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Der Vogelfreund 4/2013 174 Rassebeschreibungen der in Deutschland anerkannten Positurkanarienrassen Teil 18 von Thomas Müller, Langerwehe und Uwe Feiter, Baesweiler Positurkanarien Kleine glatte Rassen 18. Der Irish Fancy ... … jüngster Nachwuchs der Positurkanarien Historie Als Geburtsjahr des Irish Fancy wird in den Unterlagen zur COM-Anerkennung das Jahr 1974 angegeben. Beauftragt durch ein Komitee der irischen Cage Bird Society, trafen sich in jenem Jahr die fünf Preisrichter Lily Claffey aus Dublin, Edward Darcy aus Balbriggan, Bill Garnet aus Bray, Jim Flynn aus Drugheda (Country Louth) und Jimmy Hogan aus Arklow in Irlands Hauptstadt Dublin, um einen Standard für den Irish Fancy auszuarbeiten. Ursprünglich aus einer Gesangskanarienrasse namens „Irish Roller“ entstanden, die in früheren Tagen hauptsächlich entlang der Ostküste Irlands, insbesondere in der Stadt Wexford verbreitet war, hatte sich mehr und mehr der Irish Fancy entwickelt, bei dem die gesanglichen Qualitäten zunehmend in den Hintergrund getreten waren. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine Anhaltspunkte für die Bewertung dieser jungen Positur- kanarienrasse und es war stets eine Frage des persönlichen Geschmacks der jeweils amtierenden Preisrichter, welcher Vogel zum Rassebesten gekürt wurde. Um endlich eine ein- heitliche Linie in die Zucht und in die Bewertung zu bringen, brachte man vermeintlich gute Rassevertreter des Irish Fancy aus den unterschiedlichsten Zuchten ganz Irlands zu Z e i c h n u n g v o n H e r m a n n H e i n z e l a u s 2 0 0 2 In der Mai-Ausgabe des Vogelfreundes im 2008, haben wir unse- re Serie zu den in Deutschland anerkannten Positurkanarien- rassen begonnen. Mit der Veröffentlichung der Rassebe- schreibung des Bossu Belge im Vogelfreund Januar 2013, ist die Gruppe der glattbefiederten Figurenkanarien abgehandelt und eigentlich sollten nun alle anerkannten glattbefiederten Positurkanarienrassen beschrieben sein. Allerdings hat die Gruppe der kleinen, glattbefiederten Positurkanarienrassen durch die Anerkennung des Irish Fancy im Jahr 2009 „Nachwuchs“ erhalten. Daher wollen wir die Rassebeschrei- bung hierzu mit dem heutigen Beitrag nachreichen und somit (vorerst) das Kapitel der glattbefiederten Positurkanarienrassen komplettieren. Selbstverständlich werden wir uns in naher Zukunft dem näch- sten Kapitel, den frisierten Positurkanarienrassen, widmen und unsere Serie fortführen. Bitte erlauben Sie uns an dieser Stelle nochmals den Hinweis, dass unsere Rassebeschrei- bungen, wie bereits im Mai 2008 ausgeführt, ausdrücklich unsere eigene Meinung, die Meinung zweier Preisrichter und Züchter darstellt und selbstverständlich weiteren individuellen Interpretationsspielraum, insbesondere bei unseren Ausführun- gen zu den einzelnen Bewertungspositionen, zulässt. Es liegt uns am Herzen, an dieser Stelle einmal „DANKE“ zu sagen. So danken wir allen, die uns bei der Erstellung der bisherigen Rassebeschreibungen in unterschiedlichster Weise unterstützt haben. Aber auch den vielen Lesern danken wir für so viel Zuspruch und positive Rückmeldungen zu unserer Arbeit.

Rassebeschreibungen der in Deutschland … · findet hier bei uns in Deutschland und im europäischen Aus- ... Zuchtstämme. Herkunft Irland auf der gleichnamigen Insel grenzt im

