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Richard Schuberth...ein Dorn im Auge. Gemeinsam mit der 17-jährigen Biggy, einer klugen und ein bisschen hinterhältigen Individualanarchistin, spinnt er Intrigen, um den Plan des

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  • Richard Schuberth

    Richard Schuberth, Jahrgang 1968, schreibt Essays, Satiren, Theaterstücke, Drehbücher. Darüber hinaus war er Intendant des Musikfestivals Balkan Fever und ist als Schauspieler und DJ tätig. 2014 erschien Das neue Wörterbuch des Teufels. Chronik einer fröhlichen Verschwörung ist sein erster Roman.

    Homepage Hanser Literaturverlage

    Zum Roman: Chronik einer fröhlichen Verschwörung:

    Der schrullige 70-jährige Philosoph Ernst Katz hasst die kulturindustrielle Verwertung von Nazi-Zeit und Holocaust. Im Zug trifft er die 17-jährige Biggy, einen schlauen Wildfang mit beachtlicher krimineller Energie. Gemeinsam schmieden sie einen kühnen Plan: den Roman eines jungen Erfolgsautors zu verhindern – ein Buch über eine Frau, die Katz gut gekannt hat und mit der ihn ein Geheimnis verbindet. Der Plan wird mit allerlei Finten und Fallgruben umgesetzt – und verläuft doch ganz anders als geplant.

    Ein Schelmen- und Bildungsroman über eine ungewöhnliche Liebe und die Chancen und Widersprüche von radikalem Nonkonformismus.

    Homepage des Autors

    Pressestimmen:

    Chronik einer fröhlichen Verschwörung

    Von Richard Schuberth

    Der Wiener Autor Richard Schuberth nimmt in seinem satirischen Debüt in Romanform "Chronik einer fröhlichen Verschwörung" die Regeln des Literaturbetriebs aufs Korn.

    "Seine Kritik an der Bewusstseins- und Kulturindustrie übt Schuberth im Roman stets mit leichtfüßiger Heiterkeit."

    Richard Schuberth hat sich bisher mit seinen vielfach ausgezeichneten, aber schlecht vermarktbaren Essays und Dramen einen Namen gemacht. In seinem ersten Roman erzählt er die Geschichte von der Verhinderung eines Romans. Dabei verzichtet er nicht auf seine bereits bewährten Formen: Essayistische Teile, Aphorismen und Gedichte baut er geschickt in den Fluss der burlesken Handlung ein. Gut verkäuflich ist eine spezielle Textgattung, die Schuberth mit dem Begriff "Holocaust-Prosa" zusammenfasst. Unter dem Vorwand der Aufklärung lässt sich mit menschlichem Leid ein gutes Geschäft betreiben, meinen nicht nur seine Figuren. Im Roman vergreift sich ein mittelbegabter Nachwuchsschriftsteller an diesem "heiklen Sujet" und möchte damit an den Erfolg seines Erstlingswerks anschließen. Er beabsichtigt das Schicksal der jüdischen Philosophin Klara Sonnenschein aufzuarbeiten. Dies wiederum möchte der siebzigjährige Philosoph Ernst Katz um jeden Preis verhindern. Die kulturindustrielle Verwurstung der Nazizeit ist dem von der kritischen Theorie beeinflussten Denker seit jeher

    http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-05714-2http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-05714-2

  • ein Dorn im Auge. Gemeinsam mit der 17-jährigen Biggy, einer klugen und ein bisschen hinterhältigen Individualanarchistin, spinnt er Intrigen, um den Plan des jungen Erfolgsschriftstellers zu sabotieren.

    Richard Schuberth erzählt von den Abenteuern dieses infernalen Duos und flattert dabei gewandt zwischen den Formen und Perspektiven umher. Gelungen ist ihm ein Bildungsroman im besten Sinne, eine Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft, die an vergnügliche Buddy- oder Heist-Movies erinnert. Bemerkenswert ist vor allem auch, wie authentisch Schuberth die Sprache und Lebenswelt des 17-jährigen Wildfangs Biggy schildert.

    Claudia Gschweitl (ORF-Kultur, 15.02.2015)

    Bettina Balàka

    Bettina Balàka, geboren 1966 in

    Salzburg, lebt als freie

    Schriftstellerin in Wien. Zahlreiche

    Buchveröffentlichungen,

    Theaterstücke und Hörspiele.

    Vielfach ausgezeichnet, u.a. mit

    dem Theodor-Körner-Preis (2004),

    dem Salzburger Lyrikpreis (2006) und

    dem Friedrich-Schiedel-

    Literaturpreis (2008). Zuletzt

    erschienen: Eisflüstern. Roman

    (2006), Schaumschluchten. Gedichte

    (2009). Bei Haymon: Auf offenem

    Meer. Erzählungen (2010),

    Kassiopeia. Roman (2012, HAYMONtb

    2013) sowie zuletzt Unter Menschen.

    Roman (2014)

    Homepage: Haymon Verlag

  • Zum Roman: „Unter Menschen“

    Berti heißt auch Fekete, Robert Pattinson, Ricky, Zorro und Bagheera. Er ist das Ergebnis der unglücklichen Liaison eines Jack Russell Terriers mit einem Straßenköter, er sieht aus wie ein schwarzer Fleck und benimmt sich wie ein übermütiges Kind. Er ruiniert die Geschäfte eines ungarischen Welpenhändlers, bricht einer Zwölfjährigen das Herz, weckt die Lebensgeister eines neurotischen Physikers und landet auf der Müllhalde eines Haustiermessies. Überall, wo er hinkommt, hinterlässt er seine Spuren in den Herzen und in den Leben seiner Menschen, die er als kleiner Schatten ihres Glücks und Unglücks begleitet. Bettina Balàka erzählt in ihrem neuen Roman nur scheinbar die Geschichte eines Hundelebens: Unter Menschen ist zugleich ein Reigen zwischenmenschlicher Tragödien und Komödien - grandios komponiert, durchtrieben ironisch und unterhaltsam, voll überraschendem Witz und geistreicher Erkenntnis.

    Homepage: Haymon Verlag

    Leserstimmen:

    "Wir gehen mit einem aufgeweckten und klugen Hund auf Entdeckungsreise und begegnen

    dabei außergewöhnlichen Charakteren. Unter Menschen bietet uns die brillante

    Gelegenheit, über ein Hundeleben hinter die Fassaden des menschlichen Daseins zu

    blicken."

    "Frech, spritzig und gerade aus: Bei Bettina Balàka sitzt jedes Wort an der richtigen

    Stelle. Wie auch schon bei ihrem vorigen Roman Kassiopeia hat sie mich auch diesmal

    wieder mit großartiger Leseunterhaltung beglückt".

    Für Sebastian Gilli (DER STANDARD) ist der Roman Unter Menschen "der gelungene

    Versuch, anhand der Lebensstationen eines Hundes Verhaltensweisen von Menschen

    aufzugreifen, zu hinterfragen und nachzuspüren. Gassigehen auf hohem stilistischem

    Niveau."

  • Leseprobe:

    „Hundewahnsinnige“ waren,

    nach Erfahrung der

    Michaleks, Besessene.

