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Absolute Eintragungshindernisse Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 1 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017 PRÜFUNGSRICHTLINIEN FÜR UNIONSMARKEN AMT DER EUROPÄISCHEN UNION FÜR GEISTIGES EIGENTUM (EUIPO) TEIL B PRÜFUNG ABSCHNITT 4 ABSOLUTE EINTRAGUNGSHINDERNISSE KAPITEL 3 MARKEN OHNE UNTERSCHEIDUNGSKRAFT (Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV)

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 1 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

PRÜFUNGSRICHTLINIEN FÜR UNIONSMARKEN

AMT DER EUROPÄISCHEN UNION

FÜR GEISTIGES EIGENTUM (EUIPO)

TEIL B

PRÜFUNG

ABSCHNITT 4

ABSOLUTE EINTRAGUNGSHINDERNISSE

KAPITEL 3

MARKEN OHNE UNTERSCHEIDUNGSKRAFT

(Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV)

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 2 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeine Bemerkungen ......................................................................... 3

2 Wortbestandteile ....................................................................................... 3

3 Buchtitel ..................................................................................................... 5

4 Farben ......................................................................................................... 6

4.1 Einzelfarben ................................................................................................ 6

4.2 Farbkombinationen .................................................................................... 7

5 Einzelbuchstaben ...................................................................................... 8

5.1 Allgemeine Überlegungen ......................................................................... 8

5.2 Beispiele ................................................................................................... 10

6 Slogans: Beurteilung der Unterscheidungskraft .................................. 10

7 Einfache Bildelemente ............................................................................ 15

8 Gewöhnliche Bildelemente ..................................................................... 17

9 Typografische Symbole .......................................................................... 18

10 Piktogramme ............................................................................................ 18

11 Allgemein übliche Etiketten ohne Unterscheidungskraft .................... 20

12 Dreidimensionale Marken ....................................................................... 21

12.1 Einführende Bemerkungen ...................................................................... 21

12.2 Formen, die keine Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen selbst haben ............................................................................................. 22

12.3 Form der Waren selbst oder Formen, die eine Verbindung mit den Waren oder Dienstleistungen haben ....................................................... 22

12.4 Form der Aufmachung ............................................................................. 28

13 Mustermarken .......................................................................................... 29

14 Positionsmarken ...................................................................................... 33

15 Hörmarken ................................................................................................ 34

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Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 3 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

1 Allgemeine Bemerkungen Nach ständiger Rechtsprechung meint die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV, dass das Zeichen dazu dient, die Ware bzw. die Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware bzw. Dienstleistung somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteile vom 29/04/2004, verbundene Rechtssachen C-468/01 P bis C-472/01 P, Tabs (3D), EU:C:2004:259, § 32; vom 21/10/2004, C-64/02 P, Das Prinzip der Bequemlichkeit, EU:C:2004:645, § 42; vom 08/05/2008, C-304/06 P, Eurohypo, EU:C:2008:261, § 66; und vom 21/01/2010, C-398/08 P, Vorsprung durch Technik, EU:C:2010:29, § 33). Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung kann die Unterscheidungskraft einer Marke zum einen nur im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise beurteilt werden (Urteil vom 12/07/2012, C-311/11 P, Wir machen das Besondere einfach, EU:C:2012:460, § 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung der europäischen Gerichte fehlt einer Wortmarke, die Merkmale von Waren oder Dienstleistungen im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV beschreibt, damit zwangsläufig für diese Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV (Urteil vom 12/06/2007, T-190/05, Twist & Pour, EU:T:2007:171, § 39). In vergleichbarer Weise wäre ein bestimmter Begriff – wenn er auch möglicherweise nicht klar beschreibend in Bezug auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen ist, so dass eine Beanstandung gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV nicht anwendbar wäre – gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV trotzdem aus dem Grund zu beanstanden, dass er von den maßgeblichen Verkehrskreisen bloß als Informationen über die Art der Waren bzw. Dienstleistungen vermittelnd und nicht ihre Herkunft angebend wahrgenommen würde. Dies war der Fall beim Begriff „medi“, der bloß als Information für die maßgeblichen Verkehrskreise über den medizinischen oder therapeutischen Zweck der Waren oder ihres allgemeinen Bezugs zum medizinischen Sektor angesehen wurde (Urteil vom 12/07/2012, T-470/09, Medi, EU:T:2012:369, § 22). Eine Beanstandung gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV würde auch in denjenigen Fällen Anwendung finden, in denen die verwendete lexikalische Struktur als in der Werbesprache und im fraglichen Handelskontext üblich ist, selbst wenn sie aus grammatischer Sicht nicht korrekt ist. Dies war bei der Kombination „ECO PRO“ der Fall, in der das anpreisende Element PRO hinter das beschreibende Element ECO gesetzt wird und das von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis wahrgenommen werden würde, dass die bezeichneten Waren für „Fachkundige in Ökologie“ bestimmt oder „ökologisch hilfreich“ sind (Urteil vom 25/04/2013, T-145/12, Eco Pro, EU:T:2013:220, § 29–32).

2 Wortbestandteile Wörter sind nicht unterscheidungskräftig oder können zusammengesetzten Zeichen keine Unterscheidungskraft verleihen, wenn sie so häufig benutzt werden, dass sie jede Fähigkeit verloren haben, Waren und Dienstleistungen unterscheidbar zu machen.

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Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 4 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Die folgenden Begriffe sind gemäß dieser Bestimmung ungeeignet, wenn sie alleine oder mit anderen nicht eintragungsfähigen Elementen benutzt werden. Begriffe, die bloß eine besondere positive oder anziehende Beschaffenheit oder Funktion der Waren und Dienstleistungen bezeichnen, sollten abgelehnt werden, wenn sie entweder alleine oder in Kombination mit beschreibenden Begriffen angemeldet werden:

ECO als Bezeichnung für „ökologisch“ (Urteile vom 24/04/2012, T-328/11, EcoPerfect, EU:T:2012:197, § 25; und vom 15/01/2013, T-625/11, EcoDoor, EU:T:2013:14, § 21);

FLEX und FLEXI als Bezugnahme auf „flexibel“ (Urteil vom 13/06/2014, T-352/12 FLEXI, EU:T:2014:519 § 20–21);

GREEN als umweltfreundlich (Urteil vom 27/02/2015, T–106/14, Greenworld, EU:T:2015:123, § 24);

MEDI als Bezugnahme auf „medizinisch“ (Urteil vom 12/07/2012, T-470/09, Medi, EU:T:2012:369);

MULTI als Bezugnahme auf „viel, viele, mehr als einer“ (Entscheidung vom 17/11/2005, R 0904/2004-2, MULTI);

MINI als Bezeichnung für „sehr klein“ oder „winzig“ (Entscheidung vom 17/12/1999, R 0062/1999-2, MINIRISC)

MEGA als Bezeichnung für „groß“ (Urteil vom 28/04/2015, T–137/13, Megarail, EU:T:2015:232, § 38);

Premium/PREMIUM als Bezugnahme auf „beste Qualität“ (Urteile vom 22/05/2012, T-60/11, Suisse Premium, EU:T:2012:252, § 46-49, 56, 58; und vom 17/01/2013, verbundene Rechtssachen T-582/11 und T-583/11, Premium XL / Premium L, EU:T:2013:24, § 26);

PLUS als Bezeichnung für „zusätzlich, extra, von überragender Qualität, hervorragend in seiner Kategorie“. (Entscheidung vom 15/12/1999, R 0329/1999-1, PLATINUM PLUS);

SUPER, um die positiven Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen hervorzuheben (Urteil vom 19/05/2010, T-464/08 Superleggera, EU:T:2010:212, § 23–30; und vom 20/11/2002, T-86/01 Kit Super Pro, EU:T:2002:279, § 26);

ULTRA1 als Bezeichnung für „extrem“ (Entscheidung von 09/12/2002, R 0333/2002-1, ULTRAFLEX);

1 Geändert am 23/06/2010.

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UNIVERSAL als Bezugnahme auf Waren, die für den allgemeinen oder universellen Gebrauch geeignet sind (Urteil vom 02/05/2012, T-435/11, UniversalPHOLED, EU:T:2012:210, § 22, 28).

Top-Level-Domain-Endungen wie etwa „.com“ geben lediglich den Ort an, an dem Informationen im Internet zu finden sind, und können daher eine beschreibende oder sonst wie zu beanstandende Marke nicht eintragungsfähig machen. Daher ist www.books.com für Druckereierzeugnisse so zu beanstanden wie der Begriff „Buch“ alleine. Dies wurde vom Gericht in seinem Urteil vom 21/11/2012, T-338/11, Photos/com, EU:T:2012:614, § 22, bestätigt, in dem erklärt wurde, dass der Bestandteil „.com“ ein technisches und gattungsspezifisches Element ist, dessen Benutzung in der normalen Struktur der Adresse einer gewerblichen Website erforderlich ist. Weiterhin kann dieses Element auch angeben, dass die von der angemeldeten Marke abgedeckten Waren und Dienstleistungen online bestellt oder eingesehen werden können oder mit dem Internet zu tun haben. Dementsprechend ist das fragliche Element auch als frei von jeder Unterscheidungskraft in Bezug auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzusehen. Abkürzungen der Rechtsform einer Gesellschaft wie etwa Ltd. und GmbH usw. können nicht zur Unterscheidungskraft eines Zeichens beitragen. Namen einzelner Personen sind unterscheidungskräftig, und zwar unabhängig von der Häufigkeit, mit der dieser Name vorkommt, und selbst im Fall der gängigsten Familiennamen (wie Schmidt oder García, Urteil vom 16/09/2004, C-404/02, Nichols, EU:C:2004:538, § 26, 30) und bei Namen von Prominenten (einschließlich Staatsoberhäuptern). Jedoch wird eine Beanstandung erhoben, wenn der Name in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen auch als nicht unterscheidungskräftiger Begriff wahrgenommen werden kann (z. B. „Bäcker“ für Backwaren).

3 Buchtitel Marken, die ausschließlich aus dem Titel einer berühmten Geschichte oder eines Buches bestehen, sind u. U. nicht unterscheidungskräftig gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV in Bezug auf Waren und Dienstleistungen, die diese Geschichte als Thema haben. Grund hierfür ist, dass bestimmte Geschichten (oder ihre Titel) seit so langer Zeit etabliert und so bekannt geworden sind, dass sie ihren Weg „in den Sprachgebrauch" gefunden haben und keiner anderen Bedeutung mehr als der einer bestimmten Geschichte zugeschrieben werden können. So können beispielsweise „Peter Pan“, „Cinderella“ und „Die Ilias“ ohne Weiteres unterscheidungskräftige Marken für Farbe, Bekleidungsstücke oder Stifte sein. Sie können jedoch keine unterscheidungskräftige Rolle in Bezug auf z. B. Bücher oder Filme spielen, da die Verbraucher einfach denken werden, dass sich diese Waren auf die Geschichte von Peter Pan oder Cinderella beziehen, da dies die einzige Bedeutung der betreffenden Begriffe ist. In solchen Fällen sollten Beanstandungen nur erhoben werden, wenn der fragliche Titel berühmt genug ist, um wirklich dem betreffenden Verbraucher gut bekannt zu sein, und wenn die Marke im Kontext der Waren/Dienstleistungen primär als berühmter Titel für eine Geschichte oder eines Buches wahrgenommen werden kann. Dass ein Mangel an Unterscheidungskraft in dieser Hinsicht festgestellt wird, ist dann wahrscheinlicher, wenn nachgewiesen werden kann, dass eine große Zahl veröffentlichter Versionen der Geschichte erschienen ist bzw. wenn es zahlreiche

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Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 6 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Fernseh-, Theater- und Filmadaptationen davon gibt, die ein breites Publikum erreichen, insbesondere dann, wenn ein Werk nach Ablauf des Urheberrechtsschutzes gemeinfrei geworden ist. In Fällen, in denen der Urheberrechtsschutz noch besteht, wird das Amt von gutem Glauben ausgehen und die Marke eintragen (die zu einem späteren Zeitpunkt Gegenstand eines Löschungsantrages werden kann, wenn der Anmelder nicht zur Anmeldung der Unionsmarke berechtigt war). Je nach Art der fraglichen Marke kann eine Beanstandung in Bezug auf Druckereierzeugnisse, Filme, Aufzeichnungen, Theaterstücke und Shows (nicht erschöpfende Aufzählung) erhoben werden.

