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Ingenieure für Brandschutz
RauchfReihaltung innenliegendeR
SicheRheitStReppenRäumeSchutzzielorientiertes Konzept bei Druckbelüftungsanlagen
von Dipl.-Ing. Karsten Foth und Martin Steinert, M.Eng. (hhpberlin)
und Prof. Gerd Kaellander, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Lüftungs- und Klimaanlagen, sowie bauaufsichtlich anerkannter Sachverständiger für RWA- Anlagen und maschinelle Entrauchungsanlagen
AutoREn
Prof. Gerd Kaellander
Gerd Kaellander lehrt als Professor für Haustechnik, Brandschutz
und Cad an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst
(HaWK) in Hildesheim. er ist öffentlich bestellter und vereidigter
Sachverständiger für lüftungs- und Klimaanlagen und bauaufsicht-
lich anerkannter Sachverständiger für rWa-anlagen und maschinelle
entrauchungsanlagen.
dIPl.-InG. KarSten fotH
Karsten foth studierte Bauingenieurwesen an den technischen Uni-
versitäten in Hamburg-Harburg und Braunschweig. Seit 2008 vertritt
er hhpberlin als einer der geschäftsführenden Gesellschafter. Zu den
Schwerpunkten seiner arbeit zählen – neben der Konzeptentwicklung
für Sonder- und Bestandsbauten – auch die strategische Weiterent-
wicklung des Unternehmens sowie das Personalmanagement.
MartIn SteInert, M. enG.
Martin Steinert studierte Umweltverfahrenstechnik an der fach-
hochschule für technik und Wirtschaft (fHtW) Berlin, bevor er ein
Masterstudium im Bereich Verfahrenstechnik – mit Schwerpunkt Strö-
mungssimulation – an der technischen fachhochschule (tfH) Berlin
absolvierte. Seit 2007 gehört Herr Steinert als fester Mitarbeiter zum
hhpberlin-team.
Schutzzielorientiertes Konzept bei druckbelüftungsanlagen
�
RAuCHFREIHALtunG InnEnLIEGEnDER SICHERHEItStREPPEnRÄuMEneUe WeGe In der GeBäUde-arCHIteKtUr erfordern aUCH eIn neUeS,
SCHUtZZIelorIentIerteS KonZePt IM BereICH der drUCKBelüftUnGS-
anlaGen
eInleItUnG
die Skylines unserer Städte werden zunehmend von Hochhäusern geprägt.
diese stellen aufgrund ihrer Gebäudehöhe spezielle Herausforderungen für
den Brandschutz dar. denn bricht ein feuer in einem Hochhaus aus, gestal-
ten sich nicht nur die rettungs- und löschmaßnahmen für die feuerwehr
schwieriger, auch die flucht der anwesenden Personen wird aufgrund der
Gebäudehöhe erschwert. Um das Schadensausmaß eines Brandes auf ein
verantwortbares Maß zu reduzieren und flüchtende, feuerwehr sowie Helfer im
Gefahrenfall bestmöglich zu schützen, müssen die baulichen Gegebenheiten
bei Hochhäusern meist durch anlagentechnische Maßnahmen ergänzt bzw.
kompensiert werden.
anlagentechnische Brandschutzmaßnahmen verhindern im Brandfall, dass
das feuer sich ausbreitet und ermöglichen dadurch die durchführung von
rettungsmaßnahmen. lüftungsanlagen beispielsweise sorgen für die rauch-
freihaltung von rettungswegen, indem sie einen überdruck im treppenraum
aufbauen. dieser wirkt dem Brandraumdruck entgegen und verhindert so das
eindringen des rauches. Zurzeit werden die baulichen normen in europa zu-
sammengeführt, so dass auch die anzuwendenden regelungen in deutschland
in änderung begriffen sind. Hinzu kommt, dass die über 25 Jahre alte Muster-
Hochhausrichtlinie von 1981 aktualisiert wurde. dadurch werden auch die an-
forderungen für Druckbelüftungsanlagen der Treppenräume neu definiert – und
die lüftungstechnik zunehmend komplexer.
