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32 MMW-Fortschr. Med. 2013; 155 (16) Damit Sie für den Notfall gewappnet sind Regelmäßig „im Trockenen“ üben! - Die notfallmedizinische Versorgung in Deutschland ist in der Regel an Krankenhäuser gebunden. Das bedeutet aber nicht, dass Hausärzte nicht mit notfallmedizinischen Problemen konfrontiert werden. Ein Großteil der Patienten, die Hausärzte regelmäßig auf- suchen, sind multimorbide und damit stets für einen kardiovaskulä- ren, pneumologischen oder neurologischen Notfall gut. Durch den trägen Fluss des Alltagsgeschäfts mit vielen Routineaufgaben und relativ banalen medizinischen Problemen kann man aber schon ein- mal eingelullt werden. Daher tut jeder Arzt gut daran, sich und sein Praxisteam für den Ernstfall fit zu halten, gerade weil dieser relativ selten und immer unerwartet auftritt. In der Notfallmedizin kommt es besonders auf die ersten Minuten an. Selbst in Großstädten mit guter notärztlicher Versor- gung kann es sich kein Praxisinhaber erlauben, die Zeit bis zum Ein- treffen des Notarztes ungenutzt verstreichen zu lassen. Nicht zu reden von der Situation auf dem Land, wo der Hausarzt die oberste Instanz darstellt und mit Notfällen über längere Zeit alleine zurecht- kommen muss. Neben dem Wissen, was zu tun ist, und den praktischen Fertig- keiten kommt es bei der Notfallversorgung besonders auf eine gute Organisation der Abläufe unter Einbeziehung des ganzen Teams an. Die Aufgaben müssen klar verteilt sein, die Ausrüstung muss voll- ständig und funktionstüchtig sein und an einem Ort aufbewahrt werden, den jeder im Team kennt. Ähnlich wie bei der Beherrschung einer Fremdsprache oder eines Musikinstruments kann der Standard nur aufrechterhalten werden, wenn regelmäßige Übungen statt- finden. Was nicht regelmäßig „im Trockenen“ geübt wird, wird in der Aufregung des Ernstfalls „auf hoher See“ sicher nicht klappen. Die Möglichkeiten, wann, wo und wie Sie mit einem medizini- schen Notfall in der Praxis konfrontiert werden, sind vielfältig. Ein Patient kann mit einem akuten Problem in die Praxis gebracht wer- den, und auch wenn Sie der Meinung sind, dass er hier völlig fehl am Platz ist, muss er versorgt werden. Der Notfall kann aber auch in der Praxis selbst entstehen, sei es spontan oder als unerwünschte Folge eines Eingriffs. Beim Hausbesuch können Sie eine Symptomatik vor- finden, über die Sie falsch informiert wurden und die plötzlich in ganz neuem Licht erscheint. Nehmen Sie die Lektüre dieses MMW-Schwerpunktheftes zur Notfallmedizin in der Praxis zum Anlass, nicht nur wissenschaftliche Fakten zu rekapitulieren, sondern die Erkenntnisse auch mit Ihrem Team zu besprechen und in simulierten Notfallsituationen anzuwen- den. Es ist kein gutes Gefühl, wenn man sich bei der Manöverkritik des Managements eines Notfalls eingestehen muss, dass der Ablauf aufgrund organisatorischer Mängel sehr zu wünschen übrig ließ. Wie heißt es schon im Gleichnis von den klugen und den törichten Jung- frauen: „Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.“ Matthäus 25, 1–13 Je mehr multimorbide Patienten in Ihre Praxis kommen, desto größer ist die Gefahr, dass auch mal ein Notfall eintritt. © Arteria Photography Schwerpunkt FORTBILDUNG Notfallmedizin 33 _ Notfall in der Praxis 36 _ Aspiration bei Kindern 38 _ Luftnot Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Internist Gastroenterologie Leiter Somatischer Querschnittsbereich Isar-Amper-Klinikum, Klinikum München-Ost, Haar

Regelmäßig „im Trockenen“ üben!

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Page 1: Regelmäßig „im Trockenen“ üben!