4 Farben Dieser Abschnitt befasst sich mit einzelnen Farben oder Kombinationen von Farben als solchen („Farbe an sich“). Wenn Farben oder Kombinationen von Farben als solche angemeldet werden, besteht der entsprechende Prüfungsstandard in der Frage, ob sie unterscheidungskräftig sind, wenn sie auf Waren oder deren Aufmachung angewendet oder im Kontext der Erbringung von Dienstleistungen benutzt werden. Wenn eine Marke in einer dieser Situationen nicht unterscheidungskräftig ist, so ist dies ein ausreichender Grund für ihre Ablehnung. Bei Farbkombinationen sollte die Prüfung der Unterscheidungskraft auf der Annahme basieren, dass die Farbkombination in der Art und Weise, wie sie eingereicht wird, auf den Waren oder ihrer Aufmachung oder in Anzeigen oder Werbematerialien für die Dienstleistungen erscheinen.

4.1 Einzelfarben Was die Eintragung von Farben als solchen als Marke angeht, so hat die geringe Zahl der tatsächlich verfügbaren Farben zur Folge, dass mit wenigen Eintragungen als Marken für bestimmte Dienstleistungen oder Waren der ganze Bestand an verfügbaren Farben erschöpft werden könnte. Ein derart weites Monopol wäre mit dem System eines unverfälschten Wettbewerbs unvereinbar, insbesondere weil es einem einzelnen Wirtschaftsteilnehmer einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnte. Es wäre auch für die wirtschaftliche Entwicklung und den Unternehmergeist nicht förderlich, wenn bereits etablierte Wirtschaftsteilnehmer alle tatsächlich verfügbaren Farben zum Nachteil neuer Wirtschaftsteilnehmer für sich eintragen lassen könnten (Urteil vom 06/05/2003, C-104/01, Libertel, EU:C:2003:244). Wie der Gerichtshof bestätigt hat, sind Verbraucher nicht gewohnt, Annahmen zur Herkunft von Waren auf der Basis ihrer Farbe oder der Farbe ihrer Aufmachung anzustellen, wenn jedwedes grafische oder Wortelement fehlt, da eine Farbe an sich in der aktuellen Handelspraxis in der Regel nicht als Identifikationsmittel benutzt wird (Urteil vom 06/05/2003, C-104/01, Libertel, EU:C:2003:244). Eine Farbe ist normalerweise nicht immanent in der Lage, die Waren eines bestimmten Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (§ 65). Außer unter ganz besonderen Umständen sind einzelne Farben daher nicht für Waren und Dienstleistungen unterscheidungskräftig. Derartige ganz besondere Umstände setzen voraus, dass der Anmelder darlegt, dass die Marke absolut ungewöhnlich oder überraschend in Bezug auf diese spezifischen Waren ist. Diese Fälle sind äußerst selten, z. B. im Fall von schwarzer Farbe für Milch. Für eine Ablehnung ist es nicht erforderlich, dass einer der in Abschnitt 4.2 weiter unten aufgeführten Faktoren vorhanden ist, doch wenn dies der Fall ist, sollte dies als

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weitere Begründung für die Ablehnung genutzt werden. Wenn sich eine einzelne Farbe als allgemein gebräuchlich in dem/den betreffenden Bereich/en bzw. als einem dekorativen oder funktionellen Zweck dienend erweist, muss die Farbe abgelehnt werden. Laut Feststellung des Gerichts ist das öffentliche Interesse ein Hindernis für die Monopolisierung einer einzelnen Farbe, und zwar unabhängig von der Frage, ob das betreffende Interessengebiet zu einem sehr spezifischen Marktsegment zählt (Urteil vom 13/09/2010, T-97/08, Farbe (oranger Farbton) II, EU:T:2010:396, § 44-47).

4.2 Farbkombinationen Wenn eine Kombination von Farben an sich angemeldet wird, muss die eingereichte grafische Darstellung diese Farben räumlich so skizzieren, dass der Umfang des angemeldeten Rechts bestimmt wird. Die grafische Darstellung sollte klar die Proportionen und Positionen der verschiedenen Farben angeben und sie auf diese Weise systematisch anordnen, wobei die Farben in vorher festgelegter und einheitlicher Weise miteinander verbunden werden (Urteile vom 24/06/2004, C-49/02, Blau/Gelb, EU:C:2004:384, § 33; und vom 06/05/2003, C-104/01, Libertel, EU:C:2003:244). Enthält eine Marke beispielsweise einen kleinen gelben Streifen über einem roten, so ist diese verschieden von einer Marke mit gleichen Anteilen von Rot und Gelb und der Anordnung der roten Farbe auf der linken Seite. Ein abstrakter Anspruch, insbesondere im Hinblick auf zwei Farben „in jeder möglichen Kombination“ oder „in jedem Verhältnis“ ist nicht zulässig und somit gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a UMV zu beanstanden (Entscheidung vom 27/07/2004, R 0730/2001-4, GELB/BLAU/ROT, § 34). Dies ist zu unterscheiden von Angaben darüber, wie die Farbkombination auf dem Produkt erscheinen soll. Derartige Angaben sind nicht erforderlich, weil es in Zusammenhang mit der Bewertung der immanenten Unterscheidungskraft nur auf den Gegenstand der Eintragung ankommt, nicht darauf, wie die Marke tatsächlich oder potenziell auf der Ware verwendet wird. Im Fall einer Farbkombination kann eine Ablehnung nur auf spezifische Fakten oder Argumente gestützt werden, und wenn derartige spezifische Ablehnungsargumente nicht festgestellt werden, ist die Marke zu akzeptieren. Wenn eine der beiden Farben entweder die gewöhnliche Farbe für das Produkt oder die natürliche Farbe des Produkts ist, also eine Farbe zur üblichen oder natürlichen Farbe des Produkts hinzugefügt wird, gilt eine Beanstandung in gleicher Weise so, als gäbe es nur eine einzige Farbe. Beispiel: Die übliche Farbe für den Griff von Gartengeräten ist grau, und die natürliche Farbe von Waschmitteltabletten ist weiß. Deshalb handelt es sich bei einer weißen Waschmitteltablette, die eine weitere rote Schicht aufweist, tatsächlich um den Fall einer Hinzufügung einer Farbe, über den entschieden werden muss. Es gibt jedoch Fälle, in denen eine Kombination zweier Farben dennoch zurückgewiesen werden sollte; im Einzelnen:

Vielfach handelt es sich bei einer Farbe lediglich um ein dekoratives Element der Waren oder um die Erfüllung von Kundenwünschen (typische Beispiele: die Farben von Autos oder T-Shirts), unabhängig von der Anzahl der betroffenen Farben.

Eine Farbe kann die Art der Ware selbst sein (z. B. bei Tönungen).

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Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 8 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Eine Farbe kann technisch funktionell sein (z. B. die Farbe Rot für Feuerlöscher, die Benutzung verschiedener Farben für Stromkabel).

Eine Farbe kann auch üblich sein (z. B. erneut Rot für Feuerlöscher, Gelb für Postdienstleistungen in vielen Ländern).

Eine Farbe kann bestimmte Warenmerkmale anzeigen, etwa eine Geschmacksrichtung (Gelb für Zitronengeschmack, Rosa für Erdbeergeschmack).

Eine Farbkombination sollte auch dann abgelehnt werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Farbkombination auf dem Markt bereits vorkommt, insbesondere, wenn sie von verschiedenen Mitbewerbern verwendet wird (Beispiel: Das Amt wies nach, dass die Farbkombination Rot und Gelb von verschiedenen Unternehmen für Getränkedosen [Bier und nichtalkoholische Getränke] verwendet wird).

In allen diesen Fällen sollte die Marke beanstandet werden, was jedoch eine genaue Analyse der betroffenen Waren und Dienstleistungen wie auch der Marktsituation voraussetzt. Die Kriterien zur Beurteilung der Unterscheidungskraft von Farbmarken, die Dienstleistungen bezeichnen, sollten nicht anders sein als jene, die für solche gelten, die Waren bezeichnen (wie vom Gericht in seinem Urteil vom 12/11/2010, T-404/09, Grau/Rot, EU:T:2010:466, in Erinnerung gerufen wurde). In diesem Fall wurde die angemeldete Farbkombination nicht so gesehen, dass sie sich für den betreffenden Verbraucher in wahrnehmbarer Weise von den Farben unterscheidet, die üblicherweise für die betreffenden Dienstleistungen benutzt werden. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die angemeldete Farbkombination sehr nahe bei der Kombination „Weiß/Rot“ lag, die bei Bahnschranken und Verkehrszeichen im Zusammenhang mit Zugverkehr benutzt wird, und dass das Zeichen als Ganzes von den maßgeblichen Verkehrskreisen als funktionelles oder dekoratives Element und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen erkannt würde. Je höher die Zahl der Farben ist, desto weniger wahrscheinlicher ist die Unterscheidungskraft, was mit der Schwierigkeit zusammenhängt, eine große Zahl unterschiedlicher Farben und ihre Reihenfolge im Gedächtnis zu behalten. Farbnamen siehe Richtlinien, Teil B, Prüfung, Abschnitt 4, Absolute Eintragungshindernisse, Kapitel 4, Beschreibende Marken.

5 Einzelbuchstaben 2

5.1 Allgemeine Überlegungen In seinem Urteil vom 09/09/2010, C-265/09 P, α, EU:C:2010:508, hat der Gerichtshof entschieden, dass es im Fall von Marken, die aus Einzelbuchstaben bestehen, die als

2 Dieser Abschnitt befasst sich mit Einzelbuchstaben im Verhältnis zu Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV.

Einzelbuchstaben im Verhältnis zu Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV werden in den Richtlinien, Teil B, Prüfung, Abschnitt 4, Absolute Eintragungshindernisse, Kapitel 4, Beschreibende Marken behandelt.

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Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 9 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Standardzeichen ohne grafische Modifikationen dargestellt werden, notwendig ist zu beurteilen, ob das fragliche Zeichen in der Lage ist, die verschiedenen Waren und Dienstleistungen im Kontext einer Prüfung auf der Basis von Fakten zu unterscheiden, wobei die betreffenden Waren und Dienstleistungen im Mittelpunkt stehen sollten (§ 39). Das Gericht erinnerte daran, dass Buchstaben gemäß Artikel 4 UMV zu den Kategorien von Zeichen zählen, die Unionsmarken darstellen können, soweit sie geeignet sind, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (§ 28), und betonte, dass die Eintragung eines Zeichens als Marke nicht von der Feststellung eines bestimmten Niveaus der sprachlichen oder künstlerischen Kreativität oder Einbildungskraft des Anmelders abhängt. Obwohl das Gericht anerkennt, dass es legitim ist, dass sich die Feststellung der Unterscheidungskraft für eine Marke, die aus einem einzelnen Buchstaben besteht, oder für Marken aufgrund ihrer Art selbst als schwieriger erweisen kann als für andere Wortmarken (§ 39), stellte das Gericht eindeutig fest, dass diese Umstände nicht die Festlegung spezifischer Kriterien rechtfertigt, die die Anwendung des Kriteriums der Unterscheidungskraft ergänzen oder von ihm abweichen, wie dies in der Rechtsprechung ausgelegt wird (§ 33-39). Was die Beweislast betrifft, so erklärte das Gericht, dass das Amt bei der Prüfung absoluter Eintragungshindernisse gemäß Artikel 76 Absatz 1 UMV verpflichtet ist, von Amts wegen die einschlägigen Sachverhalte zu prüfen, die zur Erhebung einer Beanstandung gemäß Artikel 7 Absatz 1 UMV führen könnten, und dass diese Anforderung weder relativiert noch zum Nachteil des Anmelders umgekehrt werden kann (§ 55-58). Daher ist es Aufgabe des Amtes, mit Begründungen zu erläutern, warum eine Marke, die aus einem einzelnen in Standardzeichen dargestellten Buchstaben besteht, frei von jeder Unterscheidungskraft ist. Daher ist es notwendig, eine gründliche Prüfung auf der Basis der besonderen tatsächlichen Umstände des Falls durchzuführen, um zu beurteilen, ob ein bestimmter aus einem Standardzeichen bestehender Einzelbuchstabe als Marke in Bezug auf die betreffenden Waren/Dienstleistungen fungieren kann. Diese Notwendigkeit einer faktenbasierten Beurteilung impliziert, dass es nicht möglich ist, sich auf Annahmen zu verlassen (wie etwa der, dass die Verbraucher in der Regel nicht daran gewöhnt sind, Einzelbuchstaben als Marken zu sehen). Infolgedessen sollten bei der Prüfung von Marken, die aus Einzelbuchstaben bestehen, generische, nicht untermauerte Argumente, z. B. solche, die sich auf die Verfügbarkeit von Zeichen beziehen, angesichts der begrenzten Zahl von Buchstaben vermieden werden. Das Amt ist verpflichtet, ausgehend von einer faktenbasierten Beurteilung festzustellen, warum die angemeldete Marke zu beanstanden wäre. Daraus ergibt sich klar, dass die Prüfung von Marken, die aus Einzelbuchstaben bestehen, gründlich und stringent sein sollte und dass jeder Fall einer sorgfältigen Prüfung bedarf, ob ein bestimmter Buchstabe immanent als unterscheidungskräftig in Bezug auf die betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen angesehen werden kann.

