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28 FOCUS-MONEY 38/2018 Weltweiter Umsatz der Recycling-Industrie in Milliarden US-Dollar, ab 2017 Prognose 2012 13 14 15 16 17 18 2019 0 5 10 15 20 MONEYMAKER Foto: iStock Plastikmüll: Mindes- tens 70 Prozent des Verpackungsmülls in den EU-Staaten sollen ab dem Jahr 2030 recycelt werden P lastikmüll ist eines der großen Probleme dieser Zeit. „Unsere Ozeane versinken in Plastik“, beklagen Umweltschutzorganisationen wie der WWF. Der Beschluss Chinas, künftig nicht mehr als Müllhalde für den Westen herzuhalten, verschärft das Problem. China nahm seit 1992 bis Anfang des Jahres mehr als die Hälfte des globalen Plas- tikmülls auf. Die EU-Staaten wurden dort gar 87 Prozent ihres Plastikdrecks los. Künftig müssen mehr als 100 Mil- lionen Tonnen anderweitig entsorgt werden. Nicht nur für Plastik (9,3 Prozent des Gesamtmüllaufkommens), auch für organische Abfälle, Papier, Glas und Metalle steigen künf- tig die Recycling-Quoten. Bis zum Jahr 2025 sollen EU-weit mindestens 65 Prozent und bis 2030 mindestens 70 Prozent des Verpackungsmülls recycelt werden. In Deutschland müssen derzeit 36 Prozent der Plastikabfälle wiederverwer- tet werden, bis 2022 soll der Anteil auf 63 Prozent steigen. Recyceln statt entsorgen – Unternehmen wie Tomra und Waste Management machen Müll zu barem Geld. Mit welchen Aktien und Portfolios Anleger an der Wiederverwertung mitverdienen Unterschätzter Wertstoff Recycling Steter Zuwachs Mit der Bevölkerungszahl steigt das Abfallaufkom- men und der Umsatz der Versorgungsindustrie. Künftig sollen auch die Recycling-Quoten anziehen. Quelle: Allied Academies

Recycling Unterschätzter Wertstoff - Oekoworld · 2018. 9. 14. · Tomras Marktanteil an weltweiten Flaschenpfandsystemen beträgt 75 Prozent. Allein 29000 Automaten ste-hen in Deutschland

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Page 1: Recycling Unterschätzter Wertstoff - Oekoworld · 2018. 9. 14. · Tomras Marktanteil an weltweiten Flaschenpfandsystemen beträgt 75 Prozent. Allein 29000 Automaten ste-hen in Deutschland

28 FOCUS-MONEY 38/2018

Weltweiter Umsatz der Recycling-Industriein Milliarden US-Dollar, ab 2017 Prognose

2012 13 14 15 16 17 18 20190

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10

15

20

MONEYMAKER

Foto: iStock

Plastikmüll: Mindes­tens 70 Prozent des Verpackungsmülls in den EU­Staaten sollen ab dem Jahr 2030 recycelt werden

Plastikmüll ist eines der großen Probleme dieser Zeit. „Unsere Ozeane versinken in Plastik“, beklagen

Umweltschutzorganisationen wie der WWF. Der Beschluss Chinas, künftig nicht mehr als Müllhalde für den Westen herzuhalten, verschärft das Problem. China nahm seit 1992 bis Anfang des Jahres mehr als die Hälfte des globalen Plas-tikmülls auf. Die EU-Staaten wurden dort gar 87 Prozent ihres Plastikdrecks los. Künftig müssen mehr als 100 Mil-lionen Tonnen anderweitig entsorgt werden. Nicht nur für Plastik (9,3 Prozent des Gesamtmüllaufkommens), auch für organische Abfälle, Papier, Glas und Metalle steigen künf-tig die Recycling-Quoten. Bis zum Jahr 2025 sollen EU-weit mindestens 65 Prozent und bis 2030 mindestens 70 Prozent des Verpackungsmülls recycelt werden. In Deutschland müssen derzeit 36 Prozent der Plastikabfälle wiederverwer-tet werden, bis 2022 soll der Anteil auf 63 Prozent steigen.

Recyceln statt entsorgen – Unternehmen wie Tomra und Waste Management machen Müll zu

barem Geld. Mit welchen Aktien und Portfolios Anleger an der Wiederverwertung mitverdienen

Unterschätzter WertstoffRecycling

Steter ZuwachsMit der Bevölkerungszahl steigt das Abfallaufkom-men und der Umsatz der Versorgungsindustrie. Künftig sollen auch die Recycling-Quoten anziehen.