�
rauchfreihaltung innenliegender Sicherheitstreppenräume
Bei der Planung einer druckbelüftungsanlage nach Muster-Hochhausrichtlinie
(Stand april 2008) besitzt die erfüllung der Schutzziele oberste Priorität. Vor
diesem Hintergrund haben die autoren ein Konzept erarbeitet, das positive Ver-
änderungen mit sich bringt: die Schutzziele lassen sich nicht nur sicherer und
einfacher erfüllen sondern auch die nachweise zur korrekten funktionsweise
bei klimatisch ungünstigen Bedingungen, die nach den aktuellen Verordnungen
notwendig sind, können entfallen. außerdem negiert das Konzept die nachteile
der bisherigen druckbelüftungsanlagen.
5
Stand der teCHnIK
Wird bei einem Hochhaus – aus architektonischen oder ökonomischen Grün-
den – auf einen zweiten rettungsweg verzichtet, muss der einzige fluchtweg
garantiert zu nutzen sein. In diesen so genannten Sicherheitstreppenraum
darf weder feuer noch rauch eindringen. Sicherheitstreppenräume sind nach
Muster-Hochhausrichtlinie auch dann herzustellen, wenn zwar zwei bauliche
rettungswege vorhanden sind, die treppenräume aber als innenliegende
treppenräume konzipiert werden.
abb. 1: Simulation der rauchausbreitung – Sichtweite im Schnitt treppenraum – Schleuse – flur (v.l.n.r.)
Schutzzielorientiertes Konzept bei druckbelüftungsanlagen
ein Brand im treppenraum wird verhindert, indem dort Brandlasten ausge-
schlossen werden. die rauchfreiheit kann auf zwei unterschiedlichen Wegen
erreicht werden: entweder baulich, indem der Sicherheitstreppenraum außen-
liegend geplant wird und nur über Balkone zu betreten ist, oder mit Hilfe von
anlagentechnischen Maßnahmen.
Meist wird die rauchfreihaltung innenliegender Sicherheitstreppenräume – dem
technischen Stand entsprechend – durch druckbelüftungsanlagen gewährleistet.
Die Funktion der Anlage hängt jedoch von mehreren Einflussfaktoren ab: z.B.
vom Wetter (also temperatur- und luftfeuchteverhältnis zwischen innen und
außen), von der anzahl der gleichzeitig geöffneten türen im treppenraum und
von der lage des betroffenen Geschosses im Haus. rauchschutzdruckanlagen
erzeugen in dem zu schützenden Bereich, dem treppenraum, einen überdruck.
auf diese Weise soll das eindringen von Brandrauch – bei offenen türen ins
Geschoss hinein – vermieden werden.
Zwischen dem Treppenraum und dem Nutzungsbereich befindet sich ein Vorraum.
die druckbelüftungsanlage muss dafür sorgen, dass zwischen der nutzungsein-
heit und dem Vorraum eine druckdifferenz (zuletzt 50 Pa +/- 10%) aufgebaut
und konstant gehalten wird. Wird nun eine tür – z.B. während der löschmaßnah-
men der feuerwehr – geöffnet, kommt es aufgrund der druckdifferenz zu einem
abströmen der luft aus dem Vorraum in die nutzung. es muss nun sichergestellt
werden, dass kein rauch aus der betroffenen nutzungseinheit in den geschützten
Vorraum eindringen kann. Über die Definition einer Mindestluftgeschwindigkeit
des luftstroms durch die offene tür wird die verrauchte luft gehindert, aus der
betroffenen nutzungseinheit in den Vorraum auszuströmen.
da sich die türen in der regel in fluchtrichtung, also in den Bereich höheren
drucks öffnen, muss zur normal benötigten Kraft zum Öffnen der tür zusätzlich
die, durch den druckunterschied auf die tür lastende überwunden werden. die
resultierende Kraft, die zum Öffnen der türen aufgebracht werden muss, darf
dabei 100 N nicht überschreiten. Bei einer üblichen Türblattfläche von ca. 2,5m2
(1,20m1 x 2,1�m türmaß) und einer druckdifferenz von �5 Pa ergibt sich bereits
eine benötigte Kraft von 112,5 n, wobei der türschließer noch nicht berücksichtigt
ist. Bereits der früher übliche Sollwert des überdrucks von 50 Pa ist somit nicht
mit der forderung nach der maximalen türöffnungskraft zu vereinen.