32 MMW-Fortschr. Med. 2013; 155 (16)

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Damit Sie für den Notfall gewappnet sind

Regelmäßig „im Trockenen“ üben! − Die notfallmedizinische Versorgung in Deutschland ist in der

Regel an Krankenhäuser gebunden. Das bedeutet aber nicht, dass Hausärzte nicht mit notfallmedizinischen Problemen konfrontiert werden. Ein Großteil der Patienten, die Hausärzte regelmäßig auf-suchen, sind multimorbide und damit stets für einen kardiovaskulä-ren, pneumologischen oder neurologischen Notfall gut. Durch den trägen Fluss des Alltagsgeschäfts mit vielen Routineaufgaben und relativ banalen medizinischen Problemen kann man aber schon ein-mal eingelullt werden. Daher tut jeder Arzt gut daran, sich und sein Praxisteam für den Ernstfall �t zu halten, gerade weil dieser relativ selten und immer unerwartet auftritt.

In der Notfallmedizin kommt es besonders auf die ersten Minuten an. Selbst in Großstädten mit guter notärztlicher Versor-gung kann es sich kein Praxisinhaber erlauben, die Zeit bis zum Ein-tre�en des Notarztes ungenutzt verstreichen zu lassen. Nicht zu reden von der Situation auf dem Land, wo der Hausarzt die oberste Instanz darstellt und mit Notfällen über längere Zeit alleine zurecht-kommen muss.

Neben dem Wissen, was zu tun ist, und den praktischen Fertig-keiten kommt es bei der Notfallversorgung besonders auf eine gute Organisation der Abläufe unter Einbeziehung des ganzen Teams an. Die Aufgaben müssen klar verteilt sein, die Ausrüstung muss voll-ständig und funktionstüchtig sein und an einem Ort aufbewahrt werden, den jeder im Team kennt. Ähnlich wie bei der Beherrschung einer Fremdsprache oder eines Musikinstruments kann der Standard nur aufrechterhalten werden, wenn regelmäßige Übungen statt-�nden. Was nicht regelmäßig „im Trockenen“ geübt wird, wird in der Aufregung des Ernstfalls „auf hoher See“ sicher nicht klappen.

Die Möglichkeiten, wann, wo und wie Sie mit einem medizini-schen Notfall in der Praxis konfrontiert werden, sind vielfältig. Ein Patient kann mit einem akuten Problem in die Praxis gebracht wer-den, und auch wenn Sie der Meinung sind, dass er hier völlig fehl am Platz ist, muss er versorgt werden. Der Notfall kann aber auch in der Praxis selbst entstehen, sei es spontan oder als unerwünschte Folge eines Eingri�s. Beim Hausbesuch können Sie eine Symptomatik vor-�nden, über die Sie falsch informiert wurden und die plötzlich in ganz neuem Licht erscheint.

Nehmen Sie die Lektüre dieses MMW-Schwerpunktheftes zur Notfallmedizin in der Praxis zum Anlass, nicht nur wissenschaftliche Fakten zu rekapitulieren, sondern die Erkenntnisse auch mit Ihrem Team zu besprechen und in simulierten Notfallsituationen anzuwen-den. Es ist kein gutes Gefühl, wenn man sich bei der Manöverkritik des Managements eines Notfalls eingestehen muss, dass der Ablauf aufgrund organisatorischer Mängel sehr zu wünschen übrig ließ. Wie heißt es schon im Gleichnis von den klugen und den törichten Jung-frauen: „Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.“ Matthäus 25, 1–13

Je mehr multimorbide Patienten in Ihre Praxis kommen, desto größer ist die Gefahr, dass auch mal ein Notfall eintritt.

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Schwerpunkt

FORTBILDUNG Notfallmedizin

33 _ Notfall in der Praxis

36 _ Aspiration bei Kindern

38 _ Luftnot

Prof. Dr. med. H. S. FüeßlInternist GastroenterologieLeiter Somatischer QuerschnittsbereichIsar-Amper-Klinikum, Klinikum München-Ost, Haar