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Rechtsanwälte Burkhard- Neuhaus und Kollegen Hat die BRK die rechtliche Situation der Betroffenen verbessert? Rechtsanwältin Sabrina Klaesberg Fachanwältin für Arbeitsrecht Kanzlei Burkhard-Neuhaus & Kollegen, Bochum

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Rechtsanwälte Burkhard-Neuhaus und Kollegen

Hat die BRK die rechtliche Situation der Betroffenen

verbessert?

Rechtsanwältin Sabrina Klaesberg Fachanwältin für Arbeitsrecht Kanzlei Burkhard-Neuhaus &

Kollegen, Bochum

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Ansatzpunkt

Verbindliches Menschenrechtsinstrument explizit für behinderter Menschen BRK enthält 17 subjektive Menschenrechte

Keine Schaffung neuer oder besonderer Menschenrechte , sondern Zuschnitt vorhandener anerkannter Menschenrechte auf den Kontext der Behinderung

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Rechtsnatur der BRK

Völkerrechtlicher Vertrag Ein Vertrag im Sinne des Völkerrechts ist eine „ausdrückliche oder konkludente Willenseinigung zwischen zwei oder mehreren Völkerrechtssubjekten, durch welche völkerrechtliche Rechte und Pflichten begründet werden.

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Bindungswirkung

Wegen der Bindung an Gesetz und Recht nach Art. 20 Abs. 3 GG führen der Rechtsanwendungsbefehl und die Rangzuweisung als einfaches Bundesrecht dazu, dass alle staatlichen Organe, auch die Behörden und Gerichte der Länder, die Normen der BRK als anwendbares Völkervertragsrecht wie anderes Gesetzesrecht zu beachten haben

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Bindungswirkung

Eine direkte Bindungswirkung für private Personen (natürlich oder juristisch) gibt es nicht

Aber: Völkerrechtskonforme Auslegung= das nationale Recht ist – unabhängig von

dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens – im Einklang mit dem Völkerrecht auszulegen und anzuwenden

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BVerfG 2 BvR 882/09 Grundlage des verfassungsrechtlichen Gebots

(gemäß Artikel 59 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz), diese menschenrechtlichen Normen innerstaatlich zur Anwendung zu bringen. Das Gericht spricht in ständiger Rechtsprechung von einem Rechtsanwendungsbefehl, der sich an alle staatlichen Stellen der vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt richtet. Weitere Umsesetzungsakte der Landesregierungen

sind nicht notwendigRechtsanwälte Burkhard-Neuhaus und

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Die BRK und die Rechtsprechung

Bis 2011 gab es 35 Gerichtsentscheidungen (laut Monitoringstelle), die sich mit der BRK beschäftigt – im Vergleich mit anderen Übereinkommen realtiv häufigSchwerpunkt Bildung

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Anwendung

Die BRK wird durch die Gericht nicht als (einzige) Entscheidungsgrundlage gewählt, sondern lediglich als Auslegungshilfe

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Beispiel: BSG Urt.v. 29.4.2010, B 9 SB 2/09 R

Die Frage war zu entscheiden, ob ein Ausländer als Schwerbehinderter anzuerkennen sei, dessen Grad der Beeinträchtigung über 50 beträgt und der sich länger als sechs Monate in Deutschland aufhält. Das Gericht bejahte die Anspruchsberechtigung und sah diesen Anspruch, begleitet von entsprechenden weiterführenden Ausführungen zur Konvention, durch die UN-BRK „untermauert“.

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SG Düsseldorf Beschluss v. 20.4.2010 S 17 SO 138/10

Entscheidung darüber, ob die gehörlose Beschwerdeführerin, die nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung für ihr Hochschulstudium auf Gebärdensprach- dolmetschen angewiesen war, Leistungen aus der Eingliederungshilfe erhalten kann. Das Gericht hat seineEntscheidung ausschließlich auf der Grundlage der sozialrechtlichen Normen getroffen, sieht sein Auslegungsergebnis durch die UN-BRK „vollumfänglich gestützt“.

