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Digitalisierung studentischer Partizipation. Moderne Demokratietheorien und hochschulpolitische Praxis in Österreich Master Thesis eingereicht von Lisa Fuchs 0347142 zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science eingereicht an der Donau Universität Krems am Department für Politische Kommunikation im Rahmen des Universitätslehrgangs Politische Kommunikation Sommersemester 2009 bis Wintersemester 2010/11 betreut durch Dr. Christoph Bieber Wien, Februar 2011

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Digitalisierung studentischer Partizipation. Moderne Demokratietheorien und hochschulpolitische Praxis in Österreich

Master Thesis

eingereicht von Lisa Fuchs

0347142

zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Science

eingereicht an der Donau Universität Krems

am Department für Politische Kommunikation

im Rahmen des

Universitätslehrgangs Politische Kommunikation

Sommersemester 2009 bis Wintersemester 2010/11

betreut durch

Dr. Christoph Bieber

Wien, Februar 2011

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Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.

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Eidesstattliche Erklärung

Ich, Lisa Fuchs, geboren am 18. April 1985 in Steyr, erkläre,

1. dass ich meine Master Thesis selbständig verfasst, andere als die angegebenen

Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfen

bedient habe,

2. dass ich meine Master Thesis bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form

als Prüfungsarbeit vorgelegt habe,

3. dass ich, falls die Arbeit mein Unternehmen betrifft, meinen Arbeitgeber über Titel,

Form und Inhalt der Master Thesis unterrichtet und sein Einverständnis eingeholt

habe.

Wien, am 28. Februar 2011

____________________

(Lisa Fuchs)

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Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.

  3  

Abstract

Die Arbeit widmet sich dem Entstehungsprozess digitaler Partizipationsmöglichkeiten von

Studierenden in Österreich. Anhand dreier moderner Demokratietheorien wird das

Spannungsfeld hin zur praktischen Umsetzung diskutiert. Die Wahl der Österreichischen

HochschülerInnenschaft im Jahr 2009, bei der E-Voting erstmals in Österreich zur

Anwendung kam, die teilweise digital durchgeführten Urabstimmungen unter den

Studierenden über Sachfragen und die Protestbewegung unibrennt werden als Beispiele

herangezogen.

Die Untersuchung zeigt, dass die verschiedenen theoretischen Modelle der Beteiligung in

der Praxis keine optimalen Ergebnisse erzielen.

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Inhaltsverzeichnis  

1   Vorwort.................................................................. 8  2   Einleitung................................................................9  3   Digitale Demokratie .............................................. 12  4   Die kompetitive Demokratietheorie ...................... 14  4.1   Kommunikation  im  kompetitiven  Modell ......................................................................15  4.2   Digitale  Demokratie  im  kompetitiven  Modell ..............................................................16  4.3   Die  kompetitive  Demokratie  am  Beispiel  der  ÖH-­Wahl  2009 ................................17  4.3.1   Entstehungsprozess  der  Idee  elektronischer  Wahlen  in  Österreich......................... 17  4.3.2   Struktur  und  Durchführung  der  ÖH-­‐Wahl ............................................................................ 18  4.3.3   Durchführung  der  elektronischen  Wahl ................................................................................ 19  4.3.4   Im  Vorfeld  der  Wahl:  Pro  E-­‐Voting........................................................................................... 23  4.3.5   Im  Vorfeld  der  Wahl:  Contra  E-­‐Voting.................................................................................... 24  4.3.6   Ergebnisse  der  ÖH-­‐Wahl  2009................................................................................................... 27  4.3.7   Reaktionen  und  Evaluierung  des  E-­‐Votings ......................................................................... 29  4.3.8   Ausblick:  E-­‐Voting  in  der  Zukunft?........................................................................................... 32  

4.4   Ableitungen...............................................................................................................................33  

5   Die pluralistische Demokratietheorie....................34  5.1   Kommunikation  im  pluralistischen  Modell...................................................................34  5.2   Digitale  Demokratie  im  pluralistischen  Modell ...........................................................35  5.3   Die  pluralistische  Demokratie  am  Beispiel  studentischer  Urabstimmungen ...36  5.3.1   Die  Entstehung  studentischer  Mitbestimmung  über  Sachfragen ............................... 36  5.3.2   Die  gesetzliche  Grundlage  für  eine  Urabstimmung........................................................... 38  5.3.3   Die  einzige  bundesweite  Urabstimmung............................................................................... 38  5.3.4   Urabstimmungen  auf  Papier ....................................................................................................... 40  5.3.5   Digitale  Urabstimmungen ............................................................................................................ 41  

5.4   Ableitungen...............................................................................................................................43  

6   Die partizipatorische Demokratietheorie ..............45  6.1   Kommunikation  im  partizipatorischen  Modell............................................................46  6.2   Digitale  Demokratie  im  partizipatorischen  Modell ....................................................46  6.3   Partizipatorische  Demokratie  am  Beispiel  unibrennt...............................................47  6.3.1   Die  Entstehung  der  unibrennt-­‐Bewegung ............................................................................ 47  6.3.2   Organisationsstruktur  der  unibrennt-­‐Bewegung.............................................................. 48  6.3.3   unibrennt  online............................................................................................................................... 49  6.3.4   unibrennt  als  Protest  2.0 .............................................................................................................. 54  

6.4   Ableitungen...............................................................................................................................56  

7   Conclusio...............................................................59  8   Bibliographie......................................................... 61  8.1   Wissenschaftliche  Literatur ................................................................................................61  8.2   Andere  Quellen........................................................................................................................63  8.2.1   Presse .................................................................................................................................................... 63  8.2.2   Gesetzestexte ..................................................................................................................................... 65  8.2.3   Protokolle  und  Berichte ................................................................................................................ 66  8.2.4   Ausschließliche  Internetquellen ............................................................................................... 66  

 

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Abbildungsverzeichnis  Abb. 1: Die Architektur der elektronischen ÖH-Wahl ........................................................ 22

Abb. 2: Wahlbeteilung bei der ÖH-Wahl 2009 inklusive E-VoterInnen ............................. 28

Abb. 3: Austrian Internet Monitor: Ausstattung der österreichischen Haushalte .............. 52        

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Abkürzungsverzeichnis  Abb. Abbildung

Abs Absatz

AG AktionsGemeinschaft (ÖVP-nahe Studierendenorganisation)

AG Arbeitsgruppe bei der Audimax-Besetzung

ALB Alternative Basisliste (ehemalige linke Studierendenorganisation)

APA Austria Presse Agentur

Art Artikel

Audimax Auditorium Maximum (größter Hörsaal einer Universität)

BM:I Österreichisches Bundesministerium für Inneres

BM:WF Österreichisches Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung

BRZ Bundesrechenzentrum (IT-Dienstleister der Österreichischen

Bundesverwaltung)

BV Bundesvertretung der Studierenden (Organ der ÖH, das die

MandatarInnen, ReferentInnen der Exekutive, Vorsitzenden der

HochschülerInnenschaften an den Universitäten, der Pädagogischen

Hochschulvertretungen und der Fachhochschul-Studiengangsvertretungen

inkludiert)

B-VG Österreichisches Bundes-Verfassungsgesetz

ebd. Ebenda

EMRK Europäische Menschenrechtskonvention

et al. et alii/aliae/alia (und andere)

E-Voting Electronic Voting (elektronische Wahl)

FEST Fraktion engagierter Studierender (Klub von Fachhochschul-

StudiengangsvertreterInnen innerhalb der BV)

FH Fachhochschule

FLÖ Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs

FPÖ Freiheitliche Partei Österreichs1

FV Fakultätsvertretung

GRAS Grüne & Alternative StudentInnen2

Hg. HerausgeberIn

                                                                                                               1 Zwar müsste die Bezeichnung FLÖ im Text korrekterweise im Plural formuliert werden (z.B.: Die FLÖ sind in der ÖH vertreten.), im Sprachgebrauch der Organisation wird allerdings der Numerus Singular verwendet (z.B.: Die FLÖ ist in der ÖH vertreten.). 2 Zwar müsste die Bezeichnung GRAS im Text korrekterweise im Plural formuliert werden (z.B.: Die GRAS sind in der ÖH vertreten.), im Sprachgebrauch der Organisation wird allerdings der Numerus Singular verwendet (z.B.: Die GRAS ist in der ÖH vertreten.).

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  7  

HSG Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden (Hochschülerinnen-

und Hochschülerschaftsgesetz)

HSWO Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlordnung

idgF in der gültigen Fassung

JKU Johannes Kepler Universität Linz

KSV Kommunistischer StudentInnenverband (vor der Spaltung 2006)

KSV-KJÖ Kommunistischer StudentInnenverband – Kommunistische Jugend

Österreichs (nach der Spaltung 2006)

KSV-LiLi Kommunistischer StudentInnenverband – Linke Liste (nach der Spaltung

2006)

LSF Liberales Studentinnen und Studenten Forum

MUW Medizinische Universität Wien

NGOs Non-Governmental Organizations

ÖH Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (im

Sprachgebrauch der ÖH häufig Österreichische HochschülerInnenschaft)

ÖH Uni Graz Selbstbezeichnung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der

Karl-Franzens-Universität Graz

ÖH Uni Wien Selbstbezeichnung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der

Universität Wien

OTS Originaltextservice der APA

ÖVP Österreichische Volkspartei

SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreichs

StV Studienvertretung

Uni Universität

UV Universitätsvertretung (Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der

Universität)

vgl. vergleiche

VSStÖ Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs

WU Wien Wirtschaftsuniversität Wien

ZA Zentralausschuss der ÖH (ehemalige Bezeichnung der BV)

z.B. zum Beispiel

ZP Zusatzprotokoll

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1 Vorwort

Mein Dank gilt all jenen, die mir das Studium der Politischen Kommunikation und die

Umsetzung der vorliegenden Master Thesis ermöglicht und mich dabei unterstützt haben.

Allen voran seien hier Lehrgangsleiter Peter Filzmaier sowie mein Betreuer Christoph

Bieber erwähnt.

Außerdem danke ich meiner guten Freundin und jahrelangen Weggefährtin Nina

Abrahamczik für das sprachliche Lektorat und ihr politikwissenschaftliches Feedback

sowie meinem Vorgesetzten im Zeitraum des Lehrgangs, Georg Brockmeyer, der mir als

Kommunikationschef der Wirtschaftsagentur Wien den Weg zum Masterlehrgang

Politische Kommunikation geebnet hat und mir in diesem Fachbereich tagtäglich vor

Augen geführt hat, wie dieser in der Realität umzusetzen ist. Ich danke meinen Eltern

Marianne Fuchs und Horst Hinterreitner ebenso wie meinen engen FreundInnen dafür,

dass sie in der Intensiv-Zeit des Verfassens der Arbeit meine soziale Inaktivität akzeptiert

haben.

In finanzieller Hinsicht danke ich dem Renner-Institut, der Wirtschaftsagentur Wien und

der datenwerk innovationsagentur gmbh für ihre monetären Anteile an meinem

Stipendium für den Masterlehrgang.

Und nicht zuletzt sei hier das Kollektivarbeitskonzept „Studierzimmer“ lobend erwähnt –

eine Schreibgemeinschaft Gleichgesinnter mit konsultativem und freundschaftlich

überwachendem Charakter. Danke Andi, Andi, Hannes, Ingrid, Kathi, Markus, Nina,

Pascal und Vinz.

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Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.

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2 Einleitung  

„Keine Sorge, die schönsten Sachen im Leben gehen auch nach wie vor nur offline.

Aber alles was die digitale Demokratie angeht, wollen wir mal auf den Kopf stellen und neu denken.“

(Heuermann/Reinhard 2009, 9)  Tatsächlich, das Web stellt alles auf den Kopf. Es mischt sich plötzlich in die

Medienlandschaft ein: Zeitungen und Zeitschriften kreieren Websites, legen Facebook-

Profile an, lassen Applikationen für iPhones und iPads programmieren, twittern die

neuesten Meldungen, bieten Podcasts an, stoßen in den Inseratenmarkt mit

Bannerschaltung vor, binden Videocasts ein und verlinken all das noch miteinander.

Fernsehstationen stellen ihre Sendungen online zur Verfügung, lassen die ZuseherInnen

über das Programm mitentscheiden, rufen zum Voting per Mausklick für die besten

DiskutantInnen beim Polit-Talk auf, beantworten in Live-Sendungen per Mail, Twitter und

Facebook eingelangte Fragen. Radiosender veröffentlichen ihre Playlists, Musikwünsche

werden über Social Networks eingefangen und die ModeratorInnen rufen On-air dazu auf,

sie als friends auf Facebook zu adden.

Das Web mischt sich plötzlich in die Politik ein: Parteien stellen Social Media Beauftragte

ein, inkludieren Online-Task-Forces in ihre Kampagnen-Teams, legen Flickr- und

Youtube-Accounts an, produzieren virale Mitgliederwerbespots und lassen sich bei E-

Votings digital wählen. Verwaltungen vernetzen ihre MitarbeiterInnen via Intranet, die

einander und ihre GeschäftspartnerInnen wiederum auf Xing ausfindig machen. NGOs

rufen via Facebook zum Spenden auf, eröffnen Blogs und erfinden sensibilisierende

Online-Minigames. Protestbewegungen mobilisieren SympathisantInnen via Social Media,

übertragen Diskussionen zeitecht in Ton und Bild mit Livecastings, dokumentieren ihr

Wissen in eigenen Wikis und gewähren Einblicke in Demonstrationen mit TwitPics.

Und nicht zuletzt mischt das Web sogar sich selbst auf: Netzpolitik ist ein eigenes

Politikfeld geworden, das sich der gesamten Web-Klaviatur bedient.

Sie alle liken, sharen, posten, comparen, adden, ignoren, followen, tweeten, retweeten,

commenten, createn, embedden, loaden up, loaden down, taggen, bloggen, linken und

trackbacken.

Zwar spinnt sich das Netz nicht derart engmaschig wie oben gezeichnet, es entwickelt

sich dennoch zu einer Querschnittsmaterie. Die Informations- und

Kommunikationstechniken weiten auch ihren Einfluss auf politische Information, politische

Partizipation und politische Kommunikation immer mehr aus. Was dies für die Demokratie

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Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.

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bedeutet und ob wir für die Verschmelzung von Digitalität und Politik schon bereit sind,

soll diese Arbeit zeigen.

Die Digitalisierung der studentischen Partizipation meint freilich nicht das Einscannen von

Studierenden, sondern stellt eine Metapher für den Veränderungsprozess der

Mitbestimmungsformen dar. Die rasche Entwicklung im Informations- und

Kommunikationsbereich durch die Etablierung elektronischer Medien bringt die Politik in

Zugzwang. So werden neue Modelle der Beteiligung auf digitalem Weg erarbeitet und

getestet. Dieser politische Prozess der Digitalisierung soll hier am Beispiel der

österreichischen Studierendenpolitik gezeigt werden.

Die institutionalisierten direktdemokratischen Partizipationsmöglichkeiten von

Studierenden an österreichischen Hochschulen halten sich in Grenzen. Zum Beispiel

kann alle zwei Jahre kann im Rahmen der Wahl der Österreichischen

HochschülerInnenschaft (ÖH) votiert werden. Theoretisch besteht auch die Möglichkeit

der Mitbestimmung über Sachfragen durch sogenannte Urabstimmungen unter den

Studierenden. Und darüber hinaus können selbstverständlich eigeninitiativ Projekte und

Aktionen gestartet werden, um die studentische Umwelt mitzugestalten.

Die politische Digitalisierung nimmt eine spannende Rolle in der studentischen

Mitbestimmung ein. Welche das ist und wie es dazu kam, soll in der vorliegenden Arbeit

thematisiert werden. Dabei ist zu beobachten, ob ein Spannungsfeld zwischen dem

Anspruch der Demokratietheorien und der praktischen Umsetzung entsteht.

Die vorliegende Analyse orientiert sich dabei an drei verschiedenen Modellen der

modernen Demokratietheorie, die den politischen Prozess jeweils unterschiedlich

skizzieren, da die Normen, die AkteurInnen und deren Verhalten in jedem der Modelle

unterschiedliche Ausgangssituationen für eine weiterführende Ableitung darstellen.

Beleuchtet werden soll vor allem die Rolle der Kommunikation in den jeweiligen Modellen.

Insbesondere der Stellenwert des Internets und der neuen Medien steht im Zentrum

dieser Arbeit.

Diskutiert werden die kompetitive, die pluralistische und die partizipatorische

Demokratietheorie. Zwar haben diese theoretischen Modelle nicht den Anspruch, eine

Anleitung für reale politische Systeme darzustellen, dennoch soll die vorliegende Arbeit

anhand dreier politischer Praxisbeispiele aus der jüngeren Geschichte der

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Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.

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österreichischen Hochschulpolitik zeigen, dass die Anwendung modellhafter Theorien auf

reale Situationen durchaus analytischen Wert hat.

So soll anhand des kompetitiven Modells die ÖH-Wahl 2009 analysiert werden. In diesem

Modell, das das politische System mit jenem der Wirtschaft vergleicht und den Gang zur

Wahlurne aus Sicht der WählerInnen wie eine Kosten-Nutzen-Rechnung erscheinen lässt,

steht der Wahlkampf im Mittelpunkt des Interesses. Die Einführung des in Österreich

erstmaligen E-Votings ist somit im Kontext des ökonomischen Vergleichs ein zentraler

Faktor für die Analyse.

Urabstimmungen der Österreichischen HochschülerInnenschaft – vor allem jene an der

Karl-Franzens-Universität in Graz 2009 und an der Johannes Kepler Universität Linz 2006

– dienen als Beispiele für die pluralistische Demokratietheorie. Diese beschreibt als

Kernelement des Modells den Wettstreit der Ideen. Die beiden Urabstimmungen von 2006

und 2009 erscheinen aufgrund der elektronischen Stimmabgabe als geeignete

Untersuchungsobjekte.

Anhand des Demokratiemodells partizipatorischen Charakters wird die unibrennt-

Bewegung rund um das Wiener Audimax im Herbst/Winter 2009 analysiert. Die Parallelen

zwischen Modell und Praxisbeispiel sind hier vor allem in der basisdemokratischen

Organisationsstruktur der Protestbewegung und der Kommunikationskultur der Bewegung

zu finden. Denn so wie das partizipatorische Modell vorsieht, wurde auch im Wiener

Audimax versucht, an jeder erdenklichen Schnittstelle einer Entscheidung die Möglichkeit

zur Beteiligung zu implementieren.

