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Reader zum Workshop „Forschungsarbeiten zu Ostdeutschland“ Freitag, 17. Juli 2009 am Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin Ernst Ruska-Gebäude (Physik-Altbau), Raum 242 Hardenbergstraße 36 A 10623 Berlin durchgeführt vom Innovationsverbund Ostdeutschlandforschung www.ostdeutschlandforschung.net

Reader zum Workshop „Forschungsarbeiten zu … · Benjamin Nölting, Stephan Meise, Anna-Verena Münch ... die die Grenzen eines lange dominierenden Modells fordistischer Wirtschafts-

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Reader zum Workshop

„Forschungsarbeiten zu Ostdeutschland“

Freitag, 17. Juli 2009

am Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin

Ernst Ruska-Gebäude (Physik-Altbau), Raum 242

Hardenbergstraße 36 A

10623 Berlin

durchgeführt vom

Innovationsverbund Ostdeutschlandforschung

www.ostdeutschlandforschung.net

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Inhalt Programm des Workshops ......................................................................................................... 3

Benjamin Nölting, Stephan Meise, Anna-Verena Münch Auswertung des Workshops und weiterführende Fragen .......................................................... 4 Ulrike Schulz, Sylvia Wölfel, Swen Steinberg, Veit Damm Unternehmensgeschichte als Transformationsgeschichte: Zur Geschichte von Unternehmen in Ostdeutschland zwischen 1939-1995 ......................................................................................... 7 Stephan Meise Regionale Feldbedingungen der Gewerkschaftspraxis in Ostdeutschland................................. 9 Anna Verena Münch „Die Langeweile totschlagen“? Ethnographische Untersuchungen zu sozialen Praxen und Regeln gewaltaktiver Jugendlicher im Osten Deutschlands. ................................................... 13 Uta Karstein Ostdeutsche Säkularisierung als Konflikt um symbolische Herrschaft. Zur Rezeption Pierre Bourdieus in der Religionssoziologie. ..................................................................................... 14 Marianna Poppitz Lückenfüller: temporäre Nutzungen und Ansätze zur Überwindung städtischer Leerstände im Vergleich .................................................................................................................................. 15

Jasmin Boldhaus „Grauzone“ Ostdeutschland? Überlegungen zu einer altengerechten Stadtentwicklungspolitik in den neuen Bundesländern ................................................................................................... 16 Anhang: Power-Point-Präsentationen der ReferentInnen ........................................................ 17

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Workshop „Forschungsarbeiten zu Ostdeutschland“ des Nachwuchsnetzwerks Ostdeutschlandforschung

Programm 11:00-13:00h Begrüßung und Einführung

Thematische Diskussion: Block „Wirtschaft“ Unternehmensgeschichte als Transformationsgeschichte: Zur Geschichte von Unternehmen in Ostdeutschland zwischen 1939-1995 Ulrike Schulz, Universität Bielefeld Sylvia Wölfel, Technische Universität Dresden Swen Steinberg, Technische Universität Dresden Veit Damm, Universität Saarbrücken Regionale Feldbedingungen der Gewerkschaftspraxis in Ostdeutschland Stephan Meise, Leibniz Universität Hannover

13:00-14:00 Gemeinsames Mittagessen

14:00-15:30 Thematische Diskussion: Block „Gesellschaft“ "Die Langeweile totschlagen"? Ethnographische Untersuchungen zu sozialen Praxen und Regeln gewaltaktiver Jugendlicher im Osten Deutschlands Anna Verena Münch, Universität Bielefeld Ostdeutsche Säkularisierung als Konflikt um symbolische Herrschaft. Zur Rezeption Pierre Bourdieus in der Religionssoziologie Uta Karstein, Universität Leipzig (entfiel wg. Krankheit)

16:00-17:00 Thematische Diskussion: Block „Stadt(entwicklung)“

Lückenfüller: temporäre Nutzungen und Ansätze zur Überwindung städtischer Leerstände im Vergleich Lückenfüller - Zwischennutzung in Städten Marianna Poppitz, Berlin „Grauzone“ Ostdeutschland? Überlegungen zu einer altengerechten Stadtentwicklungspolitik in den neuen Bundesländern Jasmin Boldhaus (verschoben) Ausblick und Abschluss

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Auswertung des Workshops und weiteführende Fragen Benjamin Nölting, Technische Universität Berlin, [email protected] Stephan Meise, Leibniz Universität Hannover Anna-Verena Münch, Universität Bielefeld

Der Innovationsverbund Ostdeutschlandforschung hat ein Netzwerk von jungen Forscherin-nen und Forschern (Diplomanden, Doktoranden und Post-Docs) ins Leben gerufen, die zu Themen der Ostdeutschlandforschung arbeiten. Das Netzwerk und die Veranstaltungen sind offen für alle Interessentinnen und Interessenten; sie ermöglichen einen interdisziplinären Austausch über die Forschungsarbeiten.

Gemeinsamer Fokus der Diskussionen ist das Forschungsparadigma des Umbruchs von Industriegesellschaften, das am Beispiel Ostdeutschland untersucht wird. Den Ausgangspunkt bildete die Kritik bisher dominierender Transformationskonzepte, die die Grenzen eines lange dominierenden Modells fordistischer Wirtschafts- und Gesellschaftsentwicklung ausgeblendet haben. Die Folge sind sowohl die aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrisen als auch die Umweltkrise und der Klimawandel. Eine nachholende Entwicklung nach diesem „Vorbild“ muss in die Irre gehen. Der ostdeutsche Fall, für den ein solches Entwicklungsmodell besonders strikt praktiziert wurde und weitgehend noch wird, ist daher besonders aufschlussreich.

In ihrem Forschungsparadigma stellt die Ostdeutschlandforschung die Umbruchprozesse in Ostdeutschland in den Mittelpunkt der Analyse und ordnet sie in den Kontext weltweiter Umbrüche ein. Sie befasst sich mit der Analyse und Gestaltung von Umbruchprozessen und stellt konzeptionelle und praktische Überlegungen an, wie ein neues, ein zukunftsfähiges Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell entwickelt werden kann.

Auf dem Workshop wurden Forschungsarbeiten zu drei thematischen Blöcken diskutiert:

• Wirtschaft • Gesellschaft • Stadtentwicklung

Nachfolgend werden wichtige Aspekte und Fragen der Vorträge und Diskussionen zusammengefasst.

Thematischer Block „Wirtschaft“

Ulrike Schulz, Sylvia Wölfel, Swen Steinberg, Veit Damm stellten in ihrem Vortrag „Unternehmensgeschichte als Transformationsgeschichte: Zur Geschichte von Unternehmen in Ostdeutschland zwischen 1939-1995“ ihre Idee eines Arbeitskreises für Wirtschaftsgeschichte vor. Zwar ist die DDR-Geschichte sehr gut erforscht, aber auf der Ebene der Unternehmen gibt es eine Blindstelle der historischen Forschung. Gerade auf der Ebene der Unternehmen lassen sich aber die großen Epochezäsuren von 1945 und 1990 in Frage stellen. Aus Sicht der Betriebe stellen sich Kontinuitäten und Brüche ggfs. ganz anders dar, aus Brüchen werden mittelfristige Transformationen. Welchen Einfluss haben politische und ökonomische Systemwechsel auf die Betriebe?