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Der Vogelfreund 4/2013174

Rassebeschreibungen der in Deutschland

anerkannten Positurkanarienrassen Teil 18

von Thomas Müller, Langerwehe und Uwe Feiter, Baesweiler

Positurkanarien

Kleine glatte Rassen

18. Der Irish Fancy ... … jüngster Nachwuchs der

Positurkanarien

HistorieAls Geburtsjahr des Irish Fancy wird in den Unterlagen zurCOM-Anerkennung das Jahr 1974 angegeben. Beauftragtdurch ein Komitee der irischen Cage Bird Society, trafen sichin jenem Jahr die fünf Preisrichter Lily Claffey aus Dublin,Edward Darcy aus Balbriggan, Bill Garnet aus Bray, JimFlynn aus Drugheda (Country Louth) und Jimmy Hogan ausArklow in Irlands Hauptstadt Dublin, um einen Standard fürden Irish Fancy auszuarbeiten. Ursprünglich aus einerGesangskanarienrasse namens „Irish Roller“ entstanden, die

in früheren Tagen hauptsächlich entlang der OstküsteIrlands, insbesondere in der Stadt Wexford verbreitet war,hatte sich mehr und mehr der Irish Fancy entwickelt, bei demdie gesanglichen Qualitäten zunehmend in den Hintergrundgetreten waren. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keineAnhaltspunkte für die Bewertung dieser jungen Positur-kanarienrasse und es war stets eine Frage des persönlichenGeschmacks der jeweils amtierenden Preisrichter, welcherVogel zum Rassebesten gekürt wurde. Um endlich eine ein-heitliche Linie in die Zucht und in die Bewertung zu bringen,brachte man vermeintlich gute Rassevertreter des IrishFancy aus den unterschiedlichsten Zuchten ganz Irlands zu

Zeichnung von Hermann Heinzel aus 2002

In der Mai-Ausgabe des Vogelfreundes im 2008, haben wir unse-re Serie zu den in Deutschland anerkannten Positurkanarien-rassen begonnen. Mit der Veröffentlichung der Rassebe-schreibung des Bossu Belge im Vogelfreund Januar 2013, ist dieGruppe der glattbefiederten Figurenkanarien abgehandelt undeigentlich sollten nun alle anerkannten glattbefiedertenPositurkanarienrassen beschrieben sein. Allerdings hat dieGruppe der kleinen, glattbefiederten Positurkanarienrassendurch die Anerkennung des Irish Fancy im Jahr 2009„Nachwuchs“ erhalten. Daher wollen wir die Rassebeschrei-bung hierzu mit dem heutigen Beitrag nachreichen und somit(vorerst) das Kapitel der glattbefiederten Positurkanarienrassenkomplettieren.

Selbstverständlich werden wir uns in naher Zukunft dem näch-sten Kapitel, den frisierten Positurkanarienrassen, widmenund unsere Serie fortführen. Bitte erlauben Sie uns an dieserStelle nochmals den Hinweis, dass unsere Rassebeschrei-bungen, wie bereits im Mai 2008 ausgeführt, ausdrücklichunsere eigene Meinung, die Meinung zweier Preisrichter undZüchter darstellt und selbstverständlich weiteren individuellenInterpretationsspielraum, insbesondere bei unseren Ausführun-gen zu den einzelnen Bewertungspositionen, zulässt. Es liegtuns am Herzen, an dieser Stelle einmal „DANKE“ zu sagen. Sodanken wir allen, die uns bei der Erstellung der bisherigenRassebeschreibungen in unterschiedlichster Weise unterstützthaben. Aber auch den vielen Lesern danken wir für so vielZuspruch und positive Rückmeldungen zu unserer Arbeit.

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diesem Treffen nach Dublin. Aus diesen Vögeln wählten dieeingesetzten Preisrichter letztendlich einen intensiven Hahndes Züchters J. Jones aus Wexford Town aus, der nunmehrdie textlichen Ausführungen des neu geschaffenen Standardsbildlich verdeutlichen sollte. Ende 1975 gründete man inAthlone, ca. 130 km westlich von Dublin, die Irish FancyCanary Society (IFCS) mit Ned Meagher als deren erstenPräsidenten. Die IFCS verfolgte nunmehr die Hauptziele,der Rasse national und international Aufschwung zu ver-schaffen, diese als Positurkanarienrasse bekannt zu machenund zu etablieren sowie den neu geschaffenen Standard derÖffentlichkeit vorzustellen. Bei der ersten Jahresversamm-lung im Jahre 1976 wurde Mrs C. Bolger zur ersten Schrift-führerin der IFCS ernannt. Sie und ihr Ehemann Matt warben mit viel Hingabe und immensem persönlichen Ein-satz für die Society, sodass sich von Jahr zu Jahr mehr undmehr neue Mitgliedes der IFCS anschlossen. Auch MauriceO’Connor investierte eine Menge Zeit und Energie, um denIrish Fancy national und international bekannter zu machen.Nach anfänglichen Schwierigkeiten stieg durch die vielenAktivitäten dieser Personen recht schnell die Anzahl der aus-gestellten Irish Fancy bei nationalen Shows sowohl in derRepublik Irland als auch in der zum Vereinigten Königreichgehörenden Provinz Nordirland. Heute werden jährlich mehrals 7.000 Ringe an die Mitglieder der Irish Fancy CanarySociety ausgegeben und die jährliche Schau der Vereinigungwird mit mehr als 750 Irish Fancy beschickt.

