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Eine Einrichtung der Anamnese: Der 52-jährige Patient stellte sich aufgrund von seit dem Vor- tag neu aufgetretenen Herzrhythmusstörungen mit unregelmäßigem Herz- schlag in der Notaufnahme vor. Seit einigen Tagen bestünden zudem Belas- tungsdyspnoe und Schwindel. Er sei zuletzt mehrmals von Zecken gestochen worden. Keine weiteren Erkrankungen. Kardiovaskuläre Risikofaktoren: Ex-Ni- kotinabusus (15py), positive Familienanamnese für plötzlichen Herztod. Körperlicher Untersuchungsbefund: Patient in normalem AZ und EZ, RR 90/50 mmHg, HF 39/min, Körpertemperatur 36,6°C, Größe 189 cm, Ge- wicht 92,3 kg. Keine pulmonalen und abdominellen Pathologika, keine pa- thologischen Herzgeräusche, neurologisch unauffällige Untersuchung. Kei- ne peripheren Ödeme, Haut ohne Erythema chronicum migrans. Klinische Chemie: Initial normwertige Leukozyten mit marginaler Erhö- hung im Verlauf. CRP durchgehend normwertig. Herzenzyme und TSH unauf- fällig. ELISA mit erhöhtem IgM-/IgG-Titer für Borrelia burgdorferi, IgM-/IgG-Im- munoblot positiv. Nach einem Monat ELISA mit rückläufigem IgM-Titer (initial 81 U/ml auf 40,8 U/ml, Normbereich <18 U/ml) und IgG-Titer (initial 240,0 U/ ml auf 234,2 U/ml, Normbereich <10 U/ml), Immunoblot weiter positiv. Weitere Untersuchungen: Im Ruhe-EKG bei Aufnahme AV-Block II°, Typ Mo- bitz (Abb. 1). In den folgenden Tagen intermittierender AV-Block III° in den wiederholten Ruhe-EKG-Untersuchungen (Abb. 2). In der Echokardiographie bei Aufnahme sowie Kontrollen (Tag 5, 14): Normale linksventrikuläre Pump- funktion, keine Hypertrophie, normal dimensionierte Herzhöhlen, keine hä- modynamisch relevanten Vitien, kein Perikarderguss, keine Thromben. Verlauf und Therapie: Bei anamnestisch mehrmals stattgehabten Ze- ckenstichen sowie klinisch bestehender höhergradiger AV-Blockierung wur- de die Verdachtsdiagnose einer akuten Borreliose gestellt und 2 Tage nach Aufnahme des Patienten eine empirische antibiotische Therapie mit Ceftri- axon (1x2g/d i.v.) eingeleitet. Diese wurde unter kontinuierlicher telemetri- scher Überwachung und täglicher mehrfacher Ruhe-EKG-Kontrolle über 14 Tage fortgeführt. Die Diagnose einer akuten Borreliose wurde 3 Tage nach Beginn der antibiotischen Therapie laborchemisch durch entsprechend er- höhten IgM- sowie IgG-Titer im ELISA sowie positiven Immunoblot bestätigt. Unter antibiotischer Therapie fand sich im Verlauf eine rückläufige AV-Blo- ckierung bis zum AV-Block I°, der zuletzt durchgehend vorlag und regredient war. 18 Tage nach Beginn der antibiotischen Therapie zeigte sich nahezu eine normale AV-Überleitung (PQ-Zeit 204ms) im Ruhe-EKG (Abb. 3). Schlussfolgerung: Eine AV-Blockierung als einzige Manifestation einer Borreliose tritt selten auf (1% der Fälle). Unter antibiotischer Therapie zeigt sich meist eine vollständige Regredienz der AV-Blockierung und gute Lang- zeitprognose. Zur Vermeidung nicht indizierter Schrittmacheranlagen bei hö- hergradiger AV-Blockierung ist eine gründliche Anamnese sowie frühzeitige Diagnostik bei möglichem Vorliegen einer Borreliose von Bedeutung. Abb. 1: EKG am Aufnahmetag, AV-Block II°, Typ Mobitz Abb. 2: EKG an Tag 3, AV-Block III° Abb. 3: EKG an Tag 18, AV-Block I° REVERSIBLER AV-BLOCK III° BEI EINEM 52-JÄHRIGEN PATIENTEN DURCH AKUTE BORRELIOSE Autoren: Alexandra Mühlinghaus , Peter Nordmeyer Klinik für Innere Medizin, Kardiologie St. Johannes-Hospital, Varel Präsentiert auf dem 120. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, 26 - 29. April 2014, Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden St. Johannes-Hospital gemeinnützige GmbH Bleichenpfad 9 26316 Varel Tel.: 0 44 51 / 920 - 0 Fax: 0 44 51 / 920 - 2215 www.krankenhaus-varel.de

REVERSIBLER AV-BLOCK III° BEI EINEM 52-JÄHRIGEN … · Eine Einrichtung der Anamnese: Der 52-jährige Patient stellte sich aufgrund von seit dem Vor - tag neu aufgetretenen Herzrhythmusstörungen

