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07|2013 www.think-ing.de RAUMFAHRT think ING. kompakt 07|2013 Neues aus der Welt der Ingenieure Das Astronauten-Trainings- zentrum der ESA in Köln hat einiges zu bieten: Simulierte Schwerelosigkeit im Tauchbe- cken, Einparken von virtuellen Raumtransportern oder eine Kurzarm-Zentrifuge. weiter auf S. 3+4 Ein deutsches Team nimmt mit Unterstützung ehemaliger Astronauten, der TU Hamburg und der TU Berlin am privaten Wettlauf zum Mond teil. Der Sieger erhält von Google 20 Millionen Dollar. weiter auf S. 5 ESA-ASTRONAUTENKORPS Trainieren fürs Weltall PROJEKT Part Time Scientists RAUMFAHRT © ESA © ESA © Alex Adler/PTS weiter auf S. 2 Er hat es wieder geschafft. Zum zweiten Mal hat der Drache sich aufgeschwungen in die Weiten des Alls, souverän an die in- ternationale Raumstation ISS angedockt, 500 Kilogramm Vorräte und Materialien für Experimente abgegeben, ausrangierte Gerätschaften und wissenschaftliche Proben an Bord genommen. Am 26. März 2013 um 09:34 Uhr Ortszeit landete der Raumtransporter Dragon im Pazifik, gut 300 Kilometer vor der kalifornischen Küste, wurde von einem Frachter an Bord genommen und über Los Angeles nach McGregor in Texas transportiert. Damit war seine Mission erfolgreich abgeschlos- sen. Aus finanziellen Gründen bleibt das NASA- eigene Shuttle seit 2011 in Parkstellung. Menschen reisen seitdem in russischen Sojus-Kapseln zur internationalen Raumstation ISS. Der Flug dauert etwa so lange wie eine Zugfahrt von Köln nach München. Zum Schnäppchenpreis ist er allerdings nicht zu haben: Schlappe 53 Millionen Dollar pro Astronaut kostet das Ticket. Und der Platz fürs Gepäck ist sehr begrenzt. Im Rahmen des NASA- Programms COTS (Commercial Orbital Transportation Services) soll der Markt es nun richten. Die US-Weltraumbehörde greift privaten Firmen bei der teuren Entwicklung eines Raumtransporters großzügig unter die Arme. Zum Beispiel der kalifornischen Firma SpaceX, der nun Privat finanzierte Raumfahrt in Deutsch- land? Eher kommen einem in diesem Zusammenhang Namen wie Sir Richard Branson in den Sinn. Man denkt an den imposanten Weltraumflughafen in New Mexico und an all die bunten Szenarien touristischer Expeditionen in die Schwere- losigkeit. Seit der Apollo-Mission und dem erfolgreichen Flug zum Mars hat sich al- lerdings etwas Entscheidendes verändert. Inzwischen basiert die Weiterentwicklung der Raumfahrttechnologie auf der Zusam- menarbeit zwischen nationalen Organisati- onen und privaten Unternehmen. DLR und ESA sind an internationalen Kooperatio- nen beteiligt und unterstützen innovative Formen der privaten Raumfahrtforschung. RAUMFAHRT NACH DEM SHUTTLE Unternehmen greifen nach den Sternen INTRO Raumfahrt-Outsourcing

Raumfahrt - think ING. kompakt 07|2013

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Den Traum von einer Reise ins All haben viele. Von den 15 Astronauten aus dem ESA-Astronauten-Korps haben elf ein ingenieurwissenschaftliches Studium absolviert. Doch auch wer als Ingenieur am Boden bleibt, hat gute Chancen an der Zukunft der Raumfahrt mitzuarbeiten.

