Prospektive Analyse von Restitütionsvorgängen

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  • PROSPEKTIVE ANALYSE VON RESTITUT IONSVORGTiNGEN. I. TEIL: DIE VORG-~,NGE IN DEN ZELLE1N,

    GEWEBEN UND ORGANEN Wf4HREND DEE RESTITUTION YON PLANARIENFRAGME1N TEN.

    Voa PAUL STEINMANN, Aarau.

    Mit 29 Textabbildungen. (Eingegangen am 26. Jull 1926.)

    Der Begri f f der prospektiven Analyse. Einen Vorgang oder eine Folge yon Vorg~ngen kann der Natur-

    forscher zun~chst rein zeit(irtlich beschreiben, er kann die Begleit- umst~nde, die sogenannten Bedingungen des Oeschehens registrieren, also das Modale und Konditionale des Prozesses in seine ]3eschrei- bung mit einbeziehen, so dab der auf Einzelf~lle sich griindende Befund allgemeine Giiltigkeit beanspruchen darf. Welter reicht die eigentliche Erkenntnis nicht. Sie muB sich darauf beschr~nken, Koin- zidenzen oder Konstellationen festzustellen.

    Darfiber hinaus aber tfihrt der Erkenntnistrieb des Menschen zu gewissen Betrachtungen, die, wiewohl in ihren erkenntnistheoretischen Grundlagen subjektiv oder anthropomorph im engeren Sinne, well fiber den Bereich der Sinneserfahrung, d. h. fiber die Ka~Tsche Kategorie der Anschauung hinausgehend, geeignet sind, die Erkenntnis zu f6r- dern: die kausale oder, wie ich sie hier nennen mSchte, die retro- spektive und die finale oder prospektive Betraehtungsweise. W~ihrend die erste yon der Annahme ausgeht, daft alle Dinge bewirkt seien und auf ein uranf~ngliches Geschehen in liiekenloser Folge zuriick- geffihrt werden kSnnen, setzt die zweite voraus, da~ alle Dinge zu einem Ziele hinfiihren, also planm~Big bestimmt seien. Wie gesagt, lassen sich weder ffir die eine noch ffir die an@re Betrachtungsform die letzten Konsequefizen erfassen, geschweige denn beweisen. Im Erfahrungsbereich des Menschen aber kommen tats~chlich kausale und finale Bestimmungen der Geschehnisse oder besser der Aufeinander- folge der Vorg~nge zur Beobachtung, so dab der Mensch mit Vorteil innerhalb gewisser Grenzen die kausale und die prospektive Betrach- tungsweise fibt. Denken wir uns ein Schachspiel. ~u~]erlich festzu- stellen ist eine Folgo von Einzelzfigen. Diese Folge kann retrospektiv betrachtet werden, indem man jeden Zug als durch seinen Vorg~inger und also dutch die ganze Reihe der vorangegangenen Ziige verursacht

  • Pr0spektive Analyse yon Resti~utionsvorg~tngen. I. 647

    denkt. Ebensogut aber kann der betrachtende Mensch im Schach- spiel auch eine sehrittweise erfolgende Realisierung eines bestimmten Planes oder zweier, sich kreuzender Pl ine erkennen, somit den Einzel- zug prospektiv beurteilen im ttinblick auf seine Bedeutung fiir das zu erreichende Ziel.

    Die prospektive Analyse hiitte somit die Aufgabe, aus der Folge der Einzelvorginge den Plan herauszulesen, der das ganze Geschehen leitet oder im einzelnen nachzuweisen, dab eine bestimmte Nnderung eine Ann~therung an ein bestimmtes Ziel bedeutet.

    Voraussetzung fiir die prospektive Analyse ist natfirlich, dab das zu betrachtende Gesehehen wirklich planmitBig bestimmt ist. Bei biologisehen Prozessen, wie insbesondere in dem uns bier niher inter- essierenden Fall der Restitution oder Wiederherstellung eines Ganzen aus einem Bruchstiiek eines Organismus wird die PlanmgBigkeit yon niemandem ernstlich geleugnet werden k6nnen. Abet auch dann, wenn man von einer solehen Planmi~Bigkeig zuniehst niehts wissen will, und wenn man die Forderung aufstellt, dab solehe Planmi~Bigkeit vorerst bewiesen werden solle, wircl jedermann das Recht zugestanden werden mfissen, die Frage aufzuwer~en, ob und in weleher Weise etwa ein bestimmter vcrangehender EinzelprozeB ffir ein nachfolgendes Geschehen wichtlg ist, wle slch die einzelnen Phasen als Vorberei- tungen fiir die spiteren Phasen zu erkennen geben.

    Gegeniiber dem bisher allgemein fiblichen kausMen Beurteilungs- prinzip, bei dem es einzig auf die Erkennung der ,,Ursachenkette" ankara, bedeute~ die prospektive Betrachtungsform etwas Besonderes, indem die gegebene Reihenfolge der Geschehnisse nicht kurzerhand als ,,bewirkt" vorausgesetzt, sondern als ,,bezweckt" gedaeht wird. Uber die Bereehtigung einer solehen Betraehtungsweise babe ieh reich ausffihr- lieh in meiner Pr~sidialrede anl~Blieh der Jahresversammlung der Schweiz. Naturf. Gesellsehaft ausgesprochen (vgl. P. STEINMiNN, ,,Ideen- gehalt und Erkenntniskritik der experimentellen ~Iorphologie" in: Verhandl. d. Sehweiz. naturf. Gesellschaft 1925). Wir wollen an dieser Stelle nur den einen Grundsatz wiederholen, dab sieh die Berechtigung ergeben mug aus der FSrderung, die durch der Erkenntnis des Vor- gangs erwichst.

    Die vorliegende Arbeit will aufgefaBt sein als ein Versuch, die _Restitutionsvorgginge zu charakterisieren au/ Grund der prospektiven Be- trachtungsweise, die hier analytisch angewandt werden solh Es gilt also nicht, wie das z. ]3. PETER (Die ZweckmiBigkeit in der Entwicklungs- geschichte, 1920) und DItIESCH (versehiedenen Orts) propagieren, ein- zelne Zusammenhinge als finM bedingt aufzuzeigen, sondern die ganze Kette eines Gesehehens als nach einem Ziel hinfiihrend zu betrachten nnd analytisch auszuwerten.

  • 648 P. Steinmann:

    Ubersicht iiber die einzelnen Phasen der Restitution. Ziel des ganzen Geschehens ist die Wiederherstelhmg eines Ganzen

    aus einem Fragment. Der Weg zu diesem Ziel fiihr~ fiber verschiedene Etappen: 1. Da das Teilstiick zuni~chst in seinen Lebensfunktionen schwer

    beeintriichtigt ist, treten gewisse Ver~nderungen auf, die mit dem Ausdruck ,,Nothil]e" bezeichnet werden kSnnen, ttierher gehSrt der Wundversehlu oder die Encystierung. Die ersten Geschehnisse tragen durchaus den Charakter des Provisorisehen an sich.

    2. Durch Ersatz der :Notbildungen durch definitive Einrichtungen eriangt der Regenerant gr6~ere Stabilit~t. Es tritt Konsolidlerung ein and damit auch die M6glichkeit einer Umgruppierung der histo- togischen Elemente.

    3. Durch planm~iBige Verlagerungen von Material an den Wund- rand wird die Ausbildung einer Regenerationsknospe (eines Regenerates) vorbereitet, dies gesehieht

    a) durch Ri~ckdifferenzierung di//erenter Elemente und Umwandlung in bipolare Wanderzellen,

    b) dutch Verlagerung der Wanderzellen nach dem Wundrand, c) durch Zer/aU vvn Gewebeteilen zu resorbierbarem Material, d) durch Transport yon Niihrmaterial naeh dem Wundrand unter

    Mitwirkung yon ,,Stofftrii, gern". 4. Die Regenerationsknospe beginnt zu wachsen und resorbiert die

    ihr zugefiihrten Stoffe. 5. Im alten Stiick beginnen Gewebeverlagerungen und Nenbildungen,

    die den Zweck haben, das Fragment umzumodeln und dem neuen ,,Ganzen" slnngem~13 einzupassen, dabei lassen sich unterscheiden:

    a) RiickbildungsTrozesse , die z. B. an kurzen Querabschnitten eine Verschm~lerung hervorbringen,

    b) Neubildungen und Wucherungen, die zu einer Streckung des ~ragmentes fiihren.

    6. Im Regenerat beginnen sich die Regenerationszellen zu ffru T- Tieren und zu di#erenzieren, so dab selbsl~indige neue Organe ent- stehen.

    7. An der Grenze zwischen dem neuen und dem alten Stfick werden die nStigen AnscMiisse hergestellt zum Zweck der Erlangung einer einheitlichen Organisation.

    8. Nachdem die Verbindungen hergestellt sincl, finder eine letzte Umgruppierung der Elemente start, die das Ziel verfolgt, dem neuen Ganzen die normalen Proportionen zu verleihen.

  • Prospektive Analyse yon Restitutionsvorg~ngen. I. 649

    I. Uber VCundverschlufl. Technische VorbemerEungen.

    Pigmentierte Planarien (Planaria gonocephala, Planaria alpina, Planaria teratophila) wurden in der Region zwischen dem Kopf und der Pharynxwurzel mit ]=[fife eines Skalpells mit stark ausgeschweifter Schncide quer entzweige- schnitten. Die Teilstricke wurden in flache Schalen verbracht und in verdunkel- tern Zimmer aufgestellt. Anf~inglich wurde das Wasser in den Schalen t~iglich erneuert, sparer in grSfleren Zwisehenr~umen. ~atlrung wurde nieht angeboten, da die wesentlichen hier betrachteten VorgSnge sich vor der Wiederbildung des Rrissels an den pr~pharyngealen Teilstrickcn abspielten. Aul~crdem h~tte die Histologie bzw. I-Iistogenese durch die Ern~ihrungsprozesse gewisse Ver~inderungen erlitten.

    Von den zahlreichen in gleieher Art und im gleiehen Zeitpunkt operierten Stricken wurden nun yon Zeit zu Zeit einzelne Exemplare in ZENKERscher Flrissigkeit oder in Sublimatgemisehen, besonders auch in Sublimat.Salpcters~iure konserviert. Nach Entfernung des Fixierungsmittels mit reiehlichen Mengen von Jod-Alkohol wurden die Pr~parate sofort eingebettet und geschnitten.

    Der liufiere Ferlau] des Wundverschlusses au] Grund yon Beobachlungen in rive.

