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Radiogottesdienst am 13. August 2017 - NDR.de · PDF fileEvangelium zum Sturm auf dem See. ... weitergehen, man wollte Rache an ihm nehmen, er wurde verfolgt. Er floh in die Berge,

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Radiogottesdienst am 13. August 2017

Kloster- und Schlosskapelle Clemenswerth

Predigt: Pfarrer Bernhard Horstmann

Pater Edmund Kesenheimer

Predigttexte: 1 Kön 19, 9a.11-13a Mt 14, 22-33

Gott liebt die leisen Töne

Liebe Schwestern und Brüder hier in unserer wunderschönen barocken Klosterkapelle und an den Radios. Wir - Pater Edmund von den Kapuzinern und ich, Pfarrer Bernhard Horstmann - wollen uns mit Ihnen Gedanken machen zu der Elija-Lesung und zum heutigen Evangelium zum Sturm auf dem See. Mich hat dieser Elija-Text immer schon sehr angesprochen. Auf dem Gottesberg Horeb erscheint der Herr dem Propheten Elija auf ganz überraschend außergewöhnliche Weise. Es gab einen Sturm, es gab ein Erdbeben; gewaltige Zeichen der Stärke; doch der Herr war nicht im Beben, noch im Sturm. Er war auch nicht im Feuer, das folgte. Schließlich „kam ein leises sanftes Säuseln.“ Da spürte Elija die Anwesenheit des Herrn und verhüllte vor Demut sein Gesicht. Spätestens jetzt wurde dem Propheten klar, dass Gott die leisen Töne liebt, das Vorsichtige, sich nicht Aufdrängende im zarten Wind, das Behutsame, das Sanftmütige. Das musste Elija erst lernen - mit dieser Gottes-Gegenwart umzugehen. Diese Art der Anwesenheit Gottes zu erkennen und zu respektieren. Denn dieser Prophet Elija war alles andere als ein sanftmütiger Mann. Er wurde von Gott beauftragt, den in Israel fast vergessenen Jahwe-Kult wieder neu zu beleben. Und das tat dann Elija auch mit ganzer Hingabe; er tat es mit Pech und Schwefel, er tat es mit dem Überzeugungswerkzeug von Gewalt und Macht. Elija ließ mit eiserner Hand und bis aufs Blut alle fremden Götter bekämpfen. Liebe Schwestern und Brüder, wir ahnen es vielleicht schon: So konnte es mit Elija nicht weitergehen, man wollte Rache an ihm nehmen, er wurde verfolgt. Er floh in die Berge, in eine Höhle. Und dort erhält dieser übereifrige Prophet von Gott eine Lektion in Sachen Sanftmut und Güte. Lassen Sie uns hier gemeinsam einen Moment innehalten, mit Elija lernen und singen: „Wer unterm Schutz des Höchsten steht“, GL 423, 1. Strophe:

1. Wer unterm Schutz des Höchsten steht, / im Schatten des Allmächtigen geht, / wer auf die Hand des Vaters schaut, / sich seiner Obhut anvertraut, / der spricht zum Herrn voll Zuversicht: / „Du meine Hoffnung und mein Licht, / mein Hort, mein lieber Herr und Gott, / dem will ich trauen in der Not.“

Pater Edmund: Gott trauen und seine Gegenwart erkennen: Elija musste das erst lernen. Ähnlich erging es später dem heiligen Petrus. Jesus hatte sich in die Einsamkeit der Berge zurückgezogen, um neue Kraft für seine Sendung zu schöpfen. Alle Beteiligten standen immer noch unter dem Eindruck der wundersamen Brotvermehrung. Das mussten sie zuerst einmal verdauen.

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Auf eindrückliche Weise gab Jesus den 5.000 Speise und Nahrung für Leib und Seele: eben das Brot vom Himmel, welches die Herzen der Menschen zum Guten verwandelt. Das kostete Kraft und so „stieg Jesus auf einen Berg, um in der Einsamkeit zu beten.“ Die Jünger dagegen waren in einem Boot, um zu fischen. Was sie ja auch konnten, nach der Überlieferung der Schrift waren mindestens vier seiner Jünger Fischer; die kannten sich aus mit den Gewässern und dem Wetter. Doch plötzlich ein unerwarteter Wetterumschwung: Sturm und hoher Wellengang schütteln das Boot hin und her, man kam nicht ans rettende Ufer, denn es herrschte Gegenwind und Blitze erhellten gespenstig eine ferne Gestalt, die auf dem Wasser ging und ihr Boot ansteuerte und die Jünger „schrien vor Angst". Doch, Gott sei es gedankt, Jesus begann mit den Jüngern zu reden: „Habt Vertrauen, ich bin es. Fürchtet euch nicht!“ Petrus, der in all den Begegnungen als Vorreiter der Jüngergemeinschaft auftrat, war auch hier der erste, der wieder Mut fasste. Er wollte Jesus entgegengehen - wie Jesus auf den wogenden Wellen gehen - und Jesus ermutigte ihn sogar dazu. Doch auch hier, wie bei Elija: Petrus überschätzt sich selbst, schaut in die Tiefe der See, wird in die Tiefe gezogen und versinkt förmlich in seiner Angst. Und auch hier, wie bei Elija, erfährt Petrus eine gänzlich unerwartete Gottesbegegnung. Jesu sicheres Schreiten über die Wellen, seine Macht über die Naturgewalten, seine Herrschaft über Wind und Meer, zeigt den kleingläubigen Jüngern, wie sehr er ihre arme Menschlichkeit versteht. Aber das Geheimnis um seine Person endet hier nicht in dem Bewusstsein einer gespenstischen Angst, sondern in einer liebevollen Zuwendung Gottes zum Menschen. Dieser Jesus ist mehr als ein Gespenst, ist mehr als ein Mirakel: Er gibt sich zu erkennen, spricht seine Jünger an, schenkt ihnen Vertrauen in seine Person. „Habt Vertrauen, ich bin es!“ Jesus streckt sofort die Hand aus und ergreift den vor Angst schreienden Petrus. Er tadelt zwar den Kleinglauben, lässt ihn aber nicht untergehen. Er ist zwar Herr über alle Gewalten im Himmel und auf Erden, er beugt sich aber über jeden, der um Hilfe schreit. Er ist der Gott, macht sich aber klein und rettet den Kleingläubigen, den armen Menschen aus Lebensbedrohung, Angst und Not. „Wer unterm Schutz des Höchsten steht …“: Wir singen die 2. Strophe.

