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FREITAG, 26. SEPTEMBER 2008 NUMMER 225 35 Feuilleton Ein Denkmal der Wertschätzung Serie (12) Skulpturenpark in Kaufering: Bert Praxenthaler und die Verehrung für den Baum Kaufering l res l Zur 975-Jahr-Feier von Kaufering zeigen entlang der Al- bert-Schweitzer-Straße 17 Bildhauer und Bildhauerinnen ihre Werke. Wir stellen die Künstler in einer Serie vor. Für einen Holzbildhauer wie Bert Praxenthaler ist der Baum naturge- mäß ein faszinierendes Thema. Für ihn ist ein Baum mehr als nur Mate- rial-Lieferant, hat ein Baum mehr als eine rein ökologische Bedeutung. „Der Baum spinnt für uns eine Me- tapher fürs Leben und vielleicht auch für die Familie“, sagt der Künstler aus Epfenhausen. Mit dem Thema Baum setzte sich der Künstler für die Straße der Skulpturen in Kaufering auseinan- der. An der von Bäumen gesäumten Albert-Schweitzer-Straße steht eine eindrucksvolle Stele mit dem Titel „baum (ein Reliquiar)“. Für die Oberfläche der aus einer weißen Kunststeinmischung gegossenen Säule formte der Bildhauer eine „real existierende“ Baumrinde ab. Die Oberflächenstruktur unter- scheidet sich lediglich farblich von ihrem natürlichen Vorbild. Als Standort wählte Bert Praxenthaler bewusst die Nähe zu einem Baum. Ähnlich den Reliquiaren in ka- tholischen Kirchen passte der Künstler mit Perlen und Borten kunstvoll geschmückte Reste eines Baumes wie Rinden- und Aststücke in kleine Nischen ein. Bunte Glasfenster sollen die Klos- terarbeiten ähnelnden Details schützen. Die Magie des Systems Baum stellte Praxenthaler als anfassbare Reliquien in diesen Kästchen dar. „Man versucht immer, sich vom Dinglichen zu lösen und braucht dann doch Begreifbares“, zieht er Parallelen zur Heiligenverehrung. Dabei möchte Praxenthaler sein Objekt nicht als ironische Anspie- lung auf Religiöses verstanden wis- sen, verspürt er doch auch bedingt durch zahlreiche Aufträge in der sa- kralen Denkmalpflege eine starke Affinität zu religiösen Themen. Von der Material- und Formensprache der kirchlichen Kunst gehe eine be- sondere Faszination aus, sagt der Bildhauer – eine Faszination, die in „baum“ greifbar wird. „Die Stele ist ein Zeichen dafür, dass der Baum in physischer und geistiger Hinsicht für uns alle wichtig ist“, sagt Pra- xenthaler. Ein Konzept, aber viel Inspiration Etwa auf Augenhöhe durchbricht eine mäanderförmige blaue Spur die hell strahlende Oberfläche. Sie kön- ne Wasser symbolisieren, aber auch einen Fels-Canyon darstellen, meint Praxenthaler. „Wenn man seine Erfahrungen über Jahre verarbeitet hat, entsteht intuitiv etwas“, beschreibt er seine Arbeitsweise. So geht er stets von ei- nem Konzept aus, lässt sich jedoch beim Gestalten „intuitiv treiben“. „Nach längerer Zeit entdecke ich neue Aspekte in meinen Objekten, die eine biografische Rolle spielen müssten“, sagt Praxenthaler. „baum (ein Reliquiar)“ von Bert Praxenthaler ermöglicht den Durchblick auf reales Grün. Foto: Ulrike Reschke Landsberg l lt l Ein Klavierkonzert mit Zhao Ling findet im Rathaus- festsaal statt. Das chinesische „Aus- nahmetalent“ konzertiert am Sams- tag, 4. Oktober, ab 20 Uhr in Lands- berg. Zhao Ling wurde nach ihrem letzten Konzert in Bocholt als „mu- sikalische Femme fatale“ bedacht. Vor einigen Wochen hat sie eine Professur an der Musikhochschule in Peking erhalten. In Landsberg