In Deutschland erstmalig präsentiert wurde der Irish Fancyzur Bundesschau im Jahre 1991. Werner Kolter aus BergischGladbach hatte diese Exemplare vom heute in Birmingham,England lebenden Iren Maurice O'Connor mit nach Deutsch-land gebracht.

Im Jahre 2003 reichte die IOA COM UK (International Orni-thological Association, Gründungsmitglied der COM UK) dieUnterlagen zur internationalen Anerkennung des Irish Fancy

Standardzeichnung Irish Fancy (Bill Everett, 1993) aus demDeutschen Standard 2010. Sie zeigt nicht den heute existieren-den typischen Rassevertreter. Diese Darstellung erinnert viel-mehr an die in Italien seit einigen Jahren gezeigte neue Rasse„Razza Capitolina“, den Mini-Yorkshire.Weitere Zeichnung des Irish Fancy von Bill Everett aus 1993

Maurice O’Connor auf der Weltschau 2012 in Spanien mitseinem Vize-Weltmeister der Rasse Irish Fancy

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ein, da zu dieser Zeit Irland noch nicht eigenständig in derCOM vertreten war. Nachdem die EAO (Eire OrnithologicalAssociation COM Ireland) dann im Jahre 2007 in die COMaufgenommen wurde, äußerte die COM UK den Wunsch,dass ab nun Irland eigenständig die COM-Anerkennung ihrerNationalrasse weiterverfolgt. Letztendlich gelang 2009 zurWeltschau in Italien die Anerkennung und der Irish Fancydarf sowohl international als auch bei uns in Deutschland aus-gestellt werden. Mit erfolgter COM-Anerkennung mehrte sich auch das Inte-resse der Züchter in Kontinentaleuropa für diese Rasse undso sieht man heute in Deutschland bei der AZ-Bundesschausowie der Deutschen Meisterschaft des DKB wirklich guteund einwandfrei ansprechbare Irish Fancy. Viele gute Vögelsind mittlerweile von der Insel importiert worden und manfindet hier bei uns in Deutschland und im europäischen Aus-land durchaus eine beachtliche Zahl guter und gefestigterZuchtstämme.

Herkunft Irland auf der gleichnamigen Insel grenzt im Norden anNordirland, Teil des Vereinigten Königreichs und ist imOsten von der Irischen See und im Westen und Süden vomAtlantik umgeben. Die Insel besteht aus an der Küste gele-genen Bergen, welche eine zentrale Ebene umgeben. DerCarrauntuohill in der Grafschaft Kerry ist mit 1.041 Meternder höchste Berg Irlands. Der Shannon teilt die Insel in zweiTeile und ist mit ca. 370 km der längste Fluss Irlands.

Die Insel Irland ist ca. 450 km lang und ca. 260 km breit.Insgesamt hat sie eine Fläche von 84.421 km². Sie ist damitdie drittgrößte Insel Europas und die zwanzigst größte derWelt und wird von 6.197.100 (Stand: 2008) Bewohnernbewohnt. Man nennt Irland auch die „Grüne Insel“. Der englische Name der Insel lautet Ireland, der irischeName Éire. Seit 1973 ist die Republik Irland Mitglied derEuropäischen Union.

Beschreibung und Merkmale der RasseDer Irish Fancy ist eine aus Irland stammende Positur-kanarienrasse, die zu den kleinen, glattbefiederten Kanarien-rassen gehört. Die Größenangabe ist mit 12,7 cm exakt ausdem Originalstandard des Mutterlandes entnommen (5Inches). Er ist in allen Kanarienfarben einschließlich derSchecken, außer in Rot, zugelassen. Besondere Rassemerk-male sind der kleine, leicht gerundete Kopf mit kleinemSchnabel und deutlich abgesetztem Hals, der schmale Körpermit schmaler Schulterpartie sowie die aufrechte Haltung (65°bis 75° zur Sitzstangenebene). Die Beine sind mittellang.Durch die aufrechte Haltung treten die Schenkel gut sichtbarin Erscheinung. Die agile Rasse hat eine leuchtende, gleich-mäßig ausgefärbte Gefiederfarbe und glatt anliegendesGefieder.

Der Irish Fancy wird mit Ringen der Größe 2,7/2,8 mmberingt.