An dieser Stelle sei vermerkt, dass sich in der Auswahl der Literatur unter 74 AutorInnen

nur 15 Frauen befinden. Wer sich nicht aktiv auf die Suche nach weiblichen

WissenschafterInnen im Themenkomplex Politik und Internet macht, wird mit großer

Wahrscheinlichkeit nicht zufällig über sie stolpern. Umso mehr ein Grund, die vorliegende

Arbeit geschlechtergerecht zu formulieren. Sprache schafft Bewusstsein, daher wird die

generische Maskulinformulierung in dieser Arbeit nicht zu finden sein. Stattdessen werden

personenbezogene Substantive mit Binnen-Majuskel versehen. Zitate verbleiben

selbstverständlich im Original.

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3 Digitale Demokratie Digitale Demokratie ist ein Konzept, das moderne, repräsentative Demokratien ergänzt

und bereichert. Sie schafft politische Prozesse und Strukturen, die durch das Internet

möglich und erwünscht geworden sind. Die digitale Demokratie soll also keinesfalls

bestehende politische Systeme oder Strukturen aushebeln, sie hat aber sehr wohl

Auswirkungen auf diese und die politische Kultur (vgl. Meißelbach 2009, 75-77). „Digitale

Demokratie bedeutet im Kern, politische ‚Signale’ und Informationen auf neuen Kanälen

zu senden.“ (Siedenschlag 2003, 13)

Digitale Demokratie unterscheidet sich von der elektronischen Demokratie und der

Cyberdemokratie zum einen dadurch, dass der Begriff „digital“ semantisch das Internet

als zentrales Element sieht und sich somit auch von anderen Informations- und

Kommunikationstechniken abgrenzt. Zum anderen versucht das Konzept der digitalen

Demokratie sein Hauptaugenmerk darauf zu legen, welche kommunikativen Potentiale

eine Demokratietheorie in sich trägt. Das Konzept ist theorieübergreifend und findet seine

Bedeutung erst in der Kombination mit einer der Demokratietheorien (vgl. Meißelbach

2009, 75-77).

Der Forschungsstand im Bereich der Theorien rund um das Zusammenspiel von Internet

und Demokratie hat im letzten Jahrzehnt gezeigt, dass den meisten Arbeiten eine

optimistische Ausgangsposition zugrunde lag. Potentiale wurden häufig nur aus der Sicht

einer günstigen, oft der partizipatorischen Demokratietheorie heraus betrachtet und

interpretiert. Die Fronten zwischen den Netz-OptimistInnen und den Netz-PessimistInnen

verhärteten sich dadurch. In der jüngsten Vergangenheit hat sich der Diskurs auf eine

wertfreiere Ebene verlagert. Das Büro für Technikfolgenabschätzung am Deutschen

Bundestag spricht 2006 vom „zweiten Blick auf die Rolle des Internets“ (Meißelbach 2009,

75 nach Grunwald et al. 2006). Potentiale werden nun weitgehend differenziert analysiert

und das Konzept der digitalen Demokratie setzt sich durch (vgl. Meißelbach 2009, 75-77).

Meißelbachs Aufarbeitung der digitalen Demokratie auf theoretischer Ebene mit einem

Fokus auf die Offenlegung der kommunikativen Potentiale kann aufgrund seines

mangelnden Praxisbezugs durchaus kritisiert werden. Nicht zuletzt da ein solcher zeigen

hätte können, dass der Einfluss der Digitalisierung auf die Politik bereits Auswirkungen

gezeigt hat und die digitale Demokratie im politischen Prozess, den Strukturen und

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Inhalten – zum Beispiel bei der Erschließung neuer Politikfelder wie jenem der digitalen

BürgerInnenrechte – bereits Fuß gefasst hat (vgl. Bieber 2010).

 

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4 Die kompetitive Demokratietheorie  Die Beschreibung der kompetitiven Demokratie, auch Konkurrenzdemokratie (vgl. Saage

2007), beruht in erster Linie auf Joseph Schumpeter (1950) und Anthony Downs (1968).

Schumpeter beschreibt moderne repräsentative Demokratien als ein Wettbewerbssystem

zwischen rationalen politischen Eliten. Das Schiedsgericht ist hierbei die Bevölkerung, die

in regelmäßigen Wahlen letztendlich über die Machtverteilung urteilt. Die Gewählten und

somit Legitimierten erhalten die Aufgabe, gesellschaftliche Herausforderungen zu

meistern – mithilfe politischer Prozesse und durch die Verwaltung.

Ein Merkmal der kompetitiven Demokratie, das besonders für die Frage nach den

kommunikativen Potentialen wichtig erscheint, ist die große Distanz zwischen den

BürgerInnen und deren RepräsentantInnen (vgl. Meißelbach 2009, 78-80). Damit

einhergehend attestiert Schumpeter der Bevölkerung ein niedriges politisches Interesse,

das von ihm allerdings als sinnvoll bewertet wird, da der/die BürgerIn zur Lösung von

politischen Problemen nicht rational genug sei, um über diese entscheiden zu können.

Schumpeter setzt in seiner Theorie daher auf Seiten der Regierenden auf die Qualität der

politischen Führung und auf der Seite der Regierten auf das Einhalten der gemeinsamen

Spielregeln. Damit Schumpeters kompetitives Modell funktioniert, müssen die

WählerInnen dennoch ein hohes intellektuelles und moralisches Niveau mit sich bringen

und das demokratische Regelwerk akzeptieren. Die politischen Führungseliten müssen

hoch qualifiziert sein und die Bürokratie effizient. Downs sieht zwei weitere Probleme, die

für das Funktionieren der kompetitiven Demokratie gelöst werden müssen.

Zum einen wird der Sinn der Wahl aus Sicht der WählerInnen in Relation zum eigenen

Aufwand gesetzt. Der Ökonom Downs vergleicht das politische System mit jenem des

Markts, auf dem die Parteien als Unternehmen zu sehen sind, die den KundInnen

(WählerInnen) ihr Produkt (das politische Programm) verkaufen wollen und ihr Interesse

in der Maximierung des Kapitals (der Stimmen und somit des Einflusses und der Macht)

liegt. Ist der Preis („Informationsbeschaffung, Meinungsbildung, zur Wahl gehen“

(Meißelbach 2009, 79)), unverhältnismäßig hoch, so wird gar keine Kaufentscheidung

getroffen. Analog bedeutet dies, dass der/die WählerIn der Wahl fern bleibt. Buchstein

sieht 2005 damit Hand in Hand gehend eine sinkende Wahlbeteiligung.

Das zweite Problem liege darin, dass die politische Führung immer mehr auf die

Emotionalisierung des Politischen setze. „Die Langfristigkeit und Nachhaltigkeit von

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Politik, und damit ihre Effizienz, kann dadurch nachhaltig beeinträchtigt werden“, so

Meißelbach (2009, 79) im Bezug auf Buchstein.

Kritik an der Theorie Schumpeters wurde in mehreren Punkten geübt. Da Schumpeter die

Demokratie als Methode oder Mittel aber nicht als Wert an sich definierte, seien

beispielsweise Minderheiten nicht vor benachteiligenden Entscheidungen der Elite gefeit.

So sei durch den demokratischen Prozess keine freie Diskussion und Assoziation

gewährleistet, sie könnte im schlimmsten Fall sogar durch ein demokratisches Verfahren

mit Verfolgung geahndet werden (vgl. Saage 2007, 257).

 Auch Downs´ Modell musste sich mit dekonstruktiver Argumentation konfrontiert sehen.

So ergibt sich in seiner Logik folgendes Paradoxon: Wenn das kapitalistisch orientierte

System seine ökonomischen Eliten reproduziert und somit lediglich jene BürgerInnen mit

finanziell starkem Background durch ihre Wahl den eigenen Einfluss in der Politik

gestärkt, also den Nutzen optimiert sehen, so scheint für die weniger kapitalstarken

BürgerInnen der Nutzen ihres Urnengangs noch geringer. Da diese aber die Masse der

BürgerInnen ausmachten, sei das System im Zusammenbruch begriffen. Als Replik auf

diese Kritik räumt Downs später ein, dass sein „homo oeconomicus-politicus“ nicht

durchgehend die eigene Nutzenmaximierung im Zentrum des Interesses sehe, sondern

durchaus durch ein soziales Verantwortungsgefühl motiviert sein könne. Der Begriff des

Nutzens wird somit um einen ideellen, nicht messbaren Faktor erweitert (vgl. Saage 2007,

258).

 

4.1 Kommunikation im kompetitiven Modell  Im Mittelpunkt des kompetitiven Demokratiemodells steht aus kommunikativer Sicht die

Entscheidung zwischen den wahlwerbenden Gruppen, also die Wahl und vor allem der

Wahlkampf und die Kampagnen davor. Die Parteien, die sich im Zentrum sehen, treten in

einer One-to-many-Kommunikation an die WählerInnen (Peripherie) heran – meist mithilfe

der Massenmedien. Mittlerweile kann hier in einigen Formen auch das Internet

miteinberechnet werden. Van Dijk beschreibt 2000 in diesem Zusammenhang die immer

größer werdende Bedeutung von zielgruppenspezifischen Kampagnenmethoden, um weg

vom Gießkannen-Prinzip hin zu einer klientelorientierten Walkampfstrategie die

entsprechenden WählerInnengruppen mit den Botschaften der Parteien zu erreichen.

Besonders der Online-Wahlkampf kann sich hier ob der großen Menge an Information, die

die RezipientInnen erreichen, als große Herausforderung darstellen (vgl. Meißelbach

2009, 80-82).

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  16  

Meißelbach glaubt nicht daran, dass die Wahlinformationen, die dem/der WählerIn via

Internet zur Verfügung stehen, ein attraktiveres Angebot darstellen, als es die klassischen

Massenmedien bieten. Er spricht zwar von einem grundsätzlich leichteren Zugang zu

Information und auch die Tatsache, dass das Web den UserInnen die Möglichkeit gibt, im

Anschluss an eine allokutive Kampagne mehr Details im Internet zu erfahren,

unterstreicht er. Dennoch müsse sich der/die WählerIn selber aktiv auf die Suche nach

der Information machen. Jene allerdings, die sich für Newsletterdienste der Parteien

eintragen oder in sozialen Medien wie Facebook die Information via Fanpage-Like quasi

abonnieren, würden laut Meißelbach regelmäßige und preiswerte Up-dates sowie

Hintergrundinformationen erhalten. Ob diese tatsächlich differenziert ausfallen, wie

Meißenbach schreibt, darf bezweifelt werden, zumal das Interesse der jeweiligen

wahlwerbenden Gruppe darin liegt, die eigene Partei als beste Wahlalternative

darzustellen. Auch ob der Einsatz sozialer Medien mit den Gegebenheiten der

kompetitiven Demokratietheorie überhaupt vereinbar ist, kann infrage gestellt werden,

zumal Schumpeter von einem Zentrum-Peripherie-Modell ausgeht, bei dem die Partei im

Zentrum steht und das wichtigste Informationsflussmuster die Allokution darstellt. Ein Web

2.0-Tool wie Facebook allerdings, sieht den/die UserIn im Mittelpunkt und lebt davon,

eben nicht von einer One-to-many-Kommunikation dominiert zu werden.

4.2 Digitale Demokratie im kompetitiven Modell  Meißelbach visualisiert die digitale Demokratie im kompetitiven Modell tabellarisch

anhand der eingesetzten Mittel, deren Zweck, der Rolle der beteiligten AkteurInnen und

dem jeweils dahinter stehenden Informationsflussmuster (Meißelbach 2009, 82, Tabelle

7.1).

Wahlkampagnen werden von in Konkurrenz zueinander stehenden Parteien und

KandidatInnen für BürgerInnen organisiert. Infokampagnen für BürgerInnen mit dem

Hintergrund der Stabilität und Transparenz werden von Regierung und Verwaltung

ausgerichtet. Beide Kampagnenarten tragen das Informationsflussmuster der Allokution in

sich.

Das Muster, das hinter öffentlichen Informationsdiestleistungn steht ist die Konsultation

mit dem Zweck der Transparenz. BürgerInnen interagieren hier wechselseitig mit der

Regierung beziehungsweise mit den Parteien und KandidatInnen.

Das Mittel der Verwaltung wird mit dem Zweck der Effizienzsteigerung und

Rationalisierung beschrieben, während den Wahlen die Idee der Repräsentation,

Partizipation und Effizienz zugrunde liegt. Die beteiligten AkteurInnen sind sowohl bei

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  17  

Wahlen als auch in der Verwaltung die Regierung, die Verwaltung selbst und natürlich die

BürgerInnen. Das beschrieben Informationsflussmuster ist die Registration.

 

4.3 Die kompetitive Demokratie am Beispiel der ÖH-Wahl 2009

 Anhand des Beispiels der Wahl der Österreichischen HochschülerInnenschaft soll im

Folgenden analysiert werden, inwiefern die Annahmen des theoretischen Modells einer

kompetitiven Demokratie in der Realität zutreffen. Die Wahl 2009 eignet sich insofern, da

in Österreich erstmals die Möglichkeit der rechtsgültigen elektronischen Wahl zum Einsatz

kam.

 Anthony Downs geht 1968 in seinem ökonomischen Vergleich der Politik mit dem Markt

davon aus, dass der/die BürgerIn die Entscheidung, ob er/sie an einer Wahl teilnimmt, wie

eine Kaufentscheidung trifft. Fällt die Kosten-Nutzen-Rechnung für ihn/sie positiv aus, so

nimmt er/sie an der Wahl teil. Wenn nicht, dann nicht. Die Einführung der elektronischen

Wahl birgt daher theoretisch zweierlei Potentiale: Zum Einen kann auf der Seite des

Staates bei einer breiten Nutzung ein hohes Maß an Kosten im Bereich Personal (vor

allem bei der Auszählung der Stimmen) und Infrastruktur eingespart werden. Und auch

„(..) für den Bürger können die Opportunitätskosten für den Wahlakt massiv sinken.“

(Meißelbach 2009, 81)

Auch in Österreich wird die Einführung der elektronischen Wahl seit geraumer Zeit ins

Auge gefasst. Auch hier sind als Gründe für das Vorhaben mögliche Einsparungen im

Bereich der WahlhelferInnen und die Entlastung von Wahlvorständen genannt. Durch die

digitale Auszählung kann es zu einer erheblichen Kostenreduktion kommen, die

Auszählung kann schneller und weniger fehleranfällig vom Statten gehen (vgl. Rittler

2003, 14-16). In der Realität hat sich jedoch in der jüngsten Vergangenheit gezeigt, dass

weder die Einsparungen auf staatlicher Seite durch die Einführung der elektronischen

Wahl gegeben waren, da die elektronische Wahl zusätzlich und nicht statt der Papierwahl

statt fand, noch dass die Wahlbeteiligung gestiegen wäre, wie das folgende Beispiel zeigt.

4.3.1 Entstehungsprozess der Idee elektronischer Wahlen in Österreich

Bei der Wahl der Österreichischen HochschülerInnenschaft 2009 war die elektronische

Stimmabgabe erstmals in Österreich rechtsgültig möglich. Die Idee dafür wurde jedoch

bereits fast ein Jahrzehnt zuvor geboren, als im Jahr 2000 die erste rechtsgültige

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Internatwahl Europas an der Universität Osnabrück in Deutschland durchgeführt wurde.

Die ÖH-Bundesvertretung, damals unter Führung der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft

stellte im selben Jahr erstmals die Forderung nach einer Distanzwahl. Diese wurde in

Form der Möglichkeit der elektronischen Wahl in einer gemeinsamen Projektgruppe mit

dem Ministerium weiterverfolgt. Die Idee der Briefwahl konnte damals in der Diskussion

nicht Fuß fassen. Die Projektgruppe plante, eine Pilotwahl an der Wirtschaftsuniversität

Wien durchzuführen, bei der die Studierenden mithilfe einer Signaturkarte ihre Stimme

abgeben sollten. Das Projekt scheiterte allerdings an der verzögerten Ausstattung der

Studierenden mit ebendiesen Karten. 2003 organisierte die Forschungsgruppe E-

Voting.at an der WU Wien parallel zur ÖH-Wahl eine Schattenwahl unter den WU-

Studierenden. Das Experiment wurde 2004 bei der Bundespräsidentschaftswahl

wiederholt. Die Erfahrungen der Forschungsgruppe veranlassten den damaligen

Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) eine interministerielle Arbeitsgruppe einzurichten, die

den Auftrag hatte, zu evaluieren, wie und ob die Einführung der elektronischen Wahl in

Österreich Sinn mache. Das E-Voting bei den ÖH-Wahlen 2009 sollte als Testlauf dienen.

So steht seit 2004 und nach wie vor auf der Website des österreichischen

Bundesministeriums für Inneres geschrieben:

„In der österreichischen Bundesverfassung besteht derzeit keine geeignete Rechtsgrundlage für Wahlen auf elektronischem Weg („E-Voting“). Dies gilt sowohl für Modelle einer Stimmabgabe mittels eines Terminals im Wahllokal, als auch für Formen der Stimmabgabe über Internet oder über ein anderes externes Medium. Im BM.I wird die Entwicklung auf diesem Gebiet im Inland (z.B. im Bereich von Körperschaften wie der Österreichischen Hochschülerschaft) und im Ausland dennoch genau beobachtet.“3

Bei der Regierungsbildung der großen Koalition im Jahr 2007 fand das Thema E-Voting

auch erstmals im Regierungsprogramm Beachtung. SPÖ und ÖVP einigten sich darauf,

dass eine mögliche Einführung der elektronischen Wahl näher untersucht werden sollte.

Den Grundstein für die erstmalige Umsetzung einer rechtsgültigen elektronischen Wahl

setzte ÖVP-Wissenschaftsminister Johannes Hahn im Mai 2007 als er bekannt gab, bei

den ÖH-Wahlen 2009 E-Voting als Alternative zur Papierwahl anzubieten (BM:WF 2010,

6-7).

4.3.2 Struktur und Durchführung der ÖH-Wahl  Die Wahlen der Österreichischen HochschülerInnenschaft finden alle zwei Jahre statt.