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LSG Berlin-BrandenburgUrteil v. 3.12.2009 - L 13 SB 235/07

Entscheidung darüber, ob der Anerkennung einer außergewöhnlichen Gebehinderung im Sinne des Merkzeichens „aG“ entgegensteht, dass die Antragstellerin ein erhebliches Übergewicht aufweist. Das Gericht führte in seiner Entscheidung zugunsten der Klägerin aus, dass „der bisherige Ansatz der Rechtsprechung und des Verordnungsgebers“durch die UN-BRK ebenfalls getragen werde.

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BVerfG - 2 BvR 882/09

Dass menschenrechtliche Normen selbst als Auslegungshilfe für die Grundrechte des Grundgesetzes dienen, hat das BVerfG mit dem Beschluss vom 23.03.2011 ausdrücklich bestätigt. Es hat damit das Postulat, die Grundrechte seien im Lichte menschenrechtlicher Normen zu interpretieren, ausdrücklich auf die UN-BRK erweitert.

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Art. 4 BRK Verpflichtung des Bundes und der Länder

die Menschenrechte von Menschen mit Behinderung sicherzustellen

Benachteiligungen zu verhindernZweckentsprechende Gesetzgebungs-,

Verwaltungs- und sonstige Maßnahmen zu treffen, um die Vorgaben der Konvention zu realisieren

→ Aktionspläne auf Bundes- und Länderebene

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Inklusion

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Inklusion Zustand der (selbstverständlichen)

Zugehörigkeit aller Menschen zur Gesellschaft, verbunden mit der Möglichkeit zur uneingeschränkten Teilhabe in allen Bereichen dieser Gesellschaft

„Inklusion bedeutet: Alle sind gleich und alle sind verschieden, keiner wird ausgeschlossen." (Ines Boban/Andreas Hinz)

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Inklusion

Statt Menschen einer Gesellschaft zuzuführen, der sie vermeintlich nicht angehören, bedeutet Inklusion, eine von Geburt an bestehende Zugehörigkeit aufrecht zu erhalten. An die Stelle von Defizitorientierung sollte die Förderung von Fähigkeiten rücken.

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Wikipedia:

Behinderung bezeichnet eine dauerhafte und gravierende Beeinträchtigung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Teilhabe bzw. Teilnahme einer Person, verursacht durch das Zusammenspiel ungünstiger Umweltfaktoren (Barrieren) und solcher Eigenschaften der behinderten Person, die die Überwindung der Barrieren erschweren oder unmöglich machen.

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Zweckumsetzung

Nicht nur durch Antidiskriminierungspflichten, sondern ganzheitlicher Ansatz des Menschenrechtsschutzes

Öffentlich-rechtliche Wirkung, aber auch Auswirkungen auf den privatrechtlichen Bereich Art. 4 Abs. 1 e: Verpflichtung des Staates, alle geeigneten

Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung aufgrund von Behinderung durch Personen, Organisationen und private Unternehmen zu ergreifen

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Beispiel: Barriere - Sprache behindertengerecht“: besser „barrierefrei“

(Barrierefreiheit ist für alle Menschen wichtig.) „taubstumm“: besser „gehörlos“

(Gehörlos geborene Menschen können sprechen und verstehen sich als Angehörige einer Sprachminderheit.) „Liliputaner“: besser „Kleinwüchsige“

(Kleinwüchsige Menschen sind keine Angehörigen eines exotischen, dazu noch fiktiven Volkes) „Pflegefall“: besser „Pflegebedürftige Person“

(Ein Mensch ist kein „Fall“.) „An den Rollstuhl gefesselt sein“: besser „Einen Rollstuhl benutzen“

(Ein Rollstuhl bedeutet keine Immobilität.)

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Ziel:

Der angestrebte Sprachwandel soll nicht nur dazu dienen, respektvoll über Menschen mit Behinderungen zu sprechen. Neue Begriffe sollen auch die Funktion haben, andere Denkweisen und andere Verhältnisse zu bezeichnen, die es anzustreben gelte

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Vielen DANK für Ihre Aufmerksamkeit!

RA´in S. Klaesberg 22