    Unermüdlich konnten sie von

    den schier unglaublichen

    kognitiven und sozialen

    Fähigkeiten dieser Tiere

    schwärmen, ihrer

    Nasenleistung, ihrem

    Heldenmut, ihrer

    Hellsichtigkeit. (Besonders

    beliebt waren dabei die

    Schilderungen von Experimenten, in denen Hunde besser abgeschnitten hatten als Schimpansen,

    Keas oder Kleinkinder.) Sie führten einschlägige Zitate auf den Lippen wie: „Natürlich kann man ohne

    Hund leben! Aber es lohnt sich nicht“, oder: „Je besser ich die Menschen kenne, desto mehr

    bewundere ich Hunde“, oder: „Von hundert Menschen mag ich einen. Von hundert Hunden

    neunundneunzig“, und scheuten auch nicht davor zurück, damit ihre E-Mails zu signieren. Sie gaben

    heitere Hundeschnurren zum Besten, die nicht selten auch die Ausscheidungen ihres Lieblings zum

    Inhalt hatten: „Mimi kackt vorzugsweise auf ganz hohe Schneehaufen. Die Kacke sinkt dann, da heiß,

    blitzartig ein, und man muss mit dem Arm tief in das Loch greifen, bis zur Achsel, um sie wieder

    herauszuholen. Zum Schreien!“ Sie gaben ein Vermögen aus für ergonomische Schlafplätze, wattierte

    Brustgeschirre, perlenbestickte Halsbänder aus Wasserbüffelleder, Regenmäntelchen,

    Norwegerpullis und T-Shirts mit lustigen Aufschriften, Transportboxen, Autoschutzgitter,

    Leinensortimente, Quietschspielzeuge, Intelligenzspielzeuge, Wurfspielzeuge, Reizangeln,

    Hasenfelldummys, Designerfutternäpfe aus Finnland, Spezialshampoo, Spezialbalsam und

    Spezialzahncreme, Pheromondispensoren mit beruhigender Wirkung, CDs mit Hundemusik sowie

    Urlaube, die ganz auf die Bedürfnisse des Hundes zugeschnitten waren. Sich selbst begannen

    Hundewahnsinnige meist modisch zu vernachlässigen, man traf sie vorwiegend in Gummistiefeln und

    wetterfester Funktionsbekleidung an, wobei aus ihren Jackentaschen ganze Büschel von Kotsäckchen

    herausschauten. Ihre Vorzimmer waren mit einem wasserfesten Anstrich versehen, für den Fall, dass

    sich der Hund dort nach einem Regenspaziergang oder Badeausflug trockenschütteln wollte. Ihre

    Autos und ihre Wohnzimmer stanken nach Hund, was oft noch durch den Uringeruch von

    Ochsenziemern oder die fauligen Mülldüfte getrockneter Tiereingeweide verschärft wurde. Die

    Hundewahnsinnigen selbst waren vom Räucherspeckaroma der Leckerlis umweht, die sie stets in

    großen Mengen bei sich trugen. Überhaupt, das Futter! Sie kochten entweder selbst nach streng

    wissenschaftlichen Prinzipien oder fütterten grundsätzlich nur der wölfischen Verdauung

    angemessenes rohes Fleisch oder kauften das edelste Trockenfutter, das für Geld zu bekommen war.

    Aus obskuren Quellen wussten sie frischen grünen Blättermagen zu beziehen, im eigens

    angeschafften Dörrofen verarbeiteten sie Großladungen von Hühnerherzen zu Trockenfleisch.

    Hundewahnsinnige schossen, kurz gesagt, einfach über das Ziel hinaus.

    Es verstand sich von selbst, dass es in Trevors hinreißender Gegenwart keine zwei Tage dauerte, bis

    auch die Michaleks dieser Spezies angehörten.

  • Daniel Glattauer

    Daniel Glattauer, geboren 1960 in Wien, Autor und ehemals Journalist. Bücher (u.a.): Die Ameisenzählung (2001), Darum (2003), Die Vögel brüllen (2004), Der Weihnachtshund (Neuausgabe 2004), Theo. Antworten aus dem Kinderzimmer (2010). Mit seinen beiden Romanen, Gut gegen Nordwind (2006) und Alle sieben Wellen (2009), gelangen ihm zwei Bestseller, die in zahlreiche Sprachen übersetzt und auch als Hörspiel, Theaterstück und Hörbuch zum Erfolg wurden. Im Deuticke Verlag sind auch der Roman Ewig Dein (2012) und die Komödie Die Wunderübung (2014) erschienen. 2014 erscheint sein neuester Roman Geschenkt.

    Zum Roman: „Geschenkt“

    Geheimnisvolle Spendenserie trifft routinierten Verlierer – im neuen Roman des Bestsellerautors Daniel Glattauer

    Gerold Plassek ist Journalist bei einer Gratiszeitung. Bei ihm im Büro sitzt der 14-jährige Manuel, dessen Mutter im Ausland arbeitet. Er beobachtet Gerold beim Nichtstun und ahnt nicht, dass dieser Versager sein Vater ist. Gerold fehlt jeder Antrieb, die Stammkneipe ist sein Wohnzimmer und der Alkohol sein verlässlichster Freund. Plötzlich kommt Bewegung in sein Leben: Nach dem Erscheinen seines Artikels über eine überfüllte Obdachlosenschlafstätte trifft dort eine anonyme Geldspende ein. Das ist der Beginn einer Serie von Wohltaten, durch die Gerold immer mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt. Und langsam beginnt auch Manuel, ihn zu mögen … – Ein so spannender wie anrührender Roman, der auf einer wahren Begebenheit beruht.

    Homepage Hanser Verlag

    http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-06081-4http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-06010-4http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-06010-4http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-06140-8http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-06041-8http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-06093-7http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-06093-7http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-06181-1http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-06239-9http://www.hanser-literaturverlage.de/978-3-552-06257-3

  • Pressestimmen (Auswahl)

    „Daniel Glattauer kann vermeintlich höhepunktfreie Leben mit Sogwirkung schildern wie kein anderer.“ Michaela Knapp, Format, 14.08.14 "Ein ebenso charmanter wie spannender Roman." Günter Kaindlstorfer, Ö1, 20.08.14 "'Geschenkt' hat ein bedrückendes Grundthema: Gerold Plassek ist Alkoholiker. Trotzdem wirkt das Buch nie düster, sondern versprüht stets eine nonchalante Leichtigkeit." Mirjam Comtesse, Berner Zeitung, 22.08..14 "Glattauer transformiert Alltag zu Literatur." Wolfgang Paterno, profil, 25.08.2014 „Glattauers Wissen über menschliche Sehnsüchte und ambivalente Beziehungen sowie seine wie immer überraschungsreiche Dramaturgie werden auch seinen neuen Roman zum Bestseller machen.“ Ruth Rybarski, ORF, 27. 08. 14 „Was Daniel Glattauer auszeichnet, ist sein Witz, aber auch sein Sinn für aussergewöhnliche Ansichten und unerwartete Wendungen.“ Tanja Kummer, SRF3, 28. 08. 14 "In "schnoddrigem Plauderton" reiht sich Pointe an Pointe. Bei allem Witz ist der Roman allerdings nicht oberflächlich oder banal. Man nimmt ihm die Lebensechtheit der Figuren und ihrer Beziehungen ab." Tanja Küchle, HR2, 28.08.14 "Seine Dialoge sprühen vor Witz und Schlagfertigkeit, die Gedankenwelt des sympathischen Losers und Romanhelden Gerold Plassek bietet trotz einfacher Sprache eine scharfzüngige Doppelbödigkeit." Andreas Gstettner-Brugger, FM4, 02.09.14 „Mögen andere Autoren sich auch zergrübeln, Daniel Glattauer erzählt so spielerisch vom Leben, dass er Komik und Wahrheit scheinbar mühelos in seine Bücher verpackt." Volker Isfort, Abendzeitung, 24.10.14 "Ein so hübsch in Selbstironie verpacktes Märchen liest man gern." Ellen Pomikalko, BuchMarkt November 2014

    IMPRESSUM

    Die Literarischen Nahversorger

    Ein Projekt der Gemeinde Schlierbach, Oberösterreich

    Bernhard Samitz (1963-2008) / Mag. Gerhard Stiftinger / Mag.(FH) Christoph Weiermair

    Mag.a Elisabeth Kumpl-Frommel / Mag. Christian Loikits/ Mag.a Andrea Danner / Mag.a Elisabeth Baldauf/Mag. Friederike

