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Protektionismus oder Freihandel Ein Streifzug durch die europäische Wirt- schaftsgeschichte seit dem 17. Jahrhundert

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Protektionismus oder Freihandel

Ein Streifzug durch die europäische Wirt-

schaftsgeschichte seit dem 17. Jahrhundert

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Begriffsklärungen

ProtektionismusSchutz (protectio) inländi-

scher Produzenten vor

ausländischer Konkurrenz

mithilfe von Verboten,

mengenmäßigen Beschrän-

kungen, (Handels-) Zöllen

oder Auflagen (sog. nicht-

tarifäre Handelshemm-

nisse wie z. B. spezielle

Standards oder Genehmi-

gungsverfahren)

FreihandelKurzbezeichnung für

einen internationalen

Waren- und Dienst-

leistungsverkehr, der

keinerlei Zollschranken

oder anderweitigen (z. B.

mengenmäßigen)

Handelsbeschränkungen

unterliegt

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Überblick: eine Pendelbewegung

1. Protektionismus im Zeitalter des Merkantilismus: das französische Beispiel (17./18. Jh.)

2. Freihandel in der Epoche der liberalen und industriellen Revolution: das englische und das deutsche Beispiel (18. und 19. Jh.)

3. Der Zusammenbruch des freien Welthandels in der Großen Depression (1930er Jahre)

4. Der Siegeszug des ökonomischen Liberalismus: vom GATT zur WTO (2. Hälfte des 20. Jh.)

5. Die zweite Weltwirtschaftskrise (2008 ff.): Droht ein Rückfall in den Protektionismus?

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Jean Baptiste Colbert

(1619 – 83)

Finanzminister Ludwigs XIV.

Hauptvertreter des

französischen Merkantilismus

Protektionismus im Zeitalter des

französischen Merkantilismus

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Die Kopfschmerzen des Finanzministers: königliche Prachtentfaltung und leere Kassen

Schloss VersaillesBaubeginn 1661

Ludwig XIV.(1661 – 1715)

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Colberts Programm für einen ausgeglichenen Staatshaushalt

Text 1:

Denkschrift Colberts vom 3. August 1664 für Ludwig XIV. über Erfordernisse und Vorteile des Handels

• Lageanalyse

• Zielsetzungen

• Maßnahmen

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Colberts merkantilistisches Programm Ich glaube […], dass es einzig und allein der Reichtum an Geld ist, der die Unterschiede an Größe und

Macht zwischen den Staaten begründet. Was dies betrifft, so ist es sicher, dass jährlich aus dem Kö-

nigreich einheimische Erzeugnisse (Wein, Branntwein, Weinessig, Eisen, Obst, Papier, Leinwand,

Eisenwaren, Seide) für den Verbrauch im Ausland im Wert von 12 bis 18 Millionen Livres hinausgehen.

Das sind die Goldminen unseres Königreiches, um deren Erhaltung wir uns sorgfältig bemühen

müssen [... ]. Je mehr wir die Handelsgewinne, die die Holländer den Untertanen des Königs

abnehmen, und den Konsum der von ihnen eingeführten Waren verringern können, desto mehr ver-

größern wir die Menge des hereinströmenden Bargeldes und vermehren wir die Macht, Größe und

Wohlhabenheit des Staates. Außer den Vorteilen, die die Einfuhr einer größeren Menge Bargeld in das

Königreich mit sich bringt, wird sicherlich durch die Manufakturen eine Million zur Zeit arbeitsloser Men-

schen ihren Lebensunterhalt gewinnen. Eine ebenso beträchtliche Anzahl wird in der Schifffahrt und in

den Seehäfen Verdienst finden, und die fast unbegrenzte Vermehrung der Schiffe wird im gleichen

Verhältnis Größe und Macht des Staates vermehren. […] . Ich schlage vor […]: Die Ein- und

Ausfuhrtarife sollten überprüft [... ] und es sollte jährlich eine bedeutende Summe für die Wiederherstel-

lung der Manufakturen und die Förderung des Handels […] ausgeworfen werden. Desgleichen […]:

Zahlung von Zuschüssen an alle, die neue Schiffe kaufen oder bauen oder große Handelsreisen unter-

nehmen. Die Landstraßen sollten ausgebessert, die Zollstationen an den Flüssen aufgehoben […]

werden. Man bemühe sich unablässig, die Flüsse im Innern des Königreiches schiffbar zu machen […];

man prüfe sorgfältig die Frage einer Verbindung der Meere [Mittelmeer-Atlantik-Kanal und Mittelmeer-