Geregelt sind diese im Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden

(Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998), wobei vor allem

                                                                                                               3 BM:I Online: E-Voting. http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_wahlen/wahlrecht/E_Voting.aspx, 28.02.2011.

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im Bezug auf die Wahlen die Novellierung im Jahr 2005 ausschlaggebende Neuerungen

brachte.

Durch die ÖH-Wahl werden die Organe der Österreichischen HochschülerInnenschaft

gewählt und entsendet. Das passive Wahlrecht ist ordentlichen Studierenden, die EWR-

BürgerInnen sind, vorbehalten. Aktiv wahlberechtigt sind alle ordentlichen Studierenden

unabhängig ihrer StaatsbürgerInnenschaft. Sie entscheiden in einer Persönlichkeitswahl

über ihre Studienvertretung (StV). Diese entsendet Mitglieder in fakultative Organe, die

dem Organisationsplan der Universität entsprechen (zB Fakultätsvertretungen (FV),

Fachbereichsvertretungen, Departementvertretungen, etc.). Die direkte Entscheidung für

eine Fraktion, also das Listenwahlrecht, findet in der Wahl der Hochschülerinnen- und

Hochschülerschaften an den Universitäten – auch Universitätsvertretungen (UV) genannt

– statt. Die Mandate werden nach dem d´Hondtschen Verfahren verteilt. Das Ergebnis der

UV-Wahl ist ausschlaggebend für die Zusammensetzung der Bundesvertretung der

Studierenden (BV).

Die Universitätsvertretung der Studierenden ist berechtigt, im Rahmen ihrer Satzung

weitere Organe entsprechend dem Organisationsplan der Universität (zB

Fakultätsvertretung, Fachbereichsvertretung, Departementvertretung, etc.) einzurichten.

Sie hat in der Satzung festzulegen, von welcher Studienvertretung Studierende in diese

Organe zu entsenden sind. Bei der Festlegung der Zahl der von den einzelnen

Studienvertretungen zu entsendenden Vertreterinnen und Vertretern ist die Anzahl der

Studierenden des jeweiligen Studiums zu berücksichtigen.

4.3.3 Durchführung der elektronischen Wahl

Das HSG regelt die Möglichkeit der elektronischen Wahl wie folgt:

HSG § 34. (4) „(..) bei der Durchführung der Wahlen auf elektronischem Weg [ist] die Abgabe der Stimme den Wahlberechtigten auf elektronischem Weg zu ermöglichen. Das zum Einsatz kommende System muss den Sicherheitsanforderungen elektronischer Signaturen gemäß dem Signaturgesetz entsprechen und unter Berücksichtigung der Anforderungen des Datenschutzgesetzes 2000 an die Datensicherheit so ausgestaltet sein, dass die Einhaltung aller in Abs. 1 aufgezählten Grundlagen und die Erfüllung der in § 39 Abs. 1 festgelegten Aufgaben der Wahlkommission auch bei der elektronischen Wahl gewährleistet ist.“

Die in § 34. (1) angeführten Grundlagen beziehen sich im Sinne des „allgemeinen4,

gleichen5 und geheimen6 Verhältniswahlrechtes“ und der persönlich7 auszuübenden Wahl

                                                                                                               4 siehe auch Art 26 Abs 1 und 4 B-VG

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auf die Österreichische Bundesverfassung (B-VG) und das erste Zusatzprotokoll der

Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Diese sehen weiters das

unmittelbare8 und freie9 Wahlrecht vor.

Die genaue Durchführung der ÖH-Wahl 2009 wurde durch die Hochschülerinnen- und

Hochschülerschaftswahlordnung 2005 – HSWO 2005, geregelt.

HSG §48. (2) „Die Bundesministerin oder der Bundesminister kann nach Anhörung des Datenschutzrates durch Verordnung festlegen, dass bei den Wahlen die Stimmabgabe auch auf elektronischem Weg möglich ist. Dabei muss sichergestellt werden, dass insbesondere die Anforderungen des § 34 erfüllt werden, damit die Funktionalität des elektronischen Wahlsystems alle Anforderungen an herkömmliche Wahlen in die Organe der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft in zumindest gleicher Weise sicherstellt. Weiters bleibt die Teilnahme an der Wahl mittels elektronischer Stimmabgabe freiwillig, die Stimmabgabe im Rahmen konventioneller Wahl muss weiterhin möglich sein.“

 Zusätzlich muss der/die BundesministerIn für Wissenschaft eine Verordnung10 zu den

Wahltagen erlassen, die unter anderem das Wahldatum beinhaltet. Die Durchführung der

Stimmabgabe auf elektronischem Weg fand von 18. bis 22. Mai 2009 statt, von 26. bis 28.

Mai konnte auf Papier gewählt werden. Die Ergebnisse beider Wahlen durften frühestens

nach Schluss des letzten Wahllokals am letzten Wahltag bekannt gegeben werden.

 Die HSWO 2005 sieht eine detaillierte Regelung des Ablaufs der elektronischen ÖH-Wahl

vor. Die Begrifflichkeiten, wie sie in der Wahlordnung verwendet werden, sind genau

definiert:

HSWO 2005, 1. Abschnitt, § 1: „Im Sinne dieser Verordnung gilt als 1. E-Voting: Stimmabgabe im elektronischen Weg gemäß § 34 Abs. 4 HSG 1998 als Distanzwahl unter Nutzung des Internets; 2. Internet-Portal: Präsenz im Internet, die als zentraler Einstiegspunkt für die Benutzerinnen und Benutzer dient, die sich über E-Voting informieren oder ihre Stimme mittels E-Voting abgeben wollen; 3. Elektronisches Wahlsystem: Hardware- und Softwaresystem zur Durchführung von E-Voting; 4. Wahlserversoftware: Programm, das im Rahmen von E-Voting von der Wahlkommission zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben herangezogen wird; 5. Client: Lokales Softwaresystem bei der Wählerin oder dem Wähler zur Stimmabgabe mittels E-Voting;

                                                                                                               5 siehe auch Art 26 Abs 1 B-VG 6 siehe auch Art 26 Abs 1 B-VG; 1. ZP EMRK 7 siehe auch Art 26 Abs 1 B-VG 8 Art 26 Abs 1 B-VG 9 Art 26 Abs 1 B-VG; 1. ZP EMRK 10 Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Wahltage und die sich daraus ergebenden Fristen sowie über die Zahl der von den Universitätsvertretungen, Pädagogischen Hochschulvertretungen und Fachhochschul- Studienvertretungen zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter in die Bundesvertretung der Studierenden für die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlen, 2009, http://www.bmwf.gv.at/fileadmin/user_upload/Verordnungsentwurf.pdf, 28.02.2011.

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6. Wahladministrationssystem: Hardware- und Softwaresystem zur Unterstützung der Wahlkommission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben während der durchzuführenden Wahl.“

Diese Begrifflichkeiten stellen gleichzeitig die Architektur dar (vgl. Abb.1): Die für die

WählerInnen relevanten Komponenten des elektronischen Wahlsystems sind die Internet-

Portale und der Client. Über das Internet-Portal kann der/die WählerIn Informationen

einholen. Diese Funktion nahm bei der ÖH-Wahl 2009 die Website www.oeh-wahl.gv.at

ein. Dort fanden die WählerInnen aber nicht nur Wissenswertes über das E-Voting,

dessen Sicherheit und den Ablauf der elektronischen Wahl, sondern auch Fakten über

den ÖH-Wahlmodus im Allgemeinen, über die ÖH-Fraktionen sowie die

Mandatsverteilung innerhalb der ÖH bei den vergangenen zwei Wahlen. Vor allem im

Zusammenhang mit der Down´schen Kosten-Nutzen-Rechnungstheorie eine spannende

Tatsache, denn das Einholen von wahlrelevanter Information und die Abgabe der Stimme

erforderten lediglich das Aufrufen dieser einen Seite. Die Zielgruppe dieser Website

waren aber nicht nur jene Studierenden, die elektronisch wählen wollten, sondern auch

jene, die das nicht vorhatten.

Über das Internet-Portal konnte dann während der fünf Tage der elektronischen Wahl

zusätzlich auch die Stimme abgegeben werden. Die Vorraussetzung war allerdings der

Besitz einer BürgerInnenkarte und eines passenden Lesegeräts zur Identifizierung und

Authentifizierung. Für jene Studierende, die diese ohnehin hatten, stellte die elektronische

Wahl somit definitiv ein Ersparnis an Zeit und Aufwand dar, für jene, die keine besaßen,

löste es einen Mehraufwand aus. Die Stimmabgabe erfolgte über den Client.

Die Wahlserversoftware (zugekauft vom Anbieter Scytl) und das

Wahladministrationssystem dienten der Wahlkommission zur Administration der Wahl,

von der Eingabe der wahlwerbenden Gruppen bis hin zur Auswertung der Stimmen. Die

Unterkommissionen der Wahlkommission, also jene Teilorganisationen, die an den

Wahltagen der Papierwahl die einzelnen Wahllokale betreuten, arbeiteten ebenfalls mit

dem Wahladministrationssystem, weil dieses auch das WählerInnenverzeichnis

beinhaltete. Dieses musste zwar auch in Papierform vor Ort aufliegen, die Identität und

Wahlberechtigung der WählerInnen wurde aber im Abgleich des elektronischen und des

Papierverzeichnises durchgeführt. Besondere Vorsicht mussten die Unterkommissionen

bei der Überprüfung der Wahlberechtigung walten lassen, da Personen mit dem Vermerk

„E-Voting“ im WählerInnenverzeichnis ihre Stimme selbstverständlich kein zweites Mal in

Papierform abgeben durften.

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Abb. 1: Die Architektur der elektronischen ÖH-Wahl

(Eigene Darstellung. Quelle: HSWO 2005, 1. Abschnitt, § 1)

Die Anonymität des/der WählerIn soll „durch geeignete Methoden (z.B. blinde Signaturen,

homomorphe Verschlüsselung, Mixer)“ (HSWO 2005, § 64 (2)) sichergestellt werden.

Umgesetzt wurde dies letztendlich mithilfe eines kryptographischen Protokolls bei der

Auszählung, das mit jenem der Briefwahl zu vergleichen ist (BM:WF 2010, 5).

Die Website www.oeh-wahl.gv.at des Bundesministeriums für Wissenschaft und

Forschung bot auch eine Anleitung zur elektronischen Stimmabgabe. Zur

Identitätsüberprüfung bei der elektronischen Wahl mussten die WählerInnen über eine

aktivierte BürgerInnenkarte und ein Kartenlesegerät verfügen. Für nähere Informationen

verweist die Seite an mehreren Stellen auf die Website www.buergerkarte.at. Eine weitere

Vorraussetzung waren ein Computer oder Notebook mit Internetzugang und aktuellem

Virenscanner, Firewall und Java-Version. www.oeh-wahl.gv.at bot zudem ein

Selbstdiagnosetool, das per Mausklicke eruierte, ob das eigene Endgerät für die

Durchführung des E-Voting geeignet war.

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Die Schritte zur Durchführung der Wahl waren wie folgt beschrieben11: Zu Beginn wurden

die UserInnen auf das Feld „Zur elektronischen Stimmabgabe“ verwiesen und mussten im

Anschluss die eigene Universität auswählen. Es folgten Anweisungen zum Einsatz der

BürgerInnenkarte: Das Lesegerät musste an den Computer angeschlossen sein, die

BürgerInnenkarte musste in das Lesegerät gesteckt werden. Die Anleitung zur

Identitätsfeststellung lautete:

„Sie haben nun die Möglichkeit die Online-BKU (Bürgerkartenumgebung; empfohlen) oder die Lokale Bürgerkartenumgebung zu nutzen. (Hinweis: Die Online BKU (empfohlen) braucht keine weiteren Voraussetzungen. Hinweis: Bei der lokalen Bürgerkartenumgebung ist es notwendig, dass sie (sic!) zuerst eine lokale Bürgerkartensoftware installieren (erhältlich unter http://www.buergerkarte.at/de/voraussetzungen/software.html)). Danach werden Sie zur Eingabe des 4-stelligen PIN-Codes aufgefordert, um sich zu identifizieren. Das kann einige Sekunden dauern! Als nächstes bestätigen Sie ihre (sic!) Identität durch Ihre elektronische Unterschrift, die Sie mit der Eingabe des 6-stelligen PIN-Codes durchführen.“12

Im Anschluss an die Überprüfung der Wahlberechtigung wurde zuerst der elektronische

Stimmzettel für die Wahl der Universitätsvertretung mit dem Hinweis einer

wahlwerbenden Gruppe die Stimme zu geben angezeigt. Danach konnten die

WählerInnen ihren StudienvertreterInnen die Stimme schenken. Den Vermerk, unter

welchen Umständen die Stimme ungültig ist, hatten die elektronischen WählerInnen den

PapierwählerInnen voraus. War einE StudentIn an mehreren Universitäten inskribiert, so

wurde dieser Vorgang für die andere(n) Universitäten wiederholt. Zuletzt wurden den

UserInnen zur Kontrolle noch einmal alle elektronischen Stimmzettel im Überblick

angezeigt. Den Abschlussakt der elektronischen Wahl bildete eine eidesstattliche

Erklärung, bei der der/die UserIn bestätigen musste, dass er/sie die Stimme persönlich,

unbeobachtet und unbeeinflusst abgegeben hatte. Zur Überprüfung, ob die Stimme

angekommen sei, wurde den Studierenden der sogenannte „Stimmencheck“ (APA 2009c)

empfohlen:

Nach erfolgreicher Speicherung Ihrer Stimme zeigt Ihnen das Wahlsystem Ihren Prüfcode und den zugehörigen Bestätigungscode an. Bitte notieren bzw. kopieren Sie sich diese Codes, um damit nach der Wahl zu überprüfen, ob Ihre Stimme gezählt wurde.13

4.3.4 Im Vorfeld der Wahl: Pro E-Voting

Der Wahlkampf im Vorfeld der ÖH-Wahl 2009 war thematisch nicht nur von klassischen

hochschulpolitischen Fragen geprägt, sondern auch der oben beschriebene Wahlmodus

                                                                                                               11 ÖH-Wahl-Seite des BM:WF: E-Voting Kurzanleitung. http://www.oeh-wahl.gv.at/Content.Node/33092_71.html, 28.02.2011. 12 ebd. 13 ebd.

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war ein umstrittenes Thema. Stellung bezogen nicht nur Personen und Organisationen,

die direkt in die ÖH involviert waren, sondern ein breiter Kreis an WählerInnen sowie

PlayerInnen innerhalb der österreichischen Politik- und Medienlandschaft.

85 Prozent der Studierenden befanden Anfang des Jahres 2009 E-Voting bei den ÖH-

Wahlen für „eine gute Sache“ (APA 2009d). Das Wissenschaftsministerium beauftragte

Meinungsforscher Peter Hajek damit, 600 Studierende zu diesem Thema zu befragen.

Nur zwölf Prozent hielten E-Voting für „weniger gut“ (ebd.). Diese Gruppe wurde als

„politisch Involvierte“ und „Informierte“ identifiziert. Sowohl die Zahl der KritikerInnen, als

auch jene der BefürworterInnen stieg im Vergleich zum Vorjahr leicht. Laut der Studie

wisse aber bereits jedeR zweite Studierende von der Existenz der elektronischen Wahl

(vgl. ebd.).

Innerhalb der hochschulpolitischen Landschaft stand lediglich die ÖVP-nahe

Aktionsgemeinschaft der digitalen Wahl positiv gegenüber. Sie würde das „E-Voting

kritisch beobachten, jedoch keine blinde Blockade-Politik betreiben“ (APA-OTS 2009).

Ähnlich war das Verhalten der Parteien. Lediglich die ÖVP, also die Partei von

Wissenschaftsminister Hahn, trat öffentlich als Fürsprecherin der elektronischen Wahl auf

(BM:WF 2010, 110).

 

4.3.5 Im Vorfeld der Wahl: Contra E-Voting

Große Teile der ÖH-Bundesvertretung lehnten die Internet-Wahl ab. Die WählerInnen

seien durch die Einflussmöglichkeit Dritter gehindert ihre Stimme geheim abzugeben (vgl.

APA 2009a). In erster Linie waren es die linken Fraktionen und die Hochschulgruppen

technischer Fachbereiche, die ihre Kritikpunkte an der elektronischen Wahl lautstark

kommunizierten. Vor allem auf jenen Studierendenvertretungsebenen, an denen besagte

Unigruppen in Regierungsfunktion waren, nutzte man auch die ÖH um Negative

Campaigning zu machen. Anfang April starteten die linken Fraktionen ihre Kampagne

gegen das E-Voting. Dazu gehörte auch, sicherzustellen, dass die Minderheitsregierung

der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft in der ÖH-Bundesvertretung nicht entgegen der

mehrheitlich E-Voting-feindlichen Stimmung innerhalb der BV Werbung für die

elektronische Wahl machte. So konnte sich der VSStÖ mit einem Antrag in einer Sitzung

der BV durchsetzen, der vorsah in der Maiausgabe der bundesweiten ÖH-Zeitschrift „Uni-

Versum“ einen Schwerpunkt über die Schattenseiten der elektronischen Wahl zu

veröffentlichen. Zudem durften keine redaktionellen oder gekauften Beträge wie Inserate,

die sich für E-Voting positionierten, in der Zeitschrift Platz finden (vgl. APA 2009f).

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Die grün-rot-rote ÖH Uni Wien produzierte beispielsweise einen Video-Spot mit den Titel

„Spot E-Voting“14, in dem sie dazu aufrief, das Wahlkreuz auf Papier zu machen. Ihre

Kampagne unter dem Titel „Mach dein X lieber in der Wahlkabine“ wurde auch von

Plakaten und anderen Druckwerken begleitet. Bereits im Jahr 2007 sprach sich die ÖH

Uni Wien im Rahmen einer Stellungnahme15 gegen E-Voting aus: „Die geplante

Einführung des so genannten E-Votings ist sowohl für die Hochschülerinnen- und

Hochschülerschaftswahlen als auch für alle anderen Wahlen abzulehnen“, hieß es da.