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5.2 Beispiele Beispielsweise ist es in technischen Bereichen wie denjenigen, die Rechner, Maschinen, Motoren und Werkzeuge betreffen, wahrscheinlicher, dass einzelne Buchstaben als technische, Modell- oder Katalogreferenzen, statt als Herkunftshinweis wahrgenommen werden; die Tatsache, dass dies der Fall ist, sollte jedoch aus einer faktenbasierten Beurteilung abgeleitet werden. Je nach Ergebnis der vorhergehenden Prüfung könnte eine Marke, die aus einem als Standardzeichen dargestellten Einzelbuchstaben besteht, gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV aus dem Grund zu beanstanden sein, dass ihr die immanente Unterscheidungskraft für die betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen oder Teilen von diesen fehlt. Dies wäre beispielsweise der Fall bei einer Marke, die aus dem Einzelbuchstaben „C“ für „Fruchtsäfte“ besteht, da dieser Buchstabe allgemein benutzt wird, um auf Vitamin C hinzuweisen. Die maßgeblichen Verkehrskreise würden den Buchstaben nicht als ein Zeichen wahrnehmen, welches auf den betrieblichen Ursprung dieser Waren hinweisen würde. Ein weiteres Beispiel für fehlende Unterscheidungskraft wäre eine aus Einzelbuchstaben bestehende Marke, die in Bezug auf Spielzeugwürfel angemeldet wird (die Art, die häufig verwendet wird, um Kindern beizubringen, wie Wörter durch das Kombinieren von Buchstaben gebildet werden, die auf den Würfeln selbst abgebildet sind), die das Produkt als solches nicht beschreibt. Obwohl es in diesem Fall keine direkte beschreibende Beziehung zwischen den Buchstaben und den Waren gibt, würde einer aus einem Einzelbuchstaben bestehenden Marke die Unterscheidungskraft fehlen, da die Verbraucher – wenn es um Spielzeugwürfel geht – eher daran gewöhnt sind, einzelne Buchstaben eher so sehen, dass sie entweder funktionelle oder praktische Konnotationen besitzen, aber nicht als Angabe zur betrieblichen Herkunft. Wenn jedoch nicht festgestellt werden kann, dass ein bestimmter einzelner Buchstabe frei von jeder Unterscheidungskraft in Bezug auf die betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen ist, dann sollte er akzeptiert werden, selbst wenn er in Standardzeichen oder in einer recht elementaren Weise dargestellt ist.

So wurde beispielsweise der Buchstabe in Bezug auf Transport; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen der Klasse 39 und Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen der Klasse 43 akzeptiert (Entscheidung vom 30/09/2010, R 1008/2010-2, W (Bildmarke), § 12-21). Weitere Beispiele siehe Richtlinien, Teil B, Prüfung, Abschnitt 4, Absolute Eintragungshindernisse, Kapitel 4, Beschreibende Marken.

6 Slogans: Beurteilung der Unterscheidungskraft Der Gerichtshof hat entschieden, dass es unzweckmäßig ist, strengere Kriterien an Slogans anzulegen als die, die für andere Arten von Zeichen gelten, um ihre

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

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Unterscheidungskraft zu beurteilen (Urteil vom 12/07/2012, C-311/11 P, Wir machen das Besondere einfach, EU:C:2012:460, und die dort angeführte Rechtsprechung). Werbeslogans sind gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV zu beanstanden, wenn sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Werbeformeln wahrgenommen werden. Sie gelten jedoch als unterscheidungskräftig, wenn sie abgesehen von ihrer Werbefunktion von der Öffentlichkeit als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Der Gerichtshof hat folgende Kriterien vorgegeben, die bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Slogans angewendet werden sollten (Urteile vom 21/01/2010, C-398/08 P, Vorsprung durch Technik, EU:C:2010:29, § 47; und vom 13/04/2011, T-523/09, Wir machen das Besondere einfach, EU:T:2011:175, § 37). Ein Werbeslogan ist wahrscheinlich immer dann unterscheidungskräftig, wenn in ihm mehr als eine bloße Werbebotschaft gesehen wird, die die Qualitäten der Waren oder Dienstleistungen anpreist, da er:

ein Wortspiel verkörpert und/oder

Elemente konzeptioneller Faszination oder Überraschung einfließen lässt, so dass er als fantasievoll, überraschend oder unerwartet wahrgenommen werden kann, und/oder

über eine gewisse besondere Originalität oder Wirkung verfügt und/oder

in den Köpfen der maßgeblichen Verkehrskreise einen kognitiven Prozess auslöst oder einen Deutungsaufwand erfordert.

Außer den vorstehenden Kriterien können folgende Merkmale eines Slogans zur Feststellung der Unterscheidungskraft beitragen:

ungewöhnliche syntaktische Strukturen

Verwendung linguistischer und stilistischer Mittel wie Alliteration, Metaphorik, Reim, Paradoxon usw.

Doch die Benutzung unorthodoxer grammatischer Formen muss sorgfältig beurteilt werden, da Werbeslogans häufig in vereinfachter Form geschrieben werden, um sie knapper und eingängiger zu machen (unter anderem Urteil vom 24/01/2008, T-88/06, Safety 1st, EU:T:2008:15, § 40). Das bedeutet, dass das Fehlen grammatischer Elemente wie etwa von bestimmten Artikeln oder Pronomina (DER, ES usw.), Konjunktionen (ODER, UND usw.) oder Präpositionen (VON, FÜR usw.) möglicherweise nicht immer ausreicht, um den Slogan unterscheidungskräftig zu machen. Bei „Safety 1st“ erkannte das Gericht, dass die Benutzung von „1st“ an Stelle von „FIRST“ nicht unorthodox genug war, um der Marke Unterscheidungskraft zu verleihen. Ein Slogan, dessen Bedeutung vage oder unergründlich ist oder dessen Deutung eine erhebliche geistige Anstrengung seitens der betreffenden Verbraucher erfordert, wird wahrscheinlich auch unterscheidungskräftig sein, da die Verbraucher nicht in der Lage wären, eine klare und direkte Verbindung zu den Waren und Dienstleistungen herzustellen, für die die Marke geschützt ist. Der Umstand, dass die maßgeblichen Verkehrskreise fachlich spezialisiert sind und ihre Aufmerksamkeitsgrad naturgemäß höher ist, kann keine entscheidenden Auswirkungen auf die rechtlichen Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens haben. Wie vom Gerichtshof erklärt, „folgt hieraus nicht zwangsläufig,

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 12 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

dass eine geringere Unterscheidungskraft des Zeichens ausreicht, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise fachlich spezialisiert sind“ (Urteil vom 12/07/2012, C-311/11 P, Wir machen das Besondere einfach, EU:C:2012:460, § 48). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts ist zudem der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise bei Werbebotschaften möglicherweise relativ gering, ob es sich nun um durchschnittliche Endverbraucher oder aufmerksamere Verkehrskreise aus Fachleuten oder verständigen Verbrauchern handelt. Diese Erkenntnis gilt auch für Waren und/oder Dienstleistungen, für die der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise grundsätzlich hoch ist, wie beispielsweise Finanzdienstleistungen und Geldgeschäfte (Urteile vom 29/01/2015, T-609/13, SO WHAT DO I DO WITH MY MONEY, EU:T:2015:688, § 27; und vom 29/01/2015, T-59/14, INVESTING FOR A NEW WORLD, EU:T:2015:56, § 27, sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Die folgende Beispiele zeigen einige der verschiedenen Zwecke, denen Slogans dienen können, und die Argumente, die eine Beanstandung gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV stützen können.

Unionsmarke Hauptfunktion Nummer der Rechtssache

Unionsmarke Nr. 5 904 438 MORE THAN JUST A CARD

für Klasse 36 (Bank-, Kredit- u.

Geldkartendienstleistungen)

Kundendienstaussage R 1608/2007-4

Beanstandet gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV. Der Slogan vermittelt bloß Informationen über die Waren und Dienstleistungen, für die Schutz beantragt wird. Dies ist die Art von Sprache, die ein englischer Muttersprachler benutzen würde, um eine Bankkarte zu beschreiben, die etwas vom Üblichen abweicht. Der Slogan vermittelt die Vorstellung, dass die Karte nützliche Funktionen hat, die nicht auf den ersten Blick offensichtlich sind. Die Tatsache, dass der Slogan offen lässt, um welche Funktionen es sich handelt, d. h., dass die Marke keine spezifische Dienstleistung oder Funktion der „Karte“ beschreibt, verleiht dieser Marke keine Unterscheidungskraft.

Unionsmarke Hauptfunktion Nummer der Rechtssache

Unionsmarke Nr. 7 394 414 WE PUT YOU FIRST. AND KEEP YOU

AHEAD für Klasse 40

Kundendienstaussage

(Entscheidung des Prüfers ohne

Rechtsprechung der Beschwerdekammern)

Beanstandet gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV. Die Marke ist eine anpreisende Werbebotschaft, die die positiven Aspekte der Dienstleistungen betont – nämlich, dass sie helfen, die beste geschäftliche Position zu erreichen und diese künftig zu beizubehalten.

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Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 13 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Unionsmarke Hauptfunktion Nummer der Rechtssache

Unionsmarke Nr. 6 173 249 SAVE OUR EARTH NOW

für die Klassen 3, 17, 18, 20, 22, 24, 25 und 28

Wertangabe oder politisches Motto R 1198/2008-4

Beanstandet gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV. Das Zeichen ist ein einfacher und direkter Appell, aktiv zu werden und einen Beitrag zum Wohl des Planeten zu leisten, indem man umweltfreundliche Produkte kauft. Im Gegensatz zu den Behauptungen des Anmelders, dass das Wort „now“ ein originelles Element bildet, da niemand glauben wird, dass er durch den Kauf der fraglichen Waren im wahrsten Sinne des Wortes die Erde jetzt retten wird, ist das Wort „NOW“ ein üblicherweise im Marketing benutztes emotionales Wort, das die Kunden bewegen soll, sich ohne zu warten das zu holen, was sie haben wollen; es ist ein Aufruf zum Handeln. Der betreffende Verbraucher wird das Zeichen sofort als einen anpreisenden Werbeausdruck erkennen und wahrnehmen, der angibt, dass die Waren eine umweltfreundliche Alternative zu anderen Waren gleicher Art bilden, und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft.

Unionsmarke Hauptfunktion Nummer der Rechtssache

Unionsmarke Nr. 4 885 323 DRINK WATER, NOT SUGAR

für die Klassen 32 und 33

Inspirierende oder motivierende Äußerung

R 718/2007-2

Beanstandet gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV. Die Marke ist ein banaler Slogan, der bloß die Idee vermittelt, dass der Verbraucher echtes Wasser statt eines gezuckerten Getränks trinken wird. Der Marke fehlt jede sekundäre oder verdeckte Bedeutung, sie hat keine fantasievollen Elemente, und ihre Botschaft an den Verbraucher ist schlicht, direkt und eindeutig. Aus diesen Gründen wird sie wahrscheinlich kaum als Zeichen für die betriebliche Herkunft wahrgenommen. Es ist leicht erkennbar, dass die Marke bloß aus einem guten Ratschlag besteht – dass es nämlich aus gesundheitlicher Sicht besser ist, Wasser zu trinken, das nicht gezuckert ist. Was wäre ein besseres Verfahren, um solche Waren zu bewerben, als ein Ausdruck wie DRINK WATER, NOT SUGAR? Verbraucher werden dies mit Wohlwollen lesen, doch an anderen Stellen auf dem Produkt nach der Marke suchen.

Unionsmarke Hauptfunktion Nummer der Rechtssache

DREAM IT, DO IT! Klassen 35, 36, 41 und 45

Inspirierende oder motivierende Äußerung

T-186/07

Die maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreise werden dies als eine Einladung oder Aufforderung begreifen, ihre Träume zu verwirklichen, und die Botschaft verstehen, dass die Dienstleistungen, auf die sich diese Marke bezieht, ihnen dies ermöglichen werden.

Unionsmarke Hauptfunktion Nummer der Rechtssache

VALORES DE FUTURO für Klasse 41

Wertangabe Urteil vom 06/12/2013,

T-428/12

Beanstandet gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV. Die maßgeblichen Verkehrskreise werden, wenn sie mit dem Ausdruck VALORES DE FUTURO konfrontiert werden, eine Anpreisung wahrnehmen, deren ausschließliches Ziel es ist, die betreffenden Dienstleistungen positiv darzustellen.

