, übergehen, zeigt, dass er dies zumindest teilweise auch schafft.82 Dass
er Brabantio jedoch nicht um die Hand Desdemonas bittet, kann als Indiz dafür gesehen
werden, dass Othello entweder den Verhaltenskodex Venedigs nicht vollständig kennt,
oder sich in seinem Inneren zumindest zu einem bestimmten Grad darüber bewusst ist,
dass er zwar als General von den Venezianern, nicht jedoch als Ehemann ihrer Töchter
akzeptiert wird. Dies deutet auf Othellos „buried perception of his own sexual relations
with Desdemona as adulterous“83 hin.
Keans Beziehung zu Eléna weist bei genauer Betrachtung eine ähnliche Struktur
auf. Seine zahlreichen Affären stellen für ihn zunächst eine Möglichkeit dar, sich für die
soziale Ausgrenzung, die er durch die Gesellschaft erfährt, zu rächen84: „Quels droits
m’a-t-on laissés? [...] [J]e ne suis un homme que dans le lit de vos femmes, c’est dans
leur lit que je suis votre égal.“85 Rein theoretisch könnte diese Aussage auch von Othello
stammen. Keans Verlangen nach einer Affäre mit Eléna wird in gewisser Weise jedoch
auch von dem Drang angetrieben, eine echte Tat zu vollbringen und dadurch von der
Gesellschaft als ebenbürtiges Mitglied anerkannt zu werden: „[J]e suis faux prince, faux
ministre, faux général. [...] Comprenez-vous que je veuille peser de mon vrai poids sur le
monde?“86 Auch die Figur des Prince de Galles bemerkt, dass die Liebe zu Eléna in Keans
Wunsch nach Zugehörigkeit gründet: „[C]’est nous que tu poursuis en Eléna, nous les
vrais hommes. (Il rit.)“87. Jedoch verraten auch hier erneut die Personalpronomen, sowie
die implizite Bezeichnung Keans als faux homme, als Trugbild, dass Kean in seinem
Glauben, Teil der Gesellschaft werden zu können, einer Illusion verfallen ist.
Aufschlussreich ist in diesem Kontext auch das Lachen des Prince de Galles, das Louise
80 Shakespeare: Othello. II.3.18-23, S. 188.81 Ibid., V.2.364, S. 336. 82 Vgl. Bartels, Emily C.: Speaking of the Moor. From Alcazar to Othello. Philadelphia 2008. S. 3. 83 Greenblatt: Renaissance self-fashioning. S. 233. 84 Vgl. Jeanson: Sartre par lui-même. S. 96. 85 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. II.2, S. 65. 86 Ibid., II.2, S. 64-65. 87 Ibid., II.2, S. 67. Hervorhebungen im Text.
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Fiber Luce als „didascalic sign of laughter-as-power“88 beschreibt und das sich dem
zwanghaft erscheinenden Lachen Keans gegenüberstellt: „riant avec effort“89, „Kean
reprend de l’assurance puis il éclate de rire“90.
In Keans und Othellos Glauben, ein vollwertiges Mitglied ihrer Gesellschaft
werden zu können, offenbart sich ein erstes Indiz dafür, dass die produktive Rezeption
von Othello in Kean dahingehend interpretiert werden kann, dass Othello eine Spiegelung
der Figur Keans darstellt. Innerhalb des Stücks trifft Kean wiederholt Aussagen nicht in
seiner Rolle als Othello, sondern als der Mensch Kean, die aber ebenso von Othello
stammen könnten, was die Grenze zwischen Illusion und Realität in Kean fast komplett
verschwimmen lässt.
4. Othello und Kean als Konvergenzpunkte multipler
Identitäten
Weder Othello, noch Kean scheinen Realität und Illusion trennen zu können. In
Othello manifestiert sich dies anhand von Othellos Unvermögen, die von Iago
gesponnene Intrige als solche zu durchschauen. In Keans Fall zeigt sich dies deutlicher,
nicht zuletzt, weil er in seiner Rolle als Schauspieler in gewisser Weise den
Konvergenzpunkt zwischen Wirklichkeit und Theaterillusion darstellt. Seine
Unfähigkeit, die beiden Sphären voneinander zu trennen, zeigt sich deutlich in seiner
Aussage über das Schauspielerdasein: „On ne joue pas pour gagner sa vie. On joue pour
mentir, pour se mentir, pour être ce qu’on ne peut pas être et parce qu’on en a assez d’être
ce qu’on est.“91 Für Kean scheint das Theater eine Möglichkeit darzustellen, seiner
illegitimen Geburt zu entkommen. Er kann durch seine Rollen das sein, was er in
Wirklichkeit nicht ist. Dies führt, so Karin Schöpflin, dazu, dass Kean ständig spielt:
„Den Menschen Kean gibt es deshalb nicht, Kean ist ein Nichts.“92
88 Fiber Luce, Louise: Alexandre Dumas’s Kean: An Adaptation by Jean-Paul Sartre. In: Modern Drama 28.3 (1985). S. 359.89 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. II.2, S. 58. Hervorhebungen im Text. 90 Ibid., II.2, S. 70. Hervorhebungen im Text 91 Ibid., II.3, S. 81. 92 Schöpflin: Theater im Theater. S. 364.
16
Das Rollenspiel zwischen Anna und Kean in der dritten Szene des zweiten Aktes
wird durch Keans Regieanweisungen ständig unterbrochen. Anna weiß dadurch nicht
mehr, ob Kean spielt oder nicht: „Vous me le dites pour de vrai ou c’est dans votre
rôle?“93 Auch Kean kann das eine vom anderen schließlich nicht mehr unterscheiden: „Je
joue, je ne joue pas: je n’en sais rien.“94 Die Szene verdeutlicht, dass die Grenze zwischen
Realität und Scheinwelt für Kean nicht klar markiert und daher nicht lokalisierbar ist.
Diese Existenz als Schauspieler „qui ne cesse de jouer, qui joue sa vie même“95 führt zu
einem völligen Identitätsverlust, nicht zuletzt, weil Kean außerhalb des Theaters
weiterhin als Bastard wahrgenommen wird. So lehnt es Lord Mewill aufgrund von
Standesunterschieden ab, sich mit Kean zu duellieren: „un pair d’Angleterre ne peut pas
se battre avec un saltimbanque“96. Catharine Brosman argumentiert in diesem Kontext
überzeugend, die Frage nach Keans Identität hänge maßgeblich davon ab, wer sie
beantworte.97 In den Augen seines Publikums ist Kean „Hamlet, Romeo, or Othello“,
gleichzeitig ist er ein Außenseiter, „since he is a bastard, as well as an actor“.98 Kean
selbst vereint in sich zugleich die Identität des „grand Kean“99 und des „saltimbanque“100,
sowie die von ihm internalisierten Rollenerwartungen101 der Gesellschaft an ihn.