    Nachdem sich gleich nach der Operation der Wundrand der ab- geschnittenen KSpfe stark kontrahiert hatte, trat rasch eine Verftirbung zutage. Die Zellen des Wundrandes gaben ihren Schleim ab, und die Wunde trat als tiefdunkler Streifen hervor. Das Mesenchym des Wundbereiches wurde sofort zurfiekgezogen und die Zone unmittelbar hinter dem Schnittrand erwies sich als deutlich emporgewulstet. Sio zeigte auch eine hellere F~rbung als das /ibrige Integument. Um so deutlicher trat daher die dunkle Verf~rbung des Schnittrandes hervor. An einem der abgesehnittenen Kopfst/ieke konnte ich kurz nach der Operation regelmi~l~ige, fast rhythmiseh verlaufende Kriimpfe erkennen, die als Ringmuskelkontraktionen des Hautmuskelschlauches aufgefal~t werden miissen. Die Kontraktionen, deren ich gegen fiinfzig zShlte, begannen jeweilen vorn und setzten sich nach hinten fort, allmiihlich an Heftigkeit zunehmend und am Schnittrand einen Krampf auslSsend. An grSl3eren Teilstficken konnten die Kriimpfe nicht so deutlich beob- achtet werden. Sie waren schw~cher und traten nut zeitweilig auf. ])as Ergebnis abet war in beiden Fi~llen das gleiche: Die Kontrak- tionen haben in erster Linie den Zweck, das Integument fiber die freien Wundgewebe mSglichst welt und yon allen Seiten her zusammen- zuziehen, dadureh die Wunde zu verkleinern und gleichzeitig eine Um- formung des St/ickes vorzubereiten dutch Verlagerung von Gewebe- partien. Als Folge der Wundkr~mpfe trat somit zutage: eine Ver- kleinerung der Wunde und eine Streckung des ganzen Teilstiickes, dessen Umrisse nach dem Krampf deutlich ver~tndert waren. Nicht nur die Seitenr~nder der Wunde, auch die ventralen und dorsalen

  • 650 P. Steinmann:

    Wundpartien wurden gegen das Zentrum der Wunde hin zusammen- gezogen. Nach drei Stunden war die Wunde am Kopfstficke soweit kontrahiert, dab sie kaum noch den vierten Tell der KSrperbreite ausmachte. Sie hat nun die Form eines ganz schmalen I)reiecks.

    Unterdessen ist am Wundrand eine Schleimhfille erzeugt worden. lm Gegensatz zu BARTSCtI (1923), der einen WundverschluB dutch amSboide Wanderungen der Integumentzellen des Wundrandes an- nimmt, fasse ich das erste VerschluBh/~utchen als eine einfache Schleim- schicht auf, deren Entstehung ich dem Verquellen der Rhabditen zu- schreiben muB. Als Folge dieses Rhabditenausstogens stellte sich die schon erw/~hnte Verfi~rbung des Wundrandes ein.

    In einzelnen F~llen, besonders auch bei marinen Tricladen beob- achtete ich, dab sich die Schleimabsonderung nicht auf das Wund- ende beschr~nkte. Vielmehr traten fiberall am K6rper Schleimmassen auf, wie das meistens vor dem Absterben der Tiere beobachtet wird. SchlieBlich war der ganze K6rper mit einer zusammenh~tngenden Schleimhiille iiberzogen, und innerhalb dieser Haul rollten sich die Wfirmer zusammen. Die Regenerationsprozesse in solchen Cysten scheinen sich nicht wesentlich yon den normalen zu unterscheiden. Es ist mir nicht gelungen, die besonderen Bedingungen zu ermitteln, unter denen sich in dem einen Fall TotMencystierung, in dem ~ndern Fall dagegen Wundrandverschleimung einstellt.

    Prospektiv ist in beiden F~llen die Bedeutung Mar: Durch die Schleimhiille ist der Erfolg der Wundisolierung erreicht, und man kann nun etwa yon der ffinften Stunde an ein Nachlassen des Wund- krampfes feststellen.

    Daher vergrSBerte sich die auf einen schmalen Schlitz zusammen- gekrampfte Wunde yon nun an wieder merklich. In dem yon mir genau verfolgten :Falle war die Wunde nach 5 Stunden doppelt so breit als nach dreieinhalb Stunden.

    Schniltuntersuchungen an Kop/stiicken, die bald nach der Operation in kurzen Zeitintervallen untersucht wurden.

    Im Verlauf der ersten 24 Stunden f~ngt das Epithel nach meiner Erfahrung an, fiber die Wunde hinwegzukriechen. Unter der Schleim- schicht, die sich mit geeigneten F/~rbungsmethoden immer deutlich differenzieren l~Bt, platten sich die Wundrandzellen ab und schlieBen dann allm~thlich die Wunde zu (Abb. 1). Der Vorgang des integumen- talen Wundverschlusses ist yon LAb:G (1912) und BAnTSCIt (1923) aus- tfihrlich beschrieben worden. Ich habe diescn Beschreibungen nichts Wesentliches beizuffigen. Nut m6chte ich darauf aufmerksam machen, dab bei genfigend h~ufigen Konservierungen und bei der Anwendung geeigneter Konservierungsmittel immer deutlich zwischen den beiden

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    Phasen des ehemischen W*undverschlusses dureh Sehleim und des histo- logischen Wundverschlusses dureh das sich abplattende und fiber die Wunde hinwegkriechende Epithel unterschieden werden kann. Was die Dauer des ganzen Prozesses betrifft, so zeigt sich eine groBe Verschie- denheit. WAhrend LANe yon einem bis zwei, bisweilen auch yon mehreren Tagen spricht, sah BARTSCH bei Planaria polychroa einen provisorischen ZellverschluB in einer halben Stunde vor sich gehen. Ich habe weder bei Planaria gonocephala noch bei Planaria alpina, teratophila oder bei Polycelis cornuta noch auch bei marinen Tricladen einen so raschen Verlauf des Wundverschlusses beobachtet. Wghrend der ersten 24 Stunden war vielmehr ein- zig der Wundschleim als Decke fiber der Wunde zu sehen (Abb. 1). Im Lauf des zweiten Tages frfihestens, bisweilen aber auch viel sp~ter, ja sogar gelegentlich erst nach mehreren Tagen, war ein vS1- liger Zellverschluf3 zu konstatieren. Nicht selten unterbleibt die Epithelregeneration g~nzlich. Der Wundrand zeigt lediglich gewisse Wucherungen und das neue Epi- thel entsteht in vSlliger Unabh~ngigkeit yon dem alten Integument aus den Re- generationszellen. Entscheidend ist wohl in allen F~llen, ob es w~hrend der Periode des Wundkrampfes gelingt, die Wundgewebe genfigend welt einzuziehen und ob die angeschnittenen Gewebe und Zellen resorbiert werden kSnnen oder einer Nekrose anheimfallen. Im letzte- ren Fall gelingt es dem Epithel nicht,

    Abb. 1. Pr

  • 652 P. Steinmann:

    das sehr kernarm ist. Die Frage der Kernvermehrung hat schon den friiheren Autoren zu denken gegeben. BARTSCH glaubt, dal~ dies durch ,,Chromidienbildung und Kernzerfall" geschehen kSnne, wi~hrend LANC an Amitosen denkt, auf Grund der Beobachtung, dab in solchen

    Abb. 2. 1)r~)c~,rr .,r Wundende eJnes pr~ipharyngeal abgetrennten Vorderstiicke:~ zeigt die Einsehniirung am Wundende~ die Epithelregeneration und (lie kiinftige ~ekrose nach

    17stiindiger Regeneration. LEITZ Ok. 1, Obj. J I/1.., AnnE; auf 4/5 verkleinert.

    Regeneraten sich spi~ter hi~ufig fiSrmliche Nester von Zellkernen aus- bilden. Ich habe bet meinen Versuchstieren niemals Mitosen im Epithel, wohl aber vereinzelt Amitosen feststellen kSnnen. DaB das epitheliale diinne Verschlul3h~utchen tatsi~chlich vom Integument abstammt, geht

    Abb. 3. l 'rocerodes se[p~*e~tata. Wundende eines pr~tpharyngeal abgetrennten Vorderstiickes. Bildung des Regenerationsgewebes und der Verschlutlhaut unter der Nekrose. 2Nach 41stiindiger

    Regeneration. LRITZ Ok. 2, Obj. 7a AB?dE; auf :'/, ve~kleinert.

    mit Sieherheit daraus hervor, dab man in ihm, wie auch schon friihere Beobachter mitgeteilt haben, Rhabditen und auf seiner Oberfliiche Cilien nachweisen kann. Die Rhabditen werden dann aber rasch resor- biert und man kann in spi~teren Stadien nurmehr feine KSrnchen finden, deren spezifische ]~'Srbbarkeit z.B. mit Orange-G sie jedoch

  • l)rospektive Analyse von Restitutionsvorg~ingen. I. 653

    als AbkSmmlinge der Rhabditen erkennen l~I~t. Ich vermute, dab BAI~TSCH derartige Resorptionen als ,,Chromidienbildungen" ange- sprochen hat, eine Annahme, die auch mit den Abbildungen dieses Autors durchaus in Einklang gebracht werden kann. Eisenhi~matoxylin- 1)r~parate sind eben, wie auch MAYER immer wieder betont hat, mit groi~er Vorsicht zu deuten.

    Abb. 4. ]'rocerodt!.s..,~eg~le~tata. Wundende eines pdi- Abb. 5. 1)r~wc~',dt'.,r s~,gJ~,~,~t~lt~t. Wundende pharyngeal abgetrennten Vorderstiickes. N .E neues eines Rumpfst i ickes, deln der Kopf hinter :Epithel, aus Mesenchymzellen entstanden, zeigt noch den Augen abgetrennt worden war. Zeigt ganzmange lha f tenAnsch luBan dasWundrandgewebe, die :Bildung eines neucn Epithels in vSlli- 5~ach 96sttindiger Regenerat ionsdauer. LEITZ Ok. 2, ger Unabh~tngigkcit vom alten In tegument ,

    Obj. 7 a ABBE; auf 5/~ verkleinert~ sowie die Bi ldung eines t iautmuskelschlau- ches aus Spindelzellen. 4 Tage nach der Operation. LEITZ Ok. 3~ Obj. J I/r., ABBE ; ~Uf ~/o verklcinert.

    Besonders interessant sind die Wundverschlul~vorg~nge an Stricken, deren Wundgewebe in Fetzen aus der Wunde hervorquillt. Die her- vorragenden, sp~ter absterbenden Teile sind zun~tchst stark einge- schniirt, wie Abb. 2 deutlich erkennen li~13t. Das Epithel riickt gegen die Wunde vor, ohne jedoch den Wundverschlu~ zustande zu bringen.

