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139 ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft Ökonomische Trends In Europa ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. Während in den ersten beiden Quartalen 2011 sowohl Aus- als auch Ein- fuhren um knapp 23% zunahmen, beide waren im 3. Quartal für die Mehrzahl der europäischen Länder rückläufig. Dies war insbesondere im Intra-EU-Handel zu beobachten, was auch an der Eintrübung der Konjunktur wegen der Verschärfung der Schuldenkrise lag. Griechenland, das in den ersten neun Monaten 2010 einen Rückgang der Exporte verzeichnet hatte, konnte 2011 die Ausfuhren wieder um 53,0% steigern. In den Krisenländern Italien, Spanien und Portugal legten die Exporte dagegen nur durchschnittlich zu. Die Importe, die EU-weit um 21,3% zulegten, gingen in Griechenland weiter zurück. Auch in Spanien und Portugal legten die Exporte stärker zu als die Importe, was zumindest zu einer leichten Verringerung der Handelsungleichgewichte beigetragen hat. In Italien hingegen lagen die Wachstumsraten der Importe weiterhin über denen der Exporte. Europa hatte in den ersten drei Quartalen 2011 mit 37,0% den höchsten Anteil an den weltweiten Exporten, gefolgt von Asi- en (33,0%, ohne Nahost), Nordamerika (12,5%), Nahost und Afrika (9,5%), der GUS (4,0%) und Südamerika (4,0%). Alle Regionen konnten ihre Ausfuhren seit dem Krisenjahr 2009 Der Welthandel hat – nach starkem Wachstum von über 12% im Jahr 2010 – auch in den ersten drei Quartalen 2011 weiter zugenommen. Allerdings hat die Dynamik merklich nachge- lassen. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum stieg das Handelsvolumen um rund 7%, für das gesamte Jahr wird ein Zuwachs von etwas mehr als 6% erwartet. Die Aus- fuhren der Schwellen- und Entwicklungsländer nahmen mit 9,0% deutlich schneller zu als die der Industrieländer (+5,5%). Nominal (in US-Dollar) betrug der Anstieg der weltweiten Ausfuhren in den ersten neun Monaten 2011 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum 23,3%. Der Unterschied zwischen realen und nominalen Werten erklärt sich zum Teil aus Wech- selkursänderungen des US-Dollars, der gegenüber dem Euro, dem Britischen Pfund, dem Chinesischen Renminbi oder dem Japanischen Yen zwischen 5% und 10% abwertete. Zudem sind die Preise, insbesondere die für Rohstoffe, die sich in US- Dollar gemessen um 34% erhöhten, kräftig gestiegen. Für einzelne Länder liegen unterjährige Daten lediglich auf no- minaler Basis vor. Ein weit überdurchschnittliches Wachstum erreichten die Ausfuhren der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) mit 37,4% sowie die von Süd- und Zentralame- rika mit 31,8%. Hier dürften die Rohstoffpreise mitverantwort- lich für die starken Exportanstiege gewesen sein. Die chine- sischen Exporte wuchsen um knapp 23%, die japanischen, trotz des Rückgangs im Gefolge der Natur- und Atomkatastro- phe im 1. Halbjahr, um 9,1%. In den USA stiegen die Ausfuhren bis September 2011 um 17,8%. Konjunkturschlaglicht Regionale Entwicklung des Welthandels DOI: 10.1007/s10273-012-1341-z Tabelle 1 Wachstumsraten des Welthandels nominal, Basiswerte in US-$ 1 Ausgewählte Länder. Quellen: World Trade Organization: Quarterly World Merchandise Trade, 2011. 2010 1. bis 3. Quartal 2011 Exporte Importe Exporte Importe Welt 21,9 - 23,3 - USA 21,0 22,7 17,8 16,2 Europa 12,1 13,3 21,8 22,0 GUS 30,8 25,4 37,4 35,6 Afrika 1 31,0 17,4 31,4 23,7 Nahost 1 24,7 17,8 30,8 9,5 Süd- und Zentralamerika 25,2 31,2 31,8 25,9 Asien 30,5 31,8 21,1 24,5 China 31,3 38,8 22,7 26,7 Japan 32,6 25,7 9,1 24,3 Tabelle 2 Führende Im- und Exporteure nach Gütergruppen 2010, in Mrd. US-$ Quellen: World Trade Organization: Time Series on International Trade, 2011. Land Exporte Land Importe Landwirtschaftliche Produkte USA 143 USA 116 Niederlande 94 China 108 Deutschland 81 Deutschland 102 Brasilien 69 Japan 77 Frankreich 68 Niederlande 61 Brennstoffe und Bergbauerzeugnisse Russland 282 USA 408 Saudi-Arabien 210 China 373 Australien 130 Japan 255 USA 128 Deutschland 175 Kanada 121 Südkorea 157 Industriegüter China 1477 USA 1369 Deutschland 1091 China 894 USA 944 Deutschland 768 Japan 680 Frankreich 444 Südkorea 412 Großbritannien 407