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Irland ist ein Inselstaat auf der gleichnamigen Insel Irland,bestehend aus der Republik Irland und Nordirland als Teil desVereinigten Königreichs; Fläche: ca. 84.421 km2, Hauptstadtder Republik Irland: Dublin, Bevölkerung: ca. 6.197.100 Ein-wohner (Stand 2008). Gescheckter Irish Fancy in Gelb intensiv

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Bewertungspositionen*Kopf – 25 Punkte

Der Kopf ist klein und schmal. Von einem kleinen Schnabel aus-gehend steigt er leicht an. Die Augen sind deutlich sichtbar. *

Die wichtigste Bewertungsposition beim Irish Fancy ist derKopf. Hierin unterscheiden sich noch viele Rassevertreterrecht deutlich. Gefordert ist ein kleiner, schmaler, leicht ge-rundeter Kopf, der beginnend mit dem kleinen Schnabel ingleichmäßiger Rundung ansteigt, eine kleine Stirnpartie bil-dend, gut gerundet bis in den Nacken verläuft. Es ist eindeutlich sichtbares, klares Auge gefordert. Die Augen stehennicht wie beim Border oder Fife mittig, sondern sind etwasnäher zum Schnabel hin angeordnet. Die Kopfform unter-scheidet sich eindeutig zu der des Raza Española, mit nichtzu runder Kopfform, oder der des Rheinländer Glattkopfes,mit nur leicht gerundeter Kopfform und Augenwülsten.Vögel mit flachem Kopf, mit zu geringem Anstieg der Stirn,können keinen gleichmäßig gerundeten Kopf ausbilden. Esfehlt diesen Vögeln insbesondere der gerundete Hinterkopf,wodurch Kopf, Hals und Schulterpartie ineinander überge-hen. Bei diesen Vögeln scheint zudem das Auge zu nah am Oberkopf angeordnet zu sein wodurch die Harmonie desErscheinungsbildes weiter gestört wird. Auch jeglicherAnsatz von Augenwülsten sowie eine zu breite Kopfform sindfehlerhaft und nicht rassetypisch.

Körper – 15 Punkte

Die Schulter ist schmal. Der Körper verjüngt sich zum Schwanzhin. Die Flügel sind geschlossen. Der Hals ist gut sichtbar DieGröße beträgt 12,7 cm. *

Die Schulterpartie beim Irish Fancy ist schmal und wird imOriginalstandard des Mutterlandes mit einer Weite von 33mm (1,25 Inches) angegeben. Rücken und Bauch sind leichtgerundet und verjüngen sich dann wieder kegelförmig zumSchwanz hin. Die Flügel liegen geschlossen auf demDeckgefieder oberhalb des Bürzels auf. Kopf, Hals undSchulterpartie zeigen deutlich Übergänge und verlaufen kei-nesfalls übergangslos ineinander, wobei die Proportionen vonKopf, Hals und Körper trotzdem harmonisch wirken. DieGrößenangabe wurde mit 12,7 cm exakt aus dem Original-standard des Mutterlandes übernommen (5 Inches).

Gefieder – 15 Punkte

Der Vogel zeigt ein kompaktes, geschlossenes Gefieder. DieGrundfarbe ist gleichmäßig leuchtend.*

Der Irish Fancy hat ein lückenloses und glatt anliegendesGefieder mit recht kurzen Federn. „Schiebendes Gefieder“im Brustbereich ist fehlerhaft. Es entsteht durch zu langeFedern, die beim recht schmalen Körper des Irish nicht rich-tig in den Gefiederverbund eingeordnet werden können. Das

Schnellübersicht: Rassemerkmale des Irish Fancy

* DKB/AZ-Farben- und Positurkanarienstandard (Ausgabe 2010)

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gesamte Gefieder (auch Großgefieder) ist unversehrt, voll-ständig vorhanden und natürlich ausgefärbt. Ggf. vorhandenerBraunfaktor verleiht dem Gefieder einen besonderen Glanz.Bei weißgrundigen Vögeln ist besonders auf die Sauberkeitzu achten – ein reines Weiß ist gewünscht.

Bewegung und Haltung – 15 Punkte

Aufmerksam, schnelle und lebhafte Bewegungen. Die Haltungbeträgt 65o bis 75o zur Sitzstangenebene. *

Die muntere Rasse bewegt sich agil, aktiv und lebhaft imSchaukäfig. Nur durch eine gute Käfiggewöhnung und Schau-vorbereitung kann eine optimale Schaukondition erzielt wer-den. Die aufrechte Sitzposition nimmt der Vogel bei einemWinkel von 65° bis 75° zur Sitzstangenebene ein. Zeigt derVogel hier Defizite, wird schnell der Vergleich zu den RassenRaza Española oder Rheinländer (Glattkopf) gezogen. Daherist insbesondere auf eine einwandfreie Haltung zu achten.