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  • 654 P. Steinmann :

    Inzwischen ist im Verlauf der ersten Tage am Wundende eine An- sammlung zahlreicher Regenerationszellen aufgetreten. Das ~ul~erst dichte Regenerationsgewebe bildet innerhalb des nekrotischen Wund- gewebes eine Zone fl~chenhaft ausgebreiteter Zellen, die sich zu einer Verschlui~haut zusammentun (Abb. 3). Was auBerhalb dieser Demar- kationslinie liegt, verkfimmert und zerf~llt. Noch einige Stunden schleppt der Regenerant die Nekrose mit sich herum, dann streift er sie ab. Das junge mesenchymatische Epithel sucht sich dann eng an die Wundrandzellen anzuschliel]en und bildet ~ul]erlich eine Einheit, l~Bt sich aber innerlich, wie man auf Schnitten erkennen kann, noch lange deutlich vom alten Epithel abgrenzen (Abb. 4 N.E). Unter dem jungen Epithel bildet sich dann ebenfalls aus Regenerationszellen, die zu dfinnen Spindelzellen auswachsen und ihren Kern absondern, die neue Mus- kularis aus (Abb. 5 M).

    Mit der Ausbildung eines kontinuierlichen H~utchens lebender Zellen, ist zuni~chst das vorliiufige Ziel des Wundverschlusses erreicht. Der Regenerant hat gewissermai]en seine Stellung konsolidiert und kann nun seine Kr~tfte neu gruppieren. Bezeichnend ist, dab zwei verschiedene Wege zum gleichen Ziel ffihren, dab der Organismus je- weilen das unternimmt, was bei den gegebenen Umsti~nden als das Zweckm~igste erscheint.

    I I . Die Mobi l isat ion des Regenerat ionsgewebes. Meine Auffassung fiber die Natur des Regenerationsgewebes und

    fiber die Herkunft der Regenerationszellen habe ich schon 1908 und neuerdings ausifihrlich 1925 dargelegt. Die Untersuchungen fiber den DedifferenzierungsprozeB habe ich inzwischen fortgeffihrt und besitze nun zahlreiche Serien yon Pr~paraten, die mir die Richtigkeit meiner Annahme immer wieder besti~tigen: :Die Regenerationszellen, aus denen die sp~teren Gewebe des Regenerates gewonnen werden, bestehen in ihrer Mehrzahl aus dedifferenzierten Geweben. Besonders schSne Pr~parate hat mir die marine Triclade Procerodes segmentata geliefert. Sie l~l]t die friiher schon von mir unterschiedenen Prozesse der Dege- neration und Dedifferenzierung sehr deutlich als nebeneinander erfolgend erkennen. Auch einige weitere Dedifferenzierungen konnte ich nach- weisen. Daher mag hier in kurzer Darlegung der ganze ProzeB der Mobilisation des Regenerationsgewebes noch einmal im Zusammenhang betrachtet werden.

    Wichtig ist zun~chst die Tatsache, die schon yon allen friiheren Autoren immer wieder festgestellt werden konnte: Schon wenige Stunden nach der Operation beginnt sich in der Nachbarschaft des Wundrandes eine Zellenanh~ufung abzuzeichnen, ohne dab es mSglich w~re, Mitosen in irgendwie bedeutender Zahl nachzuweisen. Auch amitotische Zell-

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    teilungen scheinen in diesem Gewebe zun~chst nicht vorzukommen. Eine Zellvermehrung im Sinne yon BARTSCH (1923) verbunden mit ,,Kern- zerfall und Chromidienbildung" kann w~thrend der Bildung des Re- generationsgewebes ebenfalls nicht in Frage kommen. Vielmehr werden im Regeneranten iiberall Zellen mobilisiert, verlagert, sammcln sich dann in kurzer Zeit als Regenerationszellen am Wundrand an und bilden ein sehr dunkles dichtes Gewebe, aus dem in der Folgezeit die Organe herausdifferenziert werden.

    In prospektiver Betrachtungsweise lassen sich also diese VorgSnge wie folgt charakterisieren:

    Um die nStigen Zellelemente nach dem Wundrand zu transpor- tieren, bildet der Regenerant in rascher Folge die Organe des Ge- schlechtsapparates und andere Elemente zurfick. Soweit sie vSllig ausdifferenziert sind, fallen sie kurzerhand der Degeneration anheim, ihr Plasma wird fleckig oder blasig, die bis dahin scharfen Konturen gehen verloren, in Hi~matoxylin-Eosin-Doppelf~rbung erscheinen sie mehr und mehr eosinophil und erlangen schliel31ich den Charakter un- regelm~13iger Klumpen. Gleichzeitig tritt Verfliissigung ein, und der Tropfen zerteilt sich in mehrere bis zahlreiche kleine TrSpfchen. Durch Sublimatkonservierung scheinen die Tropfen dann wieder zum Ge- rinnen zu kommen und bleiben so in den Geweben erhalten. Andere Konservierungsarten fiihren zur AuflSsung der Tr5pfchen, so dal3 das Ganze sp~,ter sehr locker vakuolisiert ist. Die meisten TrSpfchen fallen an Ort und Stelle der Phagocytose anheim und verschwinden. Manche werden aber auch verlagert und erscheinen dann masscnhaft im Darm- epithel oder auch im Regenerationsgewebe. Zum Zweck des Trans- portes nach dem Orte des Verbrauches bedient sich der Organisnms besonderer Zellen, Wanderzellen oder Stofftrhger genannt. Etwa 4 -- 6 Tage nach der Operation 15st sich das syncytiale stark vakuolisierte Plasma der Darmepithelien mit seinen vielen Tropfeneinschliissen in kugeligen Klumpen los (vgl. STEINMANN 1925, Abb. 8, 10 und 12). Der ganze Darm bis in die i~uBersten Verzweigungen hinaus enthalt w~hrend einiger Stunden solche Stofftr~tger, teils mit tells ohne Kern, die ersteren entsprechen den Leukocyten der verschiedenen Autoren (Abb. 13). Nun beginnen planm~t6ige Kontraktionen, durch welche der Darminhalt nach dem Wundende hin verlagert wird. Mehrere meiner Pr~parate lassen die Anh~ufung der losgelSsten Darmepithel- teile in den ~tuBersten Darmdivertikeln gegen das Regenerat hin deut- lich erkennen. Dann schwindet der Darminhalt und es erscheint sp~terhin das Regenerationsgewebe besonders dicht mit TrSpfchen durch- setzt. Auch einzelne Stofftrager lassen sich mitten im Regenerations- gewebe nachweisen, besonders w~thrend des Zeitraumes der Vermehrung der Regenerationszellen und vor dem Beginn der eigentlichen Differen-

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    zierung des Regenerates. Wir haben es hier mit Zust~nden zu tun. die der yon NUSSBAUM und OXNER (1911) bei Nemertinen beschriebenen Diphagocytose vollkommen entsprechen, insofern hier degenerierende Gewebebestandteile yon besonderen Transportzellen aufgenommen und an den Ort des Verbrauches verbracht werden. Nachdem dann die Verlagerung vollzogen ist, zerfallen die Stofftr~ger mit ihrem Inhalt und werden yon den Regenerationszellen resorbiert.

    Neben diesen Vorg~ngen spielen sich nun aber im regenerierenden TrikladenkSrper noch Prozesse ab, die mit den geschilderten zwar gewisse ~hnlichkeiten zeigen, die aber yon ihnen grunds~tzlich zu trennen sind. Nicht nur tote oder dem Untergang geweihte Elemente werden gegen das Regenerat bin ver/rachtet, 8ondern auch lebende Zellen wandern alctiv gegen den Wundrand bin. Diese Wanderzellen sind yon den Stofftr~gern total verschieden. Sie enthalten keine TrSpfchen- einschliisse, besitzen iiberhaupt einen schwach entwickelten Plasmahof und sind dunkel gef~trbt, oft spindelig gebaut. Sie kommen vereinzelt auch im Mesenchym normaler Tricladen vor, werden w~hrend der Regeneration sehr zahlreich und h~ufen sich am Wundrand in dichten Massen an, als charakteristische Regenerationszellen.

    Was den Dedifferenzierungsprozel] selbs~ anbetrifft, so mag hier auf meine Arbeit yon i925 verwiesen werden. Einige besondcrs in- struktive Bilder werden hier noch reproduziert. Dabei sollen einige Erg~nzungen der friiheren Beobachtungen eingeflochten werden.

    Abb. 6 Dedifferenzierung des Dotterstockes : Einzelne Dotterzelle yon Pl(t~z(~ria gonocej)hala nach 4t~igigem l~egenerationshu nger. ])er PlasmakSrper teils fleckig~

    tells homogen.

    Dotterzellen-Dedi//erenzierung. Nach viert~gigem Regenerationshunger haben

    sich bei Planaria gonocephala die DotterstScke so weir zuriickgebildet, dal~ die degenerierenden Teile sich yon den dedifferenzierten deutlich ab- zeichnen. ])as in Riickbildung begriffene Plasma erscheint fleckig und zeigt sterntSrmige Ansamm- lungen. Um den Zellkern, der keinerlei Degene- rationserscheinungen erkennen l~l~t, hat sich ein Teil des Plasmas gesammelt und ist nun ziemlich dunkel tingierbar. Seine regelmi~l~ige Struktur l~,Bt erkennen, dab diese Partie der Zelle intakt ist (Abb. 6). Es konsolidiert sich also gewisser- maven die Dotterzelle, wird zu einer Wanderzelle und verl~l~t bald darauf den Ort, um sich gegen das Regenerationsende hin zu verlagern (Abb. 7).

    Abb. 8 zeigt einen in Dedifferenzierung be- griffenen I)otterstock, dessen Zellen verschiedene Grade der Riickbildung erkennen lassen. Da-

  • Prospektive Analyse von Restitutionsvorgangen. I. 657

    Abb. 7. Mikrophotogramme yon Schnitten durch I)otterst6cke yon Planarien. a Deudrocoelum i~tferuale. Dotterstock noch kompakt, ;ill der Pcriplmrie einige Spindelzellen. b l'la~u~ria goJ~OCCl)haht, nach 4t~gigem Regenerationshunger. Die ])otterst6cke 16sen sich auf. In den auseinnndertretenden Dotterzelicn konsolidiert sieh das Plasma llllt~cr Zilriicklasslll}g cineg ]~,eticululn~. c ])h~naria .qol~ocephaht nach 6t/i, gigem l{egenerationshnllgel'. ])ic l)otterzt!llen haben sich in der Mehrzalfl zu spindeligen Wanderzellen entwickelt, (lie in Dis[okation begrilfen siml.

    zwischen sind auch degenerierende Dotter- zellen zu sehen, deren Plasma mit Granu- lationen oder klumpigen Massen erfiillt ist und deren Kern blasig aufgetrieben erscheint. Von den dedifferenzierten sind einzelne schon mobilisiert und haben Spin- delform angenommen. Gegen/iber STOPPEN- ]3RIl~K (1904), der in Wort und Bild die Degeneration der I)otterzellen schildert, konnte ich auch in ganz degenerierten Dotterzellen immer noch neben Vakuolen und klumpigen ,,Dotterkugeln" feine Gra- nulationen feststellen.

