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PV-Anlagen und Dachbegrünung Photovoltaik-Planungsleitfaden

PV-Anlagen und Dachbegrünung - muenchen.de · Baumann, Thomas et al.: Performance Analysis of PV Green Roof Systems. [5CO.14.3]. In: 32nd EU PVSEC [European Photovoltaic Solar Energy

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  • PV-Anlagen und DachbegrünungPhotovoltaik-Planungsleitfaden

  • die Landeshauptstadt München hat weitreichende Klimaschutzziele beschlossen

    und ein umfangreiches Klimaschutzprogramm auf den Weg gebracht. Die Treib

    hausgasemissionen sollen deutlich reduziert werden und wir haben uns als Stadt

    das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein.

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    Ein wichtiger Baustein ist dabei der Ausbau der erneuerbaren Energien, denn mit

    ihrer Hilfe kann der Strom- und Wärmebedarf annährend klimaneutral gedeckt

    werden. Neben zahlreichen Solarwärmekollektoren sind in München bereits

    Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von fast 60 Megawatt Spitzenleis

    tung realisiert. Aber auf vielen Münchner Dächern wäre noch Platz für Solaran

    lagen und an Gebäudefassaden sind sie eine ausgesprochene Seltenheit. Eine

    Untersuchung hat ergeben, dass die bisher ungenutzten Solarpotenziale enorm

    sind. Bei der Photovoltaik werden sie auf bis zu 1.200 Megawatt Spitzenleistung

    geschätzt.

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    Das Referat für Gesundheit und Umwelt unterstützt den Ausbau der umweltfreundlichen Solarenergie auf Gebäuden bereits jetzt auf mehreren Ebenen:

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    - durch die Erstinformation der Solarpotenzialkarte,

    - durch Fachseminare und die inviduelle Solarberatung des Bauzentrums und

    - durch Investitionszuschüsse für Photovoltaik-Anlagen im Rahmen des

    Förderprogramms Energieeinsparung (FES).

    Mit dem Photovoltaik-Planungsleitfaden kommt ein weiterer Baustein dazu. Dieser Leitfaden soll nicht nur die verschiedenen Möglichkeiten aufzeigen, Photovoltaik-Anlagen auf und an Gebäuden anzubringen, sondern konkrete Hinweise geben, die bei der Planung und Bau zu berücksichtigen sind. Er besteht aus Fachkapiteln zu relevanten Themen, die einzeln abgerufen und bei Bedarf ausgedruckt können. Dieser Leitfaden soll nicht nur die verschiedenen Möglichkeiten zeigen, Photovoltaik-Anlagen auf und an Gebäuden zu installieren, sondern konkrete Hinweise zu Technik, Konstruktion und Ertrag geben, die bei der Planung und Bau zu berücksichtigen sind. Er kann auch Ideen liefern, welche Arten der Ausführung jenseits der Standardanlage möglich sind. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der optisch-ästhetischen Integration. Es gibt auch in München viele Beispiele, dass PV-Anlagen nicht wie Fremdkörper wirken müssen, sondern einen integralen Bestandtteil des Gebäudes darstellen. Lassen Sie sich inspirieren!

    Ihre

    Stephanie Jacobs Referentin für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München

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    Auch in Bayern sind Klimaveränderungen bereits spürbar und erfordern neue Konzepte in Stadt- und Gebäudeplanung. Eine Begrünung von Dach und/oder Fassade kann hier einen Beitrag leisten. Das Gründach ist über Jahrzehnte erprobt und etabliert. Aufgrund der Kühlung durch Wasserverdunstung fungieren Pflanzen als natürliche „Klimaanlagen“. Dabei er füllen sie weitere Funktionen, wie natürliche Luftfilterung von Staub und Schadstoffen sowie Sauerstoffanreicherung der Luft. Durch die Speicherung und Verdunstung von Niederschlägen wird die Kanalisation entlastet und die Dachabdichtung vor starken Temperaturschwankungen geschützt, was deren Lebensdauer erhöht. Gründächer sind außerdem ein Lebensraum für Kleintiere sowie Insekten und leisten einen Beitrag zum Artenschutz und zur Biodiversität. Begrünte Flachdächer können des Weiteren neben dem Wetterschutz auch eine Erholungsfunktion bieten (Dachterrasse) sowie der umweltfreundlichen Strom- und Wärmeerzeugung mit Solaranlagen dienen.

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    Allerdings haben Untersuchungen und einschlägige Praxiserfahrungen gezeigt, dass die Umsetzung aller Umweltbelange in Verbindung mit den genannten Mehrfachfunktionen zu Einschränkungen führt, weil beide Systeme (Gründach und Photovoltaik) auf ein und derselben Fläche nicht optimal funktionieren. Projektbezogen ist daher eine Prioriätensetzung bzw. eine schlüssige Aufteilung der zur Verfügung stehenden Dachfläche sinnvoll.

