13
Für die Erdbebengebiete der Bundesrepublik Deutschland stehen keine Erfahrungswerte zur Verletzbarkeit des gegenwärtigen Bauwerksbestands zur Verfügung. Die Erdbebentauglichkeit des Gebäudebestands oder dessen Verletzbarkeit ist nicht untersucht worden. Es fehlt demzufolge der Maßstab, um Ergebnisse seismi- scher Risikoabschätzungen bzw. Schadensszenarien kalibrieren zu können. In diesem Zusammenhang nimmt das Beben vom 03. 09. 1978 in der Schwäbischen Alb eine Ausnahmestellung ein, da es zugleich das stärkste Beben darstellt, das die Bundesrepu- blik Deutschland in den letzten 50 Jahren betroffen hat. Es vermit- telt einen Eindruck von den durch die DIN 4149: 2005 verankerten Bemessungserdbeben im unteren Stärkebereich der Zone 3. Auf- grund des begrenzten zurückliegenden Zeitfensters ist eine für deutsche Erdbebengebiete (Zone 3) einmalige Repräsentativität der vorhandenen Bebauung gewährleistet. Der Beitrag setzt in neuen und erweiterten Ansätzen die im Rah- men des Deutschen Forschungsnetzwerkes Naturkatastrophen (DFNK) begonnenen Arbeiten zur Quantifizierung der Schadens- potentiale fort. Aufgrund der aussagefähigen Dokumentation der Schadenssituation ist das Albstadt-Beben besonders geeignet, um die Übertragbarkeit der entwickelten Methoden und Hilfsmit- tel auf andere Erdbebengebiete zu überprüfen. Ein Nachweis der Leistungsfähigkeit der entwickelten Methodik gelingt durch Re- interpretation der Hauptschadensgebiete in Albstadt-Tailfingen auf der Basis der Bebauungssituation von 1978 und durch die Ab- schätzung der Schadenssummen auf der Basis des damaligen Werteinventars. Die Vulnerabilität (Verletzbarkeit) der verschiedenen Bauweisen und Bauwerkstypen wird am Maßstab der Europäischen Makro- seismischen Skala EMS-98 beschrieben; auf dieser Grundlage werden auch die Schadensfälle rekonstruiert und in Form der Schadensgrade neu bewertet. Für einzelne Schadensfälle können mittels eines für Mauerwerks- bauten entwickelten Bewertungs-Tools auch die Hauptschadens- zonen in guter Übereinstimmung mit dem realen Schadensbild prognostiziert werden. Assessment of damage and loss potentials due to earthquake (1): reconstruction of the „Albstadt“ – quake in the Swabian Albs in September 03, 1978. Due to lack of strong earthquakes, there is almost no data or experience available concerning the behaviour and vulnerability of common buildings in German seismic zones. The consideration of their earthquake resistance or vulnerability is still outside the scope of official investigations. A scale is miss- ing to calibrate results of seismic risk assessment and to prove their reliability. For these purposes, an outstanding importance has to be attested to the September 03, 1978 Earthquake in the Western Swabian Alb, the heaviest one in Germany over the last 50 years. 520 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 82 (2005), Heft 8 The 1978 Albstadt earthquake provides an impression of the seve- rity of design earthquakes (in lower range) defined by DIN 4149: 2005 for the highest zone 3. Due to the limited time elapsed since the quake, it can be assumed that the building inventory is com- parable to the situation today and might be generalized to other communities in that zone today. The present study can be regarded as a continuation of research activities directed towards the assessment of damage and loss potentials in German cities initiated by Deutsches Forschungs- netzwerk Naturkatastrophen (DFNK), while introducing recently elaborated and more refined approaches. The detailed survey and documentation of damage cases provide the basis to test the applicability of the developed GIS-based seismic risk assessment technologies to other seismic regions. For this purpose, the main damage zones and the distribution of mean damage grades in Albstadt/Tailfingen are reconstructed and the loss will be recalculated for the building inventory at the time of the quake in 1978. The vulnerability of building types is evaluated on the basis of the European Macroseismic Scale EMS-98. The classification of EMS-98 is used to transform the existing damage observations into a scheme of damage grades. In addition to the empirical approach, selected damage cases are examined by a recently developed evaluation tool for mason- ry structures, combining experience and analysis in a hybrid way to detect critical zones, as well as the extent and the level of da- mage. All results indicate a remarkable agreement with the re- ported situation. 1 Zur Bedeutung des Albstadt-Erdbebens vom 03. September 1978 Das Albstadt-Erdbeben vom 03. September 1978 war das stärkste Beben, das die Bundesrepublik Deutschland in den letzten 50 Jahren betroffen hat, wenn man vom nicht- tektonischen Gebirgsschlag im April 1989 in Völkershau- sen [1] absieht. Das Roermond-Beben vom 13. April 1992 war aufgrund der größeren Herdtiefe zwar verbreitet zu spüren [2], [3], erreichte aber keinesfalls die Schütterwir- kungen des Ereignisses in der Schwäbischen Alb. Die Bedeutung, die diesem Ereignis beizumessen ist, läßt sich daran festmachen, daß im Jahre 1981 die DIN 4149 Hochbauten in deutschen Erdbebengebieten einge- führt wurde [4]. Dabei wurde die Vorläufige Richtlinie für das Bauen in Erdbebengebieten des Landes Baden-Würt- temberg in wesentlichen Elementen übernommen. Die Seltenheit schwerer Erdbeben begründet den Um- stand, daß das Albstadt-Erdbeben vom 3. September 1978 Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben Teil 1: Rekonstruktion des Bebens in der Schwäbischen Alb vom 03. September 1978 Jochen Schwarz Tobias Langhammer Christian Kaufmann Fachthemen

Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben – Teil 1: Rekonstruktion des Bebens in der Schwäbischen Alb vom 03. September 1978

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Für die Erdbebengebiete der Bundesrepublik Deutschland stehenkeine Erfahrungswerte zur Verletzbarkeit des gegenwärtigenBauwerksbestands zur Verfügung. Die Erdbebentauglichkeit desGebäudebestands oder dessen Verletzbarkeit ist nicht untersuchtworden. Es fehlt demzufolge der Maßstab, um Ergebnisse seismi-scher Risikoabschätzungen bzw. Schadensszenarien kalibrierenzu können. In diesem Zusammenhang nimmt das Beben vom03. 09. 1978 in der Schwäbischen Alb eine Ausnahmestellung ein,da es zugleich das stärkste Beben darstellt, das die Bundesrepu-blik Deutschland in den letzten 50 Jahren betroffen hat. Es vermit-telt einen Eindruck von den durch die DIN 4149: 2005 verankertenBemessungserdbeben im unteren Stärkebereich der Zone 3. Auf-grund des begrenzten zurückliegenden Zeitfensters ist eine fürdeutsche Erdbebengebiete (Zone 3) einmalige Repräsentativitätder vorhandenen Bebauung gewährleistet. Der Beitrag setzt in neuen und erweiterten Ansätzen die im Rah-men des Deutschen Forschungsnetzwerkes Naturkatastrophen(DFNK) begonnenen Arbeiten zur Quantifizierung der Schadens-potentiale fort. Aufgrund der aussagefähigen Dokumentation derSchadenssituation ist das Albstadt-Beben besonders geeignet,um die Übertragbarkeit der entwickelten Methoden und Hilfsmit-tel auf andere Erdbebengebiete zu überprüfen. Ein Nachweis derLeistungsfähigkeit der entwickelten Methodik gelingt durch Re-interpretation der Hauptschadensgebiete in Albstadt-Tailfingenauf der Basis der Bebauungssituation von 1978 und durch die Ab-schätzung der Schadenssummen auf der Basis des damaligenWerteinventars. Die Vulnerabilität (Verletzbarkeit) der verschiedenen Bauweisenund Bauwerkstypen wird am Maßstab der Europäischen Makro-seismischen Skala EMS-98 beschrieben; auf dieser Grundlagewerden auch die Schadensfälle rekonstruiert und in Form derSchadensgrade neu bewertet. Für einzelne Schadensfälle können mittels eines für Mauerwerks-bauten entwickelten Bewertungs-Tools auch die Hauptschadens-zonen in guter Übereinstimmung mit dem realen Schadensbildprognostiziert werden.

Assessment of damage and loss potentials due to earthquake (1):reconstruction of the „Albstadt“ – quake in the Swabian Albs inSeptember 03, 1978. Due to lack of strong earthquakes, there isalmost no data or experience available concerning the behaviourand vulnerability of common buildings in German seismic zones.The consideration of their earthquake resistance or vulnerabilityis still outside the scope of official investigations. A scale is miss-ing to calibrate results of seismic risk assessment and to provetheir reliability. For these purposes, an outstanding importancehas to be attested to the September 03, 1978 Earthquake in theWestern Swabian Alb, the heaviest one in Germany over the last50 years.