Nordsee-Kanal] und unterstütze tatkräftig die Ost- und Westindische Kompanie [Handelsgesellschaft].“

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Colberts merkantilistisches Programm: Lage

Ich glaube […], dass es einzig und allein der Reichtum an Geld ist, der die Unterschiede an Größe und

Macht zwischen den Staaten begründet. Was dies betrifft, so ist es sicher, dass jährlich aus dem Kö-

nigreich einheimische Erzeugnisse (Wein, Branntwein, Weinessig, Eisen, Obst, Papier, Lein-

wand, Eisenwaren, Seide) für den Verbrauch im Ausland im Wert von 12 bis 18 Millionen Livres

hinausgehen. Das sind die Goldminen unseres Königreiches, um deren Erhaltung wir uns

sorgfältig bemühen müssen [... ]. Je mehr wir die Handelsgewinne, die die Holländer den Unter-

tanen des Königs abnehmen, und den Konsum der von ihnen eingeführten Waren verringern können,

desto mehr vergrößern wir die Menge des hereinströmenden Bargeldes und vermehren wir die

Macht, Größe und Wohlhabenheit des Staates. Außer den Vorteilen, die die Einfuhr einer größeren

Menge Bargeld in das Königreich mit sich bringt, wird sicherlich durch die Manufakturen eine Million

zur Zeit arbeitsloser Menschen ihren Lebensunterhalt gewinnen. Eine ebenso beträchtliche Anzahl

wird in der Schifffahrt und in den Seehäfen Verdienst finden, und die fast unbegrenzte Vermehrung der

Schiffe wird im gleichen Verhältnis Größe und Macht des Staates vermehren. […] . Ich schlage vor

[…]: Die Ein- und Ausfuhrtarife sollten überprüft [... ] und es sollte jährlich eine bedeutende Summe für

die Wiederherstellung der Manufakturen und die Förderung des Handels […] ausgeworfen werden.

Desgleichen […]: Zahlung von Zuschüssen an alle, die neue Schiffe kaufen oder bauen oder große

Handelsreisen unternehmen. Die Landstraßen sollten ausgebessert, die Zollstationen an den Flüssen

aufgehoben […] werden. Man bemühe sich unablässig, die Flüsse im Innern des Königreiches schiffbar

zu machen […]; man prüfe sorgfältig die Frage einer Verbindung der Meere [Mittelmeer-Atlantik-Kanal

und Mittelmeer-Nordsee-Kanal] und unterstütze tatkräftig die Ost- und Westindische Kompanie

[Handelsgesellschaft].“

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Colberts merkantilistisches Programm: Ziele

Ich glaube […], dass es einzig und allein der Reichtum an Geld ist, der die Unterschiede an Größe

und Macht zwischen den Staaten begründet. Was dies betrifft, so ist es sicher, dass jährlich aus

dem Königreich einheimische Erzeugnisse (Wein, Branntwein, Weinessig, Eisen, Obst, Papier, Lein-

wand, Eisenwaren, Seide) für den Verbrauch im Ausland im Wert von 12 bis 18 Millionen Livres

hinausgehen. Das sind die Goldminen unseres Königreiches, um deren Erhaltung wir uns sorgfältig

bemühen müssen [... ]. Je mehr wir die Handelsgewinne, die die Holländer den Untertanen des Königs

abnehmen, und den Konsum der von ihnen eingeführten Waren verringern können, desto mehr ver-

größern wir die Menge des hereinströmenden Bargeldes und vermehren wir die Macht, Größe und

Wohlhabenheit des Staates. Außer den Vorteilen, die die Einfuhr einer größeren Menge Bargeld in

das Königreich mit sich bringt, wird sicherlich durch die Manufakturen eine Million zur Zeit arbeitsloser

Menschen ihren Lebensunterhalt gewinnen. Eine ebenso beträchtliche Anzahl wird in der Schifffahrt

und in den Seehäfen Verdienst finden, und die fast unbegrenzte Vermehrung der Schiffe wird im

gleichen Verhältnis Größe und Macht des Staates vermehren. […] . Ich schlage vor […]: Die Ein-

und Ausfuhrtarife sollten überprüft [... ] und es sollte jährlich eine bedeutende Summe für die Wie-

derherstellung der Manufakturen und die Förderung des Handels […] ausgeworfen werden. Desglei-

chen […]: Zahlung von Zuschüssen an alle, die neue Schiffe kaufen oder bauen oder große