11,20 m werden nach
MHHr als lichtes Maß für
jeden teil eines rettungs-
weges gefordert.
rauchfreihaltung innenliegender Sicherheitstreppenräume
�
Weiterhin wird der druck im treppenraum durch das Wetter und die Höhenlage
im Gebäude beeinflusst.
da bisher eine druckdifferenz von um die 50 Pa in allen Geschossen erreicht
werden musste, wird eins klar: es bedarf ein technisch kaum zu beherrschendes
Maß an regeltechnik, um dies zu gewährleisten.
die Probleme sind in der fachwelt durchaus bekannt, so heißt es im anhang B2
der dIn en 12101 t��:
„die in dieser norm empfohlenen differenzdrücke sind dazu gedacht, die auf-
triebswirkungen und äußeren Windbedingungen während eines Brandes zu
berücksichtigen. falls Prüfungen durchgeführt werden, wenn die äußeren
Bedingungen starke Winde und luftböen verursachen, kann das erreichen
des geplanten differenzdruckes unmöglich sein.
B.2 Wenn die Schornsteinwirkung einen wesentlichen faktor darstellt, kann dies
auf ein Mindestmaß herabgesetzt werden, indem das differenzdrucksystem für
die dauer von einer Stunde vor der Prüfung betrieben wird, so dass sich die
außenluft und die Schachttemperaturen ausgleichen können.“
folgerichtig wird in den erläuterungen zur neuen Muster-Hochhausrichtlinie
gezweifelt: „der Verzicht auf einen redundanten Sicherheitstreppenraum wirft
[…] die frage auf, ob die differenzdrucksysteme zur rauchfreihaltung die sichere
Benutzbarkeit der Sicherheitstreppenräume bei allen druck- und Windverhält-
nissen gewährleisten können.“ (Quelle: Muster-richtlinie über den Bau und
Betrieb von Hochhäusern (Muster-Hochhaus-richtlinie – MHHr), fassung april
2008, erläuterungen)
HÖHenUnaBHänGIGe anlaGen – dIe lÖSUnG für dIe ZUKUnft?!
Um den Sicherheitstreppenraum trotz allem sicher – also rauchfrei – zu gestalten,
sollte die anlagentechnik nicht weiter verkompliziert werden. ein alternativer
ansatzpunkt ist ein System, das in jedem Geschoss auf die gleiche art und
Weise, d.h. höhenunabhängig funktioniert. Zusätzlich sollte die abhängigkeit
von anderen Einflussfaktoren wie dem Wetter o. Ä. reduziert werden.
7
2 Mit dem titel:
„lösungen zur erzielung
der geplanten differenz-
drücke bei Problemen“.
� dIn en 12101 t�: rauch-
und Wärmefreihaltung –
teil �: festlegungen für
differenzdrucksysteme,
Bausätze
Schutzzielorientiertes Konzept bei druckbelüftungsanlagen
diese Unabhängigkeit kann erreicht werden, indem ausschließlich die Vorräume
zwischen nutzungseinheit und treppenraum druckbelüftet werden. So dringt
kein rauch in die so genannten Schleusen ein und auch der treppenraum ist
so vor Brandrauch geschützt. Solange alle türen geschlossen bleiben, kann die
luft, die in den Vorraum eingebracht wird, über druckentlastungsöffnungen
abströmen. ein überdruck von z.B. 20 Pa kann auf diesem Weg erreicht und
konstant gehalten werden. der druck ist ausreichend, um einen raucheintritt
sicher zu verhindern und beeinflusst auch die Türöffnungskraft positiv, indem
sie so relativ gering und damit handhabbar bleibt.