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Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 14 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Unionsmarke Hauptfunktion Nummer der Rechtssache

INVESTING FOR A NEW WORLD Klassen 35 und 36

Wertangabe Urteil vom 29/01/2015,

T-59/14

Beanstandet gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV. Das Zeichen INVESTING FOR A NEW WORLD als Ganzes dürfte, da es sich aus gemeinhin bekannten englischen Wörtern zusammensetzt, von den maßgeblichen Verkehrskreisen problemlos in dem Sinne verstanden werden, dass die angebotenen Dienstleistungen für die Erfordernisse einer neuen Welt bestimmt sind. Da die Dienstleistungen, auf die sich die angemeldete Marke bezieht, sämtlich im Zusammenhang mit Finanztätigkeiten stehen und eine enge Verbindung zu dem Wort „investing“ aufweisen, befand die Beschwerdekammer zu Recht, die mit dem Ausdruck „investing for a new world“ verbundene Botschaft laute, beim Erwerb der betreffenden Dienstleistungen werde mit dem investierten Geld oder Kapital eine Chance in einer neuen Welt geschaffen, was mit einer positiven Konnotation verbunden sei. Des Weiteren befand das Gericht die Tatsache, dass der fragliche Ausdruck unterschiedlich interpretiert werden könne, ändere nichts an seinem anpreisenden Charakter.

Unionsmarke Hauptfunktion Nummer der Rechtssache

SO WHAT DO I DO WITH MY MONEY Klassen 35 und 36

Wertangabe Urteil vom 29/01/2015,

T-609/13

Beanstandet gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV. Mit dem Ausdruck „so what do I do with my money“ wird der Verbraucher aufgefordert, sich zu fragen, was er mit seinen finanziellen Ressourcen und Vermögenswerten machen sollte. In diesem Fall wird sich der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der durch die Anmeldung abgedeckten Dienstleistungen beim Lesen oder Hören des Ausdrucks die Frage stellen, ob er sein Geld effektiv einsetzt.

Unionsmarke Hauptfunktion Nummer der Rechtssache

PIONEERING FOR YOU Klassen 7, 9, 11, 37 und 42

Wertangabe Urteil vom 12/12/2014,

T-601/13

Beanstandet gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV. Das Zeichen würde aufgefasst als „innovative for you“. Die Bedeutung des Zeichens ist klar und lässt keinerlei Zweifel offen. Die Struktur des Zeichens ist grammatikalisch korrekt und seine Bedeutung ist ohne Denkprozesse verständlich. Insgesamt handelt es sich um eine einfache Botschaft, die auf jeden Anbieter solcher Waren oder Dienstleistungen zutreffen könnte, sodass dieses Zeichen naturgemäß nicht geeignet ist, auf deren Herkunft hinzuweisen.

Einige Beispiele für akzeptierte Slogans:

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 15 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Unionsmarke Klassen Nummer der Rechtssache

SITEINSIGHTS Klassen 9 und 42 R 0879/2011-2,

Unionsmarke Nr. 9 284 597

Die Marke „SITEINSIGHTS“ zeugt von einer gewissen Originalität und Ausdruckskraft, weshalb sie leicht in Erinnerung bleibt. Sie enthält ein Wortspiel, da das Wort „SITE“ und das Element „SIGHT“ von „INSIGHTS“ gleich ausgesprochen werden.

Unionsmarke Klassen Nummer der Rechtssache

WET DUST CAN’T FLY Klassen 3, 7 und 37 T-133/13

Der Begriff des „wet dust“ ist im wahrsten Sinne des Wortes falsch, weil Staub kein Staub mehr ist,

wenn er nass wird. Folglich verleiht die Zusammenstellung dieser beiden Wörter dem Begriff einen

fantasievollen und unterscheidungskräftigen Charakter.

Ein Slogan ist gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV zu beanstanden, wenn er unmittelbar Informationen über Art, Beschaffenheit, Bestimmung und sonstige Merkmale der Waren bzw. Dienstleistungen vermittelt (siehe Richtlinien, Teil B, Prüfung, Abschnitt 4, Absolute Eintragungshindernisse, Kapitel 4, Beschreibende Marken).

7 Einfache Bildelemente Einfache geometrische Kennzeichen wie Kreise, Linien, Rechtecke oder übliche Fünfecke sind nicht in der Lage, eine Botschaft zu vermitteln, die sich Verbraucher merken können, und werden dementsprechend von ihnen nicht als Marke gesehen. Das Gericht hat entschieden, dass ein äußerst einfaches Zeichen bestehend aus einer geometrischen Grundfigur wie einem Kreis, einer Linie, einem Rechteck oder einem üblichen Fünfeck als solches nicht geeignet ist, eine Aussage zu vermitteln, an die sich die Verbraucher erinnern können, so dass sie es nicht als eine Marke ansehen werden. (Urteil vom 12/09/2007, T-304/05, Pentagon, EU:T:2012:271, § 22). Beispiele für abgelehnte Marken

Zeichen W. & D. Begründung Nummer der

Rechtssache

Klasse 33

Das Zeichen besteht bloß aus einem normalen Fünfeck, d. h. einer einfachen geometrischen Figur. Die geometrische Form würde, wenn sie zufällig der Form des Etiketts entspricht, so wahrgenommen, als habe sie einen funktionellen oder ästhetischen Zweck, jedoch nicht die Funktion eines Hinweises auf die Herkunft.

Urteil vom 12/09/2007,

T-304/05, Pentagon,

EU:T:2007:271

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 16 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Zeichen W. & D. Begründung Nummer der

Rechtssache

Klassen 9, 14,16, 18, 21, 24, 25,

28, 35-39,

41-45

Das Zeichen wird als äußerst vereinfachte geometrische Form wahrgenommen, im Wesentlichen als ein Parallelogramm. Um die Identifizierungsfunktion einer Marke zu erfüllen, sollte ein Parallelogramm Elemente enthalten, die es von anderen Parallelogramm-Darstellungen abheben. Die beiden Merkmale des Zeichens sind die Tatsache, dass es leicht nach rechts geneigt ist und dass die Basis leicht abgerundet und nach links ausgedehnt ist. Derartige Nuancen würden vom normalen Verbraucher nicht wahrgenommen.

Urteil vom 13/04/2011,

T-159/10,

Parallélogramme, EU:T:2011:176

Klassen 14,18, 25

Das Zeichen enthält keine Elemente, die aufmerksame maßgebliche Verkehrskreise problemlos und sofort im Gedächtnis behalten könnten. Es wird nur als dekoratives Element wahrgenommen, und zwar unabhängig von der Frage, ob es sich auf Waren der Klasse 14 oder auf solche der Klassen 18 und 25 bezieht.

Urteil vom 29/09/2009,

T-139/08, Smiley,

EU:T:2009:364

Klasse 9

Das Zeichen besteht aus einem elementaren gleichseitigen Dreieck. Die auf den Kopf gestellte Konfiguration und die rote Umrandung des Dreiecks dienen nicht dazu, dem Zeichen Unterscheidungskraft zu verleihen. Der Gesamteindruck, den es erweckt, bleibt der einer einfachen geometrischen Form, die nicht in der Lage ist, auf den ersten Blick eine Markenbotschaft zu vermitteln.

Internationale Registrierung Nr. 1 091 415

Klassen 3, 18, 24, 43,

44

Das Zeichen besteht bloß aus einer einfachen geometrischen Figur in grüner Farbe. Aufgrund ihres Anziehungsvermögens, ohne eine präzise Botschaft zu vermitteln, ist diese spezifische Farbe üblich und weit verbreitet in Werbung und Marketing für Waren und Dienstleistungen.

Urteil vom 09/12/2010,

T-282/09, Carré

convexe vert, EU:T:2010:508

Beispiel für eine akzeptierte Marke

Zeichen W. & D. Begründung Nummer der

Rechtssache

Klassen 35, 41

Das Zeichen erzeugt die Illusion zweier sich überlappender Dreiecke, allerdings handelt es sich um eine einzige Linie, die eine Bahn beschreibt, die in Wirklichkeit überhaupt keine Dreiecke erzeugt. Es handelt sich nicht um ein einfaches Nebeneinander zweier Grundformen, sondern eher um die kreative Anordnung von Linien, die für einen unterscheidungskräftigen Gesamteindruck sorgt.

Unionsmarke Nr. 10 948 222

Weitere Beispiele für einfache Bildelemente (in Kombination mit nicht unterscheidungskräftigen/beschreibenden Begriffen) finden sich in den Richtlinien, Teil B, Prüfung, Abschnitt 4, Absolute Eintragungshindernisse, Kapitel 4, Beschreibende Marken.

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 17 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

8 Gewöhnliche Bildelemente In einigen Fällen besteht das Bildelement aus einer Darstellung der Waren und Dienstleistungen, für die die Marke geschützt ist. Grundsätzlich wird besagte Darstellung als beschreibend und/oder nicht unterscheidungskräftig erachtet, wann immer es sich um eine naturgetreue Abbildung der Waren und Dienstleistungen handelt, oder wenn sie aus einer symbolischen/stilisierten Abbildung der Waren und Dienstleistungen besteht, die nicht erheblich von der üblichen Darstellung besagter Waren und Dienstleistungen abweicht. In anderen Fällen könnte es sein, dass das Bildelement die Waren und Dienstleistungen nicht darstellt, aber dennoch eine direkte Verbindung zu den Eigenschaften der Waren und/oder Dienstleistungen haben könnte. In solchen Fällen wird das Zeichen als nicht unterscheidungskräftig erachtet, es sei denn, es ist hinreichend stilisiert. Die folgende Darstellung eines Rebenblatts hat für Wein keine Unterscheidungskraft:

Gleichermaßen hat die folgende Darstellung einer Kuh für Milchprodukte keine Unterscheidungskraft:

Unionsmarke Nr. 11 345 998, angemeldet für die Klassen 29 (Milch und Milchprodukte usw.) und 35. Das oben abgebildete Zeichen wurde abgelehnt, da Darstellungen von Kühen üblicherweise in Bezug auf Milch und Milchprodukte benutzt werden. Die Tatsache, dass die betreffende Marke aus dem „Luftbild“ einer Kuh besteht, ist nicht ausreichend, um dem Zeichen Unterscheidungskraft zu verleihen, da geringfügige Abänderungen eines gewöhnlichen Zeichens dieses keineswegs unterscheidungskräftig machen. Die gleiche Begründung würde auch für verwandte Waren wie etwa „Milchschokolade“ gelten. Weitere Beispiele für gewöhnliche Bildelemente (in Kombination mit nicht unterscheidungskräftigen/beschreibenden Begriffen) finden sich in den Richtlinien, Teil B, Prüfung, Abschnitt 4, Absolute Eintragungshindernisse, Kapitel 4, Beschreibende Marken.

Page 18: PRÜFUNGSRICHTLINIEN FÜR UNIONSMARKEN AMT DER … · des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV, dass das Zeichen dazu dient, die Ware bzw. die Dienstleistung, für die die Eintragung

Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 18 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

9 Typografische Symbole Typografische Symbole wie Punkt, Komma, Semikolon, Anführungszeichen oder Ausrufezeichen werden von der Öffentlichkeit nicht als herkunftskennzeichnend wahrgenommen. Verbraucher nehmen sie als ein Zeichen wahr, das ihre Aufmerksamkeit erregen soll, jedoch nicht als ein Zeichen, das auf die betriebliche Herkunft hinweist. Eine ähnliche Begründung gilt für Währungssymbole wie etwa €-, £- und $-Zeichen; je nach betroffenen Waren informieren diese Zeichen die Verbraucher lediglich darüber, dass eine bestimmte Ware oder Dienstleistung in dieser Währung gehandelt wird. Die folgenden Marken wurden beanstandet.

Zeichen W. & D. Begründung Nummer der

Rechtssache

Klassen 14, 18 und 25

Das Gericht bestätigte die Feststellung der Beschwerdekammer, dass die angemeldete Marke nicht den notwendigen Grad an Unterscheidungskraft aufweist. Sie besteht bloß aus einem Satzzeichen mit keinen besonderen zusätzlichen Merkmalen, die für Kunden unmittelbar offensichtlich wären, und ist ein gewöhnliches Zeichen, das häufig im Geschäftsleben oder in der Werbung benutzt wird. Angesichts seines häufigen Gebrauchs sieht der Verbraucher das Ausrufezeichen bloß als anpreisende Werbung oder etwas, das ins Auge

fallen soll (Urteil vom 30/09/2009, T-75/08, !,

EU:T:2009:374).

Unionsmarke Nr. 5 332 184

Klassen 29, 30, 31 und

32

Das angemeldete Zeichen wurde abgelehnt, weil im Fall der Waren, für die die Marke geschützt ist, (Lebensmittel und Getränke) Prozentangaben besonders wichtig in Bezug auf den Preis sind. So gibt das Prozentzeichen beispielsweise klar an, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis günstig ist, weil der Preis im Vergleich zum Normalpreis um einen bestimmten Prozentsatz gesenkt wurde. Ein derartiges Prozentzeichen in einem roten Kreis wird auch häufig in Verbindung mit Schlussverkäufen, Sonderangeboten, Lagerräumungen oder billigen No-Name-Produkten usw. benutzt. Der Verbraucher betrachtet das Zeichen bloß als Piktogramm, das die Information vermittelt, dass die Waren, für die die Marke geschützt ist, zu einem reduzierten Preis verkauft werden (Entscheidung vom

16/10/2008, R 0998/2008-1, Weitere

mathematische Symbole % [Bildmarke]).