Handelsreisen unternehmen. Die Landstraßen sollten ausgebessert, die Zollstationen an den Flüssen

aufgehoben […] werden. Man bemühe sich unablässig, die Flüsse im Innern des Königreiches schiffbar

zu machen […]; man prüfe sorgfältig die Frage einer Verbindung der Meere [Mittelmeer-Atlantik-Kanal

und Mittelmeer-Nordsee-Kanal] und unterstütze tatkräftig die Ost- und Westindische Kompanie

[Handelsgesellschaft].“

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Colberts merkantilistisches Programm: Maßnahmen

Ich glaube […], dass es einzig und allein der Reichtum an Geld ist, der die Unterschiede an Größe und

Macht zwischen den Staaten begründet. Was dies betrifft, so ist es sicher, dass jährlich aus dem Kö-

nigreich einheimische Erzeugnisse (Wein, Branntwein, Weinessig, Eisen, Obst, Papier, Leinwand, Eisenwa-

ren, Seide) für den Verbrauch im Ausland im Wert von 12 bis 18 Millionen Livres hinausgehen. Das sind die

Goldminen unseres Königreiches, um deren Erhaltung wir uns sorgfältig bemühen müssen [... ]. Je mehr

wir die Handelsgewinne, die die Holländer den Untertanen des Königs abnehmen, und den Konsum der

von ihnen eingeführten Waren verringern können, desto mehr vergrößern wir die Menge des hereinströ-

menden Bargeldes und vermehren wir die Macht, Größe und Wohlhabenheit des Staates. Außer den

Vorteilen, die die Einfuhr einer größeren Menge Bargeld in das Königreich mit sich bringt, wird sicherlich

durch die Manufakturen eine Million zur Zeit arbeitsloser Menschen ihren Lebensunterhalt gewinnen. Eine

ebenso beträchtliche Anzahl wird in der Schifffahrt und in den Seehäfen Verdienst finden, und die fast

unbegrenzte Vermehrung der Schiffe wird im gleichen Verhältnis Größe und Macht des Staates vermehren.

[…] . Ich schlage vor […]: Die Ein- und Ausfuhrtarife sollten überprüft [... ] und es sollte jährlich eine

bedeutende Summe für die Wiederherstellung der Manufakturen und die Förderung des Handels […]

ausgeworfen werden. Desgleichen […]: Zahlung von Zuschüssen an alle, die neue Schiffe kaufen oder

bauen oder große Handelsreisen unternehmen. Die Landstraßen sollten ausgebessert, die

Zollstationen an den Flüssen aufgehoben […] werden. Man bemühe sich unablässig, die Flüsse im

Innern des Königreiches schiffbar zu machen […]; man prüfe sorgfältig die Frage einer Verbindung der

Meere [Mittelmeer-Atlantik-Kanal und Mittelmeer-Nordsee-Kanal] und unterstütze tatkräftig die Ost- und

Westindische Kompanie [Handelsgesellschaft].“

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Colberts Programm: Macht und Reichtum des Staates durch merkantilistische Wirtschaftspolitik

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Colberts Programm: Macht und Reichtum des

Staates durch merkantilistische Wirtschaftspolitik

• Der internationale Handel ist ein Nullsummenspiel, in dem Gewinne eines Staates nur auf Kosten der anderen Staaten möglich sind.

• Macht, Größe, Reichtums des Staates sind das Ergebnis von Exportüberschüssen und der entsprechenden Vermehrung der Goldreserven (aktive Handelsbilanz).

• Der zentralistische Wirtschaftspolitik fördert dies durch

- Subventionierung der Exportwirtschaft (Manufakturen)

- Ausbau der Infrastruktur

- Zollpolitik (hohe Zölle auf Importe von Fertigwaren und

auf Exporte von Rohstoffen)

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Ergebnisse der merkantilistischen

Politik in Frankreich

Entwicklung der französischen Handelsflotte

• 1664 ca. 60 Schiffe (über 300 t)

• 1686 ca. 750 Schiffe (über 300 t)

Französische Handelsbilanz beim Tode Ludwigs XIV. (1715)