Sollte die elektronische Wahl gegen den Willen der ÖH eingeführt werden, werde die ÖH

dies boykottieren, was zwei Jahre später auch umgesetzt wurde. Die Kritikpunkte16 der

ÖH Uni Wien reichten von der Einschränkung der BürgerInnenrechte auf freies und

geheimes Wahlrecht bis zur Warnung vor Überwachung und Manipulierung der

Stimmabgabe. Die ÖH Uni Wien verwies außerdem auf den Rücktritt der

Wahlkommissionsvorsitzenden der Uni Wien, Gerda Marx, die gemeinsam mit ihrem

Stellvertreter aufgrund von datenschutzrechtlichen Bedenken bezüglich der

elektronischen Wahl ihr Amt niederlegte.17 In einer Reihe von Presseaussendungen im

Vorfeld der ÖH-Wahl thematisierte die Studierendenvertretung die Schattenseiten der

elektronischen Wahl immer wieder. Eine der Kernbotschaften, die immer wieder

getrommelt wurde, brachte Sophie Wollner (VSStÖ) vom Vorsitzteam der ÖH Uni Wien

auf den Punkt: „Die Studierenden an der Uni Wien dürfen ihres Verfassungsrechts auf

geheime und persönliche Stimmabgabe nicht beraubt werden, um bei Hahns Testläufen

Versuchskaninchen zu spielen.“18

Die Fachschaftslisten Österreichs (FLÖ) prangerte die Nutzung der Studierendendaten

durch das Bundesrechenzentrum (BRZ) an. Sie kritisierten das BRZ zudem aufgrund der

Beauftragung des spanischen Software-Unternehmens Scytl, das in der Vergangenheit in

anderen Ländern schon mehrmals negativ evaluiert wurde. Scytl war nach der

Ausschreibung abgelehnt worden, dennoch kaufte das BRZ die Wahlsoftware und die

dazugehörenden Dienstleistungen von Scytl zu. Das Wissenschaftsministerium

entgegnete die Korrektheit des Vergabeverfahrens (vgl. APA 2009b).

                                                                                                               14 oehuniwien auf YouTube, 06.05.2009: Stop E-Voting. http://www.youtube.com/watch?v=qNw5BjKMNyI&feature=player_embedded, 28.02.2011. 15 ÖH Uni Wien Online: Stellungnahme der ÖH Uni. http://www.oeh.univie.ac.at/politik/e-voting-oeh-wahl/stellungnahme-der-oeh-uni-wien.html, 28.02.2011. 16 ÖH Uni Wien Online: E-Voting bei der ÖH-Wahl. http://www.oeh.univie.ac.at/politik/e-voting.html, 28.02.2011. 17 ÖH Uni Wien Online, 23.03.2009: ÖH Uni Wien fordert Aus für e-Voting. http://www.oeh.univie.ac.at/politik/e-voting-oeh-wahl/presseaussendungen/pa-23-03-2009.html, 28.02.2011. 18 ebd.

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Die GRAS ortete eine „gravierende Gefährdung des Datenschutzes“ (APA 2009e). Sie

suchte bei der Datenschutzkommission um eine Prüfung des E-Votings an und betonte,

dass es „keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung von E-Voting"

(ebd.) gebe. Wenige Wochen vor der ÖH-Wahl kündigten GRAS und Grüne eine

Anfechtung des E-Votings an. Die damalige Spitzenkandidatin der GRAS und spätere

Vorsitzende der ÖH, Sigrid Maurer, ging damals davon aus, dass der

Verfassungsgerichthof (VfGH) ihr Recht geben würde, zumal VfGH-Präsident Gerhart

Holzinger zuvor bereits Kritik am Wahlmodus geäußert hatte. Unterstützung bekam

Maurer auch von Daniela Musiol, Verfassungssprecherin der Grünen: „Derzeit kenne ich

(..) kein System, bei dem die demokratiepolitischen Voraussetzungen gewährt sind." (APA

2009g)

Die GRAS versuchte aber nicht nur mit rechtlichen Schritten gegen das E-Voting

vorzugehen, sondern kampagnisierte das Thema auch. So machten die grünen

Studierenden zum Beispiel mit der Website www.oeh-wahlen.at/ auf die

Manipulationsgefahr bei der elektronischen ÖH-Wahl aufmerksam. Die graphisch ähnlich

wie www.oeh-wahl.gv.at gestaltete Seite sollte eine Persiflage der Wahlseite des

Ministeriums sein. Robert Krimmer, der E-Voting-Zuständige des

Wissenschaftsministeriums sprach indes von WählerInnenverunsicherung (vgl APA

2009g-i). Die Persiflage wurde auch im Evaluierungsbericht des BM:WF (2010, 28)

erwähnt.

Gleich zu Beginn der elektronischen Wahltage machte der VSStÖ auf Fehler auf den

elektronischen Stimmzetteln aufmerksam: Kurzbezeichnungen der Fraktionen würden

fehlen und einzelne wahlwerbende Gruppen seien mit einem falschen Namen angeführt

(APA 2009h). Der VSStÖ forderte den Abbruch der elektronischen Wahl. Den Fehler bei

der Übertragung der Kandidaturen gestand Krimmer zwar ein, einen Abbruch der Wahl

verneinte Bernhard Varga, der Leiter der Bundeswahlkommission, allerdings (APA 2009i-

j).

Die Mutterparteien der Unifraktionen positionierten sich, wenn auch in der Tonalität

anders, inhaltlich sehr ähnlich ihrer jeweiligen Studierendenorganisationen. Grüne und

FPÖ lehnten E-Voting grundsätzlich ab, SPÖ und BZÖ zeigten sich zwar elektronischen

Mitbestimmungsformen gegenüber offen, kritisierten sehr wohl aber die konkrete

Umsetzung. Die vier genannten Parteien stützten sich allesamt auf das

demokratiepolitische Argument der Gefährdung der freien und geheimen Wahl und

warnten vor der möglichen Einflussnahme auf den/die WählerIn (FPÖ) oder vonseiten des

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Computersystems (Die Grünen). Sie alle bemängelten zudem die Projektdurchführung im

Bezug auf „die Auswahl der durchführenden Unternehmen, (die) mangelnde rechtliche

Basis, (die) Lücken in den Sicherheitsvorkehrungen und (die) Fehler in der

Dateneinspielung (Stimmzettel etc.)“ (BM:WF 2010, 110).

Verfassungsjurist Heinz Mayer kritisierte eine mögliche Manipulation des Wahlvorgangs

aufgrund fehlender kontrollierender ExpertInnen (vgl. APA 2009a). Im Bezug auf die

Anfechtbarkeit der Wahl wegen der mangelhaften Formulierung der elektronischen

Stimmzettel argumentierte Mayer mit der HSWO, in der geschrieben stehe, dass die

Internet-Stimmzettel "in größtmöglicher Anlehnung" an die Papier-Stimmzettel zu

gestalten seien, was in diesem Fall nicht gegeben sei. Mayer sah bereits zum Zeitpunkt

der ÖH-Wahl 2009 eine „(..) große Chance auf Aufhebung (..)“ dieser (APA 2009k).

Zahlreiche unabhängige Initiativen begleiteten die Vorwahlzeit. Hervorzuheben ist hierbei

die wahrscheinlich größte Aktion, die Internet Plattform http://papierwahl.at/, die sich mit

dem Slogan „Wissen Sie, was in einem Wahlcomputer wirklich passiert?“ schmückt. Die

InitiatorInnen waren zwei E-Voting KritikerInnen der Technischen Universität Wien, die

Unterstützung durch die HTUs Wien und Graz, sowie die ÖH Uni Graz bekamen und

sogar in einer Kooperation mit den deutschen Chaos Computer Club agierten. Als

Motivation für ihre Mash-up-Seite geben die BetreiberInnen an:

„Dieses Weblog ist als eine Sammlung von Beiträgen zu elektronischen Wahlen entstanden und bietet Bürgern die Möglichkeit sich über die Risiken von elektronischen Wahlen zu informieren. Wir wollen nicht unbedingt E-Voting generell und unreflektiert ablehnen, wir wollen informieren und bei aller Technikverliebtheit auch Schwachstellen und Probleme der neuen Wahlmethoden aufzeigen. Die Motivation für diese Seite waren die vielen Seiten der E-Voting-Gegenbewegungen im Ausland (siehe E-Voting-Blogs) und einer fehlenden Gegenstimme mit entsprechendem Gegengewicht zu den Befürwortern von elektronischen Wahlen in Österreich.“19

4.3.6 Ergebnisse der ÖH-Wahl 2009  Abbildung 2 zeigt im Folgenden wie die Wahlbeteiligung bei der ÖH-Wahl 2009 an den

jeweiligen Universitäten und insgesamt ausfiel. Vor allem weil der Einführung des E-

Votings im Vorhinein eine steigende Wahlbeteiligung attestiert wurde, ist die Betrachtung

der Ergebnisse im Hinblick auf die Wahlbeteiligung aufschlussreich. Speziell ausgewiesen

wird in der Tabelle die Höhe der elektronischen Wahlbeteiligung.

                                                                                                               19 papierwahl.at: Über. http://papierwahl.at/about/, 28.02.2011.

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  28  

Abb. 2: Wahlbeteilung bei der ÖH-Wahl 2009 inklusive E-VoterInnen

 

   

(Quelle: BM:WF 2010, 89-99)

Die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen fiel 2009 noch geringer aus, als in den Jahren

davor. Von den insgesamt 230.528 wahlberechtigten Studierenden gaben 59.392 ihre

Stimme ab, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 25,76 Prozent aller

Wahlberechtigten. Davon entschieden sich 57.231 Studierende (24 Prozent aller

Wahlberechtigten), ihre Wahl auf Papier in einer Wahlkabine zu treffen. Nur 2.161

Studierende (0,94 Prozent) bevorzugten die elektronische Stimmabgabe. Den höchsten

Anteil an E-VoterInnen konnte in realen Zahlen die Wirtschaftsuniversität Wien mit 525

Stimmen, also 2,46 Prozent verbuchen – trotz der Tatsache, dass die WU Wien nur die

Universität mit der viertgrößten Zahl an Wahlberechtigten war. Prozentuell an den

Wahlberechtigten gemessen, erreichte die Montanuniversität Leoben mit 4,18 Prozent E-

VoterInnen den Spitzenwert. An der Veterinärmedizinischen Universität Wien, der

Akademie der bildenden Künste und der Universität für künstlerische und industrielle

Gestaltung Linz hingegen wählte nicht einmal einE StudentIn elektronisch.20

                                                                                                               20 Bei der Auszählung der elektronischen Stimmen am 28. Mai 2009 sprach Robert Krimmer noch davon, dass an sieben Universitäten keine einzige Person elektronisch gewählt hätte (APA 2009m), der Evaluierungsbericht weist lediglich drei Universitäten mit null elektronischen Stimmen auf. Jene fünf Universitäten, an denen nicht mehr als drei Personen elektronisch gewählt haben, mussten besagte acht

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  29  

Aufgrund der Ergebnisse der Wahlen an den einzelnen Universitäten ergab sich für die

Legislaturperiode 2009 bis 2011 folgende Mandatsverteilung nach d´Hondt für die

Bundesvertretung der Studierenden: AG: 22, GRAS: 15, FLÖ: 15, VSStÖ: 8, KSV-KJÖ: 1,

RFS: 1, Mach´s: 1, KSV-LiLi: 1, CLEMENTINE: 1, sonstige: 4. Die restlichen 16 Mandate

hatten VertreterInnen der Fachhochschulen inne. Gesamt ergibt das eine Mandatszahl

von 85 Mandaten.21 Ein amtliches Wahlergebnis lag allerdings nicht wie bei vergangenen

Wahlen kurz nach Schluss der Wahllokale vor. Verzögerungen löste die elektronische

Wahl bei der Auszählung an der Universität Graz aus. Das endgültige Wahlergebnis

konnte erst einen Tag nach Ende der Wahlen bekannt gegeben werden (vgl. APA 2009p).

Die Koalition innerhalb der BV ergab sich letztendlich nach mehreren Wahlgängen bei der

konstituierenden Sitzung der ÖH-Bundesvertretung, in der sich am Ende die GRAS

gemeinsam mit dem FH-Klub FEST durch Unterstützung des VSStÖ, der auch aktiv an

der Exekutivarbeit mitwirkte, durchsetzte.22

4.3.7 Reaktionen und Evaluierung des E-Votings

Trotz der aufgezeigten Mängel und der geringen Quote der elektronischen

Wahlbeteiligung resümierte der Sprecher von Wissenschaftsminister Hahn am letzten Tag

der elektronischen ÖH-Wahl das E-Voting positiv: „Unser erstes Ziel, dass die Wahlen

technisch korrekt und ohne Störungen verlaufen, haben wir zu hundert Prozent erfüllt."

(APA 2009l) Und auch Robert Krimmer zog am Ende der Wahlen eine positive Bilanz: „(..)

es habe lediglich "kleinere Probleme" gegeben, etwa bei Studenten, deren Familienname

mit einem Umlaut beginnt.“ (APA 2009n) Wissenschaftsminister Johannes Hahn zeigte

sich wegen der „Patzer“ ebenfalls gelassen (APA 2009o).

Aus dem bürgerlichen Lager waren nach den ÖH-Wahlen 2009 in erster Linie

Glückwünsche an die AktionsGemeinschaft zu vernehmen. Grüne und FPÖ erklärten das

„E-Voting-Experiment“ als gescheitert. „Die Wahlbeteiligung ist (..) noch weiter gesunken

                                                                                                               Studierende auffordern erneut zur Wahl zu erscheinen, und diesmal in Papierform zu wählen. Die elektronischen Stimmen würden somit verfallen. Gesamt kann also von acht Universitäten gesprochen werden, an denen kein E-Voting stattgefunden hat. Die Medizinische Universität Innsbruck mit drei E-Votes wird in der Liste der APA nicht angeführt. 21 ÖH-BV Online, http://www.oeh.ac.at/#/organisation/oeh-wahl/archiv-wahlergebnisse/ergebnisse-bundesvertretung-2009/, 28.02.2011. 22 vgl. derstandard.at, 29.06.2009: GRAS-Kandidatin Sigrid Maurer neue Studenten-Chefin. http://derstandard.at/1245820341514/OeH-GRAS-Kandidatin-Sigrid-Maurer-neue-Studenten-Chefin?seite=7, 28.02.2011.

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und das kostspielige E-Voting wurde so gut wie gar nicht in Anspruch genommen", so

Grünen-Verfassungsprecherin Musiol (vgl. APA 2009q).

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung veröffentlichte im März 2010

einen Evaluierungsbericht über das „E-Voting bei den Hochschülerinnen- und

Hochschülerschaftswahlen 2009“ (BM:WF 2010). Die Evaluierung erfolgte in gemischter

Form: Die interne Evaluierung wurde von der E-Voting.CC gGmbH – Kompetenzzentrum

für elektronische Wahlen und Partizipation, IVM Institut für Verwaltungsmanagement

GmbH und der TU Wien INSO – Forschungsgruppe Industrial Software durchgeführt. Für

die externe Evaluierung zeichnete SORA – Institute for Social Research verantwortlich.

Sämtliche Partnerinstitutionen der internen Evaluierung waren aber auch an der

Umsetzung des Projekts beteiligt23. Das Ministerium war für das Projektmanagement

zuständig, die E-Voting.CC wurde aufgrund ihrer „E-Voting-Kompetenz und Erfahrung“

(ebd. 8) unterstützend hinzugezogen, die Jobdescription der IVM siedelte sich ebenfalls

im Bereich des Projektmanagements an und die INSO bearbeitete die technischen und

sicherheitsrelevanten Aspekte.

Die AutorInnen des Berichts sprechen gleich zu Beginn davon, dass der Einsatz von E-

Voting „eines der anspruchsvollsten E-Governance-Projekte des Jahres 2009“ gewesen

sei (BM:WF 2010, 5). Von Anfang an war man sich der Herausforderung und der

Konsequenzen bewusst. So heißt es in der Management Summery des Berichts:

„Da es sich bei den Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlen um admi- nistrativ sehr herausfordernde Wahlen handelt, stellte neben der technischen Implementierung die Anpassung der rund um die Organisation der Wahlen notwendigen Prozesse eine besondere Herausforderung dar. Durch dieses Pilotprojekt konnten so für den österreichischen Rechtsrahmen angepasste Standardprozesse entwickelt werden, die auf Basis der gemachten Erfahrungen für zukünftige Projekte weiter optimiert werden können.“ (BM:WF 2010, 5)

Die deklarierten Ziele für das Projekt E-Voting bei den ÖH-Wahlen lassen sich in drei

Schwerpunkte zusammenfassen. Erstens sollte die elektronische Wahl etabliert und ein

Diskurs darüber ausgelöst werden. Zweitens sollte die Beteiligung an der Wahl erleichtert

werden (Stichwort Auslandssemester, Berufstätige, Studierende mit Behinderung, etc.).

Und drittens sollte mithilfe des E-Votings die Quote der BürgerInnenkartenbesitzerInnen

unter den Studierenden erhöht werden. (BM:WF 2010, 7)24

                                                                                                               23 Die Presse Online berichtet am 3. März 2010 über den Evaluierungsbericht der BM:WF, „(..) den unter anderem jenes Unternehmen selbst erstellt hat (..)“, das an dem Projekt mitgewirkt hat. Zwar spricht die Presse hier nur von einem der Unternehmen, der Kritikpunkt der Eigenbewertung wird jedoch angeführt. (vgl. Die Presse Online, 03.04.2010: ÖH-Wahl 2011: Aus für die Online-Wahl. http://diepresse.com/home/bildung/universitaet/556208/OeHWahl-2011_Aus-fuer-die-OnlineWahl, 28.02.2011.) 24 Aus dem Evaluierungsbericht geht nicht hervor, wer diese Ziele wann erarbeitet oder beschlossen hat.

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Evaluiert wurden der Kontext (Technologie, Recht, Politik, Gesellschaft) der

elektronischen Wahl, die Komponenten (Projektstruktur, Bestandteile) sowie die

Durchführung (Vorwahl-, Wahl- und Nachwahlanlyse). Lediglich die

gesellschaftspolitische Analyse war Teil der externen Evaluierung. Die rechtlichen

Rahmenbedingungen, die technische Infrastruktur, das E-Voting aus Sicht der

WählerInnen, das E-Voting aus Serversicht, die Vorwahlphase, die Wahlphase und die

Nachwahlphase wurden von jenen evaluiert, die auch für die Umsetzung verantwortlichen

gewesen waren.