spielt Zhao Ling Werke von Men- delssohn Bartholdy, Schubert, Cho- pin und interessante chinesische Stücke. Zhao Ling gibt das Konzert zu Gunsten der Landsberger Tafel. O Karten Beim Reisebüro Vivell, Tel. 08191/917412 und an der Abendkasse. Konzert mit Zhao Ling Die Pianistin Zhao Ling kommt nach Landsberg. Foto: privat Verliebte Näherin, armer Schneider Im zweiten Teil des Abends, für den Zuhörer und Akteure in den Ge- meindesaal umgezogen waren, gab es einigen Anlass zum Schmunzeln. Jiddische Liebeslieder erzählen zwar auch vom Leid, das die Liebe mitunter so mit sich bringt, den Er- zählungen sitzt jedoch stets der Schalk im Nacken. Und ein positi- ver Ausblick auf neue Liebesfreu- den. Nicola David las auch hier wie- der zunächst die Übersetzungen, bevor er – in gut verständlichem jid- disch – von der verliebten Näherin oder dem armen Schneiderlein sang, die von der Liebe in Wechselbäder der Gefühle getaucht werden. Nata- sa Zizakov jetzt am Flügel, erwies sich als exzellente Begleiterin bezie- hungsweise gleichwertige Partnerin des Sängers. Bei einer kleinen Fragerunde am Ende des Konzerts betonte Nicola David die Wichtigkeit von Musik und Gesang im Gottesdienst. „Men- schen finden sich über die Musik zu- sammen“, sagte der Augsburger Kantor, „und Singen bringt die Leute zum Gottesdienst.“ dischen Gottesdienst. Dieser Aufga- be war der erste Teil des Abends, in der Christuskirche, gewidmet. Kan- tor Nicola David lieferte vor den Gesängen in hebräischer Sprache die Übersetzungen. In den Texten ist sehr viel von Lob und Preis die Rede, es schwingt stets ein Urver- trauen in den allmächtigen Gott mit. „Gelobt seist du, der das Gebet er- hört.“ Die Vertonungen sind dra- matisch, teilweise opernhaft und dem Kantor obliegt es, sie entspre- chend auszugestalten. Das tat Nicola David, ein hochmusikalischer, aus- gebildeter Opernsänger, überzeu- gend und mit Hingabe. Er steigerte die Aussagekraft der Texte über die Musik, beeindruckend seine stimm- liche Leistung. Die Instrumentalbe- gleitung spielt eine wenngleich un- tergeordnete, so doch stabilisieren- de Rolle. Organistin Natasa Zizakov stellte die Orgel dementsprechend ganz in den Dienst des Kantors. VON ROMI LÖBHARD Landsberg Weinen und Wehklagen scheinen Fremdwörter zu sein in den Liedern für die jüdische Litur- gie. Dieser Eindruck entstand bei einer weiteren Veranstaltung der Jüdischen Tage in Landsberg, zu denen die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Landsberg der- zeit einlädt. Unter dem Titel „Bin ich nur für mich, was bin ich?“ wur- den Lieder für den jüdischen Got- tesdienst und jiddische Liebeslieder zu Gehör gebracht. Ausführende waren der Kulturleiter der jüdi- schen Gemeinde Augsburg, Kantor Nicola David und die Organistin Natasa Zizakov aus Hamburg. Beide stammen aus Serbien. Mu- sik und Gesang seien sehr wichtig in der jüdischen Liturgie, sagte Pfarrer Detlef Möller zu Beginn, der Kantor habe einen entsprechend hohen Stellenwert. „Er führt durch den jü- Dramatisch, teilweise opernhaft Musik Jiddische Liebeslieder und Lieder für den Gottesdienst Nicola David singt und liest vorab die Übersetzungen vor. Foto: Löbhard Ernst Heckelmann liebt es ungestüm und überraschend: Seine Werke haben einen kühnen Pinselstrich. Foto: Manuela Rieger trifft die meisten anderen Künstler auch - gibt es zwei wesentliche