• Einfuhr aus Europa: 71 Millionen Livres

• Ausfuhr nach Europa: 105 Millionen Livres

Die französischen Staatsfinanzen

1680 1715

Staatseinnahmen ca. 61,5 Mio. Livres ca. 69 Mio. Livres

Staatsschuld ca. 47,5 Mio. Livres ca. 3500 Mio. Livres

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Freihandel in der Epoche der liberalen

und industriellen Revolution

Adam Smith (1723 – 1790)

Begründer der klassischen

Nationalökonomie =

ökonomischer Liberalismus

Hauptwerke:

Theorie der ethischen Gefühle

(1759)

Wohlstand der Nationen

[Wealth of Nations] (1776)

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Das außenwirtschaftliche Programm des

ökonomischen Liberalismus: Freihandel

Text 2:

Adam Smith: Untersuchung über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker (1776), deutsche Übersetzung von M. Streissler, Tübingen 2005)

• Kritik der merkantilistischen Handelspolitik

• Schlussfolgerungen aus dieser Kritik

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Adam Smiths Kritik an der merkantilistischen Handelspolitik

„Es ist ein Grundsatz jedes klugen Familienvaters, niemals zu versuchen, das zu Hause zu machen,

was ihn mehr kostet, wenn er es selbst macht, als wenn er es kauft. Der Schneider versucht nicht

seine Schuhe selbst zu machen, sondern kauft sie vom Schuhmacher. Der Schuhmacher versucht

nicht, seine eigenen Kleider zu nähen, sondern beschäftigt einen Schneider. […] Was im privaten

Verhalten jeder Familie klug ist, kann in dem eines großen Königreiches schwerlich töricht sein.

Wenn ein fremdes Land uns mit einer Ware billiger versorgen kann, als wir sie selbst erzeugen

können, so sollten wir sie besser […] von ihm kaufen.“ (467 f.) „Wenn ein fremdes Volk durch hohe

Zölle oder Verbote die Einfuhr einiger unserer Güter in sein Land beschränkt, … fordert Rachgier

natürlich Vergeltung: derart, dass wir entsprechend Zölle und Verbote für die Einfuhr einiger oder

aller seiner gewerblichen Erzeugnisse in unser Land vorsehen. […] Gegenwärtig sind die klügsten

Männer in Frankreich der Ansicht, dass seine (Colberts) Maßnahmen dem Land keinen Nutzen

gebracht hätten. Dieser Minister führte […] 1667 für eine große Zahl ausländischer gewerblicher

Erzeugnisse sehr hohe Zölle ein. Als er sich weigerte, sie zugunsten der Holländer herabzusetzen,

erließen diese im Jahre 1671 ein Einfuhrverbot für Weine, Branntweine und gewerbliche

Erzeugnisse aus Frankreich. Der Krieg von 1672 dürfte zum Teil aus diesem Handelszwist

entstanden sein.“(477) „Jedes Volk hat sich angewöhnt, den Aufschwung aller Völker, mit denen es

Handel treibt, mit neidischem Blick zu betrachten und deren Gewinn als seinen eigenen Verlust

anzusehen. […] Der Reichtum eines Nachbarvolkes […] ist für den Handel […] von Vorteil. […] In

Friedenszeit und bei aufrechten Handelsbeziehungen muss er ihnen ebenso ermöglichen, mit uns

mehr zu tauschen und einen besseren Markt […] abzugeben. […].“(500 f.)

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Schlussfolgerungen aus Smiths Merkantilismuskritik

„Es ist ein Grundsatz jedes klugen Familienvaters, niemals zu versuchen, das zu Hause zu machen,

was ihn mehr kostet, wenn er es selbst macht, als wenn er es kauft. Der Schneider versucht nicht

seine Schuhe selbst zu machen, sondern kauft sie vom Schuhmacher. Der Schuhmacher versucht

nicht, seine eigenen Kleider zu nähen, sondern beschäftigt einen Schneider. […] Was im privaten

Verhalten jeder Familie klug ist, kann in dem eines großen Königreiches schwerlich töricht sein.

