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Prozessoptimierung und IT-Ablaufunterstützung GESIH06

Prozessoptimierung und IT-Ablaufunterstützung GESIH06 · 2016. 6. 29. · Erst dann kann entschieden werden, wie ... Doch wie führt man die IT-basierten Prozesse ein? Nachfolgend

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Prozessoptimierung und IT-Ablaufunterstützung

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Prozessoptimierung und IT-Ablaufunterstützung

1008 N01

Dr. Sylvia Thun

©

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Falls wir in unseren Studienheften auf Seiten im Internet verweisen/verlinken, haben wir diese nach sorgfältigen Erwägungen ausgewählt. Auf Inhalt und Gestaltung haben wir jedoch keinen Einfluss. Wir distanzieren uns daher ausdrücklich von diesen Seiten, soweit darin rechtswidrige, insbesondere jugendgefährdende oder verfassungsfeindliche Inhalte zutage treten sollten.

Dr. med. Dipl.-Ing. Sylvia Thun

(geb. 1968) Als Ärztin und Diplomingenieurin befasst sich Dr. Sylvia Thun im Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Infor-mation (DIMDI) in Köln mit Terminologien und Klassifikationen, Arzneimittelinformationen und der Interoperabilität zwischen Software-systemen im Gesundheitswesen. Sie wirkt an nationalen und internationa-len Projekten (z. B. Large Scale Project zu grenzüberschreitenden Gesund-heitsdiensten) zur Gesundheitstelematik mit.

Als stellvertretende Obfrau des DIN-NaMED-Arbeitsausschusses „Termi-nologie“ ist sie Delegierte bei CEN 251/WG 2 „Terminology and Know-

ledge Representation“ und ISO 215 WG3 „Semantic Content“. Dr. Sylvia Thun ist seit 2006 im Vorstand der HL7-Benutzergruppe Deutschland und führt dort den Vorsitz des technischen Komitees „Terminologien“.

Dr. Sylvia Thun ist im wissenschaftlichen Beirat des mibeg-Instituts für Medizin und Dozentin an verschiedenen Hochschulen. Sie ist Mitglied der GMDS-Arbeitsgruppen „Medizin-Controlling“, „Standardisierte Terminologien“, „Standards für Interoperabilität und Elektronische Gesundheits-akten“, sowie „Medizinische Dokumentation und Klassifikation“. 2006 wurde ihr das Zertifikat „Medizinische Informatik“ der gmds verliehen.

Zwischen 2000 und 2004 war die Ärztin Seniorberaterin im Gesundheitswesen, u. a. zu Themen wie Integrierte Behandlungspfade, KIS, DRG, Controlling, Datenschutz sowie Qualitäts- und Pro-jektmanagement.

Während der zehnjährigen klinischen Tätigkeit war die EFQM-Assessorin (European Foundation for Quality Management) u. a. langjährige Mitarbeiterin am Institut für Radiologische Diagnostik am Universitätsklinikum Aachen.

Dr. Sylvia Thun ist Autorin des Fachbuches „Praxishandbuch Integrierte Behandlungspfade“ und zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen.

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Prozessoptimierung und IT-Ablaufunterstützung

Inhaltsverzeichnis

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Einleitung ................................................................................................... 1

Kapitel 1

1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen ...................................... 31.1 Prozessdefinitionen .................................................................. 31.2 Durchführung und Projektmanagement .................................. 41.3 Prozessanalyse – Vom Ist zum Soll ........................................... 81.4 Prozessdesign und -modellierung ............................................. 121.5 Marktübersicht zu Prozesssoftware ........................................... 19Zusammenfassung ................................................................................ 22Aufgaben zur Selbstüberprüfung ........................................................... 23

Kapitel 2

2 Integrierte Behandlungspfade................................................................ 242.1 Grundlagen von Integrierten Behandlungspfaden .................... 242.2 Prozesscontrolling und Prozesskostenrechnung ........................ 302.3 Beispielpfad ............................................................................. 322.4 Leitlinien und semantische Netze als Voraussetzungen

für Integrierte Behandlungspfade ............................................. 382.5 Innovative Projekte .................................................................. 402.6 Anforderungen an Software für Integrierte

Behandlungspfade.................................................................... 41Zusammenfassung ................................................................................ 43Aufgaben zur Selbstüberprüfung ........................................................... 45

Kapitel 3

3 IT-Ablaufunterstützung von ausgewählten Prozessen im Gesundheitswesen................................................................................. 463.1 Elektronische Krankenhausakte und Arztbrief ......................... 463.2 E-Procurement ........................................................................ 483.3 DMP – Disease-Management-Programme............................... 493.4 Krebsregister ............................................................................ 503.5 Unerwünschte Arzneimittelwirkungen..................................... 513.6 Meldung von Erkrankungen gemäß Infektionsschutzgesetz ..... 52

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3.7 Abrechnung ............................................................................. 523.7.1 IT-unterstützte stationäre Abrechnung nach § 301 SGB V....... 533.7.2 IT-unterstützte ambulante Abrechung nach § 295 SGB V ....... 553.8 Apothekenrechenzentren und Rezepte, Abrechnung

nach § 300 SGB V................................................................... 553.9 Todesursachen.......................................................................... 563.10 Medizinproduktemeldesystem.................................................. 573.11 Institutsbezogene Qualitätssicherung nach § 135 a und

§ 137 SGB V .......................................................................... 583.12 Klinische Studien ..................................................................... 613.13 BADO – Basisdokumentation.................................................. 62Zusammenfassung................................................................................. 62Aufgaben zur Selbstüberprüfung ........................................................... 62

Anhang

A. Bearbeitungshinweise zu den Übungen .................................... 64B. Lösungen der Aufgaben zur Selbstüberprüfung ........................ 68C. Abkürzungsverzeichnis ............................................................. 73D. Glossar ..................................................................................... 76E. Literaturverzeichnis .................................................................. 81F. Abbildungsverzeichnis .............................................................. 83G. Tabellenverzeichnis................................................................... 84H. Sachwortverzeichnis ................................................................. 85I. Einsendeaufgabe....................................................................... 87

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Prozessoptimierung und IT-Ablaufunterstützung Einleitung

Einleitung

Sie möchten wissen, wer was wann und womit im Krankenhaus macht und wel-che Datenströme es im Gesundheitswesen gibt? Wie sehen die dazugehörigen Pro-zesse aus und wie erfolgt die Abbildung in der EDV? Die Geschäftsführung möch-te, dass Sie die Projektleitung für die Einführung von klinischen Pfaden übernehmen. Wie gehen Sie vor und wie vermeiden Sie typische Fehler?