Quelle: Allied Academies

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In Deutschland installierte Maschinen von TomraAnzahl der neu installierten Maschinen, 2018 erste sechs Monate

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Fotos: Tomra, Waste Management

neuert werden. Der Bedarf ist groß, die Perspektive gut. „Großbritannien und Frankreich werden nicht die ein-zigen EU-Staaten bleiben, die über ein Rücknahmesystem nachdenken“, vermutet Alexander Funk. Gut für den Re-cycling-Spezialisten Tomra, der den globalen Markt der Flaschenpfandsysteme zu 75 Prozent dominiert. Im von Funk co-gemanagten Umwelttechnologiefonds Ökoworld Ökovision Classic (ISIN: LU0061928585) ist die Tomra- Aktie seit Jahren ein Dauerbrenner.

Nutznießer der Politik. Als Politik-Profiteur erweist sich auch Waste Management (s. S. 30). Der in Texas beheimate-te Konzern ist mit 12,5 Milliarden Euro Jahresumsatz (2017) der mit Abstand größte Müllentsorger der USA. Die schiere Masse sorgt für Kostenvorteile. Auch Waste Management ist ein Nutznießer der sich verschärfenden Entsorgungs-regeln, sowohl in den USA als auch in China. Ein Teil des bislang von China angenommenen Plastikmülls muss künf-tig auf heimischen Anlagen recycelt werden. „Ein eher langweiliges Geschäft“, urteilt Fondsmanager Funk, „aber grundsolide und für Anleger äußerst attraktiv.“

Einer, der das genauso sieht, ist Bill Gates. Der Micro-soft-Gründer und Mäzen ist ein gern gesehener Gast auf politischen Bühnen wie dem One Planet Summit des fran-zösischen Präsidenten Emmanuel Macron Ende vergan-genen Jahres in Paris. Die Waste-Management-Aktie hat er im eigenen Depot – sicher keine rein philanthropische Entscheidung. Die Aktie legte in den vergangenen fünf Jahren um 159 Prozent zu und bescherte Anlegern einen stattlichen Zuwachs. Die seit 15 Jahren in Folge gestie-gene Dividende (Dividendenrendite von 2,0 Prozent) un-terstreicht die Solidität des Geschäfts noch.

Chancen für Anleger. Anleger, die von den Chancen der Müll entsorgung profitieren wollen, dürften auch künf-tig mit den Aktien der großen Recycling-Spezialisten gut fah ren. Aktiv gemanagte Umwelttechnologiefonds inves-tieren ebenfalls Teile ihres Portfolios in Recycling-Unter-nehmen. Mit dem SGI-Global-Waste-Management-Zer-tifikat (s. S. 30) partizipieren Anleger überdies an der Wertentwicklung des von Standard & Poor’s berechneten SGI-Global-Waste-Management-Index. Das Indexzertifi-kat der Société Générale bildet die 30 führenden Unter-nehmen der Abfallwirtschaftsindustrie ab.

HEIKE BANGERT

Verschärfte Gesetze. Die Wirklichkeit sieht häufig anders aus. 2014 wurde knapp die Hälfte des EU-weiten Abfall-aufkommens von 2320 Millionen Tonnen deponiert. Nur 36,2 Prozent wurden recycelt. Anders in Deutschland – zu-mindest bei der Verpackung. 2016 wurden 97,2 Prozent der in Deutschland angefallenen Verpackungsabfälle ver-wertet. Künftig sollen Kunden auch in Großbritannien ihre Einweg- und Mehrwegpfandflaschen zum Händler zu-rückbringen können. Und in Frankreich denkt man eben-falls über ein Pfandsystem für Plastikflaschen nach. „Dem Plastik den Krieg zu erklären reicht nicht aus“, betont die zuständige Umweltsekretärin Brune Poirson, „wir müssen die französische Wirtschaft umbauen.“ Vorerst möchte die Regierung Verpackungen aus nicht recycelbarem Plastik vom Markt verdrängen, indem sie sie teurer macht.

Volle Auftragsbücher. Die Müllberge wachsen dennoch weiter. Was sich wie das Armageddon für die Umwelt an-hört, ist ein gefundenes Fressen für die müllverarbeiten-de Industrie. Unternehmen wie Tomra (s. S. 30), die sich auf das Sammeln, den Transport und das Sortieren von Müll spezialisiert haben, freuen sich über volle Auftrags-bücher. Allein 29 000 Automaten für Ein- und Mehrweg-pfandflaschen hat der norwegische Recycling-Spezialist bei deutschen Supermärkten aufgestellt. Viele der vor zwölf bis 15 Jahren aufgestellten Automaten müssen er-

Tomra-Flaschenautomat: großer Erneuerungsbedarf Sortieranlage bei Waste Management: steigende Quoten

Großer ErneuerungsbedarfSeit 2003 gilt in Deutschland die Pfandpflicht für Einweg- und Mehrwegverpackungen von Ge-tränken. Viele Automaten sind in die Jahre gekom-men. Tomra Systems profitiert vom Ersatzbedarf.