520 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 82 (2005), Heft 8

The 1978 Albstadt earthquake provides an impression of the seve-rity of design earthquakes (in lower range) defined by DIN 4149:2005 for the highest zone 3. Due to the limited time elapsed sincethe quake, it can be assumed that the building inventory is com-parable to the situation today and might be generalized to othercommunities in that zone today. The present study can be regarded as a continuation of researchactivities directed towards the assessment of damage and losspotentials in German cities initiated by Deutsches Forschungs-netzwerk Naturkatastrophen (DFNK), while introducing recentlyelaborated and more refined approaches. The detailed survey and documentation of damage cases providethe basis to test the applicability of the developed GIS-basedseismic risk assessment technologies to other seismic regions.For this purpose, the main damage zones and the distribution ofmean damage grades in Albstadt/Tailfingen are reconstructedand the loss will be recalculated for the building inventory at thetime of the quake in 1978. The vulnerability of building types isevaluated on the basis of the European Macroseismic ScaleEMS-98. The classification of EMS-98 is used to transform theexisting damage observations into a scheme of damage grades.In addition to the empirical approach, selected damage casesare examined by a recently developed evaluation tool for mason-ry structures, combining experience and analysis in a hybrid wayto detect critical zones, as well as the extent and the level of da-mage. All results indicate a remarkable agreement with the re-ported situation.

1 Zur Bedeutung des Albstadt-Erdbebens vom 03. September 1978

Das Albstadt-Erdbeben vom 03. September 1978 war dasstärkste Beben, das die Bundesrepublik Deutschland inden letzten 50 Jahren betroffen hat, wenn man vom nicht-tektonischen Gebirgsschlag im April 1989 in Völkershau-sen [1] absieht. Das Roermond-Beben vom 13. April 1992war aufgrund der größeren Herdtiefe zwar verbreitet zuspüren [2], [3], erreichte aber keinesfalls die Schütterwir-kungen des Ereignisses in der Schwäbischen Alb.

Die Bedeutung, die diesem Ereignis beizumessen ist,läßt sich daran festmachen, daß im Jahre 1981 die DIN4149 Hochbauten in deutschen Erdbebengebieten einge-führt wurde [4]. Dabei wurde die Vorläufige Richtlinie fürdas Bauen in Erdbebengebieten des Landes Baden-Würt-temberg in wesentlichen Elementen übernommen.

Die Seltenheit schwerer Erdbeben begründet den Um-stand, daß das Albstadt-Erdbeben vom 3. September 1978

Quantifizierung der Schadenspotentialeinfolge Erdbeben Teil 1: Rekonstruktion des Bebens in der Schwäbischen Alb

vom 03. September 1978

Jochen SchwarzTobias LanghammerChristian Kaufmann

Fachthemen

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umfänglich und von verschiedenen Seiten ausgewertetwurde. Die wissenschaftlichen Auswertungen wurden vor-nehmlich durch das Institut für Geophysik Stuttgart (Lei-tung: Prof. Götz Schneider) durchgeführt. Im Ergebnis ste-hen eine Reihe von Dissertationen und Publikationen, dieauch für diesen Beitrag wertvolle Anregungen und Ver-gleichsmöglichkeiten geboten haben (u. a. [5], [6]).

Das Hauptbeben ereignete sich am 03. 09. 1978 um5.08 Uhr. Im Zusammenhang mit der Neufassung der Bau-norm für allgemeine Hochbauten in deutschen Erdbeben-gebieten gibt Schneider [7] eine Auflistung der für die dreiGefährdungszonen charakteristischen historischen Ereig-nisse. Danach ist das Beben mit der Epizentralintensitätvon I0 = 7,5 als ein Standardereignis für die Zone 3 zu be-trachten. Die Epizentralintensität steht dabei definitions-gemäß als Maß für die beim Beben beobachteten stärkstenSchütterwirkungen. Sie ist somit eine empirische Kenn-größe, die auf den Bebenwahrnehmungen und Schadens-meldungen basiert.

Für das Albstadt-Beben werden folgende Herdkenn-größen angegeben [6], [7]: Lokalbebenmagnitude ML = 5,7;Momentenmagnitude MW = 5,1; Herdtiefe h = 6,5 km.

Bild 1 zeigt die Karte der makroseismischen Wirkun-gen (Schüttergebiete) nach [5]. Auffällig sind die höherenIntensitätsgrade im Umkreis von 30 km um das Epizentrumund eine wenig ausgeprägte Streckung der Effekte nach

Süden sowie quer zum Streichen der Herdfläche. Auf-grund der geringen Herdtiefe konzentrieren sich nach [5]die schweren Bauwerksschäden auf eine schmale Zonevon wenigen Kilometern Länge, die im wesentlichen einerProjektion der Herdlinie auf die Erdoberfläche entsprach.

Vom Erdbeben liegen von der Station JungingenStrong-Motion-Aufzeichnungen vor, denen jedoch mit ei-ner gewissen Skepsis begegnet werden muß [8]. Wieckund Schneider [9] extrapolieren die Nachbebenmessun-gen auf das Niveau des Hauptbebens und kommen zudem Schluß, daß die horizontale Spitzenbodenbeschleu-nigung des Hauptbebens bei 2,0 bis 3,0 m/s2 gelegen ha-ben könnte. Da die Reinterpretation des Bebens und dieQuantifizierung der Schadenspotentiale analog zu [10],[11], [12] auf der Grundlage der Europäischen Makroseis-mischen Intensitätsskala EMS-98 [13] vorgenommen wird,ist die Größe der Bodenbeschleunigungen zunächst vonuntergeordneter Bedeutung und wäre erst bei der Bereit-stellung von Einwirkungen für die Standortuntersuchun-gen zu klären.

Das Beben vom 03. 09. 1978 vermittelt einen Ein-druck von den durch die DIN 4149 [14] verankerten Be-messungserdbeben im unteren Stärkebereich der Zone 3.Es ist aufgrund der aussagefähigen Dokumentation derSchadenssituation besonders geeignet, um Methoden zurQuantifizierung seismischer Schadenspotentiale zu veri-fizieren. Aufgrund des begrenzten zurückliegenden Zeit-fensters ist eine für deutsche Erdbebengebiete (Zone 3)einmalige Repräsentativität der vorhandenen Bebauunggewährleistet, die eine Übertragbarkeit des entwickeltenInstrumentariums auf andere Erdbebengebiete im Sinneeines Planungshilfsmittels gewährleistet.

Der Beitrag setzt in neuen und erweiterten Ansätzendie im Rahmen des Deutschen Forschungsnetzwerkes Na-turkatastrophen (DFNK) begonnenen Arbeiten des Teil-projekts B3.1 „Zu erwartende Erdbebenszenarien für deut-sche Großstadträume und Quantifizierung der Schadens-potentiale“ [15], [16] fort. Aufgrund der aussagefähigenDokumentation der Schadenssituation ist das Albstadt-Beben besonders geeignet, um die Übertragbarkeit dervom Erdbebenzentrum der Bauhaus-Universität Weimarentwickelten Methoden und Hilfsmittel auf andere Erd-bebengebiete zu überprüfen. Ein Nachweis der Leistungs-fähigkeit der entwickelten Methodik gelingt durch Reinter-pretation der Hauptschadensgebiete in Albstadt-Tailfingenauf der Basis der Bebauungssituation von 1978 und durchdie Abschätzung der Schadenssummen auf der Basis desdamaligen Werteinventars.

2 Rekonstruktion der Erdbebenschäden 2.1 Erfassung des Gebäudebestandes

Die Qualität seismischer Risikostudien wird wesentlichdurch die Aufnahme und Bewertung der Bausubstanz be-stimmt. Zur Realisierung dieser Aufgaben wird der in derFallstudie Ostthüringen entwickelten Vorgehensweise [10],[11] gefolgt. Als Testgebiet wurde Tailfingen gewählt, weiles qualitativ und quantitativ am stärksten vom Beben 1978betroffen war.

Im Sinne einer mikroskaligen Risikokartierung wurdeim Stadtgebiet Albstadt-Tailfingen eine detaillierte Bau-werksaufnahme in Anlehnung an den Katasterplan von

J. Schwarz/T. Langhammer/Chr. Kaufmann · Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben · Teil 1

Bild 1. Karte der makroseismischen Wirkungen des Alb-stadt-Erdbebens vom 03. September 1978: Schüttergebiete inBaden-Württemberg nach [5]Fig. 1. Macroseismic intensities caused by the September 03,1978 Albstadt Earthquake: shake map for the territory ofBaden-Wuerttemberg [5]

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1978 [17] gemäß Bild 2a vorgenommen. Für die Reinter-pretation des Gebäudebestandes von 1978 wurden auchzeitnahe Luftbildaufnahmen des Landesvermessungsam-tes Baden-Württemberg [18] herangezogen. Grundlage fürdie kartenmäßige Darstellung in diesem Beitrag bildet derdigitalisierte Katasterplan von Tailfingen mit Stand 2003,der vom Landesvermessungsamt Balingen freundlicher-weise zurVerfügung gestellt wurde. ZurAnpassung der ak-tuellen Bebauungssituation (Bild 2b) an den Stand von1978 wurden die vorhandenen Schadensberichte zugrundegelegt und vor Ort die baulichen Veränderungen an deneinzelnen Gebäuden (inklusive Neubau; Baulücken usw.)festgehalten. Anhand der beiden Pläne in den Bildern 2aund 2b sind die Bereiche der städtischen Erweiterung deut-lich zu erkennen.