Das soll an Hand von Fallstudien zur Betriebsgeschichte untersucht werden, wobei der Untersuchungszeitraum über die DDR-Geschichte hinaus reicht. An Hand von zwei Fallbeispielen der Papierfabrik Kübler und Niethammer und der dkk Scharfenstein (Kühlschränke) konnte gezeigt werden, dass die Betriebe auch über Systemwechsel hinweg an ihre Traditionen und Kompetenzfelder anknüpfen. Es wurde deutlich, dass sich in dieser Mikro-Perspektive die Frage nach Umbrüchen und ihrer Bewältigung ganz anders stellt als in einer politischen oder makroökonomischen Betrachtung.

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Fragen:

• Haben sich in Unternehmen, trotz politisch-ökonomischer Systemumbrüche, bestimmte Stärken und Schwächen perpetuiert?

• Welche Kontinuitäten und Brüche in der Struktur regionaler Wirtschaftsräume können nachvollzogen dadurch werden?

• Ob und wie wurden gebrochene Unternehmenstraditionen fortgeführt? • Welchen Einfluss nahmen Instrumente der staatlichen Lenkung auf Unternehmen in

Transformationsprozessen (Treuhand, regionale Wirtschaftsförderungsprogramme)? • Wie kann die „Epochenabgrenzung“ für die zwei Transformationsphasen 1939 – 1953 und

1989 – 1995 begründet werden? Welche Anregungen ergeben sich aus der Diskussion zur Frage nach Kontinuität und Diskontinuität?

Nach der Produktion beleuchtete Stephan Meise die Arbeitnehmerschaft und ihre Organisation in Ostdeutschland in seinem Vortrag zu „Regionale Feldbedingungen der Gewerkschaftspraxis in Ostdeutschland“. Grundlage war ein Forschungsprojekt im Auftrag der Hans Böckler Stiftung und der IG Metall 2006-2008. Ausgangspunkt des Forschungsprojekts war die Diskussion um die Krise der Gewerkschaften und die Frage nach den sozialen Beziehungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitnehmermilieus vor dem Hintergrund veränderter gesellschaftlich-politischer Handlungsbedingungen. In drei regionalen Fallstudien (1 x Ostdeutschland, 2 x Westdeutschland) wurden nach Bourdieu die Felder Wirtschaft, Politik, Alltagskultur und Gewerkschaften (IG Metall) untersucht, um Aussagen über die Organisationsfähigkeit der Gewerkschaften treffen zu können. Am Beispiel der ostdeutschen Fallstudien wurde deutlich, dass die Gewerkschaften in allen vier Feldern erheblich an Einfluss verloren haben. Im wirtschaftlichen Feld wirkt der Strukturbruch in der ostdeutschen Metallindustrie nach 1990 nach, die Gewerkschaft ist in zahlreichen neugegründeten kleinen und mittleren Unternehmen kaum vertreten und sieht sich mit einer Reihe von Einzelproblemen, v.a. der Tarifflucht von Unternehmen konfrontiert, so dass die Arbeitsbeziehungen in einer Schieflage zu Ungunsten der Arbeitnehmer geraten. In der Politik und im Alltag werden Gewerkschaften nicht als Partner oder wesentliche Kraft wahrgenommen. Eine soziale Verankerung ist nur in Teilbereichen der Arbeitnehmermilieus gegeben und es fehlt an gewerkschaftlichen Akteuren mit ausreichendem sozialen Kapital. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass aus politischen Gründen kaum an gewerkschaftliche Traditionen der DDR-Zeit angeknüpft worden ist. Dazu kamen in den 90er Jahren soziale Verkennungsprozesse zwischen westdeutschen Hauptamtlichen und ostdeutschen Ehrenamtlichen. Im gewerkschaftlichen Feld ist also – im Gegensatz zu vielen betrieblichen Beispielen aus dem ersten Vortrag zur Unternehmensgeschichte – ein deutlicher Bruch erkennbar.

Fragen:

• Ist die gewerkschaftliche Organisation ist Ostdeutschland besonders prekär? Wird sie dort aber, angesichts der prekären Arbeitsbedingungen, nicht gerade besonders gebraucht?

• Wie könnte die gewerkschaflichte Organisation gestärkt werden? Wie kann die Gewerkschaft angesichts von Massenarbeitslosigkeit und Repräsentationskrise soziales Kapital aufbauen?

Thematischer Block „Gesellschaft“

Im Vortrag „"Die Langeweile totschlagen"? Ethnographische Untersuchungen zu sozialen Praxen und Regeln gewaltaktiver Jugendlicher im Osten Deutschlands“ stellte Anna Verena Münch erste Untersuchungsergebnisse zu Gewalttaten und Gewalttätern vor. Als Untersuchungsregion wurde Ostdeutschland gewählt, unter anderem wegen der Besonderheit der sozialen Räume, in denen seit über 10 Jahren flächendeckend keine beruflichen

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Perspektiven vorhanden sind und Erwerbsarbeit als den Alltag strukturierende Praxis wenig vorkommt. Eine erste These der Untersuchung ist, dass gesellschaftliche Angebotsstrukturen zum Erwerb von Anerkennung und zur Teilhabe in diesem Umfeld weitgehend unwirksam sind (Arbeit, sozialer Aufstieg). Vielmehr ist der für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen relevante Anerkennungsraum der soziale Raum. Gewalthandeln ist in diesem Kontext als soziale Praxis zu verstehen, die Anerkennung sichert. Für Gewalthandlungen gelten Regeln, die aber in bestimmten Situationen unter Alkohol- und Drogeneinfluss im Zuge des Eskalationsprozesses überschritten werden. Gewalt erscheint hier erratisch. Über die Rekonstruktion eines solchen Eskalationsprozesses in Verbindung mit dem Wissen um die erratische Qualität von Gewalt lassen sich auch schwere Gewalttaten mit geringen Auslösern verstehen.

Fragen:

• Sind die prekären gesellschaftlichen Zustände, die Gewaltbereitschaft fördern, „typisch“ für Ostdeutschland?

• Lassen sich gesellschaftlich erwünschte Verhaltensformen durch Perspektiven von Beruf, Arbeit und Einkommen erzielen – und nur durch diese Angebote?

• Sind extreme Gewaltfälle überhaupt wissenschaftlichen Untersuchungen zugänglich? • - Welche Rolle spielt die Verfügbarkeit von Medien zur Aufzeichnung eigener

Handlungen (insb. allgegenwärtige Handys) bei der Entwicklung, Eskalation und Inszenierung von Gewalt?

Thematischer Block „Stadtentwicklung“

Abschließend befasste sich Marianna Poppitz mit dem Thema „Lückenfüller: temporäre Nutzungen und Ansätze zur Überwindung städtischer Leerstände im Vergleich Lückenfüller - Zwischennutzung in Städten“. Der Bezug zu Ostdeutschland liegt im Stadtumbau Ost bzw. in den schrumpfenden Städten, die v.a. in Ostdeutschland vor großen Herausforderungen stehen. Leerstand ist dort, aber nicht nur dort, ein typisches Phänomen. Zwischennutzung kann, teilweise wertvolle, Bausubstanz erhalten und bauliche und planerische Festlegungen offen halten. Allerdings sind Zwischennutzungen nur teilweise erfolgreich, das hängt vom jeweiligen Kontext ab. Daher ist es Ziel der Untersuchung, eine Typologie von Zwischennutzungen und Kontexten zu entwickeln, um die Chancen und Risiken verschie-dener Zwischennutzungsformen abschätzen zu können.