    Zillner/Christa Huemerlehner/ Ingrid Uhl www.literarischenahversorger.at

  • Teresa Präauer/Line Hoven

    Kennengelernt haben sich die beiden

    Künstlerinnen während ihrer

    Aufenthaltsstipendien am »Literarischen

    Colloquium« in Berlin. Genau genommen: in der

    Gästeküche. Aus dem kurzen Snack während der

    harten Arbeit wurde ein langes Gespräch, denn

    Hoven hatte Zeit und Präauer war eloquent. So

    redeten die beiden über Graphic Novels, über Bücher, über Bilder, über andere

    Autorinnen und Autoren, darüber, wie man überhaupt anfängt zu schreiben, wieso

    man schreibt und welche schmutzigen Seiten im Internet für all das das beste

    Material bieten. Aus dem Snack wurde ein Abendessen, ein Frühstück, ein

    Sonnenbad und viel Feierabendwein. Es wäre ungerecht, so viel Charme, Zuneigung

    und Witz nur den Berlinern zukommen zu lassen: das Gespräch wird im

    Literaturhaus am Inn fortgesetzt!

    Gesprochen wird über das Bildende in den Künsten, über Freundschaft unter

    Künstlerinnen und Künstlern und über Teresa Präauers Romanfiguren, die

    Kunststudenten Johnny und Jean, die an diesem Abend ebenso vorgestellt werden.

    In ihrem aktuellen Roman "Johnny und Jean" erfindet Präauer in zahlreichen

    Episoden das abenteuerliche Leben zweier junger Männer, die sich in der Kunst und

    im Leben üben: Lustvoll und schlagfertig!

    Teresa Präauer, geboren 1979, lebt in Wien, schreibt und zeichnet, u. a. für die

    Online-Plattform Freitext der ZEIT, das Rolling Stone Magazine, QUART und diverse

    Literaturzeitschriften. 2012 erhielt sie den aspekte-Literaturpreis für das beste

    deutschsprachige Prosadebüt, ihren Roman "Für den Herrscher aus Übersee" (2012,

    Wallstein).

    Line Hoven, geboren 1977, lebt und arbeitet als Comiczeichnerin und Illustratorin

    in Hamburg. Ihre Graphic Novel "Liebe schaut weg" (2007, Reprodukt) wurde in

    mehrere Sprachen übersetzt und unter anderem mit dem e. o. plauen Förderpreis

    ausgezeichnet. Ihre in Schabkarton gekratzten Arbeiten erscheinen in

    verschiedenen Magazinen und Zeitungen, wie Strapazin, Le Monde diplomatique

  • und langjährig in der F.A.Z., Hoven ist Mitglied beim Zeichnerinnenkollektiv

    SPRING. Zuletzt publizierte sie mit Jochen Schmidt "Dudenbrooks" (2011, Jacoby &

    Stuart,) und "Schmythologie" (2013, C. H. Beck).

    Aus: Homepage Literaturhaus am Inn

    Zum Roman: Johnny und Jean

    Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2015 (Kategorie Belletristik).

    Der zweite Roman der aspekte-Preisträgerin. Lustvoll, abenteuerlich und temporeich geht es

    um Kunst und Leben.

    Mach gute Kunst! Nichts Geringeres haben Johnny und Jean im Sinn, als sie sich nach dem

    Sommer in der Kunsthochschule wieder begegnen. Ein Sprung ins kalte Wasser steht am

    Beginn dieser Geschichte, und hundert Schritte sind noch zu tun für eine Weltkarriere in

    New York und Paris. Was dabei hilft: die Einflüsterungen der Alten Meister, gut gespitzte

    Buntstifte und eine Flasche Pastis.

    Und manchmal hilft das alles überhaupt nicht.

    Was, wenn man beim Anblick von Blumen an Geschlechtsteile denkt? Was, wenn einen beim

    Baden die Polizei verhaften will? Was, wenn die Pin-up-Girls den Magazinen davonlaufen?

    Wenn Europa in Flammen steht? Wenn einen der Wärter aus dem Museum wirft? Wenn der

    eigene Vater ein riesiger Zwerg ist? Wenn man Frauen mit französischen Vornamen liebt?

    Wenn man sich einen Goldzahn im Munde wünscht? Wenn die Kunst zu viele Katzen hat?

    Wenn der Teufel selbst unter Burn out leidet? Wenn man ohne Geld nach Zürich will? Wenn

    man Björk heiraten möchte?

    In zahlreichen Episoden erfindet Teresa Präauer das abenteuerliche Leben zweier junger

    Männer, die sich in der Kunst und im Leben üben. Lustvoll und schlagfertig!

    Homepage Wallstein-Verlag

  • Der eine oder andere Gedanke zu Lesungen

    Mit Lesungen ist es so eine Sache: Irgendwie beschleicht mich seit

    jeher der Gedanke, dass da etwas nicht stimmt. Ich kann mich an

    meine erste Lesung erinnern: Ich schlug das Buch auf und blinzelte in

    die Zuschauerschar (-schar ist vielleicht etwas euphemistisch; man

    könnte auch von vier Leuten sprechen). Dabei überfiel mich die

    ganze Absurdität der Situation: Wir sind ja eigentlich nicht mehr im

    Mittelalter, sagte ich mir, die können doch alle (vier) selber lesen.

    Diesen Gedanken konnte ich seither nie mehr ganz abschütteln. Bei

    meiner zweiten Lesung (ich blickte auf und sah nun schon eine

    regelrechte Gruppe) versuchte ich mir vorzustellen, dass alle

    Zuhörenden blind seien. Da meine Arbeiten meines Wissens noch

    nicht in Braille-Schrift erschienen waren, ergab das für mich Sinn.

    Aufgrund ihrer Blindheit konnte diese kleine Menschenansammlung

    nur durch lautes Vorlesen Zugang zu meinen Texten finden.

    Diese Blendung hielt aber nicht lange an. Allzu interessiert vertieften

    sich die auf meine dritte Lesung Wartenden in ausliegende

    Broschüren und mitgebrachte Bücher. Das konnte nicht gespielt sein.

    Im Augenkontakt, den ich während der Lesung suchte, erkannte ich

    unweigerlich die Sehfähigkeit meiner Gegenüber.

    Darauf begann ich mir vorzustellen, meine Zuhörer seien des Lesens

    unkundige Kinder. Was zwei Probleme mit sich brachte: Erstens

    klebte mein Blick, um die Vorstellung eines minderjährigen

    Publikums aufrecht zu erhalten, fortan auf dem Lesetext – was, da

    wir ja wissen, wie wichtig Interaktion beim öffentlichen Auftritt ist,

    nicht all zu viel hermachte. Zweitens begann ich nach wenigen Zeilen

  • in einen kindlichen Vorleseton à la Und wie macht die Kuuuh?! zu

    verfallen. Auch so, war mir gleich klar, konnte ich meine kritische

    Haltung gegenüber Lesungen nicht überwinden.

    Nun ist das Problem – ich habe immer noch keinen Weg gefunden,

    wie ich meine Skrupel überwinden kann. Das ging letztens sogar so

    weit, dass ich eine kurze Lesepause einlegte, um die Anwesenden zu

    zählen. Ich hatte nämlich kurz vor der Lesung erfahren, dass die

    Veranstalter Eintritt verlangten. Diese Information trieb mich fast zur

    Verzweiflung. War es, rein logisch argumentiert, nicht vollkommen

    sinnwidrig für die Darbietung einer Kulturtechnik (denn nichts

    anderes ist doch das Lesen) Eintrittsgeld zu entrichten? Wäre es

    letztlich nicht das Gleiche, wenn die Leute dafür bezahlten, mir beim

    Essen zuzusehen?