Die Gebäudedokumentation wurde in Erwartung derFortführung des BMBF-Verbundvorhabens „Deutsches For-schungsnetzwerk Naturkatastrophen DFNK“ (u. a. [15],[19]) 2003 begonnen und 2004 abgeschlossen.

2.2 Verteilung der Bauweisen

Die Auswertung der Daten konzentrierte sich zunächst aufdie Identifikation und Verteilung der verschiedenen Bau-weisen innerhalb des durch die Bebauungssituation zumZeitpunkt 1978 eingegrenzten Aufnahmegebiets (Bild 3).Im Gebiet herrschen vor: ältere Mauerwerksbauten, Misch-bauten aus Mauerwerk und Fachwerk (gebaut in den 20erJahren des 20. Jahrhundert) sowie Mauerwerksbauten mitStahlbetonelementen (Decken, Unterzüge, Wandverstär-kungen) aus der Zeit um 1960 bis 1970.

2.3 Zuordnung von Verletzbarkeitsklassen

Analog zu den Bauwerksaufnahmen im Testgebiet Schmölln[10] wurde nahezu der gesamte Gebäudebestand in denwesentlichen Bauwerksparametern (Bauweise, Tragwerks-typ, Höhe, Geschoßzahl) dokumentiert. Zur Unterstützungder Einordnung in das Schema der Verletzbarkeitsklassengemäß EMS-98 [13] wurde jedes Bauwerk hinsichtlich derEinhaltung elementarer Grundregeln erdbebentauglicher

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Konstruktionen sowie hinsichtlich des Erhaltungszustan-des (hier nach drei Stufen des Sanierungs- und Ertüch-tigungsbedarfs, vgl. Anlage 3 in [10]) bewertet, um aucheine weitere Differenzierung zwischen den Bauwerken hin-sichtlich der Verletzbarkeit durch Zuordnung von Über-gangsklassen vornehmen zu können. Es wird der Vorzugder EMS-98 [13] zur Geltung gebracht, indem die Verletz-barkeit der Bauwerke nicht nach einem starren Schemaklassifiziert wird, sondern die Streubreite der tatsächlichenBauwerksmerkmale im Hinblick auf die Erdbebenwider-standsfähigkeit gewürdigt wird.

Nachdem für die Kleinstadt Schmölln (Thüringen)und auch für ein Testgebiet in der Großstadt Köln (Nord-

J. Schwarz/T. Langhammer/Chr. Kaufmann · Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben · Teil 1

Bild 2. Katasterplan von Albstadt-Tailfingen; a) Stand 1978, b) Stand 2003Fig. 2. Ordnance survey map of Albstadt-Tailfingen; a) situation in 1978, b) situation in 2003

a) b)

Bild 3. Verteilung der Bauweisen in Albstadt-Tailfingen fürdie Bebauung zum Zeitpunkt der Gebäudeaufnahme (aufge-nommen und bearbeitet durch EDAC, Bauhaus-UniversitätWeimar)Fig. 3. Distribution of building types in Albstadt-Tailfingenconsidering the building situation at the time of the buildingstock survey (processed by EDAC, Bauhaus University Wei-mar)

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rhein-Westfalen) durch [12], [20] vergleichbare Erhebun-gen vorliegen (Bilder 4a, 4b), stehen durch die Erhebun-gen nun auch Basisdaten für die südwestdeutschen Erdbe-bengebiete zurVerfügung (Bild 4c). Die gewonnenen Ergeb-nisse erweitern somit das Spektrum von Informationenüber die Bauwerkszusammensetzung bzw. die prozentualeAufteilung eines Bestands nach Verletzbarkeitsklassen; siebilden die Voraussetzung für eine geostatistische Extrapola-tion auf weitere seismisch exponierte Gebiete Deutschlands(Bild 4c). Die Qualität der Bausubstanz in Tailfingen kannim Hinblick auf die Erdbebentauglichkeit der vorherrschen-den Bauweisen als gut bewertet werden. Ein großer Pro-zentsatz der Gebäude heute und auch 1978 ist derVerletz-barkeitsklasse (Vulnerability Class VC) C zuordenbar.

2.4 Klassifikation der Bauwerksschäden nach Schadengraden

Bei der Rekonstruktion der Schadenssituation konnte u. a.auf die Schadensaufnahme des Bauamtes Tailfingen [21]und eine Fotodokumentation der Bauwerksschäden derLandesstelle für Bautechnik [22] zurückgegriffen werden.

Die Schadensbilder der am meisten betroffenen Bauwerkewaren in der Regel durch starke Rißbildungen zwischenden Öffnungen (Diagonalrisse) sowie in vielen Fällen durchdas Herauskippen unverankerter Giebelwände gekenn-zeichnet. Zur Sicherung geschädigter Gebäude wurdendiagonale Holzabstrebungen an den Außenseiten veran-kert (Abspriessungen), siehe Tabelle 1.

Die Hauptschadenszonen befanden sich im nördlichensowie im westlichen Teil von Tailfingen. In diesen Stadttei-len waren insbesondere zwei- bis dreistöckige Mauerwerks-bauten betroffen bzw. Wohngebäude, bestehend aus Mauer-werk im Erdgeschoß und Fachwerk in den Obergeschossen.

Zur Rekonstruktion der Schütterwirkungen wurdendie allgemeinen Schadensangaben nach [21] (Bild 5) inein Schema von Schadensgraden gemäß der EuropäischenMakroseismischen Skala EMS-98 [13] überführt (Bild 6).Gebäude mit Schadensgraden D ≤ 1–2 (1,5) werden inBild 6 nicht weiter differenziert. Da aber die Angaben zuden Bauwerksschäden nicht immer eindeutig mit den De-skriptoren der EMS-98 (Tabelle 1) korrespondieren, wurdeentschieden, den Bauwerksschaden im Sinne eines oberen

J. Schwarz/T. Langhammer/Chr. Kaufmann · Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben · Teil 1

Bild 4. Zusammensetzung der Bauweisen nach Verletzbarkeitsklassen der EMS-98 [13]; Ergebnisse von Datenerhebungenbzw. Fallstudien in den deutschen Erdbebengebieten; a) Schmölln (Thüringen) nach [10], b) Testgebiet Köln (Nordrhein-Westfalen) nach [15], c) Albstadt-Tailfingen (diese Studie)Fig. 4. Composition of buildings types with respect to their vulnerability classes acc. to EMS-98 [13]; results of surveys andcase studies in the main German earthquake regions; a) Schmölln (Thuringia) [10], b) Test area of Cologne (North Rhine-Westphalia) [15], c) Albstadt-Tailfingen (this study)

a) b) c)

Bild 5. Dokumentation der nach dem Erdbeben 1978 inAlbstadt-Tailfingen aufgenommenen Bauwerksschäden (unter Verwendung der Schadensbeschreibungen in [21])Fig. 5. Documentation of the building damage survey afterthe 1978 earthquake in Albstadt-Tailfingen with the descrip-tion of damage patterns according to [21]

Bild 6. Überführung der Schadensbilder gemäß Bild 5 inSchadensgrade nach der Europäischen MakroseismischenSkala EMS-98 [13] Fig. 6. Transformation of the damage pattern in fig. 5 intodamage grades acc. to the European Macroseismic ScaleEMS-98 [13]

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Schadensgrades festzulegen. Dies ist bei der Reinterpreta-tion der Schütterwirkungen zu berücksichtigen.

Im Ergebnis ist jedes Gebäude über den Schadensgrad(Di) in seiner charakteristischen Schädigung durch das Erd-beben vom 03. September 1978 beschrieben. Wie auch ausge-wählte Beispiele in Tabelle 1 veranschaulichen sollen, kon-zentrieren sich die Schäden auf die Schadensgrade D1 bisD3; nur in wenigen Fällen wurde Schadensgrad D4 erreicht.