Ein- nahmequellen: der Verkauf der künstlerischen Produktion und die Lehrtätigkeit. Darüber hinaus ist je- doch die Veröffentlichung und der Verkauf von Kunstwerken ein Grundanliegen jedes Künstlers, denn nur durch die öffentliche Aus- einandersetzung werden Kunstwer- ke zum Bestandteil eines gesell- schaftlichen kulturellen Bewusst- seins und nötigen den Künstler, sei- ne Arbeit zu präzisieren und zu kon- zentrieren. Welches sind Ihre wichtigsten Wün- sche für Ihre persönliche Zukunft? Heckelmann: Ich wünsche mir natürlich Gesundheit. Ich möchte schlicht weiter arbeiten, aber Arbeit begriffen als Umfassendes. Natür- lich wird das, was ich mache, nur von einer Minderheit verstanden, doch für diese arbeite ich. Wün- schenswert ist, dass die Akzeptanz der Kunst im Landkreis weiter ge- fördert wird. O Lebenslauf Von 1968-74 studierte Ernst Heckelmann bei Prof. Thomas Za- charias an der Akademie der Bildenden Künste in München und erhielt den Kunst- preis der Stadt Ebersberg. Anfang der 1980er Jahre begann er, seine Arbeiten auszustellen. Viele öffentliche und private Ankäufe, darunter auch das Neue Stadt- museum Landsberg. Vorlieben. Man hat natürlich auch ein wenig in das Vokabular der an- deren Maler geschaut, sich mit de- ren Formen befasst, sich ein biss- chen orientiert. Mir persönlich la- gen die Arbeiten von Jackson Pol- lock, Beuys und Immendorf am Herzen. Ja, ich glaube, dass die Ma- lerei mit den Dingen, die dort durch Farbe und Form passieren, weiter getrieben werden und dass sich noch vieles auf anderen Wegen, in eine andere Richtung entwickeln kann. Es ist bekannt, dass Sie von Kunst- kritikern und Kunstkritik wenig hal- ten. Umso mehr schätzen Sie das Ur- teil ihrer Malerfreunde wie Peter Ca- sagrande. Dabei sind das doch Kon- kurrenten. Heckelmann: Ich habe und hatte das Glück, mit vielen wirklich be- deutenden Künstlern, die ich aner- kenne, befreundet zu sein. Infolge- dessen kann ich damit blendend le- ben. Deswegen kann ich mich auch über jeden Erfolg meiner Kollegen freuen. Konkurrenz als Chance? Heckelmann: Durchaus. Sie unterrichten an der Kunstaka- demie Reichenhall – was bedeutet das für Sie? Heckelmann: Das bedeutet mir sehr viel. In der Tat muss ich aus meiner Erinnerung sagen, dass ich über die Jahre auf fantastische Ta- lente gestoßen bin. Zudem, das be- Was inspiriert Sie zu Ihren Bil- dern? Heckelmann: Meine Bilder sind immer das Resultat von etwas, das ich visuell wahrgenommen habe. Es schlummert in mir und kommt, plötzlich und ungeplant, während des Malens aus mir heraus. Ich habe selten ein Motiv im Kopf. Ich begin- ne das Bild, verschmutze die Lein- wand, übermale oder kratze weg. Zerstören und wieder aufbauen. Was geschieht, geschieht, und wenn etwas scheitert, ist es auch ein Teil der Arbeit. Welche Arbeitstechniken verwenden Sie? Heckelmann: Ich arbeite vorwie- gend auf Leinwand, meist mit Acryl und Pigmenten, male und modellie- re mit den Händen oder allenfalls mit einem Schwamm, Spachtel oder groben Pinsel. Aus den Sedimenten unzähliger Übermalungen entstehen dann Werke, die in ihrem hoffent- lich spannendsten Moment einge- froren wurden. Doch das Risiko des Scheiterns ist einkalkuliert, und so übermale ich in anderen Fällen mit Schwarz und erschaffe aus dem Dunkel heraus ein neues Bild. Seit rund vierzig Jahren arbeiten Sie in einem Stil, der auf