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PULVER I N-MOULD COATING VON CFK- BAUTEILEN FÜR DIE ANWENDUNG ALS AUTOMOBILE AUßENTEILE Masterarbeit verfasst von Christian Hueber Erstellt bei KTM-Technologies & Tiger Coatings In Zusammenarbeit mit Lehrstuhl für Verarbeitung von Verbundwerkstoffen Department für Kunststofftechnik Montanuniversität Leoben Betreuung: Dipl. Ing. (FH) Hans Lochner, Mag. Christoph Mader Begutachtung: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ralf Schledjewski Leoben, 28.05.2013

PULVER IN-MOULD COATING VON CFK- BAUTEILEN FÜR DIE ... · Doch auch bei dieser Methode stellt die Faserdurchzeichnung, ein Abzeichnen der Faserstruktur an der Oberfläche, ein noch

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PULVER IN-MOULD COATING VON CFK-BAUTEILEN FÜR DIE ANWENDUNG

ALS AUTOMOBILE AUßENTEILE

Masterarbeit

verfasst von

Christian Hueber

Erstellt bei

KTM-Technologies

&

Tiger Coatings

In Zusammenarbeit mit

Lehrstuhl für Verarbeitung von Verbundwerkstoffen

Department für Kunststofftechnik

Montanuniversität Leoben

Betreuung: Dipl. Ing. (FH) Hans Lochner,

Mag. Christoph Mader

Begutachtung: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ralf Schledjewski

Leoben, 28.05.2013

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich diese Arbeit selbstständig verfasst, andere als

die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner

unerlaubten Hilfsmittel bedient habe.

__________________________ ____________________________

Leoben, April 2013 Hueber Christian

1 Einleitung und Zielsetzung 3

DANKSAGUNG

Für die Ermöglichung dieser Arbeit gilt mein Dank TIGER Coatings und seinem

PIMC Projektpartner KTM-Technologies sowie dem Lehrstuhl für Verarbeitung von

Verbundwerkstoffen der Montanuniversität Leoben.

Besonders dankbar bin ich dabei meinen beiden Betreuern Hr. Dipl.-Ing. (FH)

Hans Lochner (KTM-Technologies) und Hr. Mag. Christoph Mader (TIGER Coa-

tings) für ihre Führung und Unterstützung. Ebenso danken möchte ich Hr. Prof. Dr.

–Ing. Ralf Schledjewski für seine wissenschaftliche und universitäre Betreuung

und Begutachtung dieser Masterarbeit. Herrn Konrad Mühlgrabner (TIGER Coa-

tings) danke ich für das interne Vorantreiben dieses Projektes bei TIGER.

Ich möchte mich weiters bei allen Kollegen sowohl bei KTM-Technologies als auch

bei TIGER Coatings für ihre Unterstützung bedanken. Besonders erwähnen möch-

te ich Hr. Dr. Martin Perterer für seine Hilfe bei der Simulation des Verzuges.

Darüber hinaus danke ich der Alicona Imaging GmbH. für die Zurverfügungstel-

lung der Infinite Fokus Auswertesoftware zur Analyse der 3D Datensätze und der

Delta-Tech S.p.A. für die Bereitstellung der verwendeten Delta-Preg Materialien.

Ebenso danken möchte ich Herrn Egger von Paint Attack und Herrn Brand von

Lankwitzer für Ihre Unterstützung bei der Lackierung der Musterplatten und der 3D

Bauteile.

1 Einleitung und Zielsetzung 4

KURZFASSUNG

Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein PIMC (Powder InMould Coating) Verfahren für

endlosfaserverstärkte Verbundbauteile in automobilen Außenanwendungen entwi-

ckelt. Das Ziel war durch die Beschichtung eine Faserdurchzeichnung und Pinho-

les zu verhindern um eine Class-A lackierfertige Oberfläche in einem serientaugli-

chen Prozess herzustellen.

An den in der Heißpresse hergestellten Musterplatten wurde der Einfluss des

PrePreg Grundmaterials ebenso betrachtet, wie die Beschichtung und der Prozess

selbst. Aus den dabei gewonnen Erkenntnissen wurden neue Pulverrezepturen

abgeleitet und mehrere Beschichtungsverfahren entwickelt.

Die erzielte Class-A Fähigkeit wurde nach verschiedenen Lackierungen mittels

WaveScan Messung und 3D Fokusvariationsmikroskopie analysiert. Dabei wurde

auch die Klimawechselbeständigkeit der Systeme geprüft.

Um den Übergang von zweidimensionalen Mustern zu realen Bauteilen abzubil-

den wurden als Abschluss dreidimensionale Demonstrationsstücke hergestellt,

wodurch eindrucksvoll gezeigt werden konnte, dass in kurzer Zykluszeit in einem

voll automatisierbaren Prozess Class-A Oberflächen entstehen können.

1 Einleitung und Zielsetzung 5

ABSTRACT

In this work a PIMC (Powder InMould Coating) process for continuous fiber-

reinforced composite components in automobile exterior applications has been

developed. The aim of the coating was to prevent the formation of pinholes and

fiber print through. Thus generating a surface ready for class A painting in a pro-

cess suitable for mass manufacture.

On specimen plates, produced through hot press curing, the influence of the

prepreg material as well as the coating and the curing were observed. The ob-

tained results were used to derive new powder formulations and develop several

coating processes.

The achieved Class-A capability was analyzed on different finishes by means of

Wavescan measurement and 3D Focus Variation microscopy. During these

measurements the climatic aging resistance of the systems was examined.

On the Way to realize real three-dimensional automotive parts it was necessary to

produce at least simple parts as technology carrier. These demonstrated impres-

sively that a Class-A surface can be generated in a fully automated process within

a short cycle time.

Inhaltsverzeichnis VI

INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung und Zielsetzung ........................................................ 10

2 Theoretische Grundlagen .......................................................... 12

2.1 Pressformen von CFK Bauteilen .............................................................. 12

2.1.1 Duroplastprepreg aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen mit

Epoxid Matrix ................................................................................................. 12

2.1.2 Heißpressverfahren für CFK Prepreg ................................................ 13

2.2 Definition Class-A ..................................................................................... 14

2.3 Oberflächeneigenschaften, Appearance .................................................. 15

2.3.1 Glanz ................................................................................................. 16

2.3.2 Haze .................................................................................................. 17

2.3.3 DOI - Distinctness of Image ............................................................... 18

2.3.4 Orange Peel ...................................................................................... 19

2.4 Bestimmungsmethoden ............................................................................ 20

2.4.1 Funktion und Messprinzip WaveScan ................................................ 20

2.4.2 Grundlagen Fokusvariationsmikroskopie ........................................... 21

2.5 Oberflächenfehler ..................................................................................... 22

2.5.1 Pinholes ............................................................................................. 22

2.5.2 Faserdurchzeichnung ........................................................................ 22

2.6 Bespiele von FVK in automobilen Sichtanwendungen ............................. 26

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung ................ 28

3.1 Musterplatten: Aufbau und Material .......................................................... 28

3.2 Ablauf des Prozesses und des Powder In-Mould Coating ........................ 31

3.3 Aushärtungsbestimmung M77 Harz-Matrix .............................................. 34

Inhaltsverzeichnis VII

3.4 Einfluss des Materials auf die Oberfläche ................................................ 35

3.5 Entwickelte Verfahren: 1-Schicht, 2-Schicht, Nachbeschichtung ............. 38

3.5.1 Standard Prozess – 1-Schichtverfahren ............................................ 38

3.5.2 2-Schichtverfahren ............................................................................. 39

3.5.3 Nachbeschichtung ............................................................................. 41

3.5.4 Verfahren und Faserdurchzeichnung ................................................. 43

4 Pulverbeschichtung ................................................................... 44

4.1 Einleitung ................................................................................................. 44

4.2 Grundlagen .............................................................................................. 44

4.3 Beschichtung der Musterplatten ............................................................... 46

5 Verwendete Pulver ..................................................................... 48

5.1 IMC Aushärtecharakteristik ...................................................................... 49

5.1.1 Experimentelles ................................................................................. 50

5.1.2 Ergebnisse ......................................................................................... 50

5.2 Viskosität des PIMC ................................................................................. 53

5.3 Entwicklungsideen PIMC Pulver .............................................................. 56

5.3.1 2 Step Snap Cure .............................................................................. 56

5.3.2 Weitere Entwicklungen für die Zwischenschicht ................................ 57

6 Lackierung .................................................................................. 59

6.1 Grundlagen & Lackierung im automobilen Serienbau .............................. 59

6.2 Automatisierte Lackierung von Musterplatten bei Lankwitzer ................... 61

6.2.1 Einleitung ........................................................................................... 61

6.2.2 Versuchsbeschreibung ...................................................................... 62

6.2.3 Ergebnisse ......................................................................................... 64

6.2.4 Ausblick ............................................................................................. 65

Inhaltsverzeichnis VIII

6.3 Lackierung von Musterplatten bei Paint Attack ........................................ 65

6.3.1 Einleitung ........................................................................................... 65

6.3.2 Versuchsbeschreibung ...................................................................... 66

6.3.3 Ergebnisse ......................................................................................... 69

7 Bewertung der Ergebnisse ........................................................ 71

7.1 WaveScan Messungen ............................................................................ 71

7.1.1 Welligkeitswerte und Faserdurchzeichnung ...................................... 71

7.2 Visuelle Bewertung ................................................................................... 72

7.2.1 Visuelle Bewertung: Vergleich Materialien ......................................... 74

7.2.2 Visuelle Bewertung: Vergleich Systeme ............................................ 75

7.3 Oberflächenbilder und 3D Topographie ................................................... 77

7.3.1 Experimentelles ................................................................................. 77

7.3.2 Messbarkeit der Faserdurchzeichnung .............................................. 78

8 Klimawechseltest ....................................................................... 81

8.1 Grundlagen .............................................................................................. 81

8.2 Ergebnisse Klimatest PV 2005 ................................................................. 83

8.2.1 Welligkeitsmessung ........................................................................... 84

8.2.2 Veränderung der PIMC Oberfläche ................................................... 84

8.2.3 Veränderung im Oberflächenprofil, optische Änderung ..................... 85

8.3 Ergebnisse Klimatest PV 1200 ................................................................. 88

8.3.1 Oberflächenwelligkeit: Vergleich Materialien ..................................... 88

8.3.2 Oberflächenwelligkeit: Vergleich Systeme ......................................... 90

8.3.3 Veränderung der PIMC Oberfläche ................................................... 91

8.3.4 Hydrothermische Alterung ................................................................. 93

9 Verzug durch PIMC .................................................................... 94

Inhaltsverzeichnis IX

9.1 Grundlagen .............................................................................................. 94

9.2 Bestimmung des Schwindungskoeffizienten des PIMC ............................ 96

9.3 Simulation des Verzuges der Musterplatten mittels Finite Elemente

Analyse .............................................................................................................. 98

9.4 3D Vermessung einer Musterplatte .......................................................... 98

9.5 Vergleich zwischen Messung und Simulation ........................................ 100

9.6 Gegenmaßnahmen gegen den Verzug .................................................. 103

10 PIMC für 3D Bauteile ................................................................ 105

11 Vorteile durch PIMC ................................................................. 107

11.1 Qualitätsvorteile für Class-A Oberflächen .............................................. 107

11.2 Wirtschaftliche Vorteile für Oberflächen ................................................. 108

11.3 Alternative Anwendungen für PIMC ....................................................... 109

12 Resümee und Ausblick ............................................................ 110

13 Zusammenfassung .................................................................. 112

14 Anhang und Verzeichnisse ..................................................... 113

14.1 Literaturverzeichnis ................................................................................ 113

14.2 Symbole und Abkürzungen .................................................................... 118

14.3 Abbildungsverzeichnis ............................................................................ 119

14.4 Tabellenverzeichnis ................................................................................ 123

1 Einleitung und Zielsetzung 10

1 EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG

Um Bauteile aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) wirtschaftlich er-

folgreich im Automobil-Großserienbau einsetzen zu können sind zwei wesentliche

Faktoren zu erfüllen. Zum Einen müssen die Zykluszeiten in der Fertigung ein

Zeitfenster von einigen Minuten erreichen. Zum Anderen muss die Oberflächen-

qualität der fertigen Bauteile die Anforderungen an Class-A erfüllen. Für die Se-

rienproduktion muss die Bauteilrohqualität bereits so gut sein, dass eine Lackie-

rung in Class-A ohne aufwendige Nachbearbeitungsschritte möglich ist.

Betrachtet man die drei gängigsten Verfahren zur Herstellung von CFK Bauteilen

so lässt sich folgendes feststellen. Bei einer Aushärtung im Autoklaven liegen die

Zykluszeiten im Bereich von mehreren Stunden. Außerdem sind viele manuelle

Arbeitsschritte nötig, und nur eine Bauteilseite wird optisch ansprechend abge-

formt. Bei Pressverfahren mit Prepreg-Materialien sind zwar für Verbundwerkstoffe

kurze Zykluszeiten möglich, jedoch erfordert die erreichte Oberflächenqualität eine

teure Nachbearbeitung. Das größte Potential wird dem sogenannten Resin Trans-

fer Moulding (RTM) zugesprochen. Bei diesem Flüssigimprägnierverfahren sind

kurze Zykluszeiten ebenso möglich wie eine hohe erreichbare Oberflächenqualität.

Doch auch bei dieser Methode stellt die Faserdurchzeichnung, ein Abzeichnen der

Faserstruktur an der Oberfläche, ein noch nicht zufriedenstellend gelöstes Prob-

lem dar. Um effektiv alle Pinholes zu schließen und die Oberflächenwelligkeit zu

reduzieren muss bei allen Herstellungsverfahren manuell ein Füller aufgetragen,

geschliffen und gereinigt werden. Alternativ oder zusätzlich können Surface Films,

Gel Coats, Oberflächenvliese oder Beschichtungsfolien zum Einsatz kommen. [1],

[2], [3], [4]

Das Ziel des Projektes, in dessen Rahmen diese Masterarbeit durchgeführt wurde,

ist die Entwicklung eines Powder In-Mould Coating (PIMC) Verfahrens sowie ent-

sprechender Pulverlacke zur Herstellung von Automobilbauteilen aus CFK, deren

Oberfläche den Anforderungen für eine Class A Lackierung entspricht. Das Ver-

fahren soll für die automatisierte Serienproduktion geeignet und wirtschaftlich

sinnvoll sein. Die Zykluszeit für die Herstellung eines grundierten Bauteils wurde

1 Einleitung und Zielsetzung 11

mit 5 – 10 Minuten festgesetzt. Das PIMC soll gleichzeitig die Oberflächenfehler

und Pinholes des CFK Grundmaterials verschließen die Oberflächenwelligkeit auf

Class-A Niveau reduzieren und eine Faserdurchzeichnung verhindern.

Die Absicht dieses Projekts war es, das Grundpotential vom PIMC auszuloten und

an Hand von Musterplatten, welche im Heißpressverfahren aus Prepreg Material

hergestellt wurden, eine erste Verfahrensentwicklung durchzuführen. Der Einfluss

der Lackierung wurde dabei ebenso betrachtet wie unterschiedliche Substratarten

und Pulverformulierungen. Die Qualität der erzielten Oberflächen wurde visuell

und mittels WaveScan Messung analysiert. Das Langzeitverhalten der Systeme

wurde durch Klimawechseltests simuliert. Als weiteres Messverfahren wurde die

Fokusvariationsmikroskopie eingesetzt, um 3D OberflächenTopographien zu

erstellen mit dem Ziel das Phänomen der Faserdurchzeichnung messen zu kön-

nen.

Diese Arbeit sieht sich als Beginn eines Forschungs- und Entwicklungsprojekts

und hatte keinen Anspruch, einzelne Punkte final klären zu können. Vielmehr ver-

steht sie sich als ein erster Schritt in Richtung Großserientauglichkeit von Class-A

CFK Bauteilen durch PIMC.

2 Theoretische Grundlagen 12

2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN

2.1 Pressformen von CFK Bauteilen

2.1.1 Duroplastprepreg aus kohlenstofffaserverstärkten Kunst-

stoffen mit Epoxid Matrix

Die Entwicklung von Prepregs (Preimpregnated Material = Vorimprägniertes Fa-

serverstärktes Halbzeug) geht ursprünglich auf Boeing zurück, wo unidirektional

verstärkte duromere Harze für die Anwendung in Strukturelementen im Flugzeug-

bau eingesetzt wurden. Aus diesen ersten Prepregs entstand die gleichnamige

Werkstoffgruppe der vorimprägnierten Halbzeuge, welche bis heute die dominie-

rende Rolle für den Einsatz von Faserverbundwerkstoffen in der Luftfahrtindustrie

darstellt. [2], [5]

Zur Herstellung duromerer Prepregs eignen sich drei Verfahren, die Schmelzharz-

imprägnierung die Flüssigharzimprägnierung und die Lösungsmittelimprägnierung.

Letzteres verliert auf Grund von Umweltproblematiken durch die eingesetzten Lö-

sungsmittel und hohem Verfahrensaufwand an Bedeutung. Beim gängigeren

Schmelzharzverfahren wird das Matrixharz zuerst auf eine Trägerfolie aufgerakelt.

Anschließend wird die Harzfolie in einem gesonderten Vorgang mittels geheizten

Walzen auf Schmelztemperatur gebracht und die Verstärkungsfasern unter Walz-

druck mit dem Harz imprägniert. Im folgenden Schritt werden die Prepregs auf -

20°C abgekühlt. Bei dieser Temperatur müssen sie bis zur Verwendung gelagert

werden, um ein vorzeitiges Ausreagieren des Harzes zu verhindern. [2], [6]

Der Vorteil von Prepreg Materialien liegt darin, dass der komplexe Tränkungsvor-

gang gesondert auf einer eigenen Anlage, meist auch direkt beim Harzhersteller

stattfindet. Dies ermöglicht die Produktion von FKV-Bauteile (Faser Kunststoff

Verbund) mit einer gesicherten Materialqualität, ohne die Anlagen oder das Know-

how zur Imprägnierung besitzen zu müssen. [6]

In dieser Arbeit wurden ausschließlich kohlenstofffaserverstärkte Prepregs mit

Epoxid Harz verwendet, da bei KTM-Technologies größtenteils mit CFK gearbeitet

wird. CFK besitzt gegenüber GFK (glasfaserverstärkter Kunststoff) ein höheres

2 Theoretische Grundlagen 13

Leichtbaupotential sowie einen erhöhten Prestigewert. In Hinblick auf die Oberflä-

chenqualität wurde gezeigt, dass die Faserart keinen oder nur vernachlässigbaren

Einfluss auf die Eigenschaften Rauheit, Welligkeit oder Glanz hat. [1], [7]

Die nach der reaktiven Epoxidgruppe der Monomere benannte Werkstoffgruppe

der Epoxide wird häufig als duromeres Matrixmaterial für hochwertige CFK Bautei-

le eingesetzt. Epoxide zeichnen sich vor allem durch sehr gute mechanische Ei-

genschaften, eine hohe Maßhaltigkeit, einen geringen Schwund und einer hohen

chemischen Beständigkeit aus. [6] Die grundsätzliche chemische Härtungsreakti-

on von Epoxiden ist in Abbildung 1 dargestellt. Sowohl Harz als auch Härter wei-

sen dabei in der Regel mehr als eine reaktive Gruppe auf, wodurch bei der Ver-

netzung ein dreidimensionales Netzwerk der Moleküle entsteht. [8]

Abbildung 1: Epoxid Härtungsreaktion [8]

2.1.2 Heißpressverfahren für CFK Prepreg

Die Fertigung von FKV-Bauteilen aus Prepregs im Heißpressverfahren bietet ge-

genüber dem klassischen Verfahren im Autoklaven etliche Vorteile. Viele Zuliefer-

firmen besitzen bereits entsprechende Pressen aber keine Autoklaven, wodurch

der Umstiegsinvest deutlich geringer ausfällt. Zusätzlich wird beim Pressen ein

doppelseitiges Werkzeug verwendet wodurch beide Seiten des Bauteils mit defi-

nierten Oberflächen abgeformt werden. Außerdem ermöglicht das Heißpressen

deutlich kürzere Zykluszeiten, da das Prepreg in das bereits heiße Werkzeug ein-

gelegt werden kann und die Aushärtung sofort beginnt. Somit sind keine zeitinten-

siven Aufheiz- und Abkühlvorgänge notwendig. Eventuelle Temperierungsvorgän-

ge erfolgen beim Pressen darüber hinaus wesentlich schneller. Denn im Gegen-

satz zur Erwärmung im Autoklaven mittels Konvektion findet eine direkte Wärme-

leitung durch Beheizen des Werkzeugs selbst statt. [5] Der Nachteil des schnelle-

ren Prozessablaufs findet sich vor allem in einer schlechteren Oberflächenqualität

des Bauteils. [9]

2 Theoretische Grundlagen 14

2.2 Definition Class-A

Obwohl der Begriff Class-A die grundlegende Anforderung an qualitative Oberflä-

chen im automobilen Fahrzeugbau bildet, gibt es keine allgemeine oder einheitli-

che Definition. Die letztendlichen Qualitätsanforderungen an Class-A werden unter

anderem von den in Tabelle 1 angeführten Faktoren beeinflusst. [10]

Tabelle 1: Einflüsse auf die Class-A Anforderungen [10]

Class-A beinflussende Faktoren Beispiel

Markt und Kontinent Vergleich zwischen EU, USA, Asien

Marken und Firmenprofil Qualitätsanspruch und Unternehmensrichtli-nien

Zielfahrzeug Typensegment, PKW/NFZ, Stückzahl, Exotenfahrzeuge

Bauteil Anordnung am Fahrzeug, horizontal/vertikal, Sichtbarkeit für Kunden

Messverfahren und Beurteilungsmethode

Subjektive Wahrnehmung des Betrachters

Als Referenz für Class-A wird besonders für Kunststoff, meist ein nach automobi-

lem Standard lackiertes Stahlbauteil herangezogen. Dabei gilt, dass sich das

Kunststoffbauteil nicht von diesem unterscheiden darf, mit der Absicht, dass am

Fahrzeug optisch nicht erkennbar ist, welches Anbauteil aus Stahl und welches

aus Kunststoff gefertigt ist. Trotz vorhandener und fortschreitender Messtechnik

zur Beurteilung von Oberflächenqualitäten gilt weiterhin die optische Beurteilung

durch erfahrene Betrachter als letzte Instanz. Auch da es noch kein Messverfah-

ren auf dem Markt gibt, das in der Lage ist alle Aspekte der menschlichen Wahr-

nehmung abzudecken. Dabei unterliegt die visuelle Beurteilung immer einer sub-

jektiven Wahrnehmung. [1], [10], [11], [12] Die automobile Außenhaut lässt sich in

drei Qualitätsbereiche einteilen, welche in Abbildung 2 dargestellt sind. Die höchs-

ten Qualitätsanforderungen gelten für die horizontalen Flächen, Motorhaube, Dach

und Heckklappe. Die vertikalen Seitenflächen sind dagegen etwas unkritischer

auch wenn für sie immer noch hohe Anforderungen gelten. Für den dritten Be-

reich, die funktionellen Anbauteile wie Seitenschweller und untere Stoßstangen,

sind die Qualitätsanforderungen hingegen am geringsten.