„Dabei wird anhand der eingangs definierten Ziele (..) die Durchführung (..) hinsichtlich der Zielerreichung (..) überprüft. Anschließend werden Maßnahmen (..) zum Aufdecken der konkreten Potentiale für künftige Anwendungen herausgearbeitet.“ (ebd. 10)

Die Medienanalyse des Berichts spricht von zwei Gruppen, die einander im öffentlichen

Diskurs gegenüber standen. Auf der einen Seite das BM:WF und die ihm zugehörigen

Personen, die sich E-Voting gegenüber positiv artikulierten. Die gesetzten Botschaften

bewegen sich im Bereich der technischen Innovation und der abgeleiteten Vorteile wie die

ortsunabhängige Stimmenabgabemöglichkeit. Auf der anderen Seite standen die

SprecherInnen unterschiedlicher fachlicher und politischer Gruppen, die die Nachteile der

elektronischen Wahl kommunizierten. In einem Sample von 181 untersuchten Artikel

wurden in 41 Prozent die Positiv-AkteurInnen platziert. 65 Prozent beinhalteten jene

AkteurInnen, die sich negativ äußerten. Die AutorInnen den Berichts stellten außerdem

fest, dass 80 Prozent der Beiträge zum Thema E-Voting auf demokratiepolitischen oder

juristischen Aspekten beruhten und nur 14 Prozent einen direkten Kontext zur ÖH-Wahl

herstellten. Begründet wurde dies mit einer „verzögerten Diskussion rund um die

Wahlrechtsänderung und die Einführung der Briefwahl als Distanzwahlverfahren“ in

Österreich ein Jahr zuvor (BM:WF 2010, 109). Festgehalten wurde auch, dass der

Diskurs fast ausschließlich von MedienplayerInnen und EntscheidungsträgerInnen, nicht

aber mit den betroffenen Studierenden geführt wurde. Auch deren Lebensrealitäten

flossen in keine der Argumentationen beider Seiten ein. Diskutiert wurde anhand

demokratiepolitischer und schwer nachvollziehbarer technischer Aspekte (vgl. BM:WF

2010, 110).

Das mediale Interesse am Negative Campaigning war groß. Baminger erklärt diese

Tatsache (2006, 42; nach Esser/Reinemann/Fan 2001) mit der Theorie der

Metacommunication. In den Medien erscheine „(..) Negative Campaigning öfter und

dominierender, weil sich die politische Berichterstattung weniger mit Botschaften der

Wettbewerber befasst (..)“ als mit den Besonderheiten der Wahlkampfkommunikation.

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Die Ableitungen im Rahmen des Evaluierungsberichts zielen in erster Linie auf technische

Verbesserungsmöglichkeiten für zukünftige Projekte ab. Thematisiert wurde vor allem der

Einsatz der BürgerInnenkarte und die Usability dieser. Viele Studierende konnten ihre

Stimme nicht online abgeben, weil sie ihren PIN-Code vergessen hatten (BM:WF 2010,

117). Um zukünftige Beteiligungsverfahren digital abwickeln zu können, bedürfe es einer

stärkeren Durchdringung der BürgerInnenkarte und einer besseren Vertrautheit mit dem

System (BM:WF 2010, 118).

Die externe Evaluierung beurteilt das E-Voting insgesamt als gut vorbereitet und trotz

juristischer Pannen als funktionierend. Als auffällig beschreiben die AutorInnen die Kluft

zwischen der studentischen Lebensrealität und deren Wahlverhalten, da Studierende an

sich eine technologieaffine Gruppe darstellen würden, aber nur wenige die elektronische

Wahlmöglichkeit tatsächlich genutzt haben. Zurückgeführt wird dies durchaus auf die

Problematisierung von E-Voting im Wahlkampf. Für zukünftige E-Voting-Versuche raten

die AutorInnen des Evaluierungsberichts zu entsprechenden vertrauensbildenden

Aufklärungsmaßnahmen (vgl. BM:WF 2010, 113-114).

4.3.8 Ausblick: E-Voting in der Zukunft?  Von 24. bis 26. Mai 2011 finden die nächsten Wahlen der Österreichischen

HochschülerInnenschaft statt. Diesmal allerdings ohne E-Voting. Der

Bundeswahlkommission lagen nach der ÖH-Wahl 2009 rund 30 Einsprüche gegen diese

Wahl vor, unter anderem aufgrund der Schlampereien bei der Übertragung der

Fraktionsnamen in das E-Voting-System an der Uni Wien. Außerdem fehlten auf den

elektronischen Stimmzetteln die Kurzbezeichnungen aller wahlwerbenden Gruppen. Die

Wahl an der größten Universität Österreichs wurde am 1. Dezember 2009 aufgehoben.

Die Bundeswahlkommission stellte den entsprechenden Bescheid für die Aufhebung aus.

Die zweiwöchige Berufungsfrist wurde nur von der AktionsGemeinschaft genutzt. Somit

wanderte die Entscheidung über eine Wahlaufhebung an die nächsthöhere Instanz, die

Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung, Beatrix Karl, die Nachfolgerin von

Johannes Hahn (vgl. APA 2009r, APA 2010a).

KritikerInnen und BefürworterInnen der elektronischen Wahl hatten gespannt auf die

Entscheidung von Wissenschaftsministerin Karl (ÖVP) über den Einsatz von E-Voting

gewartet. Diese hielt aber zum Zorn einiger ParteikollegInnen von einer Neuauflage

Abstand und begründete ihren Schritt mit dem Argument, die BürgerInnenkarte sei zu

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wenig akzeptiert. Die Presse Online verweist zudem auf den Evaluierungsbericht des

BM:WF und unterstreicht, dass der kritische Diskurs in der Öffentlichkeit der Wahl im

Allgemeinen und dem E-Voting im Speziellen nicht dienlich gewesen sei. Die Kleine

Zeitung Online erwähnt zudem Karls Einschätzung, dass die Ablehnung des E-Votings

durch die ÖH ein Hemmnis gewesen sei (vgl. APA 2010b).25

4.4 Ableitungen

Das Experiment E-Voting ist in Österreich vorerst fehlgeschlagen. Zu groß waren die

Zweifel an der technischen und demokratiepolitischen Sicherheit. Der öffentliche Diskurs

rund die digitale Wahl war geprägt von einer überwiegend negativen Schlagseite. Das

Negative Campaigning gegen das E-Voting hielt die WählerInnen letztendlich auch davon

ab, ihre Stimme elektronisch abzugeben. So ist es den GegnerInnen gelungen, eine

Strategie zu entwickeln, durch die die negativen Seiten von E-Voting ins Zentrum der

medialen Debatte gerückt wurden. Das Ziel einer Negativkampagne ist es, im Vergleich

zu den GegnerInnen ein attraktiveres Wahlangebot darzustellen (vgl. Baminger 2006, 22;

nach Althaus 2002, Pichl 2004). Der Wahlmodus war hier Programm.

Dass die Wahlbeteiligung bei der ÖH-Wahl 2009 noch weiter gesunken ist als schon in

den Jahren zuvor, kann auch daran liegen, dass sich WählerInnen vom Negative

Campaigning abgeschreckt fühlten. „Negativkampagnen sind De-

Mobilisierungskampagnen“, so Althaus (2005, 126).

Man kann sogar noch einen Schritt weiter gehen: Negative Campaigning hat den Effekt

der Demobilisierung der WählerInnen. Da die Hebung der Wahlbeteiligung als Grund für

die Einführung des E-Votings galt, schien eine weiter sinkende Wahlbeteiligung, oder

zumindest eine nicht steigende, als Beweis für das Scheitern der elektronischen Wahl.

Diese Wirkung kann durchaus ein Mitgrund für die InitiatorInnen gewesen sein, überhaupt

Negativ-Aktionen zu setzen (vgl. Pichl 2004, 61; Filzmaier/Plasser 2005, 261).

                                                                                                               25 vgl. Die Presse Online, 03.04.2010: ÖH-Wahl 2011: Aus für die Online-Wahl. http://diepresse.com/home/bildung/universitaet/556208/OeHWahl-2011_Aus-fuer-die-OnlineWahl, 28.02.2011; Kleine Zeitung Online, 02.04.2010: Karl sagt E-Voting für ÖH-Wahl 2011 ab. http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/2326203/karl-sagt-e-voting-fuer-oeh-wahl-2011-ab.story, 28.02.2011.

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5 Die pluralistische Demokratietheorie  Das Modell der pluralistischen Demokratie (Fraenkel 1968) geht davon aus, dass die

unterschiedlichen Interessen einer Gesellschaft in einem regulativen Prozess das

Gemeinwohl formen. Die AkteurInnen in diesem Modell sind neben den Parteien vor allem

die Interessenverbände und die Massenmedien. Während im kompetitiven Modell der

Wahlsieg einer Fraktion im Vordergrund steht, geht es in der pluralistischen

Demokratietheorie um das Durchsetzen einer Idee. Die BürgerInnen nehmen in diesem

Modell eine aktive Rolle ein, die über den Wahlakt hinausgeht: Sie beteiligen sich intensiv

am Meinungs- und Willensbildungsprozess. Um die Stabilität des Systems zu garantieren,

existiert ein staatliches Regelwerk, über das gesellschaftlicher Konsens herrscht. Für die

Ausgewogenheit des Ideenwettstreits zwischen den VertreterInnen der einzelnen

Partikularinteressen hat ebenfalls der Staat mithilfe entsprechender Maßnahmen zu

sorgen (vgl. Meißelbach 2009, 82-84).

Meißelbach spricht 2009 von drei Voraussetzungen, die für den Erfolg des pluralistischen

Modells gegeben sein müssen: Das Vertrauen in den Staat im Bezug auf das

Regelsystem, das Bedürfnis der BürgerInnen, ihre Interessen (in einem fairen Wettstreit)

zu artikulieren und durchzusetzen und nicht zuletzt die Offenheit und

Selbstregulierungsfähigkeit des Systems.

Aufgrund der zentralen Rolle der Interessenverbände im vorliegenden Modell, bedürfen

diese einer Definition: Nach Sahner (1993, 26) ist ein Interessenverband ein

Zusammenschluss von natürlichen oder juristischen Personen, der freiwillig oder durch

Zwang erfolgte. Der Interessenverband verwirklicht die Interessen der Mitglieder oder

versucht auf Gemeinschaftsentscheidungen einzuwirken oder an diesen mitzuwirken.

Diese Definition erlaubt die Inkludierung von Vereinen und Verbänden und exkludiert

BürgerInneninitiativen aufgrund ihrer mangelnden Verfasstheit und Parteien aufgrund

ihres Strebens nach politischer Machtübernahme.

5.1 Kommunikation im pluralistischen Modell

Die Struktur der AkteurInnen in einem Demokratiemodell pluralistischen Charakters stellt

die Interessengruppen und die Massenmedien in das Zentrum des Geschehens. Die

Gesellschaft selbst weist eine Netzwerkstruktur auf, in der jedes Subzentrum für die

Artikulation seiner Interessen verantwortlich ist. Aufgrund der Ähnlichkeit zur Struktur des

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Internets erweisen sich dieses und die pluralistische Modell-Gesellschaft als scheinbar

günstige Partner. „Die kommunikative Entgrenzung und das Web 2.0-Postulat stellen das

Netzwerkmedium als kraftvolles Werkzeug auch derer dar, die geographisch verstreut

oder in irgendeiner anderen Weise an der Formierung ‚klassischer’ Interessengruppen

gehindert sind.“ (Meißelbach 2009, 84) Nur durch ein Medium wie das Internet, das

breitgefächerte Kommunikationskanäle bietet, kann eine vielschichtige Gesellschaft ihre

Repräsentation finden (vgl Meißelbach 2009, 84; nach Van Dijk 2000).

Das Internet kann im pluralistischen Modell massiv zur Effizienzsteigerung beitragen,

sofern Websites interaktiv gestaltet sind und über die allokutive Verbreitung von Content

hinausgehen und zum Beispiel von den InteressentInnen auch konsultativ genutzt

werden.

Die Kommunikation im pluralistischen Modell – typischer Weise many-to-many – erfolgt

nicht nur zwischen den einzelnen Interessengruppen und mit den anderen AkteurInnen,

sondern vor allem auch innerhalb der Organisationen. Mithilfe hierarchieflacher

Kommunikationstools schafft die Technik die Voraussetzung für eine faire

Kommunikationskultur (vgl. Meißelbach 2009, 85).

 

5.2 Digitale Demokratie im pluralistischen Modell  Der Meinungsbildungsprozess erfolgt in der pluralistischen Demokratie im Idealfall

dezentral. Das Internet bietet hierfür eine Vielzahl an Tools wie Diskussionsforen, soziale

Netzwerke oder Blogs und Microblogs. Durch die Offenheit der Medien, im Speziellen der

neuen Medien, scheinen dem Diskurs keine Grenzen gesetzt zu sein (vgl. Meißelbach

2009, 85-86).

Meißelbach beschreibt die digitale Demokratie auch im pluralistischen Modell anhand von

Mittel, Zweck, AkteurInnen und Informationsflussmuster wie folgt (Meißelbach 2009, 85,

Tabelle 7.2).

Öffentliche Diskussionen und Versammlungen dienen der Willensbildung und

Interessenaggregation der KollektivakteurInnen (Parteien, Interessengruppen, Medien),

aber auch der BürgerInnen. Das Informationsflussmuster ist die Konversation.

Öffentliche Informationsdienstleistungen dienen ebenfalls der (internen und externen)

Willensbildung. Die Konsultation findet sowohl zwischen KollektivakteurInnen und

BürgerInnen, als auch zwischen KollektivakteurInnen und Mitgliedern statt.

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Um die innere Organisation der KollektivakteurInnen zu gewährleisten, werden die Mittel

der Mitgliederverwaltung sowie Abstimmungen und Wahlen des Führungspersonals

verwendet. Das Informationsflussmuster ist die Registration.

Allokutive Informationskampagnen der Regierung und der Verwaltung an die BürgerInnen

dienen der Stabilität.

Meißelbach (2009, 86) hebt besonders die potentiell flache Hierarchie des Internets im

pluralistischen Modell hervor und attestiert dem Medium durch seine Dezentralität im

Meinungsbildungsprozess eine demokratieförderliche Wirkung. Jede Interessengruppe

hat auf theoretischer Ebene mit dem Internet die gleichen technischen Voraussetzungen

zur Verfügung und kann somit in einen fairen Wettstreit der Ideen mit der Konkurrenz

treten.

 

5.3 Die pluralistische Demokratie am Beispiel studentischer Urabstimmungen

 Die Probleme bei der realen Umsetzung des pluralistischen Modells bestehen zum

Beispiel darin, dass die Ausgewogenheit der Chancen im Kampf um die Durchsetzung

einer Idee nicht gegeben ist (Meißelbach 2009, 87; nach Schmidt 2000). Zudem liegt dem

Pluralismus ein struktureller Konservativismus zugrunde, denn sobald

„Gesamtinnovationen angestrebt werden (..) funktioniert das pluralistische Modell in der

Regel als ein System von Vetopositionen zur Besitzstandswahrung.“ (Waschkuhn 1998,

24; in Meißelbach 2009, 83)

5.3.1 Die Entstehung studentischer Mitbestimmung über Sachfragen

Urabstimmungen innerhalb der ÖH existieren noch nicht so lange wie die

Interessenvertretung selbst. Diese Möglichkeit, die Studierenden über die Wahl hinaus

über inhaltliche Fragen mitbestimmen zu lassen, hat ihre Wurzeln im Jahr 1987. Die

große Koalition unter Kanzler Franz Vranitzky hatte ein Sparpaket geschnürt, das unter

anderem Einsparungen im Bereich der Familienbeihilfe durch Alterssenkung und

Kürzungen im Stipendientopf vorsah. Die Pläne der Regierung lösten bundesweit

Unistreiks aus, das Wiener Audimax wurde besetzt. Die Bundesspitze der ÖH – damals in

schwarzer Hand26 – beteiligte sich nicht an den Protesten. ÖH-Vorsitzender Szyszkowitz

                                                                                                               26 Die Vorsitzenden der ÖH-Bundesvertretung wurden von 1946-1995 ausschließlich von der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft gestellt. (Bruckner et al 2006, 54)

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suchte hingegen das Verhandlungsgespräch mit Wissenschaftsminister Hans Tuppy

(ÖVP), der den Studierenden eine Abschwächung des Ministerratsbeschlusses anbot.

Doch zahlreiche Interessenverbände, wie zum Beispiel der VSStÖ oder die Alternative

Basisliste (ALB) sowie der Delegiertenrat der streikenden Studierenden, kritisierten das

Verhandlungsergebnis, da dieses keinerlei Verbesserungen bringen würde. Man müsse

weiterhin auf den Maximalforderungen beharren. Die Verhandlungsergebnisse wurden

außerdem von Tuppy in Szyszkowitz´ Version nie bestätigt. Der ÖH-Vorsitzende

verteidigte sein Verhandlungsergebnis und suchte Unterstützung in den Reihen der

Studierenden. Anhand einer Urabstimmung sollten die Studierenden kundtun, ob sie mit

dem Regierungsangebot zufrieden seien und ob für sie die Demonstrationen und Streiks

an den Universitäten unterstützenswert seien. Das Ergebnis sollte die Richtschnur für das

Handeln der ÖH im Allgemeinen und für die Diskussion mit dem Ministerium im Speziellen

sein. So wurden 170.000 Fragebögen per Post an die Studierenden geschickt. Innerhalb

der einwöchigen Frist beteiligten sich 20.000 Studierende an der Urabstimmung. Die ÖH

versicherte im Vorhinein, dass die Auszählung der Stimmen von einem Notar

durchgeführt werden würde und den Fraktionen innerhalb des Zentralausschusses (ZA)27

der ÖH Einblick gewährt werden würde. Als Begründung führte Szyszkowitz in der

Öffentlichkeit an, den Willensbildungsprozess auf eine möglichst breite Basis ausweiten

zu wollen. Die Kritik an der Formulierung und Durchführung der Urabstimmung war groß.

