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Ursprung der kapitalistischenProduktionsweise in der Karibik
• Mintz, Sidney W.1987: Die süße Macht:Kulturgeschichte desZuckers; Frankfurta.M./ New York:Campus
Freihandel
• Frank, Andre Gunder 1980: Abhängige Akkumulation und Unterentwicklung. Frankfurt am Main: suhrcamp
4.1. Zuckeranbau und - verarbeitung
in der Karibik.
Kapitalistische Produktionsweise undMerkantilismus
Sucrose = organ. Chemisches Produkt aus der Familie derKohlenhydrate
wird gewonnen aus:
1. Zuckerrohr 2. Zuckerrübe (seit 19. Jhdt.)
Die Zuckerrübe gehört zur Familie Chenopodiaceae.
Systematisch wird sie als Beta vulgaris var. altissima eingeordnet.
2.
ZUCKERRÜBE
Zuckerrübe 1. Erfolg der Professionellen Pflanzenzüchtung
Kulturform von Beta vulgaris aus der Familie der Gänsefußgewächse.
Liefert etwa 2/5 des weltweit produzierten Zuckers. Gedeiht gut auf nährstoffreichen, tiefgründigen Lehmböden
und in einem Klima, in dem die mittlere Temperatur während der Wachstumsperiode bei etwa 20 °C liegt.
Die Fruchtfolge auf Zuckerrübenfeldern wird sorgfältig geplant; die richtige Düngung der Felder erforderlich
1. Zuckerrohr bildet die Gattung Saccharum der Familie Gramineae. Zuckerrohr (im engeren Sinn) wird botanisch Saccharum officinarum genannt.
Zuckerrohr
Gattung mehrjähriger Arten aus der botanischen Familie der Süßgräser. Zuckerrohr (im engeren Sinne) ist als Kulturpflanze weltweit in tropischen und subtropischen Ländern verbreitet. Die Reifezeit beträgt mehr als zwölf Monate. Bewässerung und hoher Arbeitsaufwand nötig. Die Pflanze erreicht eine Höhe von drei bis sechs Metern, die Stängel werden zwei bis fünf Zentimeter dick. Im Süden der USA wird Zuckerrohr meist im Winter gepflanzt und etwa acht Monate später geerntet. In tropischen Gegenden, wie Hawaii und Kuba, hat es eine Wachstumszeit von einem Jahr bis zu 18 Monaten und wird von Januar bis August geerntet.
Rohrschneidemaschinen werden mit gewissem Erfolg eingesetzt das meiste Zuckerrohr mit der Hand geschnitten. häufigstes Werkzeug: eine große, etwa 50 Zentimeter lange und 13 Zentimeter breite Stahlklinge, die einen kleinen Haken auf der Rückseite aufweist und an einem Holzgriff befestigt istZuckerrohr wird dicht oberhalb des Erdbodens geschnitten. Die Blätter werden mit dem Haken abgestreift und der Stängel kurz oberhalb des letzten reifen Sprossgliedes abgeschnitten. Das Rohr wird dann in Reihen aufgeschichtet, bis man es mit der Hand oder mit Maschinen aufsammelt, bindet und auf Karren oder Lastwagen zur Zuckerfabrik fährt. Dort wird der Zucker aus dem Rohr gemahlen.
Verarbeitung von Zuckerrohr
Ausbreitung des Zuckerrohs
vor ca. 8000 Jahren von Neuguinea nach Philippinien und Indien (vor ca. 6000 Jahren)
Zuckergewinnung aus Zuckerrohrerstmals nachgewiesen in Indienu.a. auch in Ägypten bekannt
Arabische Expansion nach Westen
636-711: Invasion in Spanien erst 732 durch Karl Martell in Poitiers gestoppt
Zuckerherstellung breitet sich im gesamten Mittelmeerraum aus:Sizilien, Zypern, Malta, Rhodos, Maghreb (v.a. Marokko), Südküste Spaniens
„Zucker folgt dem Koran“
14. JahrhundertVerlagerung der Produktion auf die atlantischen Inseln Spaniens und Portugals
16. JahrhundertVerlagerung in die Karibik und nach Brasilien
Zuckerproduktion in der Karibikist Pionier der industriellen Produktionsweise
PRODUKTIONSBEDINUNGEN DES ZUCKERROHRS1. Bewässerung2. arbeitsintensive Anbau- und Verarbeitungsweise
Arabische Strategien in der ZuckerproduktionArabische Strategien in der Zuckerproduktion• Grosses Interesse an allen Arten von Bewässerungsmethoden• und den verschiedenen Zuckersorten• Sklaverei in der marokkanischen Zuckerproduktion
Europäische ZuckerproduktionEuropäische Zuckerproduktion• expandiert infolge der Kreuzzüge (1095-1291)• Versklavung begann für die Zuckerproduktion in Kreta, Zypern und
Marokko --> Vorbild für Plantagenwirtschaft• Kommerz. u. technolog. Machtzentren (im 13. Jh. Antwerpen) von
Produktionszentren GETRENNT entwickelt•Technologie: Erfindung der vertikalen Dreiwalzenmühle im 17. Jh.