    Ich ermittelte also die Anzahl der Zuhörer, in der Absicht, jedem

    einzelnen nach der Lesung die Eintrittskarte rückzuerstatten.

    Allerdings waren es diesmal wirklich einige Ohren, die meiner

    Lesung lauschen wollten, und eine schnelle Kopfrechung ergab eine

    nicht gerade geringe Geldsumme, die da der Refundierung harrte.

    Schließlich befreite ich mich an diesem Abend aus der

    dilemmatischen Situation, indem ich einen Text vorlas, der durch

    seine Anlehnung an die Wissenschaftssprache und seine dadurch

    resultierenden Satzungetüme manchmal schwer zu lesen war. Das

    wäre dann, sagte ich mir, als zerlegte und äße ich vor aller Augen

    einen Hummer. Und da muss man doch nicht knausern, so was sieht

    man nicht alle Tage.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Florian Gantner

  • Haglöfs Spitz 2

    Eine Verhaltensweise, die meines Vaters Wesen

    wesentlich auszeichnet, ist jene, bei jeder nur

    denkbaren Gelegenheit ein Lied zu summen, zu

    pfeifen oder einfach leise zu singen. Vor allem

    dann, wenn er monotonen Beschäftigungen

    nachgeht, wie Gartenarbeit oder Autowaschen,

    lässt er ein Liedchen erblühen und setzt es wie

    einen akustischen Marker in die Landschaft.

    Auch in Gesellschaft fällt es ihm zunehmend

    schwerer, diese Gepflogenheit hintanzustellen,

    gelegentlich bricht auch in durch und durch

    unpassenden Situationen ein Lied durch seine

    Lippen und wirbelt unwirsch durch die Lüfte.

    Eines dieser Lieder ist „Kennst du die Berge, die

    Berge Tirols“. Das ist unter den top five seiner

    Trällersongs, seiner Lippenbekenntnisse. Und das nicht einfach nur so. Das Bekenntnis zur

    Bergwelt Tirols ist nicht nur lapidar dahergepfiffen, es ist gelebtes Liedgut, in Musik

    gegossene Zugeneigtheit, um mit Heidegger zu sprechen, der das sicher verstehen würde.

    Unsere ersten Urlaube verbrachten wir in Tirol, in Mayrhofen, ganz hinten im Talschluss.

    Dort, wo Tirol, am tirolerischsten ist. Engstirnig, düster, beseelt von der pausbackigen

    Gesundheit seiner Bewohner. Das gefiel meinem Vater, meiner Mutter und uns Kindern.

    Diese Liebe zur Bergwelt und ihrem Habitat.

    Als Jugendlicher dann ist mir diese Freude an den Bergen seltsam vorgekommen. Ab dem 16.

    Lebensjahr verweigerte ich die Tiroler Talschlussaufenthalte und begann eigene Lieder zu

    trällern. Darin kamen Berge nicht vor, außer eventuell metaphorisch. Für große Brüste oder

    große Probleme. Und Tirol sowieso nicht, auch nicht metaphorisch. Dafür aber Großstädte,

    Weltuntergänge und Zombies. Also genau das Gegenteil von „Die Berge Tirols“. Die Natur,

    das war in den 80er Jahren ein Zeichen für totale Entfremdung. Man fühlte sich geborgen im

    Beton und im Plastik. Alles andere war Lüge. Die Natur, das war eine Fluchtfantasie für

    schreckhafte Mädchen oder esoterische Blödiane. Jemand, der was auf sich hielt, der harrte

    aus im schäbigen Jetzt des naturfreien Raumes. Aus Authentizitätsgründen und

    fleischgewordene Ausformulierung der Idee des Endes. In den 80er Jahren wusste man, wenn

    man ein wenig feinfühlig war, dass bald Schluss war, aber nicht Talschluss, sondern richtig

    Schluss mit allem und jedem. Das war die Gefühlslage. Das war das einzig Gute an den

    80ern, dieses Gefühl für das Aus. Und so waren es Lieder wie „Chemical warfare“ oder „The

    day everything became nothing“, die auf meinen Lippen sprungbereit hockten und die ich

    meinem Vater gerne vorgesungen hätte. Bis nach Mayrhofen hinein und die Berge hinauf

    „Chemical warfare“. So war die Stimmungslage.

    Mein Vater singt heute noch immer „Die Berge Tirols“. Ich aber nicht mehr „chemical

    warfare“. Während mir nämlich dieses edle Gefühl für den Weltuntergang

    abhandengekommen ist, oder dieser überhaupt einfach aus der Bewusstseinslage der jetzigen

  • Menschen verschwunden ist, sind die Berge geblieben. Ewig. Und gelegentlich ertappe ich

    mich bei der Vorstellung, dass nicht mein Vater dieses Lied pfeift, sondern das Lied meinen

    Vater. Dass von den ewigen Bergen her die luftstarken Lieder herunterfegen und in die

    Menschen hineinfahren, sie aufblasen, dass es so herauspfeift aus ihnen. Zumindest in Tirol

    und weit ins Voralpenland hinein. Anders ist es nämlich kaum erklärlich, dass auch ich mich

    vor kurzer Zeit dabei ertappt habe, „Die Berge Tirols anzustimmen“, zu summen, kurz vor

    dem Gipfel am Warscheneck. Das heißt nur, dass von den Bergen eine ungeheure Macht

    ausgeht, der selbst ich, der ich mich davor gefeit dünkte, dieser erlegen bin. Ich habe dazu

    eine Vielzahl von Theorien entwickelt, die aber hier nicht ausgeführt werden können, insofern

    als diese ganze Geschichte über meinen Vater eigentlich gar nichts zur Sache tut. Eigentlich

    nämlich wollte ic h eine ganz andere Geschichte erzählen, die zwar mit den Bergen entfernt zu

    tun hat, aber doch nur eben entfernt. Ich glaube nämlich, und damit sei hier einmal Schluss,

    dass Männer ab einem bestimmten Alter eine Zuneigung zu den Bergen entwicklen, die sie in

    ihren jungen Jahren nur Frauen angedeihen ließen, genau dann nämlich, wenn die horizontale

    Lust zum Erliegen kommt und durch Vertikalspannungen anderer Art kompensiert werden

    muss. Der Gipfel der Lust, das ist jetzt semantisch etwas anderes. Und deshalb zieht es

    Männer einsam ins Gebirge.

    Die Geschichte, die nun erzählt werden soll, handelt von solch einem Mann. Das ist ein Stoff,

    der mir zugetragen wurde, für dessen Richtigkeit ich aus eigener Anschauung nicht

    garantieren kann, die aber, so meine ich, wenn man die Zusammenhänge genau bedenkt, doch

    nicht so unwahrscheinlich ist, wie sie klingen mag. Der Mann, dem sie passiert ist, nennen wir

    ihn einfachheitshalber F., um ihm nicht ganz so grau erscheinen zu lassen, ist ein guter Freund

    eines meiner besten Freunde. Und jener beste Freund hat mir dessen Geschichte erzählt. Mit

    einem verschwiegenen „schhhh“ und einem Finger auf den Lippen, warnend und Diskretion

    einfordernd. „Schhh“ also und mit Diskretion. Dieser Aufruf zur Verschwiegenheit, die mir

    mein Freund bezüglich seines Freundes abgerungen hatte, rührt aus der Natur des ihm

    Zugestoßenen, ist doch K. einer geistigen Zerrüttung anheimgefallen, die eine stationäre

    Langzeitverwahrung zur Folge hat, einer Verwahrung in einer Institution, die auch in

    aufgeklärten Zeiten wie der unsrigen immer noch mit etwas verlegenem Spott und

    kopfschüttelndem Unverständnis bedacht wird. Und einem „schhh“, einem Mantel des

    Schweigens und Verhüllens. Gut denn. Es ist kein einfaches Unterfangen eine Geschichte zu

    erzählen, die in das moralische Korsett des Versprechens gezwängt ist und deren Fluss durch

    versiegelte Lippen behindert werden könnte. Und es sei mir gestattet, darauf hinzuweisen,

    dass ich dieses Versprechen nur deshalb breche, weil ich überzeugt bin, dass diese Geschichte

    jedem passieren könnte, dass sie sozusagen exemplarischen Wert hat, und somit lehrhaft

    wirken kann. Für all jene, die der Unheil bringenden Macht der Berge nichts

    entgegenzusetzen zu haben als ihren kümmerlichen Menschenverstand.