    In meinen Pr~paraten sind nach etwa 5 - - 7 ti~gigem Regenerationshunger die Dotterzellen als solche verschwunden. Da und dort im Mesenchym liegen noch un- fSrmlicheReste der degenerierten Elemente. Daffir aber findet man gerade in diesem Stadium der Degeneration in den Mesen- chymbezirken zwischen den Darmdiver- tikeln Reihen yon spindeligen Zellen mit kleinem dunkel tingierbarem Plasmahof, dunkel granulierten Kernen, also unzweifel- hafte Wanderzellen, deren Natura ls um- gewandelte Dotterzellen nicht bezweifelt

    Abb. 8. l ' r ,cerodes scymeutahr Doppelf~irbungH~tmatein I A + Pikrin- s~ure. Dotterstoek in Degeneration mit zwischengelagerten, in |)edifferenzie- rung begriffenen Dotterzellen (dunkel punktiert). Im Original sind die de- generierenden ])otterzellen gelb, (lie ill Dedifferenzierung begriffenen blau- violett gef~rbt (nach 65 stiind. Regeneo rationshunger). LEITZ Ok. 7~ Obj. 7a ABBE. Do degenerierende Dotterzelle; Do r Dotterzelle in Dcdifferenziernng;

    b~p bipolare Zellen.

  • 6 5 8 P. Steinmann :

    werden kann. M6glich, dab die roll ausgereiften ~ltesten Dotterzellen als Ganzes degenerieren. Hierfiir spricht insbesondere die auch yon mir beobachtete Kerndegeneration. Andere unzweifelhafte Dotterzellen wandeln sich unter Preisgabe eines gr61~eren oder kleineren Teiles ihres Plasmaleibes zu Wanderzellen urn.

    Dedi/]erenzierung des Ovariums. Zu den im Jahre 1925 beschriebenen und abgebildeten F~llen yon

    Ovarienver~tnderung w~hrend der Regeneration bieten die Unter- suchungen an Procerodes eine Ergi~nzung, da bei dieser Form die

    Abb. 9. l 'rocerodes 8egme~tatct. Ovarium in Degeneration und Dedifferenzierung. Vier degene- rierende Ovocyten, umgeben yon dedifferenzierten Zellen, (lie zum Tell in Teilung begriffen sind.

    Zu beiden Seiten je ein 8trang yon ])otterzellen (nach 65stiindigem Regenerationshunger). LEITZ Ok. 2~ Obj. 7a ABBE. do Dotterzellen, ocz Ovocyten, kml Keimlager,

    bi bipolare Wanderzellen.

    t~eifung der Eier weniger simultan erfolgt als bei den Paludicolen. Die in der Entwicklung zuriickgebliebenen Ovogonien bilden einen besonderen Bezirk des Ovariums, der als ,,Keimlager" bezeichnet wird. W~hrend nun in dem vollreifen Tell des Germariums die bekannten Degenerationen vor sich gehen, beginnen sich die unreifen Ovogonien zu teilen und lagern sich ganz dicht zusammen, wie die in anderen Organen vorkommenden nesterbildenden Zellhaufen (Abb. 9). Dann zeigen sich zwischen den reifen Ovozyten und an der Peripherie des Germariums die ersten Spindelzellen, die ich als AbkSmmlinge der sogenannten Stromazellen auffasse. Ein etwas sp~teres Stadium (Abb. 10) l~l~t die Auflockerung der dedifferenzierten Peripheriezellen erkennen. Die in Abb. 11 wiedergegebenen Mikrophotogramme lassen die De-

  • Prospekt ive Ana lyse yon Rest i tu~ionsvorg~ingen.

    differenzierung yon Ovocyten zu Spindelzellen (11 a), die gleichzeitige Degeneration im Zentrum und I)e- differenzierung an der Peripherie (11 b) sowie die Dislokation der Spin- delzellen deutlich erkennen.

    Dedi//erenzierung der Hoden. W~hrend die I)otterstScke ver-

    schiedener K6rperregionen ungef~hr gleichzeitig zuriickgebildet werden, k6nnen die Hoden eines Exemplares verschiedene Stadien der Differen- zierung zur Anschauung bringen. In mehreren Fi~llen konnte ich den Befund VANDELS (1922) best~tigen, wonach die dem Wundrande be- nachbarten Hodenfollikel zuerst und intensiver mobilisiert werden als die welter abliegendcn. Abb. 10. i ' l a~r ia ~.lOmmephcda. Ovarium ill Degeneration, periphere Teile in Dedifferenzie- rung unter Auflockeru~g der mobilisierten spin- deligen Wanderzellen (nach 6t~gigem Regene-

    rationshunger). LEITZ Ok. 2~ Obj. 7a ABBE, oez Ovoeyten; bi bipolare Wanderzellen.

    I. 659

    Abb. 11. Mikrophotogramme von Schnitten dutch EierstScke von Planarien. a PJ'ocerod~'s seff~m~t~l(~. Ovarium, 70vocyten zeigend, yon denen die zentral gelegene zu einei typischen Spindelzelle dedifferenziert ist, wfihrend die benachbarten zum TeiI degenericren. b Plctmt~'ia gonoceph(Ja. Schnitt durch ein Ovarium, (lessen zentrale Ovoeyten degenerieren (helle Kerne, da und dort eosinophile Tropfen), w~thrend die peripheren sich zu rundlichen dunklen Zell- gruppen vereinigen, in welchen Dedifferenzierungsprozesse vorherrschen (6 Tage nach der Operat.). c Plc~taria gonoceph~la. Schnitt durch ein Ovarium, zwischen dessen zentrale degeneriercnde Ovocyten aus der dedifferenzlerten peripheren Zone dunkle Wanderzellen strangweise eindringen

    (8 Tage nach der Operation).

  • 660 P. Steinmann:

    Untersuchen wir lediglieh Hoden, die zur Zeit der Operation voll- reif gewesen waren, somit fertige Spermien im l~ollikel enthalten hatten, so zeigt sich, dab die ausdifferenzierten Elemente einer De- differenzierung nieht mehr fiihig sind und samt and sonders der I)e- generation anheimfallen. Spermien und Spermatiden zerfallen zu klumpigen Massen und werden im Verlauf von etwa 13 Tagen eosi- nophil. Fertige Spermien sind jedoch sehr widerstandsfahig und kSnnen noch tagelang vSllig intakt liegen bleiben, besonders im ]3ereich der Vasa deferentia. Dagegen sind die Spermatozyten erster Ordnung und die Spermatogonien befahigt, einen umgekehrten Ent- wicklungsgang einzuschlagen and sich zu Wanderzellen zuriiekzubilden. Ein Hoden einer Procerodes segmentata (Abb. 12) enthielt drei Tage

    Abb. 12. Versehiedene Einschli isse eines in Ri ickbi ldung begriffenen Hodens. Sz Spermatoeyten ; SjJ Sper-

    mien; Rz Regenerationszel len ; Wz Wanderzelle.

    Abb. 13. l 'rocerodcs scg;;~e~tata. Sttick eines l todens nach 65 st i indigem l~egenelationshunger. ]m Innern Sper- mien and einzelne Regenerationszel len (]g), (lie aus Sperma- mutterzel l , durch Dedifferenzierung entstand, sind. Auf dem gleichen Schnitt 0 uch Spermatogonien in Degenerat ion (S).

    nach der Operation im Innern neben Spermien und Spermatozyten Gruppen yon dichtgedr~tngten Zellkernen, die sich durch mehrere Schnitte hindureh verfolgen lieBen and deren Zahl pro Gruppe 20 bis 30 betrug. Die Kerne erwiesen sich Ms feink6rnig, ziemlich dunkel tingierbar und waren von einem sehr schmalen Plasmahof um- geben. Manchmal hatte man sogar den Eindruck von plasmafreien Kernen. Auf Sehnitten eines etwas sp~tteren Stadiums (7--9 Tage nach der Operation, Abb. 13) zeigen sich bereits verquollene degene- rierte klumpige Konglomerate von Spermien und Spermatiden, die hellviolett bis kirschrot von den dunklen iibrigen Elementen der Hoden abstechen. Die Klumpen von dedifferenzierten Zellen aber sind ge- lockert und iiberall haben sich bereits spindelige Wanderzellen los- gel6st, Auch die peripher gelegenen Spermatogonien, die sich wie ein Epithel um den Hoden legen, sind zum Teil dedifferenziert nnd

  • Prospektive Analyse von Restitutionsvorg~ingcn. I. 661

    mobilisiert. Vom elften Tage an werden die Grenzen der meisten Hoden undeutlich und die spindeligen Zellen maehen sich auf die W~nderung (Abb. 14 c).

    Abb. 14. 31ikrophotogramme yon Schnitten durch Hoden yon Planarien. a Dl:tJ~(~J'ia :lO~(wephala. Im Innern des au.~gereiIten Hodenbli ischens haben sich Gruppcn yon t iefdunklen Zellen gebildet, (lie sich durch Zellteilung vcrmehren und Sl)iiter zu Wanderzcl lcn werden (4 Tage nach der Operation). b l'lct~ut?iu :/,,~,wephalc~. Die Wandungszel len des Hoden- blaschens und die dedifferenzierten Elcmentc des Inncrn werdcn spindelig und beginnen sich zu dis|ozieren (6 Tage nach der Operation). c I'lcrnaria g~,~,cephala. Die nodenbi i ischen sind un- deutl ich geworden. Die aus ihnen gebi ldeten Wandcrzel len rcihenweisc in Dislokation begrilfcn

    (13 Tage nach der Operation).

    Hoden, die zur Zeit der Operation noch nieht reif sind, erfahren meist eine v611ige Dedifferenzierung und erscheinen nach einigen Tagen als ein Haufen gleichartiger Zellen, die etwas sparer auseinanderriicken und sich im Retikulum verteilen.

    Dedi//erenzierung des Darmepithels. Das Darmepithel der erwachsenen

    Planarien l~l]t je nach Ern~hrungszust~nd und Alter des Tieres ganz verschiedenes Aussehen erkennen. Hungernde und re- generierende Tiere zeigen bald nach der Operation eine zunehmende Vakuolisie- rung. Von Zellgrenzen kann im distalen Abschnitt kaum mehr die Rede sein (Abb. 15). Dagegen sind die basa|en Teile verschmi~lert und lassen die schon von GRAFF (891) 1) beschriebenen klaffenden Liicken erkennen, die vielleiclat yon LA~G (397)1) friiher als Exkretionsvakuo- len beschrieben worden sind. Dort liegen

    1) Nummer des Literaturverzeiehnisses in BRo~s Klassen und Ordnungen.

    Abb. 15. Zwei verschiedene Ausbihlungs- stadicn des Darmepithels. Link~ altes Epithel mi t basalen Vakuolen, re('hts jungcs E1)ithel mit dcutl icher Trennung der Kernzone und des llOCh ](;lUlll vfl- kuolisierten distalcn Tells, in dicsem

    Stadium ohnc Zcllgrenzen.

  • 662 P. Steinmann:

    Abb. 16. Abgetrennter KoPf einer ]'l. go~,cepheHa nach sechst~igiger Regeneration (Fl~ichen- schnitt) im Begriff, vakuolisierte~ Darmepithe| im D~rmlumen gegen das Regenerationsende zu

    befSrdern.