Brosmans These trifft in gewisser Weise auch auf Othello zu. Othello wird von
den Venezianern zugleich als „erring barbarian“102 und „noble Moor“103 charakterisiert,
er tritt als „a most dear husband“104 und als Desdemonas Mörder105 in Erscheinung. Im
Verlauf der Dramenhandlung wird darüber hinaus deutlich, dass Othello, durch das
Adoptieren von „roles that are recognizably Venetian“106 genau die Vorurteile
verinnerlicht, die man gegen ihn als Außenseiter hegt:
93 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. II.3, S. 84. 94 Ibid., II,3. S. 87. 95 Jeanson: Sartre par lui-même. S. 79. 96 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. III.7, S. 111. 97 Vgl. Brosman: Sartre’s Kean and Self-Portrait. S. 111. 98 Ibid. 99 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. V.2, S. 178. 100 Ibid., III. 7, S. 111. 101 Vgl. Schöpflin: Theater im Theater. S. 365. 102 Shakespeare: Othello. I.3.356, S. 162. 103 Ibid., IV.1.265, S. 275. 104 Ibid., II.1.289, S. 185. 105 Vgl. Ibid., V.2.163, S. 322. 106 Drakakis: On Representing the Shakespearean Intertext. S. 119.
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OTHELLO. Her name, that was as fresh As Dian’s visage, is now begrimed and black As mine own face.107
Diese Gleichsetzung von äußeren und inneren Qualitäten drängt Othello „towards
a mistaken self-imagining that blackens his name and nature to match his skin“108 und
verdeutlicht das Spannungsverhältnis zwischen adoptierter und verborgener109 Identität.
Auch Othello kann seine Herkunft, die ihn als Außenseiter markiert, nicht ablegen. Der
Kampf Venedigs gegen den Ottomanen wird dadurch zu einem inneren Kampf Othellos
gegen sich selbst. John Drakakis beschreibt Othello in diesem Zusammenhang als
„tragedy in which the two opposing forces are internalised in the very being and
psychology of the hero“110. In Shakespeares Drama sind es dabei vor allem die Illusionen
Iagos, der im Stück „die Rolle des Autors und Regisseurs“111 einnimmt, die die Grenze
zwischen Realität und Illusion für Othello verschwimmen lassen. Othello durchläuft „a
series of transformations [...], some of which exist only in the imagination that Iago
feeds“112. So ist Othello faktisch ein anerkannter General, der gehörnte Ehemann, für den
er sich hält, ist jedoch ein Trugbild. Da er die Sichtweise des venezianischen Patriarchats
einnimmt, kann Othello allerdings nicht erkennen, dass auch Desdemona und die anderen
Frauenfiguren des Dramas Außenseiter darstellen. Indem er sich die misogynen
Ansichten Iagos einverleibt, ist er gleichzeitig gezwungen, rassistische Ansichten gegen
seine eigene Person zu übernehmen.113 Othellos völliger Identitätsverlust, der sich in der
Textpassage „That’s he that was was Othello? here I am.“114 andeutet, ergibt sich damit
aus einer gleichzeitigen Verkörperung antagonistischer Identitäten.
Sowohl Kean, als auch Othello vereinen in ihrem Inneren mehrere und zum Teil
unvereinbare Identitäten, was letztendlich zu einem gänzlichen Verlust von Identität
führt. Dass ihnen die Bildung einer stabilen Identität hierbei gänzlich unmöglich ist,
verdeutlicht sich anhand der Ambiguität der Außenseiterfigur in beiden Texten.
107 Shakespeare: Othello. III.3.389-391, S. 238.108 Marcus, Leah S.: The two texts of ‚Othello‘ and early modern constructions of race. In: Erne, Lukas; Kidnie, Margaret J.: Textual Performances: The Modern Reproduction of Shakespeare’s Drama. New York 2004. S. 31 109 Vgl. Greenblatt: Renaissance self-fashioning. S. 245. 110 Drakakis: On Representing the Shakespearean Intertext. S. 120. 111Schabert (Hg.): Shakespeare-Handbuch. S. 540. 112 Drakakis: On Representing the Shakespearean Intertext. S. 120. 113 Vgl. Loomba: Shakespeare, Race, and Colonialism. S. 91. 114 Shakespeare: Othello. V.2.281, S. 330.
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4.1. Die Ambiguität der Außenseiterfigur
Bevor sie die Bühne zum ersten Mal betreten, werden beide Figuren innerhalb der
Exposition explizit-figural115 durch Fremdkommentare charakterisiert. Iago
charakterisiert Othello in der ersten Szene des ersten Akts als einen arroganten General
„loving his own pride and purposes“, dessen ausgeschmückte Reden nichts Anderes als
leere Rhetorik, „a bombast circumstance“, darstellen.116 Im folgenden Dialog mit
Brabantio bezeichnen Iago und Roderigo Othello weiter als „an old black ram“117,
„Barbary horse“118 und „lascivious Moor“119. Diese Fremdcharakterisierung basierend
auf vorwiegend sexuellen „prejudices against blacks in Elizabethan culture“120
kontrastiert hierbei stark zu Othellos erstem Auftritt in der darauffolgenden Szene, in
welcher er als Figur „reminiscent [...] of Christ, who [...] responds to [his arrest] with
openness and calm peacemaking“121 in Erscheinung tritt. Hierin verdeutlicht sich eine
perspektivische Spaltung, die die Ambiguität der Außenseiterfigur in Shakespeares
Othello verdeutlicht. Marianne Novy zeigt die Veränderlichkeit der Außenseiterposition
in Othello auf: [We] first see Othello as an outsider through Iago’s eyes, then see how he refutes Iago’s image, then how he gradually approaches it as Iago makes him see Desdemona as an outsider, then how he kills the outsider in himself while Iago is revealed to the other characters as the real moral outsider.122
Dies verdeutlicht auch die Komplexität der Figur Desdemonas, die wie Othello
als „paradoxical outsider“123 innerhalb der patriarchalischen Gesellschaft Venedigs
gesehen werden kann. Desdemona wird einerseits als passives und liebenswürdiges
Wesen - „a white ewe“124 -, andererseits aber als Aufständische gesehen, deren
Vereinigung mit einem Fremdling „a gross revolt“125 darstellt. Dieser Umstand schafft
eine besondere Verbindung zwischen Othello und Desdemona, die sich besonders in
115 Pfister, Manfred: Das Drama. Theorie und Analyse. München 1977. S. 251. 116 Vgl. Shakespeare: Othello. I.1.11-12, S. 120. 117 Ibid., I.1.87, S. 125. 118 Ibid., I.1.110, S. 127. 119 Ibid., I.1.124, S. 128. 120 Newman: Femininity and the Monstrous in Othello. S. 45. 121 Novy, Marianne: Shakespeare and Outsiders. Oxford 2013. S. 89. 122 Ibid., S. 88. 123 Ibid., S. 105. 124 Shakespeare: Othello. I.1.88, S. 126. 125 Ibid., I.1.132, S. 128.