Linke StudierendenvertreterInnen warfen Szyszkowitz Formalfehler vor und beschuldigten

ihn des Amtsmissbrauchs, weil er sich die Gunst der Studierenden durch die

Urabstimmung erkaufen hätte wollen. Die Formulierungen der Fragebögen seien zudem

höchst manipulativ und die Kosten (400.000 Schilling28) zu hoch gewesen. Als

Konsequenz dessen und wegen der Aufforderung Szyszkowitz´ die Protestaktionen bis

zum Vorliegen der Ergebnisse der Urabstimmung auszusetzen, kündigte der VSStÖ die

Zusammenarbeit29 mit der AktionsGemeinschaft im Zentralausschuss auf. Doch

Szyszkowitz gewann den Wettstreit im doppelten Sinn: Zum einen bestätigte die

Urabstimmung, dass 84 Prozent der Studierenden das Verhandlungsergebnis

akzeptierten und eine Mehrheit Großdemonstrationen und Streiks ablehnte. Zum anderen

hielt er dem Abwahlantrag in der darauffolgenden Sitzung des ZA stand. Die ALB hatte

zuvor die Amtsenthebung des ÖH-Vorsitzenden gefordert, da dieser mit der

Urabstimmung im Punkt der Wahrhaftigkeit, der Zweckmäßigkeit, der Sparsamkeit und

der Kontrollierbarkeit der Finanzgebahrung gegen das ÖH-Gesetz verstoßen hätte. Aus

Perspektive der Sozialistischen StudentInnen sei die Urabstimmung eine Farce gewesen,

                                                                                                               27 Der Zentralausschuss entspricht der heutigen Bundesvertretung der Studierenden (BV) und ist das bundesweite Entscheidungsgremium der ÖH. 28 entspricht rund 29.000 Euro 29 Der VSStÖ unterstützte bis dahin die AG beim Beschluss des Budgets und der Wahl der ReferentInnen für die ZA-Exekutive.

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da sich nur rund zehn Prozent der Studierenden an der Befragung beteiligt hatten; in der

Interpretation des VSStÖ war dies eine Folge der Aufrufe zum Boykott der Urabstimmung

(vgl. APA 1987a-g).

Zwar bezeichnete die AktionsGemeinschaft die Befragung der Studierenden von Anfang

an als Urabstimmung und auch die Medien übernahmen dieses Wording. Im rechtlichen

Sinn handelte es sich aber nicht um eine Urabstimmung, da diese 1987 noch nicht im

damals geltenden Hochschülerschaftsgesetz von 1973 vorgesehen war. Fortan war die

Verankerung einer Urabstimmung im ÖH-Gesetz eine Forderung der ÖH, die 1991 auch

umgesetzt wurde (Egger/Frad 2000, 63).

5.3.2 Die gesetzliche Grundlage für eine Urabstimmung  Das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG) sieht in §50 seiner

aktuellen Fassung die Möglichkeit einer Urabstimmung sowohl für einzelne Hochschulen,

als auch bundesweit vor. Für eine bundesweite Urabstimmung unter allen ordentlichen

Studierenden Österreichs muss die Bundesvertretung mit einer Zweidrittelmehrheit das

Abhalten einer solchen beschließen. Mit demselben Quorum können die

Universitätsvertretungen eine Urabstimmung herbeiführen. Das jeweilige Organ ist

verpflichtet, sich an das Ergebnis der Urabstimmung zu halten, sofern die Beteiligung bei

mindestens zwei Drittel der Wahlbeteiligung der vorangegangenen ÖH-Wahl auf der

Ebene des jeweiligen Organs liegt. Allerdings ist es der Bundesvertretung und der

Universitätsvertretung erlaubt, mit einer Zweidrittelmehrheit die Ergebnisse der

Urabstimmung aufzuheben oder abzuändern. Den Ablauf der Urabstimmung regelt die

Satzung des jeweiligen Organs, beziehungsweise die jeweilige Wahlkommission, wenn

die Urabstimmung gemeinsam mit einer ÖH-Wahl durchgeführt werden soll (vgl. HSG

§50, 1998). Der inhaltlichen Ausrichtung einer Urabstimmung sind per Gesetz keine

Grenzen gesetzt.

5.3.3 Die einzige bundesweite Urabstimmung

Im Jahr 1991 fand die erste und bisher einzige bundesweite Urabstimmung30 unter den

Studierenden in der Geschichte der ÖH31 statt. Befragt wurden die Studierenden über die

automatische Mitgliedschaft in der ÖH. Die Freiheitliche Partei, die damals unter Jörg

                                                                                                               30 Die Urabstimmung von 1987 wird in der Literatur nicht als echte Urabstimmung angesehen, da sie ohne rechtliche Basis durchgeführt wurde. (vgl. Kapitel 5.3) 31 Die ÖH wurde 1945 von katholischen, sozialistischen und kommunistischen Studierenden in Wien gegründet. (Bruckner et al. 2006, 76)

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  39  

Haider im Aufschwung begriffen war, stellte die Legitimation gesetzlicher

Interessenvertretungen infrage. Als Antwort initiierte die Österreichische

HochschülerInnenschaft eine für sie erfolgreiche Urabstimmung. Die Studierenden

bekannten sich damals eindeutig zu ihrer Interessenvertretung: Bei einer Wahlbeteiligung

von 30 Prozent (die auch der Wahlbeteiligung der ÖH-Wahl im Jahr 1989 entsprach)

stimmten 80,3 Prozent der Studierenden für die Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in

der ÖH (vgl. Baumgartner 1992).32

Zahlreiche andere Versuche, eine Urabstimmung unter den Studierenden herbeizuführen,

wurden schon im Keim erstickt. Zumeist scheiterten die InitiatorInnen an der

erforderlichen Zweidrittelmehrheit im jeweiligen Organ, wie die beispielhaften Fälle im

Folgenden zeigen.

Im Herbst 2000, nach der Ankündigung der schwarz-blauen Bundesregierung

Studiengebühren einzuführen, dachten die Grünen und die GRAS laut über die Abhaltung

einer Urabstimmung nach. Die Studierenden sollten darüber befragt werden, ob sie für

oder gegen die Einführung von Studiengebühren seien. Das Ergebnis der Urabstimmung

sollte einen Wegweiser für den Verhandlungskurs der ÖH darstellen (vgl. APA-OTS

2000). Die erforderliche Zweidrittelmehrheit konnte aber in der schwarz geführten

Bundesvertretung nicht aufgebracht werden.

Wenig erfolgreich verliefen auch folgende Urabstimmungsprojekte: Die Novellierung des

HSG im Jahr 2005 wurde von Studierendenprotesten begleitet, die sich gegen die

geplanten Änderungen vor allem im Bereich der Abschaffung der Direktwahl der

Bundesvertretung und der Fakultätsvertretungen (bzw. gleichwertiger Organe) sowie

deren Budgetkürzungen richteten. Bei der außerordentlichen Sitzung der

Bundesvertretung – damals unter grün-roter Koalition – am 19. November 2004 stellten

die Grünen & Alternativen StudentInnen (GRAS), der Verband Sozialistischer

StudentInnen (VSStÖ) und der Kommunistische StudentInnenverband (KSV) einen

Antrag zur Durchführung einer Urabstimmung33 über das geplante ÖH-Gesetz34. Die

erforderliche Zweidrittelmehrheit innerhalb der Bundesvertretung wurde nicht erreicht: Mit

                                                                                                               32 vgl. derstandard.at, 10.02.2005: "Regierung bitte warten". http://derstandard.at/1864604, 28.02.2011. 33 Der Standard Online berichtete fälschlicherweise davon, der Antrag zur Urabstimmung hätte die Auflösung von ÖH-Rücklagen zur Finanzierung von Protestaktionen gegen das neue HSG zum Inhalt. Diese wurden aber in der Sitzung vom 19. November mit einer Zweidrittelmehrheit von den MandatarInnen der Bundesvertretung beschlossen. Darüber eine Urabstimmung stattfinden zu lassen stand nie zur Debatte. (vgl. derstandard.at, 10.02.2005: Urabstimmung abgelehnt. http://derstandard.at/1864573?sap=2&_slideNumber=1&_seite, 28.02.2011.) 34 Der Begriff „ÖH-Gesetz“ wird stellvertretend für das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz vor allem seit der Kampagne „Mundtot gemacht?“, die sich gegen die Novellierung des HSG im Jahr 2005 richtete, in der Außenkommunikation der ÖH verwendet.

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28 Prostimmen und 17 Gegenstimmen fiel der Antrag. Auch in der darauffolgenden

außerordentlichen Sitzung der Bundesvertretung am 26. November 2004 wurde ein

Antrag auf Urabstimmung zur HSG-Novellierung – eingebracht durch das Liberale

Studentinnen und Studenten Forum (LSF) – abgelehnt (vgl. ÖH-BV 2004a; ÖH-BV

2004b).35

5.3.4 Urabstimmungen auf Papier

Die Möglichkeit Studierende via Urabstimmung zu befragen wurde an den einzelnen

Universitäten öfter genutzt als dies bundesweit der Fall war. Zweimal fand eine

Urabstimmung in Papierform statt: im Jahr 2001 an der Universität Klagenfurt und 2005

an der Medizinischen Universität Wien. Elektronische Urabstimmungen gab es 2006 in

Linz und 2009 Graz (siehe Kapitel 5.3.5).

Die Studierenden der Universität Klagenfurt wurden 2001 bei einer Urabstimmung über

die Einführung eines Semestertickets befragt. Nachdem die Stadt Klagenfurt 2001 den

Tarif für Buskarten erhöhte, entschied die Universitätsvertretung eine Urabstimmung

durchzuführen. Diese erwies sich als starkes Argument bei den Verhandlungen der ÖH

mit der Stadt, die eine 50-prozentige Preisreduktion des Semestertickets zur Folge

hatte.36

Die ÖH an der Medizinischen Universität Wien (MUW) befragte 2005 in einer

Urabstimmung, die zeitgleich mit der ÖH-Wahl von 31. Mai bis 2. Juni ausgerichtet wurde,

ihre Studierenden über deren Meinung zu den bestehenden und vielleicht zukünftigen

Zugangsbeschränkungen an der Universität. Eine elektronische Stimmabgabe zu den drei

gestellten Fragen war damals noch nicht möglich. Die Frage „Sollte die Platzzahl im

Medizinstudium begrenzt sein?“ beantworteten 60,9% Prozent der wahlberechtigten

Studierenden mit Nein, 39,1 Prozent mit Ja. 51,8 Prozent bejahten die Fragestellung

„Wenn es eine Platzbeschränkung gibt, sollte diese bereits vor Studienbeginn

stattfinden?“. Am eindeutigsten fiel die Abstimmung in der Frage „Findest du ein ‚First

come, first serve’-Prinzip als Zugangsbeschränkung sinnvoll?“ aus: 93,5 Prozent

entschieden sich dagegen, 6,5 Prozent dafür.

Mehr als eine Registration der Meinungen der Studierenden und eine Orientierung für die

ÖH in etwaigen Verhandlungen konnte diese Urabstimmung jedoch nicht sein, zumal die

                                                                                                               35 vgl. derstandard.at, 10.02.2005: "Regierung bitte warten". http://derstandard.at/1864604, 28.02.2011. 36 vgl. ÖH Klagenfurt Online, 21.03.2007: Die Klagenfurter Semesterkarte. http://www.oeh-klagenfurt.at/node/75, 28.02.2011.

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Entscheidung über diese Frage nicht im Kompetenzbereich der ÖH an der MUW lag und

liegt. Dass das Ergebnis der Urabstimmung auch auf das Rektorat der Medizinischen

Universität keinen großen Eindruck gemacht haben dürfte, zeigt die Presseaussendung

der MUW vom 6. Juni 2005, die sich stark auf die Interpretation der zweiten Frage

konzentriert, diese jedoch nicht im Wortlaut wiedergibt und mit folgenden Worten

kommentiert: „Damit zeigt sich eine offensichtliche Präferenz der Studierenden für einen

Eignungstest vor dem Studium (..)“. Dass sich die Fragestellung aber explizit auf den Fall

der Einführung von Studienplatzbeschränkungen bezieht, die aber in der vorgehenden

Frage von der Mehrheit der Befragten abgelehnt wurde, verschweigt die MUW in diesem

Kontext. Im Folgenden hinterfragte der Vizerektor für Studium und Lehre Rudolf Mallinger,

sogar den Willen der Studierenden: „ (..) zur Entscheidung für ein praxisorientiertes

Studium, dessen Studienplätze sich nach den Ressourcen an Lehrpersonal, Räumen

und! PatientInnen richtet, gibt es schlicht nur die Alternative, das Studium wieder von

der Praxis zu entfernen und zum Fernstudium zu machen. Das kann niemand wollen."

(vgl. APA-OTS 2005).37

5.3.5 Digitale Urabstimmungen  Die erste digitale Urabstimmung in der Geschichte der ÖH fand im Jahr 2006 statt. An der

Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz beschloss die Universitätsvertretung am 26.

April 2006 eine elektronische Urabstimmung über die Einführung eines Semestertickets

für das gesamte oberösterreichische Netz der öffentlichen Verkehrsmittel zum Preis von

55 Euro. Der Betrag würde bei positivem Ausgang der Urabstimmung automatisch mit

den Studiengebühren eingehoben werden. Das Semesterticket war somit kein mögliches

Angebot, sondern verpflichtend über zwei Jahre, denn über diesen Zeitraum hatten die

Stadt Linz und das Land Oberösterreich die Finanzierung des Projekts sichergestellt. In

der UV-Sitzung sprachen sich alle Fraktionen für das Projekt aus, koppelten die

Urabstimmung auf Antrag der AktionsGemeinschaft allerdings an eine strengere

Legitimierung, als es das HSG vorsieht: „Nur wenn mindestens 70 Prozent der

wahlberechtigten Studierenden an der Urabstimmung teilnehmen und von diesen

mindestens zwei Drittel mit JA stimmen, wird das Ticket eingeführt.“ Von 19. bis 30. Mai

2006 konnten die Studierenden der JKU ihre Stimme über die universitätsinterne

Studierendenplattform KUSSS abgeben. 74,34 Prozent der wahlberechtigten

Studierenden beteiligten sich an der Urabstimmung, die Zustimmung zum Projekt betrug

                                                                                                               37 vgl. medizinstudium.at, 12.11.2005: Urabstimmung Zugangsbeschränkungen. http://www.medizinstudium.at/news/universitaeten/medizinische-universitaet-wien?page=8, 28.02.2011; medizinstudium.at: Urabstimmung Zugangsbeschränkungen. http://www.medizinstudium.at/news/universitaeten/medizinische-universitaet-wien/oeh-med-mcw/10516_urabstimmung-zugangsbeschraenku, 28.02.2011.

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allerdings nur 64,73 Prozent und erreichte somit nicht die erforderliche

Zweidrittelmehrheit. Das „Semesterticket NEU“ wurde nicht eingeführt.38

Im Jahr 2009 fand zeitgleich mit der ÖH-Wahl (26.-28. Mai) eine Urabstimmung unter den

Studierenden der Karl-Franzens-Universität in Graz39 statt. Da bei dieser ÖH-Wahl zum

ersten Mal die Möglichkeit der elektronische Stimmabgabe gegeben war, musste diese

Möglichkeit auch für die Urabstimmung gegeben sein.

Die Abstimmung der Universitätsvertretung an der Karl-Franzens-Universität in der UV-

Sitzung vom 20. März 2009 über die Abhaltung einer Urabstimmung fiel positiv aus. Die

MandatarInnen beschlossen auf Antrag des KSV, den Studierenden ihrer Universität

unter dem Titel „Petition für bessere Studienbedingungen“ folgende Frage zu stellen (ÖH

Uni Graz 2009b):

„Stimmst du für folgende Resolution? Die Universitätsvertretung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Universität Graz soll alle erforderlichen Mittel nutzen, um 1.) die Universität Graz zur Erhöhung des Angebots an anwesenheitspflichtigen Lehrveranstaltungen mit beschränkten Teilnehmerzahlen (wie etwa Labor- und Seminarplätze) zu veranlassen, um die Zahl der Studierenden, die durch den herrschenden Mangel an Plätzen von Studienzeitverzögerungen betroffen sind, signifikant zu verringern, sowie auf den Wissenschaftsminister hinzuwirken, dass im Falle des Nichtbefolgens durch die Universitäten im entsprechenden Paragraph 54, Absatz 8, UG 2002 Konsequenzen vorbereitet werden. 2.) die Universität Graz dazu zu veranlassen, kostspielige Prestigeprojekte und PR-Aktionen der Universität Graz aufzugeben, und die dafür vorgesehenen Mittel für eine Erhöhung des Lehrbudgets zu verwenden und sich 3.) nicht an Prestigeprojekten und PR-Aktionen der Universität Graz beteiligen, solange es Studienzeitverzögerungen wegen fehlender Plätze in anwesenheitspflichtigen Lehrveranstaltungen gibt.“

Die ÖH Uni Graz veröffentlichte auf ihrer Website jedoch eine Version des

abzustimmenden Textes, der in Punkt 1.) nicht mit jenem des UV-Sitzungsprotokolls

identisch war (ÖH Uni Graz 2009a):

„Urabstimmung zu: „Petition für bessere Studienbedingungen“ Die Universitätsvertretung hat beschlossen, gemeinsam mit der ÖH-Wahl 2009 eine Urabstimmung gem. § 50 HSG 1998 über folgende Frage abzuhalten: Stimmst du für folgende Resolution?

                                                                                                               38 JKU Online, 28.04.2006: Studierende an der JKU Linz entscheiden über Semesterticket. http://www.jku.at/content/e213/e63/e58/e57?apath=e32681/e31813/e31689/e31542, 28.02.2011; JKU Online, 02.06.2006: Semesterticket NEU kommt nicht. http://www.jku.at/content/e213/e63/e58/e57?apath=e32681/e31813/e31540/e31471, 28.02.2011. 39 Im Text auch: Universität Graz

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Die Universitätsvertretung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Universität Graz soll alle erforderlichen Mittel nutzen, um 1.) die Universität Graz zur Aufstockung der Anzahl der Kurse in anwesenheitspflichtigen Lehrveranstaltungen (wie z.B. Laborübungen, Seminare etc.) zu veranlassen, um die Zahl der Studierenden, die durch den herrschenden Mangel an Plätzen von Studienzeitverzögerungen betroffen sind, signifikant zu verringern sowie auf den Wissenschaftsminister hinzuwirken, dass im Falle des Nicht-Befolgens durch die Universität im entsprechenden § 54 Abs 8 UG 2002 Konsequenzen vorgesehen werden, (..).“

Die von der Autorin unterstrichenen Passagen sind jene, in denen sich die beiden Texte

nicht gleichen. Zwar weichen sie inhaltlich nicht sehr stark voneinander ab, ob die

Durchführung der Urabstimmung in dieser Form jedoch rechtlich gültig ist, darf bezweifelt

werden, da laut HSG der genaue Wortlaut der Fragen auf von der UV beschlossen

werden muss. Einsprüche gegen die Rechtsmäßigkeit der Urabstimmung wurden jedoch

nicht eingebracht.