    %

    Abb. 17. Play,aria gonocephala. De- kapitiertes Hinterende nach achttiigiger l~generation im Begriff, den ,~Kopf- darm" zu strecken bzw. neue Seitendi- vertikel auszutreiben. Lage der ,Nester" yon neuen Zellkernen (N). j.Div, junge

    Seitea~ste.

    aueh die ovalen, ziemlieh hellen, rein granulierten Kerne. Mit dem Einsetzen der Dedifferenzierungsvorgi~nge beginnt sich das Plasma zwischen den grol~en Vakuolen zu verdichten, es fgrbt sich wesentlich dunkler als die distalen va- kuolisierten 19artien des Darmepithels. Letztere lockern sich auf und beginnen sich abzuschniiren. Mitsam~ ihren vielen Einschlfissen werden sie, wie schon oben erw~hnt, in kleineren oder gr61~eren Por- tionen nach dem Regenerationsende bin verfrachtet (Abb. 16), nachdem sie sich im freien Darmlumen meist zu kugeligen ,,Stofftr~gern" umgewandelt h~ben. ])as auf solche Weise ,,verjiingte" Darmepi~hel erfi~hrt nun entweder eine Riiekbildung, wobei seine Zellen zu Wanderzellen wer- den oder abet, wenn der betreffende Darm- abschnitt in einer Streckungszone liegt, eine Zellvermehrung.

    Die jungen Zellen bzw. Zellkerne liegen in diesem Fall aul3erordentlich dicht beisammen und bilden fSrmliche Nester, die sich als tiefdunkle Zonen

  • Prospektive Analyse von Restitutionsvorg~ingen. I. 663

    sehon be| sehwachen VergrSfierungen sehr deutlich abheben (Abb. 15 und 17). Da ich in vielen F~llen trotz sorgf~ltigem Suchen niemals Mitosen in solchen Zellnestern fand, muB ich annehmen, dab die rasch erfolgende Zellkernvermehrung durch amitotische Prozesse hervorge- rufen wird. Wir kommen auf diese Fragen noch im Abschnitt fiber die Differenzierung der neuen Zellen zuriick.

    Dedi//erenzierung von Driisenzellen. Von Driisenzellen habe ich nur Darmdriisen naher untersuchen

    kSnnen. Die mehr peripher gelegenen Rhabditenbildungszellen, die man wohl am besten auch den Drfisenzellen beiz~thlt, scheinen, nach meinen Pr~paraten zu urteilen, w~hrend der rieren. Reste solcher zurfickgebildeter Mesen- chymzellen finder man in fortgeschrittenen Stadien des Regenerationshungers da und dort im Mesenchym. Jfingere ,,ruhende" Drfisenzel- len, wie sie etwa als ,,Stammzellen" angespro- chen worden sind, entwickeln sich ohne wei- teres zu Wanderzellen, wie das auch im nor- malen Mesenchym der Tricladen |miner und |tamer wieder beobachtet werden kann.

    Was die Darmdriisen anbelangt, so sind sie, wie ich entgegen meiner ursprfinglichen Annahme auch in der Monographie ,,Die Stru- delwfirmer" 1913 betont habe, mit den eigent- lichen MINOTschen KSrnerkolben -- jedoch nicht mit den 1925 n~her gekennzeichneten ,,Stoff- tr~gern" -- zu identifizieren. Die KSrnerkolben

    Restitution zu degene-

    ~311(

    K

    Abb. 18. 1)lam~ri. !l.iloeephttl~r. PrRpharyngealcs Vorderende

    nach achttfigigcr Regeneration. MINOTschcr K6rnerkolben in ])edifferenzierung. Basalcr Teil wandelt sic[l in eitle Regenera- tionszelle urn. MK KSrnerkol- ben; K Kern: 1'1 Pi:mm:t dcr

    ded]ffcrenziert en Zcllc.

    erfahren, wie ich nun nach neuen Pri~paraten annehmen muB, w~hrend der Regeneration ein ~hnliches Schicksal wie die Darmepithelzellen. Sie schniiren den distalen vakuolisierten Abschnitt ab, und der kernhaltige basale Teil erhMt ein tiefdunkel fi~rbbares Plasma. SchlieBlich nimmt die Zelle Spindelform an und wandert aus, w~hrend der vakuolisierte Tell ins Darmlumen hinausgedr~tngt und dort resorb|err wird (Abb. 18).

    Reihen/olge der Dedi//erenzierungen. Zuerst scheinen die Mesenchymzellen bzw. die ruhenden Driisen-

    zellen oder auch die ver~stelten sternfSrmigen ,,Stfitzzellen" des Mesen- chyms zu Spindelzellen umgewandelt und nach dem Regenerat ver- lagert zu werden. Die Differenzierung solcher Elemente setzt sich aber noch sehr lange fort, und selbst nach wochenlangem Regenera- tionshunger kann man noch Umwandlungsprozesse im Mesenchym wahrnehmen.

  • 664 P. Steinmann:

    Von den Sexualorganen bilden sich zuerst die Dotterst6cke, dann die Geschlechtsg~nge und der Copulationsapparat, schliei31ich die Go- naden selber zuriick. Ganz sp~t erst zerfallen die reifen Geschlechts- produkte, ganz zuletzt die Spermien, die sich in :Biindeln in den ,,falschen Samenblasen", d. h. in den an ihrer Stelle noch vorhandenen Vukuolen zu beiden Seiten der Pharynxh6hle erhalten haben. Bezeich- nend ist die v611ige Ubereinstimmung der Reihenfolge des Schwundes mit der yon SCHULTZ (1904), SToPPENBRINK (1904) und BERNINGER (1911) an Hungertieren festgestellten Reihenfolge der Organverkiim- merung. Die Organe, die in der postembryonalen Entwicklung zu- erst erschienen waren, versehwinden zuletzt, die ganz am Schlu/3 der Reifungsperiode auftretenden Dotterst6cke fallen als erste der Riick- bildung anheim.

    Zusammen/assung. Ein Riickblick auf die bisher betrachtete Phase der Restitution

    l~il3t deutlich erkennen, dal3 der verletzte Wurm jeweilen das unter- nimmt, was unter den geltenden Verh~ltnissen als das dringlichste erscheint: Solange die Wunde often ist, strebt or nach Erreichung eines ersten Notverschlusses durch das mechanische Mittel des Wund- ]cramp/es. ])ann folg~ der chemische Verschlufl durch Schleim, der ein Nachgeben des Krampfes, eine Entspannung ermSglicht. Endlich kommt der Wundverschlui3 durch das syncytiale Verschluflhdutchen zu- stande, das dann in der Folgezeit zum eigentlichen Epithel umgebaut wird. Gelingt der mechanische WundverschluI3 nicht und kann wegen besonderer Umst~nde auch der Schleimverschlu~ nicht bewerkstelligt werden, so bildet sich eine Wundnekrose mit einer Demarkationslinie yon platten Mesenchymzellen, die die Aufgabe des Integumentes fiber- nehmen und sich eng an das Epithel des Wundrandes anlegen. W~hrend dieser Vorgi~nge am Wundende hat bereits die Mobilisation in den alten Geweben eingesetzt, die den Zweck hat, rasch mSgliehst zahl- reiche geIlelemente in den Bereich der Wunde zu schaffen. Zuerst werden die der Wunde benachbarten Zellen mobilisiert, dann folgen die iibrigen Organe und zwar in einer bestimmten Reihenfolge; die zuletzt erschienenen zuerst, die in der postembryonalen Entwicklung friih auftretenden zuletzt. Voll ausdifferenzierte Elemente zerfallen oder degenerieren, werden an Ort und Stelle resorbiert oder nach dem Wundrand hin verlagert. Andere Zellen wandeln sich unmittelbar zu Regenerationszellen urn, was einem VerjiingungsprozeB gleichkommt. ])abei k6nnen sie gr6i3ere oder kleinere Partien ihres Plasmaleibes preisgeben. Sie werden dadurch klein und geschmeidig, kSnnen sich auch wieder teilen und sind durch die mehr und mehr hervortretende Spindelgestalt bef/~hig~, zu ,,Wanderzellen" zu werden. Die Wander-

  • Prospektive Analyse von Restitutionsvorg~ngen. I. 665

    zellen sammeln sich dann in erstaunlich kurzer Zeit und in betrhcht- licher Zahl im Regenerationspropf an. Ihr weiteres Schicksal mag in anderem Zusammenhang besprochen werden.

    I I I . ])Iorphallaktische Ver~inderungen im alten Stiick. Vorbemerkung: Die prinzipielle Sonderung der Begriffe Morphallaxis

    und Epimorphose, wie sie seit MORGAN (1907) vielfach iiblich geworden ist, d. h. die Gegenfiberstellung der zwei Arten yon Wiederherstellung des Ganzen dutch totale Umbildung des Fragmentes einerseits und durch Auswachsen eines Regenerates andererseits ist nicht zu empfehlen, da in allen Fallen yon Restitution gewisse Neubildungen an den Wund- r~ndern im Sinne der Epimorphose auftreten und umgekehrt auch beim scheinbaren einfachen Auswachsen eines Regenerationspfropfes aus der Wunde im alten Stiick, dem Regeneranten, gewisse Veritn- derungen sich geltend machen, die nur im Sinne der Morphallaxis gedeutet werden kSnnen. Jeder Restitutionsprozel3 zeigt also epimorphe und morphallaktische Ziige, doch tritt bisweilen das eine, bisweilen das andere st:~trker in den Vordergrund.

    Die Morphallaxis beruht auf Verlagerungen und Ver:,tnderungen im Regeneranten, die den Zweck verfolgen, dem zuf~llig geformten Teilstiick eine neue Gestalt zu geben, eine Gestalt, die der Form des betreffenden Organismus entspricht oder die das Regenerat zu einem wohlproportionierten Organismus erg~nzt.

    Untersucht man das Schicksal der Zellen, Gewebe und Organe des alten Stfickes w~hrend des Auswachsens und w~hrend der Differen- zierung des Regenerates, so erkennt man, dab die im vorherigen Kapitel besproehenen Zellverlagerungen und Transporte yon Nahrmaterial keineswegs zuf~llig erfolgen. Vielmehr ffihren gerade diese Vorg~inge zu einer Umwandlung der Gestalt, z. B. zu einer Verschm:ctlerung eines kurzen Kopfabschnittes, die somit einer relativen Verl~tngerung gleich- kommt. Das Endresultat dieses Prozesses kann jederzeit leicht fest- gestellt, ja sogar gemessen werden. Der Weg aber, der zu diesem Ziele ffihrt, ist nicht in allen Einzelheiten bekannt. Wahrscheinlich erfolgen die Verlagerungen der Mesenchymzellen so, dab sich das Stiiek nicht allseitig proportional verkleinert, dal3 der Querschnitt verhSltnis- mi~fiig st:~trker in Mitleidenschaft gezogen wird als der LS.ngsschnitt. Beobachten li~13t sich allerdings davon nicht viel, es sei denn, dal3 man die Lagerung der Wanderzellen in Betracht zieht, die in ihrer grol3en Mehrzahl Li~ngsrichtung ihrer Forts~tze erkennen lassen.