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2.5 Flächenmäßige Verteilung der Schäden

Um eine Anonymisierung der Daten zu gewährleisten,wurde das Stadtgebiet von Tailfingen zunächst in ein Be-bauungsraster von 100 × 100 m2 eingeteilt, auf das sichauch die Datenerhebungen der zuständigen Bauämter be-ziehen. Für die einzelnen Rasterelemente kann somit zu-nächst die Schadensrate berechnet und dargestellt werden

J. Schwarz/T. Langhammer/Chr. Kaufmann · Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben · Teil 1

Tabelle 1. Definition der Schadensgrade nach EMS-98 [13] und beispielhafte Zuordnung der beim Albstadt-Erdbeben von1978 in Tailfingen geschädigten Wohngebäude (Hinweis: die Definition der Schadensgrade wird hier nur für Merkmale vonMauerwerksgebäuden wiedergegeben.)Table 1. Definition of damage grades according to European Macroseismic Scale EMS-98 [13] and examples of buildings inTailfingen damaged during the 1978 Albstadt Earthquake (Note: the definition of damage grades is reduced to the descrip-tions for masonry buildings.)

Klassifikation des Schadens von Mauerwerksgebäuden Beispiele:nach der Europäischen Makroseismischen Skala EMS-98 [13] Wohngebäude in Tailfingen 1978

Grad Schaden (allgemein) BildDi Merkmale

D1 vernachlässigbar bis gering(kein struktureller, geringernichtstruktureller Schaden)

Haarrisse in wenigen Wänden, kleine Putzablösungen; vereinzelt Herabfallen von losen Ziegeln von oberen Gebäudebereichen

D2 moderat(geringer struktureller, moderaternichtstruktureller Schaden)

Risse in vielen Wändengrößere Putzablösungen,Teileinstürze von Schornsteinen

D3 stark bis schwer(moderater struktureller, schwerernichtstruktureller Schaden)

große, ausgedehnte Risse in den meisten WändenVerrutschen von Dachziegeln,Schornsteinversagen in der Dachebene; Kollaps nichttragender Bauteile

D4 sehr schwer(schwerer struktureller, sehr schwerernichtstruktureller Schaden)

Versagen tragender Wändeteilweise Versagen von derDacheindeckung und Decken

D5 Nicht dargestellt, da beim Beben 1978 nicht aufgetreten

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(Bild 7). Dabei wird nur zwischen den beiden FällenSchädigung ja oder nein unterschieden und das Verhältnisder Gebäude mit Schäden im Verhältnis zur Gesamtzahlder Gebäude im Planquadrat ermittelt. Bild 7 zeigt das Er-gebnis der Analyse durch die Autoren, daß mit vergleich-baren Erhebungen des zuständigen Bauamtes [21] über-einstimmt. (Eine vergleichbare Darstellung im Raster 250 ×250 m2 ist [5] zu entnehmen). Bild 7verdeutlicht, daß sichauf dieser immer noch mikroskaligen, aber nicht mehr aufdas Einzelobjekt orientierten Ebene bereits Gebiete mitSchadenskonzentrationen deutlich abheben. Zur Abschät-zung der Schadenssummen werden aus den Anteilen dereinzelnen Schadensgrade (Di) mittlere Schadensgrade Dmbestimmt. Bild 8 zeigt den mittleren Schadensgrad Dm in-folge des Bebens vom 03. September 1978 für die einzel-nen, über das Stadtgebiet von Tailfingen gelegten Raster-elemente von100 × 100 m2. Mit dieser Karte liegt ein be-züglich der Schadensqualität aussagefähiges Kriterium zurBewertung der Bebenszenarien, der Methodik und einge-setzten Hilfsmittel vor. Daß sowohl Bild 7 (Schadensrate)als auch Bild 8 (mittlere Schadensgrade Dm) die Schadens-situation vergleichbar widerspiegeln, ist einerseits nichtüberraschend, andererseits ein Hinweis dafür, daß dermittlere Schadensgrad Dm die Schadenssituation reprä-sentativ abbildet. Das es zwischen beiden Darstellungenauch geringe Unterschiede gibt, mag verdeutlichen, daßdie Quantität des Auftretens und die Qualität des Scha-dens nicht immer korrelieren oder identisch sein müssen.Vielmehr kann die Position vertreten werden, daß sich immittleren Schadensgrad die schadensbegünstigenden Ein-flußfaktoren (z. B. Standortuntergrund oder Bauwerks-verletzbarkeit) differenzierter abbilden.

3 Reinterpretation der Schütterwirkungen: Bebenszenarienund Einflußparameter

3.1 Stufen der Bearbeitung

Im Rahmen der Untersuchungen werden unterschiedlicheBearbeitungsstufen verfolgt, die sich durch den Umfangder bei den Simulationen berücksichtigten Einflußfakto-ren unterscheiden, die hier mit Hinweis auf [15], [16] nurkurz erläutert werden sollen.

Stufe I: Standortunabhängige VorgehensweiseBei den deterministischen Erdbebenszenarien wird die In-tensitätsabnahme mit zunehmender Entfernung vom Herdberücksichtigt. Der Einfluß der standortspezifischen Un-terschiede in der Bodenbewegung (ermittelt für verschie-dene Tiefenprofile) wird nicht berücksichtigt.

Stufe II: Standortabhängige Vorgehensweise(a) Zur Gewährleistung einer konsistenten Bearbeitungwerden die lokalen Übertragungseigenschaften für reprä-sentative Standortgruppen berechnet. Über die Standort-periode oder charakteristischen Merkmale des Schicht-aufbaus werden Profilgruppen definiert bzw. zusammen-gefaßt. Die Bodenbewegung wird dann über die verschie-denen Modellprofile rasterförmig festgelegt. Aus den ermit-telten Spektren werden in den charakteristischen Perioden-bereichen allgemeiner Geschoßbauten die seismischenEinwirkungen differenziert und schließlich die lokale In-tensität ermittelt. Diese Intensitätsinkremente führen letzt-lich zu den Unterschieden in der Schadensverteilung ge-genüber Bearbeitungsstufe I [23]. Im Testgebiet wurden ingrößerem Umfange auch meßtechnische Standortuntersu-chungen durchgeführt [24]. (b) Die untergrundabhängige Vorgehensweise wurde nichtzuletzt unter dem Eindruck der vornehmlich infolge der

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Bild 7. Rekonstruktion der Schadenserhebung für Albstadt-Tailfingen gemäß Bild 5 in einem 100 × 100 m2 Raster. (Hin-weis: Es wird der prozentuale Anteil der geschädigten Bau-substanz zur gesamten Bebauung je Rasterelement darge-stellt; der Schadensgrad wird dabei nicht berücksichtigt.)Fig. 7. Reconstruction of the damage survey of Albstadt-Tailfingen using results of fig. 5 and a mesh of 100 × 100 m2

grid elements. (Note: The ratio of damaged buildings to thewhole building stock is shown, the grade of damage remainsunconsidered.)

Bild 8. Darstellung der für 100 × 100 m2 Rasterelementegemäß Bild 7 repräsentativen mittleren Schadensgrade Dm(ermittelt aus den rekonstruierten Schadensgraden in Alb-stadt-Tailfingen gemäß Bild 6)Fig. 8. Evaluation of the mean damage grades Dm for100 × 100 m2 grid elements in Albstadt-Tailfingen accordingto fig. 7 (using the reconstructed damage grades in fig. 6)

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Topographie begründeten Schadensfälle beim Bingöl (Tür-kei)-Erdbeben 2003 (vgl. [25]) durch eine GIS-Daten-ebene für diesen Einflußfaktor erweitert.

Bearbeitungsstufe II beinhaltet somit die Tiefentopo-graphie des Grundgebirges (a) als auch die Oberflächen-topographie (b).

Zur Anwendung im Testgebiet. Der Untergrund in Alb-stadt ist durch anstehenden Fels, der wiederum durch Se-dimentschichten geringer Mächtigkeit (zwischen 10 und15 m) überlagert ist, gekennzeichnet. Derartige Tiefenpro-file lassen in dem für allgemeine Hochbauten charakteri-stischen Periodenbereich signifikante Verstärkungseffekteerwarten (Spektrumtyp C-R in DIN 4149 [14]). Der Ein-fluß des Untergrunds wird mittels Standortanalysen fürdie jeweilige Bodenschichtung berücksichtigt. Das Stadt-gebiet wird ausgehend vom Raster 100 × 100 m2 (Bild 7)weiter in Rasterelemente 50 × 50 m2 eingeteilt, und fürdiese die erforderlichen Korrekturwerte (Delta-Intensitä-ten) ermittelt. Für jeden Standort bzw. Rasterpunkt wirdder Einfluß des Untergrunds somit durch ein Intensitäts-inkrement in den Szenarien berücksichtigt.