Unionsmarke Nr. 5 649 256

10 Piktogramme Piktogramme sind elementare und nicht verschönerte Zeichen und Symbole, die als informativ oder belehrend in Bezug auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen gedeutet werden. Entsprechende Beispiele wären Zeichen, die auf die Gebrauchsweise hinweisen (wie das Bild eines Telefons im Zusammenhang mit einem Pizzalieferdienst) oder die eine allgemein verständliche Botschaft vermitteln (wie eine Gabel und ein Messer im Zusammenhang mit einem Speiseangebot).

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 19 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Üblicherweise benutzte Piktogramme, beispielsweise ein weißes „P“ auf blauem Hintergrund zur Bezeichnung eines Parkplatzes (dieses Zeichen wäre gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d UMV zu beanstanden) oder das Design einer Eiscreme, um darauf hinzuweisen, dass in der Nähe Eiscreme verkauft wird, haben keine Unterscheidungskraft im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen, in Bezug auf die sie benutzt werden.

Zeichen Begründung Nummer der

Rechtssache

Wenn man die Art der Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, für die in den Klassen 9, 35, 36, 38 und 42 Schutz beantragt wird (z. B. Geldautomaten, Bankdienstleistungen), sieht die Öffentlichkeit das Zeichen als einen praktischen Hinweis oder als Richtungspfeile, die darauf hinweisen, wo die Geldkarte in den Automaten eingeschoben werden muss. Die Verbindung der Dreiecke mit den anderen Bestandteilen der angemeldeten Marke bedeutet, dass die betreffende Öffentlichkeit sie als Richtungspfeile wahrnimmt. Die Verbraucher sehen diese Art von praktischer Information jeden Tag an allen möglichen Orten wie etwa Banken, Supermärkten, Bahnhöfen, Flughäfen, Parkhäusern, Telefonzellen usw. (§ 37– 42).

Urteil vom 02/07/2009,

T-414/07, Main tenant

une carte, EU:T:2009:242

Unionsmarke Nr. 9 894 528 für Waren der Klasse 9

Dieses Zeichen wurde abgelehnt, da es identisch mit dem Kern des internationalen Sicherheitssymbols für „Hochspannung“ oder „Warnung vor gefährlicher elektrischer Spannung“ ist. Das angemeldete Kennzeichen innerhalb des Dreiecks, das ein Gefahrensymbol kennzeichnet, wurde offiziell durch ISO 3864 als Standard-Hochspannungssymbol definiert. Da dieses Zeichen im Wesentlichen mit dem üblichen internationalen Zeichen für den Warnhinweis auf Hochspannungsgefahr zusammenfällt, wurde es gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV abgelehnt.

Entscheidung vom 21/09/2012,

R 2124/2011-5,

KENNZEICHEN EINES BLITZES

(Bildmarke)

Abgelehnt für Waren der Klasse 9. Die Verkehrskreise werden es als ein Piktogramm auf einem Mobiltelefon, Computer, Tablet oder Ähnlichem wahrnehmen, das auf den Zugriff auf ein Programm oder eine Applikation hinweist, die der Benutzer zum Anfertigen von Notizen oder zum Verfassen von Texten verwenden kann. Einige dieser Applikationen konvertieren handschriftlichen Text in maschinenschriftlichen Text.

Unionsmarke Nr. 12 717 914

Abgelehnt für Waren der Klasse 9. Die Verkehrskreise werden dieses Balkendiagramm als ein Piktogramm auf einem Mobiltelefon, Computer, Tablet oder Ähnlichem wahrnehmen, das auf den Zugriff auf ein Programm, ein Tool oder eine Applikation hinweist, die der Benutzer zum Erstellen von statistischem Material verwenden kann.

Unionsmarke Nr. 12 717 823

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 20 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Zeichen Begründung Nummer der

Rechtssache

Abgelehnt für Waren der Klasse 9. Die Verkehrskreise werden diesen schematisierten Tisch oder dieses Pult als ein Piktogramm auf einem Mobiltelefon, Computer, Tablet oder Ähnlichem wahrnehmen, das auf den Zugriff auf ein Programm oder eine Applikation hinweist, die der Benutzer zum Erstellen und Speichern von Präsentationen, Reden oder Vorträgen verwenden kann.

Unionsmarke Nr. 12 717 682

11 Allgemein übliche Etiketten ohne Unterscheidungskraft

Ein Bildzeichen kann aus Formen, Designs oder Figuren bestehen, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Etiketten ohne Unterscheidungskraft wahrgenommen werden. In diesem Fall ist der Grund für die Ablehnung in der Tatsache begründet, dass solche Bildelemente nicht in der Lage sind, sich beim Verbraucher ins Gedächtnis einzuprägen, da sie zu einfach sind und/oder weit verbreitet im Zusammenhang mit den Waren/Dienstleistungen benutzt werden, für die Schutz beantragt wird. Siehe folgende Beispiele

Zeichen Begründung Fall

Unionsmarke Nr. 4 373 403,

angemeldet als dreidimensionale Marke mit

Schutz für Waren der Klasse 16 (Klebeetiketten;

Klebeetiketten für die Anwendung mit

Handetikettierern; und Etiketten [nicht für Textilien])

Die angemeldete Marke ist „frei von jeder Unterscheidungskraft“ und wurde gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV als banal und gewöhnlich abgelehnt, da sie in Verbindung mit Klebeetiketten gebracht werden kann. Das Zeichen sagt eine Menge über die Art der Waren und sehr wenig – wenn überhaupt – über die Identität des Herstellers aus (§ 11).

Entscheidung vom 22/05/2006,

R 1146/2005-2

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 21 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Zeichen Begründung Fall

Unionsmarke Nr. 9 715 319 für Waren der Klassen 6, 7,

8, 9 und 20

Die Marke wurde abgelehnt, da ihre elementare Form, die lediglich mit einer hellgelben Farbe kombiniert war, in der Wahrnehmung des betreffenden professionellen und des allgemeinen Publikums nicht dazu dienen kann, die Waren, für die Schutz beantragt wurde, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu unterscheiden. Hier kann die Farbe Gelb als Dekoration der Waren und als dem Zweck dienend angesehen werden, die Aufmerksamkeit auf die Waren zu lenken, ohne eine spezifische Information oder präzise Botschaft im Hinblick auf die betriebliche Herkunft der Waren zu liefern. Darüber hinaus wird leuchtendes Gelb, wie allgemein bekannt ist, in Bezug auf ein breites Spektrum von Waren benutzt, d. h. unter anderem zur Erhöhung der Sichtbarkeit der Gegenstände, zur Hervorhebung oder als Warnung. Aus diesen Gründen erkennen die maßgeblichen Verbraucher diese Farbe nicht als Marke, sondern werden sie als eine Warnung oder Dekoration wahrnehmen.

Entscheidung vom 15/01/2013,

R 0444/2012-2,

Kennzeichen eines Etiketts in gelber Farbe

In gleicher Weise wurden die folgenden Marken abgelehnt.

Unionsmarke Nr. 11 177 912, die für die Klassen 29, 30 und 31 gilt

Unionsmarke Nr. 11 171 279, die für die Klassen 29, 30 und 31 gilt

Unionsmarke Nr. 10 776 599, die u. a. für Waren der Klassen 32

und 33 gilt

In den drei vorstehenden Fällen sind sowohl die Farbe als auch die Form der Etiketten recht gewöhnlich. Die gleiche Begründung gilt für die stilisierte Darstellung der Früchte in dem letzten der drei Fälle. Zudem stellt besagtes Bildelement die Inhaltsstoffe einiger der angemeldeten Waren, z. B. Fruchtsäfte, dar oder spielt zumindest deutlich auf sie an.

12 Dreidimensionale Marken

12.1 Einführende Bemerkungen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Markenkategorien bei der Beantwortung der Frage, ob eine Marke in der Lage ist, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteil vom 05/03/2003, T-194/01, Soap device, EU:T:2003:53, § 44). Bei der Anwendung dieser einheitlichen gesetzlichen Norm auf verschiedene Marken und Markenkategorien muss entsprechend der Wahrnehmung der Verbraucher und den Marktbedingungen unterschieden werden.

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 22 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Bei Zeichen, die aus der Form der Waren selbst bestehen, werden keine strengeren Kriterien als für andere Marken angewendet, doch kann es schwieriger sein, die Unterscheidungskraft festzustellen, da derartige Marken von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht zwangsläufig in der gleichen Weise wahrgenommen werden können wie eine Wort- oder Bildmarke (Urteil vom 08/04/2002, C-136/02 P, Torches, EU:C:2004:592, § 30). Dreidimensionale Marken können in drei Kategorien unterteilt werden:

Formen, die keine Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen selbst haben

Formen, die aus der Form der Waren selbst oder Teilen von diesen bestehen

Aufmachungs- oder Behälterform.

12.2 Formen, die keine Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen selbst haben

Formen, die keine Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen selbst haben (z. B. das Michelin-Männchen), sind in der Regel unterscheidungskräftig.

12.3 Form der Waren selbst oder Formen, die eine Verbindung mit den Waren oder Dienstleistungen haben

Die entwickelte Rechtsprechung für dreidimensionale Marken, die aus der Darstellung der Form des Produkts selbst bestehen, ist auch relevant für Bildmarken, die aus zweidimensionalen Darstellungen des Produkts oder Bestandteilen dieses Produkts bestehen (Urteil vom 14/09/2009, T-152/07, Uhr, EU:T:2009:324). Für eine Form, die die Form oder Aufmachung der angemeldeten Waren ist, sollte die Prüfung in den drei nachstehend genannten Schritten durchgeführt werden. Schritt 1: Analyse gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e UMV: Der Prüfer sollte zunächst prüfen, ob eines der Eintragungshindernisse gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e UMV gegeben ist, da dieses nicht durch erworbene Unterscheidungskraft auszuräumen ist. Bezüglich dieses ersten Schrittes siehe Richtlinien, Teil B, Prüfung, Abschnitt 4, Absolute Eintragungshindernisse, Kapitel 14, Erwerb der Unterscheidungskraft durch Benutzung. Schritt 2: Ermittlung der Bestandteile der dreidimensionalen Marke Im zweiten Schritt sollte der Prüfer bestimmen, ob die Darstellung der dreidimensionalen Marke andere Bestandteile wie etwa Wörter oder Etiketten enthält, die der Marke Unterscheidungskraft verleihen könnten. Grundsätzlich verleiht jeder Bestandteil, der selbst unterscheidbar ist, der dreidimensionalen Marke Unterscheidungskraft, solange dieser bei der normalen Benutzung des Produkts wahrnehmbar ist und ausreicht, um die Marke eintragungsfähig zu machen. Typische Beispiele sind Wörter oder Bildelemente oder Kombinationen aus diesen, die auf der Außenseite der Form erscheinen und klar sichtbar bleiben, etwa Etiketten auf Flaschen. Infolgedessen kann selbst die Standardform eines Produkts als

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 23 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

dreidimensionale Marke eingetragen werden, wenn eine unterscheidungskräftige Wortmarke oder ein Etikett auf ihr erscheint. Nicht unterscheidungskräftige Bestandteile oder beschreibende Elemente in Kombination mit einer Standardform verleihen dieser Form jedoch keine Unterscheidungskraft (Urteil vom 18/01/2013, T-137/12, Vibrator, EU:T:2013:26, § 34-36).

Zeichen Fall

R 1511/2013-2

(26/11/2015, T-390/14, JK

KANGOO JUMPS XR, EU:T:2015:897)

Die Beschwerdekammer bestätigte, dass das Bildelement „KANGOO JUMPS“ (jeweils am oberen und unteren Federungsteil) sowie die Buchstaben „KJ“ und „XR“ (an den Enden der in der Mitte verlaufenden elastischen Kunststoffbänder) nur sehr schwierig oder gar nicht sichtbar seien. Teile wie diese, die nur anhand einer eingehenden Prüfung erkennbar seien, würden grundsätzlich nicht als Herkunftshinweis wahrgenommen (§ 29). Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Beschwerdekammer und erklärte, dass die Wort- und Bildelemente der Marke äußerst klein seien und daher von solch oberflächlicher Art seien, dass sie der angemeldeten Marke als Ganzes keine Unterscheidungskraft verleihen könnten. (§ 27)

Zeichen Fall

12/07/2012, T-323/11, Botella,

EU:T:2012:376

Im Mittelteil der Flasche ist die Abbildung einiger Steine eingeprägt. Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Beschwerdekammer, die befand, der Anmelder habe nicht nachgewiesen, dass die europäischen Verbraucher über ausreichend Informationen und Kenntnisse verfügten, um zu erkennen, dass die Prägung im Mittelteil der betreffenden Flasche den in Inka-Bauten verwendeten Stein der zwölf Ecken darstelle. Ohne diesen Nachweis nähmen europäische Verbraucher die Prägung lediglich als solche wahr, ohne sich deren Bedeutung bewusst zu sein, woraus folge, dass sie sie als reine Dekoration ohne Unterscheidungskraft wahrnähmen, da sie nicht besonders originell oder auffällig sei und somit nicht dazu diene, die betreffende Flasche von anderen Flaschen zu unterscheiden, wie sie weithin für die Abfüllung von Bieren verwendet würden (§ 25 ff.).