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    PV-Anlagen werden in aller Regel über extensiven Dachbegrünungen aufgestellt. Bei geringer Dicke des Pflanzsubstrats bzw. der Aufbauhöhe (mindestens 10 cm) werden Pflanzen mit niedrigem Wuchs eingesetzt, um

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    Abb. 2: Produktions- und Verwaltungsgebäude in Berlin-Adlershof (Schulte-Frohlinde Architekten, Berlin; Quelle: SeV Bayern)

    Abb. 1: Wohnanlage „wagnis4“, Am Ackermannbogen, München (Foto: Bernhard Rohnke/WRW FreiRaumArchitekten, Regensburg)

    Verschattungen der Module zu vermeiden. Teilweise und in Abhängigkeit von Witterung, Dicke der Substratschicht etc. sind auch leistungssteigernde Kühlungseffekte der PV-Module möglich. Ein weiterer Vorteil dieser Kombination ist, dass die Vegetationstragschicht bzw. das Substrat zugleich als Ballastierung dient. Allerdings nimmt mit der Schichtdicke nicht nur die Verdunstung von Regenwasser zu, sondern es wächst auch die Gefahr, dass sich größere Pflanzen ansiedeln, die die PV-Module beschatten, was zu deutlichen Leistungseinbußen führen würde. Damit entsteht bei intensiver Begrünung der Nachteil des Pflegeaufwands durch regelmäßigen Rückschnitt.

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    Aufgrund begrenzt zur Verfügung stehender Dachflächen, können Planungskonzepte mit Begrünung oder Photovoltaik durchaus in Konkurrenz zueinander stehen. Unter Berücksichtigung der grundlegenden Anforderungen beider Systeme, lassen sich aber durchaus funktionierende, inte grierte Lösungen finden.

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    PV-Anlagen und DachbegrünungPhotovoltaik-Planungsleitfaden

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    Unterkonstruktion und Ballastierung

    Für die Aufstellung von Photovoltaik auf Gründächern werden in der Regel Ballastierungssysteme eingesetzt, die die PV-Anlage durch Auflast standsicher verorten und dabei eine Durchdringung der Dachabdichtung vermeiden. Bei der Unterkonstruktion sind zu unterscheiden (vgl. Kapitel „PV- Anlagen auf Flachdächern“):

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    - freistehende Anlagen mit punkt- und linienförmigen Verankerungen an den Fußpunkten

    - flächige Verankerungen mit Basisplatten aus Kunststoff

    Da bei punkt- und linienförmigen Verankerungen mit lastverteilenden Platten hohe Punktlasten entstehen können und die Vegetation beeinträchtigt wird, werden heutzutage vor allem Wannensysteme eingesetzt. Bei der direkten Verbindung dieser Basis- oder Trägerplatten in den Aufbau des Gründaches sichert die Auflast der Substratschüttung die PV-Anlage gegen Winddruck und -sog. Die eigentliche Basis zur Montage der PV-Module bzw. die Unterkonstruktion ist herstellerabhängig unterschiedlich ausgeführt.

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    Am Markt finden sich Systeme bei denen

    - die Unterkonstruktion aus Aluminiumprofilen über punkt- oder linienförmige Konsolen befestigt ist und

    - Basisplatten mit integrierten Wannen, auf denen das Modul direkt fixiert wird.

    Die PV-Module können mit unterschiedlichen Anstellwinkeln (5° - 90°) montiert werden. Mit zunehmender Gebäudehöhe und größerem Anstellwinkel der Module gegenüber der Horizontalen muss auch mit höheren Windlasten gerechnet werden. Für die Dimensionierung von Unterkonstruktion und Auflast ist in Abhängigkeit von Gebäudehöhe und Windzone eine Bemessung durch Fachkräfte zu empfehlen.

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    Neben handelsüblichen Hohlprofilen werden auch spezielle Rahmenkonstruktionen angeboten. Sowohl bei Unterkonstruktionen mit zusammengesetzten Profilen als auch bei den Rahmen sind je nach Aufstellung (Ost/West, Süd) verschiedene Ausführungen und Neigungen in Abstufungen verfügbar.

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    Basisplatten mit integrierter Kunststoffwanne zur Modulaufständerung (in der Regel Süd-Ausrichtung) reduzieren zwar den Anteil an Leichtmetall-Unterkonstruktion, führen jedoch durch das Basisvolumen zu einer sich (leicht) verringernden Fläche der Dachbegrünung.