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Desdemonas „song of ‚willow‘“126 verdeutlicht. Das Dienstmädchen Barbary, dessen
Geliebter „proved mad / And did forsake her“127, dient innerhalb der Dramenhandlung
als „antecedent for Desdemona“128. Gleichzeitig erinnert der Name Barbary nicht nur an
die Charakterisierung Othellos als „Barbary horse“, sondern legt auch nahe, dass das
Dienstmädchen selbst dunkelhäutig gewesen sein könnte.129 Damit hebt sich die sichtbare
Andersartigkeit zwischen Othello und Desdemona auf. Dies verdeutlicht sich auch in dem
Taschentuch, dessen magische Geschichte Othello als „cultural outsider“130 markiert und
nach der Hochzeit in Desdemonas Besitz übergeht, was folglich auch sie als Außenseiter
markiert.
Auch die Figur Keans wird zunächst durch andere Figuren fremdcharakterisiert.
Kean wird hierbei nicht anhand von charakterlichen Qualitäten, sondern durch seinen
Beruf und durch seine Rollen definiert. So beschreibt die Comtesse de Gosswill Kean als
„comédien“131 und „Don Juan“132. Kean ist, so argumentiert die Comtesse eine Art
Betrüger mit tausend Gesichtern, der lediglich das Kostüm wechselt: „Chaque soir il
quitte le manteau de Richard ou d’Henri pour courir les tavernes en costume de
matelot.“133
Während Othello, so erfahren wir von Iago, sich also durch Erzählungen und
elaborierte Reden in eine Art künstliches Gewand hüllt, trägt Kean ununterbrochen die
Kostüme seiner Rollen. Beide Figuren werden als künstliche Konstrukte charakterisiert,
die nicht das sind, was sie zu sein scheinen. In diesem Sinne verkörpern sie zugleich den
Körper des Schauspielers auf metatheatraler Ebene.
Sartre verdoppelt das metatheatrale Moment in Kean zusätzlich, da die
Lebenswirklichkeit der Figuren „in den gleichen Mechanismen der [...] Bühnenwelt“134
funktioniert und alle Figuren durch gesellschaftlich festgelegte Rollenerwartungen
126 Shakespeare: Othello. IV.3.26, S. 294.127 Ibid., IV.3.25-26, S. 294. 128 Chakravarty, Urvashi: More Than Kin, Less Than Kind. Similitude, Strangeness, and Early Modern English Homonationalisms. In: Shakespeare Quarterly 64.1 (2016). S. 27. 129 Ibid., S. 26. 130 Novy: Shakespeare and Outsiders. S. 98. 131 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. I.2, S. 17. 132 Ibid. 133 Ibid., I.2, S. 18. 134 Winter, Scarlett: Spielformen der Lebenswelt. Zur Spiel- und Rollenmotivik im Theater von Sartre, Frisch, Dürrenmatt und Genet. München 1995. S. 54.
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bestimmt werden. Auch Eléna entpuppt sich so durch ihr Geschlecht in gewisser Weise
als Außenseiter innerhalb einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft: Amy. Pensez donc! Aimer Kean. [...] Ces sortes de gens n’ayant pas d’accès dans nos salons... Eléna. [...] Amy, j’ai rencontré Monsieur Kean chez le Prince de Galles. Amy. Un prince peut se permettre des caprices...135
Eléna ist eine Affäre mit einem Schauspieler wie Kean in ihrer gesellschaftlichen
Rolle der Frau des Comte de Kœfeld untersagt. Obwohl Elénas Liebe zu Kean an und für
sich nicht echt ist, sondern auf romantischen Vorstellungen und Wünschen beruht, so
zeigt sich anhand des Gesprächs mit der Comtesse de Gosswill doch, dass es im Kern
auch die Idee, sich mit der Figur des Prince de Galles gleichzusetzen, ist, die Elénas auf
Kean projizierte Sehnsüchte anzutreiben scheint. Der Fächer, den Eléna in Keans
Garderobe liegen lässt, wird, ähnlich wie das Taschentuch in Othello, zum „ocular
proof“136 einer Affäre, die faktisch nie stattgefunden hat. Darüber hinaus wird das
Taschentuch in beiden Dramen zum Sinnbild der Künstlichkeit des Theaterkörpers.
4.2. Desdemonas Taschentuch
Der Fächer Elénas ist als Motiv bereits in Dumas’ Original vorhanden. Dass dem
Gegenstand innerhalb von Sartres Adaptation jedoch eine besondere und durchaus neue
Bedeutung zukommt, zeigt sich daran, dass er bereits in der zweiten Szene des ersten
Aktes für einen kurzen Moment im Mittelpunkt des Gespräches zwischen Eléna und der
Comtesse de Gosswill steht: AMY. Oh! le bel éventail! ELÉNA. C’est un cadeau. AMY. De qui? ELÉNA. D’un don Juan qui a eu mille femmes, d’un prodigue, d’un homme criblé de dettes... AMY. De... ELÉNA. Non, chère amie: du prince de Galles.137 Während in Dumas’ Original der Fächer, der von Eléna im vierten Akt in Keans
Garderobe vergessen und vom Comte de Kœfeld wenig später dort gefunden wird,
lediglich als ein die Dramenhandlung vorantreibendes Mittel zu funktionieren scheint,
wird in Sartres Kean anhand des Fächers bereits zu Beginn der Dramenhandlung die
135 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. I.2, S. 17. 136 Shakespeare: Othello. III.3.363, S. 236. 137 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. I.2, S. 19-20.
21
Doppelmoral der Gesellschaft, der Kean zum Opfer fällt, aufgezeigt. Eléna verwendet die
Charakterisierung Keans der Comte de Gosswill um den Prince de Galles zu beschreiben
und macht damit deutlich, dass der Prince de Galles und Kean sich nur innerhalb der
gesellschaftlichen Wahrnehmung voneinander unterscheiden.
Elénas Fächer kann zunächst insofern als produktive Rezeption von Desdemonas
Taschentuch gesehen werden, als beide Objekte zum Beweis einer irrealen Tat werden.