2 Theoretische Grundlagen 15

Abbildung 2: Qualitätsbereiche der automobilen Außenhaut [10]

Auch wenn letztendlich die optische Beurteilung entscheidet, so gibt es dennoch

Grenzwerte welche für Class-A eingehalten werden müssen, wie etwa Wellig-

keitswerte nach WaveScan. [1], [10], [12]

2.3 Oberflächeneigenschaften, Appearance

Das Erscheinungsbild einer Oberfläche wird durch das Vorhandensein von Stö-

rungen unterschiedlicher Größenordnungen beeinflusst. Während Defekte größer

als 0.1 mm vom menschlichen Auge direkt wahrgenommen werden können, liegen

die kleineren Fehlstellen unterhalb der Auflösungsgrenze des Auges. Dennoch

wirken sich diese, durch die Beeinträchtigung von Glanz, Haze und DOI

(Distinctness of Image = am besten als Bildschärfe übersetzt) auf das Erschei-

nungsbild aus. Zu erkennen sind diese Einflüsse am Leichtesten durch das Be-

trachten von Spiegelbildern auf der Oberfläche. [13], [14]

2 Theoretische Grundlagen 16

Abbildung 3: Zustandekommen des Erscheinungsbildes, [13], [15]

2.3.1 Glanz

Der Glanz ergibt sich aus dem Verhältnis aus der auf eine Oberfläche einstrahlen-

den Lichtintensität und dem in der Hauptrichtung reflektierten Anteil. Dies ist in

Abbildung 4 dargestellt. Abbildung 4 a) zeigt eine totale Reflexion in der Hauptrich-

tung was einen perfekten Glanz bedeuten würde. Oberflächen, die nahe an die-

sem Ideal sind werden als Hochglänzend bezeichnet. Bei matten Flächen, Abbil-

dung 4 b), wird ein Anteil des einfallenden Lichts gestreut, wodurch nur ein gewis-

ser Teil in Hauptrichtung reflektiert wird. [8], [16], [14]

2 Theoretische Grundlagen 17

Abbildung 4: Entstehung von Glanz a): Vollständige Reflexion in

der Hauptrichtung (Einfallswinkel gleich Reflexions-

winkel), idealer Glanz, b): Lichtstreuung, nur antei l-

hafte Reflexion in der Hauptrichtung, die Oberfläche

erscheint matt [16]

2.3.2 Haze

Haze ist ein Effekt der nur auf hochglänzenden Oberflächen gefunden werden

kann. Es bezeichnet einen Glanzschleier, welcher durch Mikrostrukturen verur-

sacht wird. Dies ist in Abbildung 5 a) dargestellt ist. Dabei entsteht Streulicht in

geringer Intensität neben der Reflexion in Hauptrichtung. Bei einer Glanzgradmes-

sung wird die Oberfläche dennoch als hochglänzend gewertet, da die Intensität in

Hauptrichtung ähnlich hoch ist. Zur Messung des Haze werden zusätzliche Senso-

ren neben dem Sensor zur Glanzmessung angebracht. Diese registrieren das

Haze verursachende Streulicht, wie in Abbildung 5 b) gezeigt. In Abbildung 6 wird

der gemessene Intensitätsverlauf aus einer Glanzmessung unter 20° mit Haze

gezeigt. Die schwarze Kurve entspricht dem Glanz einer Oberfläche ohne, die

blaue Kurve mit auftretendem Haze. Letztere beinhaltet die erhöhte Reflexionsin-

tensität außerhalb der 20° Hauptreflexion welche für den Haze-Glanzschleier ver-

antwortlich ist. [14], [17]

2 Theoretische Grundlagen 18

Abbildung 5: a) Reflexionsverhältnis bei Haze: Reflexion in

Hauptrichtung mit geringem Streulichtanteil,

b) Messung von Glanz und Haze bei 20° Einfalls-

winkel [17]

Abbildung 6: Intensitätsverlauf der Reflexion mit Haze (blaue

Kurve) und ohne Haze (schwarze Kurve) [17]

2.3.3 DOI - Distinctness of Image

Unter DOI versteht man die Abbildungsqualität eines Spiegelbildes in Bezug auf

Schärfe, Brillanz und Kontrastreichtum. Durch feine Strukturen wird die DOI ge-

mindert und die Kanten des Spiegelbilds werden unscharf oder gar verschwom-

men abgebildet.

2 Theoretische Grundlagen 19

2.3.4 Orange Peel

Verlaufsstörungen in der Lackierung zeigen sich in einer als Orange Peel be-

zeichneten Oberflächenstruktur, dargestellt in Abbildung 7. Diese Oberflächenwel-

ligkeit wird als Muster von helleren und dunkleren Feldern sichtbar. In Abbildung 8

ist diese in Abhängigkeit der zugrundeliegenden Strukturgröße dargestellt. Die

großen Strukturen links führen zu einer sichtbaren Welligkeit, die feineren Struktu-

ren werden eher als Griesigkeit der Oberfläche wahrgenommen. [18]

Abbildung 7: Entstehung des Orange Peel aus der Oberflächen-

welligkeit [18]

Abbildung 8: Orange Peel in Abhängigkeit von der Strukturgröße.

Links größere, rechts feinere Strukturen [14]

2 Theoretische Grundlagen 20

2.4 Bestimmungsmethoden

2.4.1 Funktion und Messprinzip WaveScan

Die Messung der Welligkeit einer Oberfläche, auch Orange Peel genannt, erfolgte

in dieser Arbeit mit Hilfe des WaveScan Prinzips von Byk-Gardner (Byk-Gardner

GmbH, Geretsried, Deutschland). Ein unter 60° ausgesandter Laserstrahl wird

abhängig von der Neigung der Oberfläche am Auftreffpunkt mit unterschiedlicher

Intensität reflektiert, wie in Abbildung 9 a) und Abbildung 10 dargestellt. Aus der

Aufzeichnung der Intensitätskurve über den Messweg entsteht eine Profilkurve,

welche der Oberflächenwelligkeit entspricht. Durch Filtern werden die Werte für

Lang- und Kurzwelligkeit gebildet. In Anlehnung an das Auflösevermögen des

menschlichen Auges werden Strukturen mit Wellenlängen von 0.3 bis 1,2 mm als

Kurzwelligkeit (SW, Shortwave) zusammengefasst. Diese sind nur bei Betrachtung

aus geringer Entfernung für den Menschen erkennbar. Größere Strukturen mit

Wellenlängen von 1,2 bis 12 mm werden als Langwelligkeit (LW, Longwave) be-

zeichnet und sind aus der Distanz (ca. 1-2 m) besser erkennbar. Die Aufteilung für

SW und LW ist in Abbildung 9 b) dargestellt. Für Class-A muss die Kurzewelligkeit

Sw unter 25 bleiben und die Langwelligkeit Lw muss für horizontale Bauteile unter

8 und für vertikale unter 26 liegen. [1], [10]

Abbildung 9: a) Entstehung der Welligkeitsmesswerte aus der

WaveScan Messung, b) Zusammenfassen der

Messwerte zu den Werten für SW und LW [18]

2 Theoretische Grundlagen 21

Abbildung 10: WaveScan Messprinzip [14]

2.4.2 Grundlagen Fokusvariationsmikroskopie

Die Messung der Oberflächentopographie mittels optischer Methoden bietet ge-

genüber klassischer mechanischer Profilometrie einige Vorteile. Während bei tas-

tenden Verfahren die Topographie nur aus Spuren der Fläche gemessen wird,

können bei der optischen Messtechnik echte Flächenwerte generiert werden. Ei-

nes dieser optischen Verfahren ist die Fokusvariation, bei der die geringe Tiefen-

schärfe eines optischen Systems genutzt wird, um über Objektschärfemessung

auf die relative Höhe des Objektes zu schließen. Von jedem Bereich der Probe

werden Serien von 2D-Oberflächendaten ermittelt, wobei zwischen jedem Daten-

satz die Optik entlang seiner optischen Achse in Z-Richtung etwas verschoben

wird. Dadurch werden 2D-Daten mit jeweils etwas anderem Schärfepunkt gene-

riert. Für jeden Objektpunkt wird aus diesen Daten jene Z-Position bestimmt, an

der dieser Punkt optimal scharf abgebildet wurde. Somit entsteht für jeden Objekt-

punkt eine Höheninformation. Aus diesen wird ein 3D Datensatz generiert, der

zum einen das Höhenprofil der Oberfläche in Falschfarben darstellt und zum an-

deren ein Echtfarbenbild der Oberfläche bietet, bei dem jeder Oberflächenpunkt

scharf abgebildet werden kann. Unsere Messungen führten wir mit Geräten von

Alicona (Alicona Imaging GmbH, Grambach, Österreich) durch. In Abbildung 11 ist

ein solches Gerät von Alicona zusammen mit einer schematischen Darstellung der

Fokusvariationsmessung dargestellt. [19]

2 Theoretische Grundlagen 22

Abbildung 11: Alicona Infinity Focus Gerät und Schematische Dar-

stellung des Messprinzips [19]

2.5 Oberflächenfehler

2.5.1 Pinholes

Unter Pinholes versteht man sehr feine Löcher in der Oberfläche. Sie entstehen

durch kleine aufgeplatze Lufteinschlüsse, welche sich knapp unter der Oberfläche

befinden. Dadurch wird die Oberfläche perforiert. Meist werden Pinholes erst wäh-

rend oder nach dem Lackierprozess sichtbar und verursachen dann hohe Nach-

bearbeitungskosten, da das Bauteil erneut lackiert werden muss. [10], [20]

2.5.2 Faserdurchzeichnung

Der Faser-Kunststoff-Verbund besitzt resultierend aus seinen beiden verschiede-

nen Bestandteilen einen, wie in Abbildung 12 dargestellt, inhomogenen Aufbau mit

jeweils anderen dominierenden Eigenschaften. An den Faserkreuzungspunkten

führt der hohe Faseranteil zu einem geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten

(WAK), während in den Zwischenbereichen die Matrix dominant ist. Diese weist

2 Theoretische Grundlagen 23

nicht nur einen höheren WAK auf, sondern zeigt während des Vernetzens zusätz-

lich einen chemischen Reaktionsschwund. Diese Effekte führen nach dem Aushär-

ten und Abkühlen des Bauteils zur Ausbildung von Erhebungen und Eindellungen

an der Bauteiloberfläche. Die Abfolge dieser ausgebildeten Oberflächenstruktur

folgt der Verstärkungsstruktur, und wird daher als Faserdurchzeichnung bezeich-

net. [1], [10], [21] Im Gegensatz zu diesen Quellen sieht Kia [22] die Ursache für

Faserdurchzeichnung nur im unterschiedlichen WAK. Die chemische Schwindung

soll durch Matrixfließen ausgeglichen werden. Leider ist bei Kia [22] der Prozess

nicht genau beschrieben, aber es deutet darauf hin, dass die dominierende Ursa-

che von der Matrixart und vom Prozessverfahren abhängig ist.

Auf Grund ihrer Regelmäßigkeit hebt sich die Faserdurchzeichnung stark vom

Orange Peel ab und ist damit für Class-A nicht zulänglich.

Abbildung 12: Ursache für Faserdurchzeichnung bei FVK [21]

Das Ausmaß der Faserdurchzeichnung ist primär abhängig vom Schwindungsver-

halten der Matrix. Aber auch die Art der Faserverstärkung hat großen Einfluss.

Feinere Gewebe zeigen an der Oberfläche ebenfalls feinere Strukturen als grobe.

[1] Während unidirektionale Verstärkungen und Gelege keine Kreuzungspunkte

und damit klassische Faserdurchzeichnung besitzen, zeigt sich bei ihnen dennoch

ein den Fasern folgender Oberflächeneindruck. An der Oberfläche lassen sich

ganz feine Linien in der Faserrichtung erkennen.

2 Theoretische Grundlagen 24

Ein bei SMC (Sheet Moulding Compound) bereits eingesetztes System zur Verrin-

gerung der Faserdurchzeichnung durch Matrixschwund ist die Zugabe so genann-

ter Low Profile Additive (LPA). Diese sind in der Lage den gesamten Matrix-

schwund zu kompensieren und können sogar für einen negativen WAK sorgen.

Damit ist es möglich ein System so einzustellen, dass sich keine Volumenände-

rung am Bauteil einstellt wenn dieses entformt und abgekühlt wird. [23], [24] Durch

die Zugabe von LPA werden allerdings die mechanischen Kennwerte des Materi-

als verringert. Die LPA-Partikel wirken über die Erzeugung von Mikroporen, wel-

che zwar die Volumenabnahmen kompensieren, gleichzeitig aber mechanische

Schwachstellen darstellen. [25]

Neben der chemischen Zusammensetzung des Harzes und des Härters haben

auch Prozessparameter Einfluss auf den Gesamtschwund eines Systems. So fan-

den Hwang und Chang [26], dass ein höherer Druck bei der Verarbeitung zu höhe-

rem Vernetzungsschwund führt. Ebenso wirkt sich eine langsamere Reaktion

durch ebenso höheren chemischen Schwund aus. Für ein nicht näher definiertes

Epoxidsystem wurde beschrieben, dass es eine Systemtemperatur mit minimalem

Gesamtschwund gibt. Dieser Zusammenhang zwischen Reaktionsschwund und

thermischem Schwund nach Hwang und Chang [26] ist in Abbildung 13 darge-

stellt.

Über den Prozess gesehen, bildet sich die Zusammensetzung des herrschenden

Gesamtschwundes nach Abbildung 14 ab. Demnach spielt die thermische Aus-

dehnung sowohl bei der Erwärmung auf die Prozesstemperatur als auch bei der

Abkühlung des ausgehärteten Systems auf Raumtemperatur eine Rolle. Ebenso

wie die chemische Reaktionsschwindung während der Vernetzungsreaktion. [27],

[28]

2 Theoretische Grundlagen 25

Abbildung 13: Verhalten von thermischem Schwund und Reakti-

onsschwund über der Temperatur [26]

Abbildung 14: Volumenänderung während des Prozesses [23]

Das erste Modell zur Beschreibung der Faserdurchzeichnung auf Grund der Vo-

lumenänderung des Substrates bei einem System mit Deckschicht geht auf Kia

[29] zurück und wurde später von Blinzler [1] zur Entwicklung eines eigenen FEM

Modells aufgegriffen. Bei dem Modell von Kia wird die Faser-Matrix-Anordnung,

wie in Abbildung 15 dargestellt, vereinfacht. Die Faserbündel werden mit einem

Rechteckquerschnitt angenommen, während die Deckschicht den dazwischenlie-

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Temperatur [°C]

thermischer Schwund

Reaktionsschwund

2 Theoretische Grundlagen 26

genden Matrixbereich wie ein Biegeträger überspannt. Der Prozessschwund der

Matrix wird als Streckenlast aus Federelementen auf den Biegeträger simuliert.

Abbildung 15: Biegeträgermodell von Kia, [1]

Die aus dieser Last resultierende Durchbiegung der Deckschicht wird als Grad für

die Faserdurchzeichnung herangezogen. Genauer gesagt stellt im Modell die

Flankensteigung der Durchbiegung die Oberflächenqualität dar. Je kleiner diese

ist, desto höher ist die Qualität bzw. umso geringer ist die Faserdurchzeichnung.

Das Ergebnis dieser Simulation ist, dass neben der Steifigkeit der Deckschicht

vielmehr deren Dicke hohen Einfluss auf die Reduktion von Faserdurchzeichnung

hat. Eine Vorgehensweise wie sie auch in der industriellen Praxis zum Beispiel bei

Gel Coats umgesetzt wird. [29], [30]

2.6 Bespiele von FVK in automobilen Sichtanwendungen

Bereits seit vielen Jahren werden Kunststoffe erfolgreich in automobilen Außen-

anwendungen eingesetzt. [10] Jedoch handelt es sich meist um kurzfaserverstärk-

te Spritzgussbauteile, welche nicht die Steifigkeit langfaserverstärkter Kunststoffe

bieten, oder um sogenannte Sheet Moulding Compounds (SMC). Letztere weisen

eine höhere Steifigkeit auf und ermöglichen damit ein bereits höheres Leichtbau-

potential als Spritzgussbauteile. Allerdings zeigen sie bereits das Problem der Fa-

serdurchzeichnung. Das höchste Leichtbaupotential haben hingegen endlosfaser-

verstärkte Kunststoffe. Bei diesen ist die Faserdurchzeichnung jedoch am stärks-

ten ausgeprägt. Das ist auch die Ursache, warum endlosfaserverstärkte Bauteile,

um welche es in dieser Arbeit geht, noch nicht in Großserien Anwendung finden.

Auf Grund der heute noch sehr hohen Produktions- und Nachbearbeitungskosten

2 Theoretische Grundlagen 27

um ein Class-A Oberflächenniveau zu erreichen, beschränken sich die Anwen-

dungen dieser Materialien meist auf Sportwagen im oberen Preissegment. In die-

se Kategorie fallen unter anderem die Corvette Z06, Motorhaube und Stoßstange

vorne in CFK; Lamborghini Murcielago, Außenhaut komplett CFK; Lamborghini

Aventador, CFK Monoque [31], [32], [33], [34] Ebenso sind das Dach des BMW

M3 CSL, Seitenteile des Audi R8 und Außenteile des Bugatti Veyron aus CFK ge-

fertigt [12], [35]. Aktuell arbeitet Ford an einer Carbon-Motorhaube für den Ford

Focus [36]. In [10] findet sich darüber hinaus eine sehr umfangreiche, aber bereits

10 Jahre alte Liste an Kunststoffbauteilen in der Außenanwendung von Serien-

fahrzeugen. In Kleinstserien und Exotenfahrzeugen besteht häufig nahezu das

Gesamte Fahrzeug aus CFK. Diese Kleinstserien unterliegen auf Grund ihres

Exotenstatuses aber häufig nicht den hohen Class-A Anforderungen. Ebenso wer-

den die hohen Nachbearbeitungskosten teilweise auf Grund der geringen Stück-

zahl in Kauf genommen.

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 28

3 HERSTELLUNG MUSTERPLATTEN, VERFAHRENS-

ENTWICKLUNG

3.1 Musterplatten: Aufbau und Material

Bei den durchgeführten Versuchen wurde ein Dreischichtaufbau mit 0/90° Deck-

schichten und einer +-45° Mittellage ausgewählt. Dadurch konnten ebene, ausrei-

chend steife Platten erzeugt werden. Nach [1] sind die äußersten 2-3 Lagen eines

Laminataufbaues oberflächenbestimmend. Durch den Dreilagenaufbau wird dieser

Einflussfaktor somit vollständig abgedeckt. Für eine automobile Serienfertigung

kommt des Weiteren ein dicker Laminataufbau ebenfalls nicht in Frage, da mit

mehr Lagen die Bauteilkosten steigen würden. Gleichzeitig würde die mögliche

Gewichtsersparnis abnehmen. Als Kompromiss zwischen Probengröße und Ferti-

gungsaufwand wurden Musterplatten mit annähernd A4-Format verwendet. Diese

Größe von ca. 30cm x 21cm eignete sich hervorragend um pro Pressvorgang zwei

Platten auf einmal herstellen zu können und war ausreichend groß um eine aus-

sagekräftige Begutachtungsfläche zu erhalten. Der große Vorteil zwei Platten in

einem Durchgang herzustellen bestand darin, immer zwei idente Schwesterplatten

zu erhalten. Während eine der Platten im Klimawechseltest gealtert wurde, blieb

die andere unberührt erhalten. So konnten beide Platten im Anschluss direkt mit-

einander verglichen werden.

Als Versuchsmaterial für diese Arbeit war zuvor bereits ein 3k Twill Gewebe mit

Carbonfasern als Prepreg von Hexcel (Hexcel Corporation, Stamford, Connecticut,

USA) mit neuer hochreaktiver M77 Matrix ausgewählt worden. Das Material sollte

eine Aushärtezeit von 5 min bei 130°C ermöglichen. Diese sehr kurze Zykluszeit

prädestiniert dieses Material für den Heißpressprozess. Damit lässt sich ein ra-

scher Prozess, wie für die automobile Serienfertigung gefordert, realisieren. In Ta-

belle 2 sind die von Hexcel empfohlenen Aushärtezyklen für das HexPly M77-

System angeführt. Entsprechend der Prozesstemperaturen des Prepregs war das

PIMC in seiner Reaktivität ebenfalls auf einen Temperaturbereich von 120-150°C

ausgelegt. Die Wahl für ein 3k Twill Gewebe ist sehr naheliegend, da dieser Auf-

bau z.B. auch für die Außenhautsegmente des Lamborghini Murciellago (Automo-

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 29

bili Lamborghini Holding S.p.A., Sant‘Agata Bolognese, Italien) verwendet wurde

[33].

Tabelle 2: Aushärtezyklen für HexPly M77 [37]

Aushärtetemperatur Aushärtezeit Aushärtetemperatur Aushärtezeit

80 °C 480 min 130 °C 5 min

90 °C 90 min 140 °C 3 min

100 °C 40 min 150 °C 2 min

110 °C 18 min 160 °C 1.5 min

120 °C 7 min

Bei dem standardmäßig verwendeten HexPly M77/42%/200T2/CHS-3K handelte

es sich um ein schmelzeimprägniertes Twill 2x2 Carbonfasergewebe mit 200g/m ²

Gewebeflächengewicht und 42 Gewichtsprozent Matrixgehalt. Das Gewebe war

aus 3k Carbonfasern (3000 Einzelfilamente) mit Hexcel‘s Primetex Technologie

hergestellt worden. Bei Primetex werden die Roving während dem Verweben be-

sonders gespreitz, wodurch der ursprünglich runde bis ovale Querschnitt flacher

und bändchenförmiger wird. Dadurch wird eine ebenere und geschlossenere Ge-

webeoberfläche erzielt, wodurch Pinholes und Faserdurchzeichnung reduziert

werden.

Neben dem Hexcel Material wurde außerdem ein Prepreg Material von Delta-Tech

(Delta-Tech S.p.A. Altopascio, Italien) mit DT145F Matrix verwendet. Diese Matrix

ermöglichte dieselben kurzen Aushärtezeiten wie das M77 System. Es wurden

dieselben Aushärtezyklen nach Tabelle 2 für HexPly M77 verwendet. Als Gewebe

wurde ebenfalls ein 200g/m² Twill Carbonfasergewebe gewählt. Das Delta-Tech

Material Delta-Preg GG200T-DT145F-42 ist im Gegensatz zum Hexcel Material

lösungsmittelimprägniert und hatte keine Primetex oder ähnliche Ausstattung. Als

Alternative zu diesen beiden Geweben wurde des Weiteren ein UD (unidirektional

verstärktes) Material Delta-Preg UTS-100-DT145F-42 von Delta-Tech, ebenfalls

mit DT145F Matrix, 100g/m² Fasergewicht Carbonfaser und 42 Gewichtsprozent

Matrixgehalt verwendet. Für die Versuche mit UD Material wurde ein 0°,60°,-60°,-

60°,60°,0° Aufbau gewählt, wie er unter anderem von [38] empfohlen wird. Drei

Musterplatten wurden zusätzlich mit einem UD Material Hexply

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 30

M77/39%/UD120/CHS von Hexcel hergestellt. Da eine Beschaffung dieses Mate-

rials in der für diese Versuche benötigten geringen Menge jedoch unmöglich war,

blieb es bei diesen drei Versuchen. Da sich bei der Verarbeitung allerdings kein

Unterschied zwischen dem Hexcel und dem Delta-Tech UD zeigte, stellte das kein

Problem dar.