Diese Fragen beantworten Ihnen die folgenden Kapitel:

1) IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

2) Integrierte Behandlungspfade

3) IT-Ablaufunterstützung von ausgewählten Prozessen im Gesundheitswesen.

Das Prozessmanagement wird innerhalb großer IT-Projekte zunehmend im Gesundheitswesen angewendet. Mit Einführung der DRGs im Jahr 2000 wurden z. B. Behandlungspfade in deutschen Kliniken für die Kostenkontrolle eingesetzt. Zunehmend von Bedeutung ist das Geschäftsprozessmanagement jedoch auch für die ökonomische Steuerung des gesamten Gesundheitswesens und die qualitativ hochwertige Behandlung von Patienten.

Das IT-basierte Prozessmanagement im Gesundheitssektor schafft Transparenz und unterstützt Politik, Selbstverwaltung und Ärzte bei wichtigen gesundheits-ökonomischen und medizinischen Entscheidungen. Ein umfassendes Behand-lungspfadmanagement und die gesetzlich vorgegebene Dokumentation im Gesundheitswesen setzen neben standardisierten Prozessen zwingend den Einsatz von Informationstechnologie voraus. Die IT dient dabei aber keinem Selbstzweck. An erster Stelle stehen Identifizierung und Definition der Geschäftsprozesse aus strategischer und organisatorischer Sicht. Erst dann kann entschieden werden, wie IT-Systeme diese unterstützen können.

Dieses Studienheft unterstützt Sie auch bei der pragmatischen Einführung von Integrierten Behandlungspfaden. Sie lernen eine einfache und effiziente Modellie-rungsmethode von Prozessen kennen – die Ereignisorientierten Prozessketten – die auch in vielen Großprojekten zum Einsatz kommt. Daneben gilt es, klassische Projektmanagementmethoden auf das Projekt anzuwenden.

Neben der Analyse, Realisierung und Optimierung Ihrer Behandlungspfade ist die Implementierung in die Klinik-EDV erfolgreich durchzuführen. Das ist mitunter ein Kraftakt! Das Heft verrät Ihnen, wie Sie die häufigsten Fehler bei der Aus-schreibung und Implementierung von prozessorientierter EDV verhindern.

„Prozessmanagement ist primär eine organisatorische und erst in zweiter Linie eine technologische Aufgabe.“ (Jost, 2002)

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Einleitung Prozessoptimierung und IT-Ablaufunterstützung

Neben den Integrierten Behandlungspfaden stelle ich Ihnen ausgewählte Prozesse des deutschen Gesundheitswesens vor. Es handelt sich dabei nicht nur um Abrech-nungsprozesse, sondern mittlerweile auch um Prozesse, die die Patientenversor-gung verbessern und Transparenz in den Moloch „Gesundheitswesen“ bringen. Nur so kann dieses gesteuert werden. Das ist heute mehr denn je notwendig.

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

Kapitel 1

1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

Sie lernen, was „Prozessmanagement“ im Gesundheitswesen bedeutet und wie es Ihre tägliche Arbeit beeinflusst.

Sie können die Begriffe „Prozess“ und „Prozessmanagement“ definieren und ein-ordnen und eine Prozessanalyse selbstständig durchführen.

Dieses Kapitel beschreibt, wie Sie vom Ist-Prozess zum Soll-Prozess gelangen und dabei unter Zuhilfenahme von klassischen Projektmanagementmethoden Ihre Prozesse und Organisationsstruktur abbilden und optimieren. Diese generische Methode können Sie sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich an-wenden und sogar bei integrierten Versorgungsformen.

Bedenken Sie, dass die Politik mittels Gesetzen und Anordnungen übergeordnete, interdisziplinäre und interprofessionelle Prozesse im Gesundheitswesen fordert. Auch hier können die erforderlichen Prozesse standardisiert über die Plan-Do-Check-Act-Methode, die aus dem Qualitätsmanagement kommt, abgebildet werden.

Ein effektives Prozessmanagement ohne IT-Unterstützung ist fast unmöglich. Sie lernen die Grundlagen und Anforderungen an eine adäquate IT-basierte Pro-zesssteuerung kennen und Sie erlernen die Methoden, auf die die IT-Systement-wickler ihre Anforderungsanalyse und ihre Programmierung stützen.

1.1 Prozessdefinitionen

In unserer täglichen Arbeit sind wir beteiligt an verschiedenen mehr oder weniger gut funktionierenden Prozessen. Der Prozess ist dabei im besten Falle auf die Erfüllung der Bedürfnisse der Kunden und anderer Interessengruppen ausgerichtet und trägt dazu bei, strategische und operative Ziele der Organisation bzw. des Arbeitgebers zu erreichen.

Ziel ist dabei, Effektivität und Effizienz zu erhöhen. Prozessmanagement umfasst planende, organisatorische und kontrollierende Maßnahmen zur zielorientierten Steuerung der Wertschöpfungskette hinsichtlich Qualität, Zeit, Kosten und Kundenzufriedenheit.

Definition 1:

Der Geschäftsprozess ist die zielgerichtete, zeitlogische Abfolge von Aufgaben, die arbeitsteilig von mehreren Organisationen oder Organisationseinheiten unter Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien ausge-führt werden.

Das Prozessmanagement hingegen beschäftigt sich mit der Analyse, dem Doku-mentieren und Verbessern von Geschäftsprozessen.