    Positivere Angaben lassen sich fiber das Verhalten des Darmes machen. Die ~uBersten Verzweigungen der Darmdivertikel lassen von einem bestimmten Zeitpunkt an eine deutliche Rfickbildung erkennen. Es sieht aus, als ob der Darm seine ~tul3ersten Enden einziehe. Dies

  • 666 P. Steinmann:

    entspricht einer allgemeinen Riickbildung der Randzone, somit einer Verschm~lerung des ganzen Regeneranten (Abb. 19). Histologisch kenn- zeichnen sich die verkfimmernden Darmi~ste (Abb. 20) durch eine be- sonders starke Vakuolisierung der Darmepithelzellen, die allm~hlich als ein dunkel tingierbares, weitmaschiges Retikulum erseheinen, durch Ausbildung von Granulationen, die sich bei Doppelfi~rbung Hi~mato- xylin-Orange-G gelbrot fi~rben und durch Abschniirung von Plasma- teilen, die in der Folgezeit nach den zentraleren Teilen des Darmes verlagert werden und sich schlieI~lieh im Bereich des Regenerates finden. Besonders interessant ist die Tatsache, dab der gleiche Darm, der in seinen iiul~ersten Zweigenden die beschriebenen Riickbildungsersehei-

    nungen aufweist, in andern Teilen ~ ~ auffi~llige Zellkernvermehrungen,

    fSrmliehe Nester yon jungen Ker- nen erkennen l~]~t. Diese Wuehe- rungszonen liegen dem Hauptdarm

    9 "..-:.{ !~'.:.."

    Abb.19. Naeh einem Fl~iehensehnitt dureh ein in l /est i tut ion Abb. 20. Degenerierender ~ul3erster begriffenes Kopfst i ick yon Play,aria all)i~a I leicht schemati - Darmzipfel eines in morphal lakt i - siert) Ri ickbi ldung der fiuBersten Enden der Darmdivert ike l . scher Streckung begriffenen Kopf-

    h[orphatlaktische Verschm~lerung des Teilsti icks. st i icks yon l'l(~c~ri(~ ter(~t(q)hit(~ Punkt ier t : das Regenerat. Steinm.

    entlang ]eweils zwischen den Abzweigungsste[len der Divertikel (Ab- bild. 17), bei Hinterenden, die sich strecken miissen, ebenfalls an den longitudinalen Teilen des Darmes. Da, wo die Zahl der Divertikel an einem Teilstfick die fiir die betreffende Spezies normale Zahl nicht erreicht, kann man in der Wucherungszone auch die Ans~tze zu neuen I)ivertikeln erkennen (Abb. 17].Div.).

    Verschiedene Organe, die rechts und links yon der Symmetrieebene gelegen sind, riicken sp~ter nhher zusammen. Dies ist Folge und auch Gradmesser der zunehmenden Verschm~,lerung. Der Augenabstand wird im Laufe der Restitution an abgeschnittenen Kopfenden allm~h- lich kleiner, auch die Markstriinge, d.h. die groBen ventralen L~ngs- nervenst~mme riicken n~her zusammen. Besonders interessant ist das Verhalten der Ovarien, die beim normalen vollreifen Tier als

  • Prospektive Analyse yon Restitutionsvorg~ngen. I. 667

    kugelige oder leicht ovale Gebilde zu beiden Seiten der KSrperachse gelegen sind. Diese Organe erfahren eine Li~ngsstreckung und werden in vorgeriickten Stadien zu langen strangartigen Gebilden. Sie spiegeln so das Schicksal des ganzen Stiickes wieder, das eine zunehmende Verli~ngerung und Verschmi~lerung erfi~hrt (Abb. 21). Auch die Gruppen von Hoden erfahren eine charakteristische Ver~nderung, indem einer- seits die tIodenbli~schen selbst schrumpfen und indem die zwischen- gelagerten Mesenchymelemente schwinden. Schliel~lich bilden die in Degeneration oder auch in Differenzierung begriffenen Hoden einen einzigen reich gelappten Komplex, der sich in die neue Form des Regeneranten einfiigt. Seine allm~hlich eintretende Verschm~tlerung ist auf das Auswandern der zu bipolaren Wanderzellen gewordenen

    Abb. 21. Schematische Darstel lung der morphal lakt ischen Streckung eines Kol)fabschnittes: die Augen zeigen eine Verkleinerung ihres Abstandes, die Ovarien eine Li ingsstreckung und

    gegenseit ige Ann~iherung.

    dedifferenzierten Elemente zuriickzufiihren. Auf einzelnen Prhparaten lassen sich Dutzende von gleichgerichteten Wanderzellen zwischen den Resten der Hodenbl~schen feststellen, die offenbar im Augenblick der Konservierung im Begriff standen, zum Regenerat auszuwandern (vgl. Abb. 7 c und 14 c).

    IV. Gewebe- und Organdifferenzierungen im Regenerationspfropf. Die Differenzierungsvorg~inge im Regenerationgewebe beginnen erst,

    wenn sich eine grol~e Zahl yon Regenerationszellen im Wundrandgebiet angesammelt hat. Das sehr dichte Regenerationsgewebe ist nur auf ganz diinnen Schnitten gut zu analysieren. Es setzt sich aus vielen eng aneinandergeschlossenen dunklen Zellen zusammen, deren Kernc auch bei 5 !t-Schnitten sich noch h~ufig iiberlagern und deren klumpige bis f~dige Fortsi~tze ein ebenfalls ziemlich dunkles Retikulum bilden, ohne dal3 es leicht mSglich wiire, die PlasmakSrper der einzelnen

    W. Roux' Archiv f. Entwick lungsmechanik Bd. 108. 445

  • 668 P. Steinmann:

    Zellen bis in die letzten Verzweigungen des Retikulums hinein zu verfolgen. Stellenweise erscheint das Regenerationsgewebe fast wie ein Syncytium, dessen Plasmamasse von Vakuolen durchsetzt ist. Ein- zelne Zellindividuen aber behalten ihre Gestalt der bipolaren Wander-

    zellen durchaus bei und scheinen auch tat- si~chlich noch bef~higt zu sein, Ortswechsel vor- zunehmen. Diese mobilen Ze]len haben einen PlasmakSrper yon spindeliger Form, wobei die verjiingten Enden der Spindel sich zu eigent- lichen dunkelfi~rbbaren F~den ausziehen.

    Wir unterscheiden hier am besten zwischen Differenzierungen im Anschlu[3 an bereits be- stehende Gewebe und Organe und Differenzie- rungen, aus denen ganz neue Bildungen in- mitten des Regenerationsgewebes hervorgehen.

    Abb. 2"2. Pla~ric~ tcrc~tophil(~. Prlipharyngeales Vorderende: In meiner Arbeit fiber das Verhalten der

    t tauptdarm mit einwandernden Zellen und Gewebe im regenerierenden Tri- bipolaren ZeHen (hip). va va- kuol is ierter ' /ei iderDarmepithel- cladenkSrper 1925 habe ich in Abb. l0 ein zellen. LEI~Z Ok. 3, Obj. J I/l~

    AnnE. auf ~/10 verklcinert. Ende eines in l~egeneration begriffenen Dar- mes abgebildet. Die I)armzellen wachsen

    zum Tell unter Zellkernvermehrung, zum Tell aber werden durch An- lagerung neuer Zellen zun~tchst Zellstr~nge gebildet, die sparer ausein- anderweichen und ein Lumen entstehen lassen. Zuerst richten sich alle Zellen parallell aus und riicken dann eng zusammen, bis ihr

    Abb. 23. J?lanaria gonoco)hala. Regenerationszellen, die sich zu ~ervenzel len umwandeln. I legenerat dicht am Stumpf des Li ingsnervenstranges. LEITZ Ok. 3~ Obj. J 1/l~ ABBE ; Umril~-

    zeichnungcn.

    PlasmakSrper verschmilzt. Die Anordnung der StrAnge ist durchaus nicht einfach yon der Konstellation des alten Stfickes und seiner Darm- teile abhi~ngig, sondern li~Bt, wie sparer im einzelnen auseinandergesetzt werden soll, eine unzweifelhafte Planm~igkeit erkennen. Die einzelnen Zellstr~nge wuehern in bestimmten Richtungen, gabeln sich oder ver-

  • Prospektive Analyse yon Restitutionsvorg~ngen. I. 669

    schmelzen mit anderen ])armstficken. Aus den soliden Str~ingen bipo- larer Zellen wird dann dadurch ein Darmrohr gewonnen, dab die Zellen radial auseinanderriicken und einen Hohlraum zwischen sich erstehen lassen, der mit dem Lumen des alten Darmes zu einem ein- heitlichen Darmrohr versehmilzt. Das junge l)armepithel ist noch wi~hrend mehreren Tagen durch dunkle F~rbung des Plasmas gekenn- zeichnet. Auch bleibt das neue Darmlumen viel enger als das alte. Eine besondere Abgrenzung des Darmes gegen das umgebende Mesen- chym konnte in keinem Falle festgestellt werden. Dagegen bekommt man oft Bilder zu sehen, die das Eindringen yon Mesenchymzellen in das junge Darmepithel veranschaulichen (Abb. 22).

    Zu den Organsystemen des Regenerates, die sich in Anlehnung an die entspreehenden Organe des Regeneranten ausbilden, gehSrt auch das Nervensystem. An den Stumpf des atten Nervenstranges legen sich ganz iihnlieh wie beim auswachsenden Darm zun~tchst Striinge yon Spindelzellen an, die sich immer enger zusammenschliel]en. Gleichzeitig ziehen sich ihre Fortsiitze in lange l~asern aus, treiben auch etwa seit- liche Verzweigungen aus, die zusammen mit den ttauptfasern lange diinne Biindel bilden (Abb. 23). Uberall wird der sp~tere Ver- lauf der Nervenstrange wie auch die Form des zu regenerierenden Gehirns durch solche Abb. 24. (8chematisiert.) Das Aus-

    wachsen der L~ngsnervensttimpfe zu Faserstri~nge gewissermal3en vorgezeichnet, einemneuenGehirn nachPr~,paraten N'ach einem bestimmten Plan verzweigen yon Pla~zaria gonocephala, denen

    das Kopfende abgeschnitteu wurde. sieh die Biindel, geben Querbiindel ab, treten miteinander in Verbindung, wachsen zu Anschwellungen aus. Dabei kommt es auch vor, dal3 die jungen Strange in die alten Gewebe aus- wachsen. Sie verhalten sich dort genau wie in den jugendliehen Re- generationsgeweben. Dann erst bekommen die Strange ihre definitive histologische Differenzierung.