Tabelle 3: Materialübersicht

Hersteller Materialbezeichnung Verstärkungsfaser Matrixvolumen-gehalt

Hexcel Hexply M77/42%/200T2/CHS-3K

3k Kohlenstofffaser 200 g/m2 2/2 Köper

42%

Hexcel Hexply M77/39%/UD120/CHS

Kohlenstofffaser 120 g/m2 UD

39%

Delta-Tech Delta-Preg GG200T-DT145F-42

3k Kohlenstofffaser 200 g/m2 2/2 Köper

42%

Delta-Tech Delta-Preg UTS-100-DT145F-42

Kohlenstofffaser 100 g/m2 UD

42%

Obwohl auf dem Papier kaum ein Unterschied zwischen dem Hexcel und dem

Delta-Tech Material bestand, waren sie in der Verarbeitung dennoch sehr ver-

schieden. Während das HexPly als Prepreg sehr steif und unflexibel in der Hand-

habung war, verhielt sich das Delta-Preg feiner und textiler. Diese Differenz wirkt

sich auf das Drapierverhalten aus. Neben der gefühlten Drapierbarkeit zeigten

sich die beiden Materialien beim Tack (Klebrigkeit des Prepreg Materials) eben-

falls sehr differenziert. So zeigte das HexPly sehr geringer Tack, das Delta-Preg

hingegen hatte mittlerer bis hohen Tack. Auch in der Verarbeitung unterschieden

sich die Materialien. Während für das Delta-Tech ein für Prepreg typischer Druck

von 5 bar ausreichte um vollständiges Matrixfließen zu erhalten waren für das

HexPly Material Drücke von 15-20 bar nötig. Bei geringeren Drücken blieben an

dessen Oberfläche trockene Stellen da es nur zu unzureichendem Harzfluss kam.

Diese Abhängigkeit der Presskraft vom verwendeten Substratmaterial ist in Tabel-

le 4 für alle verwendeten Materialien zusammengefasst. Besonders überraschend

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 31

ist der Unterschied zwischen den beiden verwendeten Rollen von Hexply M77

Gewebe. Während bei der ersten Rolle 300 kN nötig waren, reichten bei der zwei-

ten Rolle für eine vergleichbare Harzauspressung 200 kN. Das Delta-Preg

GG200T-DT145F-42 hingegen benötigte nur 50 kN an Presskraft. Bei Delta-Tech

benötigte hingegen das UD Material recht hohe Kräfte für eine geschlossene

Oberfläche. Der Unterschied zwischen den beiden Materialrollen von Hexcel liegt

wahrscheinlich in der uns unbekannten Vorgeschichte der beiden Rollen. Zwar

stammen beide von dem selben Lieferanten, aber das schließt Unterschiede in

den Lagerbedingungen nicht aus. Es ist daher wahrscheinlich, dass die erste Rolle

bereits länger bei Raumtemperatur gelagert wurde, wodurch das Harz eine höhere

Grundviskosität hatte.

Tabelle 4: Materialabhängige Standard Presskräfte

Hersteller Material Chargen Nr. Presskraft [kN]

Druck [bar]

Hexcel Hexply M77/42%/200T2/CHS-3K - Gewebe

594570W02 300 23,8

Hexcel Hexply M77/42%/200T2/CHS-3K - Gewebe

594570W01 200 15,9

Hexcel Hexply M77/39%/UD120/CHS – UD Material

511000T02 200 15,9

Delta-Tech Delta-Preg GG200T-DT145F-42 - Gewebe

P12-2927 N1

50 4,0

Delta-Tech Delta-Preg UTS-100-DT145F-42 – UD Mate-rial

XH12-689 N1

150 11,9

3.2 Ablauf des Prozesses und des Powder In-Mould Coa-

ting

Das Powder In-Mould Coating (PIMC) Verfahren für die Versuche dieser Arbeit

stellt sich wie in Abbildung 16 gezeichnet dar. Zu Beginn eines Zyklus ist die Pres-

se geöffnet, das Werkzeug ist auf Prozesstemperatur temperiert. Der gesamte

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 32

Ablauf kann je nach verwendeten System isotherm oder variotherm geführt wer-

den. Wichtig ist, dass das PIMC auf ein heißes Werkzeug aufgebracht wird, da

ansonsten keine qualitativ hochwertige Oberfläche entstehen kann. Denn dafür ist

es notwendig, dass das Pulver auf dem Werkzeug sofort mit dem Aufschmelzen

und der Filmbildung beginnt, wodurch eine exzellente Abformung der Werkzeug-

oberfläche erreicht wird.

Abbildung 16: PIMC Prozessflussdiagramm

Da die bei KTM-Technologies verwendete Presse, eine Langzauner Perfect 130

Laborpresse (Langzauner GesmbH, Lambrechten, Österreich), über einen Schie-

betisch für das untere Werkzeug verfügte, nutzten wir diese Funktion um die Be-

schichtung außerhalb der Presse auf dem ausgefahrenen Schiebetisch durchzu-

führen. Wir fertigten dazu einen Absaugkasten an, welcher das ausgefahrene

Werkzeug umschloss und so ein Sammeln des Pulver Oversprays gestattete. Die

Anlage und der Aufbau sind in Abbildung 17 gezeigt. Darüber hinaus sind in Ab-

bildung 32 und Abbildung 33 im folgenden Kapitel 4 die Absauganlage und das

Aufbringen des PIMC nochmals im Detail abgebildet und beschrieben.

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 33

Nach dem Aufbringen des PIMC wird kurz gewartet, bis durch teilweise Vernet-

zung des Pulvers eine ausreichend hohe Filmfestigkeit erreicht wird. Bei zu gerin-

ger Filmfestigkeit kommt es zu einem Herauspressen der Beschichtung. Das führt

letztendlich zu einem Bauteil mit keiner oder ungenügend dicker Beschichtung, da

das IMC vom Bauteil verdrängt wird. Die nötige Vorvernetzungszeit ist von der

Reaktivität des PIMC Systems abhängig und betrug bei unseren Versuchen 1 Mi-

nute ab dem Beginn des PIMC Auftrags. Diese kann durch die Formulierung des

PIMC Pulvers eingestellt und damit an die Prozessbedingungen angepasst wer-

den.

Nach der Vorvernetzung werden die Prepregzuschnitte auf den PIMC Film aufge-

legt, der Schiebetisch eingefahren und die Presse geschlossen. Durch die Einwir-

kung des Pressdrucks werden das Prepreg und der PIMC Film konsolidiert und

härten während der Aushärtezeit gemeinsam aus. Es kommt dabei zu einer che-

mischen Vernetzung zwischen dem Substrat und der Beschichtung [39]. Nach

dem Öffnen der Presse kann das Formteil entnommen werden und der Schiebe-

tisch fährt für den nächsten Zyklus in die Beschichtungsposition in der Absaugan-

lage.

Abbildung 17: Presse mit Temperiergerät (links), Absauganlage

und Pulverpistole (rechts)

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 34

3.3 Aushärtungsbestimmung M77 Harz-Matrix

Als sich nach den ersten Versuchen mit anschließendem Klimawechseltest zeigte,

dass die Oberflächenqualität der Platte stark abnimmt, entstand der Verdacht,

dass die Musterplatten nach den vom Hersteller empfohlenen Aushärtezyklen

nicht gänzlich ausgehärtet sind. Daher kommt es während des Klimawechseltest

zu Nachreaktionen mit einhergehender Nachschwindung. Aus diesem Grund wur-

den Proben mit unterschiedlich langen Aushärtezeiten hergestellt und Harzproben

davon mittels DSC (Differential Scanning Calorimetry) auf Ihren Aushärtegrad

analysiert. Das Ergebnis zeigt, dass erst nach 300 Minuten eine vollständige Aus-

härtung erreicht war. Diese ist erkennbar, wenn keine Exothermie mehr gefunden

werden kann. In Abbildung 18 ist diese in der DSC Kurve nach 10 Minuten Aus-

härtung bei 130°C noch deutlich sichtbar. Nach 300 Minuten bei 130°C, wie in Ab-

bildung 19 dargestellt, ist diese dann nicht mehr zu sehen. Der Wert für die Fläche

unter der Exothermie gibt Auskunft über die Ausprägung derselben und damit

auch über das Ausmaß der Nachreaktion.

Abbildung 18: DSC HexPly M77 nach 10 min bei 130°C

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 35

Abbildung 19: DSC HexPly M77 nach 300 min bei 130°C

3.4 Einfluss des Materials auf die Oberfläche

Da das Grundmaterial die Ursache für einen Großteil der später sichtbaren Ober-

flächenfehler ist, haben dessen Eigenschaften großen Einfluss auf die Oberflä-

chenqualität eines fertigen Bauteils. Der Einfluss der Rovingstärke und Gewebeart

wurde bereits in der Literatur untersucht [1]. Allerdings können auch zwei auf dem

Papier gleiche Gewebe mit identer Rovingstärke und Gewebeart große Unter-

schiede in der letztendlichen Oberflächenqualität zeigen.

Obwohl beide in dieser Arbeit verwendeten Materialien die selbe 2/2 Köper Web-

art hatten, wurden große Unterschiede sichtbar. Besonders die sogenannte Prime-

tex Webart des Hexcel Materials führt zu einer großer Verbesserung der Oberflä-

chenqualität.

Das in Abbildung 20 dargestellte Standardmaterial weist unregelmäßige Ro-

vingbreiten auf und besitzt große offene Bereiche in der Verwebung. Diese freien

Volumina zeigen sich später auf einer unbeschichteten Oberfläche in Form von

vermehrten Pinholes. In der Seitenansicht in Abbildung 21 ist die starke Ondulie-

rung der Fasern auf Grund der ovalen Rovingquerschnitte zu sehen. Diese größe-

re Unregelmäßigkeit im Prepreg führt beim fertigen Bauteil zu einer ausgeprägte-

ren Faserdurchzeichnung.

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 36

Abbildung 20: Delta-Preg Gewebe

Abbildung 21: Delta-Preg Gewebe Seitenansicht

Dem gegenüber besitzt das in Abbildung 22 abgebildete Primetex Gewebe eine

geschlossene und nahezu ebene Oberfläche. Durch eine spezielle Spreizung der

Rovings beim Verweben wird ein besonders flacher, bändchenartiger Querschnitt

erzielt. Dieser kann in Abbildung 23 gesehen werden. Durch diese Verbesserun-

gen im Ausgangsmaterial bewirkt das Primetex eine deutlich bessere Oberflä-

chenqualität mit geringerer Faserdurchzeichnung und weniger Pinholes. Zwar

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 37

kann das PIMC Pinoles zuverlässig verhindern, die stärkere Faserdurchzeichnung

durch das Standardgewebe kann es aber nur zum Teil ausgleichen.

Abbildung 22: HexPly Primetex Gewebe

Abbildung 23: HexPly Primetex Gewebe Seitenansicht

Ebenso spielt die Imprägnierart eine Rolle da sie zu unterschiedlichen Matrixver-

teilung führt. So entsteht bei der Schmelzimprägnierung eine harzreichere Seite,

welche zu einer besseren Oberflächenqualität führt. In Abbildung 22 ist diese so

gezeigt, so dass der Matrixfilm gesehen werden kann. Es sollten daher alle

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 38

Prepreglagen mit dieser in Richtung der Sichtseite angeordnet werden um das

bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.

3.5 Entwickelte Verfahren: 1-Schicht, 2-Schicht, Nach-

beschichtung

Die zuvor dargestellte unvollständige Aushärtung der Substratmatrix kann wäh-

rend eines Klimawechseltests zu einer Nachschwindung des Substrates führend

wodurch eine einfache Beschichtung die Faserdurchzeichnung nicht dauerhaft

verhindern kann. Es wurden daher zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze ent-

wickelt um diesem entgegen zu wirken. Aus der Pulverentwicklung kommend, ent-

stand die Idee die Deckschicht bzw. Oberfläche vom darunter liegenden Substrat

zu entkoppeln, sodass eine Schwindung im Material keinen Einfluss auf die Ober-

flächenqualität hat. Im Prozess dagegen wurde versucht die Nachschwindung vor

der Beschichtung zu erzwingen und damit eine dauerhafte Oberflächenqualität zu

erzielen.

3.5.1 Standard Prozess – 1-Schichtverfahren

Das Prinzip der 1-Schicht Beschichtung ist schematisch in Abbildung 24 darge-

stellt. In Abbildung 25 wird anhand der aufgezeichneten Prozessparameter einer

Musterplatte der dazugehörende typische Versuchszyklus für das

1-Schichtverfahren gezeigt. Derselbe Prozess wurde neben dem PIMC Verfahren

auch zur Herstellung von unbeschichteten Musterplatten verwendet.

Abbildung 24: PIMC 1-Schichtaufbau

Die blaue Kurve in Abbildung 25 stellt die Temperatur der Werkzeugplatten dar.

Die Presskraft ist braun dargestellt und die grüne Linie gibt die Position der schlie-

ßenden oberen Werkzeughälfte wieder.

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 39

Abbildung 25: Prozess einer 1-Schicht Musterplatte

3.5.2 2-Schichtverfahren

Die Idee des 2-Schichtverfahrens war das mechanische Entkoppeln der Deck-

schicht vom Substrat. Dadurch sollte die PIMC Deckschicht das Class-A Niveau

halten und die Nachschwindung des Untergrundes durch die Zwischenschicht

aufgenommen werden. Es gab sowohl Versuche mit thermoplastischen als auch

mit duromeren Zwischenschichten. Die schematische Darstellung für den 2-

Schichtaufbau ist in Abbildung 26 gezeigt. Bei den thermoplastischen Zwischen-

schichten sollte der Thermoplast durch seine gesteigerte Flexibilität bei erhöhten

Temperaturen die thermische Ausdehnung und die Nachschwindung kompensie-

ren.

Ebenso wurde das Potential gesehen, dass der sich während dem Aushärten im

schmelzeförmigen Zustand befindende Thermoplast die Reaktionsschwindung des

Substrats durch Verfließen ausgleichen kann. Der größte Nachteil am Einsatz des

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3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 40

Thermoplasten war der daraus resultierende variotherme Prozess, welcher bei der

verwendeten Werkzeugtemperierung zu deutlich verlängerten Zykluszeiten führte.

Abbildung 26: PIMC 2 Schichtaufbau

Durch alternative Heiz- und Kühlsysteme für das Werkzeug und eine bessere Ab-

stimmung des Thermoplasten auf das Verfahren kann dieses Problem allerdings

deutlich reduziert werden. Der variotherme 2-Schichtprozess ist an Hand der rea-

len Prozessdaten eines Versuches in Abbildung 27 dargestellt.

Abbildung 27: Variothermer Prozess für das 2-Schichtverfahren

Auf Grund des doppelten Beschichtungsaufwandes musste die Vorvernetzungs-

zeit auf zwei Minuten angehoben werden, da nur eine Pulverpistole zur Verfügung

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Prozesszeit [min]

Temperatur [°C]

Kraft [kN]

Position [mm]

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 41

stand und zwischen den Schichten das Pulver gewechselt werden musste. In ei-

nem Serienprozess kann mit zwei Pulverpistolen gearbeitet werden, wodurch sich

die benötigte Zeit nur um die Auftragsdauer der zweiten Schicht verlängern würde.

Während für die Aushärtung die materialtypische Presskraft aufgebracht wurde,

wurde für die Dauer des Abkühlens unter die Glasübergangstemperatur des

Thermoplasten eine Haltekraft von 50 kN aufgebracht. Durch die reduzierte Halte-

kraft sollten übermäßige Spannungen in der Thermoplastschicht verhindert wer-

den.

Neben dem Thermoplasten kam bei einigen Versuchen auch eine duromere Zwi-

schenschicht zum Einsatz. Für die Herstellung dieser Platten war kein variother-

mes Verfahren notwendig. Stattdessen wurde ein Prozess wie zuvor in Kapitel

3.5.1., in Abbildung 25 dargestellt, verwendet.

3.5.3 Nachbeschichtung

Bei der Nachbeschichtung wird in einem ersten Prozess, dargestellt in Abbildung

28 a), ein unbeschichtetes Bauteil hergestellt. Um die Nachreaktionen auszulösen,

wird dieses anschließend für mehrere Stunden bei erhöhter Temperatur ausgela-

gert bzw. getempert. Dies fand bei den durchgeführten Versuchen bei 100°C über

12 Stunden statt. Danach kann von einer vollständigen Aushärtung ohne weiteren

Nachreaktionen des Systems ausgegangen werden. In einem zweiten eigenstän-

digen Prozess, gezeigt in Abbildung 28 c), wird dann die PIMC Beschichtung auf-

gebracht. Mit dem PIMC System wäre es möglich, ein vollständig ausreagiertes

Bauteil nach Abreinigen der Oberfläche direkt mit PIMC nachzubeschichten. Auf

Grund der großen Mengen an internen Trennmitteln im Epoxidharz des Prepregs

funktioniert dies allerdings nicht. Es bleibt dies aber eine Option, falls bei zukünfti-

gen Versuchen ein Harz ohne interne oder auf das PIMC abgestimmte Trennmittel

zur Verfügung steht. Verwendet wurde die thermoplastische Zwischenschicht aus

dem 2-Schichtverfahren, um diese als Klebeverbindung zwischen dem PIMC und

dem Bauteil zu benutzen. Der Aufbau ist somit schematisch dem des 2-

Schichtverfahrens gleich, welcher in Abbildung 26 dargestellt ist. Vor dem Be-

schichtungsvorgang wurde das unbeschichtete Bauteil mit einem feinen Schleif-

pad von 3M angeraut und mit Aceton gereinigt. Während der zusätzliche Prozess

einen größeren Aufwand bedeutet, ermöglicht er auch eine Trennung der Bauteil-

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 42

herstellung von der Oberflächengenerierung. Somit kann beim Bauteilfertigungs-

schritt der für das Substrat nötige hohe Pressdruck aufgebracht werden, sowie bei

der Nachbeschichtung ein für die Oberfläche optimaler geringer Druck.

Abbildung 28: a) Herstellung des Bauteils, b) Auslagerung, c)

Nachbeschichten

Wie beim 2-Schichtverfahren musste auch hier für das Beschichten ein variother-

mer Prozess gefahren werden. Bei diesem wurde der Thermoplast bei einer Tem-

peratur oberhalb seiner Schmelztemperatur aufgebracht und dann auf eine Tem-

peratur unterhalb des Glasüberganges abgekühlt, um eine Entformung zu ermög-

lichen.

Während bei den meisten nachbeschichteten Musterplatten eine hervorragende

Haftung zwischen der Beschichtung und dem Bauteil bestand, kam es bei einigen

Musterplatten zu Haftungsproblemen. Dabei ließ sich die PIMC Schicht vollständig

von der Substratplatte lösen, obwohl diese mit denselben Parametern hergestellt

wurde, wie jene mit guter Haftung. Als mögliche Ursachen kommen geringfügige

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5:3

3

07

:33

0

9:3

4

11

:35

1

3:3

6

15

:36

1

7:3

6

19

:37

2

1:3

8

23

:39

2

5:4

0

27

:39

2

9:4

0

31

:41

We

rkze

ugp

osi

tio

n [

mm

]

Tem

pe

ratu

r [°

C],

Pre

sskr

aft

[kN

]

Prozesszeit [min]

Temperatur [°C]

Kraft [kN]

Position [mm]

a b c

3 Herstellung Musterplatten, Verfahrensentwicklung 43

Temperaturschwankungen, wie sie im Prozess möglich sind, die verwendete

Thermoplastmenge, oder weitere unbekannte Faktoren in Frage. Das Nachbe-

schichtungsverfahren besitzt ein hohes Potential fehlerfreie Bauteiloberflächen zu

erzeugen, ohne Geometrieeinschränkungen wie etwa Folien zu besitzen.

3.5.4 Verfahren und Faserdurchzeichnung

Reuter entwickelte in seiner Arbeit [10] ein sehr schönes Modell zur Abzeichnung

der Substratstruktur auf die Oberfläche bei In-Mould Beschichtungsverfahren. Er

geht davon aus, dass durch den thermischen Schwund des Bauteils während des

Abkühlens eine Durchzeichnung durch die Beschichtung hindurch unumgänglich

ist. In Abbildung 29 ist dieses Modell erweitert durch die Vorstellung für das 2-

Schichtverfahren und das Nachbeschichtungsverfahren dargestellt. Es sollte mög-

lich sein durch eine ausreichend steife Deckschicht, welche über eine elastische

Zwischenschicht mit dem Substrat verbunden ist, eine Durchzeichnung des Sub-

strates verhindern zu können. Mag dies beim 2-Schichtverfahren noch nicht voll-

ständig gelingen, so muss es spätestens beim Nachbeschichtungsverfahren er-

folgreich sein und die erzielten Ergebnisse bestätigen dies bisher auch.

Abbildung 29: Modell zur Faserdurchzeichnung bei den verschie-

denen PIMC Verfahren

4 Pulverbeschichtung 44

4 PULVERBESCHICHTUNG

4.1 Einleitung

Pulverbeschichtung wird bereits seit den 70er Jahren in der Automobilindustrie

eingesetzt [40]. Durch das PIMC soll Pulverbeschichtung nun helfen Class-A auf

endlosfaserverstärkten Verbundbauteilen in einem großserientauglichen Prozess

zu erreichen.

Der große Vorteil von Pulverbeschichtungen gegenüber Flüssiglacken liegt in der

elektrostatischen Applikation und der geringen VOC-(Volatile Organic Compound)

Belastung, da keine Lösungsmittel vorhanden sind. Als weiterer wirtschaftlicher

Vorteil ist der hohe Rückführungsgrad des Oversprays von bis zu 90% zu sehen.

Der Materialeinsatz zum Erreichen einer geforderten Schichtstärke ist bei Pulver-

beschichtung ebenfalls deutlich geringer, da die aufgebrachte Pulverschichtstärke

nahezu der finalen Beschichtungsstärke entspricht und nicht wie bei Flüssigsys-

temen mehr als die Hälfte der Schichtstärke beim Abtrocknen verloren geht. Aus

diesem Grund ist es mit Pulverbeschichtung möglich in einem einzigen Auftra-

gungsschritt bis zu 250µm auf kaltem Substrat und beinahe unbegrenzte Schicht-

stärke auf heißem Substrat aufzubringen. Neben den direkten wirtschaftlichen

Vorteilen von Pulverbeschichtung bietet dieser Prozess weitere indirekte Möglich-

keiten große Mengen an Energie einzusparen. Beim PIMC ist keine zusätzliche

Energie für die Trocknung aufzuwenden, da die Prozesstemperatur verwendet

wird. Darüber hinaus sind durch das Fehlen von VOCs deutlich weniger Maßnah-

men zur Luftumwälzung nötig. Diese Folgeeinsparungen, tragen einen großen

Beitrag zum wirtschaftlichen Vorteil von Pulverbeschichtung bei. [8], [14], [39],

[41], [42]

4.2 Grundlagen

Bei der Herstellung der Beschichtungspulver werden die Komponenten wie Harz,

Härter, Pigmente und diverse Additive trocken vorgemischt bevor diese in einen

Extruder gefüllt werden. In diesem wird das Pulver intensiv homogenisiert und Ag-

glomerate durch die Scherung aufgelöst. Die extrudierte Mischung wird beim Ab-

4 Pulverbeschichtung 45

kühlen ausgewalzt und anschließend mechanisch zerkleinert. Diese Chips ge-

nannten Stücke werden daraufhin fein gemahlen und gegebenenfalls gesiebt um

die gewünschte Pulverfeinheit zu erreichen. [14], [43]

Abbildung 30: Schematischer Ablauf der Pulverherstellung [14]

Die Applikation einer Pulverbeschichtung erfolgt auf das kalte Substrat mit an-

schließender thermischer oder durch Strahlung induzierter Aufschmelzung und

Vernetzung des Pulvers. Eine andere Möglichkeit ist direkt das heiße Bauteil oder

wie beim PIMC das heiße Werkzeug zu beschichten, wobei in diesen Fällen die

Filmbildung und Aushärtung des Pulvers durch die hohe Temperatur sofort be-

ginnt. Die Haftung des Pulvers auf einem kalten Substrat wird mittels elektrostati-

scher Anziehung der Pulverpartikel auf dem Substrat gewährleistet. Dazu muss

das Substrat geerdet sein, um eine statische Aufladung des Substrates zu verhin-

dern. Zur notwendigen statischen Ladung der Pulverpartikel stehen zwei unter-

schiedliche Verfahren zur Verfügung. Bei der triboelektrische Methode, werden die

Pulverpartikel durch Berührung und Reibung mit der Pistolenwandung aufgeladen.