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Kapitel 1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

Definition 2:

Unter dem Begriff Geschäftsprozessmanagement wird das integrierte Konzept von Führung, Organisation und Controlling verstanden, das eine zielgerich-tete Steuerung der Prozesse ermöglicht.

Geschäftsprozesse lassen sich in drei verschiedene Kategorien unterteilen:

• Führungsprozesse

• Kernprozesse

• Unterstützungsprozesse.

Führungsprozesse eines Unternehmens sind z. B. die strategische Planung, Perso-nalentwicklung oder Qualitätsmanagement. Kernprozesse sollen eine Wertschöp-fung erzielen, d. h. einen direkten Nutzen bringen. Die wichtigsten Kernprozesse im Krankenhaus umfassen die Aktivitäten rund um die Versorgung von Patienten, z. B. OP-Planung, Arztbriefschreibung oder die Planung der Pflegmaßnahmen.

Hierbei werden die sogenannten Integrierten Behandlungspfade als geeignetes In-strument genutzt. Unterstützungsprozesse sind Aktivitäten, die nicht direkt pro-dukt- bzw. patientenbezogen durchgeführt werden, aber zur erfolgreichen Durch-führung der Kernprozesse erforderlich sind, wie z. B. die Warenbestellung oder die Sterilisation von Geräten. Sie finden nicht unmittelbar am Patienten statt, spielen aber eine zentrale Rolle für die Diagnostik und Therapie von Behandlungsfällen.

Definition 3:

Das Workflowmanagement (Management von Arbeitsabläufen) unterstützt die Umsetzung von Geschäftsprozessen mithilfe von IT-Systemen. Das Work-flow-Management umfasst Modellierung, Spezifikation und Simulation, um eine Steuerung des Arbeitsablaufes zu ermöglichen und abzubilden.

1.2 Durchführung und Projektmanagement

Doch wie führt man die IT-basierten Prozesse ein? Nachfolgend lernen Sie die Grundlagen eines Ablaufmodells kennen, das an ein Krankenhaus angepasst wurde.

Die Krankenhäuser entwickeln sich immer mehr zu prozessorientierten Unter-nehmen. Dadurch kommt es zu umfangreichen Organisationsentwicklungen. Beachten Sie, dass es sich bei der Einführung von Prozessmanagement um ein groß angelegtes, interdisziplinäres Projekt handelt: Verwenden Sie die Techniken des Projektmanagements! Der Aufwand der Einführung Integrierter Behandlungs-

Übung 1.1:

Nennen Sie drei weitere Kernprozesse im Krankenhaus.

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

pfade (IBP) ist sehr hoch, daher muss dieses Projekt in die strategische Planung und in die Gremienstruktur des Hauses (z. B. Qualitätszirkel) eingebunden und koordiniert umgesetzt werden. Sie benötigen eine gut strukturierte Projekt-planung.

Die Auswahl der Teammitarbeiter stellt eine wichtige Entscheidung dar. Die Teamleiter sollten medizinische, ökonomische und IT-Kompetenzen aufweisen. Anhand der nachfolgenden Anforderungen kann Ihr Management eine Auswahl vornehmen:

Die üblichen Projektphasen sollten in der Planung abgebildet werden:

• Vorprojektphase: Recherche über Behandlungspfade als Entscheidungs-grundlage

• Projektauftrag des Krankenhaus-Managements

• Planung der Interviews, Planung der IT-Umsetzung

• Durchführung der Interviews, grafische Abbildung, interdisziplinäre Workshops

• Implementierung der Pfade in die IT

• Freigabe der Pfade

• Controlling der Pfade

Abb. 1.1: Projektphasen

Erfahrungen in Zudem nötig:

• Projektmanagement

• Qualitätsmanagement

• Prozessmanagement

• Konfliktbewältigungsstrategien

• Moderationstechniken

• Motivationstechniken

• Risikomanagement

• EDV-Kenntnisse

• medizinische Fachkenntnis

• Verständnis von pflegerischen Prozessen

• Kritikfähigkeit

• Kommunikationsfähigkeit

• Teamfähigkeit

• Führungskompetenz

• soziale Kompetenz

• analytisches Denken

• Akzeptanz im Haus

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Kapitel 1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

Gerade bei der Einführung von einem Prozessmanagement im Krankenhaus oder in anderen Bereichen des Gesundheitswesens, z. B. in Arztpraxen oder Altenhei-men, ist die gründliche Planung unabdingbar. Nach der initialen Projektidee, bzw. der Entscheidung des Management Ihres Hauses, stellen Sie einen Projektplan, am besten mit einer adäquaten Softwareunterstützung (MS Project), auf. Dieser um-fasst die Projektphasen: Planung, Realisierung und Abschlussphase. Gehen Sie von einer Grob- zur Feinplanung. Am Anfang wissen Sie noch nicht, mit wem Sie Interviews führen müssen und wie viel Zeit dies beansprucht. Daher planen Sie nur Zeitslots für die Recherche zu der Erkrankung oder zu den Prozessinhalten und entwickeln erst im Laufe des Projektes einen granularen Projektplan (siehe Abb. 1.2).

Abb. 1.2: Projektplanung für eine Prozessanalyse im Krankenhaus

Übung 1.2:

Mit wem führen Sie Interviews, wenn Sie den Teilprozess „Patientenaufnahme“ abbilden möchten? Wie viel Zeit benötigen Sie?