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Page 1: REVERSIBLER AV-BLOCK III° BEI EINEM 52-JÄHRIGEN … · Eine Einrichtung der Anamnese: Der 52-jährige Patient stellte sich aufgrund von seit dem Vor - tag neu aufgetretenen Herzrhythmusstörungen

Eine Einrichtung der

Anamnese: Der 52-jährige Patient stellte sich aufgrund von seit dem Vor-tag neu aufgetretenen Herzrhythmusstörungen mit unregelmäßigem Herz-schlag in der Notaufnahme vor. Seit einigen Tagen bestünden zudem Belas-tungsdyspnoe und Schwindel. Er sei zuletzt mehrmals von Zecken gestochen worden. Keine weiteren Erkrankungen. Kardiovaskuläre Risikofaktoren: Ex-Ni-kotinabusus (15py), positive Familienanamnese für plötzlichen Herztod.

Körperlicher Untersuchungsbefund: Patient in normalem AZ und EZ, RR 90/50 mmHg, HF 39/min, Körpertemperatur 36,6°C, Größe 189 cm, Ge-wicht 92,3 kg. Keine pulmonalen und abdominellen Pathologika, keine pa-thologischen Herzgeräusche, neurologisch unauffällige Untersuchung. Kei-ne peripheren Ödeme, Haut ohne Erythema chronicum migrans.

Klinische Chemie: Initial normwertige Leukozyten mit marginaler Erhö-hung im Verlauf. CRP durchgehend normwertig. Herzenzyme und TSH unauf-fällig. ELISA mit erhöhtem IgM-/IgG-Titer für Borrelia burgdorferi, IgM-/IgG-Im-munoblot positiv. Nach einem Monat ELISA mit rückläufigem IgM-Titer (initial 81 U/ml auf 40,8 U/ml, Normbereich <18 U/ml) und IgG-Titer (initial 240,0 U/ml auf 234,2 U/ml, Normbereich <10 U/ml), Immunoblot weiter positiv.

Weitere Untersuchungen: Im Ruhe-EKG bei Aufnahme AV-Block II°, Typ Mo-bitz (Abb. 1). In den folgenden Tagen intermittierender AV-Block III° in den wiederholten Ruhe-EKG-Untersuchungen (Abb. 2). In der Echokardiographie bei Aufnahme sowie Kontrollen (Tag 5, 14): Normale linksventrikuläre Pump-funktion, keine Hypertrophie, normal dimensionierte Herzhöhlen, keine hä-modynamisch relevanten Vitien, kein Perikarderguss, keine Thromben.

Verlauf und Therapie: Bei anamnestisch mehrmals stattgehabten Ze-ckenstichen sowie klinisch bestehender höhergradiger AV-Blockierung wur-de die Verdachtsdiagnose einer akuten Borreliose gestellt und 2 Tage nach Aufnahme des Patienten eine empirische antibiotische Therapie mit Ceftri-axon (1x2g/d i.v.) eingeleitet. Diese wurde unter kontinuierlicher telemetri-scher Überwachung und täglicher mehrfacher Ruhe-EKG-Kontrolle über 14 Tage fortgeführt. Die Diagnose einer akuten Borreliose wurde 3 Tage nach Beginn der antibiotischen Therapie laborchemisch durch entsprechend er-höhten IgM- sowie IgG-Titer im ELISA sowie positiven Immunoblot bestätigt. Unter antibiotischer Therapie fand sich im Verlauf eine rückläufige AV-Blo-ckierung bis zum AV-Block I°, der zuletzt durchgehend vorlag und regredient war. 18 Tage nach Beginn der antibiotischen Therapie zeigte sich nahezu eine normale AV-Überleitung (PQ-Zeit 204ms) im Ruhe-EKG (Abb. 3).

Schlussfolgerung: Eine AV-Blockierung als einzige Manifestation einer Borreliose tritt selten auf (1% der Fälle). Unter antibiotischer Therapie zeigt sich meist eine vollständige Regredienz der AV-Blockierung und gute Lang-zeitprognose. Zur Vermeidung nicht indizierter Schrittmacheranlagen bei hö-hergradiger AV-Blockierung ist eine gründliche Anamnese sowie frühzeitige Diagnostik bei möglichem Vorliegen einer Borreliose von Bedeutung.

Abb. 1: EKG am Aufnahmetag, AV-Block II°, Typ Mobitz

Abb. 2: EKG an Tag 3, AV-Block III°

Abb. 3: EKG an Tag 18, AV-Block I°

REVERSIBLER AV-BLOCK III° BEI EINEM 52-JÄHRIGEN PATIENTENDURCH AKUTE BORRELIOSEAutoren: Alexandra Mühlinghaus , Peter Nordmeyer Klinik für Innere Medizin, Kardiologie St. Johannes-Hospital, Varel

Präsentiert auf dem 120. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, 26 - 29. April 2014, Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden

St. Johannes-Hospital gemeinnützige GmbHBleichenpfad 926316 Varel

Tel.: 0 44 51 / 920 - 0Fax: 0 44 51 / 920 - 2215www.krankenhaus-varel.de