Schwanz – 10 Punkte

Der Schwanz ist geschlossen. *

Der schmale Schwanz des Irish Fancy ist gut geschlossen.Vögel, denen eine oder mehrere Schwanzfedern nachge-wachsen sind, zeigen eine zu stark ausgeprägte Einkerbungam Ende des Schwanzgefieders. Ist das gesamte Schwanz-gefieder nachgewachsen, stimmt die Proportion der Schwanz-länge zum Körper nicht mehr – der Vogel wirkt zu groß. Allesin allem sollte der Schwanz harmonisch zum Erscheinungs-bild passen.

Gescheckter Irish Fancy in gelb intensiv – die Scheckung aufder Kopfplatte wirkt sich negativ auf die Wahrnehmung derKopfform aus. Sie „drückt“ auf die Kopfform und lässt dieseflacher aussehen, als sie in Wirklichkeit ist.

* DKB/AZ-Farben- und Positurkanarienstandard (Ausgabe 2010)

Kopfstudie: Irish Fancy-Henne in schwarz-gelb Schimmel

Irish Fancy in gelb intensiv – leider ist der Kopf etwas zu flach.

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Beine – 5 Punkte

Die Beine sind mittellang, die Schenkel sind sichtbar. *

Die Beine sind mittellang. Durch die aufrechte Haltung tre-ten die Schenkel gut sichtbar in Erscheinung. Da es sichbeim Irish Fancy um eine Miniaturrasse handelt, wirkt derStand bei Vögeln mit zu langen Beinen stelzenhaft. Exem-plare mit zu kurzen Beinen können die geforderte Sitz-haltung nicht korrekt einnehmen.

Kondition – 15 Punkte

Der Vogel ist sauber und zeigt sich in guter Kondition undKäfiggewöhnung. Auch wird in dieser Position die Sauberkeitdes Käfigs berücksichtigt. *

Der Vogel befindet sich in einer guten Kondition und ist gutan den Schaukäfig gewöhnt. Durch ausgewogenes Schautrai-ning zeigt er eine gute Käfiggewöhnung und bewegt sichohne Scheu. Er ist lebhaft, agil und aufmerksam.

Anmerkung: Die im aktuellen deutschen Standard enthalte-ne Zeichnung zum Irish Fancy ist äußerst ungünstig und zeigtnicht den typischen Rassevertreter. Diese Darstellung ent-spricht schon eher der in Italien seit einigen Jahren gezeig-ten neuen Rasse „Razza Capitolina“, dem Mini-Yorkshire.

AusstellungAnfangs wurden die Schauvögel in sämtlichen zur Verfügungstehenden Ausstellungskäfigen ausgestellt. Die Vorstellungeines eigens für diese Rasse geschaffenen Standardschau-käfigs stieß erst einmal auf massive Gegenwehr der Züchterim Mutterland, weil diese nicht sofort in neue Käfige inve-stieren wollten. Insbesondere die älteren Züchter konntensich nur langsam für den neuen Schaukäfig begeistern lassen.Letztendlich wurde ein zweijähriger Übergangszeitraum ver-einbart, nach dem dann ausschließlich die Präsentation imneuen Spezialkäfig der Rasse Irish Fancy, mit hellblauer Rück-wand, akzeptiert wurde. Dieser neue Schaukäfig ist mit ei-nem Käfiggitter mit auf einem am Gitter angebrachten Quer-steg und hierauf aufliegenden Sitzstangen oder mit einemGitter ohne Quersteg und an der Rückwand befestigten Sitz-stangen erlaubt. In Deutschland erfolgt die Ausstellung imAllgemeinen im Wurster-Käfig. Es sind für beide KäfigeSitzstangen mit einem Durchmesser von 12 mm zu verwen-den.

Wie bereits erwähnt ist auch beim Irish Fancy ein gutesSchautraining notwendig, um die Vögel bei den Vogelschauenin bester Schaukondition vorstellen zu können. Das Schau-training beginnt man idealerweise ca. ein bis zwei Wochennach dem Absetzten der Jungtiere. Hierzu hängt man einenbeliebigen, ausrangierten Schaukäfig an die Absetzbox oderin die Absetzvoliere und platziert einen kleinen Futter-behälter, gefüllt mit etwas Eifutter, in diesen. Das neugierigeWesen der Vögel lässt sie recht schnell ihre natürliche Scheu

* DKB/AZ-Farben- und Positurkanarienstandard (Ausgabe 2010)

Kopfstudie: Man sieht, dass das Auge mit leichter Tendenz zumSchnabel hin angeordnet ist. Leider ist auch hier der Kopf nochetwas zu flach.