So glaubt der Comte de Kœfeld um eine Affäre zwischen Kean und Eléna zu wissen, als
er den Fächer in Keans Garderobe erblickt: LE COMTE, bas au Prince. Et vous croyez, Monsieur, qu’il était avec une femme? LE PRINCE, même jeu. J’en suis sûr... LE COMTE. Miss Anna, peut-être. LE PRINCE. C’est fort difficile à savoir... LE COMTE, apercevant l’éventail oublié par sa femme. Eh bien! je le saurai moi! Je vous en réponds. Il met l’éventail dans sa poche sans que le prince s’en aperçoive.138
Anhand der Regieanweisungen wird deutlich, dass der Prince de Galles und der
Comte de Kœfeld sich ihre Unwissenheit gegenseitig nur vorspielen. Das Erblicken des
Fächers in Keans Garderobe nimmt der Comte im fünften Akt zum Anlass, Kean zur
Rede zu stellen. Auch in dieser Szene scheint der visuelle Beweis allen anderen
Beweisformen übergeordnet. So besteht der Comte de Kœfeld darauf, die verhüllte Frau
zu sehen, die er Keans Haus mit eigenen Augen hat betreten sehen.139 Der sukzessive
Auftritt Annas, den der Comte de Kœfeld als Beweis akzeptiert, macht die Szene zu einer
Spiegelung der zweiten Szene des zweiten Aktes, in welcher Kean und der Prince de
Galles die verhüllte Frau, die Keans Garderobe betritt, für Eléna halten, obwohl es sich
auch hier um Anna handelt.140
Die Verwechselungsszenen erinnern an Descartes Idee der sens trompeurs,
welche sich auch in dem Motiv des Taschentuchs in Othello wiederfindet. So glaubt
Othello in der ersten Szene des vierten Akts den Beweis für Desdemonas Affäre mit
Cassio anhand von dessen Interaktionen mit Iago und Bianca zu sehen. Dass Othello
jedoch nicht die Wirklichkeit, sondern nur das sieht, was Iago möchte, das er sieht,
verdeutlicht sich in der darauffolgenden Interaktion zwischen den beiden Figuren, in
welcher Iago zwei Mal an Othellos visuelle Wahrnehmung der Szene appelliert:
138 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.6, S. 140. 139 Vgl. Ibid., V.7, S. 208. 140 Vgl. Ibid., II.2, S. 70.
22
IAGO. Did you perceive how he laughed at his vice? OTHELLO. Oh Iago! IAGO. And did you see the handkerchief? OTHELLO. Was that mine? IAGO. Yours by his hand[.] [Desdemona] gave it him, and he hath given it his whore.141
Besonders interessant scheinen in diesem Zusammenhang die Rollen, die Kean
und Othello aufgrund der sich ihnen offenbarenden visuellen Beweislage annehmen.
Othello nimmt die Rolle des Verteidigers einer „community of men“142 ein, was sich auch
darin zeigt, dass er Brabantios Vorhersage aus dem ersten Akt143 wieder aufklingen lässt:
„[S]he must die, else she’ll betray more men.“144 Kean hingegen scheint die Erkenntnis
darüber, dass der Comte de Kœfeld Elénas Fächer in seiner Garderobe gefunden haben
könnte, zum Anlass zu nehmen, den romantischen Helden zu spielen: KEAN. L’éventail!... Si c’était le comte qui l’avait trouvé!... Mais oui! Mais c’est l’évidence! Il l’a trouvé. Il l’a trouvé quand elle était dans ma loge. A cette heure, soupçonnée, accusée, déchirée peut-être, elle m’appelle à son secours... Salomon! Salomon!... SALOMON, apparaissant. Maître? KEAN. Fais mettre les chevaux à la voiture!145
Othello und Kean werden in diesem Sinne gleichermaßen durch ihnen auferlegte
Rollenmuster gesteuert. Die Künstlichkeit des Theaterköpers, die Kean auf metatheatraler
Ebene verkörpert, zeigt sich im vierten Akt anhand des Taschentuchs, mit welchem Kean
sich die Theaterfarbe aus dem Gesicht entfernt. Dieses Taschentuch kann ebenfalls als
produktive Rezeption des Taschentuchs aus Othello verstanden werden.
In Othello erhalten wir zunächst durch die Figur Emilias Informationen über den
symbolischen Gehalt des Objektes: „[Desdemona] so loves the token [...] / That she
reserves it evermore about her / To kiss and talk to.“146 Desdemonas Übertragung ihrer
Liebe zu Othello auf das Taschentuch macht das Objekt zu einer Art Metonymie147. Das
Taschentuch steht repräsentativ für die Figur Othellos, die in diesem Sinne mit dem
Objekt untrennbar verbunden ist. Ian Smith argumentiert hier, die Beschreibung des
Taschentuchs als „dyed in mummy“148 verweise auf „the process of dyeing cloth“149 und
141 Shakespeare: Othello. IV.1.168-174, S. 269. 142 Novy: Shakespeare and Outsiders. S. 98. 143 Shakespeare: Othello. I.3.293-294, S. 158. 144 Ibid., V.2.6, S. 310. 145 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. V.2, S. 181. 146 Shakespeare: Othello. III.3.297-300, S. 231. 147 Smith: Othello’s Black Handkerchief. S. 14. 148 Shakespeare: Othello. III.4.76, S. 249. 149 Smith: Othello’s Black Handkerchief. S. 16.
23
auf „the black, pitchy substance known as bitumen“150. Auf metatheatraler Ebene
verdeutliche die visuelle Identifizierung des Taschentuchs mit dem Körper Othellos
dadurch „the process of inventing and manufacturing the theatrical black body“151. Damit
findet eine Art Verdopplung hinsichtlich der Verdinglichung Othellos statt. Othellos
Verdinglichung findet nicht nur durch die Figuren innerhalb des Stücks statt152, sondern
auch auf metatheatraler Ebene. Dies führt uns zu Sartres Kean und der Theaterszene des
vierten Aktes, in welcher Kean aus seiner Rolle tritt und sich die Theaterfarbe mit einem
Taschentuch aus dem Gesicht wischt. Die Theaterfarbe funktioniert innerhalb der Szene
als visuelles Zeichen, welches Kean von den anderen Figuren isoliert153 und ihn darüber
hinaus als künstlich erschaffenen Theaterkörper kennzeichnet. Durch das Entfernen der
Farbe mit einem Taschentuch offenbart er das unter der Schauspielrolle und der
Lebensrolle verborgene Gesicht des Menschen Kean154. Das Taschentuch, welches die
schwarze Farbe aufnimmt, wird in diesem Sinne, wie in Shakespeares Othello, zum
Symbol der Erschaffung des Theaterkörpers. Auch in Sartres Kean kommt es dabei zu
einer Verdoppelung. Kean, auf welchen die Gesellschaft ihre Wünsche und Sehnsüchte
projiziert, enthüllt in seiner Revolte nicht nur sich selbst, sondern auch das Theater als
Illusion und Trugbild. Gleichzeitig entlarvt er durch die Spiegelstruktur der Spiel-im-
Spiel-Szene das innere und das äußere Publikum als Spieler in der Rolle des Zuschauers,
die den Schauspieler erschaffen haben, „so that [...] his obvious imposture will hide their
own“155. Innerhalb des Dramas tritt er dabei über die ihm von der Gesellschaft gesetzten
Grenze und wird zum Verräter.
5. Produktive Rezeption der Tötungsszene aus Othello in Kean
Die Tötungsszene aus Othello wird im vierten Akt von Kean zweimal verarbeitet:
vor dem eigentlichen Auftritt proben Anna und Kean die Tötungsszene aus Othello in
dessen Garderobe. Da die „Theaterprobe nicht auf der Bühne stattfindet, also räumlich
150 Smith: Othello’s Black Handkerchief. S. 19.151 Ibid., S. 22. 152 Vgl. Shakespeare: Othello. I.2.70-71, S. 137. 153 Vgl. Lorris: Sartre dramaturge. S. 298. 154 Vgl. Ibid., S. 301. 155 Brosman: Sartre’s Kean and Self-Portrait. S. 115.