Analog zur Bearbeitungsstufe IIa wird auch fürStufe IIb (Topographie) ein Raster von 50 × 50 m2 gewählt,wobei unterstellt wird, daß Verstärkungseffekte der Bo-denbewegung (Faktor 1.4) innerhalb eines Rasterelements(max. 50 m Einflußbreite) entlang der Böschungskantezum Tragen kommen. Als Grundlage dient das in [25] er-läuterte Schema. Es sei vorweggenommen, daß die Simu-lation in Stufe IIb (d. h. unter Berücksichtigung der Topo-graphie) nicht oder nur unwesentlich zur Ergebnisverbes-serung beigetragen haben. Infolge der gesamten topogra-phischen Situation sind die Effekte somit nicht in demMaße ausprägt wie bei anderen (weitaus stärkeren) Erdbe-ben [26].

Stufe III: Vorgehensweise unter Berücksichtigung derdynamischen BauwerkseigenschaftenWährend in den Bearbeitungsstufen I und II die verschie-denen Bauweisen über die Verletzbarkeitsklassen in dieSchadensanalysen eingehen, berücksichtigt Stufe III diedynamischen Bauwerkseigenschaften über die Bauwerks-höhe (IIIa) oder bauweisenabhängig über die Lage derGrundschwingung (IIIb) im Spektrum.

Die seismische Einwirkung folgt aus den Kenngrößender Bebenstärke des Bebens von 1978 und den Koordina-ten des nordwestlich, 3 km vom Stadtzentrum entfernt ge-legenen Epizentrum (ca. 1,5 km Entfernung zur Randbe-bauung).

3.2 Verletzbarkeitsfunktionen

Die Verteilung der Schadensgrade für eine bestimmte In-tensität stellt für die Gesamtheit einer betroffenen Bau-weise die Verletzbarkeitsfunktion dar. Aufgrund der Viel-falt der Bauweisen und der fehlenden Erfahrungswertesind repräsentative Verletzbarkeitsfunktionen als die ent-scheidenden Eingangsgrößen für realistische Schadens-szenarien zu betrachten. Die Anzahl der Verletzbarkeits-funktionen kann reduziert werden, wenn die Bauweisen inVerletzbarkeitsklassen (A, B, …, F oder auch Übergangs-

526 Bautechnik 82 (2005), Heft 8

klassen AB, BC, …) überführt werden (vgl. Bild 4). Fürjede Verletzbarkeitsklasse wird ein mittlerer SchadensgradDm bestimmt, der quasi die Beteiligung bzw. Verteilungder einzelnen Schadensgrade in der Verletzbarkeitsfunk-tion repräsentativ ersetzt. Da die Bauweisen bei gleicherVerletzbarkeitsklasse naturgemäß eine unterschiedlicheZusammensetzung der Schadengrade für die Bezugsinten-sität aber auch eine unterschiedliche Schadensprogres-sion mit der Intensität erwarten lassen, ist eine Berück-sichtigung dieser Streuung über den mittleren Schadens-grad intensitätsabhängig vorzunehmen.

3.3 Szenarien und Ergebnisse

In den Berechnungen wird die Epizentralintensität im Be-reich von I0 = 7,0 bis I0 = 7,5 in Dezimalschritten variiert.In jedem Szenarium wird die Schadenserwartung für dieeinzelnen Gebäude in Form der Schadensgrade Di (nachEMS-98) simuliert, in der weiteren Bearbeitung jedoch fürden Gebäudebestand in den Rasterelementen flächenhaftgemittelt. Die Berechnungen folgen in den verschiedenenBearbeitungsstufen und mit dem Ansatz von Intensitäts-inkrementen den am Erdbebenzentrum der Bauhaus-Uni-versität Weimar entwickelten methodischen Grundlagen(u. a. [10], [11], [15], [16], [23]).

Auf der Grundlage der in den Rasterelementen ermit-telten Schadensgrade kann ein Abgleich zwischen Simula-tion und Beobachtung vorgenommen werden. Es bietetsich ein Vergleich, bezogen auf die allgemeine Schädigung(ja/nein gemäß der Auswertung in Bild 7) oder bezogenauf den mittleren Schadensgrad Dm (Bild 8), an. Dabeikönnen Ergebnisse für die einzelnen Gebäude simuliertund dann gemittelt oder auch nur die mittleren Schadens-grade für die einzelnen Rasterelemente gegenübergestelltwerden. Die mittleren Schadensgrade werden im folgen-den in einer Halbgradabstufung zusammengefaßt.

Für die Ergebnisse werden, jeweils bezogen auf dieRasterelemente von 100 × 100 m2, zwei Darstellungsfor-men gewählt: a) die Verteilung der mittleren Schadengrade Dm im Stadt-gebiet und b) die erreichte Übereinstimmung mit der realen Schadens-situation auf der Ebene der Schadensrate.

Die für alle Bearbeitungsstufen simulierten Schadens-verteilungen können hier nur an wenigen Beispielen vor-gestellt werden. Die Bilder 9a und 10a zeigen die mittlerenSchadensgrade Dm für die Intensitäten von I0 = 7,0 bzw. I0 = 7,5 im Ergebnis von Bearbeitungsstufe I.

Bild 11a veranschaulicht die mittleren Schadensgradebzw. die erzielte Annäherung an die reale Schadenssitua-tion für die Epizentralintensität I0 = 7,5, wenn quasi dieumfänglichste Bearbeitungsstufe (Stufe IIIb) gewählt wird.Der Maßstab für die Bewertung der Ergebnisse ist mitBild 8 gegeben.

Bild 9b (Stufe I, I0 = 7,0), Bild 10b (Stufe I, I0 = 7,5)und Bild 11b (Stufe IIIb, I0 = 7,5) spiegeln die Qualität derSimulation am Maßstab der Schadensraten. Die Farbab-stufungen zeigen die Planquadrate, in denen die Unter-schiede, bezogen auf die Anzahl der durch das Rasterele-ment überdeckten Gebäude, größer (weiß) oder kleiner10 % (gelb) sind. Die dunkle Färbung der Rasterelementeveranschaulicht somit eine gute Übereinstimmung der Ana-

J. Schwarz/T. Langhammer/Chr. Kaufmann · Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben · Teil 1

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lysen bezüglich der Anzahl geschädigter Gebäude inner-halb des Rasterelements und am Maßstab der beim Beben1978 tatsächlich aufgetretenen Gebäudeschäden.

Die Ergebnisse lassen folgende Schlußfolgerungenzu:– Mit zunehmender Komplexität der Bearbeitung bzw. derberücksichtigten Einflußfaktoren gelingt eine bemerkens-werte Annäherung an die Schadenssituation.– Der mittlere Schadensgrad Dm (als repräsentative undqualitativ aussagefähige Kenngröße des Bauwerksschadensin rasterförmig aufgeteilten Teilflächen) spiegelt die Beben-wirkungen weitaus differenzierter wider, als dies über die

Abfrage einer allgemeinen Schädigung (ja/nein) und diedaraus abgeleitete Schadensrate (als quantitative Kenn-größe) gelingen kann. – Die entwickelte Methodik ist geeignet, eine plausibleReinterpretation der Schütterwirkungen des Bebens vom03. September 1978 vorzulegen. Nach den Fallstudien inanderen Erdbebengebieten Deutschlands wird ihre allge-meine Anwendbarkeit und Leistungsfähigkeit bestätigt.

Die zeitlichen Veränderungen der Bausubstanz (von1978 bis 2004) liegen mit den jeweiligen Karten in digitali-sierter Form vor. Neben der Reinterpretation des Bebensvon 1978 könnten somit problemlos auch Schadenszena-

J. Schwarz/T. Langhammer/Chr. Kaufmann · Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben · Teil 1

Bild 9. Reinterpretation des Bebens vom 03. 09. 1978; Ergebnisse für Erdbebenszenarium I0 = 7,0 in Bearbeitungsstufe I(Bebauungssituation Tailfingen 1978); a) mittlerer Schadensgrad Dm für die 100 × 100 m2 Rasterelemente,b) Grad der Abweichung zwischen Simulation und BeobachtungFig. 9. Reinterpretation of the September 03, 1978 Earthquake. Results for an epicentral (scenario) intensity I0 = 7.0 and aseismic risk evaluation with level I (building situation of 1978); a) distribution of the mean damage grade Dm within the100 × 100 m2 grid elements, b) indication of the difference between simulation and real shaking

a) b)

Bild 10. Reinterpretation des Bebens vom 03. 09. 1978; Ergebnisse für Erdbebenszenarium I0 = 7,5 in Bearbeitungsstufe I(Bebauungssituation Tailfingen 1978); a) mittlerer Schadensgrad Dm für die 100 × 100 m2 Rasterelemente,b) Grad der Abweichung zwischen Simulation und BeobachtungFig. 10. Reinterpretation of the September 03, 1978 Earthquake. Results for an epicentral (scenario) intensity I0 = 7.5 and aseismic risk evaluation with level I (building situation in Tailfingen of 1978); a) distribution of the mean damage grade Dmwithin the 100 × 100 m2 grid elements, b) indication of the difference between simulation and real shaking

a) b)

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rien für die gegenwärtige Bebauungssituation durchgespieltwerden (s. Bild 2b).