Gescheckter Irish Fancy in gelb intensiv – hier wirkt derSchnabel etwas klobig.

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Ausstellung im Wursterkäfig

Trainingseinheit mit 32 Boxen in der Anlage von Maurice O´Connor. Durch Einsteckschieber lassen sich die Abteile beliebig ver-größern.

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vor dem neuen Käfig überwinden und sie hüpfen bereits nachkurzer Zeit fröhlich in diesen hinein und wieder heraus. Diehierdurch erreichte Gewöhnung an den Schaukäfig zahlt sichdann später beim Training kurz vor den Vogelschauen inForm von ruhigen, gut eingewöhnten Vögeln aus.

Spätestens sieben Wochen vor der ersten Schau sollten dieSchauvögel dann ausgesucht und einzeln in Zuchtboxen ver-bracht werden. Nur so ist gewährleistet, dass bei kleinerenRaufereien verlorene Federn bis zum ersten Schauterminnachgewachsen sind. Bei der Auswahl der Schauvögel sollte

Ausstellung im Irish Fancy-Schaukäfig

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man nun besonderes Augenmerk auf die im Standard gefor-derten Rassemerkmale legen. So werden Tiere mit z. B. hän-genden oder gekreuzten Flügeln, Krallenfehlern, gegabeltemSchwanzgefieder, zu flachem Kopf oder nicht rassetypischerKörperform sofort aussortiert. Bei den verbleibenden Vö-geln werden die Haltungsqualität sowie die Größe idealer-weise im Schaukäfig geprüft. Nur nicht zu große Vögel mitperfekter Haltung verbleiben im Schau-Team und beginnenmit der finalen Schauvorbereitung. Immer wieder vernimmtman, dass man Irish Fancy mit schlechter Haltung ggf. alsRaza Española oder gar als Rheinländer ausstellen könne.Der Versuch ist hier sicherlich nicht strafbar, allerdings wirdein schlechter Rassevertreter niemals den Siegervogel eineranderen Rasse stellen können. So kann man derartige Vögelgetrost zu Hause lassen und sich seinen potenziell bestenRassevertretern widmen und diese gezielt auf ihren„Auftritt“ vor dem Preisrichter vorbereiten. Möchte manmehrere Schauen beschicken, empfiehlt es sich, gleich 2 oder3 Teams auszuwählen und ins Schautraining einzubeziehen.Hierdurch kann man den Schauvögeln nach ihrer Rückkehrvon einer Schau einen längeren Erholungszeitraum einräu-men und auf der nächsten Schau das Zweitteam zeigen.

Aktuell werden nach der DKB-Schauklasseneinteilung fürPositurkanarien alle Irish Fancy in einer Schauklasse ausge-

stellt. Es wird nicht einmal zwischen intensiven und nichtintensiven Vögeln unterschieden. Mit verstärkten Beschi-ckungszahlen wird hier allerdings recht bald eine Untertei-lung in Melaninvögel, gescheckte Vögel und Lipochrom-vögel, jeweils in intensiv und Schimmel, wie bereits in derSchauklasseneinteilung der AFZ umgesetzt wurde, erfolgenmüssen.

Haltung und ZuchtDer Irish Fancy ist eine sehr muntere Rasse, die problemlosnach der Zucht in großen Flugvolieren gehalten werden kann.Hierin entwickeln sich die Vögel den Sommer über problem-los und stärken durch Freiflug und viel Bewegung ihreMuskulatur. Auch baden die Vögel sehr gerne und ausgiebig.Tägliches Baden bringt das Gefieder in eine wahrhaft her-vorragende Kondition und hilft den Vögeln zudem gut durchdie Mauser zu kommen. In dieser wichtigen Entwicklungs-phase fördert das ausgiebige Putzen nach dem Bad die Gefie-derentwicklung und befreit nachwachsende Federn von ihreranfänglichen Hornumhüllung. Nach der sechsten Lebens-woche beginnt normalerweise die Mauser der Jungvögel undzieht sich in der Regel über einen Zeitraum von ca. sechsWochen hinweg. Das Großgefieder wird im ersten Jahr nichtgewechselt und man muss besonderes Augenmerk darauf

Gescheckter Irish Fancy in weißgrundig – der Übergang vomKopf und Hals zur Schulterpartie könnte ein wenig deutlicherausgeprägt sein. Auch die Kopfform darf runder sein. Gescheckter Irish Fancy in gelb intensiv

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legen, dass die Jungvögel ihr Großgefieder unversehrt durchdie Mauser bringen. Wächst auch nur eine Feder desGroßgefieders nach, kann sich hierin schon der Unterschiedzu einem späteren Siegervogel verbergen.