Fragen:

• Verfügen ostdeutsche Städte über soziales und ökonomisches Kapitel, um Zwischennutzungen erfolgreich gestalten zu können oder sind die strukturellen Probleme so dominant, dass Zwischennutzung fast immer ins Leere läuft?

• Welche spezifischen Voraussetzungen für Zwischennutzungen werden in Ostdeutschland benötigt?

• Wie funktioniert das Matching zwischen suchenden Initiativen/Akteuren und Anbietern von Leerstandsräumen? Wie funktioniert die Kanalisierung von Raumanfragen zum Angebot, die Zuweisung von Raum, welche Rolle spielen soziale Räume und Konnotationen hierbei, und inwiefern entsteht oder verstärkt sich auch soziale Marginalisierung durch die Zuweisung von Zwischennutzungen?

• Welche Rückwirkungen haben die Diskurse über Leerstand auf davon betroffene Akteure vor Ort, auf ihre Ortswahrnehmung und ihr Selbstbild, auf ihren Begriff von einer "verschwindenden Heimat"?

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Unternehmensgeschichte als Transformationsgeschichte: Zur Geschichte von Unternehmen in Ostdeutschland zwischen 1939-1995

Ulrike Schulz, Universität Bielefeld, [email protected] Sylvia Wölfel, Technische Universität Dresden, [email protected] Swen Steinberg, Technische Universität Dresden, [email protected] Veit Damm, Universität Saarbrücken, [email protected]

Die Unternehmensgeschichte als akademische Disziplin befindet sich zur Zeit in einer Umbruchphase und steht vor der Herausforderung, sich neu zu orientieren. Das gesellschaftliche Interesse an der Geschichte von Unternehmen, das seit Mitte der 1990er Jahre im Zuge der Diskussionen um die Beteiligung deutscher Firmen an Holocaust und Zwangsarbeitereinsatz ausgelöst wurde, hat sich bereits merklich abgeschwächt. Die im Zuge des zurückliegenden Forschungsbooms entstandene kritische Unternehmensgeschichte in Deutschland, ihre Öffnung für kulturwissenschaftliche und soziologische Fragestellungen und nicht zuletzt die qualitativ beeindruckenden Ergebnisse der letzten anderthalb Dekaden laufen möglicherweise Gefahr, in ihrer Auswertung nicht fortgeführt zu werden. Vor diesem Hintergrund ist die Diskussion über neue Zugänge und Themen in der deutschen unternehmensgeschichtlichen Forschung notwendig.1

Ein Forschungsfeld, das für diese Diskussion einen substanziellen Beitrag zu leisten vermag, ist aus der Sicht der Verfasser/innen die systematische Erschließung der Geschichte ostdeutscher Unternehmen im Spannungsfeld der politisch-ökonomischen Systembrüche von 1945 und 1989. Um die bereits vorhandenen Forschungen auf diesem Gebiet einer konzeptionellen Neubewertung zu unterziehen sowie die Zusammenarbeit institutionell zu verankern, wird mit vorliegendem Konzept ein Vorschlag zur Gründung eines neuen Arbeitskreises in der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte unterbreitet. Zielsetzung der Gründung ist es ebenso, die Vernetzung von Forschungsprojekten und den Austausch von Wissenschaftler/innen in Ostdeutschland zu fördern und die zu schaffenden Kooperationsstrukturen langfristig auch institutionell anzubinden.

Unternehmensgeschichte als Transformationsgeschichte

Auf den Gebieten der DDR-Wirtschaftsgeschichte sowie der ostdeutschen Transformations-geschichte wurde bereits substanzielle Forschungsarbeit geleistet, dennoch ist das Wissen über einzelne Unternehmen, Wirtschaftsregionen oder spezifische Branchen noch immer weitgehend lückenhaft. Die überaus reichhaltigen Archivbestände sind nach wie vor ungenügend erschlossen und wissenschaftlich kaum genutzt. Die Konzentration auf Ostdeutschland beziehungsweise auf die neuen Bundesländer begründet sich jedoch nicht allein über die Notwendigkeit historischer Aufarbeitung. Die Geschichte ostdeutscher Unternehmen wird vielmehr unter dem Blickwinkel einer Unternehmensgeschichte als Transformationsgeschichte verfolgt. Dabei geht es im ersten Schritt darum, die in der historischen Forschung oftmals zu eng geführten Epochezäsuren 1945 und 1989 in Frage zu stellen. Die Geschichte ostdeutscher Unternehmen beginnt in der überwiegenden Mehrheit weder erst nach dem Zweiten Weltkrieg noch endet sie mit dem Fall der Mauer 1989. Somit erscheint es sinnvoll, mindestens an der Ausgangssituation der einzelnen Unternehmen vor dem Zweiten Weltkrieg anzusetzen. Auch die Enteignungen nach 1945 und die folgende staatliche Zentralisierung verliefen nach unterschiedlichen Mustern, angefangen mit der Bodenreform. Diese Muster hatten zum Teil regional spezifische Ausprägungen und zogen sich bisweilen bis in die 1970er Jahre hin. Die zweite Transformationsphase beginnt im Jahr 1989 und reicht bis mindestens 1995, als in den meisten Fällen entschieden war, ob und in

1 Stokes, Ray: Die Zukunft der Unternehmensgeschichte, in: JWG, 2008, Nr. 1, S. 313-328.

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welcher Form die Unternehmen den politischen und wirtschaftlichen Systemwechsel überstanden. Jene Unternehmen die überlebten wiesen auch in den folgenden Jahren nicht nur hinsichtlich ihrer Größe oder ihrer Ausstattung mit Kapital oftmals große Unterschiede zu Unternehmen der alten Bundesländer auf. Die spezifische Sozialisation vieler Führungskräfte und Mitarbeiter in der Zentralverwaltungswirtschaft der DDR, ihre überwiegende Herkunft aus technisch orientierten Ausbildungswegen oder die geteilte Erfahrung der permanenten Unsicherheit in Zeiten des wirtschaftlichen Umbruchs gehörten ebenso zu den Rahmenbedingungen unternehmerischen Handelns in Ostdeutschland. Im Vordergrund steht demnach der Vergleich der doppelten Transformation dieser Unternehmen, die vertiefte Einsichten über wirtschaftliche Prozesse in einer komplexen Unwelt insgesamt versprechen. Daran anschließend ergeben sich Fragen nach den Kontinuitäten und Brüchen in der Struktur regionaler Wirtschaftsräume, etwa ob sich bestimmte Stärken und Schwächen trotz politisch-ökonomischer Systemumbrüche perpetuiert haben. Unter einer kulturgeschichtlichen Perspektive kommt hier nicht zuletzt der Aspekt hinzu, ob und wie gebrochene Unternehmenstraditionen fortgeführt werden bzw. welchen Einfluss langfristig wirksame kulturelle Prägungen auf unternehmerische Innovationsprozesse nehmen. In diesem Zusammenhang ist der staatlichen Lenkung der Transformation und deren Instrumenten (Treuhandanstalt, regionale Wirtschaftsförderungsprogramm von Ländern, Bund und EU) verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen.