Verarbeitung von Zuckerrohr 1
• Stängel werden von Blättern befreit• Stängel werden zwischen Höckerwalzen zerquetscht u. zerkleinert• Entsaftung unter Beigabe von heißem Wasser in einer Mühle
ZUCKERSAFT
BEGASSE =nach Extraktion zurück-bleibendes fleischig festesMaterial --> Brennstoff
Verarbeitung von Zuckerrohr 2
• Mischung von Zuckersaft und Kalkmilch wird zum Sieden gebracht• Organ. Säuren verbinden sich mit Kalk und werden ausgefiltert• Saft wird mit Schwefeldioxid gebleicht• Filterpressen• Verdampfen des Saftes mehrfach wiederholt• Ausschleudern der Melasse in der Zentrifuge
MELASSE ROHZUCKER
RUM RAFFINATION
Verarbeitung von Zuckerrohr 3
RAFFINATION
• Rohzucker wird erneut gelöst• Rohzucker wird entfärbt und wieder kristallisiert
Die Größe der Kristalle variiert zwischen Staubzucker bisHagelzucker
Titelblatt der „Naturgeschichte desKakaos und des Zuckers“von De Quéls, mit der ersten genauen Beschreibung der Zuckergewinnungin Westindien2. Auflage 1720
Zuckerherstellungin WestindienStich aus„Ost-westindischerund sinesischerLust- und Staatsgarten´“1668
Produktion von Zuckerrohr in der Neuen Welt
durch Spanier, Portugiesen und Engländer
3 verschiedene Produktionsweisen und Vertriebstrukturen
1493: Zweite Reise des Columbus - bringt ZR nach Santo Domingo von Anfang an (1503) Einsatz afrikanischer Sklaven auf Plantagen1515: Technologie-Import: Lehrmeister von den Kanarischen Inseln
--> Mühle mit 2 vertikalen Walzenca. 1516 Zucker-Export nach Europa
Kapitalintensive Ausweitung der Pflanzer-Aktivitäten wurde von der spanischen Krone nicht gefördert
Chronischer Mangel anInvestiontionskapital
deshonor del trabjo
Keine Ausbildung einer eigenständigen Pflanzerschicht
1. SPANISCHE ZUCKERPRODUKTION IN DER KARIBIK
2. Portugiesische Zuckerproduktion in Brasilien
Im 16. Jahrhundert Förderung der Pflanzer durch europäisches (= holländisches) Kapital; Plantagenproduktionim Jahr 1625 stammte gesamte europäische Zuckerimport ausBrasilien
Zuckerproduktion kann sich trotz massiver englischer undfranzösischer Konkurrenz aus der Karibik bis zum Einsatz des brasilianischen Kaffeebooms im 19. Jahrhundertetablieren und ausweiten
3. Britische Zuckerproduktion
Western Design1655-1850Basen der britischenZuckerversorgunglagen innerhalbdes Gefüges des EmpiresMONOPOL
Piraterie und Seekriege in der Karibik1627 Besiedlung von Barbados1655 Invasion in Jamaika
Vertriebsystem ist merkantilistisch
MERKANTILISMUS 16.-18. Jh.