Regionale Entwicklung des Welthandels

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Page 1: Regionale Entwicklung des Welthandels

139ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft

Ökonomische Trends

In Europa ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. Während in den ersten beiden Quartalen 2011 sowohl Aus- als auch Ein-fuhren um knapp 23% zunahmen, beide waren im 3. Quartal für die Mehrzahl der europäischen Länder rückläufi g. Dies war insbesondere im Intra-EU-Handel zu beobachten, was auch an der Eintrübung der Konjunktur wegen der Verschärfung der Schuldenkrise lag. Griechenland, das in den ersten neun Monaten 2010 einen Rückgang der Exporte verzeichnet hatte, konnte 2011 die Ausfuhren wieder um 53,0% steigern. In den Krisenländern Italien, Spanien und Portugal legten die Exporte dagegen nur durchschnittlich zu. Die Importe, die EU-weit um 21,3% zulegten, gingen in Griechenland weiter zurück. Auch in Spanien und Portugal legten die Exporte stärker zu als die Importe, was zumindest zu einer leichten Verringerung der Handelsungleichgewichte beigetragen hat. In Italien hingegen lagen die Wachstumsraten der Importe weiterhin über denen der Exporte.

Europa hatte in den ersten drei Quartalen 2011 mit 37,0% den höchsten Anteil an den weltweiten Exporten, gefolgt von Asi-en (33,0%, ohne Nahost), Nordamerika (12,5%), Nahost und Afrika (9,5%), der GUS (4,0%) und Südamerika (4,0%). Alle Regionen konnten ihre Ausfuhren seit dem Krisenjahr 2009

Der Welthandel hat – nach starkem Wachstum von über 12% im Jahr 2010 – auch in den ersten drei Quartalen 2011 weiter zugenommen. Allerdings hat die Dynamik merklich nachge-lassen. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum stieg das Handelsvolumen um rund 7%, für das gesamte Jahr wird ein Zuwachs von etwas mehr als 6% erwartet. Die Aus-fuhren der Schwellen- und Entwicklungsländer nahmen mit 9,0% deutlich schneller zu als die der Industrieländer (+5,5%).

Nominal (in US-Dollar) betrug der Anstieg der weltweiten Ausfuhren in den ersten neun Monaten 2011 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum 23,3%. Der Unterschied zwischen realen und nominalen Werten erklärt sich zum Teil aus Wech-selkursänderungen des US-Dollars, der gegenüber dem Euro, dem Britischen Pfund, dem Chinesischen Renminbi oder dem Japanischen Yen zwischen 5% und 10% abwertete. Zudem sind die Preise, insbesondere die für Rohstoffe, die sich in US-Dollar gemessen um 34% erhöhten, kräftig gestiegen.

Für einzelne Länder liegen unterjährige Daten lediglich auf no-minaler Basis vor. Ein weit überdurchschnittliches Wachstum erreichten die Ausfuhren der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) mit 37,4% sowie die von Süd- und Zentralame-rika mit 31,8%. Hier dürften die Rohstoffpreise mitverantwort-lich für die starken Exportanstiege gewesen sein. Die chine-sischen Exporte wuchsen um knapp 23%, die japanischen, trotz des Rückgangs im Gefolge der Natur- und Atomkatastro-phe im 1. Halbjahr, um 9,1%. In den USA stiegen die Ausfuhren bis September 2011 um 17,8%.

Konjunkturschlaglicht

Regionale Entwicklung des Welthandels

DOI: 10.1007/s10273-012-1341-z

Tabelle 1Wachstumsraten des Welthandelsnominal, Basiswerte in US-$

1 Ausgewählte Länder.

Quellen: World Trade Organization: Quarterly World Merchandise Trade, 2011.

2010 1. bis 3. Quartal 2011

Exporte Importe Exporte Importe

Welt 21,9 - 23,3 -

USA 21,0 22,7 17,8 16,2

Europa 12,1 13,3 21,8 22,0

GUS 30,8 25,4 37,4 35,6

Afrika1 31,0 17,4 31,4 23,7

Nahost1 24,7 17,8 30,8 9,5

Süd- und Zentralamerika 25,2 31,2 31,8 25,9

Asien 30,5 31,8 21,1 24,5

China 31,3 38,8 22,7 26,7

Japan 32,6 25,7 9,1 24,3

Tabelle 2Führende Im- und Exporteure nach Gütergruppen2010, in Mrd. US-$

Quellen: World Trade Organization: Time Series on International Trade, 2011.