Wenn ein fremdes Land uns mit einer Ware billiger versorgen kann, als wir sie selbst erzeugen

können, so sollten wir sie besser […] von ihm kaufen.“ (467 f.) „Wenn ein fremdes Volk durch hohe

Zölle oder Verbote die Einfuhr einiger unserer Güter in sein Land beschränkt, … fordert Rachgier

natürlich Vergeltung: derart, dass wir entsprechend Zölle und Verbote für die Einfuhr einiger oder

aller seiner gewerblichen Erzeugnisse in unser Land vorsehen. […] Gegenwärtig sind die klügsten

Männer in Frankreich der Ansicht, dass seine (Colberts) Maßnahmen dem Land keinen Nutzen

gebracht hätten. Dieser Minister führte […] 1667 für eine große Zahl ausländischer gewerblicher

Erzeugnisse sehr hohe Zölle ein. Als er sich weigerte, sie zugunsten der Holländer herabzusetzen,

erließen diese im Jahre 1671 ein Einfuhrverbot für Weine, Branntweine und gewerbliche

Erzeugnisse aus Frankreich. Der Krieg von 1672 dürfte zum Teil aus diesem Handelszwist

entstanden sein.“(477) „Jedes Volk hat sich angewöhnt, den Aufschwung aller Völker, mit denen es

Handel treibt, mit neidischem Blick zu betrachten und deren Gewinn als seinen eigenen Verlust

anzusehen. […] Der Reichtum eines Nachbarvolkes […] ist für den Handel […] von Vorteil. […] In

Friedenszeit und bei aufrechten Handelsbeziehungen muss er ihnen ebenso ermöglichen, mit uns

mehr zu tauschen und einen besseren Markt […] abzugeben. […].“(500 f.)

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Das außenwirtschaftliche Programm des

ökonomischen Liberalismus: Freihandel

• Der internationale Handel ist kein Nullsummen-spiel, sondern eine Win-Win-Situation. Dank der Nutzung der Vorteile der internationalen Ar-beitsteilung bringt allen beteiligten Handels-partnern Effizienz- und Wohlfahrtsgewinne.

• Alle protektionistischen Maßnahmen sind wirtschaftlich schädlich und politisch gefährlich; sie sind daher im Sinne eines vollständigen Freihandels abzuschaffen.

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2. Hälfte des 19. Jahrhunderts: Freihandel

• 1846: Das britische Parlament nach jahrzehnte-langer Agitation der Freihandelspartei die Zölle auf Lebensmittel (Corn Laws) ab.

• 1860 erstes Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und Frankreich. Erstmalige Anwendung des Meistbegünstigungsprinzips, wonach ein Staat einem anderen alle außen-handelspolitischen Vorteile einräumt, die er bereits einem dritten Staat zugestanden hat.

• Trotz einiger Rückschläge entwickelt sich bis zum Ersten Weltkrieg ein europäisches Freihandels-netzwerk mit fallenden Zollsätzen und einem wachsenden Außenhandelsvolumen.

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Der Zusammenbruch des freien Welthandels in

der Großen Depression (1930er Jahre)Rückgang der Industrie-

produktion auf dem

Höhepunkt der Krise

Land Rückgang

Vereinigte Staaten − 46,8 %

Polen − 46,6 %

Deutsches Reich − 41,8 %

Tschechoslowakei − 40,4 %

Niederlande − 37,4 %

Italien − 33,0 %

Frankreich − 31,3 %

Großbritannien − 16,2 %

In der Weltwirtschaftskrise 1929

in den folgenden Jahren der

Great Depression handelten die

Staaten nach der Devise: Jeder

ist sich selbst der Nächste. Viele

Länder schlossen ihre Grenzen

für ausländische Produkte.

Einige Staaten wie das Deutsche

Reich betrieben sogar Autarkie-

politik. Der zwischenstaatliche

Handel kam fast zum Erliegen,

was Tiefe und Dauer der Krise

verstärkte.

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Protektionismus verstärkt die

Abwärtsspirale des Welthandels

Entwicklung des

internationalen

Warenverkehrs in

Millionen Dollar

(KINDLEBERGER, Charles P.:

The World in Depression 1929-

1939, London 1973, S.172)

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Institutionelle Struktur der WTO

1 Ministerkonferenz

7 Streitschlichtungsorgan 2 Allgemeiner Rat6 Organ zur Überprüfung

der Handelspolitik

5 TRIPS-RAT4 GATS-RAT3 GATT-RAT

General-sekretariat

Prinzipien der WTO

1. Nichtdiskriminierung

- Meistbegünstigung- Inländerprinzip

2. Reziprozität (Gegenseitigkeit)3. Transparenz4. Verbot von Kontingenten5. Zollbindung

Ausnahmen

- alte Präferenzen (Commonwealth)- Freihandelszonen + Zollunionen- Zahlungsbilanzprobleme- Entwicklungsländer (→ Reziprozität)