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 24 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Zeichen Fall

18/01/2013, T-137/12, Vibrator,

EU:T:2013:26

Das Gericht befand, das beschreibende Element „fun“ verleihe dem 3D-Zeichen keine Unterscheidungskraft. Zudem habe die Beschwerdekammer das Element „factory“ oberhalb des Wortes „fun“ zu Recht nicht berücksichtigt, da es in der Wiedergabe nicht lesbar sei (§ 34 ff.).

Schritt 3: Kriterien für die Unterscheidungskraft der Form selbst Schließlich müssen die Kriterien für die Unterscheidungskraft der Form selbst geprüft werden. Der grundlegende Test besteht in der Analyse, ob die Form so wesentlich von elementaren, gewöhnlichen oder erwarteten Formen abweicht, dass sie den Verbraucher in die Lage versetzt, die Waren lediglich anhand ihrer Form zu identifizieren und den gleichen Artikel erneut zu kaufen, wenn er positive Erfahrungen mit den Waren gemacht hat. Ein gutes Beispiel dafür ist tiefgekühltes Gemüse in der Form eines Krokodils. Die folgenden Kriterien sind von Relevanz, wenn die Unterscheidungskraft von dreidimensionalen Marken geprüft wird, die ausschließlich aus der Form der Waren selbst bestehen:

Eine Form ist nicht unterscheidungskräftig, wenn es sich um eine elementare Form (Urteil vom 19/09/2001, T-30/00, Henkel gegen OHMI, Image d’un produit détergent, EU:T:2001:223) oder eine Kombination elementarer Formen handelt (Entscheidung vom 13/04/2000, R 263/1999-3).

Um unterscheidungskräftig zu sein, muss die Form signifikant von der Form abweichen, die vom Verbraucher erwartet wird, und sie muss signifikant von der Norm oder den Gepflogenheiten der Branche abweichen. Je mehr die Form jener Form ähnelt, die das fragliche Produkt höchstwahrscheinlich annimmt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht unterscheidungskräftig ist (Urteil vom 07/10/2004, C-136/02 P, Torches, EU:C:2004:592, § 31).

Es genügt nicht, wenn die Form lediglich eine Variante einer gewöhnlichen Form oder eine Variante einer Reihe von Formen in einem Bereich ist, in dem es eine sehr große Designvielfalt gibt (Urteile vom 07/10/2004, C-136/02 P, Torches, EU:C:2004:592, § 32; und vom 07/02/2002, T-88/00, Torches, EU:T:2002:28, § 37).

Funktionelle Formen oder Merkmale einer dreidimensionalen Marke werden vom Verbraucher als solche wahrgenommen. Beispielsweise vermeiden Waschmitteltabletten, deren Kanten abgeschrägt sind, Schäden an Wäsche, und verschiedene Farben verkörpern die Präsenz verschiedener aktiver Inhaltsstoffe.

Während die Öffentlichkeit daran gewöhnt ist, eine dreidimensionale Marke als Herkunftshinweis zu erkennen, gilt dies nicht notwendigerweise, wenn das

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Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 25 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

dreidimensionale Zeichen nicht vom Produkt selbst unterscheidbar ist. Daraus folgt, dass die Beurteilung der Unterscheidungskraft bei dreidimensionalen Marken, die in der Darreichungsform der Ware selbst bestehen, und bei Bildmarken, die in der naturgetreuen Wiedergabe derselben Ware bestehen, nicht zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen kann (Urteil vom 19/09/2001, T-30/00, Henkel gegen OHMI, Image d’un produit detergent, EU:T:2001:223, § 49.). Sonderfall: 3D-Marken in Bezug auf Spielzeuge, Puppen und Spielfiguren Anmeldungen von 3D-Marken in Bezug auf Spielzeug, Puppen und Spielzeugfiguren in Klasse 28 oder von Bildmarken, die aus einer getreuen Darstellung solcher Waren bestehen, sind in der gleichen Weise wie andere 3D-Marken zu beurteilen. Um unterscheidungskräftig zu sein, muss die Form signifikant von der Form abweichen, die vom Verbraucher erwartet wird. Mit anderen Worten, sie muss signifikant von der Norm oder den Gepflogenheiten der Branche abweichen, sodass sie den Verbraucher in die Lage versetzt, die Waren lediglich anhand ihrer Form zu identifizieren. Dies wird unter Umständen durch die Fülle und Verbreitung von Plüschtieren, Figuren, Puppen und Charakterdesigns in dieser Branche erschwert. Es wird grundsätzlich nicht ausreichen, lediglich ein gängiges Plüschtier wie einen Hasen oder eine Katze mit einfachen Kleidungsstücken oder grundlegenden menschlichen Merkmalen wie Augen oder Mund auszustatten. Es ist üblich, bekleidete Puppen und Plüschtiere und eine separate Reihe von Kleidungsstücken anzubieten, sodass der Käufer dieser Waren das Erscheinungsbild des Spielzeugs verändern kann. Es ist ebenfalls üblich, Spielzeug zu vermenschlichen, um es attraktiver zu machen. In einem solchen Volumenmarkt wird der maßgebliche Verbraucher bei einer derartigen Präsentation dieser Waren unweigerlich Mühe haben, in solchen Marken eine Herkunftsangabe zu erkennen, sofern er diese nicht schon einmal gesehen hat. Je einfacher der Charakter ist, desto ungewöhnlicher müssen die zusätzlichen Elemente sein, um ein Ganzes zu schaffen, das sicherstellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise in der Lage sind, die Waren des Anmelders von ähnlichen Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die endgültige Schlussfolgerung muss auf dem Erscheinungsbild des Zeichens als Ganzes basieren. Beispiele Nachstehend folgt eine Aufzählung von Beispielen für Warenformen, für die Schutz beantragt wird, und deren Analyse.

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 26 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Zeichen Begründung Fall

Bildmarken, die die grafische Darstellung einer naturalistischen Reproduktion der Waren selbst zeigen, sind nicht unterscheidungskräftig im Zusammenhang mit diesen Waren. Die Darstellung einer Tablette für „Wasch- oder Spülmaschinenzubereitungen in Tablettenform“ wurde abgelehnt. Die Form, d. h. eine rechteckige Tablette, ist eine elementare und offensichtliche Form für ein Produkt, das für den Gebrauch in Wasch- oder Spülmaschinen vorgesehen ist. Die leicht abgerundeten Ecken der Tablette werden von Verbrauchern wahrscheinlich nicht als Unterscheidungsmerkmal der fraglichen Form wahrgenommen (Urteil vom 19/09/2001, T-30/00, Henkel gegen OHMI, Image d’un produit detergent, EU:T:2001:223, § 44, 53). Der gleiche Ansatz wurde durch mehrere Urteile bestätigt, einschließlich jenes vom 04/10/2007, C-144/06 P, Tabs (3D), EU:C:2001:577.

Urteil vom 19/09/2001,

T-30/00,

Henkel gegen OHMI, Image d’un produit

détergent EU:T:2001:223

Diese Form wurde abgelehnt, da sie bloß eine Variante einer gewöhnlichen Form dieser Produktart, d. h. Taschenlampen, ist (§ 31).

Urteil vom 07/10/2004,

C-136/02 P, Torches,

EU:C:2004:592

Diese Form wurde abgelehnt, da sie nicht signifikant von der Norm oder den Gepflogenheiten der Branche abweicht. Wenngleich die Waren in diesem Sektor typischerweise aus langen Formen bestehen, gibt es verschiedene andere Formen auf dem Markt, die kugelförmig oder rund sind (§ 29). Die Hinzufügung des kleinen beschreibenden Wortbestandteils „fun factory“ kann die fehlende Unterscheidungskraft der Gesamtform nicht ausgleichen (§ 36).

Urteil vom 18/01/2013,

T-137/12, Vibrator,

EU:T:2013:26.

Der Gerichtshof bestätigte die Ablehnung dieses dreidimensionalen Zeichens als nicht ausreichend verschieden von den Formen und Farben jener Zeichen, die gewöhnlich im Süßigkeiten- und Schokoladensektor benutzt werden. Die Kombination mit Bildelementen bedingt nicht die Anwendung der Kriterien für zweidimensionale Marken.

Urteil vom 06/09/2012,

C-96/11 P,

Milchmäuse, EU:C:2012:537

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 27 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Zeichen Begründung Fall

Diese aus einem Griff bestehende dreidimensionale Marke, die für Waren der Klasse 8 (handbetätigte Geräte für land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke, einschließlich Gartenscheren, Baumscheren, Heckenscheren; handbetätigte Schergeräte) angemeldet wurde, wurde abgelehnt.

Urteil vom 16/09/2009,

T-391/07, Teil des

Handgriffes, EU:T:2009:336

Das Gericht bestätigte die Rechtsprechung zur fehlenden Unterscheidungskraft von dreidimensionalen Marken, die aus der Form der Ware selbst oder ihrer Verpackung bestehen. Selbst wenn die ovale Grundform in der Unionsmarkenanmeldung eine komplexe Vertiefung auf der Oberfläche hat, kann dies nicht als erheblich unterschiedlich zu den Formen der auf dem Markt erhältlichen Bonbons betrachtet werden.

Urteil vom 12/12/2013,

T-156/12, Oval, EU:T:2013:642

Die angemeldete Papageienfigur weicht an sich nicht ausreichend von der üblichen Form von Plüschpapageien ab, um als Marke betrachtet zu werden. Ihre Farbe ähnelt dem Grün, das recht häufig für Papageien verwendet wird. Ihr Kopf ist ungewöhnlich groß und die Figur steht aufrecht, jedoch würde nach Auffassung der Beschwerdekammer die Mehrheit der Verbraucher die Papageienform als ein gewöhnliches Spielzeugdesign in Form eines Papageien und als ein eher banales Spielzeug wahrnehmen,, und nicht als Herkunftshinweis (§ 16).

R 2131/2013-5

Akzeptiert Unionsmarke

Nr. 15 240 534

Diese Kriterien sind analog, mutatis mutandis, auf Formen anzuwenden, die zu Dienstleistungen eine klare Verbindung haben, wie z. B.: die Form einer Waschmaschine für Wäschedienste.

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 28 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Klasse 35 – Einzelhandelsdienstleistungen für verschiedene Waren und Dienstleistungen.

Die Rechtsprechung für 3D-Marken, die aus der Form der Waren bestehen, gilt auch in Bezug auf die Dienstleistungen. Das „Erscheinungsbild“ oder Aussehen der Dienstleistungen beruht insbesondere auf der Umgebung, in der sie angeboten werden, und/oder den Mitteln, die eingesetzt werden, um dem relevanten Verbraucher die Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Ein derartiges „Erscheinungsbild“ besitzt nur dann Unterscheidungskraft, wenn es erheblich von den Normen der betroffenen Branche abweicht. Der in der Anmeldung abgebildete Verkaufsraum wird so wahrgenommen werden, als habe er nur die funktionale Aufgabe, den Kunden den bequemen Erwerb der zur Ansicht und zum Verkauf angebotenen Waren und Dienstleistungen zu ermöglichen.

R 2224/2015-1

12.4 Form der Aufmachung Die gleichen Kriterien gelten für die Form von Flaschen oder Behältern für die Waren. Die angemeldete Form muss sich wesentlich von einer Kombination elementarer oder gewöhnlicher Elemente unterscheiden und auffällig sein. Im Behältersektor ist ebenfalls auf den funktionellen Charakter eines bestimmten Bestandteils zu achten. Im Behälter- und Flaschensektor können sich die Branchengepflogenheiten für verschiedene Warenarten voneinander unterscheiden. Daher empfiehlt es sich, eine Suche zu der Frage durchzuführen, welche Formen auf dem Markt zu finden sind, indem eine ausreichend breitgefasste Kategorie betroffener Waren gewählt wird (d. h., um die Unterscheidbarkeit eines Milchbehälters zu beurteilen, ist eine Suche in Bezug auf Getränkebehälter allgemein durchzuführen; siehe diesbezüglich die Schlussanträge des Generalanwalts vom 14/07/2005, C-173/04, P, Deutsche SiSi-Werke gegen HABM, EU:C:2005:474).