    GekSpfte Hinterenden erzeugen in ihren Regeneraten die Gehirn- partie durch Einwachsen der Li~ngsnervensti~mme, wobei sich schon in den Friihstadien Kommissuren ausbilden. Durch gegenseitige An- n~herung der L~ngsst~mme unter gleichzeitiger Verdickung und Ver- kiirzung der neuen Komissuren, ferner durch Auswachsen rechtwinklig abgehender Seitennerven und nach der dorsalert Richtung aufsteigender Sinnesnerven vervollsti~ndigt sich die ganze Nervenanlage (Abb. 24).

    Uber die definitive Ausgest~ltung des Integumentes nach Abschlul3 der Vorgi~nge, die wir in einem friiheren Kapitel mit dem Titel ,,Wund- verschlul3" bezeichnet haben, wurde schon von mehreren Autoren ge- arbeitet. Wir wiederholen bier nur ganz kurz, dal3 sich auch nach

  • 670 P. Steinmann:

    der Bildung des provisorischen ZellverschluBh~utchens vereinzelte spindelige Wanderzellen oder Regenerationszellen zwischen die platten Integumentzellen eindr~,ngen, die noch eine Zeitlang dort leicht kennt- lich sind. Aul3erdem kSnnen, wie L.CNG {1912/1913) nachgewiesen hat, aus der Tiefe des Mesenchyms sogenannte Rhabditenbildungszellen eindringen. Sofern, was wohl anzunehmen ist, die Rhabditenbildungs- zellen als ins Mesenchym eingesenkte Epithelzellen aufgefal3t werden kSnnen, mag der Vorgang der Wiedereingliederung ins Epithel als eine Umkehrung eines Entwicklungsvorganges angesproehen werden.

    Nachdem sich unter dem neugebildeten Epithel durch ganz flache Zellen eine Basalmembran differenziert hat und nachdem ferner von den Zellen des Wundrandes aus durch Anlagerung neuer Muskelzellen der Hautmuskelschlauch erg~nzt worden ist (Abb. 5), scheinen sich mesenchy- matische Elemente nieht weiterhin an der Restitution des Integumentes zu beteiligen. Die weitere Ausbildung, die naturgem~B infolge des raschen Wachstums des ganzen Regenerationspfropfes mit zahlreichen Zellteilungen verbunden sein muB, erfolgt im wesentlichen durch ami- totische Teilungsvorg~nge in den sich nicht voneinander dutch Zell- wi~nde absondernden jungen Integumentteilen, die stellenweise den Eindruck eines Syncytiums erwecken.

    Besonderes Interesse diirfen die Organe beanspruchen, die mitten im Regenerationsgewebe neu entstehen, ohne dal3 sich Beziehungen zu Organen des alten Stiickes oder auch zu andern neuentstandenen Organen des Regenerates nachweisen lassen. Hierher gehSren: der Pharynx und die Augen.

    Alle bisherigen Versuehe, die Bedingungen zu ermitteln, die den Oft der Pharynxbildung bestimmen, sind resultatlos geblieben. Rein beschreibend l~l~t sich feststellen, daI3 der neue Saugriissel immer dort entsteht, wo er gem~13 dem allgemeinen Bauplan der Tricladen hin- gehSrt. In anderm Zusammenhang werden wit im einzelnen ausein- andersetzen, wie sich bei Doppelbildungen die Verh~ltnisse gestalten. Hier mag nut festgestellt werden, dab die Darmkonfiguration in der Gegend der kfinftigen Pharynxbildung nicht oder doch nur in unter- geordneter Weise bestimmend auf die Ausbildung des Pharynx wirkt. Von irgendwelchen ,,Ursachen" fiir die Lokalisierung der Pharynxbil- dung l~13t sich nach unseren heutigen Erfahrungen nicht das geringste aussagen. Wohl aber l~l~t sich feststellen, dal3 in der Ausbildung der bekannten Konfiguration des Tricladendarmes (ein Kopfdarm nach vorn, zwei seitliche Schwanzdi~rme nach hinten und Insertion des Saugriissels unter Vermittlung eines kurzen Verbindungsstfickes im Gebiete der Vereinigung der drei Haupt~tste) ein bestimmter Plan in Erscheinung tritt, der sich bei der Regeneration irgendwie beschaffener Fragmente immer und immer wieder durchsetzt, wie er sich w~hrend der Embryonal-

  • Prospektive Analyse von Restitutionsvorg~ingen. I. 671

    entwicklung realisiert. Die sich aus den jeweiligen Konfigurationen ergebenden Schwierigkeiten werden oft dadurch iiberwunden, dal] zu- n~chst Notkommunikationen geschaffen werden. So werden z. B. an postpharyngealen Hinterenden zuerst in der Richtung des Regenerates mehrere kopfw~rts gerichtete Darm~ste erzeugt, die dann zum Tell wieder zuriickgebildet werden zugunsten eines einzigen, der sich zu einem typischen Kopfdarm entwickelt (Abb. 25).

    Abb. 25. l'la~(r !lo~wepl.lla. Postpharyngeales tI interendc. Hell urspriin.-lichcr l)arm, dunkel neuer Darm, ill tier Mitte tier neue 1)harynx, Jill alten Gcwebe gebihlet.

    . . . . . . . . . . . R ichtung des Operationsschnittes.

    Die Pharynxbildung selber beginnt damit, dab sich zahlreiche Regenerationszellen zu einem besonders dichten Haufen zusammen- finden. Zuerst li~l]t sich keinerlei Regelmi~l~igkeit erkennen. Die Fort- s~tze der Spindelzellen laufen nach allen mSglichen Richtungen durch- einander. Die Ansammlung w~chst weniger dureh Zellteilungen, als durch das Hinzutreten neuer Wanderzellen. Nur ganz vereinzelt kann man in dem Zellhaufen Andeutungen von Zellteilungen nachweisen. Die erste Differenzierung li~13t sich einige Stunden nach Beginn der Zusammenscharung erkennen und besteht darin, dab die peripher

  • 672 P. Steinmann:

    gelegenen Zelten sich so eins~ellen, dab ihre Fortsi~tze der Kreis- bzw. Kugelperipherie folgen. Bald darauf sondert sich diese Randzone in zwei Schichten und es entsteht dazwisehen eine etwa halbkreis- fSrmige bzw. halbkugelf5rmige, klaffende Spalte, die Pharynxh6hle. Die Umwandlung der spindeligen Wanderzellen in Epithelzellen l:~iBt sich an etwa 8- bis 10t~gigen Regeneraten abgeschnittener KSpfe yon Planarien sehr schSn verfolgen. Da die einzelnen Zonen in der Ent- wicklung ungleich welt fortgeschritten sind, kann man auf einen und demselben Schnitt den ganzen Entwicklungsgang demonstrieren.

    Abb. 26. Histologische Elemente eines jungen Pharynx (Pla~taria go~ocephala, pr~pharyngeal abgetrenntes Kopfstiick}. a Epithel der Aul]enwand, b der Pharxnxh6hle, c der Innenwand,

    d, e, f Muskelfasern, g Driisenzelle. (Ok. 2, Obj. J 1/lZ ABBE, auf 9/~0 verkleinert.)

    Abb. 26a- -e zeigt einige besonders charakteristische Fi~lle yon Epi- theldifferenzierung. Die zu Epithelien gewordenen Zellreihen ver- grSBern ihren Plasmahof, der auch gleichzeitig heller und etwas eosinophil wird. Bald beginnt die spaltenfSrmige Pharynxh6hle sich zu vergrSBern und gegen das benachbarte ventrale Integument bin aus- zusacken. Umgekehrt bildet sich yon dort her selbst~ndig eine gruben- artige Vertiefung. Die beiden Einsackungen n~hern sich einander und dann finder ein Durchbruch statt: die Kommunikation der Pharynx- hShle mit der AuBenwelt ist fertig. Unterdessen hat sich aber auch im Innern des Zellhaufens ein Hohlraum ausgebildet. :Die zentral gelegenen Wanderzellen treten radial auseinander und lassen so zu-

  • Prospektive Analyse von Restitutionsvorgiingen. l. 673

    ngchst eine kugelige HShlung entstehen, die sp~ter durch den Pha- rynxzapfen hindurch mit der PharynxhShle kommuniziert. Erst wenn alle diese Differenz[erungen beendet sind, wird auch der Kontakt mit dem Darm fertiggestellt. Die Verbindungsstrecke zwischen dem Pha- rynxlumen und dem Darmrohr, die vielbesprochene Partie zwischen Darmvereinigung und Rfisselwurzel darstellend, der" als ,,(~sophagus" attfzufassende Tell des Terrikolendarms oder der sogenannte rudimen- t~re Hauptdarm, der nach WILHELMI mit dem zentralen Hauptdarm der Polycladen und dem Trichter der Ctenophoren homologisiert werden soll, ist zun~chst ein Gang mit engem Lumen, der dann mehr und mehr den Charakter eines Darmstiickes annimmt. In dem dichten Zellgewebe des jungen Pharynx beginnen nun die Differenzierungs- vorg~nge. Spindelzellen werden zu Muskelfasern (Abb. 26d /), schichten- weise lagern sich die Zellen und dazwischen entstehen rundliehe Driisenzellen (Abb. 26g). Etwas sparer beginnt die Einsenkung der Epithelkerne und die Auflockerung des sehwamm[gen Innengewebes unter Umformung der Regenerationszellen zu sternfSrmigen ,,Mesen- chymzellen".

    Die mir vorliegenden Praparate fiber die Wiederbildung der Augen sind nicht zahlreich genug, als dal~ ich die dabei eintretenden Ver- iinderungen in allen Einzelheiten zu deuten vermSchte. Wichtig scheinen mir folgende Feststellungen: Die ersten Zellkernansamm- lungen, aus denen sieh spi~terhin Augen entwickeln sollen, entstehen in den Regenerationsgeweben unmittelbar unter dam Hautmuskel- schlauch zu einer Zeit, zu welcher der I)ifferenzierungsprozeB noch wenig Iortgesehritten ist. Insbesondere sind die Nerven noch kaum differenziert und auch in sp~teren Stadien der Augenregeneration fehlt cler Optikus: das Auge entsteht in v511iger UnabhS~ngigkeit vom Nerven- system und die seinen Ort bestimmenden Faktoren sind nieht bekannt. Auch hier lassen sich keine kausalen Betrachtungen anstellen, h5ch- stens prospektive, indem die Augen gem~t{3 der spezifischen Augen- stellung des Regeneranten in symmetrischer Anordnung entstehen. Dabei lassen sich die Einzelheiten als sehrittweise erfolgende Reali- sierung des 0rganisationsplanes verstgndlich machen. Die Zellan- h~ufungen verdichten sich. In allen Zellen entsteht ein kSrniges Pigment. Nun rfieken die Zellen an die Peripherie, bilden eine Art Blase und lassen im Innern einige durehsiehtige Zellen erkennen. Die n~ehsten Stadien sind mir nieht bekannt. Dann schwindet an einer Stelle das Pigment und dadurch erhMt die Augenanlage Becherform. Erst jetzt bilden sich die Faserziige des Optikus aus dem Gehirn- regenerat aus und ungefi~hr gteiehzeitig beginnen sieh die Zellen im Innern der Augenblase zu Sehzellen zu differenzieren. Wie dies im einzelnen gesehieht, ,konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen.