ungestüme Weise Figuration und Abstraktion miteinander verbindet. Gab es seiner- zeit dafür Vorbilder? Heckelmann: Ja, es gab gewisse Landsberg Zahlreiche Ausstellungen im Landkreis, aber auch überregio- nal: Der Künstler Ernst Heckel- mann ist gefragt, und beendete kürzlich seine Ausstellung im Landsberger Stadtmuseum mit ei- ner Finissage. LT-Mitarbeiterin Manuela Rieger sprach mit ihm über Maltechnik und seine Werke. Heckelmanns spontane Malerei zeichnet ihn vor vielen modischen Strömungen der Zeit als radikalen Einzelgänger aus. In seinen ausge- stellten Werken zeigt sich das spon- tane malerische Vermögen des Künstlers ebenso wie die komplexe Spannung zwischen Intuition und Kalkül. Wie kamen Sie zur Malerei? Heckelmann: Genau kann ich das nicht beantworten, sicher hatte mich mein Vater, der früher Por- träts und Landschaften malte, be- einflusst. Soweit ich zurückdenken kann, begleitet mich der Öl- und Lein- wandgeruch und ich kämpfe nun mit unverminderter Freude weiter mit Bildträger und Farben. Was bedeutet die Malerei für Sie? Heckelmann: Ich hatte immer Spaß daran, mich mit Farben und Formen auszudrücken, mitzuteilen. Malerei ist eine sehr persönliche und private Kunstform. Das Malen bie- tet große Freiheit und ich lebe damit meine Fantasie aus. Wild und ungestüm Malerei Ernst Heckelmann und seine Kunst. Große Freiheit in den Bildern schreibt damit das Leben im Wilna- er Ghetto. Ihre Botschaft ist, dass es immer Hoffnung gibt, mag die Si- tuation noch so ausweglos sein. Und wenn alle Stricke reißen, wie beim Kutscher, der sein ganzes Hab und Gut vertrinkt: „Gott ist allmächtig“. O Leben Nizza Thobi (München) hat be- reits einige CDs herausgebracht, unter an- derem „jiddisch is gor nischt asoj schwer“. Sie ist ab und zu in „Radio Lora 92.4“ zu hören, hat dort bekannte Persönlichkeiten zu Gast und interviewt sie. er bei Klezmer-Musik üblich ist. Am Flügel sitzt Peter Weber, be- gnadeter Arrangeur von Nizza Tho- bis Musikstücken. Sie singt von der „Kleinen Ruth“ (Jehuda Amichai), die nicht emigrieren kann und in ei- nem Konzentrationslager um- kommt, weil sie bei einem Unfall ein Bein verloren hat. Sie stimmt mit „Papierene Kinder“ das Klagelied einer Mutter an, die ihren ausge- wanderten Nachwuchs nur noch von Fotografien kennt. Sie singt „Geto“ (Kasriel Broydo) und be- Litauen nach Jerusalem in Israel mitnimmt. Nizza Thobi pflastert die Reiseroute mit Fotodokumenten aus den letzten hundert Jahren und kann jeweils sehr viel dazu erzählen. Unterwegs trifft sie bekannte jüdi- sche Schriftsteller, Poeten, Maler. Sie kennt ihre Schicksale, deckt Querverbindungen auf. Vor allem aber hat sie deren Gedichte vertont und singt. Begleitet wird sie von Petra Amasreiter (Violine), die ziemlich perfekt den harten Strich führt, wie Landsberg l löbh l Ein kleines Persön- chen mit großen dunklen Augen und kohlrabenschwarzem Haar – und einer riesigen Chansonstimme, das ist Nizza Thobi. Im evangeli- schen Gemeindesaal in Landsberg, im Rahmen der jüdischen Tage, steht sie barfuß vor ein paar Hand- voll Leuten, hat schnell Kontakt zu ihnen hergestellt und beschert ihnen einen ergreifenden Abend. „Jid- disch is gor nischt asoj schwer“ heißt ihr Programm, mit dem sie die Zu- hörer auf eine Reise von Wilna in Reise von Wilna nach Jerusalem Gesang Nizza Thobi im evangelischen Gemeindesaal in Landsberg