3.4 Verifikation konkreter Schadensfälle

Die Qualität der seismischen Risikokartierung kann wei-ter verbessert werden, wenn der intensitätsbasierte (empi-rische) Ansatz durch die Analyse ausgewählter, für denBauwerksbestand repräsentativer Bauwerke ergänzt wirdund im Wechselspiel der Ergebnisse eine Kalibrierung derSchadensprognosen erfolgen kann. Da diese Analysen auf-wendig sind und präzise Eingangsdaten voraussetzen, emp-fehlen sich meßtechnische Untersuchungen (u. a. [27])oder Bewertungs-Tools, die Erfahrungswerte und Kapazi-tätsanalysen kombinieren.

In Verbindung mit den Wiederaufbaumaßnahmennach schweren Erdbeben in Zentralasien und mit der In-genieuranalyse der Lehm- und Mauerwerksbauten wurdeam Erdbebenzentrum der Bauhaus-Universität Weimardas Tool BLM entwickelt (u. a. [28]). Es ermöglicht eineschnelle und effiziente Bewertung der Erdbebenwider-standsfähigkeit bestehender Gebäude in der Zusammen-führung von drei Datenebenen. Es wird für den in [29] do-kumentierten und durch [30] bekannten Schadensfall inOnstmettingen vorgestellt.

Konstruktive Parameter (Ebene 1): Nach Eingabe derParameter aller Vollgeschosse werden einzelne Kenngrö-ßen wie z. B. Wanddicken, Öffnungsbreiten oder Masse-und Steifigkeitsverteilung im Grund- und Aufriß unter-sucht. Dabei werden diejenigen Gebäudeelemente mar-kiert, welche die definierten Kriterien (erdbebentauglicherKonstruktionen) nicht einhalten.

Torsion (Ebene 2): Die bei unregelmäßigen und un-symmetrischen Grundrissen torsionsbeanspruchten Be-reiche werden farblich hervorgehoben und der Grad derMehrbelastung ermittelt (Bild 12).

528 Bautechnik 82 (2005), Heft 8

Kapazitätsanalyse (Ebene 3): Durch die Anwendungder nichtlinearen statischen „Pushover“-Analyse wird dieKapazitätskurve des Bauwerks ermittelt; für eine definierteseismische Einwirkung kann damit die zu erwartendeSchädigung beschrieben bzw. über die Schadensgrade derEMS-98 [13] klassifiziert werden.

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Bild 12. Bewertung des Modells eines Mauerwerksgebäudes(Schadensfall in Albstadt-Onstmettingen gemäß den Bil-dern 14, 15) bezüglich der Grundrißsituation und Torsions-effekte; Bearbeitungsebene 2 (Torsion) im BLM-Tool (EDAC,2002)Fig. 12. Evaluation of the model of a masonry building (da-mage case in Albstadt-Onstmettingen according to figs. 14and 15) concerning ground-plane and torsional effects;level 2 (Torsion) in BLM tool (EDAC, 2002)

Bild 11. Reinterpretation des Bebens vom 03. 09. 1978: Ergebnisse für Erdbebenszenarium I0 = 7,5 in Bearbeitungsstufe IIIb(Bebauungssituation Tailfingen 1978); a) mittlerer Schadensgrad Dm für die Rasterelemente, b) Grad der Abweichung zwi-schen Simulation und Beobachtung Fig. 11. Reinterpretation of the September 03, 1978 Earthquake. Results for an epicentral (scenario) intensity I0 = 7.5 and aseismic risk evaluation with level IIIb (building situation in Tailfingen of 1978); a) distribution of the mean damage gradeDm within the 100 × 100 m2 grid elements, b) indication of the difference between simulation and real shaking

a) b)

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529Bautechnik 82 (2005), Heft 8

In die Gesamtbewertung fließen die Bewertungser-gebnisse der einzelnen Ebenen ein. Es ist somit möglich,den Umfang und die Lage der Schäden (kritische Zonen)innerhalb des Gebäudes anschaulich darzustellen (Bild 13).Im Hinblick auf den gewählten Schadensfall wird einestärkere Schädigung in der Giebelwand des Erdgeschossesprognostiziert, die auf die Grundrißgestaltung des Erdge-schosses zurückzuführen wäre.

Wie Bild 14 nach [29] und Bild 15 nach [30] zeigen,ist der tatsächlich entstandene Schaden mit dem Tool BLMreproduzierbar.

4 Rekalkulation der wirtschaftlichen Schäden 4.1 Schadensfunktionen

Die Quantifizierung der Schadenspotentiale in Form wirt-schaftlicher Schäden (Verluste) setzt in der hier beschrie-benen Vorgehensweise voraus, daß zwischen einem be-stimmten Schadensbild bzw. dem zugehörigen Schadens-grad und dem prozentualen (auf den Gesamtwert des Ge-bäudes bezogenen) Verlust ein Zusammenhang besteht. DieBeschreibung bieten Schadensfunktionen zwischen Inten-sität und dem Mean Damage Ratio (MDR), die für die vor-herrschenden Bauweisen oder für Verletzbarkeitsklassennach der EMS-98 [13] bereitzustellen wären.

Der über die prozentualen Anteile der einzelnen Scha-densgrade Di bestimmbare mittlere Schadensgrad Dm er-möglicht über den Mean Damage Ratio (MDR) Verlust-schätzungen (vgl. [11], [12], [15], [16]), die hier der Rekal-kulation der volkswirtschaftlichen Schäden des Albstadt-Bebens 1978 zugrunde gelegt werden können.

Auf der Basis der versicherungsseitigen Erhebungendes Albstadt-Bebens vom 03. 09. 1978 werden die denSchütterwirkungen (Intensitäten) folgenden Verlustraten(bezogen auf den Gebäudewert) ermittelt [31]: 0,004 (I =VI, VI–VII), 0,02 (I = VII) und 0,07 (I = VIII). Es wirddemzufolge von einer von der Verletzbarkeit unabhängi-gen Umrechnung von Schadensgrad in Verlust ausgegan-gen. In [12] wird dieser Ansatz durch Einführung einerStreubreite der mittleren Schadensverhältnisse modifiziertund weiterentwickelt.

Es werden mit Bezug auf [32] zwei unterschiedlicheVorgehensweisen gewählt (Bild 16):

J. Schwarz/T. Langhammer/Chr. Kaufmann · Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben · Teil 1

Bild 13. Gesamtbewertung der Erdbebenwiderstandsfähig-keit des Beispielgebäudes und Identifikation der kritischen(nach Grad der Schädigung differenzierten) Bauwerkszonenmittels BLM-Tool (EDAC, 2002)Fig. 13. Final evaluation of the quality and earthquakeresistance of the test masonry building and identification ofthe critical (probable damage) zones using the BLM tool(EDAC, 2002)

Bild 14. Rißbildung in der Giebelwand des Beispielgebäu-des in Albstadt-Onstmettingen nach [29]Fig. 14. Damage pattern and distribution of cracks in thegable wall of the masonry test building [29] in Albstadt-Onstmettingen

Bild 15. Detailaufnahme des Bauwerksschadens im Eck-bereich des Erdgeschosses nach [30]Fig. 15. Detailing of the damage pattern in the intersectionof outer masonry walls of the ground floor (taken from [30])

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– Variante „MDR (Dm)“: Der Zusammenhang zwischenMean Damage Ratio MDR und Intensität wird für die mitt-leren Schadensgrade durch bauweisenunabhängige Mit-telwerte und Angabe der oberen und unteren Grenzwertefestgelegt. Entsprechende Werte liegen bereits den Unter-suchungen in Köln und in der Niederrheinischen Bucht[12] zugrunde. So wird für Dm = 1,0 ein Bereich von MDR =0,01 (0,005 bis 0,025) und für Dm = 2,0 ein Bereich vonMDR = 0,08 (0,05 bis 0,1) empfohlen, wobei sich dieKlammerangaben auf wahrscheinliche untere und obereGrenzwerte beziehen. – Variante „MDR (Dm, VC)“: Der Zusammenhang MDR-Intensität wird in Abhängigkeit von der Verletzbarkeits-klasse der Gebäude durch intensitätsabhängige Streubrei-ten berücksichtigt.

Beide Varianten werden im folgenden überprüft.Grundsätzlich lassen sich unterschiedliche Anforderun-gen ableiten, wenn der Schaden für ein Stadtgebiet oderdie gesamte betroffene Region bestimmt bzw. wie im Falledes Bebens 1978 nachvollzogen werden soll.

Die Beschreibung einzelner Teilschritte und ihre Spie-gelung an den bisher üblichen Vorgehensweisen werden ineinem Folgebeitrag gegeben [32], dem die folgenden Er-gebnisse entnommen sind.