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

Abb. 1.3: Verfahrensanweisung bei der Einführung von Prozessen im Gesundheitswesen

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Kapitel 1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

Sobald die Geschäftsführung und das Management des Krankenhauses die Ent-scheidung getroffen haben, Prozesse bzw. Pfade in Ihrem Hause zu visualisieren und zu optimieren, kann die Arbeit losgehen. Wichtig ist dabei die Einrichtung eines Lenkungsausschusses mit den richtigen Personen. Es sollten Vertreter der Geschäftsführung, der Ärzte, der Pflege, der Verwaltung (z. B. aus den Bereichen Qualitätssicherung und Controlling), IT-Mitarbeiter und die Mitarbeitervertre-tung ausgewählt werden. Aus diesem Kreise wird ein zentraler Koordinator bzw. Gesamtprojektleiter erkoren, der mit zeitlichen und finanziellen Ressourcen und den nötigen Kompetenzen ausgestattet wird. Gemeinsam überlegen die Mitglieder des Projektlenkungsausschusses, welche Prozesse bzw. Pfade ausgewählt werden.

Wichtig ist dabei eine große Transparenz und Aufklärung des gesamten Kranken-hauses. Diese kann über Workshops, die Mitarbeitervertretung oder die Hausmit-teilungen erreicht werden.

Nun wird im Projektlenkungsausschuss gemeinsam mit dem neuen Projektkoordi-nator ein erster Pfad bzw. eine Reihenfolge der wichtigsten Pfade nach bestimmten Kriterien ausgewählt. Der zentrale Koordinator kommuniziert diese Entscheidun-gen an das Management und im Haus. Die medizinischen Leitlinien und die Hausstandards zum Erkrankungsbild werden zusammengetragen und ggf. in einer Gruppe mit medizinischen Fachleuten harmonisiert. Der Lenkungsausschuss benennt ein Pfadteam, welches aus Mitarbeitern von verschiedenen Fachbereichen und Professionen besteht. Sie erhalten im Projekt neue Rollen, z. B. Pfadersteller, Pfadbesitzer, Pfadmanager oder Pfadbeteiligter. Eine enge Zusammenarbeit wäh-rend der Pfaderstellung ist sehr wichtig.

Im Pfadteam analysiert man dann durch Interviews mit den Pfadbeteiligten die Ist-Situation und bildet diese grafisch oder mit entsprechenden Softwareinstru-menten ab. Im gemeinsamen Dialog entwickelt das Pfadteam Verbesserungsvor-schläge, die in den Pfad modelliert werden. Nach Genehmigung des Pfades durch die Verantwortlichen erfolgen die Freigabe und „das Leben“ nach und mit dem Behandlungspfad. Pfadabweichungen sollen dabei möglich sein, sofern sie doku-mentiert werden. Nach definierten Zeiträumen erfolgt die Kontrolle der Zielvor-gaben und ggf. die Nachbesserung des Pfades.

1.3 Prozessanalyse – Vom Ist zum Soll

Als ersten Schritt sollten Sie eine Analyse der bestehenden Prozesse vornehmen. Hierzu müssen Sie wissen, wie Ihre Organisation strukturiert ist und welche Prozesse sogenannte Kernprozesse sind. Fangen Sie mit einem generischen Modell an. Arbeiten Sie sich dann vor zu einer Darstellung der speziellen Prozesse mit ei-ner höheren Granularität, d. h. Genauigkeit.

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

Abb. 1.4: Schritte der Geschäftsprozessanalyse (vgl. Eckardt; Sens, 2006, S. 73)

Das Vorgehensmodell zur Einführung von Prozessen ist dem QM-Gedanken angeglichen (Plan-Do-Check-Act):

1) Identifikation der Kernprozesse (z. B. Operation eines Patienten)

2) Zerlegung in Teilprozesse, Anwendungsfälle und Arbeitsschritte nach Inter-views und Analyse (Aufnahme in der Ambulanz, Prämedikation)

3) Ist-Modellierung und Ist-Analyse dieser Kernprozesse (Abbildung mit Ereig-nisorientierten Prozessketten (EPK) und Darstellung von IT-unterstützten Aktivitäten)

4) Soll-Modellierung und Prozessoptimierung z. B. im interdisziplinären Work-shop

5) Generierung von Anwendungsfällen

6) Gestaltung einer prozessorientierten Aufbauorganisation (IT-Voraussetzungen schaffen: Customizing der Software sowie Schnittstellenbeschreibung)

7) Einführung der Prozesse (das „Leben“ des Pfades) und Implementierung in die IT

8) Kontinuierliche Prozessverbesserung (Qualitätsmanagement – was können wir besser machen?)

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Kapitel 1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

Abb. 1.5: Plan-Do-Check-Act

Abb. 1.6: Prozessanalyse im Krankenhaus (Eckardt; Sens, 2006, S. 77)

Beachten Sie dabei, dass Sie mit Menschen zusammenarbeiten. Die Mitarbeiter sind es nicht gewohnt, dass man sie „ausfragt“. Unausgesprochene Ängste um den Arbeitsplatz oder andere Sorgen können das Projekt gefährden, wenn sie nicht im Vorfeld aufgefangen werden oder die Interviews nicht einfühlsam geführt werden. Hören Sie gut zu!

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

Die meisten Verbesserungsvorschläge werden Sie während der Interviews von den Menschen zu hören bekommen. Diese können Sie dann wiederum geschickt in dem Workshop verwerten. Lernen Sie die Organisationsstrukturen kennen!

Es hat sich als gut herausgestellt, die Aktivitäten zum Qualitätsmanagement mit der Erfassung der Prozesse zu kombinieren. Nutzen Sie z. B. die Fragen der KTQ© für die Prozesserhebung.

Erstellen Sie strukturierte Interviewleitfäden, um den Faden nicht zu verlieren und die Dinge zu erfahren, die wichtig sind. Nachdem die Interviews mit verschiede-nen an dem Prozess beteiligten Berufsgruppen geführt wurden, können die Prozesse modelliert werden und anschließend innerhalb von interdisziplinären Workshops besprochen werden.