Für einen dem Transformationsansatz inhärenten historischen Systemvergleich muss es die Zielsetzung der wissenschaftlichen Forschung sein, realistische, vor allem auch sozio-ökonomisch fundierte Kategorien und Typologien zu entwickeln. Große Teile der DDR Geschichtsforschung haben sich aus Gründen, die hier nicht einzeln ausgeführt werden können, allzu stark auf politik- und kulturgeschichtliche Zugänge konzentriert. Zu einer solchen Herangehensweise gehört es fast selbstverständlich, die deutsch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen stärker in den Forschungskontext einzubetten. Arbeiten zur deutsch-deutschen Beziehungsgeschichte oder der gegenseitigen (wenn auch asymmetrischen) Wahrnehmung von Unternehmen, müssen verstärkt im Kontext internationaler Transferprozesse gesehen werden. Hier wird noch deutlicher herauszuarbeiten sein, ob und inwiefern die DDR eine Sonderrolle im Ostblock eingenommen hat. Langfristig wäre es deswegen ausgesprochen sinnvoll und vielversprechend, die osteuropäischen Staaten als Vergleichsebene einzubinden. Ebenso von Interesse wird es sein, die Wirkmächtigkeit geteilter beziehungsweise getrennter Vorbilder und Referenzrahmen für unternehmerisches Handeln in der Bundesrepublik und DDR herauszuarbeiten.

Unternehmen, zu denen wir derzeit forschen, sind u.a.: Waschgerätewerk Schwarzenberg, dkk Scharfenstein GmbH (FORON), Simson/Suhl, Glashütter Uhrenbetrieb, Volkswerft Stralsund, Kübler & Niethammer Papierfabrik Kriebstein. Diese Unternehmen können in der doppelten Transformationsperspektive analysiert werden, sind heute aber z.T. nicht mehr am Markt existent.

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Regionale Feldbedingungen der Gewerkschaftspraxis in Ostdeutschland

Stephan Meise, Leibniz Universität Hannover, Institut für Politische Wissenschaft, Schneiderberg 50, 30167 Hannover, E-Mail: [email protected].

Angesichts der Debatten um die „tiefe Krise der gewerkschaftlichen Repräsentation“ (Brinkmann et al. 2008: 19) und die fortschreitenden „Erosion der Mitgliederbasis“ (Ebbinghaus 2003: 174), die nicht weniger als die „zentralen Existenzvoraussetzungen“ (Schroeder/Weßels 2003: 35) der Gewerkschaften berührt – wovon Ostdeutschland in besonderer Weise betroffen ist (vgl. z.B. Schroeder 2000) –, verwundert es, dass in der bisherigen Forschung nach wie vor ein Mangel an grundlegenden Analysen der sozialen Bedingungen gewerkschaftlicher Organisations- und Mitgliederentwicklung besteht (vgl. Brinkmann et al. 2008: 35; Schroeder/Keudel 2008: 31). Vor allem die Dimension des „gewerkschaftlichen Föderalismus“ (Schmid 2003) und damit auch die besonderen regionalen Bedingungen der Gewerkschaftsarbeit in Ostdeutschland finden sich bislang wenig berücksichtigt.

Im Rahmen des von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Forschungsprojektes „Gewerkschaft und soziale Milieus. Eine vergleichende Studie über gewerkschaftliche Nähe und Distanz in drei Regionen“, das von 2006 bis 2008 unter der Leitung von Heiko Geiling an der Leibniz Universität Hannover durchgeführt wurde, sind diese Desiderate aufgegriffen worden. Mit den nun vorliegenden Forschungsergebnissen (vgl. Meise 2009), die auf umfangreiche Untersuchungen der gewerkschaftlichen Handlungsfelder mit den Methoden der teilnehmenden Beobachtung und Dokumentenanalyse sowie der habitushermeneutischen Auswertung von qualitativen Interviews (vgl. Bremer 2004) mit Gewerkschaftsmitgliedern, Nichtmitgliedern und Experten beruhen (24 Interviews in einer ostdeutschen und 63 in zwei westdeutschen Untersuchungsregionen), lassen sich Antworten auf folgende Fragen geben:

Welche sozialen Bedingungen der Gewerkschaftsorganisation und -politik liegen in den sich wandelnden regionalen Handlungsfeldern der IG Metall in einer ausgewählten Region in Sachsen-Anhalt vor? Welche Relevanz entwickeln diese Voraussetzungen für die Ausgestaltung von Nähe- und Distanzbeziehungen zu den sozialen Milieus der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Welche Besonderheiten der Gewerkschaftspraxis in Ostdeutschland lassen sich dabei feststellen?

Die auf der politischen Soziologie Pierre Bourdieus (1982) basierende Analyse richtet sich dabei auf die ökonomischen und politischen Feldbeziehungen sowie auf die Strukturen und lokalen Traditionen der Gewerkschaft und die alltagskulturell vermittelnden sozialen Beziehungszusammenhänge der ostdeutschen Milieus. Es zeigt sich, dass – trotz des formal erfolgten Institutionentransfers von West nach Ost – die konkrete Ausgestaltung der gewerkschaftlichen Praxis von spezifisch ostdeutschen Mustern sozialer und kultureller Beziehungen beeinflusst wird und somit andere Formen annimmt als in Westdeutschland.

Der historische Bruch nach dem Ende der DDR hat bis heute Auswirkungen auf die Region und auch auf die Gewerkschaft.2 In einem rapiden ökonomischen Veränderungsprozess gingen nach der Wende bis zu 90% der Arbeitsplätze in der Metall- und Elektroindustrie der Region verloren. Die Arbeitslosigkeit ist erdrückend hoch. Heute haben sich zwar einige Branchen auf niedrigem Niveau durchaus erfolgreich konsolidiert. Zum Teil gelang auch die Neuansiedlung innovativer Technologien. Doch zahlreiche Einzelprobleme bestehen fort;

2 Damit soll nicht gesagt sein, dass die hier zusammengefassten Probleme in der Untersuchungsregion in allen Punkten typisch für die Situation der IG Metall in Ostdeutschland wären. So ist z.B. die Wirtschaftsstruktur im ostdeutschen Maschinenbau durchaus vielfältig (vgl. Berka et al. 2007) und auch im politischen Feld zeigen sich spezifische Unterschiede (vgl. Thumfart 2002). Diese regionalspezifischen Unterschiede sind in ihren Auswir-kungen auf die Gewerkschaftspraxis weiter zu untersuchen.

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davon hier nur eine Auswahl der gravierendsten: Es herrscht insgesamt ein erhebliches Innovationsdefizit, etliche Betriebe fungieren als ‚verlängerte Werkbänke’ westdeutscher Unternehmen, die Kapitalausstattung der meist kleinen und mittleren Unternehmen ist oft sehr gering, die Tariflandschaft ist stark fragmentiert (vgl. auch Artus et al. 2000), in vielen Unternehmen ist das Unterlaufen von Tarifregelungen die Regel, allgemein sind korporative Strukturen nur sehr bruchstückhaft ausbildet, die Marktstruktur ist von weitgehend ungeregelter Konkurrenz gekennzeichnet. Die Gewerkschaft kritisiert die regionale Strukturpolitik als unsystematisch bis indifferent sowie die Haltung vieler Arbeitgeber, prinzipiell förderberechtigt zu sein – ohne Erfolg.