An die Fütterung stellt der Irish Fancy keine besonderenAnsprüche und er begnügt sich mit einer ausgewogenenSaatmischung für Kanarien. Wie bei allen Rassen darf auchhier der Grit nicht fehlen. Dieser deckt den Mineralbedarfder Vögel und ist zudem als Verdauungshilfe unerlässlich.Die Vögel freuen sich über jegliche Abwechslung bei derFütterung von ungespritztem Grünfutter. So mögen siebesonders Broccoli, Spinat, Kopfsalat, Gurke, Chicorée oderKohl – egal ob aus dem eigenen Garten oder frisch vomHändler. Gerne genommen werden auch gefrorene Erbsen,die man in einem kleinen Napf reichen kann und die dieVögel einige Zeit beschäftigen. Nicht zu vergessen sind dieWildkräuter wie z. B. Vogelmiere oder Löwenzahn. Diesestehen ab dem Frühjahr in großen Mengen kostenlos zurVerfügung und können ständig frisch besorgt werden.Während der Zuchtzeit ist ein gutes Eifutter selbstverständ-lich unerlässlich. Hier hat nach unserer Kenntnis jederZüchter sein eigenes Erfolgsrezept und schwört auf seineganz individuelle Mischung. Wichtig ist, dass die Vögel dasEifutter gerne fressen. Einmal an eine Rezeptur gewöhnt,

sollte man nach Möglichkeit keine unnötigen Veränderun-gen vornehmen. Warum sollte man auch etwas verändernoder gar komplett umstellen, wenn doch alles perfekt läuft?Auch außerhalb der Zuchtzeit sollte man durchaus zurBereicherung des Futterplans einmal in der Woche etwasEifutter verfüttern.

Wer diese Rasse pflegt, wird viel Freude an diesen quirligenVögeln haben. Die hervorragenden Zuchteigenschaften brin-gen in der Zucht eine beachtliche Anzahl an Jungvögeln,sodass durch kompromisslose Selektion Jahr für Jahr enormeVerbesserungen in den Rassemerkmalen erreicht werdenkönnen. Dies macht Anleihen bei anderen „ähnlichen“ Ras-sen zur Verbesserung der Rassemerkmale gänzlich unnötig.Vielmehr sollte man mit den „reinen“ Irish Fancy stabileZuchtstämme aufbauen, ohne durch einen zu hohen Inzucht-grad die Zuchtfreudigkeit aus dem Auge zu verlieren. AndereRassen waren hierfür in der Vergangenheit bekanntlich mah-nende Beispiele.

Insbesondere aus dem europäischen Ausland wird der jüng-sten Positurkanarienrasse eine erhöhte Aufmerksamkeit ent-gegengebracht. Besonders die Italiener, aber auch unsereNachbarn aus Dänemark, Belgien und den Niederlanden wid-men sich verstärkt dem Irish Fancy. Es ist davon auszuge-

Brauner, weißgrundiger Irish Fancy mit deutlich zu lockeremGefieder an den Flanken

Gescheckter Irish Fancy in gelb Schimmel – der Vogel dürfteetwas schlanker sein.

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hen, dass wir auch bei uns in Deutschland immer mehr IrishFancy zu sehen bekommen werden. Es hat sich bereits einerecht beachtliche Gruppe namhafter Züchter und Liebhaberdieser Rasse in unserem Land gebildet, die sich der Weiter-entwicklung des Irish verschrieben hat.

SchlusswortDer Irish Fancy hat die Vielfalt unserer Positurkanarien umeine weitere Rasse bereichert. Man sollte nun nicht darüberdiskutieren, ob diese Rasse zu dicht an vorhandene Rassenanschließt. Vielmehr sollte man sich über die Züchter freuen,die an der Haltung und der Zucht des Irish Freude haben undso dem Hobby der Vogelhaltung und der Vogelzucht treubleiben.