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nicht aus der Realität ausgegrenzt ist“156, glaubt Eléna, die Keans Garderobe durch eine
Geheimtür betritt, Kean und Anna in einem in der Lebenswirklichkeit verankerten,
intimen Moment ertappt zu haben. Sie kann nicht sehen, dass Kean und Anna spielen.
Die Instabilität des Raumes, der sich durch die zwei Eingänge, eine „entrée de la loge“157
und eine „porte secrète“158, Qualitäten des Theaterraums einverleibt159, verdeutlicht
erneut das Verschwimmen der Grenze zwischen Illusion und Realität. Auch in Othello
verschwimmt diese Grenze im Laufe der Handlung zunehmend, was anhand von Iagos
frei erfundener Traumerzählung im dritten Akt, die Othello bereitwillig als authentisch
wahrnimmt, deutlich wird.160
Innerhalb der Tötungsszene in Othello und der Theaterszene in Kean treten beide
Protagonisten in multiplen Rollen auf. Othello tritt zunächst als Verfechter des
venezianischen Patriarchats auf, der Desdemona töten muss, damit sie nicht noch mehr
Männer betrügen kann.161 Othellos Fehler besteht hierbei darin, dass sein Rollenkonzept
auf einer „misplaced conception of ‚sameness‘“162 basiert. Denn durch seine Tat macht
er sich genau zu dem Barbaren, „als der er von Iago [...] von Anfang an konstruiert“163
wird, während er sich selbst in der Gestalt des gerechten Vollstreckers patriarchalischen
Rechts wahrnimmt. Othellos aus dieser Fehleinschätzung resultierende „alienated and
unstable subjectivity“164 verschärft sich im Laufe der Szene. Er fordert Desdemona auf,
alle Sünden, für welche sie noch nicht um Vergebung gebeten hat, vor ihrem Tod zu
beichten.165 Othello tritt hier nicht nur in seiner Rolle des Henkers auf, der Desdemona
im Einklang mit christlicher Doktrin und venezianischem Recht das Sakrament der
letzten Beichte vor dem Tod gestattet, sondern ebenfalls in seiner illusionären Rolle als
gehörnter Ehemann, der von seiner Ehefrau ein Geständnis einfordert. In diesem Sinne
156 Schöpflin: Theater im Theater. S. 366.157 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. II.2, S. 68. 158 Ibid., II.2, S. 70. 159 Fiber Luce: Alexandre Dumas’s Kean: An Adaptation by Jean-Paul Sartre. S. 358. 160 Vgl. Shakespeare: Othello. III.3.421-430, S. 240. 161 Vgl. Ibid., V.2.6, S. 310. 162 Drakakis: On Representing the Shakespearean Intertext. S. 119. 163 Schabert: Shakespeare-Handbuch. S. 543. 164 Keys, Charlotte: Shakespeare’s Existentialism. Dissertation (unveröffentlicht). https://repository.royalholloway.ac.uk/file/0e721b8c-8965-dfc5-ec3f-a95a0b56fb0f/8/CK_PhD_Thesis_FINAL_.pdf (letzter Zugriff: 06.12.2016). S. 9. 165 Vgl. Shakespeare: Othello. V.2.26-28, S. 311.
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inszeniert sich Othello ebenfalls als eine Art Gottesinstanz, die über Leben und Tod
entscheidet und an welche Desdemona die Beichte ihrer Sünden richten soll: OTHELLO. Sweet soul, take heed, Take heed of perjury. Thou art on thy death-bed. DESDEMONA. I? - but not yet to die! OTHELLO. Yes, presently. Therefore confess thee freely of thy sin[.]166
In der Figur Othellos vereinen sich so zugleich Eifersucht und Größenwahn, zwei
an sich widersprüchliche Zustände, die Louis Lo jedoch beide als „reaction to an anxiety
about the completeness and homogeneity of the self“167 identifiziert.
Auch in der Figur Keans vereinen sich im Moment des Austretens aus seiner
Theaterrolle Eifersucht und Größenwahn. Kean tritt innerhalb der Szene in seiner Rolle
als Schauspieler, der Othello spielt, und in seiner Rolle als der eifersüchtige Liebhaber
Elénas auf. Interessant ist hierbei, dass sowohl Othellos, als auch Keans Eifersuchtsrollen
auf einem Trugbild beruhen. Keans Aussage, „Il est trop tard. Quand on m’offense, je
tue.“168, stellt den Konvergenzpunkt seiner Rollen dar. Der erste Satz stammt aus Othello,
es ist Othellos letzter Satz, bevor dieser Desdemona umbringt169, im zweiten Satz nimmt
Kean das Ethos Othellos im Austreten aus seiner Theaterrolle an170. Dieser fließende
Übergang von mehreren nebeneinanderbestehenden Rollen verdeutlicht Keans Zustand
des Gefangenseins in einem permanenten Rollenspiel, in welchem die Bildung einer
stabilen, authentischen Identität nicht möglich ist. Keans Eifersucht gegenüber dem
Prince de Galles, die den Auslöser für sein Heraustreten aus dem Spiel-im-Spiel darstellt,
vereint sich dabei, wie in Othellos Fall, mit einem Zustand von Größenwahn. Er inszeniert
sich als eine Variante der player king-Figur, deren Status er innerhalb des Dramas auf die
Lebenswirklichkeit ausweitet. Kean erhebt sich zum König, ernennt das Theater zu
seinem Hoheitsgebiet und untergräbt damit die gesellschaftliche Autorität des Prince de
Galles: „Partout ailleurs vous êtes prince, mais ici je suis roi et je vous dis que vous allez
vous taire à l’instant ou que nous cesserons de jouer.“171
166 Shakespeare: Othello. V.2.50-53, S. 313. 167 Lo, Louis: Male Jealousy. Literature and Film. New York 2008. S. 85. 168 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.13, S. 162. 169 Vgl. Shakespeare: Othello. V.2.82-83, S. 316. 170Frese Witt, Mary Ann: From Saint Genesius to Kean. Actors, Martyrs, and Metatheater. In: Comparative Drama 43.1 (2009). S. 40.171 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.13, S. 163.