Die Position der IG Metall im regionalen politischen Feld ist als außerordentlich schwach zu kennzeichnen. In der Öffentlichkeit sind gewerkschaftliche Positionen kaum repräsentiert, die lokalen Medien scheinen die Gewerkschaft teilweise fast völlig zu ignorieren. Die Parteien geben sich zwar ansprechbar, räumen der Gewerkschaft aber praktisch keinerlei Einfluss ein. Eine besondere Nähe zwischen Gewerkschaft und der hier relativ bildungsbürgerlich ausgerichteten Sozialdemokratie hat sich nach den historischen Brüchen nicht wieder entwickelt. Die parteipolitische Ausrichtung ist zudem gewerkschaftsintern umstritten: Während die Hauptamtlichen eher SPD-orientiert agieren, gilt die Basis eher als Linkspartei-nah. Unter den Beschäftigten ist ein hoher Grad politischer Enthaltung und Enttäuschung festzustellen. Dies ist vor dem Hintergrund einer relativ schwach ausgeprägten regionalen Zivilgesellschaft und einer politischen Machtstruktur ohne klare parteipolitische Hegemonie zu sehen.

Mit Blick auf das Feld der Alltagskulturen (vgl. auch Alheit et al. 2004; Hofmann/Rink 2006) steht die IG Metall vor einer Situation, in der sowohl die Erfahrung der erstarrten politischen Verhältnisse in der DDR als auch die Enttäuschung nach anfänglich zu hohen Erwartungen an die Gewerkschaft im Zusammenhang mit den katastrophalen Beschäftigungsverlusten der neunziger Jahre nachwirken (vgl. auch Seifert/Brinkmann 1999). Zwischen den anfangs meist westdeutschen Hauptamtlichen, die keine Bindung an die lokalen Traditionen besaßen, und der Mitgliederbasis ist es in den neunziger Jahren zu einer nicht unerheblichen Entfremdung gekommen. Dem versucht die Verwaltungsstelle seit einigen Jahren mit einer konsensorientierten Strategie entgegenzuwirken und stärker auf die Bedürfnisse ihrer facharbeiterischen Kernmilieus einzugehen. Gleichzeitig sieht man sich mit einer zunehmenden Ausdifferenzierung der Beschäftigtengruppen konfrontiert, mit der Schritt zu halten der Verwaltungsstelle aufgrund ihrer strukturellen Probleme bisher nur sehr eingeschränkt gelungen ist. Festzustellen ist insbesondere eine Polarisierung zwischen ‚arbeiterlichen’ Modernisierungsverlierern und bürgerlichem Respektabilitätsstreben. Während die Gemengelage von zu vertretenden Interessen komplexer wird, fehlt es der lokalen IG Metall bis heute in erheblichem Maß an Akteuren mit ausreichend sozialem Kapital. Nur ein kleiner Kreis engagierter und gut verwurzelter Ehrenamtlicher mit hohem sozialen Kapital steht in Teilbereichen für eine soziale Verankerung der IG Metall in den facharbeiterischen Milieus.

In der Folge des subjektiv wahrgenommenen Überangebots von Arbeitskraft verfügen die Beschäftigten über eine besonders geringe Marktmacht (vgl. auch Schmidt 1998). Die lokale Gewerkschaft wird geschwächt, weil sie ihre Kartellfunktion nur eingeschränkt ausüben kann. Die tägliche Gewerkschaftsarbeit ist in besonderem Maß von Notwendigkeiten des betrieblichen Krisenmanagements und der Sozialberatung von Mitgliedern geprägt. Die Hauptamtlichen sind angesichts der drängenden Probleme in einem sehr großen Betreuungsgebiet und einer dünnen Personaldecke strukturell überfordert. Stellenweise durchaus vorhandene Erfolge fallen kaum auf. Die Mitgliederentwicklung ist deutlich negativ, die Mitgliedschaft merklich unterjüngt und in den expandierenden Angestelltenbereichen von einer anhaltenden Schwäche gekennzeichnet. Der Anteil der Vollbeitragszahler liegt unter

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40%. Zwar existieren innovative Ansätze zu einer veränderten Praxis der Mitgliederbetreuung, diese erfahren jedoch nur eine relativ geringe ehrenamtliche Unterstützung. Die gewerkschaftspolitische Gestaltungskraft der IG Metall in der Untersuchungsregion scheint angesichts des permanent notwendigen Krisenmanagements teilweise in Frage gestellt.

Literatur

Alheit, Peter/Bast-Haider, Kerstin/Drauschke, Petra 2004: Die zögernde Ankunft im Westen. Biographien und Mentalitäten in Ostdeutschland. Frankfurt/Main und New York.

Artus, Ingrid/Schmidt, Rudi/Sterkel, Gabriele 2000: Brüchige Tarifrealität. Der schleichende Bedeutungsverlust tariflicher Normen in der ostdeutschen Industrie. Berlin.

Berka, Michael/Hennersdorf, Jörg/Holst, Gregor/Krippendorf, Walter/Richter, Ursula 2007: Die Struktur des Maschinenbaus in Ostdeutschland. Ansatzpunkte einer arbeitsorientierten Branchenstrategie. OBS-Arbeitsheft 47. Frankfurt/Main.

Bourdieu, Pierre 1982: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt am Main.

Bremer, Helmut 2004: Von der Gruppendiskussion zur Gruppenwerkstatt. Ein Beitrag zur Methodenentwicklung in der typenbildenden Mentalitäts-, Habitus- und Milieuanalyse. Münster.

Brinkmann, Ulrich/Choi, Hae-Lin/Detje, Richard/Dörre, Klaus/Holst, Hajo/Karakayali, Serhat/Schmalstieg, Catharina 2008: Strategic Unionism: Aus der Krise zur Erneuerung? Umrisse eines Forschungsprogramms. Wiesbaden.

Ebbinghaus, Bernhard 2003: Die Mitgliederentwicklung deutscher Gewerkschaften im historischen und internationalen Vergleich. In: Schroeder, Wolfgang/Weßels, Bernhard (Hrsg.): Die Gewerkschaften in Politik und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Ein Handbuch. Wiesbaden. S. 174-203.

Hofmann, Michael/Rink, Dieter 2006: Vom Arbeiterstaat zur de-klassierten Gesellschaft? Ostdeutsche Arbeitermilieus zwischen Auflösung und Aufmüpfigkeit. In: Helmut Bremer/Andrea Lange-Vester (Hrsg.): Soziale Milieus und Wandel der Sozialstruktur. Wiesbaden. S. 262-284.

Meise, Stephan 2009 (i.E.): Konfliktdimensionen innergewerkschaftlicher Machtbeziehungen – aus der Perspektive der feld- und habitustheoretischen Milieuanalyse. In: Schroeder, Wolfgang (Hrsg.): Politik zur Erneuerung der Gewerkschaften.

Seifert, Matthias/Brinkmann, Ulrich 1999: Verlust einer riskanten Ressource. Vertrauensverfall im Zuge des ostdeutschen Transformationsprozesses. In: Industrielle Beziehungen. 6. Jg., H. 2, S. 151-189.

Schmid, Josef 2003: Gewerkschaft im Föderalismus. Regionale Strukturen und Kulturen und die Dynamik von politischenMehrebenensystemen. In: Schroeder, Wolfgang/Weßels, Bernhard (Hrsg.): Die Gewerkschaften in Politik und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Ein Handbuch. Wiesbaden. S. 271- 295.