Land Exporte Land Importe

Landwirtschaftliche Produkte

USA 143 USA 116

Niederlande 94 China 108

Deutschland 81 Deutschland 102

Brasilien 69 Japan 77

Frankreich 68 Niederlande 61

Brennstoffe und Bergbauerzeugnisse

Russland 282 USA 408

Saudi-Arabien 210 China 373

Australien 130 Japan 255

USA 128 Deutschland 175

Kanada 121 Südkorea 157

Industriegüter

China 1477 USA 1369

Deutschland 1091 China 894

USA 944 Deutschland 768

Japan 680 Frankreich 444

Südkorea 412 Großbritannien 407

Page 2: Regionale Entwicklung des Welthandels

Wirtschaftsdienst 2012 | 2140

Ökonomische Trends

europäischen Handels. Dieser ist zwar seit 2008 leicht zurück-gegangen, beträgt aber immer noch 71% des gesamten eu-ropäischen Handels. Das bedeutet für die europäischen und damit auch für die deutschen Ausfuhren, dass sie stark von der konjunkturellen Entwicklung Europas abhängig sind. Die rezessiven Tendenzen in den Problemländern der Eurozone werden daher über gegenseitige Verfl echtungen auch spür-bare Auswirkungen auf andere europäische Länder haben. Aus den USA und China sind ebenfalls weniger kräftige Nach-frageimpulse zu erwarten, da sich auch dort das Wirtschafts-wachstum abgeschwächt hat. Parallel zur Wirtschaftsleistung wird der Welthandel daher 2012 langsamer wachsen als in den beiden Vorjahren.

Franziska Biermann

[email protected]

deutlich steigern, lediglich Asien hat bereits das Vorkrisenni-veau wieder überschritten und so seinen Anteil am Welthandel stark ausgebaut. Weltgrößter Exporteur vor Deutschland und den USA ist inzwischen China, während bei den Importen die USA noch vor China und Deutschland liegen.

Intensive Handelsverfl echtungen bestehen insbesondere zwischen den Industrie- und den Schwellenländern Nord-amerikas, Europas und Asiens. Hier fi ndet vor allem intra-sektoraler Handel statt, wie etwa bei Maschinen und Trans-portausrüstung. Asien exportiert zudem in großem Umfang Büro- und Telekommunikationsausrüstung. Weitere wichtige Handelsbeziehungen bestehen im Energie- und Rohstoffbe-reich zwischen der GUS und Europa sowie dem Nahen Osten und Asien. Bemerkenswert ist das hohe Gewicht des inner-

HWWI-Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe

HWWI-Index mit Untergruppena 2011 Jul. 11 Aug. 11 Sep. 11 Okt. 11 Nov. 11 Dez. 11 Jan. 12

Gesamtindex 128,6 133,2 125,9 126,2 122,7 126,6 124,8 128,0

(28,6) (39,7) (29,6) (28,6) (17,5) (17,5) (9,2) (7,8)

Gesamtindex, ohne Energie 118,1 122,9 121,2 117,4 108,1 103,8 101,6 104,8

(18,1) (26,3) (19,1) (11,6) (-1,3) (-6,5) (-11,3) (-13,1)

Nahrungs- und Genussmittel 129,0 129,8 131,9 129,8 119,4 116,7 112,8 116,0

(29,0) (35,7) (31,2) (22,1) (6,6) (-0,9) (-9,7) (-12,4)

Industrierohstoffe 114,3 120,5 117,3 113,1 104,0 99,2 97,6 100,9

(14,3) (23,0) (14,9) (7,8) (-4,2) (-8,6) (-12,0) (-13,4)

Agrarische Rohstoffe 110,5 114,1 113,5 110,0 105,1 97,7 94,0 93,8

(10,5) (15,6) (13,0) (7,8) (-1,8) (-9,7) (-13,4) (-16,9)

NE-Metalle 111,8 119,1 112,1 105,4 97,0 95,2 94,1 99,8

(11,8) (32,2) (15,4) (4,1) (-11,3) (-12,8) (-16,7) (-15,6)

Eisenerz, Stahlschrott 125,5 132,7 135,7 136,2 120,0 111,3 111,0 113,0

(25,5) (13,8) (16,2) (15,8) (10,8) (3,3) (2,1) (-3,5)

Energierohstoffe 131,3 135,9 127,1 128,5 126,6 132,6 130,9 134,1

(31,3) (43,4) (32,5) (33,5) (22,8) (24,0) (14,6) (13,4)

a 2010 = 100, auf US-Dollar-Basis, Periodendurchschnitte; in Klammern: prozentuale Änderung gegenüber Vorjahr.

Weitere Informationen: http://hwwi-rohindex.org/

2010 = 100, auf US-Dollar-Basis.

50

100

150

200

2007 2008 2009 2010 2011 201250

100

150

200Nahrungsmittel

Industrierohstoffe

Energierohstoffe

Gesamtindex