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    Abb. 3: Grundsätzliche Montagearten für PV-Module auf einem Gründach (Grafiken: SeV Bayern)

    A) Montagesystem mit punktförmiger Verankerung

    B) Montagesystem mit linienförmiger Verankerung

    C) Basisplatte mit integrierter Wanne

    D) 90°-Aufstellung der PV-Module

    E) Ost/West-Ausrichtung als Schmetterlingsdach

    F) Ost/West-Ausrichtung als Satteldach

    A

    B

    C

    D

    E

    F

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    Bei Systemen mit Ost/West-Ausrichtung lassen sich folgende Anordnungen (PV-Modul) unterscheiden:

    - Satteldach (Hochpunkte gestoßen) - Schmetterlingsdach (Tiefpunkte gestoßen)

    Die verschiedenen Ausführungsvarianten beeinflussen die Abführung des Niederschlagswassers und damit das Wachstum sowie die Zugänglichkeit zu den Pflanzen im Rahmen der Pflege. Damit Gründach und PV-Anlage auf gleicher Fläche funktionieren, ist einerseits sicher zu stellen, dass die Solarmodule das Pflanzenwachstum nicht unterbinden und andererseits die Pflanzen die Module nicht beschatten. Das heißt:

    - erhöhte Anordnung der PV-Anlage zur Begrünungsebene mit Abstand von Modul-Unterkante zur Substratoberfläche (z. B. 40 cm)

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    - ausreichender Abstand zwischen den Modulreihen (z. B. größer 75 cm), was auch die Verschattungsfreiheit gewährleistet

    - regelmäßige Wartung und Pflege des Gründachs, die bei Extensivbegrünungen eher gering ausfällt. Für Pflege- und Wartungsarbeiten an Gründach und/oder PV-Anlage können je nach Flächenbelegung Maßnahmen zur Absturzsicherung erforderlich sein, z. B. bei Aufstellung bis zur Attika.

    Mittlerweile sind auch bifaziale Module erhältlich, die auf Vorder- und Rückseite die Solarstrahlung nutzen können. Je nach Standort- und Aufstellbedingungen (Reihen- und Bodenabstand, Anstellwinkel, Reflexionsstrahlung der Dachoberfläche) sind Mehrerträge möglich. Auf dem Flachdach können senkrecht aufgestellte bifaziale Module als Absturzsicherung im Bereich der Attika eingesetzt werden.

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    Bebauungspläne in München

    Bei Flachdächern ab 100 m² wird in Münchner Bebauungsplänen standardmäßig Dachbegrünung festgesetzt. Optional und in Kombination mit der Dachbegrünung ist hier auch die Errichtung von PV-Anlagen möglich, wobei ein maximaler Flächenanteil für diesen Zweck angegeben sein kann. „Kombination“ bedeutet nicht, dass PV-Anlagen auf einer begrünten Fläche stehen müssen; die Situierung nebeneinander ist zulässig. Wird die PV-Anlage getrennt von der Begrünung installiert (z. B. über Kiesdach) ist die übrige, zu begrünende Fläche in der Regel mit einer Gesamt schichtdicke (einschließlich Dränschicht) von mindestens 20 cm auszuführen. Dabei besteht die Wahl zwischen intensiver oder extensiver Begrünung.

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    Abb. 6: Auflastgehaltene und begrünbare Unterkonstruktion zur durchdringungsfreien Aufständerung von PV-Modulen (Foto: Opti-grün international)

    Hinweise:Köhler, Manfred (Hrsg.): Handbuch Bauwerksbegrünung. Planung Konstruktion Ausführung. Dach Fassade Innenraum. Köln 2012, S. 51, 86Baumann, Thomas et al.: Performance Analysis of PV Green Roof Systems. [5CO.14.3]. In: 32nd EU PVSEC [European Photovoltaic Solar Energy Conference and Exhibition]. Munich, 20-24 June 2016. Proceedings. München 2016, o.S.Brenneisen, Stephan: Naturschutz auf Dachbegrünungen in Verbindung mit Solaranlagen. Hrsg. v.: Baudepartement Basel-Stadt. Informationsblatt. Basel, o. J.6

    Bildverzeichnis:Mit „Quelle: SeV Bayern“ gekennzeichnete Abbildungen stammen aus den Einreichungen zum Architekturpreis Gebäudeintegrierte Solartechnik des Solarenergieförderverein Bayern e. V. bzw. den Vorgängerwettbewerben.

    Autoren: Roland Krippner / Fabian Flade

    Herausgeberin:Landeshauptstadt MünchenReferat für Gesundheit und UmweltBayerstraße 28a80335 Münchenmuenchen.de/rguFoto Referentin: RED GmbHStand: Mai 2019

    Abb. 4: Kombination von durchdringungsfrei montierter PV-Anlage, Absturzsicherung und Dachbegrünung auf dem Münchner Technolo-giezentrum (Foto: ZinCo GmbH)

    Abb. 5: Bifaziale Module in 90°-Aufstellung bei einem Forschungs-projekt zur Weiterentwicklung von PV-Gründächern in Winterthur (Foto/Betreiber: Verein SolarSpar/Modulhersteller: Megasol Energie)

    http://www.muenchen.de/rgu

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