Dabei kommt es zu einem Ladungsträgerübergang. Durch anschließendes ra-

sches Trennen des Kontaktes entsteht die statische Aufladung.

Beim zweiten Verfahren, dem so genannten Korona- oder Ionisationsverfahren,

erhält das Pulver durch Ionenbombardement seine elektrische Ladung. Dies ge-

schieht im Hochspannungsfeld, welches an der Pistolendüse anliegt. Dieser Vor-

4 Pulverbeschichtung 46

gang ist in Abbildung 31 gemeinsam mit den elektrischen Feldlinien, welche die

Pulveranlagerung beeinflussen, dargestellt. Hinterschnitte und sehr scharfe Ecken

können auf Grund der daraus entstehenden Feldcharakteristik zu Problemen beim

Beschichten führen. Teilweise kann zwar durch die Einstellung der Hochspannung

und des Stromes abgeholfen werden, diese Einschränkung bei der elektrostati-

schen Pulverbeschichtung sollte allerdings beachtet werden. [8], [14]

Abbildung 31: Prinzip der Koronaaufladung [14]

4.3 Beschichtung der Musterplatten

Für die Versuche während dieser Arbeit wurde bis auf wenige Vorversuche zu Be-

ginn immer eine Koronapulverpistole mit Flachstrahldüse verwendet. Das für die

Versuche benutze Pistolenmodel OptiFlex 2 von ITW Gema (ITW Gema GmbH,

St. Gallen, Schweiz) ist in Abbildung 32 a) zu sehen. In Abbildung 32 b) wird der

selbstgebaute Absaugkasten zum Einfangen des Pulveroversprays dargestellt.

Abbildung 32 c) zeigt das Auftragen des PIMC auf das Werkzeug.

4 Pulverbeschichtung 47

Abbildung 32: a) ITW Gema Pulverpistole [44]; b) Absaugkasten

vor der geöffneten Presse; c) Pulverauftrag auf das

Unterwerkzeug

Die erwähnte Absauganlage bestand darüber hinaus, wie in Abbildung 33 gezeigt

aus einem Luftfilter (Bild Mitte) und einem Absauggebläse (im Hintergrund rechts),

welche über Schläuche mit dem selbst konstruierten Absaugkasten (links am Bild-

rand) verbunden waren. Beim Beschichten wurde darauf geachtet möglichst

gleichmäßig aufzutragen um eine einheitliche Schichtstärke von 200-250 µm über

die gesamte Plattenfläche zu erhalten. Automatisierte Anlagen für eine Produktion

sind in der Lage eine Schichtstärkentoleranz von 10 µm einzuhalten. Nach dem

Auftrag des Pulvers wurde eine kurze Zeit, im Weiteren Vorvernetzungszeit ge-

nannt, gewartet, ehe die Prepregs auf das PIMC gelegt und verpresst wurden.

a)

b)

c)

5 Verwendete Pulver 48

5 VERWENDETE PULVER

Die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten In-Mould Coatings lassen sich in Deck-

schichten und Zwischenschichten unterteilen. Unter ersteren sind jene PIMCs zu

verstehen, welche die nach dem Entformen des Bauteils sichtbare oberste Schicht

bilden. Als Zwischenschichten werden die PIMCs bezeichnet, welche zwischen

einer Deckschicht und dem Substrat aufgebracht werden. Sie bilden keine sichtba-

re Oberfläche, sondern sollen bestimmte zusätzliche Eigenschaften in das System

einbringen.

Abbildung 33: Pulverabsauganlage an der Presse

Die meisten als Deckschicht intentionierten Pulver basierten auf demselben 2K

(2 Komponenten) Epoxid PIMC Grundsystem IMC 133 und unterschieden sich nur

in ihren weiteren Bestandteilen. Einzig zwei Pulver, welche am Rande mit unter-

sucht wurden, nehmen sich von dieser Regel aus. Ein 1K Epoxid und ein Acrylat-

system. Bei den Zwischenschichten gab es primär zwei Varianten, die thermoplas-

tische Polyester enthielten, welche sich in Ihrem Schmelzverhalten unterschieden,

sowie zwei Epoxidsysteme, ähnlich den Deckschichten, jedoch mit einem zuge-

mischten Elastomerbestandteil versehen. Alle verwendeten Pulvervarianten sind

in Tabelle 5 und Tabelle 6 zusammengefasst und nach der Verwendung als Zwi-

schen- oder Deckschicht gegliedert. IMC 133 wurde als Deckschicht entwickelt,

5 Verwendete Pulver 49

aber versuchsweise auch als Zwischenschicht eingesetzt. Sie finden sich daher

auch in Tabelle 6.

Tabelle 5: PIMC Deckschichten

PIMC Typ Deckschicht System Beschreibung

IMC 133 2k-Epoxid Standard System, 10% Thermoplast A, 2,5% int. Trennmittel,

IMC 147 2k-Epoxid IMC 133 ohne Thermoplast

IMC 155 2k-Epoxid wie IMC 133, 10% Thermoplast B

IMC 172 2k-Epoxid IMC 133 + 20% Epoxid A mit gerin-ger Viskosität

IMC 173 2k-Epoxid IMC 133 + 20% Epoxid B mit gerin-ger Viskosität

IMC 174 2k-Epoxid IMC 133 + 20% Epoxid C mit gerin-ger Viskosität

069/80180 1k-Epoxid eigeständiges Epoxidsystem

AM2P Acrylat eigenständiges Acrylatsystem

IMC 185 2k-Epoxid IMC 174 ohne Thermoplast

Tabelle 6: PIMC Zwischenschichten

PIMC Typ Zwischenschicht System Beschreibung

IMC 154 2k-Epoxid 90% Thermoplast A, 10% IMC 133

IMC 156 2k-Epoxid 90% Thermoplast B, 10% IMC 155

IMC 180 2k-Epoxid 10% Elastomer Powder in Powder gemischt

IMC 184 2k-Epoxid 10% Elastomer coextrudiert

IMC 133 2k-Epoxid siehe Tabelle 5

5.1 IMC Aushärtecharakteristik

Da es sich bei dem zum Einsatz gekommenen Pulversystem um eine Neuentwick-

lung handelte, wurden zu Beginn die temperaturspezifischen Aushärtezeiten des

Grundsystems IMC 133 bestimmt. Für alle auf dem IMC 133 System basierenden

Pulver konnten die hier gefundenen Aushärtezeiten übernommen werden. Für die

beiden anderen Pulver 069/80180 und AM2P wurde auf die Aushärtezeitbestim-

5 Verwendete Pulver 50

mung verzichtet, da sie kein geplanter Teil dieser Arbeit waren und nur geringfügig

zum Einsatz kamen.

5.1.1 Experimentelles

Die Bestimmung der Aushärtezeit erfolgte mit Hilfe von DSC Messungen mittels

einer Netzsch DSC 204 Messzelle (Netzsch GmbH, Selb, Deutschland) mit TA

414/3-A Mess- und Heizcontroller, sowie einem CC200L Kühlcontroller (beides

ebenfalls von Netzsch) mit Stickstoffkühlung. Die Auswertung der Ergebnisse er-

folgte mit der Netzsch Proteus Thermal Analysis Software. Die Aushärtung wurde

bei 110, 120, 130, 140 und 150°C bestimmt, wobei die Dauer jeweils solange ver-

längert wurde, bis keine Exothermie mehr auftrat. Das Maximum für die Aushärte-

zeit wurde mit 10 Minuten festgesetzt, da darüber hinaus der Prozess durch das

PIMC zu sehr verlängert wäre.

Der Messablauf war so gestaltet, dass die Probe zuerst bei 80°C getrocknet wurde

um Fehlmessungen auf Grund von verdampfender Feuchtigkeit zu vermeiden.

Anschließend wurde sie auf -20°C abgekühlt bevor sie mit der höchst möglichen

Aufheizrate auf die Aushärtetemperatur gebracht und bei dieser sie für die Dauer

der Aushärtezeit gehalten wurde. Danach ist die Probe erneut abgekühlt worden

um die Reaktion zu stoppen. Die Bestimmung des Aushärtezustands geschah un-

ter neuerlichem Aufheizen um 20°C/min auf 180°C. Eine Probe gilt als vollständig

ausgehärtet, wenn bei diesem zweiten Durchlauf keine Exothermie gemessen

werden kann. Eine anfallende Exothermie entsteht durch die während der Aushär-

tereaktion des Epoxids auftretende Reaktionswärme. [6]

5.1.2 Ergebnisse

Beispielhaft für die gemessenen DSC Kurven sind in Abbildung 34 die Ergebnisse

für IMC 133 bei 130°C Aushärtetemperatur dargestellt. 130°C wurden hier deshalb

als repräsentativ ausgewählt, da die meisten Musterplatten ebenfalls bei dieser

Temperatur hergestellt wurden.

5 Verwendete Pulver 51

Abbildung 34: DSC Messung von IMC 133 nach den angegebenen

Aushärtezeiten

Es kann abgelesen werden, dass bei 130°C das Pulversystem nach 1 Minute noch

nicht vollständig ausgehärtet ist, nach 2 Minuten kann bereits keine Exothermie

mehr gefunden werden. Das bedeutet, es sind 2 Minuten bei 130°C für eine voll-

ständige Aushärtung notwendig. Die DSC-Ergebnisse für alle gesuchten Aushärte-

temperaturen sind in Abbildung 35 und in Tabelle 7 zusammengefasst. In Abbil-

dung 35 ist der an den Kurven gemessene Glasübergang (Tg) des amorphen An-

teils des Epoxids aufgetragen. Die Strichart gibt indessen Auskunft über den Aus-

härtezustand des Pulvers. Bei 110°C erreicht der Tg ein Plateau, was oftmals als

Zeichen für vollständige Aushärtung herangezogen wird. In der DSC Aufnahme

zeigt sich jedoch, dass auch nach 14 Minuten noch Exothermie auftritt. Das be-

deutet, dass bei 110°C ein gewisser Grad an Restreaktivität bleibt, unabhängig

von der Aushärtezeit und damit bei dieser Temperatur keine vollständige Aushär-

tung erreicht werden kann.

5 Verwendete Pulver 52

Abbildung 35: Verlauf der Glasübergangstemperatur

Aus den Daten ergab sich, dass oberhalb von 120°C die Aushärtung der Be-

schichtung schnell genug abläuft und der Prozess durch das Aushärten des PIMC

nicht verlängert wird, da die Aushärtezeit stets geringer ist als die Aushärtezeit der

Prepregs.

Tabelle 7: Glasübergangstemperatur in Abhängigkeit vom

Aushärtezyklus

60

65

70

75

80

85

90

95

100

105

110

1 min 2 min 4 min 6 min 8 min 10 min 12 min 14 min

Gla

süb

erg

ang

Tg [

°C]

Aushärtezeit [min]

IMC 133 Tg aus DSC Aushärteversuch

110°C nicht ausgehärtet

120°C nicht ausgehärtet

120°C ausgehärtet

130°C nicht ausgehärtet

130°C ausgehärtet

140°C ausgehärtet

5 Verwendete Pulver 53

5.2 Viskosität des PIMC

Auf den Musterplatten konnte gesehen werden, dass die ausgehärtete Oberfläche

des IMC 133 Pulvers eine hohe Porosität aufweist. Es wurde vermutet, dass die

Ursache dafür in unzureichendem Verlauf des aufschmelzenden Pulvers liegt. Für

die Bildung einer guten PIMC Filmoberfläche spielen die Schmelzviskosität und

die Zeit zwischen Aufschmelzen der Pulverpartikel und dem Einsetzen der Vernet-

zung eine große Rolle. Bereits nach 7-11% Vernetzungsgrad kann ein großer An-

stieg der Viskosität verzeichnet werden. [42]

Daher wurden vier Pulvervarianten mit verringerter Schmelzviskosität hergestellt

und die erzeugte Oberfläche visuell betrachtet. Bei den Varianten IMC 172, IMC

173 und IMC 174 wurden 20% von niedrig viskosem Epoxid zugemischt und 069

war ein 1K System mit generell geringerer Viskosität. Die Pulver wurden sowohl

auf Prepreg Substrate als auch PMMA Platten erprobt und visuell begutachtet.

Das IMC 174 machte optisch den besten Eindruck. Es wurde als Grundlage für

das daraus entwickelte IMC 185 herangezogen. IMC 185 besitzt ebenfalls den

geringviskosen Anteil, zusätzlich wurde aber auf den Thermoplasten verzichtet.

Mit Hilfe der 3D Oberflächentopographieanalyse, wie Sie in Kapitel 2.4.2 be-

schrieben wird, wurde die Oberflächenrauheit von IMC 133 und IMC 185 gemes-

sen und ihre Topographie optisch verglichen. Die gemessenen Werte für die Ober-

flächenrauheit in Tabelle 8 zeigen, dass das IMC 185 zwar noch immer eine relativ

stark strukturierte Oberfläche bildet, die Oberflächenrauheit gegenüber IMC 133

aber stark zurückgegangen ist. Sowohl die mittlere Rauheit Ra, die quadratische

Rauheit Rq, als auch die gemittelte Rauhtiefe Rz sind für IMC 185 deutlich gerin-

ger. Der Vergleich mit einem pulverbeschichteten Stahlblech zeigt aber auch, dass

die PIMC Oberflächen eine deutlich höhere Rauheit aufweisen. Es gilt in weiteren

Entwicklungsschritten abzuklären, in wie weit die PIMC Oberflächenrauheit einen

Einfluss auf die optische Qualität der Oberfläche nach der Lackierung hat und ob

eine weitere Reduzierung nötig ist.

5 Verwendete Pulver 54

Tabelle 8: PIMC Rauheitswerte

Rauheitswert IMC 133 IMC 185 Stahlblech

Ra 5,64 µm 4,26 µm 1,66 µm

Rq 7,14 µm 5,47 µm 2,10 µm

Rz 34,41 µm 27,07 µm 10,71 µm

In Abbildung 36 und Abbildung 37 ist die 3D gescannte Topographie der beiden

IMC Varianten abgebildet. Es kann erkannt werden, dass die Oberfläche des IMC

185 im Gesamten weniger Struktur besitzt, wie durch die Rauheitswerte zu erwar-

ten.

Abbildung 36: 88A IMC 133 Topographie

5 Verwendete Pulver 55

Abbildung 37: 89A IMC 185 Topographie

Abbildung 38: 88A IMC 133 Oberfläche

5 Verwendete Pulver 56

Abbildung 39: 89A IMC 185 Oberfläche

5.3 Entwicklungsideen PIMC Pulver

Die in dieser Arbeit eingesetzten PIMC Pulver waren bereits für den PIMC Pro-

zess entwickelt. Sicherlich gibt es noch einige Entwicklungsmöglichkeiten für die

nächste Generation von Pulvern. Einige dieser Ideen bzw. Möglichkeiten sollen

hier vorgestellt werden.

5.3.1 2 Step Snap Cure

Aktuell verläuft die Aushärtung der PIMC Schicht kontinuierlich, und startet sobald

das PIMC auf die Werkzeugoberfläche trifft. Viel besser wäre eine Aushärtung in

zwei Stufen. In der ersten Stufe tritt eine x%ige Vernetzung auf, welche die PIMC

Filmstabilität erzeugt. Erst in einer zweiten Stufe tritt die vollständige Vernetzung

des PIMC ein. Für diesen zweiten Reaktionsschritt soll genügend Reaktivität vor-

handen sein um die chemische Anbindung des PIMC an das Substrat sicherzu-

stellen. Unter Umständen können auch verschiedene Initialisierungsmechanismen

für die verschiedenen Stufen gewählt werden. Somit kann das PIMC vor dem ei-

gentlichen Prozess aufgebracht werden, zu den genannten x% aushärten und be-

5 Verwendete Pulver 57

sitzt danach immer noch genug Reaktivität um mit dem Substrat zu vernetzen. In

Abbildung 40 ist die gedachte Viskositätskurve für diese 2 Stufen Aushärtung dar-

gestellt.

Abbildung 40: 2 Step Snap Cure

5.3.2 Weitere Entwicklungen für die Zwischenschicht

Großes Potential kann auch in geeigneteren Zwischenschichten gesehen werden.

Der aktuell verwendete Thermoplast war mit Sicherheit noch nicht das Optimum,

da er zu einer Erhöhung der Oberflächenwelligkeit gegenüber dem 1-

Schichtsystem geführt hat. Auch kam es beim Nachbeschichten bei einzelnen

Musterplatten zu Ablösungen, was vermutlich auf das Schmelzverhalten des

Thermoplasten zurückzuführen ist, da bei nochmaligem Aufschmelzen der Zwi-

schenschicht eine Haftung erzielt werden konnte.

Eine Möglichkeit zur Verhinderung von Faserdurchzeichnung durch die thermische

Schwindung während des Abkühlens ist die Zugabe von LPA (Low Profile Additi-

ven) in die PIMC Zwischenschicht. Dies ermöglicht die Einstellung des thermi-

5 Verwendete Pulver 58

schen Schwundes. Es ist sowohl möglich diesen zu reduzieren oder aber vollstän-

dig zu kompensieren bzw. sogar eine Volumenszunahme während der Abkühlung

zu erreichen. Während sich LPAs negativ auf die mechanischen Kennwerte im

Substrat auswirken würden, könnten sie in der Zwischenschicht eingebaut werden

um das Wegschwinden des Substrats unter dem PIMC zu kompensieren. Die Zu-

gabe der LPA nur in die Zwischenschicht bietet sich besonders an, da dadurch an

der Oberfläche keine LPA Bestandteile vorhanden sind wodurch diese nicht ge-

stört wird. In RTM Harzsystemen führten LPA zu einer Reduzierung der Oberflä-

chenrauheit mit positivem Effekt auf die Oberflächenqualität in Bezug auf Class-A.

[24], [45] Möglicherweise kann dieser Effekt auch in den PIMC Pulvern genutzt

werden.

6 Lackierung 59

6 LACKIERUNG

Die Lackierung bildet die oberste und letztendlich sichtbare Schicht eines Bauteils

und ist somit maßgeblich an der Qualität der Oberfläche beteiligt. Während eine

Lackierung grundsätzlich aus einer einzigen Schicht bestehen kann, kommen im

Bereich der automobilen Anwendungen für Class-A heute meist sehr komplexe

mehrschichtige Lackaufbauten zum Einsatz. Die Lackierung sorgt für den Farbton

und den Glanzgrad einer Oberfläche ebenso wie für eventuelle Metallic oder Perl-

glanz Effekte. Sie trägt mit ihrer eigenen Oberflächenstruktur und Welligkeit zur

gesamten Oberflächenstruktur bei. Dabei vermag die Lackierung je nach Aufbau

gewisse Oberflächeneigenschaften von darunter liegenden Strukturen zu überde-

cken und hebt andere dafür optisch hervor. [21] Alle Musterplatten wurden vor ih-

rer, wie auch immer gearteten Lackierung, 12h bei 100°C getempert.

6.1 Grundlagen & Lackierung im automobilen Serienbau

Automobile Großserienhersteller sind stark auf die Verwendung von Stahl oder

Aluminium für den Karosseriebau spezialisiert. Ihre gesamte Fertigung und La-

ckierung ist auf diese metallischen Werkstoffe ausgerichtet, auch wenn in den letz-

ten Jahren immer mehr Kunststoffe in den Karosseriebau vordringen konnten. Das

größte Problem bei Karosserieteilen aus Kunststoff ist, dass Automobilhersteller

immer alle Karosserieteile gemeinsam durch die Kathodische-Tauch-Lackierung

(KTL) fahren wollen. Diese dient dem Korrosionsschutz der Metalle, ist für Kunst-

stoffe unnötig und zur Trocknung mit einer für Kunststoffe kritischen Temperatur

von 130-200°C verbunden. Die Kunststoffbauteile nach der KTL am Fahrzeug an-

zubringen wäre selbstverständlich eine Lösung. Diese wird aber von den OEMs

nur ungern in Kauf genommen. Es zeichnet sich auf Grund der Kosten welche mit

diesen hohen Trocknungstemperaturen verbunden sind ab, dass die Automobil-

hersteller in Zukunft auf Prozesse mit geringen Temperaturen umsteigen wollen.

Dies würde das weitere Vordringen von Kunststoffbauteilen in der Karosserie we-

sentlich erleichtern.

Eine moderne Lackierung besteht aus vier bis fünf Schichten mit einer Gesamtdi-

cke von 100-130µm, wie es in Abbildung 41 a) dargestellt ist. Beginnend auf dem

6 Lackierung 60

Substrat, ist die erste Schicht bei metallischem Untergrund ein Korrosionsschutz.

Bei Kunststoffen entfällt dieser. Sowohl bei Metall als auch bei Kunststoff folgen

anschließend ein Füller und/oder ein Primer. Darauf aufbauend kommt der Basis-

lack und zuletzt der Klarlack. Davon ausgehend gibt es Aufbauten mit zusätzlichen

Schichten ebenso wie mit weniger oder kombinierten Schichten. Bei der Lackie-

rung für Sichtcarbonbauteile muss auf den Füller und den Basislack verzichtet

werden. Anstelle dessen werden mehrere Schichten Klarlack aufgebracht, so wie

in Abbildung 41 b) gezeigt. [12], [46]

Abbildung 41: a) Lackaufbau auf Metallsubstrat bzw. CFK-lackiert

[12], b) Lackaufbau für Sichtcarbon [46]

Betrachtet man die Kosten für CFK Bauteile mit entsprechendem Oberflächenfi-

nish zeigt sich, dass heutzutage ein Drittel der Herstellungskosten auf die Oberflä-

che entfällt. In Abbildung 42 ist diese Kostenverteilung grafisch dargestellt. Das

Ziel oder der Wunsch der Industrie ist es, bis 2020 das selbe Kostenniveau wie

Aluminium erreichen zu können. Will man mit CFK-Bauteilen Großserienkonkur-

renzfähig sein, müssen diese Kosten reduziert werden. Allerdings sind mit jeder

aufgebrachten Nasslackschicht hohen Kosten verbunden, da sie mit einer zeit-

und energieintensiven Trocknungsphase einhergehen. Noch ungünstiger sind alle

zeitintensiven manuellen Nachbearbeitungsschritte wie schleifen oder polieren.