Abb. 1.7: Darstellung von Geschäftsprozessen mit Veränderungspotenzialermittlung (Eckardt; Sens, 2006, S. 77)

Für den Verbesserungsprozess bietet sich die „Ampelmethode“ an: Jeder Teilneh-mer erhält grüne, gelbe und rote Klebepunkte, die er nach Aufforderung auf ver-schiedene Prozessschritte kleben kann. Die grünen Punkte sind für gut funktionie-rende Prozessschritte, die gelben Punkte für verbesserungswürdige und die roten Punkte für katastrophale Prozesse. So finden Sie schnell gemeinsam heraus, welche Prozessschritte verbesserungswürdig sind. Nach einer weiteren Modellierungsrun-

Übung 1.3:

Kennen Sie KTQ? Informieren Sie sich unter www.ktq.de.

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Kapitel 1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

de, die die von den Mitarbeitern vorgeschlagenen Verbesserungen einbezieht, machen Sie einen erneuten Workshop, der die Soll-Situation beleuchtet. Seien Sie sich sicher, dass die neuen Prozesse verstanden und akzeptiert werden und bestenfalls durch die im Einsatz befindliche Software unterstützt werden; nur so können sie auch gelebt werden.

1.4 Prozessdesign und -modellierung

Ein Akteur trägt die Verantwortung für die Durchführung von Tätigkeiten. Ein Organisationsmittel ist Träger der Information für den Ablauf von Geschäfts-prozessen. Das Organisationsmittel bildet die Schnittstelle zu den Informations- und Dokumentationssystemen (dies gilt auch für die Papierdokumentation).

Folgende Regeln sind dabei zu beachten:

• Ereignisse und Funktionen müssen abwechselnd eingesetzt werden, d. h. nach einem Ereignis kann nie ein weiteres Ereignis folgen.

• Eine EPK beginnt mit mindestens einem Startereignis und endet mit mindes-tens einem Schlussereignis.

• Vor jeder Funktion muss ein Ereignis festgelegt werden. Sind mehrere Ereig-nisse vorhanden, müssen diese über die Verknüpfungsoperatoren, d. h. logischen Verknüpfungen wie „und“ oder „oder“ verbunden werden.

• Nach jeder „oder-“ oder „exklusiv oder-“ (OR- oder XOR-) Verknüpfung kann maximal eine Funktion folgen, da Entscheidungen nur in Funktionen getroffen werden.

Zur Visualisierung der Prozessabläufe bedient man sich standardisierter Vorgaben, z. B. der Er-eignisgesteuerten Prozessketten (EPK). EPK sind eine weit verbreitete Modellierungsmethode für Geschäftsprozesse. Sie eignen sich gut für die Modellierung auf Fachebene. EPK sind dabei nur bedingt geeignet für Simulationen (z. B. Kostensimulationen). Sie bilden ab, wie und wann Entscheidungen getroffen werden. Ereig-nisse (i. d. R. rot: hier blau dargestellt) lösen Funktionen (i. d. R. grün: hier grau dargestellt) aus, Funktionen erzeugen Ereignisse. Prozesse beginnen immer mit einem Ereignis und enden mit einem oder mehreren Ereignissen.

Ein Ereignis ist das Eingetretensein eines betriebswirtschaftlich relevanten Zustandes, der den weiteren Ablauf eines oder mehrerer Geschäftsprozesse steuert oder beeinflusst.

Abb. 1.8: Ereignisgesteuerte Prozessketten

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

• Nur Verknüpfungsoperatoren können mehrere Eingänge oder Ausgänge haben.

• An den Eingängen der Verknüpfungsoperatoren liegende Elemente müssen vom gleichen Typ sein: entweder vom Typ Funktion oder vom Typ Ereignis. Gleiches gilt für die Ausgänge der Verknüpfungsoperatoren.

Beispiel 1.1: Beipielprozess

Abb. 1.9: Beispielprozess: Ein Krankenhaus authentifiziert sich mittels Secure Module- Card (SMC), anschließend trägt sich eine Krankenhausarzt mithilfe des Heilberufsausweises (HBA) in das Arztregister ein

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Kapitel 1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

In dieser Prozesskette wechseln sich also Objekte in ihrer Bedeutung zwischen Ereignis und Funktion ab. Jede Funktion ist mit einem Informations- oder Doku-mentationsobjekt und einem Akteur verbunden. Es können Verknüpfungsopera-toren wie UND, ODER, XOR zwischen Ereignistypen oder Funktionstypen an-gegeben werden.

Interaktionen zwischen Nutzer und fachlichem Ziel können auch mit den so-genannten Use-Cases (Anwendungsfällen) mittels einer speziellen Modellierungs-sprache, Unified Modeling Language (UML), in Tabellenform oder als Fließtext dargestellt werden. Use-Cases beantworten die Frage: Was soll mein System ei-gentlich leisten? Diese Frage sollte am Beginn jeder Systementwicklung stehen. Ein Use-Case kann entweder textlich, mithilfe einer standardisierten Abfragescha-blone oder grafisch dargestellt werden.

Anwendungsfälle werden typischerweise zur Beschreibung einer Mensch-Maschi-ne-Interaktion verwendet.

Sie beschreiben einen Arbeitsablauf und das Verhalten der Systeme aus Sicht eines Nutzers (Akteurs). Dabei wird definiert, was geleistet werden muss; wie es geleistet wird, bleibt offen. Anwendungsfälle haben keine zeitliche Dimension, d. h., sie können isoliert keine Abläufe beschreiben.

Name

<Bezeichnung des Anwendungsfalles>

Fertigstellung und Signatur eines Arztbriefes

Zweck

<Welchen Zweck erfüllt der Anwendungsfall?>

Der Arztbrief soll rechtssicher unterschrieben werden.

Auslöser

<Wer initiiert die Ausführung des Anwendungsfalles?>

Der Arztbrief ist vollständig und von allen Beteiligten freigegeben.

Leistungsempfänger

<Wer ist der/sind die Leistungsempfänger des Anwendungsfalles?>

Der Arztbrief wird an den weiterbehandelnden Arzt versendet.

Eingabe(n)

<Welche Eingabedaten werden vom Auslöser geliefert?>

Daten zum Krankheitsverlauf, zum Patienten und zur Therapie (Laborwerte, Diagnosen, Prozeduren, Stammdaten, Medikation)

Ausgabe(n)

<Welche Ausgabedaten werden durch den Anwendungsfall für den Kunden generiert?>

Die VHitG-Arztbrief-konformen Datensatzinhalte.