Eindeutig fiel dafür das Ergebnis der Befragung aus: 90,41 Prozent (4.912 Stimmen) der

Wahlberechtigten bejahten die Resolution. 9,58 Prozent (521 Stimmen) verneinten diese

(http://www.oeh.uni-graz.at/de/aktuelles/wahl09/urabstimmung/, 9.1.2011). An der

Urabstimmung haben sich 24,82 Prozent der Wahlberechtigten (insgesamt 5.433

abgegebenen Stimmen) beteiligt. Diese ist somit zumindest laut HSG §50 (2) gültig, weil

die Zweidrittel-Marke der rund 30-prozentigen Wahlbeteiligung im Jahr 2007 überschritten

wurde.

Der KSV, auf dessen Antrag die Urabstimmung zurückgeht, unterstützte diese im Vorfeld

zum Einen aus inhaltlichen Gründen, zum Anderen, weil die Urabstimmung eine

Ausweitung der direkten Mitbestimmung der Studierenden in der ÖH darstelle

(vgl. APA-OTS 2009).

5.4 Ableitungen

Die Urabstimmung ist das einzige Instrument der ÖH, bei dem Studierende die Politik

ihrer VertreterInnen in konkreten Sachfragen mitbestimmen können. Diese Möglichkeit

wurde zum einen kaum genutzt und ist zum anderen barrierereich geregelt. Die Hürden

der Zweidrittelmehrheit im jeweiligen Organ und das zu erreichende Quorum der

Beteiligung haben einige Urabstimmungen verunmöglicht. Zudem scheint die Vertrautheit

der ÖH mit dem Instrument Urabstimmung durch die seltene Anwendung nicht groß

genug zu sein, um Fehler in der Durchführung zu vermeiden. Missgeschicke wie das

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thematische Aufgreifen einer inhaltlichen Frage, die vom jeweiligen Organ nicht geklärt

werden kann, oder einen falschen Text zur Abstimmung zu bringen, ist in der Umsetzung

weit von der Idee einer pluralistischen Demokratietheorie entfernt und gleicht eher einer

Partizipationsillusion. Zwar ermöglichte die Kampagnisierung der jeweiligen Themen

einen Diskurs innerhalb der beteiligten Verbände und zum Teil darüber hinaus in der

Öffentlichkeit. Um die konkrete Mitbestimmung über Sachfragen aber realisieren können,

müssen erstens rechtliche Hürden zur Durchführung einer Urabstimmung beseitigt

werden und zweitens muss die Studierendenvertretung mit einem professionelleren

Anspruch an dieses Möglichkeit der Beteiligung herangehen.

Online-Beteilungsverfahren über punktuelle politische Fragen stehen in anderen Ländern

bereits seit einiger Zeit an der Tagesordnung. Seit 2005 gibt es beispielsweise in

Deutschland die Möglichkeit, öffentliche Petitionen auf elektronischem Weg

durchzuführen. „Es ist quasi ein Stück direkte Demokratie in einer Verfassungslandschaft,

die dem Bürger sonst nur indirekt Zugang zu Gesetzesentscheidungen gibt.“

(Althaus/Machnick 2007, 454) Die Methode hat sich durchgesetzt, obwohl „(e)lektronische

Demokratie (..) vielen Politikbeobachtern und Public-Affairs-Experten immer noch als

ferne Zukunftsvision (scheint).“ (ebd., 453)

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6 Die partizipatorische Demokratietheorie  Das Modell der partizipatorischen Demokratietheorie ist das jüngste der drei in der Arbeit

beschriebenen. Als einziges bezieht es in seine Struktur die Existenz und Wirkung des

Internet bereits mit ein. Aus diesem Grund wird der partizipatorischen Theorie oft schon

im Vorhinein ein hohes demokratisches Potential attestiert. Denn die technischen

Voraussetzungen sind gegeben, um theoretisch das Raum-Zeit-Dilemma der Partizipation

in großen Systemen aushebeln zu können und eine „virtuelle Agora“ (Meißelbach 2009,

86) zu schaffen (vgl. ebd.; nach Zittel 2003).

Das zentrale Element in dieser Demokratietheorie ist, wie die Etymologie vermuten lässt,

die Partizipation, also die freiwilligen Aktivitäten der BürgerInnen, um auf politische

Entscheidungen einzuwirken. (Meißelbach 2009, 86; nach Schreyer/Schwarzmeier 2000)

Die BürgerInnen spielen als Mitglieder des Gemeinwesens eine zentrale Rolle.

Schmidt beschreibt 2000 im Kontext des partizipatorischen Theoriemodells Demokratie

als gesamtgesellschaftliches Phänomen (Meißelbach 2009, 87), bei dem die BürgerInnen

eine starke Identifizierung mit der Staatsform entwickeln. Die Beteiligung der BürgerInnen

müsse auf allen Ebenen verstärkt werden und solle über die Teilnahme an Wahlen und

auch über die Partizipation am Willensbildungsprozess hinausgehen. Um dies zu

erreichen, müsse auf dem Weg des politischen Prozesses an jeder möglichen

Weggabelung eine Maßnahme der BürgerInnenbeteiligung geschaffen werden.

Was den Unterschied einer partizipatorischen Demokratie zu partizipativen Elementen in

einer Demokratie ausmacht, bringt Waschkuhn 1998 auf den Punkt: der erzieherische

Faktor als systemimmanenter, obligatorischer Teil des Modells. BürgerInnen müssten zur

Verantwortung gegenüber dem Staat ausgebildet werden (Meißelbach 2009, 87). Durch

den Einsatz direktdemokratischer Elemente und die Möglichkeit der BürgerInnen über

Sachfragen zu entscheiden, entwickelt sich die moderne Demokratie zu einem System, in

dem Politik von BürgerInnen für BürgerInnen gemacht wird. Fuchs schlägt 2004 sogar die

Umsetzung von Volksbegehren, Volksentscheiden und Volksinitiativen via E-Voting vor

(Meißelbach 2009, 87). Online-Sofortabstimmungen über abgegrenzte Themengebiete

seien zudem förderlich für den öffentlichen Diskurs und würden einen politischen

Wegweiser darstellen (Van Dijk 2000; in Meißelbach 2009, 87).

Dabei lehnt Zittel 2003 die Repräsentation als Methode nicht ab. Vielmehr sieht er

legitimierte RepräsentantInnen als BotschafterInnen der BürgerInnen oder als Sprachrohr,

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beziehungsweise als weisungsgebundene Delegierte agieren, die den Willen der

WählerInnen in den Organen vertreten. Die Wahl der RepräsentantInnen ist dabei nur der

erste Schritt. In regelmäßiger Rückkopplung muss das Interesse der zu vertretenden

BürgerInnen eruiert werden (Meißelbach 2009, 87).

6.1 Kommunikation im partizipatorischen Modell

Vor allem der Kommunikation zwischen den BürgerInnen und den RepräsentantInnen

wird im partizipatorischen Modell ein hoher Stellenwert eingeräumt. Das Internet bietet

eine Reihe sehr einfacher und kostengünstiger Methoden, vorausgesetzt die Infrastruktur

ist auf beiden Seiten vorhanden. Ein hohes Maß an Transparenz von Seiten der

RepräsentantInnen ist erforderlich, damit die BürgerInnen einen Willensbildungsprozess

durchlaufen können. Dabei ist es relevant, dass die One-to-many-Kommunikation einen

konsultativen Charakter hat und die verwendeten Informations- und

Kommunikationstechnologien mit Feedback-Möglichkeiten ausgestattet sind. Vor allem

vernetzte Systeme wie Social Networks oder interaktive Blogs eignen sich hierfür gut. Der

Willenbildungsprozess geschieht aber nicht nur im Dialog eines/einer RepräsentantIn mit

den Menschen, die er/sie vertritt, sondern vor allem auch zwischen den BürgerInnen (vgl.

Meißelbach 2009, 87-88).

6.2 Digitale Demokratie im partizipatorischen Modell  Die Rolle der BürgerInnen wird von der partizipatorischen Demokratietheorie als wichtiger

eingestuft als es im kompetitiven oder im pluralistischen Modell der Fall war. Meißelbach

skizziert die digitale Demokratie erneut anhand von Mittel, Zweck, AkteurInnen und

Informationsflussmuster (Meißelbach 2009, 90, Tabelle 7.3).

Konversation findet in öffentlichen Diskussionen und Versammlungen sowohl zwischen

den BürgerInnen untereinander, als auch zwischen BürgerInnen und RepräsentantInnen

statt. Der Zweck ist die Partizipation und die Responsivität.

Öffentliche Informationsleistungen konsultativen Charakters dienen der Information, aber

auch der Responsivität und der Partizipation. Regierung und Verwaltung kommunizieren

mit den BürgerInnen, ebenso wie die RepräsentantInnen.

Die Registration der Meinungen basiert auf einer Interaktion zwischen Regierung und

Verwaltung mit den BürgerInnen. Wahlen haben hierbei den Zweck der Repräsentation

und Partizipation, Abstimmungen dienen der Entscheidung sowie Partizipation und

Umfragen werden mit den Hintergrund der Responsivität und Mobilisierung gemacht.

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Mit allokutiven Informationskampagnen wollen Regierung und Verwaltung die

BürgerInnen informieren und mobilisieren.

Beim Vergleich der drei Demokratiemodelle und ihrer kommunikativen Potentiale, fällt

eine Weiterentwicklung vom kompetitiven Modell über das pluralistische hin zum

partizipatorischen Modell auf. Jedes Modell baut auf die Kommunikationsstrategien des

vorhergehenden auf und bereichert dieses um neue Möglichkeiten. Durch die

Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien entstehen somit

auch neue Chancen zur Implementierung partizipativer Elemente in das politische

System.

 

6.3 Partizipatorische Demokratie am Beispiel unibrennt  Kommunikations- oder politikwissenschaftliche Modelle beschreiben immer einen

Optimalzustand des entwickelten Systems. In der Realität sind diese nicht eins zu eins

umsetzbar. Aber sie dienen unter anderem der Analyse realpolitischer Vorgänge. So soll

im folgenden ein Beispiel beschrieben werden, das sich in einer Reihe von Punkten dem

Modell der partizipatorischen Demokratietheorie annähert: die unibrennt-Bewegung, die

ihren Ausgangspunkt im Herbst 2009 in Wien hatte. Zu Beginn wird die politische und

kommunikative Situation sowie die Struktur der Bewegung beschrieben. Die Bearbeitung

soll keine Dokumentation der Geschehnisse oder Meinungen innerhalb der unibrennt-

Bewegung darstellen, sondern sich auf strukturelle Parallelen zwischen dem

partizipatorischen Modell und dem System der Protestbewegung konzentrieren. Ein

Hauptaugenmerk wird auf den Einsatz des Internets gelegt. Untersucht wird der

Besetzungszeitraum von 20. Oktober bis 31. Dezember 2009. Der Fokus liegt auf der

Universitätsstadt Wien, wenngleich die Tatsache der Internationalität der Proteste einen

wichtigen Aspekt für die Analyse der Verbreitung durch das Web darstellt.

6.3.1 Die Entstehung der unibrennt-Bewegung

Als Beginn der Studierenden-Proteste gilt der 20. Oktober 2009. An diesem Tag

besetzten Studierende und Lehrende aus Protest gegen die Implementierung des

Bologna-Prozesses die Aula der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Am Tag darauf

fand im Sigmund-Freud-Park, nahe dem Hauptgebäude der Universität Wien eine

Demonstration mehrerer hundert Studierender statt, die unter dem Motto „Uni brennt!“

stand. Aus der Demonstration resultierte die Besetzung des größten Hörsaals der

Universität Wien, des Auditorium Maximum, kurz Audimax. In den darauf folgenden

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Tagen organisierten die BesetzerInnen die Infrastruktur in den umliegenden

Räumlichkeiten des Audimax und es fanden auch Protest-Aktionen an weiteren

österreichischen Universitäten statt. Vorläufiger Höhepunkt der Protestbewegung war die

Demonstration am 28. Oktober unter dem Motto „Geld für Bildung statt für Banken und

Konzerne“. Ab dem 4. November bekam die Protestbewegung internationalen Charakter:

Die deutschen Universitäten in Heidelberg und Münster solidarisierten sich und besetzten

ebenfalls Universitätsräumlichkeiten. Am 5. November fand ein bundesweiter Aktionstag

statt, an dem sich erstmals auch SchülerInnen an den Protesten beteiligten und die

Debatte rund um die Universitäten zu einer allgemeinen Bildungsdebatte in Österreich

machten. Am 17. November, dem „WeltstudentInnentag“, wurden in ganz Europa

Protestaktionen unter dem Motto „Education is Not for Sale“ organisiert. Ab Mitte

November fanden die ersten Gespräche zwischen Studierenden und

Universitätsverantwortlichen statt, kurz darauf startete der damalige

Wissenschaftsminister Johannes Hahn das Projekt „Dialog Hochschulpartnerschaft“, das

nur wenig später das von StudierendenvertreterInnen initiierte Schattenprojekt „Echter

Bildungsdialog“ auslöste. Ende November wurde beim „International Plenum for Better

Education“ an der Ludwig-Maximilians-Universität in München festgestellt, dass sich

weltweit bereits über 80 Universitäten an der Protestbewegung beteiligten. Am 11.

November zeigten sich erste realpolitische Erfolge der Bewegung: Die besetzten Hörsäle

an der Universität Salzburg wurden nach Gesprächen mit dem Rektorat und der Erfüllung

wesentlicher Forderungspunkte wieder für Lehrveranstaltungen freigegeben. Es folgten

Verhandlungserfolge in Graz und Innsbruck. Am 21. Dezember 2009 endete nach 61

Tagen die Besetzung des Audimax an der Universität Wien mit einer widerstandslosen

polizeilichen Räumung, wenngleich die Protestaktionen und die Besetzung weiterer

Hörsäle aufrecht blieb (vgl. Heissenberger et al. 2010).

6.3.2 Organisationsstruktur der unibrennt-Bewegung

Die Struktur der Audimax-Besetzung an der Universität Wien wurde nicht nur intern und

extern viel diskutiert. Sie unterlag auch einem ständigen Wandel und korrelierte nicht

zuletzt stark mit der Kommunikationsweise der Bewegung. Herzstück der Besetzung war

ohne Zweifel das Plenum. Täglich standen Berichte, Diskussionen und Entscheidungen

auf dem Programm. Das Plenum stand allen Menschen offen, die sich im größten Hörsaal

der Uni Wien einfanden, sie alle waren rede- und stimmberechtigt. Als eine der wenigen

Regeln des Zusammenlebens wurde festgelegt, dass alle Beteiligten als Einzelpersonen

wirken mussten und nicht als VertreterInnen ihrer Organisation auftreten durften. Zudem

stand der „antirassistische, antidiskriminierende und antisexistische Grundkonsens“

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(Maier/Arnim-Ellissen 2010, 195) außer Frage. Eingrenzbare Aufgabengebiete wurden in

Arbeitsgruppen (AGs), wie zum Beispiel die Presse AG, die Volxküche oder die AG

Programm ausgelagert. Die Plenumsvorbereitung wurde von VertreterInnen der

Arbeitsgruppen übernommen. Sowohl in den AGs, als auch im Plenum herrschte ein

striktes Hierarchieverbot. Niemand durfte die Gruppen offiziell leiten, auch die Moderation

des Plenums wechselte je nachdem, wer sich für diese Aufgabe meldete. Der Presse AG

kommt vor allem im Hinblick auf die kommunikativen Besonderheiten der unibrennt-

Bewegung eine wichtige Rolle zu, denn die Aufgaben dieser Arbeitsgruppe waren es,

JournalistInnen zu betreuen, die Website zu befüllen, E-Mails zu beantworten,

beziehungsweise an die zuständigen Arbeitsgruppen weiter zu leiten, die Accounts von

Facebook und Twitter zu betreuen und vieles mehr (vgl. Maier/Arnim-Ellissen 2010).

6.3.3 unibrennt online

Viele Begriffe bezeichnen die Bewegung rund um die Studierendenprotest im Herbst und

Winter 2009/2010. In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe Audimaxismus,

unibrennt, Unsere Uni, und viele andere synonym verwendet und nicht wertend

behandelt. Anzuführen ist jedoch, dass diese drei Begriffe von der Bewegung selbst

kreiert wurden. Unsere Uni, abgeleitet von den Demonstrationsrufen: „Wessen Uni? –

Unsere Uni.“ lautete auch der Name der Domain zu Beginn der Proteste. Die Seite

http://unsereuni.at wurde am 25. Oktober eingerichtet und später nach Plenumsbeschluss

um die Domain http://unibrennt.at ergänzt und fortan verstärkt kommuniziert. Der Name

sei zu wenig kämpferisch, hieß es von Seiten der BesetzerInnen. Fortan wurde in erster

Linie der Name unibrennt kommuniziert. Der Hashtag #unibrennt hat sich auch auf Twitter

schlussendlich durchgesetzt (Herwig et al. 2010, 216).

Der Begriff Audimaxismus, der von Außenstehenden gerne verwendet wurde, fand seinen

Ursprung ebenfalls in den besetzten Räumlichkeiten. In Anspielung auf das Wort

Marxismus und den Suffix –mus, der für Ideologien und Gedankenschulen steht, klebten

die Studierenden das Wort in ausgedruckten schwarzen Einzellettern auf weißen DIN A4

Blättern an die Innenwand des Audimax.