Damit stellt die Möglichkeit auf eine Schicht im Lackaufbau verzichten zu können

ein großes Kosteneinsparungspotential dar. [46]

a) b)

6 Lackierung 61

Abbildung 42: Kostenzusammensetzung für CFK Bauteile [46]

6.2 Automatisierte Lackierung von Musterplatten bei

Lankwitzer

6.2.1 Einleitung

Eine Lackierung der Musterplatten mit einem Automotiv-Standard Lacksystem ist

unerlässlich um die Oberflächenqualität der Platten beurteilen zu können. Aller-

dings kommt durch die Lackierung eine zusätzliche Unbekannte mit mehreren

Freiheitsgraden zum Gesamtsystem „Oberflächenqualität“ hinzu. Um wenigstens

einige der Freiheitsgrade zu eliminieren, wurde die Lackierung der Musterplatten

mit einem Lackierautomaten (Erichsen GmbH, Hemer, Deutschland) bei der Firma

Lankwitzer (Lankwitzer Lackfabrik GmbH, Berlin, Deutschland) in Leipzig durchge-

führt. Durch den Einsatz dieses Roboters konnte der Einfluss des Lackierers eli-

miniert werden und sowohl die Anzahl der Sprühgänge, der Sprühgangweg als

auch die Bewegungsgeschwindigkeit waren damit bei allen Musterplatten ident.

Die Sprühmenge und Anzahl der Sprühgänge wurde zuvor an Testplatten ermittelt

6 Lackierung 62

um nach der Trocknung die vom Lackhersteller empfohlene Trockenschichtdicke

zu erhalten.

6.2.2 Versuchsbeschreibung

Das verwendete Lacksystem stammt von PPG (PPG Industries, Pittsburgh, Penn-

sylvania, USA) und besteht aus den in Tabelle 9 angeführten Komponenten. Die-

ses System wurde herangezogen, da es auch zur Serienproduktion des KTM

Crossbow verwendet wird. In Tabelle 2 sind die Details des verwendeten

Lackierroboters aufgelistet. Die genauen Einstellungen zur Lackierung der

Musterplatten sind in Tabelle 11 zu finden. Leider war es nicht möglich Staubein-

schlüsse im Lack vollständig zu verhindern, da die Lackierkabine immer wieder

betreten und verlassen werden musste, wodurch Staub mit geschleppt und auf-

gewirbelt wurde.

Tabelle 9: Übersicht über das verwendete Lacksystem von

PPG

Produkt Produktname Produktnummer Mischungs-verhältnis

Spritzviskosität DIN 4mm

Trocken-schicht-stärke

Base-coat

Envirobase High Perfor-mance Mischlack

T4XX RAL 9005 (Tiefschwarz)

100 Vol. Teile

21-28 Sek. 10-15 µm

Envirobase Verdünner Standard

T494 10 Vol. Tei-le

Clear-coat

GRS Deltron 2K UHS Premium Klarlack

D8141 30 Vol. Tei-le

19-21 Sek. 50-60 µm

Härter D8217 (kurz) 10 Vol. Tei-le

Verdünner D807 (normal) 5 Vol. Teile

6 Lackierung 63

Tabelle 10: Übersicht Lackierroboter

Hersteller Modell Eingangsdruck Spritzdruck Lackierkopf Spritzdüse

Erichsen GmbH

Modell 480

5 bar 2,5 bar Satajet LP 90

MSB 1,35 mm Düse

Tabelle 11: Einstellungen des Lackierroboters

Materialfluss Hübe Spritzdruck Nassschichtdicke Trockenschichtdicke

Basecoat 8,0 2 2,5 bar 80 µm 10 µm

Clearcoat 9,0 3 2,5 bar 100 µm 55 µm

Die Viskosität der Lackanmischungen wurde mit einem Auslaufbecher-Rheometer

nach DIN 53211 bestimmt. Bei dieser einfachen Überprüfung wird die Zeit gemes-

sen,welche für ein vollständiges Ausfließen des Messvolumens aus dem Auslauf-

becher benötigt wird. Dieser Prozess ist in Abbildung 43 abgebildet, wobei jede

Lackanmischung auf die von PPG empfohlenen und in Tabelle 9 beschriebene

Spritzviskosität überprüft und eingestellt wurde.

Abbildung 43: Viskositätsmessung nach DIN 53211

Der beschriebene Lackierroboter mit dem Lackierkopf (Satajet LP 90) mit 1,35mm

MSB Düse und einer Musterplatte ist nachfolgend in

6 Lackierung 64

Abbildung 44 dargestellt. Im Hintergrund ist die Absaugung für die Lösungsmittel

und zur Reduzierung des Staubfluges zu sehen.

Abbildung 44: Lackierroboter mit Musterplatte

6.2.3 Ergebnisse

Ein Standard Basecoat Lack wie der verwendete Envirobase ist auf Grund seiner

geringen Viskosität nicht besonders gut geeignet um auf Carbonbauteilen mit Fa-

serdurchzeichnung ein gutes Oberflächenbild zu erzeugen. Er bewirkt viel mehr

eine optische Verstärkung und Hervorhebung der Faserdurchzeichnung und Wel-

ligkeit. Darüber hinaus ist er nicht in der Lage auf dem matten PIMC Untergrund

eine Hochglanzoberfläche zu bilden. Daher ist es für das Erreichen einer Class A

Oberfläche unablässig, neben einem fähigem PIMC Prozess auch eine geeignete

Kombination aus In-Mould Coating und darauf aufbauendem Lacksystem zu fin-

den. Die Firma Lankwitzer bot hierfür an für einige Probeplatten ein nach Ihrer An-

sicht besonders geeignetes Lacksystem herzustellen. Die thixotrope Charakteristik

dieses Systems soll in der Lage sein geringe Untergrundunebenheiten auszuglei-

chen und somit die ideale Ergänzung zu den PIMC-grundierten Musterplatten

dazurstellen. In Bezug auf das Auftreten von Pinholes liefert das PIMC eine nahe-

zu perfekte Grundierung für ein Lackieren ohne weitere Zwischenschritte. Selbst

auf dem Delta-Preg Substrat welches ohne PIMC zur Ausbildung von vielen

Pinholes neigt, konnte durch das PIMC eine vollständig Pinhole-freie Oberfläche

generiert werden.

6 Lackierung 65

6.2.4 Ausblick

Die zuvor angesprochene mögliche weitere Einbeziehung von Lankwitzer als Ent-

wicklungspartner in dieses Projekt muss unter strategischem Gesichtspunkt evalu-

iert werden. Diese Entscheidung muss jedoch von TIGER Coatings getroffen wer-

den. Unabhängig davon sollte an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass

eine strategische Entwicklungspartnerschaft mit einem Decklackhersteller großes

Potential besitzt, da das Decklacksystem viele neue Eigenschaften in die Oberflä-

che mit ein bringt. Zum einen kann der Lack gewisse Unebenheiten und

Rauheiten abmindern oder aber verstärken, zum anderen bewirkt er auch Eigen-

strukturen. Neben dem Wissen über die Möglichkeiten der Lackierung besitzt ein

Decklackhersteller auch das Know How über die gängigen Lackierprozesse und -

vorschriften in der Automobilindustrie.

6.3 Lackierung von Musterplatten bei Paint Attack

6.3.1 Einleitung

Der bei den Vorversuchen aufgebrachte Klarlack diente der Notwendigkeit den

nötigen Glanz zu erreichen, welcher für das Messen mit dem WaveScan benötigt

wird. Dazu wurden Platten im Haus bei KISKA (KISKA GmbH, Anif, Österreich) mit

Klarlack lackiert. Bei diesen Platten war die Lackierqualität und Gleichmäßigkeit

noch nicht ausschlaggebend. Für die Musterplatten für den Klimawechseltest hin-

gegen waren Reproduzierbarkeit und Gleichmäßigkeit der Schichtdicke sehr wich-

tige Kriterien. Deshalb wurden diese Platten, wie zuvor in 6.2 beschrieben, bei

Lankwitzer mittels Lackierroboter mit schwarzem BaseCoat und ClearCoat von

PPG lackiert.

Bisher konnte jedoch nicht festgestellt werden, welche Qualität die PIMC be-

schichteten Platten bei optimaler Lackierung erreichen. Dazu wurde die Unterstüt-

zung von Paint Attack (Paint Attack Oberflächentechnik GmbG, Eugendorf, Öster-

reich) gesucht, um das Potential der Probenplatten nach einer hochwertigen und

professionellen Lackierung zu sehen. Das Team von Paint Attack besitzt dazu in

der Branche einen ausgezeichneten Ruf für die Lackierung von Carbonbauteilen

und kann auf eine Vielzahl von Referenzen verweisen.

6 Lackierung 66

6.3.2 Versuchsbeschreibung

Insgesamt vier Proben wurden von professioneller Hand in hochglänzend Schwarz

lackiert, wobei ein Teil jeder Platte mit einem speziellen Füller (Aqua Prime 2k von

Basler (Basler Lacke AG, Buchs, Schweiz)) behandelt wurde, während ein Strei-

fen ohne Füller verblieb und ein weiterer völlig unlackiert. Diese Aufteilung der

Platten ist in Abbildung 45 schematisch dargestellt.

Abbildung 45: Schematische Aufteilung der Lackierzonen

Alle Platten wurden zu Beginn mittels Tellerschleifer mit 400er Körnung ange-

schliffen bevor anschließend der Plattenbereich Abbildung 45 c) mit dem be-

schriebenen Füller in zwei Sprühgängen beschichtet wurde. Der Füller wurde über

Nacht getrocknet bevor er am nächsten Tag mit 400er und anschließend 600er

Körnung plan geschliffen wurde. Diese ersten Schritte vor der eigentlichen Lackie-

rung sind in Abbildung 46 zu sehen. Der schwarze BaseCoat von DuPont (E. I. du

Pont de Nemours and Company AG, Wilmington, Delaware, USA) wurde nach

Reinigen und Abblasen der Platten in zwei Kreuzsprühgängen aufgetragen. Nach

kurzem Trocknen der Farbe wurde der Klarlack (Clear Coat, ebenso DuPont) in

ebenfalls 2 Sprühgängen aufgetragen und über Nacht im Ofen ausgehärtet. Die

Lackierung ist in der Abbildung 47 festgehalten. Als letzter Arbeitsgang wurden

kleine Staubkörner oder Lackfehler mit 2500er Schleifpapier ausgeschliffen, die

gesamte Oberfläche kurz angeschliffen und anschließend poliert. Diese Aufberei-

tung der Oberfläche ist in Abbildung 48 abgebildet.

6 Lackierung 67

Das optisch hervorragende Ergebnis dieses Lackierprozesses ist abschließend in

Abbildung 49 an zwei Musterplatten zu sehen.

Abbildung 46: Lackierprozess bei Paint Attack: Vorbereitung und

Auftrag des Füllers

6 Lackierung 68

Abbildung 47: Lackierprozess bei Paint Attack: Lackierung

Abbildung 48: Lackierprozess bei Paint Attack: Aufbereitung & Po-

lieren

6 Lackierung 69

Abbildung 49: Lackierprozess bei Paint Attack: fertige Musterplat-

ten

6.3.3 Ergebnisse

Die Qualität der Lackierung zeigt sich optisch hervorragend. Bezüglich der Faser-

durchzeichnung lässt sich folgendes festhalten. Ein Material das in seinem Urzu-

stand viele Oberflächenfehler besitzt, kann mit diesem Aufwand nicht zu Class-A

gebracht werden. Die Musterplatte aus Delta-Preg zeigt ohne Füller oder PIMC

sehr viele Pinholes und starke Faserdurchzeichnung. Mit Spezialfüller können die

Pinholes geschlossen werden, die Faserdurchzeichnung wird durch den Füller

allerdings nur abgeschwächt. Auf dem optisch besseren HexPly aufbauend kön-

nen Platten mit exzellenter Oberfläche erzeugt werden. Ohne PIMC zeigt sich

noch eine geringe Faserdurchzeichnung, während mit PIMC unabhängig vom Ein-

satz des Füllers das Erreichen einer sehr geringen Faserdurchzeichnung bei Be-

schichtung im 1 Schrittverfahren möglich ist. Mit dem Nachbeschichtungsverfah-

ren lässt sich die Faserdurchzeichnung sogar vollständig verhindern. Bei der opti-

schen Bewertung der Faserdurchzeichnung wurden die Einteilung nach Tabelle 12

angewandt. In Tabelle 13 sind die Ergebnisse der optischen Bewertung und die

Welligkeitsmessung der vier Musterplatten zusammengefasst bzw. graphisch dar-

gestellt. Bei der Delta-Preg Platte prägt die sehr starke Faserdurchzeichnung im

Bereich ohne Füller das Oberflächenbild so stark, dass eine optische Bewertung

des Orange Peels nicht möglich war.

6 Lackierung 70

Tabelle 12: Bewertungskriterien zur visuellen Beurteilung der

Faserdurchzeichnung

Bewertung Faserdurchzeichnung Beschreibung

Sehr Stark Faserdurchzeichnung sofort sichtbar

Stark Faserdurchzeichnung leicht erkennbar

Gering Faserdurchzeichnung nur bei genauer Betrachtung erkennbar

Sehr Gering Faserdurchzeichnung nur noch unter ganz bestimmtem Lichteinfall schwach erkennbar

Nicht erkennbar Keine Faserdurchzeichnung mehr sichtbar

Tabelle 13: Bewertung der Paint Attack Platten

Muster-platte

Füller Pinholes Faserdurch-zeichnung

Orange Peel Welligkeit

Sw/Lw

Delta-Preg ohne PIMC

Ohne

Mit

Sehr viele

Keine

Sehr Stark

Stark

Nicht sichtbar

10,90/4,33

3,97/0,81

HexPly M77 ohne PIMC

Ohne

Mit

Keine

Keine

Stark

Gering

Nicht sichtbar

Nicht sichtbar

12,13/2,57

4,53/0,99

HexPly M77 mit IMC 133

Ohne

Mit

Keine

Keine

Sehr Gering

Sehr Gering

Sehr gering

Sehr gering

8,87/1,17

4,96/0,80

HexPly M77 mit NB

Ohne

Mit

Keine

Keine

Nicht erkennbar

Nicht erkennbar

Leicht

Leicht

3,87/0,97

4,01/0,76

Um die Anwendungsbeständigkeit zu gewährleisten, wurden diese Musterplatten

ebenfalls dem Klimawechseltest unterzogen. Die entsprechenden Ergebnisse da-

zu sind in Kapitel 8.3 mit den Klimawechseltestergebnissen aus den anderen Ver-

suchsreihen gemeinsam diskutiert.

7 Bewertung der Ergebnisse 71

7 BEWERTUNG DER ERGEBNISSE

7.1 WaveScan Messungen

An den Musterplatten wurde die Oberflächenwelligkeit mittels WaveScan (Byk

Gardner) gemessen, um einen messbaren Parameter zur Oberflächenqualität zu

erhalten. Wie in Kapitel 2.4 beschrieben, liefert diese Messung normierte Werte,

welche eine Aussage über die Strukturiertheit der Oberfläche zulassen. Diese

Welligkeitswerte bilden häufig ein Qualitätskriterium für Class-A.

Zur Bestimmung der Welligkeitswerte wurden, sofern es die Musterplattengröße

zuließ, sieben Messungen über die Probenfläche verteilt durchgeführt und an-

schließend der Mittelwert daraus gebildet.

7.1.1 Welligkeitswerte und Faserdurchzeichnung

Grundsätzlich ist es möglich die Faserdurchzeichnung mittels WaveScan zu mes-

sen. Die Messung der Welligkeit erfordert aber eine hochglänzende Oberfläche.

Eine Einschränkung, die für die eigentliche Intention des Messgeräts zur Quali-

tätsbeurteilung von Lackverläufen unkritisch ist, da diese zumeist das nötige

Glanzlevel aufweisen. Bei den Musterplatten bedeutete das aber, dass die Muster

lackiert werden mussten, um messbar zu sein. Die WaveScan Vermessung misst

also nicht die Proben-, sondern die Lackoberfläche. Tritt nun eine Faserdurch-

zeichnung auf, so entsteht diese im CFK Substrat und zeichnet sich durch das

PIMC ab und wird visuell sichtbar. Bei lackierten Proben muss eine solche Faser-

durchzeichnung ebenso durch das BaseCoat durchtreten, um mit dem Auge er-

kennbar zu sein. Es kann aber sein, dass die Klarlackoberfläche dennoch, z.B.

durch polieren oder ausgleichende Eigenschaften, nur vernachlässigbare Wellig-

keitswerte aufweist. In diesem Fall wäre also eine Faserdurchzeichnung visuell

sichtbar, aber mittels WaveScan nicht detektierbar.

Andererseits ist aus den in 7.3 beschriebenen Topographiemessungen bekannt,

dass eine Faserdurchzeichnung, sofern sie an die Klarlackoberfläche durchzeich-

net, lediglich eine Amplitude von 2 µm bei einer gleichzeitigen (vom Gewebe ab-

hängigen) Wellenlänge von 2 mm besitzt. Diese Kombination könnte dazu führen,

7 Bewertung der Ergebnisse 72

dass die Auswirkungen der Störung gegebenenfalls zu gering sind um die Wellig-

keitswerte signifikant genug zu beeinflussen, um messbar zu sein.

Es kann daher gesagt werden, dass die WaveScan Messung zur Beurteilung der

Lackoberfläche in Bezug auf die Lackiergüte respektive den Orange Peel sehr gut

geeignet ist. Eine Faserdurchzeichnung kann theoretisch ebenfalls mittels Wa-

veScan gemessen werden, aber nur unter bestimmten Bedingungen. So muss

entweder eine Messung direkt auf der Substratoberfläche möglich sein, oder aber

die Amplitude der Abzeichnung der Faserstruktur muss gleich groß oder größer

dem Orange Peel sein. Im Allgemeinen kann dieses Verfahren daher nicht zur

sicheren Bestimmung bzw. objektiven Quantifizierung von Faserdurchzeichnung

herangezogen werden.

7.2 Visuelle Bewertung

Für die visuelle Bewertung wurden nur die gealterten Muster herangezogen, da

der Klimawechseltest keinen Einfluss auf die Pinholes hatte und alle anderen

Oberflächeneigenschaften nach der Klimaalterung für alle Systeme gleichermaßen

schlecht bis sehr schlecht waren.

Als Grundlage der Bewertung dienten die in den Tabelle 14 bis Tabelle 16 darge-

stellten Bewertungskriterien für Sichtbarkeit einer Faserdurchzeichnung, Orange

Peel und Abbildungsqualität bzw. DOI. Bei starker und sehr starker Faserdurch-

zeichnung ist eine gesonderte Beurteilung des Orange Peel sehr schwer, da die

sichtbare Struktur von zuerst genannter geprägt wird, wodurch eine Unterschei-

dung zwischen den beiden sehr schwer ist.

7 Bewertung der Ergebnisse 73

Tabelle 14: Bewertung der Faserdurchzeichnung

Tabelle 15: Bewertung des Orange Peel

Bewertung Orange Peel Beschreibung

Stark 5 Sehr starke Welligkeit

Mittel 4 Stärkere Welligkeit als Class-A

Leicht 3 Class-A vertikal, Standard Automobil Seitenblech

Sehr Gering 2 Sehr wenig Struktur, Class-A horizontal

Nicht sichtbar 1 Spiegelglatte Oberfläche, keine Une-benheiten erkennbar

Tabelle 16: Bewertung der DOI

Bewertung DOI Beschreibung

Sehr Schlecht 5 Spiegelbild nicht mehr erkennbar

Schlecht 4 Spiegelbild sehr unscharf

Mittel 3 Spiegelbild mit starken Verzerrungen

Gut 2 Spiegelbild mit leichten Verzerrungen

Sehr Gut 1 Ausgezeichnetes Spiegelbild

Zur visuellen Darstellung der Beurteilung wurden die in den Tabelle 14 bis Tabelle

16 beschriebenen Kriterien in das gezeigte Schulnotensystem transformiert.

Bewertung Faserdurchzeichnung Beschreibung

Sehr Stark 5 Faserdurchzeichnung sofort sichtbar

Stark 4 Faserdurchzeichnung leicht erkennbar

Gering 3 Faserdurchzeichnung nur bei genauer Betrachtung erkennbar

Sehr Gering 2 Faserdurchzeichnung nur noch unter ganz bestimmtem Lichteinfall schwach erkennbar

Nicht erkennbar 1 Keine Faserdurchzeichnung mehr sichtbar

7 Bewertung der Ergebnisse 74

Das heißt eine mit 1 ausgezeichnete Oberflächeneigenschaft ist sehr gut bzw.

Class-A Niveau oder besser. Eine sehr schlechte Qualität der Oberflächeneigen-

schaft wird mit 5 bewertet.

7.2.1 Visuelle Bewertung: Vergleich Materialien

Der in Abbildung 50 graphisch dargestellte Vergleich zwischen den Materialien

zeigt, wie wichtig das Grundmaterial für die Oberflächenqualität ist. Hat es eine zu

schlechte Oberflächenqualität, kann keine der Beschichtungen die Differenz zu

einem besseren Material schließen. Gleichzeig kann aber eine aufwendige Be-

schichtung auf einem schlechten Material ähnliche Ergebnisse bewirken wie eine

einfache Beschichtung auf dem besseren Grundmaterial. Die beste erreichbare

Oberflächenqualität wird mit dem Nachbeschichten auf HexPly oder dem Einsatz

von UD mit PIMC erzielt.

Abbildung 50: Visuelle Bewertung der Oberflächenqualität, nach

Material gegliedert

Im Gewebevergleich zeigt sich wie zuvor erwähnt, dass der negative Einfluss ei-

nes schlechteren Grundmaterials (Delta-Preg) mit keiner Beschichtung kompen-

siert werden kann. Es kann jedoch mittels Nachbeschichtung auf Delta-Preg ein

0.00

1.00

2.00

3.00

4.00

5.00

Visuelle Bewertung

Faserdurchzeichnung Orange Peel DOI Pin Holes

7 Bewertung der Ergebnisse 75

zu einem 1-Schicht beschichteten HexPly vergleichbares Ergebnis erreicht wer-

den.

7.2.2 Visuelle Bewertung: Vergleich Systeme

Der Systemvergleich in Abbildung 51 der visuellen Bewertung zeigt besonders gut

die Fähigkeit des PIMC Pinholes zu verhindern. Während alle Materialien ohne

PIMC viele bis sehr viele Pinholes aufweisen, bewirken alle PIMC Systeme vom

Untergrund unabhängig eine pinholefreie Oberfläche. In Bezug auf die Faser-

durchzeichnung kann gesehen werden, dass alle PIMC Beschichtungsarten zu

einer Reduktion führen, wobei das Nachbeschichtungssystem hier die größte Ver-

besserung bewirkt. Die 2-Schichtsysteme besitzen gegenüber den 1-

Schichtsystemen in der visuellen Beurteilung keine Vorteile, ihre Stärke sollte aber

in der Klimawechselbeständigkeit liegen. Es war, wie bereits gesagt, das Ziel mit

Hilfe der Zwischenschicht die sichtbare Deckschicht vom Substrat und einer damit

einhergehenden Faserdurchzeichnung zu entkoppeln.