2. Er weiß, dass Gottes Hand ihn hält, / wo immer ihn Gefahr umstellt; / kein Unheil, das im Finstern schleicht, / kein nächtlich Grauen ihn erreicht. / Denn seinen Engeln Gott befahl, / zu hüten seine Wege all, / dass nicht sein Fuß an einen Stein / anstoße und verletzt mög sein.

Pfarrer Horstmann: Petrus macht die gleiche Gotteserfahrung wie der Prophet Elija. Dieses Seufzen am Eingang der Höhle ist der leise Gott, der wie ein Windhauch vorübergeht, nicht in Naturgewalten sich als göttlich erweist, sondern: Der gewaltige Gott will leise sein, so wie der große Jesus klein sein will. Bei Jesaja lesen wir: „Er wird nicht zanken noch lärmen. Niemand soll auf den Gassen seine Stimme hören, das geknickte Rohr wird er nicht brechen und den glimmenden Docht nicht löschen.“ (Jes 42,2-3). Petrus und die Jünger mussten, wie seinerzeit der Prophet Elija, neben der Unaufdringlichkeit Gottes auch mühsam und allmählich begreifen, dass dieser Gott aber auch Vertrauen abverlangt. Dass dieser Gott uns in unserer Angst, bei Fluchttendenzen und Niedergeschlagenheiten sehr wohl zu helfen bereit ist, aber nicht ohne unser eigenes Zutun: Große Sprüche und laute Reden helfen da nicht weiter. Versprechungen bleiben leer, es sei denn, wir füllen sie mit Taten. Kleingläubigkeit ist kein Zeichen von Gottvertrauen, auch nicht, wenn einem der Wind ins Gesicht bläst.

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Pater Edmund: Liebe Schwestern und Brüder: Krisen gehören zum Leben dazu, wie auch die Erfahrung - und das nicht nur beim Fahrradfahren - das einem des Öfteren der Wind von vorne bläst:

- Ich denke da nicht nur an die Flüchtlinge in ihren Booten im Mittelmeer.

- ich denke an Menschen, die bei all ihren Plänen, Kenntnissen und aller Umsicht bitter erfahren müssen, dass Krisen des Lebens sich wie ein plötzlicher Wetterumschwung nicht ankündigen.

- Ich denke an Menschen, die keine Lebensperspektive für sich sehen, sondern nur Tiefe der Verzagtheit und Dunkelheit in sich spüren.

- Ich denke an Menschen, die einfach Angst haben vor dem Leben und in sich wenig Vertrauen und Zutrauen für Menschen und Welt haben.

- Ich denke an Menschen die vor allem und vor sich selbst ständig weglaufen. - Ich denke an die Schreihälse in Politik, Gesellschaft und Welt, die im Internet und in

den modernen Medien meinen, mit Lautstärke und Lügenparolen die Welt zu beglücken.

Doch solange Gott währt, bleibt das Säuseln, sein sanftes, zärtliches Flüstern in der Nacht. Wer ihm vertraut, muss den Sturm nicht fürchten. Er wird nicht ohne Ängste und Lebenskrisen leben, aber er wird diese leichter überstehen. Pfarrer Horstmann: Liebevolle Gesten und Worte den Menschen gegenüber brüllt man nicht hinaus, sondern sagt diese wichtigen Worte wie: Ich liebe dich, ich verzeihe dir, ich vertraue dir leise, wie ein Windhauch ins Ohr des Nächsten. Diese ungleich kraftvolleren seufzenden Worte verändern Mensch und Welt. Denn sie stammen von Gott, da lohnt es sich ihm zu vertrauen, denn er fasst uns dabei sofort an die Hand, wenn wir ins Schwanken geraten und um die Stärkung des Vertrauens rufen. So beten wir die 3. Strophe gemeinsam:

3. Denn dies hat Gott uns zugesagt: / „Wer an mich glaubt, sei unverzagt, / weil jeder meinen Schutz erfährt; / und wer mich anruft, wird erhört. / Ich will mich zeigen als sein Gott, / ich bin ihm nah in jeder Not; / des Lebens Fülle ist sein Teil, / und schauen wird er einst mein Heil“.

Amen.