Quellen:Der Vogelfreund 08/2012: Der Irish Fancy von Werner KolterDer Vogelfreund 11/2012: Gedanken zum Irish Fancy von Swen VergienDie Positurkanarien (Dr. Hans Claßen/Werner Kolter) – Ausgabe2005DKB/AZ-Farben- und Positurkanarienstandard – Ausgabe 2010Flyer zur COM-Anerkennung Irish FancyImportant aspects of the Irish Fancy von Paul O’Kane – 2006John Dowling gives an insight into his preparation of his Irish FancyCanaries for the show benchNouvelles 1/2007 der COMPostuurkanaries/Canaris De Posture AOBQuestionaire to novice members of the IFCSThe History of the Irish Fancy Canary Society von Tom O'Regan –2006Wikipedia – Die freie Enzyklopädiewww.irishfancycanaries.webs.comwww.freewebs.com/irishfancycanaryclub

Presseinformation

Loro Parque FundacionText und Fotos von Dr. Matthias Reinschmidt,

Zoologischer Direktor, Loro Parque, Tenerife

Mit dem Einzug zweier Paare Lear-Aras (Anodorhynchusleari) in die Zuchtstation der Loro Parque Fundacion (LPF)im Jahre 2007 waren im Vorfeld, in die zur Haltung und Zuchtvorgesehenen Volieren, Kunstfelsen eingebaut worden. Denndiese Papageien sind in ihrem natürlichen Lebensraum derbrasilianischen Caatinga reine Felshöhlenbrüter. Der Erfolgließ damals nicht lange auf sich warten. Schon zwei Monatespäter lag das erste Ei in der künstlichen Felshöhle. Bisheute haben die beiden Paare weit über 25 Jungtiere erbrü-tet, sodass sich dieses System der künstlichen Brutfelsenbestens bewährt hat. Nun gibt es aber einige weitere Papageienarten, die in derNatur ebenfalls Felshöhlenbrüter sind, die Maronenstirn-sittiche (Rhynchopsitta terrisi) und die Großen Felsensittiche(Cyanoliseus patagonus bloxami). Zwar brüten in der LPF die

Letzteren regelmäßig auch in Holznistkästen, allerdingssteht bei den Maronenstirn-sittichen bis heute ein Zucht-erfolg aus. Die drei Paare die-ser Art wurden im Jahre 2008als Nachzuchten aus einem Zooin Mexiko importiert, warendort auch in Holznistkästenerbrütet worden, aber da sie bisjetzt bei uns noch nicht zurBrut geschritten sind, habendie Pfleger der Zuchtstationnun zusätzliche Felsenhöhlengebastelt. Nun wird es span-nend, wie sich beide Papa-geienarten in der Brutsaisonentscheiden werden, denn nach

wie vor stehen auch die Holznistkästen zusätzlich zu denFelsenhöhlen zur Verfügung.

Besonders freut uns der frühe Schlupf der in Europa sehr sel-ten gehaltenen Kap-Papageien (Poicephalus robustus), vondenen wir schon einige Jungtiere gezüchtet haben, nachdemwir vor einigen Jahren vier Tiere aus dem Zoo Mühlhausen inFrankreich bekommen hatten. Dieses erste Jungtier dieserArt in diesem Jahr wird in der Babystation des Loro Parqueliebevoll gepflegt und von Hand aufgezogen. Bisher entwi-ckelt es sich prächtig. Auch bei den Keilschwanzsittichen (Aratinga) haben dieersten Paare mit der Eiablage begonnen, so bebrüten nunschon einige Paare Goldstirnsittiche (Aratinga aurea) ihrGelege. Diese Art ist in der LPF sehr produktiv, denn die fünfvorhandenen Zuchtpaare brüten regelmäßig zweimal im Jahrund ziehen dabei stets auch große Bruten mit bis zu sechsJungtieren problemlos groß. In den letzten Jahres hat es sichbewährt, auch gute Zuchtpaareder Granada-Amazone (Amazo-na rodocorytha) über denWinter für einige Monate zutrennen und dann im Februarwieder die Zuchtgruppen ingroßen Gemeinschaftsvolierenzu je vier Paaren erneut zusam-men zu bringen. DieStimulation nach dem Zusam-menbringen ist so groß, dassdie Paare schon wenigeWochen später mit der Eiablagebeginnen. Über die letztenJahren haben wir auch denGegenversuch gemacht und diePaare in den Zuchtgruppen über Winter zusammen gelassen,das Ergebnis war sehr enttäuschend: Nur wenig bis gar keinBrutverhalten kam bei den Paaren im Frühjahr auf. Deshalbist die Trennung der Paare über den Winter ein wichtigesManagementtool, um eine erfolgreiche Brutsaison derGranada-Amazone vorzubereiten.

Großer Felsensittich(Cyanoliseus patagonusbloxami)

Granada-Amazone(Amazona rodocorytha)