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

Vorbedingungen

<Welche Bedingungen müssen vor Ausführung des Anwendungsfalles erfüllt sein?>

Der Arztbrief ist vollständig im KIS, ausgedruckt und freigegeben.

Beschreibung

<Ausführliche Beschreibung der einzelnen Schritte des Anwendungsfalles mit Hinweis auf Ausnahmen>

Ausnahmen

<Wie soll sich der Anwendungsfall bei Eintritt einer Ausnahme verhalten?>

Arztbriefe für psychiatrische Patienten werden nicht im KIS gespeichert.

Nachbedingungen

<Welche Bedingungen sind nach Ausführung des Anwendungsfalles gültig?>

Im KIS wird vermerkt, an wen der Arztbrief versendet wurde.

Ein Use-Case-Diagramm zeigt das externe Verhalten eines Systems aus der Sicht der Nutzer, indem es die Akteure, die Anwendungsfälle und deren Beziehungen zueinander darstellt.

Abb. 1.10: Use-Case-Diagramm

Der Use-Case beschreibt auch die Interaktionen zwischen den verschiedenen Akteuren.

Die Anforderungen an die Software und die damit einhergehenden Prozesse können nicht nur über die eher abstrakten Use-Cases beschrieben werden. Für die detaillierte Beschreibung aus Anwendersicht sind auch die sogenannten Story-

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Kapitel 1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

boards ein geeignetes Mittel. Diese beschreiben meist in Prosa, welche Prozesse auf der Bildschirmmaske ablaufen bzw. welche „sichtbaren“ Prozesse ablaufen und später in der IT abgebildet werden sollen.

Beispiel 1.2: Storyboard

Der Hausarzt Dr. Huber überweist seine Patientin Birgit Birke an einen Facharzt der Dermatologie mit der Verdachtsdiagnose eines subkutanen Melanoms am Übergang Hinterkopf-Hals.

Der Dermatologe erhält vom Hausarzt einen Kurzarztbrief mit Medikation (Penicillin, Insulin), Anamnese und Diagnose (Borreliose, eine Woche zuvor) etc.

(Storyboard aus dem VHitG Arztbrief V1.5 2007, S. 35)

Für eine Implementierung eines Prozesses ist das professionelle Design der ent-scheidende Erfolgsfaktor.

Beim Design eines Prozesses werden die analysierten Aufgaben, Bearbeitungs-reihenfolgen, Akteure und Organisationsmittel festgelegt.

Auf einen Prozess gibt es immer verschiedene Sichtweisen, die von den Nutzern definiert werden. An diesen Sichtweisen müssen sich die Anforderungen an den Prozess ausrichten. Neben den verschiedenen Sichtweisen sind auch verschiedene Darstellungsformen der Prozesse möglich. Im Krankenhaus gibt es die verschiede-nen Sichtweisen auf die Prozesse durch die Berufsgruppen: medizinische Sicht, ökonomische Sicht und Patientensicht. Diese wiederum haben unterschiedliche Designziele:

Ziele aus medizinischer Sicht und Patientensicht:

• standardisierte, leitliniengerechte Ablaufunterstützung nach Evidence-Based Medicine (EBM)

• qualitativ hochwerte Behandlungsergebnisse

• messbare Prozess- und Ergebnisqualität

• Planungsvereinfachung und Organisationsunterstützung

• Dokumentationserleichterung

• Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit

• Transparenz des Behandlungsvorganges

Ein Storyboard ist die realistische, freitextliche Darstellung von Prozessen aus dem realen Leben. Es ist ein sehr pragmatischer Weg, um das Ziel des Prozes-ses zu beschreiben und dem Informatiker darzustellen, was wirklich passiert.

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

• Kenntnisse der Behandlung und der möglichen Behandlungsoptionen

• Patientensicherheit

• kurze Verweildauer und kurze Wartezeiten.

Ziele aus ökonomischer Sicht:

• ökonomische Transparenz der Prozesse

• Patientenbindung

• Controllingmöglichkeiten

• Verweildauerverkürzung

• Basis der Kostenträgerrechnung

• Qualitätsmanagement

• Risikomanagement.

Diese verschiedenen Sichtweisen führen zu Zielkonflikten, z. B. von Qualität und Kosten; evidenzbasierte Medizin gegen individuelle Medizin, medizinische Thera-pievorstellung gegen Patientenvorstellungen. Die Anforderungen der einzelnen Sichtweisen sollen in einem Pfadmodell zusammengebracht werden. Nur dies führt zu einer gemeinsamen Sicht auf Integrierte Behandlungspfade. Aus dieser ge-meinsamen Prozesssicht werden dann die differenzierten Arbeitssichtweisen z. B. für die einzelnen Berufsgruppen abgeleitet.

Das Pfaddesign geht davon aus, dass Grafen und schriftliche Beschreibungen der Prozesse angefertigt werden. Für die grafische Beschreibung orientiert sich bei Integrierten Behandlungspfaden der Prozess am Patientenweg.

Für die Beschreibung des Prozesses werden Verfahrensanweisungen benötigt, die folgende Inhalte haben sollten:

1) Ziele

2) Steckbrief

• Prozessverantwortliche, Zuständigkeiten

• Berechtigungen

• Kriterien für fällige Entscheidungen

• benötigte Formblätter

• Zeitpunkte der Pfadbewertung

• Gültigkeit des Pfades.

3) Pfadstatus

• Entwurf fertiggestellt

• nicht freigegeben

• freigegeben für Testphase

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Kapitel 1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

• in Nutzung (Testphase)

• freigegeben für Regelbetrieb

• in Nutzung (Regelbetrieb)

• ausgesetzt

• obsolet.