  • 674 P. Steinmann:

    Offenbar erfolgt diese Fertigstellung tier Augen in rascher Folge, denn es gelang mir nicht, zwisehen dem Stadium der Augenblase mit Schwund des Pigmentes an einem Pol und zwischen den fertigen Augen Zwisehenstadien ausfindig zu machen.

    V. Die Herste l lung yon provisor ischen und d~finitiven Anschl i issen der neuen Organe an die entsprechenden Tei le des Regeneranten.

    Da die Mehrzahl der Organe in engem Kontakt mit den ent- sprechenden Organen des Regeneranten entstehen, macht die Neu- bildung meist den Eindruck eines einfachen Auswachsens aus dem alten Stiick, wobei der beobachtende Forscher leicht die Meinung bekommt, dab die angrenzenden alten Teile einen bestimmenden Ein- fluid, eine ,,morphogenetische Bestimmung" auf den GestaltungsprozeB ausfiben. Schon die Ta~saehe, dai~ die neugebildeten Teite sich vor- wiegend aus besonderen Regenerationszellen zusammensetzen, die anderw~rts durch Neubildung oder durch Dedifferenzierung entstanden und an den Ort des Verbrauehes planm~Big verlagert werden, mag uns veranlassen, zu der angegebenen ,,Erkl~rung" ein Fragezeichen zu setzen. Aber selbst wenn diese Bedenken nicht besti~nden, miiBte man verlangen, die Wirkungsweise der ,,morphogenetischen Bestimmung" im einzelnen kennen zu lernen, bevor man sich mit einer solchen Deutung zufrieden geben k6nnte. Es mag etwas schmerzlich sein, zu- zugeben, dab wir auf diesem Wege keinen Schritt welter kommen. V611ig ratlos aber steht der Kausalanalytiker vor der Tatsache, dab im Regenerat Differenzierungen yon Organen erfolgen, die unbe- kfimmert um die umgebenden Organe entstehen. Der Pharynx bi|det sieh ohne jede Beziehung zum Darm, dessert Bestandteit und nStige Ergi~nzung er doch sparer bilden muB. Die Augen entwiekeln sich auf eigene Faust ohne Rfcksicht auf das Nervensystem, das spgter doch mit ihnen zusammenwirken soil. Es ist daher besonders inter- essant, die Vorg~nge kennen zu lernen, die zu einer Vereinheitlichung der Organisation zur Aufnahme des neuen Teiles in den Gesamt- organismus fiihren.

    Abb. 25 stellt den jungen Pharynx in einem postpharyngeal ab- geschnittenen Hinterstiick dar. WeiB sind die rekonstruierten alten, schwarz die jungen Darmabschnitte gekennzeichnet. Man erkennt, dab der alte Darm dutch die Operation an verschiedenen Stellen getroffen wurde und dab auch yon verschiedenen Stellen des Wundrandes aus Darmteile in das Regenerat einwachsen. Dadurch kommt es zur Wiedervereinigung der beiden Sehwanzdgrme, in unserem Fall zur Bildung zweier Queranastomosen. Von der hinteren Querstrecke aus wgchst nun ein Darmstiick rfickw~rts in die Mten Gewebe des Rege- neranten hinein, um die Verbindung mit dem dort entstandenen

  • Prospek~ive Analyse von Restitutionsvorgi~ngen. I. 675

    Pharynx aufzunehmen. Damit ist zuni~chst eine vorli~ufige Vereinheit- lichung der Organisation und damit Funktionsbereitschaft eingetreten, die jedoch keineswegs den Eindruck des Definitiven erwecken kann. Es fehlt noch v611ig das Typische des Tricladendarmes: die Ausbildung eines medianen Hauptdarmes, der von der Pharynxwurzel aus nach dem Kopf ausw~tchst. Allein schon in dem Provisorium kann eine

    Abb. 27. Darstel lung des Rest i tut ionsver laufes an einem pr~i- und einem postpharyngealen F ragment einer Planarie (aus mehreren Schnittserien kombiniert und schematis iert) .

    Etappe zur Bildung des Definitiven erkannt werden. Die. hintere Queranastomose ist bestimmt, die Umbiegungsstellen der kiinftigen Schwanzdi~rme zu bilden, und der mediane nach vorn auswachsende Darm ist ebenfalls in diesem Stadium bereits vorgezeichnet. Andere i~hnliche Pr~parate yon etwas vorgeriickteren Stadien lassen erkennen, dal3 der Plan sich durchsetzt. Dabei werden grol3e, weitlumigc Darm- strecken kurzerhand zuriickgebildet, w~hrend umgekehrt enge Neben-

    W. Roux' Archiv f. Entwick lungsmechanik Bd. 108. 45

  • 676 P. Steinmann:

    anastomosen versti~rkt und in die Gesamtorganisation einbezogen werden. Selbst junge neugebildete Darmstrecken werden nachtri~glich wieder eingeschmolzen, wenn es der Organisationsplan erfordert. Mit groBer Z~higkeit und Konsequenz und unter I~berwindung aller sich entgegenstellenden Schwierigkeiten erreicht der Organismus seine definitive Organisation (Abb. 27).

    Wenn es sich darum handelt, an einem pr~pharyngealen Frag- ment, einem abgeschnittenen Kopf oder einem Querabschnitt der Pr~pharyngealrcgion, d .h. an Stricken, in denen nut der mediane ,,Kopfdarm" enthalten ist, den Rrissel und die beiden Hauptdarm~ste der hinteren Region zu bilden, so wachsen gewShnlich die hintersten,

    an den Schnittrand angren- zenden Seitendivertikel in das t~egenerat ein und bilden ohne weiteres die,,Schwanzd~rme". Sind jedoch dutch den Schnitt mehrere Divertikelzweige ge- troffen, so kommt es vor, dab zunachst zwei oder mehr Darmteile in das Regenerat eindringen (Abb. 28).

    Bald abet kommt Ord- nung in das Geschehen: Ein Divertikel oder auch nur ein Zweig eines Divertikels wird im Wachstum augenschein- lich bevorzugt: tier Organisa-

    Abb. 28. Planaria gonocephala, Pr~ipharyngeales tionsplan setzt sich durch. Vorderende mit l~otverbindung zwischen Darm und D ie vom Operationsschnitt

    Pharynx. direkt getroffenen :Darmteile

    erfahren w~hrend der ersten Stadien der Restituiion oft eine Riickbil- dung (vgl. auch meine Arbeit yon 1908). Dann entsteht in dem jungen Regenerationsgewebe der Pharynx mitsamt seiner Tasche. Nicht immer gelingt es, im ersten Wurf, dieses Organ mit dem Darmsystem in richtiger Weise und am richtigen Orte zu verbinden. Oft entsteht zuerst eine Not- Anastomose, wobei, wie z. B. Ahb. 28 zeigt, eine seitliche Insertion des Pharynx, bzw. eine Einmiindung des sogenannten rudiment~ren Haupt- darmes, nicht an der Vereinigungsstelle der drei Darm~ste, sondern in einem der Schwanzd~rme zustande kommt. Sp~tere Stadien lassen yon solchen Anomalien nichts mehr erkennen.

    Durch Streckung der einen und Verkrirzung der anderen Teile kommt die typische Konfiguration frriher oder sp~ter wieder zustande. Die Planm~Bigkeit der Umgestaltung tritt in jedem einzelnen Fall

  • Prospektive Analyse yon Restitutionsvorg~ngen. I. 677

    deutlich hervor: denn wie auch die vom Zufall abhi~ngige Lage des Operationsschnittes die Verh~ltnisse gestaltet haben mag, immer findet der Organismus den Weg zur Wiederherstellung des Typischen. Die Serienabbildung Nr. 27 l~Bt einiges davon erkennen. Besonders inter- essant ist auch das bereits friiher erw~hnte Auftreten neuer Divertikel am alten (unverletzten) Hauptdarm, dessen vorderste Divertikelpaare

    Abb. 29. Regeneration des vordersten Abschnittes am ,,Kopfdarm" yon t)lauaria go~wceph(da.

    dutch einen Querschnitt abgetrennt worden sind (Abb. 29). Der gleiche Organismus aber, der Neubildungen, Zellvermehrungen, Sprossungs- zonen erkennen l~Bt, bildet an andern Stellen ganze Organe zuriick, und erreicht so durch sinngem~l]es Zusammenwirken seiner Teile sein Zieh die Wiederherstellung der gesamten Organisation und die Pro- portionalit~t der Teile.

    45*

  • 678 1 ). Steinmann:

    VI . Ri i ckb l i ck .

    Vom ersten Verhalten des verst i immelten Stiickes, vom Wund- krampf und yon der Schleimsekretion beginnend bis zu den letzten Streckungs- und Wachstumsphasen vor der Wiederer langung der de- f init iven typischen Gestaltung, ist das Restitut ionsgeschehen einem Plan unterstel lt . Schwierigkeiten, die sich der Verwirkl ichung des Planes entgegenstel len, werden oft dadurch fiberwunden, daG der Organis- mus Notbi ldungen hervorbringt, die in erster Linie zur AufrechShaltung der lebenswichtigen Funkt ionen dienen und die nach ~berwindung der ersten Schwierigkeiten wieder zuri ickgebildet oder zu definit iven Teilen umgebilde~ werden. Die prospektive Analyse dieser Rest itut ionsvor- g~nge lehrt uns die einzelnen Gesehehnisse als Wegstrecken zum Ziel erkennen, zeigt uns, daG die einen Vorg~nge nur zur Konsol idierung dienen, andere dagegen die Aufgabe erfiillen, die typische Organisation und die Proport ional i tgt der Teile wiederherzustellen.

    Es ist meines Erachtens ein ganz aussichtsloses Beginnen, die nicht wegzuleugnende Planmi~i]igkeit historist isch fassen oder ,,erkl~ren" zu wollen. 0b dieser P lan ein Ausdruck der dem Leben innewohnenden Zielstrebigkeit ist oder ob er ira Kampf ums Oasein als eine Spezial- anpassung der Tricladen ,,erworben" worden ist, l i~ sich durch For- sehung nicht entseheiden. Dies kann uns aber nicht yon der Aufgabe entbinden, den Plan, soweit er sich uns offenbart, dutch prospektive Analyse zu erforsehen. Denn dal3 die Planm~i~igkeit das Bezeichnendste an den Rest i tut ionsvorg~ngen ist, wird n iemand im Ernste bezweifeln wollen.

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  • Prospektive Analyse yon Restitutionsvorg~ngen. I. 679

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