Schmidt, Rudi 1998: Mitbestimmung in Ostdeutschland: Expertise für das Projekt „Mitbestimmung und neue Unternehmenskulturen“ der Bertelsmann-Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung. Gütersloh.

Schroeder, Wolfgang 2000: Das Modell Deutschland auf dem Prüfstand. Zur Entwicklung der industriellen Beziehungen in Ostdeutschland (1990-2000). Wiesbaden.

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Schroeder, Wolfgang/Keudel, Dorothea 2008: Strategische Akteure in drei Welten. Die deutschen Gewerkschaften im Spiegel der neueren Forschung. Düsseldorf.

Schroeder, Wolfgang/Weßels, Bernhard 2003: Das deutsche Gewerkschaftsmodell im Transformationsprozess: Die neue deutsche Gewerkschaftslandschaft. In: Dies. (Hrsg.): Die Gewerkschaften in Politik und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Ein Handbuch. Wiesbaden. S. 11-37.

Thumfart, Alexander 2002: Die politische Integration Ostdeutschlands. Frankfurt/Main.

Zum Autor

Stephan Meise, Jg. 1978, Dipl.-Sozialwiss., Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leibniz Universität Hannover, Institut für Politische Wissenschaft, Schneiderberg 50, 30167 Hannover, E-Mail: [email protected]. Arbeitsschwerpunkte: Sozialstrukturanalyse, Parteien- und Gewerkschaftsforschung, Migrationssoziologie.

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„Die Langeweile totschlagen“? Ethnographische Untersuchungen zu sozialen Praxen und Regeln gewaltaktiver Jugendlicher im Osten Deutschlands

Anna Verena Münch M.A. Europäische Ethnologin, Universität Bielefeld, DFG-Graduiertenkolleg „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“

Die Dissertation untersucht das Phänomen der physischen Gewalt Jugendlicher, für die als Motiv häufig Langeweile angegeben wird. Davon ausgehend fragt sie nach der Bedeutung von Langeweile im Alltagserleben von Jugendlichen, nach sozialen Praxen und „Belohnungs- und Bewertungssystemen“ (Elwert 2004: 451), auf die sie sich beziehen.

Im Mittelpunkt meiner Forschung steht deshalb die Binnenperspektive der Jugendlichen auf Alltagserleben, Praxen, Gruppendynamiken sowie auf Konflikt- und Verlaufsdynamiken von Gewalthandlungen und die Einordnung dieser Handlungen.

Gewalt richtet sich hier vor allem gegen Gleichaltrige und gegen stigmatisierte schwache Gruppen wie Migranten, Schwule, Obdachlose, die auch Elemente Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind. Aus der Außenperspektive ist das Maß der eingesetzten Brutalität meist erschreckend hoch, es fehlen Motive, die den Gewalteinsatz erklären könnten. Bezugsrahmen für die Jugendlichen ist ihr jeweiliger sozialer Raum, denn in ihm werden soziale Praxen und Ordnungsvorstellungen erlernt, verstetigt und durchgesetzt. Damit verweist Gewalt immer auch auf Strukturen sozialer Ordnungen, auf eine „Gewaltordnung“ (Elwert 2002: 362).

Für die Erforschung der Binnenperspektive habe ich den Fokus auf wegen Gewaltstraftaten inhaftierte Jugendliche gelegt. Im weiteren Verlauf der Forschung hat ein Entlassener als Gate-keeper den Zugang zu seinem sozialen Raum ermöglicht haben. Als Methoden kamen neben teilnehmender Beobachtung und geführten Wahrnehmungsspaziergängen sowohl narrative als auch problemzentrierte Interviews, sowie Mental Mapping zur Anwendung.

Im Rahmen der Projektvorstellung beim Workshop „Ostdeutschlandforschung“ möchte ich Feldforschungseindrücke und erste Ergebnisse vorstellen und diskutieren.

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Ostdeutsche Säkularisierung als Konflikt um symbolische Herrschaft. Zur Rezeption Pierre Bourdieus in der Religionssoziologie

Uta Karstein, Universität Leipzig, Institut für Kulturwissenschaften, [email protected]

Der Vortrag stellt das theoretische Konzept meines Dissertationsvorhabens zur Diskussion. Die Arbeit beschäftigt sich mit dem ostdeutschen Säkularisierungsprozess und dessen Nachhaltigkeit anhand von Familieninterviews, die einen Zugang zu den subjektiven Plausibilitätsstrukturen der „objektiven“, d.h. institutionellen Konflikte zwischen Staat und Kirche ermöglichen sollen. Der konflikthafte Charakter des religiös-weltanschaulichen Wandels und seine Auswirkungen auf das gesellschaftliche Machtgefüge stehen dabei im Vordergrund. Die subjektiven Weltsichten werden dabei als Ausdruck und Ergebnis dieser gesellschaftlichen Deutungskämpfe verstanden.

Versucht man, die religiöse Entwicklung in Ostdeutschland in den letzten 60 Jahren mit den bisher dominanten religionssoziologischen Theorien zu erklären, offenbaren sich schnell deren Grenzen. Dies gilt für die klassische, im Kern modernisierungstheoretisch argumentierende Säkularisierungstheorie ebenso wie für den Religious-Economy-Approach, da sie weitgehend auf eine Berücksichtigung der konflikthaften Dimension von Säkularisierungsprozessen verzichtet, die aber für die DDR zweifellos von besonderer Wichtigkeit war. Diese Dimension spielt in der deutschsprachigen Säkularisierungsdebatte, wo sie sich mit den Entwicklungen in der DDR befasste, insbesondere in dem repressionstheoretisch argumentierenden Ansatz eine Rolle. Dieser Ansatz kann zweifellos die Sonderentwicklung in der DDR, insbesondere den massiven Rückgang der Kirchenmitgliedschaft in Phasen starker politischer Repression, gut erklären, hat jedoch die Tendenz, den Konflikt vorrangig als einen von außen auferlegten zu konzeptualisieren und darüber komplexere Konfliktdynamiken zu vernachlässigen. Damit bleibt dieser Ansatz gewissermaßen dem Modell des Zwangs verhaftet, das aber die langfristigen Folgen und damit den Erfolg der Religionspolitik als Machtpolitik nicht hinreichend erklären kann. Zu kurz kommt in all diesen Betrachtungen, dass die Konfliktstruktur nicht nur als jeweils aktuelle, von außen aufgezwungene zu denken ist, sondern auch als langfristige – verinnerlichte – begriffen werden muss.

Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen des Vortrages der Frage nachgegangen werden, ob die Sozialtheorie Pierre Bourdieus und insbesondere seine Arbeiten zum religiösen Feld einen geeigneten Ansatz darstellen, um dem konflikthaften Charakter des Säkularisierungsprozesses aber auch der subjektiven Repräsentation dieses Konfliktes gerecht werden zu können. Ich verstehe dabei seinen Ansatz als eine Soziologie der symbolischen Formen, der es um die Bedeutung des Symbolischen für die Etablierung und Sicherung, aber auch den Wandel von Macht- und Herrschaftsverhältnissen geht, und in der Religion als ein Feld der Symbolproduktion einen spezifischen Platz einnimmt.