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Dass die Zustände von Eifersucht und Megalomanie in Kean und Othello als
Ausdruck eines gespaltenen Selbstverständnisses angesehen werden können, zeigt sich
auch darin, dass beide Figuren zunächst versuchen, ihre Tat abstreiten. Kean, der „sa
carrière et [...] sa fausse liberté“172 riskiert hat, will sich zunächst der moralischen
Verantwortung einer echten Tat entziehen und versucht sich selbst davon zu überzeugen,
dass seine Tat gar keinen tatsächlichen acte, sondern eine theatrale geste darstellt: KEAN. [U]n acte ou un geste? Voilà la question. Sept cent quatre-vingt-deux personnes m’ont vu faire un crime: donc un acte délibéré. Mais moi? Est-ce que je l’ai voulu, ce crime? [...] Est-ce que je ne me figurais pas que je jouissais encore de l’immunité des bouffons? [...] Si seulement je pouvais revenir en arrière.173
Keans verzweifelter Wunsch, in der Zeit zurückgehen zu können, erinnert dabei
an Othellos Vergleich zwischen dem Licht einer Kerze und Desdemonas Lebensfeuer: OTHELLO. If I quench thee, thou flaming minister, I can again thy former light restore Should I repent me. But once put out thy light, Thou cunning’st pattern of excelling nature, I know not where is that Promethean heat That can thy light relume[.]174
Othello scheint sich im Gegensatz zu Kean bereits im Vorhinein über die
Irreversibilität seiner Tat im Klaren zu sein. Allerdings scheint auch er die vollen
Konsequenzen seiner im Wahn vollbrachten Tat erst unmittelbar danach zu realisieren,
was sich in seinem panisch wirkenden Ausruf, „My wife, my wife! what wife? I have no
wife.“175, widerspiegelt. Ebenso wie Kean versucht Othello seine Tat gegenüber Emilia
zunächst abzustreiten, bevor er diese gesteht: OTHELLO. You heard her say herself it was not I. EMILIA. She said so; I must needs report the truth. OTHELLO. She’s like a liar gone to burning hell: ’Twas I that killed her.176
Othellos plötzlicher Umschwung von Unschuldsbehauptung zu einem scheinbar
völlig gefühlskalten Geständnis könnte an dieser Stelle als Hervortreten multipler
Persönlichkeiten in Othello interpretiert werden. Einerseits sehen wir den Othello, der
nach Zugehörigkeit in der venezianischen Gesellschaft strebt und daher die Tat abstreitet,
andererseits kommt der Othello zum Vorschein, dessen „view of Desdemona as the
172 Lorris: Sartre dramaturge. S. 298.173 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. V.2, S. 178-179. 174 Shakespeare: Othello. V.2.8-13, S. 310. 175 Ibid., V.2.96, S. 317. 176 Ibid., V.2.125-128, S. 319.
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outsider alternates unstably with his view of himself as an outsider“177. So verwandeln
sich Desdemonas entlastende Worte in den Beweis ihrer Falschheit, und Othello offenbart
sich als Mörder, da er weder seinen eigenen, noch Desdemonas Worten Glauben
schenken kann.
Die Irreversibilität ihrer Taten verdeutlicht, dass sowohl Othello als auch Kean
einen Akt der definitiven Grenzüberschreitung begehen, durch welchen sie ihr Ansehen
innerhalb der Gesellschaft verlieren und sich endgültig zu Außenseitern machen. Othello
und Kean befreien sich jedoch nicht willentlich aus ihrem Zustand der permanenten
Oszillation zwischen Anerkennung und Verurteilung. So schleichen sich in das von
Othello im Wahn konstruierte Szenario der Tötung Desdemonas immer wieder Zweifel
ein. Othello, der sich selbst - irrtümlicherweise - in der Rolle der personifizierten
„Justice“178 sieht, entlarvt diese Zweifel, als er Desdemona beschuldigt, seine gerechte
Tat durch ihr Unschuldsbekenntnis zu Mord zu machen: OTHELLO. O perjured woman, thou dost stone my heart And makest me call what I intend to do A murder, which I thought a sacrifice!179
Othellos eigene Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner Tat sind entlarvend dafür,
dass Othello nicht aus einer tiefgreifenden Überzeugung, sondern innerhalb der ihm
auferlegten Rolle des zu mörderischer Eifersucht neigenden Barbaren Othello handelt.
Sein Bewusstsein über die Unumkehrbarkeit seiner Tat kann hierbei wieder dahingehend
interpretiert werden, dass Desdemona das Verbindungsglied zwischen Othello und der
venezianischen Gesellschaft darstellt. Sie ist in gewissermaßen die Schlüsselfigur, die
Othello, der zunächst lediglich ein „Söldner in den Diensten Venedigs“180 ist, in die
sozialen Strukturen Venedigs integrieren kann. Othello nennt Gratiano, Brabantios
Bruder, in der letzten Szene des fünften Aktes „uncle“ und scheint damit an seinen Platz
in dessen Familie und eine damit einhergehende Ehrenhaftigkeit zu appellieren: OTHELLO. O, she was foul. I scarce did know you, uncle: there lies your niece Whose breath, indeed, these hands have newly stopped; I know this act shows horrible and grim.181
177 Novy: Shakespeare and Outsiders. S. 98.178 Shakespeare: Othello. V.2.17, S. 311. 179 Ibid., V.2.63-65, S. 314. 180 Schabert: Shakespeare-Handbuch. S. 539. 181 Shakespeare: Othello. V.2.198-201, S. 324.
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Othello bezieht sich in seiner Bitte an Gratiano, trotz des Anscheins einer
grausamen Tat nicht an seinem rechtschaffenen Handeln zu zweifeln, explizit auf ihre
familiäre Verwandtschaft als Beweis seiner Aufrichtigkeit. Der Mord an Desdemona
stellt jedoch das definitive Durchtrennen der Verbindung Othellos zur venezianischen
Gesellschaft dar, was sich auch daran zeigt, dass Gratiano Othellos familiäre
Bezeichnung nicht erwidert. Durch den Mord an Desdemona verliert Othello seine
Position und sein Ansehen in Venedig: LODOVICO. You must forsake this room and go with us. Your power and command is taken off And Cassio rules in Cyprus.182
Othello wird in Haft genommen und darüber hinaus durch Cassio, den
rangnächsten Söldner in der Militärhierarchie Venedigs, ersetzt. Damit hat Othello seinen
Wert für die venezianische Gesellschaft verloren und wird zum definitiven Außenseiter.
In Sartres Kean mündet die Tötungsszene aus Othello nicht in den Tod
Desdemonas durch die Hand Othellos, sondern in den Tod „of Kean the actor by the hand
of Kean the man“183. Gleichzeitig klagt Kean das Publikum an, ihn getötet zu haben:
„Kean est mort en bas âge. (Rires.) Taisez-vous donc, assassins, c’est vous qui l’avez
tué!“184 Indem er die Verdinglichung seiner Person entlarvt, überschreitet Kean die ihm
von der Gesellschaft gesetzten Grenze, da er nicht nur die Figur des Schauspielers als „a
fabric of lies“ und das Theater als „a vast deception“185, sondern auch die Gesellschaft
„als ‚Gesellschaftsspiel‘“186 entlarvt. Alle Figuren des Dramas werden von
Rollenerwartungen gesteuert, Kean ist lediglich das Spiegelbild einer Scheinwelt: KEAN. Est-ce que ce sont vos vrais visages? Vous veniez ici chaque soir et vous jetiez des bouquets sur la scène en criant bravo. J’avais fini par croire que vous m’aimiez... Mais [...] vous n’aimez que ce qui est faux.187
Der Mensch Kean existiert für die Gesellschaft nicht. Er ist nichts als eine
Projektionsfläche, auf welche die Gesellschaft ihre Wünsche und Sehnsüchte überträgt.