    F. war Zeit seines bisherigen Lebens ein recht braver Mann gewesen. „Mein Mann ist ein

    recht braver Mann“, das sagte seine Frau, wenn die Sprache auf Verfehlungen amouröser

    Natur kam, Themen, die sie mit ihren Freundinnen zu erörtern hatte, das öfteren. Alles in

    allem traurige Geschichten, gegen die sich „Mein Mann ist ein braver Mann“ abhob wie ein

    funkelnder Stern, der die Idee der Zuverlässigkeit, ja Ewigkeit aufrief gegen die platte

    Beliebigkeit der Liebesbegebenheiten, die ihre Freundinnen heulend von sich schnieften.

  • Nein, fff, nein, ffff, welch ein Schwein. Sätze wie jener blieben Fs. Frau erspart. Die

    Beständigkeit war Fs Tugend aber nicht nur in seinem Liebesleben, sondern auch sein

    Arbeitsleben war durchsetzt davon. Er war jemand, dem man Handschlagqualitäten attestierte,

    eine Wort, das seine Zuverlässigkeit und unbedingte Loyalität zu seiner Firma meinte und

    mehr noch, generell seinen Habitus, der jedem das Gefühl vermittelte, eine Stütze zu sein.

    Dann wenns eng wird, dann F. Und gerade in dieser schweren Zeit, die seine Firma, eine recht

    große nationale Bank, durchmachte, war F. ein Garant für die Tugend des Sparsamen,

    Vorausschauenden, Abwägenden, und Sicheren. Tugenden, die plötzlich wieder hoch im Kurs

    waren, nach all den spekulativen Himmelfahrten der Jahre zuvor in seiner Branche. F. war der

    Mann der Stunde. Das war nicht immer so gewesen, man hatte ihn als alten Hasen bezeichnet,

    und das war nicht liebevoll gemeint. Vor allem die Jüngeren versahen diese Bemerkung mit

    einer geringschätzigen Dehnung der Vokale, um damit auf seine, ihrer Meinung nach

    Langsamkeit und umständliche Bedächtigkeit anzuspielen. „Der alte Haaaase“, sagten sie und

    meinten, er sei aus der Mode gekommen. Denn heute, so meinten sie auch, zählen die kurzen

    Vokale, die zackigen, schneidigen und geschwinden. Zack. Die Sprache der Raubtiere. Zack.

    Das war das Motto der Zeit. Viele Jahre lang. „Und dann bumm“, lächelte F., indem er sich in

    seinem Schreibtisch gemächlich nach hinten streckte. Nach dem Bumm war er der Mann der

    Stunde. Und so lief für F. seit einiger Zeit alles wunderbar. Beruf, Familie, alles wunderbar.

    Wenn mein bester Freund, der auch sein bester Freund war, ihn fragte, wie es ihm gehe:

    „Alles wunderbar“. Das war wieder so ein Satz für die Ewigkeit. Seine beiden Töchter, sie

    waren beide um die 20, wunderbar. Sonntagmorgen köpfte er gerne ein, zwei Eier und löffelte

    sie, während er sich freute, dass sein Wunsch nach einem vollzähligen Familienfrühstück

    immer noch Gehör fand, trotzdem die beiden Mädchen schon flügge waren und hier und dort

    ihre Nächte verbrachen, am Sonntag aber, immer brav und recht unschuldige Blicke werfend

    ins Nest zurückflatterten. Weil der Vater es so wollte, wünschte, liebte. Ihm zuliebe taten sie

    das. Und F. freute sich. Zwei geköpfte Frühstückseier, das war für F. die Symbol gewordene

    Freude am Dasein. An der Familie und dem Glück des Beständigen.

    Wie er auf den Wald und in Folge auf die Berge gekommen ist, entzieht sich meiner

    Kenntnis. Selbst beharrliches Nachfragen bei meinem besten Freund führte zu keinem

    Ergebnis. Er wusste es nicht. Aber eines ist sicher. Bislang hatte F. mit der Natur nichts zu

    schaffen gehabt, gar nichts. Sie war ihm völlig gleichgültig gewesen. Abgesehen von den

    Urlauben am Meer, die immer pauschal ausfielen, bevorzugt in Klubs, hatte die Natur keinen

    Platz in seinem Leben gehabt. Dann schon eher für seine Frau, die sonntags nach dem

    Frühstück immer etwas unruhig wurde angesichts eines langen Nachmittags in den vier

    Wänden. Aber zu einem Spaziergang war F. kaum zu bewegen und so harrte sie an seiner

    Seite, bis der Sonntag träge und zäh seinem Ende entgegentickte. Nachdem die Töchter aus

    dem Haus waren und nach dem Frühstück wieder losflogen, waren die beiden Eheleute an den

    Sonntagen auf sich selbst zurückgeworfen. Das Brutzeln des Sonntagsbratens, das Klappern

    des Geschirrs, das Rascheln der Zeitung beim Umblättern, das Knarren des Sofas, das Getöse

    des Alltags stürzte über sie herein und wurde zu einem ohrenbetäubendem Lärm, dem sie

    nichts entgegenzusetzen hatten als das stumme Spiel der Gewohnheit. Das Spiel, das sie durch

    Raum und Zeit schob wie Schachfiguren, langsam, bedacht und strategisch. Sie schickten ihre

    Derivate los, ihre Sekretäre und Stellvertreter, die die Beziehungsarbeit ordnungsgemäß

    ausführten, während ihre Kernsubjekte im Imaginären schwebten, jedes für sich selbst.

  • Berührungslos. In der Möglichkeitsform, im Konjunktiv, der von besseren Optionen träumt,

    von dem, was gewesen wäre, wenn. Und wenn nicht. Für das Reale waren ihre Surrogate

    zuständig, das eine brachte dem anderen eine Tasse Tee, lächelte artig und kraulte dem andern

    den Rücken. „Ich hab dich lieb“. Auch das lässt sich sagen mit beschränkter Haftung.

    Mission-Control: „Alles wunderbar.“ Früher noch, als ihre Körper ineinander fuhren, sich die

    Wunden leckten, und aneinander den Verstand verloren und das Wirkliche mit dem

    Möglichen verschmolz, da hörten sie das Ticken der Küchenuhr nicht und all die anderen

    Geräusche waren lächerlich. Minderwertige Geräusche, Hintergrundton. Nur das Blut, das

    Ticktack der rasenden Herzen, die sich synchronisierten, das spitze Geschrei, das Gestöhne,

    das waren die Sonntagsgeräusche der frühen Tage. Alles andere hielt die Klappe, beschämt

    und schamrot. Und jetzt, umgekehrt. Geschirr, Waschmaschine, alles zu laut. Zum

    Totschlagen. Mag sein, dass F. deshalb auf den Wald gekommen ist. Mag sein. Plötzlich

    jedenfalls war F. an den Sonntagen in den Wäldern zu finden, jenen nahegelegenen

    Walstücken, die von ihrer Wohnung zu Fuß zu erreichen waren. Wälder, die von Läufern und