Zeichen Begründung Fall

Die angemeldete Form wurde abgelehnt, da die Ansicht vertreten wurde, dass in Goldfolie verpackte Schokolade in Form eines Hasen ein allgemein übliches Phänomen auf dem Markt ist, das der betreffenden Branche entspricht. Die Analyse der individuellen Elemente, d. h. der Form eines Hasen, der Goldfolienverpackung und des roten Bandes mit dem Glöckchen, ergab, dass es ihnen sowohl einzeln als auch gemeinsam an Unterscheidungskraft fehlt

(§ 44-47).

Urteil vom 24/05/2012,

C-98/11 P, Hase,

EU:C:2012:307

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Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 29 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Zeichen Begründung Fall

Für die Marke, die Darstellung einer zusammengedrehten Verpackung (und damit nicht das Produkt selbst), wurde die Eintragung abgelehnt, da dies eine „normale und traditionelle Form für die Verpackung von Bonbons“ (Wicklerform) ist „[d]erartig verpackte Bonbons […] auf dem Markt vielfach vorhanden [sind]“. (§ 56). Gleiches gilt in Bezug auf die Farbe der fraglichen Verpackung, d. h. „Hellbraun (karamellfarben)“. Diese Farbe hat als solche nichts Ungewöhnliches, und ihre Verwendung für Bonbonverpackungen ist auch nicht selten (§ 56). Daher wird der Durchschnittsverbraucher diese Verpackung nicht als Herkunftshinweis wahrnehmen, sondern bloß als eine Bonbonverpackung.

Urteil vom 10/11/2004,

T-402/02,

Bonbonverpackung, EU:T:2004:330

Die Ablehnung der angemeldeten Form wurde vom Gericht bestätigt. Der lang gestreckte Hals der Flasche und ihr abgeflachter Hauptteil weichen nicht von der gewöhnlichen Form einer Flasche ab, die die Waren enthält, für die Schutz beantragt wurde, d. h. Lebensmittelprodukte, einschließlich Fruchtsäften, Gewürze und Milchprodukten. Zudem sind weder die Länge des

Flaschenhalses noch sein Durchmesser noch das Verhältnis zwischen Breite und Dicke der Flasche in irgendeiner Weise individuell (§ 50). Selbst wenn die seitlichen Mulden in der Flasche alleine Unterscheidungskraft hätten, wären diese allein nicht ausreichend, um den durch die angemeldete Marke hervorgerufenen Gesamteindruck so stark zu beeinflussen, dass die Marke damit erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abwiche (§ 53).

Urteil vom 15/03/2006,

T-129/04,

Plastikflaschenform, EU:T:2006:84

Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass auf Flaschen in der Regel Linien und Rillen zu finden sind. Das Relief am Flaschenhals ist nicht ausreichend auffällig, sondern wird als rein dekoratives Element wahrgenommen. Insgesamt hat die Kombination aus den Elementen keine ausreichende Unterscheidungskraft. Der Durchschnittsverbraucher von Waren der Klasse 32 würde die Form nicht als Hinweis auf die Herkunft von Waren der Klasse 32 sehen.

Urteil vom 19/04/2013,

T-347/10,

Getränkeflasche, EU:T:2013:201

13 Mustermarken Eine Bildmarke kann als „Muster“ angesehen werden, wenn sie ausschließlich aus einer Reihe von Elementen besteht, die regelmäßig wiederholt werden. Mustermarken können jede Art von Waren und Dienstleistungen abdecken. In der Praxis werden sie jedoch gewöhnlich eher im Zusammenhang mit Waren wie Papier, Stoffen, Bekleidungsartikeln, Lederwaren, Schmuck, Tapeten, Möbeln, Fliesen, Reifen, Baumaterialien usw. angemeldet – also mit Waren, die normalerweise ein Design aufweisen. In diesen Fällen ist das Muster nichts anderes als das äußere Erscheinungsbild der Waren. Selbst wenn Muster in Form quadratischer/rechteckiger Etiketten dargestellt werden können, sollten sie dennoch so beurteilt werden,, als

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Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 30 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

würden sie die gesamte Oberfläche der Waren bedecken, für die Schutz beantragt wird. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die Beurteilung des Designs – wenn eine Mustermarke für Waren wie Getränke oder allgemein flüssige Substanzen Schutz beansprucht, d. h. Waren, die normalerweise in Behältern vertrieben und verkauft werden – so erfolgen sollte, als würde es die Außenfläche des Behälters/der Verpackung selbst bedecken. Aus diesen Ausführungen folgt, dass der Prüfer bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Mustern in der Regel die gleichen Kriterien benutzen sollte, wie sie für dreidimensionale Marken gelten, die aus dem Erscheinungsbild des Produkts selbst bestehen (Urteil vom 19/09/2012, T-329/10, Stoffmuster, EU:T:2012:436). Was Dienstleistungen betrifft, so sollte der Prüfer berücksichtigen, dass Mustermarken in der Praxis auf Briefköpfen, in Korrespondenz, auf Rechnungen, auf Websites, in Werbeanzeigen, auf Geschäftsschildern usw. benutzt werden. Grundsätzlich hat ein Muster keine Unterscheidungskraft, wenn es gewöhnlich, traditionell und/oder typisch ist. Zudem mangelt es Mustern, die aus elementaren, einfachen Designs bestehen, gemeinhin an Unterscheidbarkeit. Die Ablehnung liegt in dem Umstand begründet, dass derartige Muster keine „Botschaft“ vermitteln, die das Zeichen für Verbraucher leicht einprägbar machen könnten. Paradoxerweise gilt Gleiches für Muster, die aus einem außergewöhnlich komplexen Design zusammengesetzt sind. In diesen Fällen erlaubt es die Komplexität des Gesamtdesigns nicht, die individuellen Details des Designs im Gedächtnis zu behalten (Urteil vom 09/10/2002, T-36/01, Auf der Oberfläche eines Glaserzeugnisses angebrachtes Muster, EU:T:2002:245, § 28). Tatsächlich würde das Zielpublikum derartige Muster in vielen Fällen als bloß dekorative Elemente wahrnehmen. Diesbezüglich muss berücksichtigt werden, dass der Durchschnittsverbraucher dazu neigt, die Dinge nicht analytisch zu betrachten. Eine Marke muss es daher angemessen gut informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern der fraglichen Waren/Dienstleistungen ermöglichen, das betreffende Produkt auch ohne analysierende und vergleichende Betrachtungsweise sowie ohne besondere Aufmerksamkeit von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteile vom 12/02/2004, C-218/01, Perwoll, EU:C:2004:88, § 53; 12/01/2006, C-173/04 P, Standbeutel, EU:C:2006:20, § 29). Die Tatsache, dass das Muster auch andere Funktionen bzw. Wirkungen haben kann, ist ein zusätzliches Argument zugunsten der Schlussfolgerung, dass es ihm an Unterscheidungskraft fehlt. Wenn ein Muster dagegen fantasievoll, ungewöhnlich bzw. willkürlich ist, von der Norm oder den Gepflogenheiten der Branche abweicht oder sich allgemeiner leicht von den Zielverbrauchern eingeprägt werden kann, verdient es gemeinhin den Schutz als Unionsmarke. Wie oben zu sehen, ist die Unterscheidungskraft von Mustermarken gemeinhin unter Bezugnahme auf Waren zu beurteilen. Nichtsdestotrotz hat eine Mustermarke, die als nicht unterscheidungskräftig für die mit ihr angemeldeten Waren gehalten wird, auch als nicht unterscheidungskräftig für Dienstleistungen zu gelten, die mit diesen Waren eng zusammenhängen. Beispielsweise muss ein Stickmuster, das keine Unterscheidungskraft für Bekleidungsartikel und Lederwaren hat, auch als nicht unterscheidungskräftig für Einzelhandelsdienstleistungen, die diese Waren betreffen, angesehen werden (analog dazu siehe Entscheidung vom 29/07/2010, R 0868/2009-4,

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Darstellung einer Hosentasche [Bildmarke]). Die gleichen Erwägungen gelten für ein Stoffmuster in Bezug auf Dienstleistungen wie die Stoffherstellung. Nachstehend folgt eine nicht erschöpfende Aufzählung von Beispielen für Mustermarken.

Zeichen Begründung Fall

Unionsmarke Nr. 8 423 841, angemeldet als Bildmarke der Klassen 18, 24 und 25

Die Kriterien für dreidimensionale aus dem Erscheinungsbild des Produkts selbst bestehende Marken gelten auch für Bildmarken, die aus dem Erscheinungsbild des Produkts selbst bestehen. Im Allgemeinen gilt eine Marke, die aus einem dekorativen Muster besteht, das einfach und gewöhnlich ist, als frei von jedem Element, das die Aufmerksamkeit der Verbraucher erregen könnte, und als nicht ausreichend, um auf die Herkunft oder den Ursprung der Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen. Die abgebildete Mustermarke war ein Textilmuster, und daher wurde davon ausgegangen, dass die Marke das Erscheinungsbild der Waren selbst beinhaltet, da sie für die Klassen 18, 24 und 25 angemeldet wurde.

Urteil vom 19/09/2012,

T-326/10, Stoffmuster,

EU:T:2012:436, § 47–48

Unionsmarke Nr. 8 423 501, angemeldet als Bildmarke der Klassen 18, 24 und 25

In diesem Fall bestätigte das Gericht – ähnlich wie im vorhergehenden Fall – die Ablehnung der Marke.

Urteil vom 19/09/2012,

T-329/10, Stoffmuster,

EU:T:2012:436

Unionsmarke Nr. 5 066 535, angemeldet als Bildmarke

der Klasse 12 (Reifen)

Wenn die Marke aus einer stilisierten Darstellung der Waren oder Dienstleistungen besteht, sieht der betreffende Verbraucher auf den ersten Blick die bloße Darstellung des gesamten Produkts oder eines bestimmten Teils davon. In diesem Fall einer Anmeldung für Reifen würde der maßgebliche Verbraucher die Marke bloß als eine Darstellung der Rillen eines Reifens wahrnehmen und nicht als Hinweis auf seine Herkunft oder seinen Ursprung. Das Muster ist banal, und die Marke kann ihre herkunftskennzeichnende Funktion nicht erfüllen.

Entscheidung des Prüfers ohne

Rechtsprechung der Beschwerdekammern

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Zeichen Begründung Fall

Unionsmarke Nr. 9 526 261, angemeldet als Bildmarke

(„Serie stilisierter Buchstaben V“), angemeldet für Waren der Klassen 16,

18 und 25

Die Marke wurde für die Klassen 18 und 25 abgelehnt, während sie für die Klasse 16 akzeptiert wurde. Obwohl das Zeichen als eine „Serie stilisierter Buchstaben V“ beschrieben wurde, würde das Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen höchstwahrscheinlich als eine Serie von Zickzacknähten oder als eine Reihe von rhombenförmigen geometrischen Figuren wahrgenommen. In jedem Fall ist das Muster recht einfach und banal und daher nicht unterscheidungskräftig.

Entscheidung des Prüfers ohne

Rechtsprechung der Beschwerdekammern

Unionsmarke Nr. 9 589 219, angemeldet als Bildmarke

für Waren der Klasse 9

Das für Multiwell-Platten, die in der chemischen oder biologischen Analyse mittels Elektrochemilumineszenz für wissenschaftliche, Labor- oder medizinische Forschungsanwendungen benutzt werden können, angemeldete Zeichen wurde abgelehnt, da es nicht den Zweck eines Herkunftshinweises erfüllen kann. Im Antrag wurde die Marke als dem Muster entsprechend beschrieben, das am Boden der Waren vorhanden war, und es wurde erachtet, dass der Prüfer mit seiner Bemerkung recht hatte, dass der Verbraucher aufgrund des Fehlens augenfälliger Merkmale nicht in der Lage wäre, dieses als etwas anderes wahrzunehmen als eine reine Warendekoration.

Entscheidung vom 09/10/2012,

R 412/2012-2, Kennzeichen aus vier gleich großen Kreisen

(Bildmarke)

Unionsmarke Nr. 6 900 898, angemeldet für Waren der

Klassen 18 und 25

Die abgebildete Marke wurde abgelehnt, da auf Hosentaschen gestickte Muster im Modesektor üblich sind und dieses besondere Muster keine erinnerbaren oder augenfälligen Merkmale beinhaltet, die der Marke einen solchen Mindestgrad an Unterscheidungskraft verleihen können, der es einem Verbraucher ermöglicht, es als etwas anderes als ein rein dekoratives Element wahrzunehmen.