Da Bourdieus Sozialtheorie in der zeitgenössischen religionssoziologischen Forschung aber auch in der Transformationsforschung bislang eher eine randständige Rolle spielt, soll auf diese Weise zugleich eine Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen seines Ansatzes für die Erforschung religiös-weltanschaulicher Wandlungsprozesse in diktatorischen Gesellschaften angeregt werden.

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Lückenfüller: temporäre Nutzungen und Ansätze zur Überwindung städtischer Leerstände im Vergleich

Marianna Poppitz, Berlin, E-Mail: [email protected]

Projekthintergrund

Wesentliches Merkmal des urbanen Strukturwandels bestehender Standorte (in Abgrenzung zu jungen oder neu entstehenden Städten) ist die mit der De-Industrialisierung einhergehende Umwertung vorhandener Flächenressourcen durch die Veränderung der Flächennachfrage. Leerstände verdeutlichen im baulichen Gefüge, wo die Zusammenführung möglicher Nutzungsanforderungen und vorhandener Raumressourcen nicht gelingt oder besonders schwierig ist. Inwieweit momentaner Leerstand in ein dauerhaftes Brachfallen und Stigmatisierung durch Imageverlust mündet, hängt maßgeblich vom Umgang mit den frei gewordenen Flächen ab.

Projektbeschreibung

Ziel der Studie „Lückenfüller“ ist eine vergleichende Betrachtung und Potenzialabschätzung von Initiativen zur Nutzung und Überwindung von Leerständen. Lückenfüller fungieren in sehr unterschiedlichen Ausgangs- und Raumsituationen als neues Potenzial, Entscheidungsfreiräume beim Umgang mit Leerständen und Brachen offen zu halten und neue Nutzungsoptionen zu schaffen. In der Summe verschiedenster Akteurs- und Nutzungskonstellationen werden neue Formen der Aneignung von Stadt und auch der Schaffung öffentlicher Räume erkennbar; in bestimmten Ausprägungen erreichen Lückenfüller zudem langfristig eine bauliche und wirtschaftliche Aufwertung durch Umnutzung bestehender Bausubstanz.

Methode

Eine vergleichende Betrachtung von Leerstandsinitiativen an unterschiedlichen Standorten (zunächst) deutscher Städte bildet die Grundlage für die Definition von Typologien temporärer Nutzungen mit bestimmten Rückkopplungseffekten vor Ort. Diese Typologien können eine Bewertungsgrundlage für künftige Zwischennutzungsvorhaben bilden.

Der Betrachtungsfokus liegt auf vier wesentlichen Indikatoren für die Entwicklungsperspektiven eines Standortes, die eigenständig analysiert und im Zusammen-spiel erfasst werden sollen: 1) beteiligte und betroffene Akteure; 2) Raumangebot und –anpassung; 3) Investitions- und Finanzierungswege; 4) Zeiträume und Fluktuation von Nutzungen.

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„Grauzone“ Ostdeutschland? Überlegungen zu einer altengerechten Stadtentwicklungspolitik in den neuen Bundesländern

Jasmin Boldhaus, Chemnitz, E-Mail: [email protected]

Für Städte stellt die gegenwärtige Alterung ihrer Bevölkerung eine allgemein junge, neue Erfahrung dar - war doch die europäische Stadt über Jahrhunderte ein Ort von Zuwanderung, die ihr generell eine durchschnittlich junge Alterszusammensetzung sicherte. Die gegenwärtig wachsende Zahl älterer Menschen und ein zunehmend sich wandelndes gesellschaftliches Verständnis weg vom „problematischen“ hin zum „neuen“ Alter bedürfen nun jedoch aktualisierter Leitbilder für ein altengerechtes Leben und Wohnen in der Stadt.

Die im vorliegenden Abstract skizzierte Dissertation möchte einen Beitrag zur Diskussion um die Problematik des Altersstrukturwandels in Ostdeutschland und die damit verbundenen Anforderungen an die kommunale Stadtentwicklungspolitik und -planung leisten. Ziel ist es darzulegen, dass Stadtentwicklung von den Kommunen als altengerechte und gleichzeitig generationenintegrative Querschnittsaufgabe der relevanten kommunalen Teilpolitiken verstanden werden muss, um den künftigen Anforderungen alternder Stadtgesellschaften erfolgreich begegnen zu können.

Vom demografischen Wandel und der damit verbundenen Heranalterung der Gesellschaft ist Ostdeutschland gegenwärtig stärker als Westdeutschland betroffen. Geschuldet ist dies dem anhaltenden Trend der Abwanderung junger und gut ausgebildeter Menschen, insbesondere von Frauen, in die alten Bundesländer als Folge wachsender Perspektivlosigkeit im Osten. Da auch qualifiziertes medizinisches und Pflegepersonal zu diesen abwandernden Berufsgruppen gehört, wird die soziale Dimension dieses Strukturwandels hinsichtlich der Versorgung älterer und alter Menschen mit pflegerischen und betreuenden Diensten besonders deutlich. Die Bevölkerungsrückgänge und gesellschaftlichen Alterungstendenzen sind vorrangig in den neuen Bundesländern längst zu einem städtischen Problem erheblichen Ausmaßes geworden, die sich durch die Selektivität der Abwanderung nur verschärfen. Zurück bleiben oftmals die schlechter qualifizierten und sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen sowie die immobilen Älteren.

Untersucht werden soll - zunächst auf theoretischer Grundlage -, durch welche Tendenzen der Altersstrukturwandel in Städten Ostdeutschlands gekennzeichnet ist, worin er ursächlich begründet ist und welche Implikationen er für eine insbesondere altengerechte Stadtentwicklungspolitik birgt. Anschließend soll mittels einer schriftlichen, an relevante kommunale Planungsinstanzen gerichteten Befragung in mehreren ostdeutschen Mittel- und Großstädten ergründet werden, ob die untersuchten Städte geeignet für das Leben älterer Menschen sind und ob besondere stadtentwicklungspolitische Maßnahmen notwendig erscheinen, um im städtischen Kontext auftretende Probleme zu lösen. Darüber hinaus soll in diesem Zusammenhang der Frage nachgegangen werden, welche Interessen und Kapazitäten ältere Menschen besitzen, um zum stadtpolitischen Diskurs einen eigenen Beitrag zu leisten. Abschließend sollen an die befragten Kommunen gerichtete Lösungsansätze für u. U. existierende Problemlagen älterer Menschen erarbeitet werden. Im Rahmen der Dissertation liegt der Fokus zur Frage nach möglichen stadtentwicklungspolitischen Handlungserfordernissen insbesondere auf der Sozial-, Wirtschafts-, Wohn- und Raumordnungspolitik (soziale und verkehrliche Infrastruktur) als städtischen Teilpolitiken.