    Spaziergängern bevölkert wurden, Flüchtlingen allgemein, die den Sonntagnachmittag

    scheuten, vielleicht sogar aus ähnlichen Gründen. Und dann nicht nur die Sonntage. Innerhalb

    kürzester Zeit zog es F. täglich in den Wald. Und nicht nur auf die ausgetretenen Wege, auch

    hinein ins Unterholz, ins Dickicht, ins Wilde. Dort, wo die Finsternis hockte, das

    ungewöhnliche Geräusch, der träge Schatten. Das Getier. Nach der Arbeit wählte er den

    Umweg über den Wald. Seiner Frau erzählte er nichts von seinen täglichen Streifzügen, er

    hatte das Gefühl, es wäre besser, dies zu verbergen. Eigentlich hatte er eher das Gefühl, seine

    Frau daran nicht teilhaben lassen zu wollen. An seinem neuen Leben. Als Waldmensch. Und

    er gab sich der Illusion hin, sie würde davon nichts bemerken. Was natürlich Unfug war, kam

    er doch schmutzig und stinkend nach Hause, mit Blättern im Haar. Der ausgestreckte

    Zeigefinger seiner Frau, der auf das beblätterte Haupt ihres Gatten wies, kam noch vor ihrer

  • stammelnden Frage: „Wo um Gottes willen bist du gewesen?“ Er zerbröselte die Antwort in

    einem akustischen Gebräu aus unverständlichen Lauten. „Wllwla…“ Seine Abneigung, ihr

    vom Wald zu erzählen, war größer als das ganze Wunderbare ihrer…. Fiel ihm jetzt das Wort

    nicht ein? Er wollte sie aus dem Wald draußen haben. Seinem Wald. Während der drei

    Wochen nun, in denen er täglich im Wald unterwegs war, ein zwei Stunden vielleicht, war

    ihm das Phänomen etwas vertrauter geworden. Wald, das war bislang nur ein Wort gewesen.

    Von den Gebrüdern Grimm, aus den Märchen, von schlimmen Geschichten, die seine Mutter

    ihm als Kind erzählt hatte. Von Männern, die darin sich vers teckten und lauerten. Aber die

    sinnliche Anschauung ist

    immer etwas anderes als

    der Begriff. Und deshalb

    begriff er auch, dass der

    Wald ein Stück

    unverkäufliche Seele war,

    die er in sich trug. So hat

    er es meinem Freund

    erzählt, mit diesen Worten.

    „Der Wald, das ist ein

    Stück unverkäufliche Seele

    in mir“. Und der hat das

    genauso mir erzählt. Dass

    F. zu solch Einsichten

    fähig war, daran war der

    Wald schuld. Ich hatte F.

    selbst drei, vier Mal

    getroffen und er schien mir

    ein sehr zurechtgerückter

    Mensch zu sein, einer, der

    Bügelfaltenhosen trug, mit

    deren Schärfe der die Welt

    entzweischnitt, in

    Dualismen auflöste, Gut,

    Böse, Gut, Schlecht,

    Brauchbar, Unbrauchbar

    und ewig so dahin. Für ein

    Dazwischen ist die Bügelfalte ungeeignet. Und für den Wald sowieso. Und es ist, so denke

    ich, zulässig, von der Bügelfalte auf eine Bewusstseinslage schließen zu dürfen, so exquisit

    und sprechend ist dieser Modus, das Beinkleid zu tragen. Und dieser Satz, den ihm der Wald

    eingeblasen hatte, der passte gar nicht zur Bügelfalte. Es musste tatsächlich etwas

    Entscheidendes in seinem Leben passiert sein. Etwas, das Menschen aus der Haut fahren lässt

    und Bügelfalten zum Glätten bringt. Wie immer man das ausdrücken will, das, was hier

    passiert ist, F. meinte es mit dem Satz „Der Wald ist ein Stück unverkäufliche Seele in mir“

    getroffen zu haben. Man könnte das sicher eleganter sagen, geschmeidiger, mit einem guten

    Glas Whiskey in der Hand. Für F. und seine Blätter im Haar war das der richtige Satz. Man

    sollte sich über Sätze, die Menschen für bedeutsam erachten, nicht lustig machen. Und mit

  • dieser Selbstbeschränkung ende ich hier auch, mit, man verzeihe mir, der zweiten

    Vorgeschichte. Denn auch diese hat mit dem nun Folgenden nur bedingt etwas zu tun.

    Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob F.s folgende geistige Zerrüttung nicht hier schon einen

    unumkehrbaren Verlauf genommen hatte. Im Nachhinein erscheint seine Waldphase als

    logisches Versatzstück in Fs. Entwicklung zum völligen Zusammenbruch.

    Vom Wald in die Berge ist es kein weiter Weg. Nicht geografisch, aber auch nicht

    metaphorisch. Nach einigen Monaten Wald war F. in den Bergen gelandet. Seine Frau, ihre

    Ehe war mittlerweile auf eine hart e

    Probe gestellt, beäugte seine

    Entwicklung mit stummer Sorge, denn

    jedes Wort, das sie an ihn, wenn es um

    Wald und Berge ging, richtete,

    quittierte er mit einem unwirschen

    Gebell, das so gar nicht seinem

    gewöhnlichen Naturell entsprach, war

    dies doch eher sanft und fromm

    gewesen. Vor dem Wald. Und vor den

    wilden Bergen. Seine körperliche

    Verfassung war im Zuge der vielen

    Waldaufenthalte hervorragend und je

    mehr er sich ins Vertikale wagte, desto

    zuverlässiger und kräftiger wurde sein

    Bewegungsapparat. Zwar lebte er noch ein

    bürgerliches Leben, ging zur Arbeit, blieb verheiratet, frühstückte sonntags mit den Töchtern,

    doch war es nur mehr ein seelenloses Pflichtstück, das er hier absolvierte, sein eigentliches

    Leben hatte mittlerweile einen ganz anderen Bezugspunkt. Er richtete sich auf die Wildnis

    ein. Würde er ganz Wildnis sein, würde er sein altes Leben hinter sich lassen. Vollständig und

    frohgemut. Das war sein Plan. Irgendwann in der Lage zu sein, sein Dasein zu fristen in der

    freien Natur. Dazu brauchte es natürlich strategischer Vorbereitung und einem intensiven

    Training. „So eine Verwilderung will geplant sein“, sagte er zu sich selber nicht ohne Witz

    und einem Rest ironischer Selbstdistanzierung. Was wiederum Anlass zur Unbekümmertheit

    geben hätte, können, im Nachhinein betrachtet. Denn der Mensch, der dazu in der Lage ist,

    die Idiotie seines eigenen Tuns zu begreifen, der ist sicher vor dem Zugriff des Wahnsinns.

    Diese kleinen luziden Phasen waren aber kurz, im Normalfall verzichtete F. auf das Mittel der

    Selbstreflexion, ja selbst auf die Sprache hielt er nichts mehr. Kam er von den Bergen nach

    Hause, warf er grunzend die Türe hinter sich zu. Und schwieg. Seine Frau, eine überaus

    geduldige Person, verharrte wohl stundenlang mit dem Ohr an seine Türe gedrückt, den

    Finger gekrümmt zum leisen Klopfen. In Sorge ihm zugetan. Und kaum klopfte ihr Finger

    tatsächlich zärtlich an, erhob drinnen F. seine Stimme zum wölfischen Geheul. Oder zum

    Wiehern, zum Knurren, manchmal erschallte ein Kuckuck, gelegentlich ein Uhu. Es waren

    die Tiere des Waldes, die seine Frau durch die Türe gedämpft zu hören bekam, nicht ihren

    Mann. Der in grauen Vorzeiten zufrieden war mit zwei geköpften Eiern am Sonntag. In den

    wunderbaren Zeiten. Wenn er nicht da war, war sie versucht, sein Zimmer zu untersuchen.

    Indizien zu finden, die seinen Zustand, seine Veränderung für sie erklärbar machen konnten.