Abbildung 51: Visuelle Bewertung der Oberflächenqualität, nach

PIMC System gegliedert

0.00

1.00

2.00

3.00

4.00

5.00

Visuelle Bewertung

Faserdurchzeichnung Orange Peel DOI Pin Holes

7 Bewertung der Ergebnisse 76

Im Klimawechseltest nach PV 1200 konnte aber, wie in Kapitel 8.3 beschrieben,

kein System auf Grund der hydrothermischen Alterung bestehen. Bei allen Mus-

tern trat durch diese Belastung die Faserdurchzeichnung hervor. Eine Evaluierung

aller entwickelten Systeme nach Prüfvorschrift PV 2005 dagegen konnte während

dieser Arbeit nicht mehr durchgeführt werden.

In den dargestellten Versuchsergebnissen zeigt sich, dass die beschichteten Plat-

ten alle einen stärkeren Orange Peel aufweisen als die Materialreferenzen. Man

könnte daraus schließen, dass dies am PIMC liegt, was aber nur zum Teil richtig

wäre, da ein hoher Orange Peel seinen Ursprung normalerweise in Verlaufsstö-

rungen des Klarlackes hat. Das heißt, die eigentliche Ursache liegt in einem zum

PIMC Untergrund nicht passenden Klarlack. Auf den von Paint Attack lackierten

PIMC Proben hingegen ist kein Orange Peel mehr vorhanden. Ein eindeutiger

Nachweis, dass die schlechten Werte bei den hier gezeigten Proben auf den bei

der Lackierung verwendeten ungeeigneten Klarlack bzw. dessen Applikation zu-

rück geführt werden können.

7 Bewertung der Ergebnisse 77

7.3 Oberflächenbilder und 3D Topographie

7.3.1 Experimentelles

Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Fokusvariationsmessungen entstan-

den sowohl bei Alicona selbst als auch bei einem Messdienstleister. Dabei wurden

sowohl das Alicona InfiniteFocus Standard Gerät als auch das Alicona InifiteFocus

SL Gerät verwendet. Die gezeigten Bilder stammen aus den Messungen beim

Messdienstleister, wo das InfiniteFocus Standard Gerät, welches in Abbildung 11

zu sehen ist, benutzt wurde. Die beiden Geräte unterscheiden sich etwas in der

Größe des Messausschnittes und der möglichen Vergrößerung. Die Messmethode

ist allerdings ident. Zur Aufnahme der 3D Datensätze und zu deren Auswertung

wurde die Alicona InfiniteFocus Software IFM Version 3.5.1.5 verwendet.

Die Aufnahmen zur Darstellung des Oberflächenunterschiedes zwischen der po-

lierten und unpolierten Lackoberfläche vor und nach dem PV 2005 Klimawechsel-

test wurden mit 5x Vergrößerung erstellt. Die so entstandenen Einzelbilder haben

eine vertikale Auflösung von 2,5 µm und eine laterale Auflösung von 5,6 µm, bei

einer Bildgröße von 1624 x 1232 Bildpunkten. Da der Klarlack selbst nicht mess-

bar gewesen wäre, wurden Abgüsse der Oberfläche erstellt und diese vermessen.

In der Software wurde dies durch die Anwendung des Modus zur Replikamessung

berücksichtigt. Dieser bewirkt eine automatische Umkehrung der Höheninformati-

on, sodass die erzeugten Profile der Richtung der Originaloberfläche entsprechen.

Um die Verlaufsunterschiede zwischen den IMC-Varianten zu untersuchen, wurde

für die Strukturbilder ebenfalls eine 5x Vergrößerung gewählt. Allerdings war die

Messung mit einer vertikalen Auflösung von 400 nm feiner in der Auflösung. Die

laterale Auflösung betrug dabei 5 µm. Die Bilder waren ebenfalls Einzelaufnahmen

mit einer Größe von 1624 x 1232 Bildpunkten.

Bei den Versuchen die Faserdurchzeichnung in der Messung sichtbar zu machen

kam eine Vielzahl verschiedener Einstellungen zum Einsatz. Um allerdings der

Größe der Störung Rechnung zu tragen, wurden immer mehrere Einzelaufnahmen

automatisch zu einem größeren Bild zusammengesetzt. Diese Funktion ermöglicht

es nahezu beliebig große Messaufnahmen zu erzeugen. Da die Faserdurchzeich-

nung auf Grund der Gewebestruktur eine Wellenlänge von ca. 2,5 mm besitzt,

7 Bewertung der Ergebnisse 78

wurden Messauschnitte zwischen 1,2 und 2,4 cm Breite und mindestens ebensol-

cher Länge gewählt. Damit sollte eine ausreichende Anzahl an Wiederholungen

der Faserdurchzeichnung im Messfeld erreichbar sein.

7.3.2 Messbarkeit der Faserdurchzeichnung

Zwar konnten die Oberflächenstruktur und Rauheit der PIMC Oberflächen gut ge-

sehen und gemessen werden, die Faserdurchzeichnung blieb jedoch im Allgemei-

nen verborgen. Mit freiem Auge war sie sowohl auf den Proben als auch auf ei-

nem Replikaabguss der Oberfläche sichtbar, bei der 3D Messung gelang es aller-

dings nicht diese zufriedenstellend zu messen. Bei den Versuchen wurde meis-

tens eine vertikale Auflösung von 500 nm verwendeten, für einen Versuch wurde

aber auch eine 300 nm Auflösung gewählt. In diesen Versuchen wurde die Faser-

durchzeichnung jedoch nicht sichtbar.

Es gelang allerdings dennoch bei einer Messung des Oberflächenabgusses einer

Probe etwas darzustellen, was als Faserdurchzeichnung interpretiert werden

kann. Das 3D Oberflächenbild dieser Messung ist in Abbildung 52 dargestellt. Die-

ses besitzt eine vertikale Auflösung von 1,2 µm und ist aus 14 x 5 Messfeldern

zusammengefügt. Die Markierung umfasst jenen Bereich, an dem das Faserweb-

muster erkennbar ist. Einschränkend ist dabei, dass das Muster jedoch nicht auf

der gesamten Messfläche, sondern nur in dem sehr begrenzten Bereich sichtbar

ist. Daher kann zu diesem Zeitpunkt nicht von einer reproduzierbaren Messbarkeit

der Faserdurchzeichnung gesprochen werden.

Dieses Ergebnis ist unbefriedigend, vor allem da es am IVW Kaiserslautern [10]

gelungen war, mittels Laserprofilometrie die Fasermuster an 12k Geweben sehr

gut sichtbar und messbar zu machen. Man sollte daher in Kooperation mit der

Entwicklungsabteilung von Alicona versuchen die Faserdurchzeichnung mit ge-

eigneten Messparametern und einer guten Auswertemethodik detektierbar zu ma-

chen. Da die Abzeichnung visuell sichtbar ist, wäre anzunehmen, dass diese auch

optisch messbar sei. Vor allem in Hinblick darauf, dass die Faserdurchzeichnung

bereits mit anderen Profilometriemethoden gemessen werden konnte.

7 Bewertung der Ergebnisse 79

Abbildung 52: a) 3D Oberflächenaufnahme mit möglicher Faser-

durchzeichnung, b) Pfad der Profilaufnahme in Ab-

bildung 53

Wertet man die Oberflächeninformation entlang der, der Faserstruktur folgenden,

Pfadlinie in Abbildung 52 b) aus, erhält man das in Abbildung 53 dargestellte Pro-

fil. Die darin sichtbare Regelmäßigkeit passt sowohl auf Grund ihrer Wellenlänge

als auch ihrer Amplitude sehr gut zu einer Faserdurchzeichnung. Trotzdem bleibt

fraglich warum, das globale Phänomen Faserdurchzeichnung nur auf einem so

begrenzten Raum der Messung sichtbar ist und in anderen Messungen gar nicht

gefunden werden konnte. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse über die Wellen-

a)

b)

7 Bewertung der Ergebnisse 80

länge und Amplitude der Störung können jedoch in Zukunft bei der Suche nach

geeigneten Messparametern hilfreich sein.

Abbildung 53: Profilaufnahme entlang der Pfadlinie in Abbildung

52 b)

Eine Schwierigkeit zeigt sich, wenn man die Amplitude der Faserdurchzeichnung

betrachtet. Diese beträgt lediglich 2 bis 3 µm bei einer Wellenlänge der Störung

von 2 mm. Vergleicht man diese Werte nun mit den Rauheitswerten lackierter

Probenoberflächen aus Abbildung 59, so sieht man, dass ein Sq=2,5 µm kein

Problem für die Oberflächenqualität darstellt. Eine regelmäßige Störung mit glei-

cher oder geringerer Ausprägung fällt hingegen visuell stark auf und wird vom

menschlichen Auge als störend wahrgenommen.

Für weitere Messungen wird zu klären sein, ob auf dem unlackierten PIMC ge-

messen werden soll oder, wie in Abbildung 52, die Lackoberfläche mittels Replika.

Die erste Variante hat den Nachteil, dass die PIMC Eigenstruktur die geringe

Amplitude der Faserdurchzeichnung leicht überlagern und verdecken kann, da das

PIMC selbst eine Rauheit von Sa=4,9 µm aufweist. Die Faserdurchzeichnung

würde bei einer solchen Messung lediglich ein langwelliges Hintergrundsignal in

den deutlich stärker ausgeprägten Oberflächenrauheitswerten darstellen.

8 Klimawechseltest 81

8 KLIMAWECHSELTEST

Klimawechseltests dienen in der Automobilindustrie dazu die Belastung durch

Temperatur und Feuchtigkeit zu simulieren. Mit Ihrer Hilfe soll die Alterung für Au-

tomobilteile über Jahre in wenigen Tagen nachgestellt werden. Es gibt eine Viel-

zahl an Testvarianten. Neben den DIN, ISO und ASTM Normen hat jeder große

Automobilhersteller eine oder mehrere eigene Prüfvorschriften. Es lässt sich nicht

sagen, welcher Klimawechseltest die Realität am Besten trifft. Im Rahmen dieser

Arbeit wurden daher zwei Varianten (PV 2005 und PV 1200) des Klimawechsel-

tests nach den Vorgaben von VW (Volkswagen AG, Wolfsburg, Deutschland) aus-

gewählt.

8.1 Grundlagen

Auf Grund der Beschreibungen der Tests wurden das 2 Schichtsystem und das

Nachbeschichtungsverfahren vorab nach PV 2005 geprüft. Bei den Musterplatten

am Ende der Versuche lagen Informationen vor, wonach VW den PV 1200 favori-

sieren würde, weshalb zu diesem Test gewechselt wurde. Nach der Prüfnormbe-

schreibung dient der PV 1200 allerdings zur Prüfung von Fahrzeugteilen des Mo-

torraums, während der PV 2005 das Verhalten von Verbundbauteilen bei Klima-

wechselbeanspruchung simulieren soll. Somit wäre der PV 2005 also besser ge-

eignet. Im Nachfolgenden sind die Temperatur und Feuchtigkeitsverläufe beider

Prüfnormen dargestellt. Bei dem in Abbildung 54 aufgetragenen PV 2005 beginnt

der Wechselzyklus mit 23°C und 30% rel. Luftfeuchte gefolgt von einer Tieftempe-

raturphase bei -38°C. Nach dieser schließt sich ein Abschnitt mit einer Temperatur

von 50°C und 80% rel. Luftfeuchte an. Während des letzten Teils eines Zyklus

wird die maximale Temperatur von 80°C erreicht. Im Unterschied dazu ist in Abbil-

dung 55 der Klimawechseltest nach PV 1200 dargestellt. Bei diesem beginnt ein

Prüfdurchlauf mit den maximalen 80°C und gleichzeitigen 80% rel. Luftfeuchte. Im

Anschluss daran folgt die Tieftemperaturphase bei -38°C. Bei beiden Testnormen

dauert ein kompletter Zyklus 12 h. Es wurden je 20 solcher Zyklen abgeprüft.

8 Klimawechseltest 82

Abbildung 54: Klimawechseltest nach PV 2005

Abbildung 55: Klimawechseltest nach PV 1200

-40

-20

0

20

40

60

80

100

0 60 120 180 240 300 360 420 480 540 600 660 720

Tem

pe

ratu

r [°

C]

/ re

l. F

eu

chte

[%

]

Zeit [min]

Klimawechseltest nach PV 2005

Temperatur

rel. Feuchte

-40

-20

0

20

40

60

80

100

0 60 120 180 240 300 360 420 480 540 600 660 720

Tem

pe

ratu

r [°

C]

/ re

l. F

eu

chte

[%

]

Zeit [min]

Klimawechseltest nach PV 1200

Temperatur

rel. Feuchte

8 Klimawechseltest 83

Durchgeführt wurden die Klimawechseltests mit einem Klimaschrank vom Typ

Binder MKF 240 (Binder GmbH, Tuttlingen, Deutschland) wie er in Abbildung 56

abgebildet ist.

Abbildung 56: Binder Klimaschrank MKF 240

8.2 Ergebnisse Klimatest PV 2005

Bei den Versuchplatten welche den PV 2005 durchliefen, zeigte sich auch nach

dem Klimawechseltest keine Faserdurchzeichnung. Zwar war eine Abnahme im

Glanz und in der DOI feststellbar, jedoch konnten durch polieren der Oberfläche

diese wieder hergestellt werden. Eine dieser Platten zeigte, nachdem sie nach

Abschluss des Klimawechseltests poliert wurde, eine nahezu fehlerfreie Oberflä-

che. Da es sich bei diesen Versuchen allerdings um Vorversuche handelte, besa-

ßen diese Platten nicht die später festgelegte Standardlackierung aus Kapitel 6.2

sondern lediglich eine dünne Klarlackschicht. Die im Anschluss gezeigten Ergeb-

nisse stammen von einer Musterplatte, welche mit einem 2 Schichtsystem im

Nachbeschichtungsverfahren hergestellt wurde. Da die Klimawechselprüfung nach

PV 2005 mitten im Verlauf der Arbeit nur einer kurzen Überprüfung des Nachbe-

schichtungsverfahrens dienen sollte, wurden bei dieser Prüfung keine weiteren

Proben mit untersucht. Es liegen daher zum aktuellen Zeitpunkt keine Ergebnisse

zur PV 2005 Beständigkeit der normalen 1 oder 2 Schichtverfahren vor.

8 Klimawechseltest 84

8.2.1 Welligkeitsmessung

Überraschenderweise nahm die gemessene Oberflächenwelligkeit mit dem Kli-

mawechseltest ab. Es kann an dieser Stelle keine Erklärung dafür gegeben wer-

den. Der Vergleich zwischen der Probe vor und nach dem Klimawechseltest ist in

Abbildung 57 dargestellt. Neben den Welligkeitswerten ohne Nachbearbeitung ist

in der Grafik ebenfalls der Einfluss des Polierens der Oberfläche auf die Welligkeit

abgebildet. Dies wurde für die gealterte Probe nach dem Klimawechseltest durch-

geführt. Es muss weiteren Versuchen überlassen werden, in wie weit ein Polieren

vor dem Klimawechseltest die Ergebnisse nach der Alterung beeinflusst. Es ist

hier anzumerken, dass die Politur nicht von einer geschulten Fachkraft durchge-

führt wurde. Ansonsten würde vermutlich ein noch besseres Ergebnis erzielt.

Dennoch kann gesagt werden, dass die gealterte Oberfläche nach dem Aufberei-

ten sowohl visuell als auch nach Welligkeitswerten den Class-A Anforderungen

entsprach. Ohne Polieren zeigten die Muster vor und nach dem Klimawechseltest

einen zu großen Orange Peel, was aber auch auf eine schlechte Lackierarbeit zu-

rückgeführt werden kann.

Abbildung 57: Welligkeitswerte vor und nach PV 2005 und Polieren

8.2.2 Veränderung der PIMC Oberfläche

Bei der Betrachtung der PIMC Oberfläche unter einem Mikroskop konnten Verän-

derungen durch die Klimawechselbelastung festgestellt werden. Das gezeigte

0.00

5.00

10.00

15.00

20.00

25.00

30.00

35.00

40.00

45.00

S L

Welligkeit Mittelwert

Class-A

ohne KWT

ohne KWT Poliert

nach KWT

nach KWT Poliert

8 Klimawechseltest 85

PIMC hat, wie in Abbildung 58 a) zu sehen, von Beginn an Störungen. Diese sind

vermutlich Lufteinschlüsse welche eine Porosität der Oberfläche bewirken. Diese

werden hervorgerufen durch Luft welche beim Pulverauftrag nicht rasch genug

von der heißen Werkzeugoberfläche entweichen kann. Durch den sich bildenden

Film wird diese in PIMC eingeschlossen. Im Klimawechseltest wird die bereits be-

stehende Porosität deutlich verstärkt. Abbildung 58 b) zeigt die so gealterte Ober-

fläche. Eine Lackierung vermag das PIMC vor dem Einfluss der Feuchtigkeit zu

schützen. Dadurch weist die in Abbildung 58 c) gezeigte Probe keine bzw. nur

stark reduzierte Alterung auf.

Abbildung 58: Detailaufnahme der PIMC Oberfläche a) unlackiert

vor KWT, b) unlackiert nach KWT, c) lackiert nach

KWT

Aus dieser Erkenntnis lässt sich ableiten, dass die PIMC Oberfläche durch Lackie-

rung oder eine weitere beständige und schützende PIMC Schicht vor Umweltein-

flüssen, insbesondere Feuchtigkeit, geschützt werden kann und muss. Ansonsten

führt der Abbau zu einem Qualitätsverlust.

8.2.3 Veränderung im Oberflächenprofil, optische Änderung

Die Auswirkung der Alterung im PV 2005 Klimawechseltest in Bezug auf die Ober-

flächenrauheit ist gegenläufig zur in 8.2.1 gefundenen Abnahme der Welligkeit.

Durch die Alterung erhöhte sich die Rauigkeit geringfügig. Diese über Abguss der

b) c) a)

8 Klimawechseltest 86

Oberfläche gemessene Rauheit der Lackoberfläche kann aber nicht als Class-A

Indikator herangezogen werden, weil die vor dem Klimawechseltest visuell glän-

zenden Oberfläche mit einer sehr guten DOI, danach matt war und eine schlechte

DOI hatte.

Würde man dies rein auf die gemessene Zunahme der Oberflächenrauheit zurück-

führen, wäre dies aber voreilig. Durch Polieren der gealterten Oberfläche wurden

zwar die Rauheitswerte erhöht, die visuellen Qualitäten Glanz und DOI entspra-

chen danach jedoch wieder Class-A. Die 3D Topographieaufnahmen der dazuge-

hörenden Oberflächen sind in den folgenden Abbildung 59, Abbildung 60

undAbbildung 61 dargestellt. Wie in Abbildung 61 zu sehen sind nach der Alterung

und dem anschließendem Aufpolieren zwar die ausgeprägteste Struktur und die

höchsten Flächenrauheitswerte vorhanden, gleichzeitig sind die Welligkeitswerte

jedoch am Niedrigsten und die Oberfläche ist visuell einer ungealterten und polier-

ten Probe gleichwertig. Jene Störungen der Lackoberfläche, welche die schlechte

visuelle Qualität der in Abbildung 60 gezeigten Probe verursachen, werden dem-

nach in den Rauheitswerten nicht repräsentativ abgebildet. Dies könnte an der

eingesetzten Abgussmasse bzw. einer zu geringen Messauflösung liegen, was in

zukünftigen Versuchen geklärt werden sollte.

ohne KWT

Sa=2,43 µm

Sq=3,39 µm

Lw=20,40

Sw=39,74

Abbildung 59: 3D Oberflächentopographie ohne KWT PV 2005

8 Klimawechseltest 87

nach KWT

Sa=2,64 µm

Sq=3,56 µm

Lw=17,80

Sw=18,68

Abbildung 60: 3D Oberflächentopographie nach KWT PV 2005

nach KWT poliert

Sa=3,57 µm

Sq=4,69 µm

Lw=3,86

Sw=15,28

Abbildung 61: 3D Oberflächentopographie nach KWT PV 2005 und

polieren

Eine Faserdurchzeichnung konnte auch nach dem Klimawechseltest nicht gefun-

den werden, aber auf Grund des grauen Untergrundes (keine schwarze Lackie-

rung der Probe) kann sie nicht vollständig ausgeschlossen werden. Die Sichtbar-

keit von Störungen ist stark von Farbe und Struktur der Lackierung abhängig. Da-

her ist es möglich, dass eine einwandfrei wirkende Oberfläche bei anders färbiger

Lackierung eine zuvor unsichtbare Faserdurchzeichnung zeigt.

8 Klimawechseltest 88

8.3 Ergebnisse Klimatest PV 1200

Auf allen Musterplatten war nach 20 Zyklen im PV 1200 eine starke Faserdurch-

zeichnung sichtbar. Auch auf Platten, die nach demselben Verfahren hergestellt

wurden, wie jene die den PV 2005 ohne Qualitätsverlust überstanden hatten. Es

zeigte sich auch, dass ein Füller, wie er auf den Musterplatten von Paint Attack

aufgebracht war, ebenfalls nicht in der Lage ist die Durchzeichnung der Gewebe-

struktur durch den Klimawechseltest zu verhindern.

Die in diesem Kapitel diskutierten Welligkeitsergebnisse beziehen sich auf die

Musterplatten welche bei Lankwitzer lackiert wurden. Der Einfluss der Lackierung

sollte daher aufgrund des in 6.2 beschriebenen Lackierroboters für alle vergleich-

bar sein. Es muss aber auf die nicht optimale Qualität der Lackierung hingewiesen

werden. Die erreichte Oberflächengüte liegt deutlich unter den Ergebnissen der

Paint Attack Muster und entsprechend ebenso unter einem Automobil-Standard.

Das bedeutet dass die Messwerte der Oberflächenwelligkeit nicht dem entspre-

chen was mit einer qualitativ geeigneten Lackierung möglich wäre. Daher darf das

Erreichen der Class-A Kriterien, in den Diagrammen als rote Linie dargestellt, für

das PIMC Verfahren im Allgemeinen nicht anhand dieser Messwerte beurteilt wer-

den.

Ein Vergleich zwischen den Materialien und Beschichtungssystemen bleibt aber

zulässig. Ebenso valid sind die in den Messungen zu sehenden Auswirkungen des

Klimawechseltests auf die Oberflächengüte. Die starke Zunahme der Oberflä-

chenwelligkeit spiegelt gut den visuell sichtbaren Qualitiätsverlust wieder.

Die dargestellten Welligkeitsmesswerte sind Mittelwerte aus sieben WaveScan-

Messungen je Musterplatte. Die gezeigten Fehlerindikatoren stellen die Standard-

abweichungen daraus dar.

8.3.1 Oberflächenwelligkeit: Vergleich Materialien

Im Vergleich der Welligkeitswerte, gemessen vor und nach dem PV 1200 Klima-

wechseltest, ist zu erkennen, dass sowohl die Werte für Sw, Abbildung 62, als

auch Lw, Abbildung 63, stark zunehmen. Die Zunahme für die Langwelligkeit fällt

allerdings prozentuell deutlich stärker aus als für die Kurzwelligkeit. Ebenso ist zu

sehen, dass das PIMC die Zunahme der Welligkeit abschwächt.