Diese Informationen werden allen Beteiligten in adäquater Form zur Verfügung gestellt: z. B. über die Patientenakte, das KIS, das Intranet mit der Möglichkeit der Verlinkung auf z. B. Leitlinien und über die Einbindung in Patienten- und Zuwei-serinformationen.

Abb. 1.11: Prozessvisualisierung einer Patientenaufnahme mittels Ereignisgesteuerten Prozessketten (Becker, 2005, S. 77)

Hier sehen Sie ein einfaches Beispiel für eine übliche Patientenaufnahme anhand einer Ereignisorientierten Prozesskette. Die EPK für den Teilprozess einer Patien-tenaufnahme enthält die Objekte: Ereignis, Funktion, Akteur, Organisationsmittel und logische Verknüpfungen.

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

1.5 Marktübersicht zu Prozesssoftware

Das Prozessmanagement im Gesundheitswesen und die damit verbundene Model-lierung von Prozessen z. B. im Krankenhaus werden durch Nutzung softwarege-stützter Werkzeuge erheblich erleichtert. Der Markt bietet vielfältige Software-unterstützung an. Sie lässt sich in verschiedene Kategorien unterteilen:

1) in das KIS integrierte Software, sogenannte Workflowunterstützung inner-halb des KIS

2) Stand-alone-Lösungen für das Prozessmanagement für die

• Visualisierung und -modellierung

• Simulation

• Kostenrechung

• Analyse

• Controlling

• Dokumentation

• Optimierung.

3) bereits in KIS integrierte Automatismen.

So gibt es bereits eine Vielzahl von IT-Anwendungen, die komplizierte Workflows abbilden. Denken Sie nur an Dokumentenmanagementsysteme, Dienstplanungs-software oder auch Controllingtools, die Kosten kalkulieren und simulieren. Des Weiteren sind in das KIS bereits viele Prozesse integriert, wie z. B. das Anforde-rungsmanagement (Order-Entry).

Sie fordern eine Laboruntersuchung elektronisch an, diese wird durchgeführt und der zuständige Arzt erhält eine automatische Benachrichtigung, wenn ein Wert nicht im Normbereich liegt. Diese und mehr Funktionalitäten sind in gut imple-mentierten Softwaresystemen bereits vorhanden und werden heute wie selbst-verständlich angewendet. Klinische Pfade sind dabei immer eine individuelle Entwicklung jedes Hauses. Bestenfalls einigen sich Krankenhausketten auf einheit-liche Pfade. Je nach Ausrichtung des Hauses und Behandlungsphilosophie werden sich die Pfade immer ein wenig unterscheiden. Daher ist die Modellierung eines Pfades mit einem sogenannten Baukastensystem sinnvoll. Die einzelnen Pfad-elemente werden dabei in Kategorien eingeordnet, so etwa Labor, Ernährung, Pflegemaßnahmen, Medikation oder Arztbriefschreibung.

Die Elemente werden mit näheren Informationen versehen, die zum Beispiel Aus-kunft über Dauer, Kosten oder Voraussetzungen zur Erfüllung geben, und auf ei-ner Zeitachse angeordnet. Wie bei der Modellierung von Prozessen kann es auch hier Entscheidungsabfragen und Meilensteine geben.

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Kapitel 1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

Beispiel 1.3: Einführung von klinischen Behandlungspfaden des KIS-Anbieters Tietoenator (ehemals ITB AG) bei der Bundesknappschaft

In Zusammenarbeit mit der Bundesknappschaft hat ein KIS-Anbieter seit 2003 klinische Pfade in die Praxis umgesetzt. Dabei wurden die Prozesse und Pfade voll-ständig in die bestehende Softwareumgebung integriert. Die optimale Termin-planung eines Pfades und die Koordination der Ressourcen werden mit IT geplant. Aus dem Pfad werden automatisch z. B. Röntgenanforderungen oder Laboraufträge generiert, eine OP geplant und Einträge in die Patientenakte vorge-nommen. Die Behandlung wird aus dem KIS heraus gesteuert, Schnittstellen übersetzen dabei im Hintergrund Pfadinformationen in abrechnungsrelevante Dokumentation, zum Beispiel Erzeugung von Aufträgen, Vorgängen und ICD-10-Ziffern bei Anlage eines Pfades.

Wird ein Patient in der Software aufgenommen, kann ihm direkt ein Pfad zuge-ordnet werden. Die Zuordnung wird beispielsweise durch die Auswahl einer Auf-nahmediagnose (ICD-10), zu der ein Pfad zugeordnet ist, unterstützt. Dieser wird dem Arzt bzw. der Pflege vorgeschlagen.

Die Pfadelemente werden in den o. g. Kategorien angezeigt und auf Wunsch in der Tages- oder Wochensicht angezeigt. Im Hintergrund erzeugt die Software Dokumentationsinhalte, z. B. Diagnosen und Prozeduren oder einen Auftrag an eine Leistungsstelle. Diese Inhalte, beispielsweise eine OP-Dokumentation, kön-nen aufgerufen und bearbeitet werden.

Bei der negativen Beantwortung einer Entscheidungsfrage wird der Pfad abgebro-chen. Hier wird der ursprüngliche Pfad verlassen und z. B. ein neuer Pfad gewählt. Die Prozesse werden modular aufgebaut, sodass z. B. der Pfad „Operation einer Hüftfraktur“ unterbrochen, ein Pfad „Wundentzündung“ eingeschoben und später der ursprüngliche Pfad wieder aufgenommen werden kann. Die Zeiten und Kosten können bei den jeweiligen Pfadbausteinen hinterlegt werden, sodass eine Analyse der Daten und eine Gesamtkostendarstellung des Pfades möglich ist. Oft werden diese Funktionalitäten mit dem Controlling verbunden, sodass eine Kos-ten-Erlös-Betrachtung anhand von Echtdaten durchgeführt werden kann. Zuneh-mend werden auch sog. Audit-Tools eingesetzt, die die Möglichkeit bieten, Qua-litätsmodelle (KTQ, EFQM, DIN EN ISO 9001) darzustellen und zu auditieren.