  • An einem Sonntag nun, an dem er wieder frühmorgens wortlos in die Berge verschwunden

    war und alles auf ihn wartete, seine Frau, seine Töchter, selbst die zwei weich gekochten Eier,

    wie es schien, erbrachen sie nach gemeinsamen Beschluss die Türe zu seinem Arbeitszimmer.

    Man sagt, „die Augen gehen einem über“ und meint damit den Mehrwert des Unerwarteten,

    der sich in die Augen drückt. In diesem Fall gingen drei Augenpaare über, wenn man bei

    diesem Ausdruck bleiben will. Und er ist gar nicht so schlecht gewählt, wenn auch ein wenig

    abgenützt. F. hatte sein Arbeitszimmer zum Grüngürtel erklärt, aus ihm alle Anzeichen von

    Zivilisiertheit und Künstlichkeit entfernt, es aufgeforstet, Tannen und Fichten gepflanzt, mit

    Efeu experimentiert, Blätter und Moos aufgeschüttet, Lianen drapiert, kurz die Simulation

    von Wald im Innenraum erzeugt, wie sie unter dieses Umständen möglich ist. Sein Bett hatte

    er herausgerissen, etwas Stroh aufgeschüttet und sich eine Liegestatt gebaut. An den Wänden

    klebten topografische Karten, die er mit eigenen Bemerkungen und Einträgen versehen hatte.

    Depot, Schlafplatz, Höhle, Versteck… und andere Begriffe waren zu lesen. Am Boden fanden

    sich verstreut beschriebene Blätter, auf denen Listen von Werkzeugen, Lebensmittelvorräte,

    Anleitung zum Bau von Unterkünften, Finanzpläne und anderes zu lesen waren. Dann fand

    man noch Pamphlete, eine Art theoretische Absicherungsversuche seines veränderten

    Bewusstseinszustandes. Eines davon hieß „Kaufe nie!“ und enthielt eine Anleitung zur

    Veränderung der Gesellschaft auf der Basis von Konsumverzicht. Nichts Neues, wenn man

    will, aber im Kontext seiner Entwicklung bemerkenswert, war er doch in seinem Sein weit

    über die Theorie hinausgekommen. Man fand noch ein Schriftstück mit dem Titel „Haglöfs

    Spitz 2“, ein Loblied auf eine Funktionsjacke der schwedischen Firma für Outdoorbekleidung,

    in dem er die Vorzüge des Bekleidungsstückes zum Besten gab: extreme

    Widerstandsfähigkeit, atmungsaktiv, für alpine Einsätze konzipiert, verstärktes

    Rückenelement für Einsatz mit schwerem Rucksack.

    In selber fand man am nächsten Tag, nachdem seine Frau die Polizei alarmiert hatte. Er war in

    einem seiner Lager, das er in den Vorwochen angelegt hatte. In seinem Gesicht, ein breites

    Grinsen, das er gelegentlich unterbrach durch das Summen eines Liedes.

    hardstinger

  • ALLES AUF DEM WEG

    von Kerstin Putz

    I. MAIDON

    Maidon lag in ihrem Liegestuhl am Deck dieses qualmenden Dampfers: Ja, es war ein Schiff und es

    war groß. Wenn der Wind durch die Kleider fuhr – die schweren Mäntel und Röcke –, wusste man

    gewiss und gewisser (in kleinen Stufen), dass alles an diesem Bild falsch, alles daran aber auch

    bedingungslos konkret, nichts ausgedacht war: Diese Reise wurde angetreten, diese Passage führte

    durch einen ganzen Ozean, führte in ein ganzes unbekanntes, verbautes Gebiet. Maidon ließ die Bilder

    hektisch kommen wie Kaugummikugeln aus den Automaten in knalligen Farben, wirkte nach außen

    hin ruhig wie eh und je, ja praktizierte fast ihre Gelassenheit — wie Kindergärtner ihre Profession, wie

    Ärztinnen ihr Fach, wie Nachtwächter das ihre. Niemand aber nannte es Arbeit.

    Maidon ließ den Kopf nach hinten fallen, die Haut sich dort angenehm spannen. Heute in 10 Tagen,

    dachte sie, werde ich someone else sein, und das Beste daran: noone will notice.

    II. SYLVIE

    Am Bäumchen glitzern ihr die Blättchen / wie 2-Euro-Münzchen / wie Spieljetons. // Es ließe sich

    einsetzen ein ganzer Wald, ein ganzes grünes Gebiet: / für den doppelten Gewinn. // In Fernsehzeit

    gerechnet wär’n das viele lange Stunden, und – ja ! – all die wär’n wir live on air. / Und wie viele uns

    bewunderten, ließe sich maschinell messen und darstellen in Quoten und zeigen in Streifen und

    Sternen und Punkten.

    III. BERFIN & MARCEL

    Berfin ging mit Hund, ging stolz und vernünftig, ging durchs Kakteenfeld. (Die Laune war fast

    makellos gut.) Die nächste enge Passage war in Augenschein genommen vielleicht steiler und

    unwegsamer als zuvor auf der Karte besehen, und auch der Wind kam jetzt in Schüben, Berfins Atem

    schließlich ging: in kürzerer Frequenz. – Sie dachte an handverlesene, schön gewachsene Oliven, an

    exotische Käsesorten in kleinen Stücken, aufgespießt zu herrlichen Häppchen. All das, wusste sie, war

    unpassend, all das waren die schlechtesten Gedanken, all das log & trog.

    Marcel keuchte auf vier Pfoten, machte viele mühevolle Töne, immer mehr davon, noch mehr. Berfin

    redete zu. Ging voran. Fälschte die Gedanken auf dem Weg zum Mund zu maßvollen Worten, zu

    gewöhnlichen Sätzen. Beruhigte. Überall machten sie nun Halt: in der Steinwüste. In der Fata

    Morgana. Am Zwischenplateau. Im Zustand: Companions in crime.

    http://randnotizen.steirischerherbst.at/2014/10/01/alles-auf-dem-weg/

  • H a n d a p p a r a t

    Claudia Dathe und Andreas Rostek

    (Hrsg.): MAJDAN! Ukraine, Europa.

    Edition.fototapeta_Flugschrift: 2014.

    Ще не вмерла Україна

    [Schtsche ne wmerla Ukrajina] (Noch

    ist die Ukraine

    nicht gestorben)

    titelt die

    ukrainische

    Nationalhymne

    und ihr Text, der

    in der aktuellen

    Fassung mit den

    Worten Ще не

    вмерла України

    і слава, і воля

    [Schtsche ne

    wmerla Ukrajiny

    i slawa, i wolja]

    (Noch sind der Ukraine Ruhm und

    Freiheit nicht gestorben) tja, schmeckt

    irgendwie pelzig.

    Das dünne Bändchen holt uns mitten

    nach Kyjiw auf die Straße, auf den

    Majdan Nezaleschnosti Ende 2013,

    Anfang 2014, auf den

    Unabhängigkeitsplatz zu der anfänglich

    friedlichen Revolution gegen das

    korrupte Regime Janukowytsch. In 31

    kurzen Beiträgen tunken Schriftsteller,

    Historiker, Philosophen, Intellektuelle

    aus der Ukraine und anderen Ländern,

    auch Österreich, uns Leser in die

    Herzstücke der Auseinandersetzungen in

    Kyjiw auf dem Majdan, Charkiw oder

    Lwiw ein.

    „Geschichtsschreibung des Augenblicks“

    bezeichnen es die beiden Herausgeber,

    die Übersetzerin Claudia Dathe und der

    Verleger Andreas Rostek treffend. Die

    höchst unterschiedlichen und zutiefst

    persönlichen Texte sind Aufschreie über

    Leben in der heutigen Ukraine, die

    Unterschiede zwischen Ost und West im

    Land. Sie decken die erschreckenden

    Strukturen von Korruption und Gewalt

    auf, weisen aber auch auf viele

    historische Zusammenhänge hin und

    haben einen steten Bezug zu Europa.