Damit wird ihm ein authentisches Dasein verwehrt. Genau darin liegt der Kern seiner
Anklage: der Bastard Kean „avait été changé en monstre [...] pour des raisons d’utilité
182 Shakespeare: Othello. V.2.328-329, S. 333. 183 O’Donohoe: Sartre’s Theatre. S. 179. 184 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.13, S. 166. 185 Nelson: Play within a play. S. 101. 186 Winter: Spielformen der Lebenswelt. S. 54. 187 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.13, S. 165-166.
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sociale“188. Kean ist in einer Art goldenen Käfig eingesperrt, „behind an ever-present
fourth wall“189 und wird damit zu einer endlosen Inszenierung seiner Rolle gezwungen.
Auch Othello, der zugleich „the norms of male power and privilege“ und „the threatening
power of the alien“, verkörpert, ist ein „monster in the Renaissance sense of the word“190,
ein faszinierendes und zugleich furchterregendes Objekt. In seinem Versuch, sich aus den
ihm angelegten Ketten zu lösen, steigert sich Kean immer mehr in einen Zustand von
unkontrollierter Raserei. Auch er versetzt das Publikum, das in seiner eigenen Irrealität
entlarvt wird, dadurch in einen Zustand von „Silence effrayé“191. Kean „has irrevocably
smashed the illusion“192. Damit hat er für die Gesellschaft keinen Nutzen mehr. Sein
„thespian suicide“193 markiert den unwiderruflichen Verlust seines Ansehens und macht
ihn somit zu einem definitiven Außenseiter.
Auch Othello steigert sich immer weiter in einen Zustand der Raserei, vor allem
aufgrund der Tatsache, dass Desdemona in seinem auf Trugbildern basierenden Rächer-
Szenario nicht mitspielt, da sie nicht schuldig ist. Keans Raserei zeigt sich besonders in
dem Moment, in welchem er seinem Publikum anstelle von Hühnerblut „du sang
d’homme“194 anbietet. Kean versucht seine Rolle auf eine metatheatrale Ebene zu heben
und zieht sein Schwert, mit welchem er den Prince de Galles attackieren möchte. Hierin
verdeutlicht sich Keans existentielles Dilemma, denn das Schwert ist kein tatsächliches
Schwert, sondern lediglich eine Theaterrequisite mit abgebrochener Klinge. Kean, der
„die fiktive Theaterwelt verlassen und wirklich handeln will, [ist] mit einer wirkungslosen
Waffe ausgestattet [...], die seine ernste Absicht nicht umsetzbar macht“195. Vergeblich
versucht Kean, sich Othellos „force et [...] rage“196 einzuverleiben und sieht sich erneut
mit der Erkenntnis konfrontiert, dass alles an ihm Illusion ist.
Othello ist, in gewisser Hinsicht, Opfer desselben Dilemmas, denn auch er kann
sich nicht mehr mit seiner Rolle des „valiant general“197 identifizieren, als er Iagos Verrat
und Desdemonas Unschuld erkennt und sich sein eifersüchtiger Wahn als Illusion
188 Jeanson: Sartre par lui-même. S. 78. 189 Frese Witt: From Saint Genesius to Kean. S. 41.190 Newman: Femininity and the Monstrous in Othello. S. 53. 191 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.13, S. 166. Hervorhebungen im Text. 192 O’Donohoe: Sartre’s Theatre. S. 180. 193 Ibid., S. 181. 194 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.13, S. 163. 195 Schöpflin: Theater im Theater. S. 369. 196 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.13, S. 164. 197 Shakespeare: Othello. II.2.2, S. 186. Hervorhebungen im Text.
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herausstellt: „I am not valiant neither, / But every puny whipster gets my sword.“198
Othello scheint sich selbst nun als das genaue Gegenteil der Figur des unbezwingbaren
Generals Othello zu sehen. Darüber hinaus scheint der von multiplen und teilweise
antagonistisch agierenden Rollen geplagte Othello durch seine Erkenntnis jegliche
identitätsstiftenden Orientierungspunkte zu verlieren: „Where should Othello go?“199 Die
Figur Othellos existiert nur noch in der dritten Person, was die an diesem Punkt
unüberwindbar scheinende Distanz Othellos zu seinem Ich verdeutlicht. Othellos
Aussage, „That’s he that was Othello? here I am.“200, deutet in diesem Zusammenhang
eine Art „severed stream of consciousness“201 an. Die Entwaffnung202 verdeutlich seine
absolute Ohnmacht und verweist wiederum auf Kean, der seine Rolle nicht in die Realität
übertragen kann.
Kean scheitert in diesem Sinne also lediglich daran, sich mit einer Rolle Othellos
zu identifizieren. Denn gerade dadurch, dass Kean ebenso verzweifelt wie erfolglos
versucht, sich die Eigenschaften der Rolle des eifersüchtigen Barbaren einzuverleiben,
macht er sich zu Othello, dessen „ruptured interiority“203 sich ebenfalls darin begründet,
dass er nichts anderes als eine Projektionsfläche von spezifischen Rollenerwartungen ist.
Kean, der sich in Sartres Drama darüber beklagt, nur ein Körper zu sein, der die toten
Figuren Shakespeares zum Leben erweckt204, wird, in dem Moment, in welchem er die
Wahrheit erkennt und die Theaterillusion bricht, zu Othello. Denn genau wie er ist
Othello eine Figur ohne eigene Identität, ein Nichts, das durch gesellschaftliche
Rollenerwartungen geformt wird. In diesem Sinne kann Othello als eine Spiegelung nach
innen der Figur Keans interpretiert werden.
Othello adoptiert in seinem Selbstmordmonolog mehreren Rollen, er spaltet sich
auf in die Figur des rächenden Venezianers und die des „turbaned Turk“205. Der Monolog
ist dabei insofern entlarvend für Othellos „submission to narrative“206, als seiner Bitte,
„Speak of me as I am“207, eine relativ detaillierte Beschreibung, wie man von ihm
198 Shakespeare: Othello. V.2.241-242, S. 327.199 Ibid., V.2.269, S. 329. 200 Ibid., V.2.281, S. 330. 201 Keys: Shakespeare’s Existentialism. S. 116.202 Vgl. Shakespeare: Othello. V.2.285, S. 330. 203 Keys: Shakespeare’s Existentialism. S. 9. 204 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. IV.2, S. 121. 205 Shakespeare: Othello. V.2.351, S. 335. 206 Greenblatt: Renaissance self-fashioning. S. 252. 207 Shakespeare: Othello. V.2.340, S. 334.