abb. 2: darstellung der druckdifferenz bei geschlossenen türen
rauchfreihaltung innenliegender Sicherheitstreppenräume
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abb. �: darstellung der Strömungsgeschwindigkeit bei geöffneten türen
Schutzzielorientiertes Konzept bei druckbelüftungsanlagen
abb. �: Simulierte raumstruktur: Verrauchter Brandraum und vorgelagerter flur – rauchfrei gehaltener
Vorraum und Brandraum
rauchfreihaltung innenliegender Sicherheitstreppenräume
Wird nun die tür des Vorraums zur nutzung geöffnet, strömt die frische luft
aus dem Vorraum in die nutzung ein. dadurch, dass die luft in die geplante
richtung geleitet und der gesamte türquerschnitt abgedeckt bzw. durchströmt
wird, kann ein austreten von rauch aus der nutzung verhindert werden. die
luft strömt dann z.B. über einen zentralen Schacht und das dach ab.
Wird die tür vom Vorraum zum treppenraum geöffnet, strömt der teil der
sauberen luft, der nicht in die nutzung dringt, in den treppenraum. die an-
gestrebte Durchströmung der gesamten Türfläche der Tür zur Nutzung bleibt
erhalten, das Schutzziel somit erfüllt.
ein zusätzlicher Schutz des treppenraums bzw. ein überdruck in dem gesamten
Bereich – des als Kamin wirkenden Schachtes – ist aus diesem Grund nicht not-
wendig. die Vorräume der einzelnen etagen werden daher zu eigenständigen
Schutzräumen. das gesamte System emanzipiert sich von der Höhe, weitest-
gehend vom Wetter und der anzahl der Stockwerke.
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abb. 5: darstellung der luftbewegung im Vorraum – speziell im Bereich der tür zwischen Vorraum und
notwendigem flur
hhpberlin-Mitarbeiter Martin Steinert hat dies mit Hilfe von numerischen Strö-
mungssimulationen im rahmen seiner diplomarbeit zum thema „lüftungs-
anlagen zur Sicherstellung der rauchfreihaltung innenliegender Sicherheits-
treppenräume“ für verschiedene randwerte untersucht. die Cfd-Simulationen
haben gezeigt, dass eine derartige direkte Belüftung der Vorräume sowie die
rauchfreihaltung der Sicherheitstreppenräume möglich sind. Bereits mit einer
einfachen ausströmung konnte das Schutzziel der rauchfreiheit in den treppen-
räumen erreicht werden. durch eine gezielte lufteinbringung in die Schleuse
kann das System optimiert und somit das jeweils gewünschte Schutzziel (z.B.
eine konkrete Strömungsgeschwindigkeit durch die türen) erreicht werden.
Schutzzielorientiertes Konzept bei druckbelüftungsanlagen
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WEItERE InFoRMAtIonEn www.hhpberlin.de
hhpberlin ist eines der führenden deutschen Ingenieurbüros für Brandschutz
mit Sitz in Berlin, München, Hamburg und frankfurt. die 1999 aus dem
Büro Hosser, Hass und Partner hervorgegangene firma entwickelt weltweit
Brandschutzkonzepte für nationale und internationale Bauprojekte. Zu den
referenzen gehören beispielsweise die Münchner allianz arena, das Bundes-
kanzleramt, die Color line arena in Hamburg, die dalian twin towers und
das Pudong Museum in China. die Kompetenz von hhpberlin reicht von der
brandschutzgerechten fachplanung über die ausführung bis hin zur Qualitäts-
sicherung – sowohl im neubau als auch bei der Bauerneuerung.
hhpberlin
Ingenieure für
Brandschutz GmbH
Hauptsitz:
rotherstraße 19
102�5 Berlin
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