    Letztendlich stellt sich fast jeder Autor

    den Fragen nach den Perspektiven für

    Veränderungen.

    Jaroslav Hrytsak, Taras Prochasko,

    Rebecca Harms, Tymothy Snyder, Jurij

    Andruchowytsch, Elmar Brok, Jörg

    Forbrig, Serhij Zhadan, Tamara

    Hundorowa u.a. analysieren und fragen,

    frei von jeglicher Propaganda-

    Stimmung, teils kritisch, teils

    ernüchternd wie es war, ist und

    weitergehen soll, immer im Kampf um

    eine bessere Zukunft.

    Der österreichische Schriftsteller Martin

    etwa zeigt in seinem Beitrag, erstmals

    im Standard erschienen, „Vor unseren

    Augen“ unerträgliche Bilder von Folter

    durch die ukrainischen Spezialeinheiten

    und gezielte Schüsse auf Demonstranten

    und Polizisten. Er erinnert an die

    Hoffnung der ukrainischen Menschen auf

    die Hilfe eines schreckerstarrten

    Europas, das nicht an der

    Schengengrenze ende.

    Der größte und nachhaltigste Kloß im

    Hals ist wohl der Text des jungen Andrij

    Ljubkas, der seine Gedanken auf dem

    Weg zu seiner ersten

    Demonstrationsteilnahme am 1.12.2013

    zu Papier bringt – zwischen unendlicher

    tiefer Enttäuschung und Wut auf diesen

    Staat und Liebe zu seinem Land und

    Hochachtung gegenüber den Menschen.

    Der 25jährige, der erst wenige Jahre

    vor dem Zusammenbruch der

  • Sowjetunion zur Welt kam und über

    keine eigenen Erinnerungen an die

    Lebenswirklichkeiten in einem

    totalitärem Staat verfügt, schreibt von

    der Absurdität, sich „plötzlich“ einem

    fremden Staat zu befinden, der Leute

    aufgrund differierender politischer

    Ansichten zusammenschlagen und

    ermorden lasse.

    Die Fassungslosigkeit und der Zorn

    Ljubkas sind kaum wiederzugeben.

    Kopfschüttelnd und hilflos besinnt er

    sicht, dass er doch im 21. Jahrhundert

    lebe, per Flugzeug in einen

    europäischen Staat reise, ein

    Smartphone in der Hosentasche, einen

    Laptop im Rucksack, sowie hunderte

    Freunde zu Hause und in sozialen

    Netzwerken, die Teil einer

    globalisierten, offenen Welt seien, habe

    und konstatiert dann bitter: „Die

    Ukraine ist nicht mein Staat.“ Darauf

    folgt eine schonungslose und

    ernüchternde Abrechnung mit den

    korrupten Verwaltungseliten des

    Landes, die bereits zu Sowjetzeiten an

    den Hebeln der Macht gesessen seien,

    ein Bericht über Stillstand,

    Unterfinanzierung der kommunalen

    Versorgung und sozialen Einrichtungen.

    Einmal noch

    wechselt der Ton

    und er beginnt

    von einer reifen

    ukrainischen

    Gesellschaft zu

    schwärmen, die nicht zerstören,

    sondern aufbauen wolle, auch wenn es

    mühsam sei und die Revolution einer

    „Sisyphosrevolution“ gleiche.

    „Egal wie die Ereignisse ausgehen, es

    wird leichter sein, die Ukrainische

    Sozialistische Sowjetrepublik zu

    zerstören, als danach eine neue Ukraine

    aufzubauen“, endet er schließlich.

    Leider war das Projekt Anfang Februar

    2014 bereits abgeschlossen, so dass die

    tragischsten Momente des Euromajdans

    zwischen dem 18. und 20. Februar 2014

    dort nicht beleuchtet werden konnten.

    Über ein Jahr ist nun vergangen, das

    Land kommt nicht voran im Kampf

    gegen die Korruption, ist quasi bankrott

    und ein dreckiger, grausamer und

    immer noch nicht offiziell erklärter

    Krieg vergießt weiter Blut und

    verhindert den Weg in die Freiheit und

    in die Selbstbestimmtheit.

    Dennoch hinkt diese Sammlung den

    aktuellen Ereignissen mitnichten

    hinterher, da sie so wichtige Fragen

    aufwirft und eine der wohl

    beeindruckendsten Textsammlungen zu

    diesem Umbruch, zu einer historischen

    Chance für Europa darstellt.

    Zur Vertiefung:

    - „Stereoscope Ukraine“: Am 20.2.

    startete eine fünfteilige Serie auf

    faz.net, 5 unterschiedliche Sichten auf

    den Krieg

    - Dimensionen - die Welt der

    Wissenschaft: Von West nach Ost.

    Komplexe Identitäten in der Ukraine.


    Mittwoch
11. März 2015
19:05.

    Gestaltung: Brigitte Voykowitsch

    - Jurij Andruchowytsch (Hrsg.):

    Euromaidan. Was in der Ukraine auf

    dem Spiel steht. Suhrkamp: 2014.

    - Mykola Rjabtschuk: Die reale und die

    imaginierte Ukraine. Essay. Edition

    suhrkamp: 2005.

  • Ich möchte überhaupt nicht 40 Jahre alt

    werden! Wenn ich es werde, möchte ich

    gerne Journalist oder Chirurg sein.

    Ich darf ja nicht verheiratet sein. Das

    ist nämlich das Schrecklichste, was

    es gibt (für mich). Ich müßte dann wahrscheinlich

    im Haushalt stehen und Kinder hüten.

    Ich möchte nicht wie meine Eltern oder

    Lehrer leben. Ich möchte verhältnis-

    mäßig frei sein. Also so weit das

    geht, wenn man in einem Beruf

    steckt. Freunde müssen viele um mich

    sein, Vor allem werde ich viel reisen.

    Aber hoffentlich werde ich nie 40 Jahre.

    Das ist doch schlimm! Weil es ab 40

    (für mich) abwärts geht. Man muß an den

    Tod denken. „Was ist, wenn man nicht mehr arbeiten

    kann?“ Man muß sparen für

    das „schöne hohe Alter.“ Nein! Danke!

    Die das als 13jährige in der Schule schrieb zum Thema ‚Ich mit 40 Jahren’, wurde inzwischen 51 Jahre

    alt. Sie ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und arbeitet als Sozialpädagogin. Sie liest viel und

    geht mit ihren Freundinnen auf Reisen.

  • DIE LITERARISCHEN NAHVERSORGER PRÄSENTIEREN: Richard Schuberth: liest aus "Chronik einer fröhlichen Verschwörung“"

    06.03. 20 Uhr: Theatersaal SchlierbachSchlierbach Eintritt: 10€/ Schüler und Studenten: 4 €

    Vorschau:

    18.04. Bettina Balaka liest aus "Unter Menschen" Theatersaal Schlierbach 20 Uhr 08.05. Daniel Glattauer liest aus "Geschenkt" Theatersaal Schlierbach 20 Uhr

    30.05. Teresa Präauer/Line Hoven

    Theatersaal Schlierbach 20 Uhr

    Die Literarischen Nahversorger

    Ein Projekt der Gemeinde Schlierbach

    Mail: [email protected] Web: literarischenahversorger.at

    Stingers: hardstinger.wordpress.com

    http://www.chbeck.de/Stavaric-Koenigreich-Schatten/productview.aspx?product=12260849http://www.chbeck.de/Stavaric-Koenigreich-Schatten/productview.aspx?product=12260849http://www.czernin-verlag.com/buch/hard-onhttp://nahversorger.blogspot.com/