Quelle: Tomra

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MSCI-Welt-Index auf Euro-Basis

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Der Müll­MultiWaste Management stellt unter Beweis, dass sich Mülleinsammeln lohnt. Der in Texas beheimatete Konzern ist mit rund 14,5 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro) Jahresumsatz der mit Abstand größte Entsorger der USA – nahezu 50 Prozent größer als der nächstgrößte Mitbewerber Republic Services und dreimal so groß wie Waste Connections. Die Wachs-tumsraten sind branchenweit mit 2,4 Prozent nicht üppig, doch das Ge-schäft ist äußerst solide. Waste Management besticht durch Masse und verfügt gegenüber den Mitbewerbern über deutliche Kostenvorteile bei der Müllsammlung (53 Prozent des Umsatzes), Kompostierung (19 Pro-zent), Transfer (neun Prozent) und beim Recycling (acht Prozent). Waste Management dürfte nicht nur von den in den USA verschärften Müllge-setzen profitieren, sondern auch von der Tatsache, dass China künftig keinen Plastikmüll mehr aus dem Ausland annehmen wird. Mit einem KGV von 22 ist die Aktie derzeit noch vergleichsweise günstig bewer-tet. Anleger schätzen die seit 15 Jahren in Folge gestiegene Dividende.

WKN/ISIN: 893579/US94106L1098Börsenwert in Mio. Euro: 33483Gewinn je Aktie 2018/19/20e: 3,50/3,80/4,13KGV 2018/19/20: 22,3/20,6/18,9Dividendenrendite 2017/18/19e in %: 1,96/2,03/2,13

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Der Pfandflaschen­SammlerVerpackungen, Metalle, Äpfel bis hin zu Gummibärchen – für Tomra sind viele Stoffe von Bedeutung. Zwar hat sich der norwegische Anbieter von Leergutrücknahme- und Sortiersystemen vor allem mit Getränkeleergut-Automaten einen Namen gemacht. Tomras Marktanteil an weltweiten Flaschenpfandsystemen beträgt 75 Prozent. Allein 29 000 Automaten ste-hen in Deutschland. Einige der vor zwölf bis 15 Jahren installierten Syste-me müssen ersetzt werden. Andere Länder folgen. Gerade hat Großbritan-nien angekündigt, ein Pfandrückgabesystem für Plastikflaschen einführen zu wollen. Ein gutes Geschäft für den Marktführer. Dass Tomra-Anlagen auch Kartoffeln sortieren, Elektronikschrott auseinandernehmen und durch sensorgestützte Erzsortiermaschinen für mehr Profit im Bergbau sorgen, dürfte weniger bekannt sein. Die Sortiersparte trägt zu 48 Prozent des Umsatzes von 797 Millionen Euro im Vorjahr und zu 38 Prozent des Gewinnes von 138 Millionen Euro bei. Kleiner Wermutstropfen: Die Ak-tie ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von gut 36 nicht gerade günstig.

WKN/ISIN: 872535/NO0005668905Börsenwert in Mio. Euro: 2809Gewinn je Aktie 2018/19/20e: 0,53/0,58/0,69KGV 2018/19/20: 36,8/33,3/28,0Dividendenrendite 2017/18/19e in %: 1,78/1,42/1,57

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Abfallwirtschaft im PaketMit dem Open-End-Indexzertifikat der Société Générale auf den SGI-Global-Waste-Management-Index können Anleger in eine Vielzahl von Unternehmen aus dem Bereich der Müllverwertung investieren. Es geht nicht nur um Beseitigung, sondern auch um den Transport und die Auf-bereitung. Als Basis gilt der von Standard & Poor’s berechnete SGI-Glo-bal-Waste-Management-Index. Der Performance-Index, in dem die Divi-denden reinvestiert werden, enthält zwischen 20 und 50 Aktien. Société Générale adaptiert die Zusammensetzung des Index alle halben Jahre.

Das im Jahr 2007 aufgelegte Zertifikat bildet derzeit die 30 führenden Unternehmen der Abfallwirtschaftsindustrie ab. Ein Unternehmen darf zum Zeitpunkt der Anpassung 15 Prozent des Gesamtvolumens nicht überschreiten. Derzeit sind die drei US-Unternehmen Waste Manage-ment, Republic Services und Waste Connections mit einem Anteil von knapp 16 Prozent bis rund zwölf am stärksten gewichtet, gefolgt vom französischen Wasseraufbereiter Veolia mit 7,6 Prozent.

WKN/ISIN: SG02WM/DE000SG02WM9Typ: Open-End-IndexzertifikatEmittent/Garant: Société GénéraleKurs in Euro: 180,96Kosten pro Jahr in %: 1,00

SGI GLOBAL WASTE ZERTIFIKAT

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