4.2 Verlustschätzung für Albstadt

Für die Bestimmung des zu erwartenden Schadens liegenfür jedes Bauwerk bzw. jedes Flächenelement die zu er-wartenden mittleren Schadensgrade Dm vor (Bilder 8 bis

530 Bautechnik 82 (2005), Heft 8

11). ZurVerlustabschätzung fehlen noch die Angaben zumGebäudewert. Der Basiswert kann über verschiedene Mo-delle ermittelt werden. Im Rahmen der gewählten mikro-skaligen Vorgehensweise und aufgrund der detailliertenKenntnis der Bausubstanz wird eine Wertermittlung aufGrundlage der Nettoherstellungskosten vorgenommen. EineSkalierung des Werteinventars von 2000 erfolgt über einenAnpassungsfaktor für Baden-Württemberg und das Jahr1978 [33].

Bild 16 veranschaulicht den zu erwartenden Schadens-summenbereich für das Werteinventar 1978 unter Varia-tion der Epizentralintensität und der Beschränkung auf dasGebiet Albstadt-Tailfingen. Dabei werden die von der Ver-letzbarkeitsklasse unabhängige [MDR (Dm)] und die ab-hängige Vorgehensweise [MDR (Dm, VC)] für die in Ab-schnitt 3.2 vorgestellten Bearbeitungsstufen als Schadens-bereich zusammengefaßt und gegenübergestellt.

Der tatsächliche Schaden in diesem Gebiet 1978 wirdmit 64 Mio. DM (ca. 32 Mio. €) angegeben [34]. Der Ver-gleich des tatsächlich aufgetretenen Schadens (von 1978)mit dem derverletzbarkeitsabhängigen Vorgehensweise zeigtwiederum gute Übereinstimmung. DerAnsatz über die Va-riante MDR (Dm), d. h. ohne differenzierte Berücksich-tigung der Bauwerksverletzbarkeit, führt in den hier ver-wendeten Zusammenhängen Dm – MDR zu einer Unter-schätzung der Schadenssumme.

Der Schnittpunkt zwischen dem berichteten Versiche-rungsschaden und den rekalkulierten Schäden indizierteine rechnerische Intensität zwischen 7,2 und 7,3, d. h., füreine Epizentralintensität zwischen I0 = 7,0 und I0 = 7,5kann der Bauwerksschaden in der Rekalkulation bestätigtwerden. Dabei ist anzumerken, daß die Schadensgrade(Bild 6) konservativ festgelegt wurden, d. h., die o. g. rech-nerischen Intensitäten stellen untere Grenzwerte dar.

4.3 Schadenspotentiale – ein Ausblick

Der Gesamtschaden des vornehmlich in Baden-Württem-berg verspürten Bebens wird mit 150 Mio US$ beziffert;die Anzahl der geschädigten Gebäude wird mit 6850 ange-geben [31].

Die Übertragbarkeit der hier dargestellten mikroskali-gen Vorgehensweise (kleine Stadtgebiete) auf größere Ziel-gebiete (Gemeinde-, Kreis-, Länder- bzw. Bundesebene) istmöglich und wird durch Bereitstellung der methodischenGrundlagen und Datenebenen derzeit vorbereitet.

Mit der auch für makroskalige Untersuchungen ge-eigneten Vorgehensweise soll abschließend überprüft wer-den, welcher Schaden sich für das gesamte Schüttergebietgemäß Bild 1 ermitteln läßt. Ein erster Bearbeitungsschrittsieht die Zuordnung der Schütterwirkungen auf eine Ver-waltungs- oder auch PLZ-Ebene vor (Bild 17), für die dasWerteinventar erhoben werden kann bzw. zur Verfügungsteht. Gemäß der Bebauungssituation kann Bild 17 (Stand-ortintensitäten) in Bild 18 (mittlere Schadensgrade Dm,bezogen auf die Gemeindeebene) überführt werden. Dabeiwird für den Gebäudebestand eine Zusammensetzung derVerletzbarkeitsklassen gemäß Bild 6c zugrunde gelegt. Da-nach ergibt sich für das auf den Stand von 1978 skalierteWerteinventar ein Bauwerksschaden von ca. 65 Mio. € [32].

Mit der vom Erdbebenzentrum entwickelten Metho-dik der seismischen Risikokartierung und Quantifizierung

J. Schwarz/T. Langhammer/Chr. Kaufmann · Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben · Teil 1

Bild 16. Rekalkulation der wirtschaftlichen Schäden imStadtgebiet Albstadt-Tailfingen für das Werteinventar von1978 (Hinweis: Berechnungen werden für die im Beitrag er-läuterten Bearbeitungsstufen (I bis IIIb) durchgeführt undals Schadensbereiche angegeben). Vergleich des tatsächlichaufgetretenen Schadensniveaus mit den Ergebnissen der Va-rianten mit und ohne Berücksichtigung der Verletzbarkeits-klassen „MDR (Dm, VC)“ und „MDR (Dm)“ Fig. 16. Recalculation of losses in Albstadt-Tailfingen usingthe inventory of 1978. (Note: Results for all calculations andlevels of seismic risk mapping (I to IIIb) are given as rangesfor individual intensities.) Comparison of reported losseswith damage assessments performed in this study, with andwithout refined consideration of vulnerability classes by thevariants „MDR (Dm, VC)“ and „MDR (Dm)“

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der Schadenspotentiale würde sich nach [32] für die Epi-zentralintensität von I0 = 7,4 in Bearbeitungsstufe II, d. h.ohne Differenzierung der Verletzbarkeitsklassen in denSchadensfunktionen gemäß Variante MDR (Dm), aberunter Berücksichtigung der Untergrundbedingungen, undnach Einführung von Intensitätskorrekturen ebenfalls eineSchadenssumme von etwa 65 Mio. € ergeben. Unter An-satz der im Beitrag angedeuteten, von der Verletzbarkeits-klasse abhängigen Verlustabschätzung (Variante MDR (Dm,VC) in Bild 16), ergeben die Szenarien Schadensummen,die in der Größenordnung des tatsächlichen Schadens zuliegen kommen, wobei sowohl für makroseismischen Schüt-terwirkungen (Bild 17) als auch für die mittleren Schadens-grade (Bild 18) veränderte Karten ermittelt werden.

Die Quantifizierung der Schadenspotentiale in denHaupterdbebengebieten Deutschlands ist Gegenstand wei-terer, in Vorbereitung befindlicher Publikationen [32], [35].Wie die Datenerhebungen und Analysen bestätigen, wärebei Wiederholung der Schütterwirkungen des Albstadt-Bebens vom 03. September 1978 heute von einer deut-lichen Anhebung der volkswirtschaftlichen Schäden aus-zugehen. Des weiteren bleibt zu klären, welche Schädenbei stärkeren Beben mit höheren Intensitäten in realisti-scher Abschätzung zu erwarten wären.

Die Ergebnisse unterstreichen somit die Bedeutungeiner differenzierten Bewertung der Bausubstanz in dendeutschen Erdbebengebieten, sowohl für die Versiche-rungswirtschaft als auch für die behördlichen und mitFragen des Katastrophenmanagements konfrontiertenEntscheidungsträger.

DanksagungDie Autoren danken den Mitarbeitern der StadtverwaltungAlbstadt für die konstruktive Unterstützung der Daten-erhebungen und die Möglichkeit der Einsichtnahme in dieSchadensdokumentation. Für das Interesse an den Arbei-ten und die Unterstützung der Recherchen gebührt HerrnBernd-Michael Abt vom Bauverwaltungsamt Albstadt,Herrn Gerhard Kuntz und Herrn Rolf Paul vom Stadt-planungsamt Albstadt sowie Herrn Dr. Gränzer von derLandesstelle für Bautechnik in Stuttgart unser besondererDank.

An den Auswertungen und Messungen vor Ort warenseitens des Erdbebenzentrums der Bauhaus-UniversitätWeimar weiterhin beteiligt: Dipl.-Ing. Silke Amstein, Dipl.-Ing. Lars Abrahamczyk und Dr.-Ing. Dominik H. Lang.

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[3] Meidow, H., Ahorner, L.: Macroseismic effects in Germanyof the 1992 Roermond earthquake and their interpretation.Geologie en Minjnbouw, 73 (1994), 271–279, Kluwer Acade-mic Publisher.