Reise von Wilna nach Jerusalem

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Reise von Wilna nach Jerusalem Nizza Thobi im evangelischen Gemeindesaal in Landsberg FREITAG, 26. SEPTEMBER 2008 NUMMER 225 Feuilleton von löbh

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Page 1: Reise von Wilna nach Jerusalem

FREITAG, 26. SEPTEMBER 2008 NUMMER 225 35Feuilleton

Ein Denkmal derWertschätzung

Serie (12) Skulpturenpark in Kaufering: BertPraxenthaler und die Verehrung für den Baum

Kaufering l res l Zur 975-Jahr-Feiervon Kaufering zeigen entlang der Al-bert-Schweitzer-Straße 17 Bildhauerund Bildhauerinnen ihre Werke. Wirstellen die Künstler in einer Serie vor.

Für einen Holzbildhauer wie BertPraxenthaler ist der Baum naturge-mäß ein faszinierendes Thema. Fürihn ist ein Baum mehr als nur Mate-rial-Lieferant, hat ein Baum mehrals eine rein ökologische Bedeutung.„Der Baum spinnt für uns eine Me-tapher fürs Leben und vielleichtauch für die Familie“, sagt derKünstler aus Epfenhausen.

Mit dem Thema Baum setzte sichder Künstler für die Straße derSkulpturen in Kaufering auseinan-der. An der von Bäumen gesäumtenAlbert-Schweitzer-Straße steht eineeindrucksvolle Stele mit dem Titel„baum (ein Reliquiar)“. Für dieOberfläche der aus einer weißenKunststeinmischung gegossenenSäule formte der Bildhauer eine„real existierende“ Baumrinde ab.Die Oberflächenstruktur unter-scheidet sich lediglich farblich vonihrem natürlichen Vorbild. AlsStandort wählte Bert Praxenthalerbewusst die Nähe zu einem Baum.

Ähnlich den Reliquiaren in ka-tholischen Kirchen passte derKünstler mit Perlen und Bortenkunstvoll geschmückte Reste einesBaumes wie Rinden- und Aststückein kleine Nischen ein.

Bunte Glasfenster sollen die Klos-terarbeiten ähnelnden Detailsschützen.

Die Magie des Systems Baum

stellte Praxenthaler als anfassbareReliquien in diesen Kästchen dar.„Man versucht immer, sich vomDinglichen zu lösen und brauchtdann doch Begreifbares“, zieht erParallelen zur Heiligenverehrung.Dabei möchte Praxenthaler seinObjekt nicht als ironische Anspie-lung auf Religiöses verstanden wis-sen, verspürt er doch auch bedingtdurch zahlreiche Aufträge in der sa-kralen Denkmalpflege eine starkeAffinität zu religiösen Themen. Vonder Material- und Formenspracheder kirchlichen Kunst gehe eine be-sondere Faszination aus, sagt derBildhauer – eine Faszination, die in„baum“ greifbar wird. „Die Stele istein Zeichen dafür, dass der Baum inphysischer und geistiger Hinsichtfür uns alle wichtig ist“, sagt Pra-xenthaler.

Ein Konzept, aberviel Inspiration

Etwa auf Augenhöhe durchbrichteine mäanderförmige blaue Spur diehell strahlende Oberfläche. Sie kön-ne Wasser symbolisieren, aber aucheinen Fels-Canyon darstellen, meintPraxenthaler.

„Wenn man seine Erfahrungenüber Jahre verarbeitet hat, entstehtintuitiv etwas“, beschreibt er seineArbeitsweise. So geht er stets von ei-nem Konzept aus, lässt sich jedochbeim Gestalten „intuitiv treiben“.„Nach längerer Zeit entdecke ichneue Aspekte in meinen Objekten,die eine biografische Rolle spielenmüssten“, sagt Praxenthaler.

„baum (ein Reliquiar)“ von Bert Praxenthaler ermöglicht den Durchblick auf reales

Grün. Foto: Ulrike Reschke

Landsberg l lt l Ein Klavierkonzertmit Zhao Ling findet im Rathaus-festsaal statt. Das chinesische „Aus-nahmetalent“ konzertiert am Sams-tag, 4. Oktober, ab 20 Uhr in Lands-berg. Zhao Ling wurde nach ihremletzten Konzert in Bocholt als „mu-sikalische Femme fatale“ bedacht.Vor einigen Wochen hat sie eineProfessur an der Musikhochschulein Peking erhalten. In Landsbergspielt Zhao Ling Werke von Men-delssohn Bartholdy, Schubert, Cho-pin und interessante chinesischeStücke. Zhao Ling gibt das Konzertzu Gunsten der Landsberger Tafel.