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Neues aus der Welt der Ingenieure

das Astronauten-trainings-zentrum der eSA in Köln hat einiges zu bieten: Simulierte Schwerelosigkeit im tauchbe-cken, einparken von virtuellen raumtransportern oder eine Kurzarm-Zentrifuge. weiter auf S. 3+4

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Er hat es wieder geschafft. Zum zweiten Mal hat der Drache sich aufgeschwungen in die Weiten des Alls, souverän an die in-ternationale Raumstation ISS angedockt, 500 Kilogramm Vorräte und Materialien für Experimente abgegeben, ausrangierte Gerätschaften und wissenschaftliche Proben an Bord genommen. Am 26. März 2013 um 09:34 Uhr Ortszeit landete der Raumtransporter Dragon im Pazifik, gut 300 Kilometer vor der kalifornischen Küste, wurde von einem Frachter an Bord genommen und über Los Angeles nach McGregor in Texas transportiert. Damit war seine Mission erfolgreich abgeschlos-sen. Aus finanziellen Gründen bleibt das NASA-

eigene Shuttle seit 2011 in Parkstellung. Menschen reisen seitdem in russischen Sojus-Kapseln zur internationalen Raumstation ISS. Der Flug dauert etwa so lange wie eine Zugfahrt von Köln nach München. Zum Schnäppchenpreis ist er allerdings nicht zu haben: Schlappe 53 Millionen Dollar pro Astronaut kostet das Ticket. Und der Platz fürs Gepäck ist sehr begrenzt. Im Rahmen des NASA-Programms COTS (Commercial Orbital Transportation Services) soll der Markt es nun richten. Die US-Weltraumbehörde greift privaten Firmen bei der teuren Entwicklung eines Raumtransporters großzügig unter die Arme. Zum Beispiel der kalifornischen Firma SpaceX, der nun

Privat finanzierte Raumfahrt in Deutsch-land? Eher kommen einem in diesem Zusammenhang Namen wie Sir Richard Branson in den Sinn. Man denkt an den imposanten Weltraumflughafen in New Mexico und an all die bunten Szenarien touristischer Expeditionen in die Schwere-losigkeit. Seit der Apollo-Mission und dem erfolgreichen Flug zum Mars hat sich al-lerdings etwas Entscheidendes verändert. Inzwischen basiert die Weiterentwicklung der Raumfahrttechnologie auf der Zusam-menarbeit zwischen nationalen Organisati-onen und privaten Unternehmen. DLR und ESA sind an internationalen Kooperatio-nen beteiligt und unterstützen innovative Formen der privaten Raumfahrtforschung.

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Unternehmen greifen nach den SternenINTRO

Raumfahrt-Outsourcing

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der zweite Materialtransport ins All gelang. Sollte Dragon weiter so sicher durch den Orbit navigieren wie bisher, könnten auch bald Astronauten an Bord gehen. Der ein-zige Konkurrent, Orbital Sciences, kämpft noch mit Startschwierigkeiten. Ein Testflug seiner Trägerrakete Antares musste im Ap-ril wenige Minuten vor dem Start abgesagt werden. Der Grund: ein gerissenes Kabel.

Eine ökonomische RaumfahrtZwar war der Drachenflug kein „großer Schritt für die Menschheit“, wie ihn Neil Armstrong 1969 während der Apollo 11 Mission unternahm. Er stellt aber den zweiten Schritt ins Zeitalter der privaten Weltraumfahrt dar, die bis vor wenigen Jahren ausschließlich staatlich organisiert war. Der Ansari X-Preis gab den ersten Anstoß zu dieser Entwicklung. Die US-amerikanische X-Prize Foundation startete diesen Wettbewerb im Jahr 1996. Zehn Millionen Dollar wurden seinerzeit für den ersten privaten und bemannten subor-bitalen Raumflug ausgelobt. Und dabei hatte man durchaus die Kosten im Auge. Von privaten Unternehmen erhoffte man sich kreative Ideen und eine ökonomi-schere Raumfahrt, die auch die Tür zum Weltraumtourismus aufstoßen sollte. 26 Teams aus Großbritannien, Israel, Argen-tinien, Rumänien und den USA bewarben sich. Die US-Bewerber waren deutlich in der Überzahl. 2004 machte das US-Team Scaled Composites mit dem SpaceShip-One das Rennen. Deutsche Firmen suchte man unter den Bewerbern vergeblich.