8 Klimawechseltest 89

Abbildung 62: Kurzwelligkeit Sw, nach Material gegliedert

Abbildung 63: Langwelligkeit Lw, nach Material gegliedert

Besonders gut gelingt dies bei den UD-Platten. Ohne PIMC verdoppeln sich die

Werte und liegen nach dem Klimawechseltest weit über den Class-A Limits. Mit

0.00

10.00

20.00

30.00

40.00

50.00

60.00

70.00

80.00

Kurzwelligkeit Sw

Kurzwelligkeit Sw Kurzwelligkeit Sw nach KWT

0.00

10.00

20.00

30.00

40.00

50.00

60.00

70.00

80.00

Langwelligkeit Lw

Kurzwelligkeit Lw Kurzwelligkeit Lw nach KWT

8 Klimawechseltest 90

Beschichtung hingegen fällt die Qualität deutlich geringer ab und die Messwerte

liegen um vieles näher an Class-A.

8.3.2 Oberflächenwelligkeit: Vergleich Systeme

Aus dem Systemvergleich in Abbildung 64 und Abbildung 65 können folgende

Schlüsse gezogen werden. Während HexPly Gewebe und UD ohne PIMC die

Class-A Welligkeitskriterien erfüllen, ist das Delta-Preg Gewebe auf Zusatzmaß-

nahmen angewiesen. Bei der Betrachtung der Beschichtungsvarianten fällt auf,

dass die 2S-Systeme in diesen Ergebnissen keine Verbesserung gegenüber den

1S-Verfahren bieten. Lediglich die Nachbeschichtung kann bei der Kurzwelligkeit

Vorteile zeigen. Bei der Langwelligkeit ist dies jedoch nicht der Fall.

Abbildung 64: Kurzwelligkeit Sw, nach PIMC System gegliedert

0.00

10.00

20.00

30.00

40.00

50.00

60.00

70.00

80.00

Kurzwelligkeit Sw

Kurzwelligkeit Sw Kurzwelligkeit Sw nach KWT

8 Klimawechseltest 91

Abbildung 65: Langwelligkeit Lw, nach PIMC System gegliedert

In Bezug auf Class-A ist aber nochmals darauf hinzuweisen, dass die Welligkeits-

messwerte mit Vorsicht zu betrachten sind, da die ursprünglich schlechte Lackier-

qualität hierfür ein Hindernis darstellt.

8.3.3 Veränderung der PIMC Oberfläche

Ähnlich dem PV 2005 führt auch die Alterung im PV 1200 zu einer Veränderung

der PIMC Oberfläche mit jedoch anderen Auswirkungen. Wie die Profilometrieauf-

nahmen zeigen, nimmt in diesem Fall die Rauheit durch den Klimawechseltest zu,

auch wenn die Struktur in den Bildern an sich glatter wirkt. Die Rauheitswerte aus

den in Abbildung 66 und Abbildung 67 gezeigten Profilaufnahmen sind in Tabelle

17 zusammengefasst.

Tabelle 17: Rauheitswerte vor und nach dem Klimawechseltest

0.00

10.00

20.00

30.00

40.00

50.00

60.00

70.00

80.00

Langwelligkeit Lw

Kurzwelligkeit Lw Kurzwelligkeit Lw nach KWT

Rauheitswert vor dem KWT nach dem KWT

Ra 4,27 µm 5,81 µm

Rq 5,47 µm 7,61 µm

Rz 27,07 µm 41,35 µm

8 Klimawechseltest 92

Die gezeigten Rauheitsmessungen wurden auf unlackierten PIMC Stellen mittels

Alicona Fokusvariationsmikroskopie durchgeführt.

Abbildung 66: Rauheitsprofil vor dem Klimawechseltest

Abbildung 67: Rauheitsprofil nach dem Klimawechseltest

Für zukünftige Pulverentwicklungen wäre es interessant die Ursache ebenso wie

die genaue Art der Veränderung festzustellen. Einen Ansatz zur Lösung dieser

8 Klimawechseltest 93

Frage bietet im Folgenden das Kapitel 8.3.4 welches den chemischen Abbau von

Epoxidsystemen auf Grund von Alterung unter Feuchtigkeit und erhöhter Tempe-

ratur beschreibt.

8.3.4 Hydrothermische Alterung

Die Frage, weshalb nach einem der Klimawechseltests Faserdurchzeichnung auf-

tritt und nach dem anderen nicht, lässt sich bei genauem Blick auf den Prüfablauf

klären. Während beim PV 2005 Temperatur und Feuchtigkeit getrennt voneinan-

der auftreten, kommen diese beiden Faktoren beim PV 1200 zusammen. Das

gleichzeitige Einwirken von erhöhter Temperatur und Feuchtigkeit bewirkt nach [7]

und [47] eine hydrothermische Alterung.

Bei diesem Vorgang treten mehrere Effekte im Epoxidharz auf. Durch Hydrolyse

kommt es zu einem Abbau in der Epoxidharzvernetzung. Dadurch sinkt der Tg des

Epoxids mit der Dauer der Alterung. Allerdings nur bis zu einem gewissen Wert,

da bei dem in [7] untersuchten Epoxidtyp, nur eine der drei auftretenden Vernet-

zungstypen von der Hydrolyse betroffen ist. Diese Abbaureaktion ist in Abbildung

68 dargestellt. Es kommt somit nur zu einem teilweisen Abbau des Vernetzungs-

gerüsts. Der betroffene Bindungstyp findet sich auch in den verwendeten PIMC

Systemen und vermutlich auch in den Prepreg Harzen. Mit dem Abbau einherge-

hend tritt eine irreversible Wasseraufnahme von ca. 1% mit Volumenzunahme auf.

Bei anschließender Trocknung stellt sich mit jedem Feuchte-Trocknungszyklus ein

Masseverlust des Epoxids ein. [7], [47], [48]

Abbildung 68: Hydrolyse der Imino-Ether-Epoxidvernetzung [7]

Diese chemische Alterung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Grund für das Er-

scheinen der Faserdurchzeichnung nach dem Klimawechseltest.

9 Verzug durch PIMC 94

9 VERZUG DURCH PIMC

Die mit drei Lagen sehr dünnen Carbonplatten besitzen nur eine geringe Steifig-

keit und entwickeln daher beim Aufbringen des PIMC eine Krümmung bzw. Wöl-

bung. Der Verzug entsteht durch die resultierende Asymmetrie, da die Beschich-

tung einen anderen thermischen Ausdehnungskoeffizienten besitzt als das Sub-

strat. Beim Abkühlen des Verbundes auf Raumtemperatur schwindet diese Lage

anders als der Untergrund wodurch Eigenspannungen im System entstehen, wel-

che die Platten abhängig von ihrer Steifigkeit und ihrem Faserrichtungsaufbau

krümmen. Ein derartiger Verzug entsteht sowohl durch das einseitige Auftragen

von PIMC als auch durch das Einbringen von Oberflächenvliesen oder GelCoats.

9.1 Grundlagen

Der Laminataufbau der Musterplatten wurde so gewählt, dass die Platten ohne

Beschichtung keinen Verzug zeigen. Dazu wurden mit Ansys V14 ACP (Ansys

Inc., Canonsburg, Pennsylvania, USA) die Kopplungsmatrizes nach der klassi-

schen Laminattheorie für verschiedene Aufbauten berechnet und jene Lagenauf-

bauten gewählt welche die geringsten Kopplungen besitzen. Wobei eine Variation

der Lagenanzahl auf Grund der Randbedingungen nur als geringfügig sinnvoll er-

achtet wurde. Kosten- und Gewichtsgründe beschränken den Aufbau auf maximal

4 Lagen bei der Verwendung von Gewebehalbzeugen. Dieses Vorgehen führt

nach der Literatur zu möglichst verzugsfreien Bauteilen, was sich bei diesen Ver-

suchen bestätigt hat. [38]

Die dieser Auslegung zugrunde liegende klassische Laminattheorie wird mit dem

in Gleichung (1) beschriebenen Elastizitätsgesetz für das kombinierte Scheiben-

Plattenelement dargestellt. Auf der linken Seite der Gleichung stehen die

Schnittkraftfflüsse und die Schnittmomentenflüsse , die Verzerrungen

und Wölbungen des Verbundes auf der rechten Seite der Gleichung sind mit

der linken Seite über die Steifigkeitsmatrix verbunden. Die Steifigkeitsmatrix be-

steht aus dem Scheibenquadrant A, dem Kopplungsquadrant B und dem Platten-

quadrant D. Diese werden auch als Scheiben-Steifigkeitsmatrix A, Koppel-

Steifigkeitsmatrix B und Platten-Steifigkeitsmatrix D bezeichnet. [38]

9 Verzug durch PIMC 95

Ausgeschrieben stellt sich das Elastizitätsgesetz wie in Gleichung (2) gezeigt dar.

(2)

In Abbildung 69 sind die Steifigkeitsmatrizes für die verwendeten Laminataufbau-

ten dargestellt. Sie wurden mittels Ansys V14 ACP bestimmt. Sowohl beim 3-

Lagen Gewebeaufbau als auch dem 6-Lagen UD-Aufbau ist zu sehen, dass die

Kopplungsmatrix nur mit Nullen besetzt ist, was das Ziel war.

Abbildung 69: Steifigkeitsmatrizes für Gewebe und UD –Aufbau

Durch das einseitige Aufbringen des In-Mould Coatings wird das Gleichgewicht

des Verbundes gestört. Die zusätzliche Schicht bedeutet, dass der zuvor symmet-

rische Aufbau unsymmetrisch wird und sich dadurch Kopplungen ausbilden. Beim

Abkühlen bewirkt nun der höhere Wärmeausdehnungskoeffizient (WAK) des PIMC

einen Verzug der Platten. Dieser zeigt sich abhängig vom Aufbau der Platten in

(1)

9 Verzug durch PIMC 96

unterschiedlich gearteter Wölbung bzw. Krümmung. Die Ausprägung hängt von

der Dicke des PIMC und der Biegesteifigkeit der Platte ab.

Der resultierende Verzug der fertigen Musterplatten ist aus zweierlei Hinsicht stö-

rend. Er erschwert die Auslegung und Konstruktion eines Bauteils mit PIMC, da

die Werkzeuggeometrie ungleich der Bauteilgeometrie sein muss. An den Muster-

platten beeinflusst er darüber hinaus das Erscheinungsbild negativ, da die wahr-

genommene Qualität von der Art der Krümmung abhängig ist. Dieselbe Oberflä-

che wirkt bei konkaver Krümmung trüber und matter, hat also eine geringere DOI

als eine konvex gekrümmte. Ebenso verhält sich die Sichtbarkeit der Faserdurch-

zeichnung. Auch sie ist krümmungsabhängig und auf konkaven Flächen stärker

erkennbar als auf konvexen. Aus diesen Gründen ist es nützlich den Verzug durch

das PIMC zu kennen und simulieren zu können. Das Ziel ist es, geeignete Ge-

genmaßnahmen für eine Kompensation zu finden.

Für die Betrachtung der Musterplatten bietet es sich im Vorfeld an diese in einem

Rahmen derart einzuspannen, dass eine konkave Krümmung vollständig und eine

konvexe größtenteils verhindert wird. Hierzu eignet sich der Bilderrahmen vom

Typ Strömby von IKEA (IKEA Möbelvertrieb OHG, Vösendorf, Österreich). Die

Glasscheibe wurde herausgetrennt um Reflexionen zu vermeiden. Wird sie zwi-

schen dem Muster und dem Rückteil des Rahmens wieder eingelegt, versteift sie

wirkungsvoll die Konstruktion. Auf diese Weise werden die Platten plangepresst

und lassen sich besser begutachten. Zusätzlich erhöht der Rahmen den Präsenta-

tionswert der Musterplatten erheblich und verdeckt die Plattenart. Somit kann eine

Stahl- oder Aluminiumvergleichsprobe mit den Carbonplatten präsentiert werden

ohne als solche erkennbar zu sein.

9.2 Bestimmung des Schwindungskoeffizienten des

PIMC

Um den Verzug der mit PIMC beschichteten Musterplatten vorhersagen zu kön-

nen, ist es notwendig die Schwindung des PIMC zu kennen. Während des Pro-

zesses kommt es dabei sowohl zu einer chemischen, für vernetzende Systeme

typischen, Reaktionsschwindung als auch zu einer thermischen Schwindung bei

der Abkühlung von der Prozesstemperatur auf Raumtemperatur. Der Parameter

9 Verzug durch PIMC 97

der gesamten Schwindung soll im Weiteren als Schwindungskoeffizient bezeich-

net werden. Als einfache Maßnahme zu seiner Bestimmung wurde ein Stahllineal

auf das auf 130°C temperierte Werkzeug aufgelegt. Nachdem das Lineal ebenfalls

die Temperatur erreicht hatte wurde das PIMC gleichermaßen auf beide zugleich

aufgebracht und für 5 Minuten ausgehärtet. Der Beschichtungsfilm, welcher das

Lineal vollständig abformte, wurde vorsichtig entnommen und vom Stahllineal ge-

trennt abgekühlt. Nachdem beide vollständig erkaltet waren, wurde die nun ent-

standene Längendifferenz zwischen ihnen bestimmt. Abbildung 70 zeigt das ver-

wendete Stahllineal mit dem gebildeten PIMC-Streifen im direkten Längenver-

gleich. Auf die Länge von 50 cm stellte sich eine Längendifferenz von 3 mm ein.

Aus dieser Differenz wurde mit Hilfe von Formel (3) der Schwindungskoeffizient

des PIMC berechnet.

Da der gemessene Schwindungskoeffizient auch die Reaktionsschwindung des

PIMC erfasst, handelt es sich bei Ihm um keinen Wärmeausdehnungskoeffizien-

ten, auch wenn Bestimmung und Berechnung ähnlich einem solchen durchgeführt

wurden.

(3)

Abbildung 70: Lineal und abgeformter PIMC Streifen zur Messung

des Schwindungskoeffizienten

Diese Bestimmungsmethode beinhaltet systembedingt einige Fehlerquellen bzw.

Ungenauigkeiten. Großen Einfluss hat vor allem die geringe Messauflösung bei

der Bestimmung der Länge des abgekühlten PIMC-Streifens, da dazu nur ein Li-

neal zur Verfügung stand. Ebenso wurde der Wärmeausdehungskoeffizient des

Stahllineals nicht ermittelt, sondern nur ein allgemeiner Literaturwert für Stahl he-

rangezogen. Darüber hinaus war es nicht möglich bei der Entformung eine Defor-

mation des PIMC Streifen zur Gänze auszuschließen.

9 Verzug durch PIMC 98

9.3 Simulation des Verzuges der Musterplatten mittels

Finite Elemente Analyse

Der zuvor bestimmte Schwindungskoeffizient des PIMC wurde benutzt um den

thermischen Verzug der Musterplatten mittels Finite Elemente Analyse (FEM) zu

simulieren. Als FEM Software wurde Ansys V14 (Ansys Inc., Canonsburg, Penn-

sylvania, USA) verwendet und das ¼-Modell einer Platte mit entsprechenden

Randbedingungen erstellt. Die beiden Symmetrieachsen wurden in den Randbe-

dingungen festgelegt und der Gesamtplattenmittelpunkt als eingespannter Null-

punkt definiert. Solid-181-Elemente mit einer Elementgröße von 3mm wurden ge-

wählt und das Modell mit einem linearem Temperaturgradienten von 130°C auf

20°C belastet. Zur Auswertung wurde nur die Veränderung der z-Koordinate her-

angezogen, da die x,y-Verschiebungen bezogen auf die Plattengröße und die z-

Verschiebung vernachlässigbar klein waren. Für das im Experiment verwendete

Material waren keine Daten zu thermischer Ausdehnung verfügbar, weshalb Da-

tenbankwerte für Carbonfasergewebe mit ähnlicher Epoxidmatrix verwendet wur-

den. Der Laminataufbau und die Gesamtplattenabmaße entsprachen denen der

Versuchsplatten. Das Ergebnis der Berechnung des Verzugs bei der Abkühlung ist

in Abbildung 71 dargestellt. Es wird nur die z-Verschiebung in mm angezeigt und

berücksichtigt. Abgebildet ist nur die simulierte Viertelplatte.

9.4 3D Vermessung einer Musterplatte

Zum Abgleich der Simulationsergebnisse wurde der reale Verzug einer der Mus-

terplatten gemessen. Dies geschah mittels FARO Platinum Messarm (FARO

Technologies Inc., Lake Mary, Florida, USA) und einem Lasermesskopf

ModelMaker Z70 von 3D Scanners (3D Scanners Ltd, Coventry, Großbritannien).

Die aus dem 3D Scan erhaltene Punktewolke wurde in Catia V5 (Dassault

Systémes, Vélizy-Villacoublay, Frankreich) zu einer Fläche angenähert. Diese

wurde anschließend in ihrem Mittelpunkt, entsprechend der Simulationsplatte,

tangential auf die x,y-Ebene gelegt. Auf diese Weise konnte nun die z-

Verschiebung einzelner sich auf der Fläche befindender Punkte ausgewertet wer-

den.

9 Verzug durch PIMC 99

Abbildung 71: Simulation des Verzugs beim Abkühlen von 130°C

auf 20°C

Das aus diesem Schritt entstandene CAD Modell der gekrümmten Musterplatte ist

in Abbildung 72 dargestellt. Das sichtbare Netz zeigt die Punkte an denen die z-

Verschiebungen bestimmt wurden. Die Messwerte aus dem CAD Modell wurden

dann benutzt um in Excel den Verzug tabellarisch und graphisch vergleichen zu

können. Die in Abbildung 73 dargestellte Ebene stellt diese aus dem CAD in das

Excel übertragenen Daten dar.

Abbildung 72: CAD Modell der gekrümmten Musterplatte erstellt

aus dem 3D Scan

9 Verzug durch PIMC 100

Abbildung 73: Grafische Darstellung des Verzuges an der gemes-

senen Musterplatte

9.5 Vergleich zwischen Messung und Simulation

Die Simulation erzeugt einen um die Symmetrieachsen symmetrischen Verzug,

auch wenn eine Gesamtplatte und nicht nur wie zuvor beschrieben ein ¼-

Plattenmodell mit entsprechenden Randbedingungen gerechnet wird. In der Reali-

tät kommt es jedoch auf Grund von geringfügigen Abweichungen der Faserrich-

tungen nicht zu diesem symmetrischen Verzug. Stattdessen gibt es, ähnlich dem

Stabilitätsproblem beim Knicken, zwei nahezu gleichberechtigte stabile Zustände.

Auf den ersten Blick würden nun Simulation und Realität nur ungenügend über-

einstimmen. Berücksichtig man jedoch diese zwei möglichen stabilen Krüm-

mungszustände der Platte und überlagert diese, nähert sich das Ergebnis wieder

dem idealisierten Simulationsergebnis an. Dies wurde mathematisch so gelöst,

dass zuerst der zweite stabile Zustand durch Spiegeln der vermessenen Platte um

ihre kurze Symmetrieachse erzeugt wurde (Abbildung 74 b)). Ein zusätzliches 3D

Vermessen des zweiten Zustandes hätte nicht funktioniert, da dieser nicht ausrei-

chend lange stabil ist. Bereits bei geringstem Einfluss kippt die Platte wieder in

ihre ursprüngliche Lage zurück. Die gespiegelte Platte und die original Platte wur-

den dann zuerst über punktweise Addition (Abbildung 75 a)) und in zweiter Nähe-

rung über Mittelwertbildung des z-Wertes (Abbildung 75 b)) vereinigt.

0

10

20

30

Ve

rzu

g [m

m]

20-30

10-20

0-10

9 Verzug durch PIMC 101

Abbildung 74: Gemessener Verzug a) Original 3D Daten, b) um die

kurze Symmetrieachse gespiegelte Daten

Mathematisch stellt sich das nach den Gleichungen (4) und (5) dar. Dabei be-

zeichnet Gleichung (4) die additive Überlagerung und Gleichung (5) die Überlage-

rung nach dem Mittelwert. Die Werte und sind die Verzugswerte aus der

Messung bzw. der gespiegelten Platten, wie in Abbildung 74 gezeigt. Die Ergeb-

nisse und symbolisieren die Werte aus der Überlagerung, wie in Abbildung

75 zu sehen ist.

(4)

(5)

0

10

20

30

Ve

rzu

g [m

m]

20-30

10-20

0-10

0

10

20

30

Ve

rzu

g [m

m]

20-30

10-20

0-10

a)

b)

9 Verzug durch PIMC 102

Abbildung 75: a) Additive Überlagerung, b) Mittelwertüberlagerung

Die aus der Simulation gewonnenen Verzugsdaten wurden gleich den gemesse-

nen Daten dargestellt um die in Abbildung 76 gezeigte Fläche zu erhalten.

Abbildung 76: Krümmung aus den Simulationsdaten

Die Abweichung zwischen Messung und Simulation wird über die Standardabwei-

chung zwischen einem überlagerten und einem entsprechenden Simulationwert

0

10

20

30

Ve

rzu

g [m

m]

20-30

10-20

0-10

0

5

10

15

20

Ve

rzu

g [m

m]

15-20

10-15

5-10

0-5

0

5

10

15

20

Ve

rzu

g [m

m]

15-20

10-15

5-10

0-5

a)

b)

9 Verzug durch PIMC 103

dargestellt. Diese Differenz zwischen Mittelwertüberlagerung und Simulationser-

gebnis ist grafisch in Abbildung 77 zu sehen.

Abbildung 77: Graphische Darstellung der Abweichung

Der Vergleich zeigt, dass zumindest mit den vorhandenen Materialdaten eine ex-

akte Vorausberechnung des Verzuges noch nicht möglich ist. Vor allem auch da

der symmetrische Verzug der Simulation nicht direkt mit der realen Situation der

zwei stabilen Lagen übereinstimmt. Erst durch eine mathematische Überlagerung

dieser beiden findet sich eine bessere Annäherung. Aus der Simulation lässt sich

damit eine grobe Abschätzung des Ausmaßes des Verzugs und der generellen

Krümmungsart gewinnen. Für eine echte Vorhersage ist die Differenz allerdings zu

groß. Die in Kauf genommene Ungenauigkeiten und Näherungen könnten zwar

eine rein größenmäßige Abweichung erklären. Es ist aber vielmehr der Unter-

schied in der Krümmungsform, welche für die nur mäßige Übereinstimmung von

Simulation und Messung sorgt. Diese ist aber systembedingt und hat Ihren Ur-

sprung nicht in den gemessenen oder der Literatur entnommenen Werten.

9.6 Gegenmaßnahmen gegen den Verzug

Um einem Verzug an Bauteilen entgegen zu wirken, bestehen mehrere Möglich-

keiten. So kann theoretisch der Laminataufbau derart gestaltet werden, dass er

den Einfluss der Beschichtung ausgleicht. Ebenso lässt sich die Werkzeugform so

anpassen, dass der Verzug kompensiert wird und das Bauteil nach der

Entformung eben wird. Die am Leichtesten umzusetzende Maßnahme ist das Auf-

bringen einer dem PIMC thermisch ähnlichen Lage auf der Gegenseite um so die

Symmetrie des Verbundes wiederherzustellen. Eine beidseitige Beschichtung

0

1

2

3

4

Ab

we

ich

un

g [m

m]

3-4

2-3

1-2

0-1

9 Verzug durch PIMC 104

stellt damit die einfachste Lösung bei flächigen Teilen dar. An dreidimensionalen

Bauteilen können die Geometrie oder konstruktive Maßnahmen für die nötige

Steifigkeit sorgen um einen Verzug zu verhindern. Um die Wirksamkeit derartiger

Kompensationsmaßnahmen zu überprüfen, kann die zuvor beschriebene Simula-

tion des Verzuges durchwegs ein wertvolles Werkzeug darstellen.