O Karten Beim Reisebüro Vivell, Tel.08191/917412 und an der Abendkasse.

Konzert mitZhao Ling

Die Pianistin Zhao Ling kommt nach

Landsberg. Foto: privat

Verliebte Näherin,armer Schneider

Im zweiten Teil des Abends, für denZuhörer und Akteure in den Ge-meindesaal umgezogen waren, gabes einigen Anlass zum Schmunzeln.Jiddische Liebeslieder erzählenzwar auch vom Leid, das die Liebemitunter so mit sich bringt, den Er-zählungen sitzt jedoch stets derSchalk im Nacken. Und ein positi-ver Ausblick auf neue Liebesfreu-den. Nicola David las auch hier wie-der zunächst die Übersetzungen,bevor er – in gut verständlichem jid-disch – von der verliebten Näherinoder dem armen Schneiderlein sang,die von der Liebe in Wechselbäderder Gefühle getaucht werden. Nata-sa Zizakov jetzt am Flügel, erwiessich als exzellente Begleiterin bezie-hungsweise gleichwertige Partnerindes Sängers.

Bei einer kleinen Fragerunde am

Ende des Konzerts betonte NicolaDavid die Wichtigkeit von Musikund Gesang im Gottesdienst. „Men-schen finden sich über die Musik zu-sammen“, sagte der AugsburgerKantor, „und Singen bringt dieLeute zum Gottesdienst.“

dischen Gottesdienst. Dieser Aufga-be war der erste Teil des Abends, inder Christuskirche, gewidmet. Kan-tor Nicola David lieferte vor denGesängen in hebräischer Sprache dieÜbersetzungen. In den Texten istsehr viel von Lob und Preis dieRede, es schwingt stets ein Urver-trauen in den allmächtigen Gott mit.„Gelobt seist du, der das Gebet er-hört.“ Die Vertonungen sind dra-matisch, teilweise opernhaft unddem Kantor obliegt es, sie entspre-chend auszugestalten. Das tat NicolaDavid, ein hochmusikalischer, aus-gebildeter Opernsänger, überzeu-gend und mit Hingabe. Er steigertedie Aussagekraft der Texte über dieMusik, beeindruckend seine stimm-liche Leistung. Die Instrumentalbe-gleitung spielt eine wenngleich un-tergeordnete, so doch stabilisieren-de Rolle. Organistin Natasa Zizakovstellte die Orgel dementsprechendganz in den Dienst des Kantors.

VON ROMI LÖBHARD

Landsberg Weinen und Wehklagenscheinen Fremdwörter zu sein inden Liedern für die jüdische Litur-gie. Dieser Eindruck entstand beieiner weiteren Veranstaltung derJüdischen Tage in Landsberg, zudenen die Evangelisch-LutherischeKirchengemeinde Landsberg der-zeit einlädt. Unter dem Titel „Binich nur für mich, was bin ich?“ wur-den Lieder für den jüdischen Got-tesdienst und jiddische Liebesliederzu Gehör gebracht. Ausführendewaren der Kulturleiter der jüdi-schen Gemeinde Augsburg, KantorNicola David und die OrganistinNatasa Zizakov aus Hamburg.

Beide stammen aus Serbien. Mu-sik und Gesang seien sehr wichtig inder jüdischen Liturgie, sagte PfarrerDetlef Möller zu Beginn, der Kantorhabe einen entsprechend hohenStellenwert. „Er führt durch den jü-

Dramatisch, teilweise opernhaftMusik Jiddische Liebeslieder und Lieder für den Gottesdienst

Nicola David singt und liest vorab die

Übersetzungen vor. Foto: Löbhard

Ernst Heckelmann liebt es ungestüm und überraschend: Seine Werke haben einen kühnen Pinselstrich. Foto: Manuela Rieger

trifft die meisten anderen Künstlerauch - gibt es zwei wesentliche Ein-nahmequellen: der Verkauf derkünstlerischen Produktion und dieLehrtätigkeit. Darüber hinaus ist je-doch die Veröffentlichung und derVerkauf von Kunstwerken einGrundanliegen jedes Künstlers,denn nur durch die öffentliche Aus-einandersetzung werden Kunstwer-ke zum Bestandteil eines gesell-schaftlichen kulturellen Bewusst-seins und nötigen den Künstler, sei-ne Arbeit zu präzisieren und zu kon-zentrieren.