Kurze Zeit später gab die US-Regierung grünes Licht für die private Raumfahrt. Richard Branson, Gründer der Fluglinie Virgin, und SpaceShipOne-Entwickler Burt Rutan taten daraufhin ihr Geld und ihr Know-how zusammen, um mit der Welt-raum-Firma Virgin Galactic neue touristi-sche Sphären zu erschließen. Inzwischen ist der Bau des Raumflughafens Space-port America in New Mexico abgeschlos-sen. Stararchitekt Norman Foster errichte-te das futuristische Gebäude mitten in den White Plains. Wenn alles nach Plan läuft, werden hier bald Raumflugzeuge des Typs SpaceShipTwo Touristen ins All befördern – Tickets sind teuer (circa 150.000 Euro) und heiß begehrt. Schwerelosigkeit steht hoch im Kurs, über 300 Passagiere sollen bereits gebucht haben.

Deutsches Ingenieur-Know-howDeutschland ist bisher an diesen aktuel-len Entwicklungen nur indirekt beteiligt. Dennoch gibt es hier viel Ingenieur-Know-how, vor allem beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Am 28. Mai 2013 startete der italienische ESA-Astronaut Luca Parmitano gemeinsam mit einer US-Kollegin und einem russischen Kosmonau-ten von Baikonur aus zur ISS. Parmitano hält während seines sechsmonatigen Aufenthaltes in der Schwerelosigkeit den heißen Draht zum Columbus-Kontrollraum in Oberpfaffenhofen. 14 seiner Experimen-te werden vom DLR betreut. Ein anderes Beispiel ist der Radiation Assessment Detector (RAD), der gemeinsam mit

Marsrover Curiosity zum Roten Planeten flog und die Strahlenbelastung aufzeich-nete. Der wird von einem internationalen Wissenschaftler-Team betrieben, an dem auch das DLR und die Christian-Albrechts-Universität Kiel beteiligt sind.Raketenpioniere wie der Ingenieur Frank Marco Günzel und der Unternehmer Peer Gehrmann, die auf private Finanzierung und Weltraumtourismus setzen, haben hierzulande allerdings einen schweren Stand. Auf dem Flughafen Cochstedt bei

Magdeburg wollten sie ein Triebwerk bau-en, dann ein komplettes Raumfahrzeug. Um Black Sky mit zwei Menschen bis zu 40 Kilometer hoch in den Orbit zu bringen, fehlte aber das Geld solventer Investoren vom Kaliber Richard Branson. Seit 2012 stehen die zwei deutschen Pioniere in Ver-handlung mit der Regierung von Malaysia. Mit etwas Glück könnte Black Sky nun doch noch abheben, dann aber wohl nicht in Cochstedt, sondern in Kuala Lumpur.

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Der Raumtransporter Dragon

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Die kleinste und trotzdem beliebteste Be-rufsgruppe der Welt dürfte womöglich jene der Astronauten sein. Der Wunsch, später einmal genau diesen Job auszuüben, ist besonders im Kindesalter millionenfach ausgeprägt. Mit der Aussage „Papa, ich will Astronaut werden!“ haben schon viele halbwüchsige Sprösslinge ihre stolzen Väter konfrontiert. Aber der frühe Jugend-traum verflüchtigt sich dann meist schnell wie eine Sternschnuppe am Nachthimmel. Nur ganz Wenigen ist es vorbehalten, für eine Reise ins Weltall ausgebildet zu werden.

Man muss zwar nicht Superman oder Su-perwoman sein, aber der Personalbedarf ist äußerst gering – die ESA hat aktuell 15 Astronauten aus acht verschiedenen Ländern in ihrem Korps, die startklar für den Sternenflug sind. Die Anforderungen in verschiedenen Bereichen wie tech-nisch-naturwissenschaftliches Wissen, Stressresistenz, Belastbarkeit, Konzen-trations- und Kommunikationsfähigkeit oder physische und psychische Fitness

sind extrem hoch. Gerade weil Technik und Naturwissenschaft im Outerspace-Job eine so große Rolle spielen, verwundert es nicht, dass 11 der 15 aktuellen ESA-Astro-nauten einen ingenieurwissenschaftlichen Studien- und Berufshintergrund besitzen. Der allein reicht allerdings nicht, denn um bemannte Weltraummissionen erfolgreich durchzuführen, müssen die Astronauten bereits auf der Erde mit allen Vorgängen rund um Raumfahrzeug und Raumstation wie im Schlaf vertraut sein. Genau dazu dient eine zentrale europäische Aus-bildungseinrichtung – das Europäische Astronautenzentrum (EAC) in Köln.