Generaldirektor

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Protektionismus heute

Der Protektionismus nimmt weltweit zu. Mit Tricks bauen viele Staaten Handelsschranken auf, um die Konkurrenz aus dem Ausland abzuwehren, so die Welthandelsorganisation (WTO). In Krisenzeiten versuchen viele Staaten mit allen Mitteln, ihre heimische Wirtschaft zu schützen. Die WTO spricht in ihrem Jahresbericht von einer alarmierenden Zunahme von indirekten Handelsschranken, der sogenannten nichttarifären Handelshemmnisse (NTMs). Während Schutzzölle oder Exportsubventionen den meisten Staaten wegen ihrer WTO-Mitgliedschaft verboten sind, nehmen Ersatzmaßnahmen wie Importverbote wegen mutmaßlicher Sicherheitsprobleme bei Produkten oder Sorgen um die Gesundheit von Konsumenten zu. Als ein Beispiel für unerlaubten indirekten Protektionismus führen EU-Handelsexperten den im Frühjahr von Russland verfügten zeitweiligen Importstopp für Schweine aus der Europäischen Union an. Er war mit dem Ausbruch von zwei Tierkrankheiten begründet worden, obwohl diese für Schweine gänzlich ungefährlich waren. Es müsse sichergestellt werden, dass diese Handelsbarrieren nicht den Wettbewerb einschränkten und im Handel für Frustration sorgen, sagte WTO-Generaldirektor Pascal Lamy. "Es ist an der Zeit für die WTO, nichttarifäre Handelshemmnisse genauer unter die Lupe zu nehmen." Ziel sollte es sein, die Transparenz solcher Maßnahmen zu erhöhen und effektive Bewertungskriterien zu vereinbaren. Damit will die WTO schneller prüfen können, ob einzelne NTMs gerechtfertigt oder die Gründe dafür nur vorgeschoben und sie als Instrument der Außenhandelspolitik missbraucht werden. Der rund 250 Seiten lange "World Trade Report 2012" analysiert verschiedenste Formen von NTMs und macht Vorschläge für eine bessere internationale Kontrolle und Regulierung solcher Maßnahmen.

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Protektionismus heute

Der Protektionismus nimmt weltweit zu. Mit Tricks bauen viele Staaten Handelsschranken auf, um die Konkurrenz aus dem Ausland abzuwehren, so die Welthandelsorganisation (WTO). In Krisenzeiten versuchen viele Staaten mit allen Mitteln, ihre heimische Wirtschaft zu schützen. Die WTO spricht in ihrem Jahresbericht von einer alarmierenden Zunahme von indirekten Handelsschranken, der sogenannten nichttarifären Handelshemmnisse (NTMs). Während Schutzzölle oder Exportsubventionen den meisten Staaten wegen ihrer WTO-Mitgliedschaft verboten sind, nehmen Ersatzmaßnahmen wie Importverbote wegen mutmaßlicher Sicherheitsprobleme bei Produkten oder Sorgen um die Gesundheit von Konsumenten zu. Als ein Beispiel für unerlaubten indirekten Protektionismus führen EU-Handelsexperten den im Frühjahr von Russland verfügten zeitweiligen Importstopp für Schweine aus der Europäischen Union an. Er war mit dem Ausbruch von zwei Tierkrankheiten begründet worden, obwohl diese für Schweine gänzlich ungefährlich waren. Es müsse sichergestellt werden, dass diese Handelsbarrieren nicht den Wettbewerb einschränkten und im Handel für Frustration sorgen, sagte WTO-Generaldirektor Pascal Lamy. "Es ist an der Zeit für die WTO, nichttarifäre Handelshemmnisse genauer unter die Lupe zu nehmen." Ziel sollte es sein, die Transparenz solcher Maßnahmen zu erhöhen und effektive Bewertungskriterien zu vereinbaren. Damit will die WTO schneller prüfen können, ob einzelne NTMs gerechtfertigt oder die Gründe dafür nur vorgeschoben und sie als Instrument der Außenhandelspolitik missbraucht werden. Der rund 250 Seiten lange "World Trade Report 2012" analysiert verschiedenste Formen von NTMs und macht Vorschläge für eine bessere internationale Kontrolle und Regulierung solcher Maßnahmen.