Welches sind Ihre wichtigsten Wün-sche für Ihre persönliche Zukunft?

Heckelmann: Ich wünsche mirnatürlich Gesundheit. Ich möchteschlicht weiter arbeiten, aber Arbeitbegriffen als Umfassendes. Natür-lich wird das, was ich mache, nurvon einer Minderheit verstanden,doch für diese arbeite ich. Wün-schenswert ist, dass die Akzeptanzder Kunst im Landkreis weiter ge-fördert wird.

O Lebenslauf Von 1968-74 studierteErnst Heckelmann bei Prof. Thomas Za-charias an der Akademie der BildendenKünste in München und erhielt den Kunst-preis der Stadt Ebersberg. Anfang der1980er Jahre begann er, seine Arbeitenauszustellen. Viele öffentliche und privateAnkäufe, darunter auch das Neue Stadt-museum Landsberg.

Vorlieben. Man hat natürlich auchein wenig in das Vokabular der an-deren Maler geschaut, sich mit de-ren Formen befasst, sich ein biss-chen orientiert. Mir persönlich la-gen die Arbeiten von Jackson Pol-lock, Beuys und Immendorf amHerzen. Ja, ich glaube, dass die Ma-lerei mit den Dingen, die dort durchFarbe und Form passieren, weitergetrieben werden und dass sich nochvieles auf anderen Wegen, in eineandere Richtung entwickeln kann.

Es ist bekannt, dass Sie von Kunst-kritikern und Kunstkritik wenig hal-ten. Umso mehr schätzen Sie das Ur-teil ihrer Malerfreunde wie Peter Ca-sagrande. Dabei sind das doch Kon-kurrenten.

Heckelmann: Ich habe und hattedas Glück, mit vielen wirklich be-deutenden Künstlern, die ich aner-kenne, befreundet zu sein. Infolge-dessen kann ich damit blendend le-ben. Deswegen kann ich mich auchüber jeden Erfolg meiner Kollegenfreuen.

Konkurrenz als Chance?Heckelmann: Durchaus.Sie unterrichten an der Kunstaka-

demie Reichenhall – was bedeutet dasfür Sie?

Heckelmann: Das bedeutet mirsehr viel. In der Tat muss ich ausmeiner Erinnerung sagen, dass ichüber die Jahre auf fantastische Ta-lente gestoßen bin. Zudem, das be-

Was inspiriert Sie zu Ihren Bil-dern?

Heckelmann: Meine Bilder sindimmer das Resultat von etwas, dasich visuell wahrgenommen habe. Esschlummert in mir und kommt,plötzlich und ungeplant, währenddes Malens aus mir heraus. Ich habeselten ein Motiv im Kopf. Ich begin-ne das Bild, verschmutze die Lein-wand, übermale oder kratze weg.Zerstören und wieder aufbauen.Was geschieht, geschieht, und wennetwas scheitert, ist es auch ein Teilder Arbeit.

Welche Arbeitstechniken verwendenSie?

Heckelmann: Ich arbeite vorwie-gend auf Leinwand, meist mit Acrylund Pigmenten, male und modellie-re mit den Händen oder allenfallsmit einem Schwamm, Spachtel odergroben Pinsel. Aus den Sedimentenunzähliger Übermalungen entstehendann Werke, die in ihrem hoffent-lich spannendsten Moment einge-froren wurden. Doch das Risiko desScheiterns ist einkalkuliert, und soübermale ich in anderen Fällen mitSchwarz und erschaffe aus demDunkel heraus ein neues Bild.

Seit rund vierzig Jahren arbeitenSie in einem Stil, der auf ungestümeWeise Figuration und Abstraktionmiteinander verbindet. Gab es seiner-zeit dafür Vorbilder?