Ziel der Wirtschaft = Stärkung des StaatesAktive Handelsbilanz < Export :: > Import
Privilegierung und Förderung der ExportindustrieRohstoffe sollen nicht exportiert werdenFertigwaren sollen nicht importiert werden
< Bevölkerung < Produktionsfaktor ArbeitKolonien: Rohstoffe für die Exportindustrie u. Arbeitskräfte
John Stuart Mill 1849: „Der Handel Englands mit Westindien kannkaum als ein auswärtiger Handelsverkehr betrachtet werden, sonderner gleicht mehr einem Verkehr zwischen Stadt und Land (...)“
„Kaufe Fertigwaren niemals anderswo, verkaufe deine (tropischen)Erzeugnisse niemals anderswohin und benutze für den Gütertransport ausschließlich englische Schiffe: fast zwei Jahrhunderte lang verbanden diese Gebote, die kaum weniger geheiligt wurden als die Bibel, Plantagenbesitzer und Raffineure...“
Ab 1585 war London das bedeudenste Raffinieriezentrum für deneuropäischen Handel
„ .... Kaufleute und Abenteurer, jamaikanische Sklaven und Liverpooler Schauerleute, Monarchen und Bürger miteinander.“
Mintz 1987, 75 zum Merkantilismus:
Wallerstein, Immanuel 1998: Das moderne Weltsystem II -Merkantilismus. Europa zwischen 1600 und 1750; Promedia:Wien <1980>, 194.
Zwischen 1600 und 1750wurde eine neue periphere Region geschaffen. „Bei jener peripheren Region handelte es sichum den erweiterten karibischen Raum, der sich von Nordostbrasilien bis Maryland erstreckte und hauptsächlichZucker, Tabak und Gold lieferte. Den wirtschaftlichen Gewinn teilten sich die Vereinigten Niederlande,“ (bis 1650) „England“ (v.a. ab 1690) und „Frankreich, also die Staaten des Zentrums“des kapitalistischen Weltsystems.
Andre Gunder Frank
• „Smith war der Meinung, daß „die industrielle Arbeitsteilung in hohem Maße durch die Ausdehnung des Marktes [im Inland] begrenzt“ sei, insbesondere durch die Bevölkerung, die sich einer ineffektiven Landwirtschaft widme. Diese Grenze konnte verschoben werden, indem England seinen absolutren Vorteil in der Industrie und beim Export inustrieller Produkte im Austausch gegen Rohstoffe ohne die merkantilistische Handelsresdriktion ausnutzte.“– Frank, Andre Gunder (1980): Abhängige Akkumulation und
Unterentwicklung. Frankfurt am Main: 122
Friedrich List• „“Wir haben nachgewiesen, wie England durch
seine Politik und durch seine Macht produktive Kraft und durch seine produktive Kraft Reichtum erlangt hat (...) Eine Nation wie die englische, deren Manufakturkraft einen weiten Vorsprung vor der aller anderen Nationen gewonnen hat, erhält und erweitert ihre Manufaktur- und Handelssuprematie am besten durch möglichst freien Handel. Bei ihr ist das kosmopolitische Prinzip und das politische ein und dasselbe.“
• List, Friedrich (1959): Das nationale System der Politischen Ökonomie. Basel (nach der Ausgabe letzter Hand von 1844), S. 45 (Hervorhebungen im Original)
Zu den 2 Typen des Transatlantik-Handels
„ ... in beiden Systemen gab es eine ‚falsche Ware‘ - die aber fürdas System absolut unentbehrlich war -, sie bestand in menschlichenWesen, in Menschen. Skalven waren deshalb eine ‚falsche Ware‘, weil ein Mensch kein Gegenstand ist, selbst wenn er als solcherbehandelt wird. In diesem Falle wurden Millionen von Menschen alsWaren behandelt. Um sich in ihren Besitz zu bringen, wurden Pro-dukte nach Afrika verschifft; mit ihrer Arbeitskraft wurde in denbeiden Amerikas Reichtum geschaffen. Der Reichtum, den sieschufen, floß zum größten Teil nach Britannien zurück; die Pro-dukte, die sie erzeugten, wurden in Britannien konsumiert; und dievon den Briten hergestellten Güter - Kleidung, Werkzeug, Folter-instrumente - wurden von den Sklaven konsumiert, die selbstwiederum in diesem Prozeß der Schaffung von Reichtum verkonsumiert wurden.“ (Mintz 1987, 72)
Im 19. Jahrhundert werden die Sklaven durch Wanderarbeiter ersetzt.