In Modellen von Raummodulen in Origi-nalgröße lässt sich dort der Flug ins All trainieren. In detailgetreu nachgebauten Laboren simuliert man wichtige Experi-mente, mit speziellen Headsets und in virtueller Realität schwebt man zu Übungs-zwecken durch nachgebaute Kammern ei-nes Raumschiffs, eine Kurzarm-Zentrifuge beschleunigt den Körper auf das 2,5-Fache des eigenen Gewichts. Man probt mögliche Außeneinsätze im All in einem riesigen Tauchbecken, man lernt, wie man die medizinische Experiment-Plattform Mares bedient, einen Sojus-Transporter an die ISS andockt oder was zu tun ist, wenn ein automatisches Andock-Manöver mal nicht so funktioniert wie geplant.Ganz oben auf der Trainings-Agenda ste-

hen aber immer wieder die Teamarbeit, das Miteinander auf engstem Raum sowie eine ausgiebige medizinische Betreuung, um den Gesundheitszustand der Astro-nauten permanent zu kontrollieren.

Einzelne Übungsstationen des direkt am Rhein gelegen Trainingszentrums beschäf-tigen sich mit der Bedienung von roboti-schen Systemen, dem Erlernen der Schwe-relosigkeit, der perfekten Beherrschung aller Steuerungspults, der Kommunikation mit der Bodenstation, möglichen Notfall-situationen oder Notlandungen. Ganz ne-benher muss man in den simulierten Kon-trollräumen auch noch die Kommandos der Ausbilder wahlweise auf Russisch oder Englisch beantworten – schließlich haben die Europäische Weltraumorganisation ESA und die russische Raumfahrtagentur Roskosmos für die Jahre 2016 und 2018 die Zukunftsvision zweier gemeinsamer Missionen zum Roten Planeten.

Die genannten Beispiele machen deutlich, welches Mega-Pensum die ESA-Astronau-ten in dem riesigen wissenschaftlichen

Das europäische Astronautentrainingszentrum in Köln

Thomas Pesquet beim Unterwasser-Training

ESA-ASTRONAUTENKORPS

Einparken üben mit dem Weltraumtransporter in Köln-Porz

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Der Raumtransporter Dragon

In einem riesigen Tauchbecken bewegt sich der deutsche Astronaut Alexander Gerst wie schwerelos in einer Raumkapsel-Attrappe

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Wunderland in Köln absolvieren müs-sen. Insgesamt kommen dabei mehrere hundert Ausbildungsstunden zusammen. Denn es läuft inzwischen anders als zu Zeiten des Shuttle-Programms. Da gab es auf den Missionen noch Spezialisten für verschiedene Jobs. Heute muss jeder Bewohner der Raumstation alle Aufgaben übernehmen können. Allrounder fürs All sind gefragt.

Die All-Azubis fangen meist in einem Alter zwischen 27 und 37 Jahren an. Zuvor haben sie ein komplexes Auswahlverfah-ren durchlaufen. Die aktuelle Astronau-tengeneration wurde beispielsweise im Mai 2009 mit sechs Neuankömmlingen verstärkt, die unter 8.400 hochqualifizier-ten Bewerbern ausgewählt wurden. Einer davon war der Deutsche Alexander Gerst. Der 37-jährige promovierte Geophysiker und Vulkanforscher, der Bergwandern, Schwimmen und Fechten zu seinen Hob-