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J. Schwarz/T. Langhammer/Chr. Kaufmann · Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben · Teil 1

Bild 17. Aufbereitete Schüttergebietskarte des Bebens vom03. September 1978 nach [5] mit Zuordnung der Standort-intensitäten zu den Verwaltungseinheiten (Baden-Württem-berg)Fig. 17. Processed macroseismic shake map of the Septem-ber 03, 1978 Albstadt earthquake with site intensities assign-ed to the administrative units (in Baden-Wuerttemberg)

Bild 18. Verteilung der Erdbebenschäden in Form des mitt-leren Schadensgrades Dm unter Zugrundelegung der makro-seismischen Schütterwirkungen in den Verwaltungszonengemäß Bild 17 (nach [32]).Fig. 18. Probable distribution of mean damage grades Dmpredicted for the shake map of fig. 17 taken from [32]

Page 13: Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben – Teil 1: Rekonstruktion des Bebens in der Schwäbischen Alb vom 03. September 1978

[5] Hiller, D.: Makroseismische Wirkungen des Albstadt-Be-bens vom 03. September 1978 in Baden-Württemberg. Disser-tation. Institut für Geophysik der Universität Stuttgart, Stutt-gart 1985.

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[8] Schwarz, J., Lang, D., Golbs, Ch.: Erarbeitung von Spektrenfür die DIN 4149-neu unter Berücksichtigung der Besonder-heiten deutscher Erdbebengebiete und der Periodenlage vonMauerwerksbauten. Forschungsbericht im Auftrage der Deut-schen Gesellschaft für Mauerwerksbau e. V., Erdbebenzen-trum am Institut für Konstruktiven Ingenieurbau der Bau-haus-Universität Weimar, Juli 1999 (1. Entwurf), September1999 (Endfassung).

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[10] Schwarz, J., Raschke, M., Maiwald, H.: Methodische Grund-lagen der seismischen Risikokartierung am Beispiel der StadtSchmölln/Ostthüringen (1): Erfassung und Bewertung desBauwerksbestandes. Thesis – Wiss. Zeitschrift der Bauhaus-Universität Weimar, Heft 47 1/2, S. 180–199, Weimar 2001.

[11] Schwarz, J., Raschke, M., Maiwald, H.: Methodische Grund-lagen der seismischen Risikokartierung am Beispiel der StadtSchmölln/Ostthüringen (2): Modellereignisse, lokale Verstär-kungseffekte und Schadensszenarien. Thesis – Wiss. Zeitschriftder Bauhaus-Universität Weimar, Heft 47 1/2, S. 200–217,Weimar 2001.

[12] Schwarz, J., Langhammer, T., Maiwald, H., Smolka, A.:Comparative Seismic Risk Studies for German EarthquakeRegions – Damage and Loss Assessment for the City of Co-logne. Proceedings 13th WCEE Vancouver/Kanada (2004),Paper No. 238, 15 pages.

[13] Grünthal, G. (ed.), Mußon, R., Schwarz, J., Stucchi, M.:European Macroseismic Scale 1998. Cahiers du Centre Euro-péen de Geodynamique et de Séismologie, Volume 15 (1998),Luxembourg.

[14] DIN 4149 (2005): Bauten in deutschen Erdbebengebieten.Lastannahmen, Bemessung und Ausführung üblicher Hoch-bauten. Vorgesehen als Ersatz für DIN 4149-1:1981-04 undDIN 4149-1/A1:1992-12. Normenausschuß im Bauwesen(NABau) im DIN Deutsches Institut für Normung e. V., April2005, Berlin.

[15] Schwarz, J., Maiwald, H., Raschke, M.: Zu erwartendeErdbebenszenarien für deutsche Großstadträume und Quan-tifizierung der Schadenspotentiale. Bericht zum TeilprojektB3.1 in: Risiken durch Naturgefahren. Abschlußbericht desBMBF-Verbundprojektes Deutsches Forschungsnetz Natur-katastrophen (DFNK). (Hrsg. B. Merz, H. Apel), ScientificTechnical Report STR04/01, GeoForschungsZentrum Pots-dam, 2004, 135–148.

[16] Schwarz, J., Maiwald, H., Langhammer, T.: Erdbebensze-narien für deutsche Großstadträume und Quantifizierung derSchadenspotentiale. D-A-CH-Mitteilungsblatt Erdbebeninge-nieurwesen und Baudynamik, 7–15. In: Bauingenieur 80(2005), H. 3.

[17] Katasterpläne von Albstadt/Tailfingen. [18] Luftbildaufnahme Albstadt-Tailfingen, Landesvermessungs-

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532 Bautechnik 82 (2005), Heft 8

[19] Schwarz, J.: Cluster Risikoanalyse Erdbeben: Struktur,Konzeption und Bewertung der Arbeiten. In: Risiken durchNaturgefahren. Abschlußbericht des BMBF-Verbundprojek-tes Deutsches Forschungsnetz Naturkatastrophen (DFNK).(Hrsg. B. Merz, H. Apel), Scientific Technical Report STR04/01,GeoForschungsZentrum Potsdam, 2004, 128–134.

[20] Schwarz, J., Raschke, M., Gerstberger, A.: Seismische Scha-denspotentiale in deutschen Großstadträumen – FallstudieKöln. In: Meskouris, K., Hinzen, K.-G. (Hrsg.) Schutz vonBauten gegen natürliche und technische Erschütterungen.DGEB-Publikation Nr. 11 (2003), 69–83.

[21] Schadensdokumentation Albstadt-Tailfingen, Bauamt Tail-fingen, Albstadt 1978.

[22] Fotodokumentation Schäden Albstadt-Tailfingen, Landes-stelle für Bautechnik Baden-Württemberg, Stuttgart 1978.

[23] Raschke, M.: Die Korrelation zwischen Erdbebenschadenund Erdbebenstärke und deren Anwendung in der Erdbeben-risikoanalyse, Diss., Fakultät für Bauingenieurwesen, Bau-haus-Universität Weimar, 2003.

[24] Amstein, S., Lang, D. H., Schwarz, J.: Schütterwirkungenhistorischer Erdbeben und ihre Bedeutung für das Erdbeben-ingenieurwesen. Bautechnik 82 (2005) (zur Veröffentlichungeingereicht).

[25] Schwarz, J., Abrahamczyk, L., Lang, D. H., Maiwald, H.:Ingenieuranalyse von Erdbebenschäden: Das Bingöl (Türkei) –Erdbeben vom 1. Mai 2003. Bautechnik 81 (2004) 6,445–460.

[26] Schwarz, J., Schmidt, H.-G.: Ingenieuranalyse von Erd-bebenschäden: Lehren aus aktuellen Ereignissen. Bautechnik74 (1997) 12, 826–846.

[27] Lang, D. H., Ende, C., Schwarz, J.: Vulnerability of RC framestructures in Turkish earthquake regions (Part I): Instrumen-tal testing. Proceedings of the 13th World Conference on Earth-quake Engineering (2004), Paper No. 216, 14 pages.

[28] Kaufmann, Ch., Langhammer, T., Schwarz, J., Swain, T. M.,Khakimov, Sh., Tulaganov, B.: Evaluation and strengtheningof public buildings after the Kamashi (Uzbekistan) earthqua-kes in 2000 and 2001. LEHM 2004 – 4th International Con-ference on Building with Earth, Dachverband Lehm (2004),234–247.

[29] König, G., Heunisch, M., Ötes, A., Mann, W.: Untersuchun-gen zum Verhalten von Mauerwerksbauten unter Erdbeben-einwirkung. Abschlußbericht Az.: IV/1-5-488/86, Frankfurt/M.1988.

[30] Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg: Erdbeben-sicheres Bauen – Planungshilfe für Bauherren und Architek-ten. 5. Auflage, Karlsruhe 2001.

[31] Allmann, A., Rauch, E., Smolka, A.: New paleoseismologi-cal findings on major earthquakes in Central Europe. Possi-ble consequences for the earthquake loss potential in Ger-many. Proceedings 11th ECEE Paris/France, Rotterdam 1998.

[32] Schwarz, J., Kaufmann, Ch., Langhammer, T.: Quantifizie-rung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben, Teil 2: Modell-studie Baden-Württemberg. Bautechnik 82 (2005) (zur Veröf-fentlichung eingereicht).

[33] http://wwww.statistik-bw.de[34] Erdbeben Schwäbische Alb 03. 09. 1978 – Auswertung der

Schadendaten von Tailfingen. Bericht Schweizer Rückver-sicherung, 1989.

[35] Ahorner, L. Kaufmann, Ch., Langhammer, T., Schwarz, J.:Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben,Teil 3: Modellstudie Niederrheinische Bucht auf der Grund-lage des Roermond-Bebens vom 13. April 1992 (in Vorberei-tung).

Autoren dieses Beitrages::Dr.-Ing. Jochen Schwarz, Dipl.-Ing. Tobias Langhammer, Dipl.-Ing. ChristianKaufmann, Erdbebenzentrum am Institut für Konstruktiven Ingenieurbau,Bauhaus-Universität Weimar, Marienstraße 7a, D – 99421 WeimarEmail: [email protected]; http:// www.edac.biz

J. Schwarz/T. Langhammer/Chr. Kaufmann · Quantifizierung der Schadenspotentiale infolge Erdbeben · Teil 1