Heckelmann: Ja, es gab gewisse

Landsberg Zahlreiche Ausstellungenim Landkreis, aber auch überregio-nal: Der Künstler Ernst Heckel-mann ist gefragt, und beendetekürzlich seine Ausstellung imLandsberger Stadtmuseum mit ei-ner Finissage. LT-MitarbeiterinManuela Rieger sprach mit ihmüber Maltechnik und seine Werke.Heckelmanns spontane Malereizeichnet ihn vor vielen modischenStrömungen der Zeit als radikalenEinzelgänger aus. In seinen ausge-stellten Werken zeigt sich das spon-tane malerische Vermögen desKünstlers ebenso wie die komplexeSpannung zwischen Intuition undKalkül.

Wie kamen Sie zur Malerei?Heckelmann: Genau kann ich das

nicht beantworten, sicher hattemich mein Vater, der früher Por-träts und Landschaften malte, be-einflusst.

Soweit ich zurückdenken kann,begleitet mich der Öl- und Lein-wandgeruch und ich kämpfe nunmit unverminderter Freude weitermit Bildträger und Farben.

Was bedeutet die Malerei für Sie?Heckelmann: Ich hatte immer

Spaß daran, mich mit Farben undFormen auszudrücken, mitzuteilen.Malerei ist eine sehr persönliche undprivate Kunstform. Das Malen bie-tet große Freiheit und ich lebe damitmeine Fantasie aus.

Wild und ungestümMalerei Ernst Heckelmann und seine Kunst. Große Freiheit in den Bildern

schreibt damit das Leben im Wilna-er Ghetto. Ihre Botschaft ist, dass esimmer Hoffnung gibt, mag die Si-tuation noch so ausweglos sein. Undwenn alle Stricke reißen, wie beimKutscher, der sein ganzes Hab undGut vertrinkt: „Gott ist allmächtig“.

O Leben Nizza Thobi (München) hat be-reits einige CDs herausgebracht, unter an-derem „jiddisch is gor nischt asoj schwer“.Sie ist ab und zu in „Radio Lora 92.4“ zuhören, hat dort bekannte Persönlichkeitenzu Gast und interviewt sie.

er bei Klezmer-Musik üblich ist.Am Flügel sitzt Peter Weber, be-gnadeter Arrangeur von Nizza Tho-bis Musikstücken. Sie singt von der„Kleinen Ruth“ (Jehuda Amichai),die nicht emigrieren kann und in ei-nem Konzentrationslager um-kommt, weil sie bei einem Unfall einBein verloren hat. Sie stimmt mit„Papierene Kinder“ das Klageliedeiner Mutter an, die ihren ausge-wanderten Nachwuchs nur nochvon Fotografien kennt. Sie singt„Geto“ (Kasriel Broydo) und be-

Litauen nach Jerusalem in Israelmitnimmt. Nizza Thobi pflastert dieReiseroute mit Fotodokumentenaus den letzten hundert Jahren undkann jeweils sehr viel dazu erzählen.Unterwegs trifft sie bekannte jüdi-sche Schriftsteller, Poeten, Maler.Sie kennt ihre Schicksale, decktQuerverbindungen auf. Vor allemaber hat sie deren Gedichte vertontund singt.

Begleitet wird sie von PetraAmasreiter (Violine), die ziemlichperfekt den harten Strich führt, wie

Landsberg l löbh l Ein kleines Persön-chen mit großen dunklen Augenund kohlrabenschwarzem Haar –und einer riesigen Chansonstimme,das ist Nizza Thobi. Im evangeli-schen Gemeindesaal in Landsberg,im Rahmen der jüdischen Tage,steht sie barfuß vor ein paar Hand-voll Leuten, hat schnell Kontakt zuihnen hergestellt und beschert ihneneinen ergreifenden Abend. „Jid-disch is gor nischt asoj schwer“ heißtihr Programm, mit dem sie die Zu-hörer auf eine Reise von Wilna in

Reise von Wilna nach JerusalemGesang Nizza Thobi im evangelischen Gemeindesaal in Landsberg