bys zählt, hat mittlerweile nach mehrjähri-gen Basis- und Spezialkursen in Raum-fahrttechnik und Weltraumforschung, vielen Fahrstunden im Raumtransporter, dem Erwerb des Pilotenscheins, dutzend-fachem Abtauchen im Raumanzug und einem einwöchigen Überlebenstraining auf Sardinien seine Ernennungsurkunde in der Tasche. Damit ist er startklar und sozusagen vom ESA-TÜV zertifiziert für den Weltraum. Jetzt ist Gerst nur noch heiß darauf, endlich an einer echten Mission teilzunehmen. Seine Chance dazu rückt immer näher, der Termin steht bereits. Anfang 2014 wird er für sechs Monate zur Internationalen Raumstation fliegen. Er wäre dann der elfte Deutsche im All und der dritte Deutsche auf der ISS. Vor ihm hatten Thomas Reiter 2006 und Hans Schlegel 2008 das Vergnügen, den blauen Planeten aus rund 380 Kilometern Höhe zu bestaunen.Für diesen einmaligen Ausblick in ihrem Leben haben Gerst und Co. einen extrem langen und harten Lern- und Trainingspro-zess hinter sich gebracht. Genau diese Anstrengungen werden aber vielleicht irgendwann mal so enden, dass sie nicht nur zur ISS fliegen, sondern zu jenen Aus-erwählten gehören werden, die ein ganzes Stück weiter reisen: Richtung Mond oder Mars.

„All systems go!“, kann man da nur sagen und neidvoll „Gute Aussicht!“ wünschen ...

Simulierte Schwerelosigkeit beim Parabelflug im Bauch eines Jumbo-Jets

Thomas Pesquet beim Unterwasser-Training

ESA-ASTRONAUTENKORPS

Einparken üben mit dem Weltraumtransporter in Köln-Porz

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Vor dem Flug kommt das TrainingDas Europäische Astronautenzentrum (EAC) in Köln auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist sozusagen die Heimatbasis eines gemein-samen europäischen Astronauten-Korps. In einem internationalen Team, zusammen mit Mitarbeitern der Europäischen Raum-fahrtagentur ESA sowie anderer nationaler Raumfahrtagenturen wie der ASI (Italien) und der CNES (Frankreich), werden europä-ische Raumfahrer dort auf unterschiedliche Missionen vorbereitet. In den Trainingshal-len, Tauchbecken und Simulationsräumen findet man aber auch Astronauten der internationalen Partner USA, Russland und Japan. Sie lernen den Umgang mit den europäischen Modulen der Raumstation – dem Columbus-Labor und dem Nutzlast-transporter ATV. Im Gegenzug nehmen die europäischen Astronauten mit ihren ameri-kanischen oder russischen Kollegen auch an Trainings im Lyndon B. Johnson Space Center der NASA in den Vereinigten Staaten oder in Star City, dem Trainingszentrum der russischen Raumfahrtbehörde in der Nähe von Moskau, teil.

Weitere Infos:s.think-ing.de/esa

Das europäische Astronautenkorps der ESA 11 von 15 Sternenfliegern sind Ingenieure

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PAOLO NESPOLIINGENIEUR

TIMOTHy PEAKEINGENIEUR, MILITäRPILOT

ALEXANDER GERSTGEOPHySIKER

PEDRO DUQUEINGENIEUR

LEOPOLD EyHARTSINGENIEUR, MILITäRPILOT

FRANK DE WINNEINGENIEUR, MILITäRPILOT

ROBERTO VITTORIPHySIKER, MILITäRPILOT

LUCA PARMITANOINGENIEUR, TESTPILOT

HANS SCHLEGELPHySIKER

SAMANTHA CRISTOFORETTIINGENIEURIN

ANDREAS MOGENSENINGENIEUR

JEAN-FRANCOIS CLERVOyINGENIEUR

THOMAS PESQUETINGENIEUR, PILOT

CHRISTER FUGLESANINGENIEUR, PHySIKER

Alle bisherigen deutschen Astronauten im All listet das DLR auf:s.think-ing.de/astronauten

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Was ist nur aus den hochfliegenden Welt-raumambitionen der 60er und 70er Jahre geworden? Migration ins All, Weltraumko-lonien, die die Erde umkreisen, Menschen auf dem Mars – Erwachsene träumten vom ozeanischen Gefühl der Schwerelo-sigkeit, Kinder von Besuchen auf frem-den Planeten. Zwar ist der Mars immer noch das nächste Ziel der bemannten Raumfahrt, und Mars-Rover Curiosity hat unlängst für einiges Aufsehen gesorgt.