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erzählen soll, folgt. Darüber hinaus ist sein Monolog weitestgehend selbstreferentiell und
erinnert damit auch an Othellos „travailous history“208, welche er zur Selbstinszenierung
vor dem Senat nutzt. Der Begriff „travailous“ könnte auf Othellos „travels“ anspielen,
könnte aber auch im Sinne von „laborious“ die mühevolle Konstruktion seiner Erzählung
andeuten. Hierfür würde die Tatsache sprechen, dass Othellos Lebensgeschichte sich bis
zum Moment des eigentlichen Erzählens zu erstrecken scheint209: „I ran it through, even
from my boyish days / To th’ very moment that he bade me tell it[.]“210 Othellos
Geschichte ist in diesem Sinne also eine Erzählung, die permanent konstruiert wird.
Othello kann somit auch im Tod nicht anders, als sich als Rolle innerhalb einer Erzählung
zu stilisieren: „Then must you speak / Of one that loved not wisely, but too well; / Of one
not easily jealous, but, being wrought, / Perplexed in the extreme[.]“211 Auf metatheatraler
Ebene erinnert Othello, der insbesondere durch die Verwendung des Indefinitpronomen
„one“ hier zu einer Art Neubearbeitung des Medea-Mythos zu werden scheint, auch das
Theaterpublikum ein letztes Mal an seine Existenz als Rolle innerhalb eines Textes.
Hierauf deutet auch Lodovicos Reaktion, „O bloody period“212, hin.
Kean tötet auf der Bühne die Figur des Schauspielers Kean, jedoch entpuppt sich
sein neues Ethos des „M. Edmond, bijoutier“ als eine weitere Rolle, was sich darin zeigt,
dass Kean M. Edmond mit der Figur des Fortinbras vergleicht: „Fortinbras et M. Edmond
sont de la même espèce: ils sont ce qu’ils sont et disent ce qui est.“213 Trotz seiner
Erkenntnis, dass nicht nur er, sondern auch Eléna und der Prince de Galles „victimes [...]
[d’]un seul et même mirage“214 sind, wodurch der Standesunterschied nichtig wird,
schafft Kean es wie Othello nicht, sich aus dem Zustand eines permanenten Rollenspiels
zu lösen. Im Gegensatz zu Shakespeares Othello endet Sartres Kean jedoch lediglich in
einem symbolischen Suizid. Kean geht mit Anna und Salomon nach Amerika „pour jouer
la comédie“215. Er erkennt, dass er auf die Illusion zurückgreifen muss, um diese
208 Shakespeare: Othello. I.3.140, S. 148.209 Greenblatt: Renaissance self-fashioning. S. 237. 210 Shakespeare: Othello. I.3.133-134, S. 147. 211 Ibid., V.2.341-344, S. 334. 212 Ibid., V.2.355, S. 335. 213 Ibid., V.2, S. 175. 214 Ibid., V.6, S. 199. 215 Jeanson: Sartre par lui-même. S. 113.
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überwinden und zu einem authentischen Dasein gelangen zu können: „Ça viendra peu à
peu. J’imiterai le naturel jusqu’à ce qu’il devienne une seconde nature.“216
6. Fazit
Es scheint durchaus plausibel, Sartres produktive Rezeption von Shakespeares
Othello in Kean dahingehend zu interpretieren, dass Keans reale Eifersucht sich in seiner
Rolle als Othello spiegle. Ebenso ist die These, dass Kean aufgrund seiner eigenen
Eifersucht aus der Rolle fällt und nicht weiterspielen kann, nachvollziehbar. Der Fehler,
der hier möglicherweise jedoch gemacht wird, ist, dass Sartres Kean ausschließlich mit
Blick auf Dumas’ Original oder Sartres Existentialismus interpretiert wird und dem
produktiv rezipierten Stück selbst dabei zu wenig Beachtung geschenkt wird.
Othello und Kean können beide als existentielle Außenseiter nach der Definition
Hans Mayers bezeichnet werden. Sie werden von der Gesellschaft aufgrund eines
unveränderlichen Umstands verurteilt. Interessant ist hierbei, dass beide Figuren sich
dabei durch einen ihnen inhärenten Dualismus auszeichnen: sowohl Kean als auch
Othello übernehmen trotz ihres Außenseiterstatus innerhalb der Gesellschaft eine Rolle.
Damit können sie weder der Gesellschaft, noch der Kategorie des Anderen ganz zugeteilt
werden. Beide Figuren sind in diesem Sinne permanente Grenzüberschreiter, sie
oszillieren ununterbrochen zwischen zwei an sich gegensätzlichen Positionen. Diese den
Figuren inhärente Polarität macht es ihnen unmöglich, eine stabile Identität zu bilden.
Kean wird als Schauspieler auf der Bühne gefeiert, sobald er diese verlässt, wird er
verachtet. Um der Verachtung durch die Gesellschaft zu entkommen, ist Kean
gezwungen, sich permanent in seiner Rolle als der geniale Schauspieler Kean zu
inszenieren. Othello, der durch seine Hautfarbe auf visueller Ebene als Außenseiter
markiert ist, adoptiert ein venezianisches Ethos, um ein vollwertiges Mitglied der
Gesellschaft werden zu können. Indem er dies tut, ist er jedoch gleichzeitig dazu
gezwungen, in sich selbst den Barbaren und Außenseiter zu sehen, als der er von der
Gesellschaft wahrgenommen wird. Demnach wird auch Othello von den
Rollenerwartungen der anderen Figuren gelenkt.
216 Dumas: Kean. Adaptation de Jean-Paul Sartre. V.2, S. 177.
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Kean, der im vierten Akt von Sartres Stück die Theaterillusion bricht, scheitert in
diesem Sinne nicht daran, sich mit Othello zu identifizieren. Gerade dadurch, dass er
vergeblich versucht, sich die Eigenschaften der Rolle des Barbaren einzuverleiben, wird
Kean zu einem Spiegelbild Othellos, der, genau wie Kean, keine eigene Identität besitzt,
sondern lediglich Rollen spielt, welche die Gesellschaft auf ihn projiziert. Insofern tut
Sartre durch die produktive Rezeption von Shakespeares Othello mehr, als lediglich
Keans Eifersucht in der Figur Othellos zu spiegeln. Sartre verdoppelt die bereits zu
Beginn dieser Arbeit erwähnte Spiegelstruktur von Dumas’ Original und erweitert diese
auch nach innen. In diesem Sinne könnte man O’Donohoes Charakterisierung von Sartres
Drama erweitern: Sartres Kean ist ein Theaterstück, welches für einen Schauspieler
geschrieben wurde und von einem Schauspieler handelt, der innerhalb des Spiels im Spiel
des Stücks eine Theaterrolle spielt, die ihrerseits ebenfalls Rollen spielt. Sartres Kean
wird damit zu einer Art grenzenlosem Spiel.
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7. Literaturverzeichnis
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