(vgl. http:// http://www.tietoenator.de/default.asp?path=486,579,16086,15668,25961,25965,26054, 06.06.2008 und www.drbinner.de 06.06.2008)

Übung 1.4:

Informieren Sie sich über die Prozessumsetzung eines beliebigen KIS-Anbieters (z. B. Siemens, AGFA, Tietoenator).

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

Neben diesen in die KIS integrierten Produkte bieten zahlreiche Unternehmen nicht gesundheitswesenspezifische Lösungen für die Prozessabbildung an. Dies sind meist nicht in den täglichen Klinikablauf zu integrierende Softwareprodukte, die als Insellösungen oder „Plug-ins“, d. h. Tools, die auf Office-Produkten wie Excel oder Visio aufsetzen, innerhalb der Organisation genutzt werden. Die Tools sind meist in einer Modulstruktur aufgebaut und umfassen verschiedene Bereiche, wie die Modellierung, Simulation und Analyse, das Qualitätsmanagement, Pro-zessdokumentation und -controlling und das Dokumentenmanagement. Sie ver-wenden meist Windows als Betriebssystem und nutzen Microsoft-Software: z. B. MS SQL, Word, Excel, MS Oracle und Access und Visio. Schnittstellen zu Work-flowsystemen in XML-Technologie sind bei guten Systemen vorhanden, um die Daten zu im- und exportieren. Darüber hinaus sollen z. B. Tabellen aus externen Datenbanken in die Tools eingelesen werden können. Beachten Sie bei der Systemauswahl auch, dass ein Betrieb in einem Netzwerk funktionieren soll. Fol-gende grundlegenden Anforderungen sind zusätzlich zu bedienen:

• Flexibilität des Workflowsystems

• Import- und Synchronisationsmöglichkeit aus Prozessmodellierungs-instrumenten

• Echtzeitintegration bestehender IT-Systeme mit Kommunikationssystemen

• kurze Antwort- und Reaktionszeiten

• Architektur muss die Anbindung unterschiedlicher Software unterstützen

• das Workflowsystem arbeitet mit Webbrowsern

• grafische Darstellung, Analyse und Optimierung von komplexen Behand-lungsprozessen und Interaktionen sowohl innerhalb als auch über Klinik-grenzen hinweg

• qualitätssichernde Maßnahmen zur Minderung organisatorischer Risiken werden unterstützt

• Sicht auf Behandlungspfade und -kosten

• Darstellung der Prozessarchitektur auf übergeordneter Ebene

• DRGs können in Modellen katalogisiert werden

• Berechnungen mit Kostenanalysewerkzeugen

• Zusammenhänge zwischen Leistung und Leistungserbringer werden visuali-siert, Interaktionen transparenter

• um gesicherte Aussagen über die Kostenseite treffen zu können, sind Perso-nalkosten und kumulierte (Prozess-) Kosten per Report abrufbar

• mit einer Entscheidungsunterstützung werden Regeln zu den einzelnen Prozessen festgelegt

• Lieferung Qualitätsmanagement-relevanter Daten.

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Kapitel 1 IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen

Zusammenfassung

Die Einführung eines standardisierten Prozessmanagements im Gesundheitswesen erfordert das Zusammenwirken aller Disziplinen. Da es sich meist um groß angelegte Projekte handelt, welche auch organisatorische Veränderungen mit sich bringen, ist ein professionelles Projektmanagement zu installieren. Die Durchführung einer Prozessanalyse und die Einführung von Integrierten Behand-lungspfaden speziell in Krankenhäusern bedürfen der Unterstützung und des Ver-ständnisses aller Beteiligten. Neben analytischen Fähigkeiten benötigen die Pro-jektkoordinatoren organisatorisches Geschick, IT-Know-how und einen Auftrag des Managements.

Geschäftsprozesse können mit verschiedenen Methoden dargstellt werden. Die bekannteste Methode ist die der Ereignisorientierten Prozessketten (EPK), die genau angeben, welche Ereignisse und Funktionen, Akteure und Organisations-mittel in welcher Reihenfolge am Prozess beteiligt sind. Daneben ist die textliche Beschreibung, z. B. mittels Storyboard und die anschließende Umsetzung dersel-ben in Use-Cases für die Programmierung und IT-Implementierung erforderlich. Das Controlling bezieht sich einerseits auf die effiziente Durchführung des Prozes-ses und andererseits auf die Möglichkeiten des Controllings, die sich erst durch eine transparente Darstellung ergeben. Anhand des Prozesses ist eine Kosten-/Er-lösrechung möglich. Der Markt bietet heute eine Vielzahl von Prozesswerkzeugen. Diese sind entweder in das KIS bzw. in die Software der Organisation (z. B. Al-tenheim) integriert, bilden Teilprozesse ab (z. B. Dienstplansoftware mit definier-ten Freigabemöglichkeiten) oder sind unabhängig vom benutzten System (z. B. MS Visio).

Ziele eines Workflowprogramms (Workflow-Engine) ist die Erstellung von Geschäftsprozessmodellen,

• die von allen Mitarbeitern verstanden werden sollen

• sich nicht von tatsächlich ausführbaren Workflows unterscheiden.

Nicht allein die Verwendung einer IT-basierten Workflow-Engine führt zum Erfolg, sondern darüber hinaus besteht das Ordern umfassender Prozesskenntnisse und Kompetenzen zur Veränderung und Beeinflussung von Arbeitsabläufen.

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IT-Prozessmanagement im Gesundheitswesen Kapitel 1

Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1.1 Worauf haben Sie zu achten, bevor Sie Prozessmanagement im Kranken-haus einführen?

1.2 Benennen Sie typische Beispiele für Führungsprozesse, Kernprozesse und Unterstützungsprozesse im Krankenhaus.

1.3 Warum nutzt man EPK, Storyboards und Use-Case-Beschreibungen?

1.4 Gestalten Sie einen Anforderungskatalog für die Ausschreibung einer Prozesssoftware. Was sind die Inhalte?