In der Raumfahrtforschung hat sich aller-dings seit der spektakulären Apollo-Missi-on relativ wenig getan. Es geht allenfalls im Schneckentempo in den Kosmos. Viele Raumfahrtingenieure sind frustriert über diese Stagnation. Der 27-jährige Ingenieur Robert Böhme will sich damit nicht abfinden. Wo die öffentlichen Geld-hähne zugedreht werden, will er private Quellen anzapfen. Im Juni 2009 gründete er die Firma, mit der er seinen Traum privat finanzieren will.

Mit Google zum MondDie Initialzündung für Böhmes Schritt war der Google Lunar X Prize. Den hatte der Internetriese 2007 für Unternehmen ausgelobt, die mit privaten Mitteln einen Roboter auf den Mond schicken wollen, der sich dort 500 Meter weit bewegt, Fotos schießt, Videos dreht und sie zur

Erde sendet. Das Unternehmen, das diese Aufgabe bis 2015 als erstes bewältigt, erhält aus der Google-Kasse 20 Millionen US-Dollar. Robert Böhme nahm diese Her-ausforderung an und fand fünf Mitstreiter mit Know-how und Weltraumambitionen. Aus den Part Time Scientists wurde bald eine GmbH. Mittlerweile sind sie das ein-zige deutsche Team im Wettbewerb. Über 100 Wissenschaftler unterstützen sie bei ihrer Mission. Im Team sind Mitarbeiter des Teilchenbeschleunigers in Genf sowie drei Apollo-Veteranen. Unter den Partnern befinden sich die TU Hamburg-Harburg, die TU Berlin, das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt sowie die US-Unternehmen Texas Instruments und der Grafikkartenhersteller NVIDIA.Die „Teilzeitforscher“ bauen die meis-ten der benötigten Komponenten nicht selbst. So stammen etwa die Objektive von Schneider-Kreuznach, demselben Unternehmen, das auch schon die Linsen für das Apollo-Programm lieferte.

Kreative FinanzierungBei den staatlichen Raumfahrtprogram-men wurde oft jedes Detail neu entwickelt. So verschwenderisch müsse nicht gearbei-tet werden, sagt Böhme. Die Planung der Part Time Scientists ist unterm Strich die vergleichsweise günstigste im Wettbewerb.

Kalkulierte Gesamtkosten für die Techno-logie: 30 Millionen Euro. Einige Konkur-renzteams haben bis zu 85 Millionen auf dem Zettel stehen. Und während sich das deutsche Team mit Industriepartnerschaf-ten, Sponsorings und Kooperationendurchschlägt, lassen sich zwei US-Teams vom Militär unter die Arme greifen. Einfach ist die Finanzierung allerdings nicht. Als eine Finanzspritze für die entscheidenden Tests des Roboters Asimov benötigt wurde, versuchte sich das Team im Crowdfunding. Über die amerikanische Plattform Kickstarter kamen aber statt der anvisierten 100.000 nur 28.758 US-Dollar ein. Ein zweiter Anlauf steht bevor. Auch für Sponsoren wird die Sache langsam spannender. Außerdem sind die Part Time Scientists ziemlich umtriebig auf Messen unterwegs. In einigen Bereichen, etwa bei der Kameratechnologie und -sensorik, haben die Wissenschaftler Hightech-Pro-dukte entwickelt, von denen Ende dieses Jahres zwei marktreif sein werden.

Kann man auf einem so wackligen finanzi-ellen Fundament zum Mond fliegen? „Ich sage mit Stolz, dass wir es definitiv schaffen werden. Doch unser Ziel ist auch, die Begeisterung für die Raumfahrt neu zu entfachen, den Menschen eine Zukunft im All wieder näher zu bringen“, sagt Böhme

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Privater Wettlauf zum MondDIE PART TIME SCIENTISTS SIND BEIM GOOGLE LUNAR X PRIZE DAS EINZIGE DEUTSCHE TEAM

Begeisterung für die Raumfahrt neu entfachen: Robert Böhme mit jungen Messebesuchern

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Das PTS-Team präsentiert seinen Rover

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selbstbewusst. Wenn der Rover endlich mit einer russischen Rakete abhebt, wer-den die Forscher mit Sicherheit Schweiß-perlen auf der Stirn haben. Start und Lan-dung sind die brenzligsten Momente der Expedition. Selbst wenn der Start glückt und der siebentägige Flug über 400.000 Kilometer gelingt, kann immer noch alles schiefgehen. Ankommen wird Asimov Jr.R3 sehr wahrscheinlich, es fragt sich nur, in welchem Zustand. Ein missglücktes Bremsmanöver und der Rover fliegt am Ziel vorbei oder er bohrt sich beim Aufprall tief in den Mondboden.