Urteil vom 28/09/2010,

T-388/09, DESIGN

MIT ZWEI KURVEN, DIE SICH IN EINEM

PUNKT SCHNEIDEN, AUF EINER

HOSENTASCHE (Bildmarke)

EU:T:2010:410,

§ 19-27

Unionsmarke Nr. 3 183 068, angemeldet als Bildmarke für Waren der Klassen 19

und 21

Die Marke, die auf die Oberfläche eines Glaserzeugnisses aufgetragen werden sollte, wurde gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV abgelehnt. Dies wurde damit begründet, dass der betreffende Verbraucher nicht gewohnt sei, ein auf die Oberfläche von Glaserzeugnissen angebrachtes Design als Herkunftshinweis wahrzunehmen, und dass das Design als funktionelle Komponente erkennbar sei, um das Glas undurchsichtig zu machen. Zudem genügt der komplexe und fantasievolle Charakter des Musters nicht, um ihm Unterscheidungskraft zu verleihen, ist der ornamentalen und dekorativen Natur des endgültigen Musters zuschreibbar und erlaubt es nicht, sich besondere Details dieses Musters einzuprägen oder es zu erfassen, ohne gleichzeitig die eigentlichen Merkmale des Produkts wahrzunehmen.

Urteil vom 09/10/2002,

T-36/01, Auf der

Oberfläche eines Glaserzeugnisses

angebrachtes Muster, EU:T:2002:245,

§ 26-28

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 33 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Zeichen Begründung Fall

Unionsmarke Nr. 10 144 848, angemeldet als Bildmarke für Waren der Klassen 3, 5, 6, 10, 11, 12,

16, 18, 20 und 21

Die Marke wurde abgelehnt, da sie aus sehr einfachen Elementen besteht und als Ganzes ein elementares und banales Zeichen ist. Für die angemeldeten Waren, wie etwa Reinigungstücher und antiseptische Wischtücher, kann das beantragte Zeichen ihr Erscheinungsbild in dem Sinne darstellen, dass der verwendete Stoff möglicherweise diese Struktur hat. Das Zeichen ist bloß eine Wiederholung identischer Quadrate, was kein Element oder eine erkennbare Variante darstellt, insbesondere was einen fantasievollen Charakter oder die Art der Kombination der Komponenten betrifft, welche es von der üblichen Darstellung eines anderen regelmäßigen Musters unterscheiden würde, das aus einer anderen Anzahl von Quadraten besteht. Weder die Form jedes einzelnen Quadrats noch die Art und Weise, wie sie kombiniert sind, sind unmittelbar wahrnehmbare Merkmale, die die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers erregen und ihn veranlassen könnten, das Zeichen als unterscheidungskräftig wahrzunehmen.

Entscheidung vom 14/11/2012,

R 2600/2011-1, Kennzeichen aus

einem Schwarz/Weiß-Muster

Unionsmarke Nr. 370 445

Klasse 18

Das Schachbrettmuster ist ein alltägliches Standardbildmotiv, da es sich aus regelmäßig angeordneten Karos der gleichen Größe zusammensetzt, die sich durch den Wechsel verschiedener Farben, hier Braun und Beige, unterscheiden. Dieses Motiv weist keine erhebliche Änderung gegenüber der herkömmlichen Darstellung von Schachbrettmustern auf und stimmt mit dem üblichen Modell eines solchen Musters überein. Auch auf Waren wie denen in Klasse 18 weicht das fragliche Muster nicht von der Norm oder der Üblichkeit in der Branche ab, da derartige Waren in der Regel mit verschiedenen Stoffsorten überzogen sind, wobei gerade das Schachbrettmuster wegen seiner großen Einfachheit zu den in Betracht kommenden Mustern gehört (§ 37).

T-359/12, Device of a

chequered pattern (maroon & beige),

EU:T:2015:215, und

T-360/12, Device of a

chequered pattern (grey), EU:T:2015:214 (Gegen beide Urteile

wurden vor dem Gerichtshof

Rechtsmittel eingelegt)

14 Positionsmarken Anmeldungen für Positionsmarken versuchen, wirksam den Schutz auf die besondere Art auszuweiten, wie Elemente (Bild-, Farb- u. a. Elemente) auf dem Produkt platziert oder angebracht sind. Der Darstellung der angemeldeten Marke muss eine Beschreibung beigefügt sein, die genau die Art des betreffenden Rechts beschreibt. Die bei der Prüfung dreidimensionaler Marken zu berücksichtigenden Faktoren sind auch für Positionsmarken maßgeblich. Insbesondere muss der Prüfer berücksichtigen, ob der betreffende Verbraucher in der Lage ist, ein Zeichen zu identifizieren, das sich vom normalen Erscheinungsbild der Produkte selbst unterscheidet. Eine weitere Überlegung bei der Prüfung von Positionsmarken ist die Frage, ob die Positionierung der Marke auf Waren wahrscheinlich so verstanden wird, dass der Markenkontext deutlich wird. Zu beachten ist, dass selbst für den Fall, dass akzeptiert wird, dass die maßgeblichen Verkehrskreise auf die verschiedenen ästhetischen Details eines Produkts aufmerksam

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 34 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

werden, dies nicht automatisch impliziert, dass sie das Zeichen als Marke wahrnehmen. In bestimmten Kontexten und angesichts der Normen und Gepflogenheiten bestimmter Branchen kann eine Positionsmarke den Betrachter als unabhängiges Merkmal ansprechen, das vom Produkt selbst unterscheidbar ist und so eine Markenbotschaft kommuniziert. Nachstehend folgen Beispiele für die Beurteilung von Positionsmarken.

Zeichen Begründung Fall

In diesem Fall machte das Gericht eine Beanstandung gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV geltend. Die Markenbeschreibung spezifizierte, dass „die Marke aus der Anordnung runder und rechteckiger Felder auf dem Ziffernblatt einer Uhr besteht“. Das Gericht erkannte, dass die Marke nicht unabhängig oder unterscheidbar von der Form oder dem Design des Produkts selbst ist und dass die positionierten Elemente als nicht wesentlich anders als andere Designtypen auf dem Markt zu gelten hatten.

Urteil vom 14/09/2009,

T-152/07, Uhr,

EU:T:2009:324

Zeichen Begründung Fall

In diesem Fall, in dem es um Strumpfwaren ging, bei denen ein orangefarbener Streifen den Zehenbereich bedeckte, erkannte das Gericht, dass es keinen Beleg gebe, der vermuten ließe, dass die Färbung dieses Produktteils normalerweise so wahrgenommen würde, als habe dies Markencharakter. Vielmehr stellte das Gericht fest, dass dieses Merkmal wahrscheinlich als dekoratives Merkmal wahrgenommen würde, das unter die Normen und Gepflogenheiten der Branche fällt. Die Beanstandung gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV wurde daher aufrechterhalten.

Urteil vom 15/06/2010,

T-547/08, Strumpf,

EU:T:2010:235

Zeichen Begründung Fall

Knöpfe sind übliche dekorative Elemente von Kuscheltieren. Ein Knopf ist eine einfache geometrische Form, die sich in keiner Weise von den Normen oder der Üblichkeit der Branche abhebt. Es ist nicht unüblich, an den Ohren eines Kuscheltiers Abzeichen, Schlaufen, Schleifen und Stickereien anzubringen. Die maßgeblichen Verkehrskreise werden daher die beiden angemeldeten Zeichen als Verzierung und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft wahrnehmen.

Urteile vom 16/01/2014,

T-433/12, Knopf im Stofftierohr,

EU:T:2014:8, und

T-434/12, Fähnchen im Stofftierohr, EU:T:2014:6

15 Hörmarken Ob eine Hörmarke akzeptiert wird, muss ebenso wie bei Wortmarken und anderen Arten von Marken davon abhängen, ob der Klang an sich Unterscheidungskraft hat, d. h., ob ihn der Durchschnittsverbraucher als erinnerbaren Klang wahrnehmen wird, der einen Hinweis darauf darstellt, dass die Waren oder Dienstleistungen ausschließlich mit einem bestimmten Unternehmen in Verbindung zu bringen sind.

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 35 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Wenn grafische oder Wortelemente fehlen, schließen die Verbraucher gewöhnlich nicht auf die Herkunft dieser Waren, da ein Klang an sich in der aktuellen Handelspraxis in der Regel nicht als Identifikationsmittel benutzt wird. Ein aus einem Klang an sich bestehendes Zeichen wird „von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wie eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild der mit der Marke bezeichneten Waren unabhängig ist.“ Während die Öffentlichkeit daran gewöhnt ist, Wort- oder Bildmarken unmittelbar als Zeichen wahrzunehmen, die Hinweise auf die betriebliche Herkunft der Ware darstellen, gilt dies nicht notwendigerweise, wenn das Zeichen lediglich aus einem Klang besteht (analog dazu siehe Urteil vom 04/10/2007, C-144/06 P, Tabs (3D), EU:C:2007:577, § 36). Ebenso besitzt nur ein Klang, der „erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht und deshalb [seine] wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllt, […] auch Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b [UMV]“ (analog dazu siehe Urteil vom 24/05/2012, C-98/11 P, Hase, EU:C:2012:307, § 42). Die folgenden Arten von Hörmarken werden wahrscheinlich nicht ohne einen Nachweis ihrer tatsächlichen Unterscheidungskraft akzeptiert: a) sehr einfache Musikstücke, die nur aus einer oder zwei Noten bestehen (siehe

untenstehende Beispiele); b) gemeinfreie Klänge (z. B. La Marseillaise, Für Elise); c) Klänge, die zu lang sind, um als Herkunftshinweis wahrgenommen zu werden; d) Klänge, die typischerweise mit bestimmten Waren und Dienstleistungen in

Verbindung gebracht werden (siehe untenstehende Beispiele). Besteht das angemeldete Zeichen aus einem Klang ohne Unterscheidungskraft, beinhaltet jedoch daneben andere, unterscheidungskräftige Elemente, wie beispielsweise Wörter oder Text, wird es als Ganzes beurteilt. Beispiele

Zeichen Beschreibung W & D Ergebnis Begründung Fall

Folge von vier unterschiedlichen Tönen in zunächst im Quartsprung absteigender, dann aufsteigender Richtung, die auf der Terz enden.

16, 35, 42

Unterschei-dungskräftig

Jingleartige Tonfolgen ermöglichen die Wiedererken-nung von Waren und Dienstleis-tungen.

R 2056/2013-4

Die ersten beiden kürzeren a-Töne erklingen weniger stark als der darauffolgende lange und höhere c-Ton. Der höhere und längere c-Ton ist folglich aufgrund seiner Höhe, Länge und Stärke betont.

9, 16, 35, 36, 41, 42

Unterschei-dungskräftig

Es entspricht allgemeiner Lebenserfah-rung, dass jingleartige Tonfolgen eine Unterscheidung zwischen Waren und Dienstleistungen ermöglichen.

R 0087/2014-5

Musikstück, drei Sekunden lang, aus unterschiedlichen Tönen

9, 14, 16, 21, 25, 28, 35, 38, 41, 43

Unterschei-dungskräftig

UM 11 074 705

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Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV

Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil B, Prüfung Seite 36 DRAFT VERSION 1.0 01/02/2017

Computergenerierter Klang, zehn Sekunden lang

9, 28, 41

Unterschei-dungskräftig

UM 11 654 209

Computergenerierter Klang von etwa 30 Sekunden, mit Tiergeräuschen, gefolgt von einem Motorengeräusch

9, 12 Unterschei-dungskräftig

UM 10 654 374

Zwei Musiknoten, f und c 35, 36, 38, 39, 41, 42

Nicht unterschei-dungskräftig

Eine „Melodie“ aus zwei Noten hat keine Wirkung auf den Verbraucher und wird von diesem lediglich als ein sehr banaler Klang wahrgenommen, wie beispielsweise das „Ding Dong“ einer Türglocke.

Unions-markenanmeldung 4 010 336

Zwei sehr kurze Pieptöne.

9, 38 Nicht unterschei-dungskräftig

Maschinell erzeugter Piepton, wie er üblicherweise von Computern und anderen elektronischen Geräten abgegeben wird.

Unions-markenanmeldung 9 199 167

„Ping“-Ton, ähnlich einem Warnsignal

9, 16, 28 Nicht unterschei-dungskräftig

Der Ton stellt ein Warnsignal und somit eine direkte Eigenschaft der beanspruchten Waren dar.

R 2444/2013-1

Maschinell erzeugter, synthetischer Klang

9, 12, 35 Nicht unterschei-dungskräftig

Klang, der typischerweise mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen in Verbindung gebracht wird.

R 1338/2014-4

Die ersten 13 Noten von „La Marseillaise“

Beliebig Nicht unterschei-dungskräftig

Eine Nationalhymne ist gemeinfrei.

Erfundenes Beispiel