Anhang: Power-Point-Präsentationen der ReferentInnen

Dr. Veit Damm, Ulrike Schulz, Swen Steinberg, Sylvia Wölfel

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Unternehmensgeschichte als Transformationsgeschichte: Zur Geschichte von Unternehmen

in Ostdeutschland zwischen 1939-1995

Workshop des Nachwuchsnetzwerkes Ostdeutschlandforschung „Forschungsarbeiten zu Ostdeutschland“

Berlin, 17. Juli 2009

Dr. Veit Damm (Universität des Saarlandes),

Ulrike Schulz M.A. (Universität Bielefeld),

Swen Steinberg M.A. (TU Dresden),

Sylvia Wölfel M.A. (TU Dresden)

Workshop des Nachwuchsnetzwerks Ostdeutschlandforschung 17.Jul.2009, Berlin

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Kooperationspartner

• Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, Frankfurt am Main• Lehrstuhl für Geschichte moderner Gesellschaften, Universität

Bielefeld

• Lehrstuhl Wirtschaft- und Sozialgeschichte, Uni Saarbrücken• Lehrstuhl Technik- und Technikwissenschaftsgeschichte, TU

Dresden

• Sächsisches Wirtschaftsarchiv, Leipzig

Netzwerk Ostdeutschlandforschung?Eröffnungsworkshop des Arbeitskreises ostdeutscher

Unternehmen der GUG am 19./20. Februar 2010 in Leipzig

Workshop des Nachwuchsnetzwerks Ostdeutschlandforschung 17.Jul.2009, Berlin

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Zielsetzung

organisatorisch

• Vernetzung mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch jenseits der deutschen Grenzen

• Vernetzung mit Unternehmerinnen und Unternehmern vornehmlich in Ostdeutschland

• Vernetzung mit Multiplikatoren in den Medien und in der politischen Bildung

• Organisation von Austausch und Öffentlichkeit (Tagungen, Workshops, etc.)

Workshop des Nachwuchsnetzwerks Ostdeutschlandforschung 17.Jul.2009, Berlin

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Zielsetzung

inhaltlich-wissenschaftlich

• systematische Erschließung der Geschichte ostdeutscher Unternehmen, der deutsch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen

• Entwicklung sozioökonomisch fundierter Kategorien und Typologien auf Basis der Forschungsergebnisse

• Untersuchung der Auswirkungen politischer und ökonomischer Systemwechsel auf Unternehmen und unternehmerisches Agieren

• dadurch: Füllen einer Forschungslücke mit Gegenwartsrelevanz (bisher: nur Einzelfallstudien, zumeist im Bereich KMU, wenig systematische Zugriffe)

Workshop des Nachwuchsnetzwerks Ostdeutschlandforschung 17.Jul.2009, Berlin

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Forschungsinteresse

Untersuchung von unternehmerischem Handeln mit Schwerpunkt auf Transformationsphasen

• Transformationsphasen: 1939 - 1953, 1989 - 1995

• Einfluss politischer und ökonomischer Systemwechsel auf Unternehmen in Ostdeutschland

• Fokus: Politisierungs- und Ideologisierungsprozesse, externe Schocks, Strukturwandlungsprozesse, langfristig wirksame Wertvorstellungen und Leitbilder, Einfluss und Wirken von Unternehmerpersönlichkeiten und -familien, Arbeitergenerationen, lokale wie regionale Binnenstruktur, Produkte

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Untersuchungsschwerpunkte

• Einzelfallstudien zu Unternehmen und Unternehmerpersönlichkeiten

• Studien zu Kontinuitäten und Brüchen in wirtschaftlichen bzw. wirtschafts-politischen sowie wirtschaftlich-wissenschaftlichen Netzwerken

• Entwicklung spezifischer Branchen

• Entwicklung bestimmter Wirtschaftsregionen• Entwicklung von staatlichen wie privatwirtschaftlichen

Instrumentarien der Finanzierung und Organisation von wirtschaftlichen Prozessen (Planwirtschaft, RGW, Treuhand)

Dr. Veit Damm, Ulrike Schulz, Swen Steinberg, Sylvia Wölfel

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Workshop des Nachwuchsnetzwerks Ostdeutschlandforschung 17.Jul.2009, Berlin

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Inhaltlicher Ansatz

• Infragestellung ereignisgeschichtlich geprägter Epochenzäsuren 1945 und 1989

• Rekurs auf moderne Forschungsansätze (kritische, theoriegeleitete Unternehmensgeschichtsschreibung, Ansätze der Transformationsforschung – hier vor allem angewendet auf die osteuropäischen Beispiele)

• Historischer Systemvergleich (synchrone und diachrone Vergleichsebene, deutsch-deutsche Wirtschaftsbeziehungen, internationale Transferprozesse; Globalisierung, EG, RGW, Sonderrolle DDR, EU)

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Leitfragen

• Haben sich in Unternehmen, trotz politisch-ökonomischer Systemumbrüche, bestimmte Stärken und Schwächen perpetuiert?

• Welche Kontinuitäten und Brüche in der Struktur regionaler Wirtschaftsräume können nachvollzogen dadurch werden?

• Ob und wie wurden gebrochene Unternehmenstraditionen fortgeführt?

• Welchen Einfluss nahmen Instrumente der staatlichen Lenkung auf Unternehmen in Transformationsprozessen (Treuhand, regionale Wirtschaftsförderungsprogramme) ?

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Fallbeispiele

• Kübler & Niethammer

• dkk Scharfenstein / Foron

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Kübler & Niethammer

1856 in Kriebstein (Mittelsachsen) als OHG gegründet, Halb- und Grundstoff-produktion: mittelfeine Papiere, Zeitungspapier, Holzschliff, Zellulose

1906: ca. 1.000 Arbeiter, 1935: ca. 1.200, 10 Produktionsstandorte in Sachsen

1946: Demontage

1955: Wiederaufbau als VEB Papierfabrik Kriebstein, seit 1965 eigene Produktlinie

1990: Kübler & Niethammer AG /

Kriepa GmbH

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Produkt-Kontinuitäten I

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Produkt-Kontinuitäten II

Dr. Veit Damm, Ulrike Schulz, Swen Steinberg, Sylvia Wölfel

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Kontinuität und Bruch

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Bruchlinien im Vergleich

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dkk Scharfenstein

1926: Zschopauer Motorradwerke J.S. Rasmussen, Zweigwerk Scharfenstein

1929: Erste steckerfertige deutsche Kleinkältegeräte „DKW“

1931: Deutsche Kühl- und Kraftmaschinen GmbH

1945: Enteignung und Demontage von Anlagen

1946: VEB dkk Scharfenstein

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dkk Scharfenstein / FORON

1990: dkk Scharfenstein GmbH Treuhandanstalt

1992: Erster FCKW- und FKW-freier Kühlschrank „Greenfreeze“

1993: FORON Hausgeräte GmbH

1996: FORON Haus- und Küchentechnik GmbH

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Produkt-Kontinuitäten

Selbstverständnis als Traditionsunternehmen• Hochwertige Kältegeräte für den Haushalt• „Alle Erzeugnisse waren Eigenentwicklungen, es bedurfte keiner

Lizenznahme für die Erzeugnisse.“

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Kontinuität und Bruch

Pfadwechselversuch: Neuerfindung als innovativer Vorreiter umweltfreundlicher Produktentwicklung

• Kooperationspartner Greenpeace

• Neue Flexibilität und Nutzerorientierung

• Ökologisierung der Gesellschaft • Neue Geschäftsführung

• Externe Schocks: Privatisierungs- und Sanierungsversuche, FCKW-Debatte

• Vorhandenes Wissen im Unternehmen• Hohe Fertigungstiefe, eigene Verdichterproduktion

• „Sächsische Ingenieurstradition“

Dr. Veit Damm, Ulrike Schulz, Swen Steinberg, Sylvia Wölfel

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Unternehmen der GUG am 19./20. Februar 2010 in Leipzig