10 PIMC für 3D Bauteile 105

10 PIMC FÜR 3D BAUTEILE

Während in den ersten Phasen dieser Arbeit das PIMC nur an Platten eingesetzt

wurde, galt es die 3D Fähigkeit des Verfahrens noch zu dokumentieren. Dazu

wurde ein bei KTM-Technologies vorhandenes Werkzeug für Schuhzwischensoh-

len herangezogen um PIMC beschichtete Schuhsohlen zu fertigen. Dabei zeigte

sich, dass 3D Bauteile erhöhte Anforderungen an die Filmstabilität stellen. Durch

das Umformen kann es im Einzugsbereich zu einer Schubbeanspruchung der Be-

schichtung kommen. Bei zu geringer Filmfestigkeit kann dadurch das PIMC in die-

sen Bereichen verdrängt werden. Dies ist in Abbildung 78 im markierten Bereich

zu sehen. Durch eine Verlängerung der Vorvernetzungszeit und eine Optimierung

des PIMC Pulvers konnte dies bei den Schuhsohlen rasch behoben werden. Die in

Abbildung 79 gezeigte Schuhsohle besitzt diese Fehlstellen bereits nicht mehr.

Das dazu verwendete IMC 226 hat gegenüber den früheren IMC Pulvern eine ver-

besserte Filmstabilität und ist in seiner Reaktivität genau auf die von uns verwen-

dete Prozesstemperatur von 130°C angepasst.

Abbildung 78: 3D Schuhsohle mit Fehlstellen im PIMC auf Grund

der Schubbeanspruchung

10 PIMC für 3D Bauteile 106

Abbildung 79: 3D Schuhsohle mit verbessertem Pulver und ange-

passtem Prozess

Bei Bauteilen bietet PIMC den großen Vorteil, dass trockene Stellen aus dem Pro-

zess durch das PIMC aufgefüllt und verschlossen werden. Die in diesen Versu-

chen erreichte hohe Oberflächenqualität nach einer hochwertigen Lackierung ist in

Abbildung 80 zu sehen. Es zeigte sich, dass das PIMC für 3D Teile enorme Vortei-

le bietet, sowohl für die Prozesssicherheit an sich, als auch im direkten Vergleich

zu beispielsweise Surface Films. Denn während dieser aufwendig vorbereitet, zu-

geschnitten und dann manuell in das Werkzeug drapiert werden muss, kann das

PIMC binnen kurzer Zeit vollautomatisch appliziert werden. Im Vergleich zu Gel-

Coats, die in komplexen Geometrien leicht verrinnen, gewährleistet das PIMC eine

reproduzierbare und gleichmäßige Verteilung der Beschichtungsdicke. Mit diesen

Versuchen konnten eindrucksvoll die Möglichkeiten und die Vorteile des

PIMC-Prozesses bei der Herstellung von zumindest einfachen Geometrien nach-

gewiesen werden.

11 Vorteile durch PIMC 107

11 VORTEILE DURCH PIMC

11.1 Qualitätsvorteile für Class-A Oberflächen

Das Ziel dieses Projekts war durch das PIMC eine Class-A lackierfertige Oberflä-

che aus dem Prozess heraus zu generieren. Das konnte in dieser Definition im

Rahmen dieser Arbeit erzielt werden. Durch den Einsatz des Verfahrens entste-

hen Bauteile mit ausgezeichneter Qualität direkt aus dem Werkzeug. Diese besit-

zen nach einer entsprechenden Lackierung eine Class-A Oberfläche. Dazu sind

vor der Lackierung keine Nachbearbeitungsschritte nötig. Einzig ein Reinigen und

Anschleifen der Oberfläche wurde durchgeführt, um Trennmittelreste zu entfernen

und die Lackhaftung sicherzustellen. Die Notwendigkeit dieser Schritte ist noch

nicht evaluiert worden und es ist möglich, dass sie auch verzichtbar sind. Die ein-

gesetzten Trennmittel könnten auch dahin gehend ausgewählt werden, rein durch

Abspülen mit Lösungsmittel entfernbar zu sein oder die Lackhaftung nicht zu be-

einträchtigen.

Abbildung 80: Class-A lackierte 3D Bauteile

11 Vorteile durch PIMC 108

Über die Vorteile des PIMC für die Oberfläche kann gesagt werden, dass durch

die Beschichtung sämtliche Pinholes und trockene Stellen verschlossen werden

und eine in dieser Hinsicht fehlerfreie Oberfläche entsteht.

Bezüglich der Faserdurchzeichnung hat sich gezeigt, dass das PIMC eine starke

Verringerung etwaiger Faserdurchzeichnungen bewirkt. Die erreichte Oberflä-

chenqualität ist abhängig vom verwendeten Grundmaterial, der aufgebrachten

PIMC Schichtdicke und dem verwendeten Pulver-System. Der Prozess kann

Oberflächen mit Class-A ohne jegliche Faserdurchzeichnung erzeugen. Bei einem

Grundmaterial mit entsprechenden Eigenschaften wie dem HexPly Primetex Ge-

webe kann dies bereits mit einem einfachen PIMC-Verfahren erreicht werden. Bei

Geweben mit sehr starker Ondulierung und daraus resultierender Faserdurch-

zeichnung wie dem Delta-Preg Material ist ein komplexerer PIMC-Prozess nötig.

Aber auch hier kann mit höherem Aufwand eine sehr gute Class-A-fähige Oberflä-

che erzeugt werden.

11.2 Wirtschaftliche Vorteile für Oberflächen

Einer der großen Vorteile des PIMC gegenüber alternativen Maßnahmen zur Ver-

besserung der Oberflächenqualität, wie Gel Coat, Surfacefilm oder Oberflächen-

vliesen, liegt in der einfachen, kostengünstigen und automatisierbaren Applikation

des PIMC. Neben der günstigeren Aufbringung liegt ein weiterer wesentlicher Vor-

teil von PIMC in den signifikant niedrigeren Materialkosten. Im Vergleich zu einem

Surfacefilm betragen die Kosten pro Bauteil für das PIMC Pulver weniger als 10%.

Bei Surfacefilmen kann von einem Preis zwischen 20 und 50 Euro pro Quadratme-

ter ausgegangen werden, das PIMC-Pulver kostet im Gegenzug einige Euro pro

Kilogramm. Eine Menge, die abhängig von der Schichtdicke, für mehrere PIMC-

Beschichtungen genügt.

Im wirtschaftlichen Vergleich gegen eine Aufwertung der Bauteiloberfläche mittels

Flüssigfüller bei der Lackierung kann das PIMC wiederum durch die kurze Pro-

zesszeit sowie die automatisierbare Aufbringung punkten. Zum einen kann der

Auftrag simultan zur Herstellzykluszeit stattfinden, zum anderen wird keine Trock-

nungszeit wie für Flüssigsysteme benötig. Damit entfallen sowohl die Anlagen,

also auch die Energiekosten für diesen Schritt.

11 Vorteile durch PIMC 109

11.3 Alternative Anwendungen für PIMC

Obwohl das PIMC enorme Vorteile für die Herstellung von Class-A Oberflächen

bietet, ist auch eine Anwendung abseits der Sichtoberfläche als Beschichtung von

Strukturbauteilen denkbar. Dies erspart die Versiegelung der Oberfläche nach der

Herstellung und erlaubt die Möglichkeit die Bauteiloberfläche des Bauteils mit dem

PIMC funktional auszurüsten. Durch das PIMC wird eine versiegelte Oberfläche

generiert, welche bei Bedarf eingefärbt werden kann um Risse besser erkennbar

zu machen.

12 Resümee und Ausblick 110

12 RESÜMEE UND AUSBLICK

Diese Arbeit befasste sich mit einem enorm umfassenden und aspektreichen

Thema. Um in dem zur Verfügung stehenden Zeitfenster ein möglichst breites

Entwicklungsfundament für weitere Entwicklungen legen zu können, mussten bei

der Tiefe der einzelnen untersuchten Aspekte Kompromisse in Kauf genommen

werden. Letztendlich war das Erreichen eines verkaufbaren Reifegrades des Pro-

zesses wichtiger um das PIMC-Projekt voranzutreiben. Dazu wurden im vergan-

genen Projektzeitraum die Prozessparameter untersucht und drei verschiedene

Materialien herangezogen. Gepaart mit mehr als zehn neu entwickelten PIMC-

Pulvern bzw. Pulverkombinationen entstanden weit über 120 Musterplattenpaare

und zwei Dutzend Demonstrationsmuster. Viele Detailfragen werden in Zukunft je

nach den jeweiligen Produkt- und Projektrandbedingung und –anforderungen zu

klären sein.

Die wichtigsten nächsten Schritte werden die Erprobung des PIMC-Verfahrens in

einem Serienprozess sowie die Neuvalidierung und Verbesserung der Klimawech-

selfestigkeit darstellen. Bei der Klimawechselfestigkeit gilt es, die letztendliche

Notwendigkeit zu evaluieren und daraus eine geeignete Prüfnorm auszuwählen.

Zum aktuellen Zeitpunkt sind uns keine klimawechselbeständigen Class-A Bautei-

le mit Endlosfaserverstärkung bekannt.

Während mit dieser Arbeit nun die ersten Entwicklungsschritte getätigt wurden

heißt es nun durch weitergeführte Entwicklungskooperationen und zusätzliche

Entwicklungspartner ein Class-A Oberflächen-Gesamtpaket zu erstellen. Anhand

eines realen Bauteils muss das Verfahren in Richtung Serienprozess weiterentwi-

ckelt werden. Wobei es zu beachten gilt, dass Class-A aus dem Zusammenwirken

der in Abbildung 81 dargestellten Einflüsse entsteht.

12 Resümee und Ausblick 111

Abbildung 81: Class-A als Gesamtsystem, nach [10]

Das bedeutet, dass auch das Grundmaterial und die anschließende Lackierung

optimiert und in ein Gesamt-PIMC-Class-A-Verfahren einbezogen werden müs-

sen. Allerdings bietet PIMC bereits alleine großes Potential in der Verbesserung

der Oberflächenqualität bei verhältnismäßig geringem Aufwand.

13 Zusammenfassung 112

13 ZUSAMMENFASSUNG

Während diese Arbeit erst den Beginn der PIMC Entwicklung darstellt lässt sich

bereits sagen, dass das Verfahren große Verbesserungen für die Oberfläche von

FVK Bauteilen bewirkt. So werden Pinholes durch die Beschichtung vollständig

und zuverlässig ausgeschlossen während gleichzeitig eine Faserdurchzeichnung

in Abhängigkeit vom Grundmaterial stark reduziert oder gänzlich verhindert wird.

Dabei bedeutet das PIMC keinen großen Anlangeninvest, ist sehr prozesssicher

und bei Verwendung eines Wechselwerkzeuges zykluszeitneutral. Im Vergleich zu

einem Gel-Coat kann die Aufbringung vollkommen automatisiert werden, erlaubt

große Freiheiten bezüglich der Beschichtungsdicke und ist bei einem Kilopreis von

einigen Euro signifikant günstiger. Das PIMC bietet enorme Vorteile bei der Erzie-

lung von Class-A Oberflächen für die Automobile Serienanwendung ebenso wie

für alternative Anwendungen. Dabei ist bis zum Ausschöpfen des vollen Potentials

noch weitere Forschung notwendig.

14 Anhang und Verzeichnisse 113

14 ANHANG UND VERZEICHNISSE

14.1 Literaturverzeichnis

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14 Anhang und Verzeichnisse 114

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14 Anhang und Verzeichnisse 118

14.2 Symbole und Abkürzungen

Tabelle 18: Abkürzungen nach alphabetischer Reihung

Abkürzung Bedeutung

CAD Computer Aided Design

CFK Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoff

DOI Distinctness of Image

DSC Differential Scanning Calorimetry

FEM Finite Elemente Methode

FKV Faser Kunststoff Verbund

FVK Faserverstärkter Kunststoff

GFK Glasfaserverstärkter Kunststoff

IMC InMould Coating

KTL Kathodische Tauch Lackierung

KWT Klimawechseltest

LPA Low Profile Additive

NB Nachbeschichtung

OEM Original Equipment Manufacturer

PIMC Powder InMould Coating

Prepreg Preimpregnated Material

PV 1200 Klimawechseltestprüfvorschrift

PV 2005 Klimawechseltestprüfvorschrift

RTM Resin Transfer Moulding

SMC Sheet Moulding Compound

TP Thermoplast

UD Unidirektionale Faserausrichtung

VOC Volatile Organic Compound

WAK Wärmeausdehnungskoeffizient

14 Anhang und Verzeichnisse 119

Tabelle 19: Symbole nach ihrem ersten Vorkommen

Symbol Bedeutung

Sw Kurzwelligkeit

Lw Langwelligkeit

Ra Mittlere Rauheit

Rq Quadratische Rauheit

Rz Gemittelte Rauhtiefe

Tg Glasübergangstemperatur

Sa Mittlerer Flächenrauheit

Sq Quadratische Flächenrauheit

αPIMC Schwindungskoeffizient des PIMC

14.3 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Epoxid Härtungsreaktion [8] ....................................................... 13

Abbildung 2: Qualitätsbereiche der automobilen Außenhaut [10] ................... 15

Abbildung 3: Zustandekommen des Erscheinungsbildes, [13], [15] ................ 16

Abbildung 4: Entstehung von Glanz a): Vollständige Reflexion in der

Hauptrichtung (Einfallswinkel gleich Reflexionswinkel), idealer

Glanz, b): Lichtstreuung, nur anteilhafte Reflexion in der

Hauptrichtung, die Oberfläche erscheint matt [16] .................... 17

Abbildung 5: a) Reflexionsverhältnis bei Haze: Reflexion in Hauptrichtung mit

geringem Streulichtanteil, b) Messung von Glanz und Haze bei

20° Einfallswinkel [17] ............................................................... 18

Abbildung 6: Intensitätsverlauf der Reflexion mit Haze (blaue Kurve) und ohne

Haze (schwarze Kurve) [17] ...................................................... 18

Abbildung 7: Entstehung des Orange Peel aus der Oberflächenwelligkeit [18]

.................................................................................................. 19

Abbildung 8: Orange Peel in Abhängigkeit von der Strukturgröße. Links

größere, rechts feinere Strukturen [14] ...................................... 19

14 Anhang und Verzeichnisse 120

Abbildung 9: a) Entstehung der Welligkeitsmesswerte aus der WaveScan

Messung, b) Zusammenfassen der Messwerte zu den Werten für

SW und LW [18] ........................................................................ 20

Abbildung 10: WaveScan Messprinzip [14] ...................................................... 21

Abbildung 11: Alicona Infinity Focus Gerät und Schematische Darstellung des

Messprinzips [19] ...................................................................... 22

Abbildung 12: Ursache für Faserdurchzeichnung bei FVK [21] ......................... 23

Abbildung 13: Verhalten von thermischem Schwund und Reaktionsschwund

über der Temperatur [26] .......................................................... 25

Abbildung 14: Volumenänderung während des Prozesses [23] ........................ 25

Abbildung 15: Biegeträgermodell von Kia, [1] ................................................... 26

Abbildung 16: PIMC Prozessflussdiagramm ..................................................... 32

Abbildung 17: Presse mit Temperiergerät (links), Absauganlage und

Pulverpistole (rechts) ................................................................. 33

Abbildung 18: DSC HexPly M77 nach 10 min bei 130°C .................................. 34

Abbildung 19: DSC HexPly M77 nach 300 min bei 130°C ................................ 35

Abbildung 20: Delta-Preg Gewebe .................................................................... 36

Abbildung 21: Delta-Preg Gewebe Seitenansicht ............................................. 36

Abbildung 22: HexPly Primetex Gewebe .......................................................... 37

Abbildung 23: HexPly Primetex Gewebe Seitenansicht .................................... 37

Abbildung 24: PIMC 1-Schichtaufbau ............................................................... 38

Abbildung 25: Prozess einer 1-Schicht Musterplatte ......................................... 39

Abbildung 26: PIMC 2 Schichtaufbau ............................................................... 40

Abbildung 27: Variothermer Prozess für das 2-Schichtverfahren ...................... 40

Abbildung 28: a) Herstellung des Bauteils, b) Auslagerung, c) Nachbeschichten

.................................................................................................. 42

14 Anhang und Verzeichnisse 121

Abbildung 29: Modell zur Faserdurchzeichnung bei den verschiedenen PIMC

Verfahren................................................................................... 43

Abbildung 30: Schematischer Ablauf der Pulverherstellung [14] ....................... 45

Abbildung 31: Prinzip der Koronaaufladung [14] ............................................... 46

Abbildung 32: a) ITW Gema Pulverpistole [44]; b) Absaugkasten vor der

geöffneten Presse; c) Pulverauftrag auf das Unterwerkzeug .... 47

Abbildung 33: Pulverabsauganlage an der Presse ........................................... 48

Abbildung 34: DSC Messung von IMC 133 nach den angegebenen

Aushärtezeiten .......................................................................... 51

Abbildung 35: Verlauf der Glasübergangstemperatur ....................................... 52

Abbildung 36: 88A IMC 133 Topographie ......................................................... 54

Abbildung 37: 89A IMC 185 Topographie ......................................................... 55

Abbildung 38: 88A IMC 133 Oberfläche ............................................................ 55

Abbildung 39: 89A IMC 185 Oberfläche ............................................................ 56

Abbildung 40: 2 Step Snap Cure ....................................................................... 57

Abbildung 41: a) Lackaufbau auf Metallsubstrat bzw. CFK-lackiert [12], b)

Lackaufbau für Sichtcarbon [46] ................................................ 60

Abbildung 42: Kostenzusammensetzung für CFK Bauteile [46] ........................ 61

Abbildung 43: Viskositätsmessung nach DIN 53211 ......................................... 63

Abbildung 44: Lackierroboter mit Musterplatte .................................................. 64

Abbildung 45: Schematische Aufteilung der Lackierzonen .............................. 66

Abbildung 46: Lackierprozess bei Paint Attack: Vorbereitung und Auftrag des

Füllers ....................................................................................... 67

Abbildung 47: Lackierprozess bei Paint Attack: Lackierung .............................. 68

Abbildung 48: Lackierprozess bei Paint Attack: Aufbereitung & Polieren ......... 68

Abbildung 49: Lackierprozess bei Paint Attack: fertige Musterplatten ............... 69

14 Anhang und Verzeichnisse 122

Abbildung 50: Visuelle Bewertung der Oberflächenqualität, nach Material

gegliedert................................................................................... 74

Abbildung 51: Visuelle Bewertung der Oberflächenqualität, nach PIMC System

gegliedert................................................................................... 75

Abbildung 52: a) 3D Oberflächenaufnahme mit möglicher Faserdurchzeichnung,

b) Pfad der Profilaufnahme in Abbildung 53 .............................. 79

Abbildung 53: Profilaufnahme entlang der Pfadlinie in Abbildung 52 b) ............ 80

Abbildung 54: Klimawechseltest nach PV 2005 ................................................ 82

Abbildung 55: Klimawechseltest nach PV 1200 ................................................ 82

Abbildung 56: Binder Klimaschrank MKF 240 ................................................... 83

Abbildung 57: Welligkeitswerte vor und nach PV 2005 und Polieren ................ 84

Abbildung 58: Detailaufnahme der PIMC Oberfläche a) unlackiert vor KWT, b)

unlackiert nach KWT, c) lackiert nach KWT .............................. 85

Abbildung 59: 3D Oberflächentopographie ohne KWT PV 2005 ....................... 86

Abbildung 60: 3D Oberflächentopographie nach KWT PV 2005 ....................... 87

Abbildung 61: 3D Oberflächentopographie nach KWT PV 2005 und polieren .. 87

Abbildung 62: Kurzwelligkeit Sw, nach Material gegliedert ............................... 89

Abbildung 63: Langwelligkeit Lw, nach Material gegliedert ............................... 89

Abbildung 64: Kurzwelligkeit Sw, nach PIMC System gegliedert ...................... 90

Abbildung 65: Langwelligkeit Lw, nach PIMC System gegliedert ...................... 91

Abbildung 66: Rauheitsprofil vor dem Klimawechseltest ................................... 92

Abbildung 67: Rauheitsprofil nach dem Klimawechseltest ................................ 92

Abbildung 68: Hydrolyse der Imino-Ether-Epoxidvernetzung [7] ....................... 93

Abbildung 69: Steifigkeitsmatrizes für Gewebe und UD –Aufbau ..................... 95

Abbildung 70: Lineal und abgeformter PIMC Streifen zur Messung des

Schwindungskoeffizienten ......................................................... 97

Abbildung 71: Simulation des Verzugs beim Abkühlen von 130°C auf 20°C .... 99

14 Anhang und Verzeichnisse 123

Abbildung 72: CAD Modell der gekrümmten Musterplatte erstellt aus dem 3D

Scan .......................................................................................... 99

Abbildung 73: Grafische Darstellung des Verzuges an der gemessenen

Musterplatte ............................................................................. 100

Abbildung 74: Gemessener Verzug a) Original 3D Daten, b) um die kurze

Symmetrieachse gespiegelte Daten ........................................ 101

Abbildung 75: a) Additive Überlagerung, b) Mittelwertüberlagerung ............... 102

Abbildung 76: Krümmung aus den Simulationsdaten ..................................... 102

Abbildung 77: Graphische Darstellung der Abweichung ................................. 103

Abbildung 78: 3D Schuhsohle mit Fehlstellen im PIMC auf Grund der

Schubbeanspruchung ............................................................. 105

Abbildung 79: 3D Schuhsohle mit verbessertem Pulver und angepasstem

Prozess ................................................................................... 106

Abbildung 80: Class-A lackierte 3D Bauteile ................................................... 107

Abbildung 81: Class-A als Gesamtsystem, nach [10] ..................................... 111

14.4 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einflüsse auf die Class-A Anforderungen [10] ........................... 14

Tabelle 2: Aushärtezyklen für HexPly M77 [37] ......................................... 29

Tabelle 3: Materialübersicht ....................................................................... 30

Tabelle 4: Materialabhängige Standard Presskräfte .................................. 31

Tabelle 5: PIMC Deckschichten ................................................................. 49

Tabelle 6: PIMC Zwischenschichten .......................................................... 49

Tabelle 7: Glasübergangstemperatur in Abhängigkeit vom Aushärtezyklus

.................................................................................................. 52

Tabelle 8: PIMC Rauheitswerte ................................................................. 54

Tabelle 9: Übersicht über das verwendete Lacksystem von PPG .............. 62

14 Anhang und Verzeichnisse 124

Tabelle 10: Übersicht Lackierroboter ........................................................... 63

Tabelle 11: Einstellungen des Lackierroboters ............................................ 63

Tabelle 12: Bewertungskriterien zur visuellen Beurteilung der

Faserdurchzeichnung ................................................................ 70

Tabelle 13: Bewertung der Paint Attack Platten ........................................... 70

Tabelle 14: Bewertung der Faserdurchzeichnung ........................................ 73

Tabelle 15: Bewertung des Orange Peel ..................................................... 73

Tabelle 16: Bewertung der DOI .................................................................... 73

Tabelle 17: Rauheitswerte vor und nach dem Klimawechseltest ................. 91

Tabelle 18: Abkürzungen nach alphabetischer Reihung ............................ 118

Tabelle 19: Symbole nach ihrem ersten Vorkommen ................................ 119