Links für Studierende

Begabung und Leidenschaft für Tech-nik und Naturwissenschaften sollte der Student der Luft- und Raumfahrttechnik mitbringen. Wer sich für das anspruchs-volle Studium der Raumfahrttechnik entscheidet, beschäftigt sich mit der sehr komplexen Entwicklung von Raumtrans-portgeräten und Flugkörpern wie Raketen oder Satelliten und deren Komponenten. Das Studium beginnt aber zumeist ganz bodenständig mit der Vermittlung grund-legender Kenntnisse aus Maschinenbau, Mathematik, Physik, Elektrotechnik, Geo-metrie und Mechanik.

Hier eine Auswahl an Studiengängen:

Luft- und Raumfahrttechnik, Bachelor und Master an der Fachhochschule Aachen:s.think-ing.de/lur-fh-aachen

Luft- und Raumfahrttechnik, Master an der TU Berlin:s.think-ing.de/lur-berlin-master

Luft- und Raumfahrt, Master an der TU München-Garching:s.think-ing.de/lur-muenchen-master

Weitere Studiengänge in der IngenieurStu-diengangSuche von think ING. unter: www.search-ing.de

impreSSumHerausgeber: GesamtmetallGesamtverband der Arbeitgeberverbändeder Metall- und Elektro-Industrie e.V.Voßstraße 16 - 10117 Berlin

Objektleitung: Wolfgang Gollub (verantw.)

Druck: color-offset-wälterGmbH & Co. KG, Dortmund

Redaktion und Gestaltung: concedra GmbH, Bochum

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Es gibt aufblasbare Sofas, Badeinseln, Tretboote, Palmen und Halloween-Kür-bisse, aber aufblasbare Raumstationen? Doch, auch das gibt es. Dank einer von der NASA entwickelten Technologie, die sich TransHab nennt, sind Wohnmodule für den Weltraum möglich, die man unterwegs platzsparend verstauen kann und die sich im Weltraum mit einer speziellen Technik entfalten lassen.

Erdacht und entwickelt wurde das Konzept in den 1990er Jahren von Ingenieuren am Lynden B. Johnson Space Center. Die Idee war genial, aber zu teuer. Deshalb wurde die Entwicklung eingestellt, bis die private Raumfahrtfirma Bigelow Aerospace aus Las Vegas, Nevada im Jahr 2004 die Rechte an den Patenten erwarb und daraus Pläne für eine private Raumstation schmiedete. Da Unternehmensgründer Robert Bigelow bereits Besitzer einer Hotelkette war, wird heftig über Weltraumhotels spekuliert,

die man in diesen aufblasbaren Modulen einrichten könnte. Allein ein Hotel muss für die Kunden auch erreichbar und bezahlbar sein. Da nach der Einstellung des Shuttles nur China und Russland Menschen ins All schicken können, sind die Transportmög-lichkeiten aber zu teuer und zu begrenzt. Möglicherweise führt die Zusammenarbeit von Bigelow und SpaceX, die im Mai 2012 bekanntgegeben wurde, zu einer Lösung. Das Raumschiff Dragon könnte in Zukunft auch Menschen befördern. Chancen für eine kommerzielle Auswertung des Patents sieht Bigelow zunächst in Raumstationen zu Forschungszwecken. Mit den Experi-mentalsatelliten Genesis 1 und 2 wurde die Technologie 2006 und 2007 erfolg-reich erprobt. Anfang 2015 soll nun das Sundancer-Modul gestartet werden. Wenn alles gutgeht, soll darauf ein Verbindungs-segment folgen, an das das erste und zwei weitere Module andocken können. So entsteht die aufblasbare Raumstation.

Aufblasbare Raumstationen

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Moonrover auf dem Prüfstand

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