Wander- oder Kontraktarbeiter („indendured servants“, „engagés“) kamen v.a. aus Europa nach Amerika
(siehe für den österr. Fall: Ursula Prutsch 1995: Das Geschäft mit der Hoffnung. Österr. Auswanderung nach
Brasilien 1918-1938; Wien/ Köln/ Weimar)
Wanderung = saisonal: SemiproletarisierungWanderung = definitiv: Proletarisierung
(Immigranten)
Plantage (aus lateinisch plantare),
großflächige landwirtschaftliche Betriebsform in den Tropen und Subtropen, die – meist in Form von Monokulturen – der Erzeugung pflanzlicher Produkte dient, die überwiegend im Export vermarktet werden. Die Plantagenwirtschaft wurde von den Europäern in ihren Kolonien eingeführt. Sie steht im Gegensatz zu den dort üblichen Bewirtschaftungsweisen der lokalen Bevölkerung, die zumeist in Form der Selbstversorgung und auf kleinen Flächen mit wechselnder Bepflanzung durchgeführt wird. Übliche Anbauprodukte auf Plantagen sind Zuckerrohr, Tabak, Baumwolle, Kaffee, Tee, Kakao, Bananen, Ananas und Kautschuk.Üblich ist eine Betriebsführung ähnlich wie in einer großen Fabrik, mit einem Betriebs-führer – der von dem häufig im Ausland ansässigen Besitzer der Plantage eingesetzt wird und nur selten selbst Eigentümer ist – sowie einigen wenigen Aufsehern, jedoch einer großen Zahl einfacher Landarbeiter, die auf Lohnbasis und oft nur saisonal, etwa zur Erntezeit, dort beschäftigt sind.
Produktionsweise
Die Plantage ist als Synthese von Feld und Fabrik
zu begreifen.Dunn, Richard S. 1972: Sugar and Slaves; Chapell Hill: University of North Carolina Press, 194
und Mintz 1987, 76
Zuckerrohr am Feld angebautZuckerherstellung im Siedehaus
Spezialisierung und Unterteilung der Arbeitskräfte nach Alter,Geschlecht, körperl. Verfassung in Gruppen, Schichten, Kolonnen
Prinzipien: Zeitbewußtsein und Disziplin
F A B R I K
Kapitalistische Produktionsweise
in einer Hand
Tryon, T. 1700: Friendly advice to gentelmenplanters of the East andWest Indies, 201-02; London zitiert nach Mintz 1987, 77
„ ... Es herrscht ein unablässiger Lärm und eine immerwährende Hitze,der Mensch kann gar nicht anders, als garstig und despotisch zu werden;es ist heiß, und die Arbeit reißt niemals ab, die Bediensteten (oder Sklaven) stehen Tag und Nacht in großen Siedehäusern, wo sechs odersieben riesige Kupferkessel ständig am Kochen gehalten werden, ausdenen sie mit schweren Schöpfkellen und Schaumlöffeln die kotartigenAbfälle des Zuckerrohrs abschöpfen, bis es seine Vollkommenheit undReinheit erreicht, während andere im Versuch, die Öfen in Gang zuhalten, gleichsam bei lebendigem Leib geröstet werden; ein Teil der Leute ist dauernd damit beschäftigt, die Mühle mit neuem Zucker-rohr zu füttern, Tag und Nacht, die gesamte Zuckersaison hindurch,die etwa sechs Monate im Jahr dauert.“
Zeitgenössische Beschreibung einer Siederei
Plantagenbesitzer in der Karibik = Kombinierter Farmer-Fabrikantverfügt durchschnittl. über 100 Arbeitskräfte, Land (80 Morgen),
2 Mühlen, eine Siederei, Trockenkammer zurDehydrierung der Melasse und Trocknung derZuckerhüte, Rumbrennerei, Lagerhaus für Rohzucker
HOHE INVESTIONENKredite/ Kommissionssystem ->ZuckerspekulationBoden-Fabrik-“Kombinat“
Plantagenbetrieb = industriell kapitalistisch
1. Trennung von Produktion und Konsumtion2. Trennung des Arbeiters von seinem Werkzeug
(Produktionsmittel)3. Organisation der Arbeitskraft nach Effektivität -->
Disziplin
Europa hat die koloniale Welt (Entwicklungsländer)dem europäischen Herzland nach-entwickelt
Industrialisierung beginnt in Karibik, nicht in Europa