Nur wenige Monate nach der Besetzung nutzten einige der Studierenden die Gelegenheit

der umfassenden Dokumentiertheit der Proteste, um in einer eigenen Publikation

(Heissenberger et al. 2010) ihre Gedanken und Analysen festzuhalten. Das Werk

beinhaltet einen Beitrag, der sich ausschließlich mit der Rolle des Internets innerhalb der

Protestbewegung beschäftigt (Herwig et al. 2010, 210-221). Die AutorInnen beziehen sich

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dabei auf Nicola Dörings (2003) Grundthese, dass das Internet „(..) das Potential der

Entfaltung für unterprivilegierte Personen und Gruppen verbessert hat.“ (Herwig et al.

2010, 210) Nach Julian Rappaport (1984) – so argumentieren die AutorInnen – liege der

Schlüssel zur Überwindung der Ohnmacht der Unterprivilegierten im sogenannten

Empowerment, das eine Entwicklung darstellt, die zum Ergebnis hat, dass sich eine

Person oder eine Gruppe ermächtigt fühlt, die eigene Lebensrealität selbst mitbestimmen

und gestalten zu können. Die AutorInnen beschreiben die Audimaxproteste als möglichen

Versuch eines Empowerments zum „(..) (Wieder-)Erlangen von Kontrolle (..)“ der

Studierenden in der Universitätspolitik. Ein Gedanke, der auch der Grundidee der

partizipatorischen Demokratietheorie ähnelt.

Die jüngere Geschichte der Universitätspolitik zog eine Reihe von (realpolitisch

erfolglosen) Protesten mit sich. 2001 wurden die Studiengebühren von der schwarz-

blauen Bundesregierung eingeführt. Durch die Novellierung des Universitätsgesetzes

2002 mussten die StudierendenvertreterInnen eine Reihe von

Mitbestimmungsmöglichkeiten einbüßen. 2004 führte die Änderung des

Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes unter anderem zur Eliminierung der

Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung. Und nicht zuletzt löste die Verkündung des

Verhandlungsergebnisses der großen Koalition unter Alfred Gusenbauer im Jahr 2007

eine Welle an Protesten aus, da die SPÖ ihr Wahlversprechen, die Studiengebühren

abzuschaffen, nicht einhielt. In keinem der Fälle war es den Protestierenden gelungen,

ihre Forderungen umzusetzen, vielleicht mitunter ein Grund für die nun so vehementen

Ermächtigungsbestrebungen der Studierenden im Audimax.

„Aktivierung, Engagement und Entwicklung von Strategien zum (Wieder-)Erlangen von

Kontrolle können besonders gut in der Interaktion mit anderen und durch die

Unterstützung einer Gruppe mit ähnlichen Interessen entstehen.“ (Herwig et al. 2010,

211) Die AutorInnen führen die Ausweitung der Proteste an Universitäten außerhalb

Wiens und später Österreichs vor allem auf diesen Gedanken zurück. Denn mithilfe des

Webs konnten sich Personen mit ähnlichen Ansichten schneller und einfacher

zusammenfinden.

Stark verweigern sich die AutorInnen, die selbst aktiv an den Protesten teilgenommen

hatten, gegen den Ruf, die Proteste seien ausschließlich eine „Facebook-Revolte“

gewesen. Sie wollen weder den Vergleich zur Protestbewegung im Iran nach den Wahlen

2009 zulassen, in der Twitter eine besondere Rolle spielte, noch jenen zu den 68ern.

Letzteren Vergleich zog unter anderem Michael Fleischhacker, Chefredakteur der Presse

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am 24. Oktober 2009 in seinem Leitartikel. Allerdings verniedlichte der Chefredakteur auf

satirische Weise die Aktivitäten im Audimax, die „(..) man als Internutzer im Echtzeit

verfolgen konnte (..)“.

Warum die Audimaxbewegung so intensiv mit Web-Tools arbeitete, erklären die

AutorInnen einerseits mit der hohen Verbreitung von sozialen Medien unter den

Studierenden und der Web-Affinität im Allgemeinen, aber auch zum Teil aus einer

bewussten Entscheidung heraus. Im Namen der Transparenz – zum Bespiel durch die

Einführung und Beibehaltung des Livecastings, das von der Bewegung Livestream

genannt wurde, sei ungefiltert berichtet worden. Die Folge war ein wenig inszeniertes Bild

der Besetzung, zu vergleichen mit einer Reality-Show, mit dem Unterschied, dass kein

Fernsehstudio anhand eines Drehbuchs das Bild- und Tonmaterial auf die bestwirkenden

Szenen zusammengeschnitten hatte. Die Menschen, die die Plena im Audimax via

Livecasting verfolgten, konnten sich ihre Meinung selbst bilden, ohne dabei nur

Informationen zu erhalten, die zuvor von Presseagenturen, RedakteurInnen oder

kommerziellen MedienpartnerInnen beeinflusst wurden. Dennoch blieb die Rolle der

„Fremdmedien“ eine zentrale. Denn niemand, der/die sich ein Bild von den

Geschehnissen im Audimax machen wollte, hatte 24 Stunden am Tag Zeit, das

Livecasting zu verfolgen und das über mehrere Wochen. Die Zusammenfassungen,

ergänzenden Kommentare und Übersichten in der Entwicklung wurden zu einem großen

Teil von klassischen Medien und BloggerInnen übernommen.

Der Rolle des Livecastings, also der kontinuierlichen audiovisuellen Übertragung der

Ereignisse aus dem Wiener Audimax auf die Computerbildschirme der Menschen via

Internet, war eine zentrale für die Protestbewegung. Zwar hätte durch die umfangreiche

Berichterstattung über verschiedene Kanäle von verschiedenen Menschen in ihrer

Gesamtheit ein treffenderes Bild der Proteste gezeichnet werden können,

Momentaufnahmen trübten jedoch oft das Bild der Proteste, zumal sich keine

unerwünschten Szenen verbergen ließen. Die AutorInnen sprechen in ihrem Beitrag

davon, dass die 68er bestimmt auch abends gefeiert hätten, davon gebe es lediglich

keine so intensive Dokumentation wie es im Fall der Audimax-Besetzung passiert sei.

Es sei intern oft diskutiert worden, ob das Web den Protesten schaden oder sie

unterstützen würde. Denn die zahlreichen Möglichkeiten der Mobilisierung via Internet, vor

allem über Facebook und Twitter waren zwar außer Frage gestellt, die Angst vor

Slacktivism war jedoch groß. Denn wer auch von zuhause aus per Mausklick seine

Solidarität bekunden kann, indem er/sie auf Facebook die Seite „Audimax Besetzung in

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der Uni Wien – Die Uni brennt!“ liket, wird vielleicht nicht im Audimax persönlich

erscheinen, denn die Informationen und sogar die Mitbestimmungsmöglichkeiten waren

online vorhanden. Die AutorInnen verneinen aber letztlich die Frage, ob das Web der

Besetzung geschadet hätte und begründen ihren Entschluss mit Hamm, die 2006 anhand

der britischen NoBorders-Bewegung feststellt, dass „(..) Mediennutzung und mediale

Selbst-Repräsentation zu integralen Teilen des lokal gebundenen Straßenprotests

(geworden seien).“ (Herwig et al. 2010, 213)

Auch in punkto Mobilisierung kam die Protestbewegung zu dem Schluss, dass das Web

die Möglichkeiten um bisher nicht bekannte Dimensionen erweiterte. Mit weniger Aufwand

war es leichter als früher möglich, mehr Menschen zu erreichen. Quantitativ stellt das

Web also in jedem Fall eine Verbesserung dar. Denn wie Abbildung 3 zeigt, verfügten im

Jahr 2009 bereits 75 Prozent der österreichischen Haushalte über Internet-Zugang. „Die

14 bis 29-jährige Bevölkerung ist mit einer Penetrationsrate von 97 % praktisch zur Gänze

online.“40

Abb. 3: Austrian Internet Monitor: Ausstattung der österreichischen Haushalte

                                                                                                               40 ORF Medienforschung: Austrian Internet Monitor (AIM) – 1. Quartal 2010. http://mediaresearch.orf.at/index2.htm?internet/internet_aim.htm, 28.02.2011.

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(

Quelle: ORF Medienforschung, 2010)

Herwig et al. (2010, 214) beschreibt nach Stürmer und Simon (2009) die vier Schritte des

Aktiv-Werdens in einem Protest. Grundlage und somit Schritt eins ist die „Sympathie für

die Anliegen des Protests“, gefolgt von Schritt zwei: Die Person muss „(..) von den

mobilisierenden Aufforderungen erreicht werden (..)“. An dritter Stelle steht die Motivation

mitzumachen, die entwickelt werden muss. Am Ende dieser Theorie ist der vierte und

letzte Schritt die Beseitigung der Schwierigkeiten, die eine Person an der Teilnahme

hindern können. Der beschriebene Weg zum Protest berücksichtigt zwei zentrale Mittel

der Aktivierung nicht, die den Wiener Audimax-BesetzerInnen durchaus zu einer

ausgeprägten Beteiligung verholfen haben: Zum einen muss die Protestbewegung

Aktivitätsmöglichkeiten offerieren und im weiteren Schritt Freiraum für die Eigenkreation

von Aktivitätsmöglichkeiten schaffen.

Die BesetzerInnen haben von Anfang an viel dokumentiert. Ihr Wissen haben sie über ein

eigens eingerichtetes Unibrennt-Wiki dokumentiert und geclustert. Das Funktionieren des

Wikis liege nicht allein an der Tatsache, dass viele Menschen Inhalte lieferten, sondern

vor allem auch daran, dass viele Menschen regelmäßig und schnell kontrollierten und

korrigierten.

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Eine weitere Form des Clusterings stellt der Hashtag auf Twitter dar. Diese Funktion wird

durch die Kombination des Zeichens # (Raute) und einem Schlagwort ausgelöst und fasst

an einer Stelle alle Tweets zusammen, die mit diesem Schlagwort versehen sind. Die

meistgenutzten Hashtags der AudimaxistInnen waren #unsereuni und #unibrennt. Im

Zeitraum von 23. Oktober bis 31. Dezember 2009 haben 8.898 verschiedene Twitter-

Accounts mindestens einmal den Hashtag #unibrennt oder #unsereuni verwendet.

Insgesamt 95.743 Tweets wiesen mindestens eines der beiden Schlagworte auf.

#unibrennt wurde 74.144 getwittert, #unsereuni 47.911 mal. 7.541 Twitter-Accounts (=

84,7 Prozent) haben weniger als zehn mal zum Thema getwittert. Sie produzierten 18.760

Tweets, oder 19,6 Prozent aller Tweets. Dagegen haben 155 Accounts (1,7 Prozent aller

Accounts), mindestens 100 mal zum Thema getwittert (42.591 Tweets oder 44,5 Prozent)

(Herwig et al. 2010, 216-220).

Gemäß dem Prinzip des Empowerments empfinden die beteiligten Individuen am Ende

des Prozesses ein Gefühl, die Macht zu haben, etwas zur Veränderung ihrer Umwelt

beitragen zu können. Die Online-Beteiligungsmöglichkeiten tragen hierzu ihren Teil bei

(Herwig et al. 2010, 220).

6.3.4 unibrennt als Protest 2.0  Wie das strukturelle Zusammenspiel der Besetzung und ihrer Kommunikationsformen

funktionierte, soll im Folgenden erörtert werden. Im Fokus des Vergleichs stehen

Parallelen in der Organisationsstruktur der Besetzung und der Funktionsweise der

eingesetzten Web 2.0 Tools.

Die BesetzerInnen verstanden sich von Anfang an als eine soziale Bewegung im Sinne

eines mobilisierten Netzwerks, die auf eine gewisse Dauer ihre eigene kollektive Identität

entwickelte und ihr eigenes Handlungssystem darauf aufbauen. Ziel war es von Beginn

an, den sozialen Wandel durch öffentliche Proteste herbeizuführen. (Neidhardt/Rucht

1991, 450). Neben der netzwerkartigen Struktur der Besetzung gibt es eine weitere

Parallele, die die Entscheidungsfindung betrifft.

Das Bedürfnis nach Mitbestimmung und Gleichberechtigung spiegelt sich in der Art des

Medieneinsatzes der AudimaxistInnen wieder. Dass das Internet sich im Laufe der

Besetzung als Hauptdrehscheibe für Informationen und Inhalte und zur Kommunikation in

organisatorischen Belangen etablierte, ist kein Zufall. In klassischen Polit-Medien wie

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Zeitung, Hörfunk und Fernsehen herrscht zwischen SenderInnen und EmpfängerInnen

eine Hierarchie: Die EmpfängerInnen erfahren durch agenda setting und gatekeeping

ausschließlich vorselektierte Themen und Meinungen. Das Internet hingegen stärkt den

politischen Dialog durch potentielle Interaktivität (Filzmaier/Plaikner/Duffek 2007, 296).

Die gesenkte Hemmschwelle zur Partizipation, die weit verbreitete Social Networks mit

sich bringen, erlaubt es, mit wenig Aufwand an Informationen zu gelangen und, wie

beispielsweise im Falle der Besetzungen, ein Projekt zu unterstützen. „In traditionellen

Massenmedien kommunizieren im Regelfall eine Person oder wenige Personen als

Informationsanbieter mit einem großen Publikum. Eine wechselseitige und sogar

zeitgleiche Kommunikation von großen Gruppen ist nur durch das Internet möglich. (..)

Diskussionsforen, Chats und E-Mails offerieren zumindest quantitativ eine neue

Dimension der Interaktivität, die in traditionellen Medien lediglich rudimentär vorhanden

ist.“ (ebd.)

Vor allem das Web 2.0, also Internetplattformen wie Facebook, Wikipedia oder YouTube

ermöglichen den UserInnen, ihre eigenen Inhalte zu verbreiten und eigenständig eine

Webpräsenz zu verwalten. Der Austausch funktioniert auf einer weitgehend

gleichberechtigten Basis. Der Gedanke, dass jede Person die Möglichkeit haben sollte,

sich in eine Diskussion einzubringen, herrscht vor. Eine Arbeitsweise, die jener der

AudimaxistInnen gleicht. Die Interaktivität des Internets zu nutzen verstand die

Protestbewegung rund um das Wiener Audimax bis dahin so gut wie keine andere in der

Geschichte. So wurde die Möglichkeit, die Veranstaltungen und Plena im Audimax per

Videocasting zu verfolgen bis zum 8. Jänner 2010 genau 643.921 mal genützt. Am 1.

März 2010 hatte die Audimax-Besetzung 30863 Facebook-Fans41.

Dass die Protestwelle von Wien aus fast alle Universitäten Österreichs und hunderte

Hochschulen in Europa und auf der ganzen Welt erreichte, ist darauf zurück zu führen,

dass das Internet ein Medium ist, das keine regionalen Grenzen kennt. Und auch manche

Forderungen, wie jene nach offenem und freiem Bildungszugang hatten internationalen

Charakter haben. So fiel es Studierenden anderer Universitäten leicht, sich mit den

Inhalten, die sie im Web fanden, im ersten Schritt zu identifizieren, sich im zweiten Schritt

online zu solidarisieren und anschließend an eigenen Uni selber eine Bewegung zu

starten.

Allerdings äußerten sich innerhalb der Studierendenbewegung auch kritische Stimmen

                                                                                                               41 Zum Zeitpunkt der Besetzung lautete der Name einer Person, die sich per Klick einer Facebook-Page zugehörig fühlt noch „Fan“. Mittlerweile ist Facebook von diesem Wording abgekommen. Pages können nur noch geliket werden, der Begriff Fan existiert in der Facebook-Welt nicht mehr.

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zum offenen Umgang mit dem Internet. Die Sorge, dass die eigene Privatsphäre durch

Social Networks unter die Räder geraten könnte, ist mit Sicherheit nicht unbegründet.

Durch das Sammeln und Archivieren persönlicher Daten durch große Internetplattformen

und den unbedachten Umgang mit Bild- und Videomaterial fürchteten viele Protestierende

das Ende ihrer Anonymität und dadurch eine nachträgliche Repression. Für die Linke

befindet sich das Web 2.0 in einem Spannungsfeld zwischen dem Anspruch

basisdemokratische Partizipationsmöglichkeiten zu schaffen auf der einen Seite und der

Wahrung des Datenschutzes auf der anderen.

Auch außerhalb der audimaxistischen Lebensrealität sieht die Medienwissenschaft Vor-

und Nachteile des politischen Einsatzes des Internet. Neben der skeptischen Position, die

davon ausgeht, dass zwischen Individuen und der politischen Öffentlichkeit eine soziale

Barriere existiert, die die Verfügbarkeit von Information begrenzt, steht die enthusiastische

Position, die das Internet als unterstützendes Element für die Öffentlichkeit sieht (vgl.

Jarren/Donges 2006, 112-113).

Diese „(...) prognostiziert einen starken und positiven Einfluss des Internets auf die Strukturen von Öffentlichkeit und auf politische Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse. Durch das Internet würden die Bürgerinnen und Bürger untereinander mehr kommunizieren können als bisher. (..) Es gebe, so die häufig verwendete Metapher, einen direkten Draht zwischen Bevölkerung und Politik, der auch intensiv genutzt werde. Dadurch würden mehr Menschen als bisher an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsaspekten teilnehmen (..). Durch einen erwarteten Zuwachs der Kommunikationsmöglichkeiten und des politischen Wissens, würden Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt, ihre Anliegen auch qualitativ besser als bisher in den politischen Prozess einzubringen.“ (Jarren/Donges 2006, 112)

Trotz aller Vor- und Nachteile, trotz Euphorie und Kritik, die Mechanismen und

Denkweisen von Protestbewegung und Web 2.0 sind ident: Beide glauben an die

Weisheit der Vielen, beide verzichten auf Hierarchien, beide sind offen und regulieren sich

selbst. Das Web 2.0, das sogenannte Mitmach-Internet geht Hand in Hand mit dem

Mitmach-Protest, dem Protest 2.0.

 

6.4 Ableitungen

Der Einsatz sozialer Medien und digitaler Partizipationsmöglichkeiten in der unibrennt-

Bewegung hat gezeigt, dass die Mobilisierung einer großen Gruppe an

SympathisantInnen schneller, breiter und effektiver möglich ist als früher. Online-Tools zu

verwenden allein reicht aber noch nicht, um ein Momentum auslösen zu können. Ein

umfassend gültiges Erfolgsrezept gibt es nicht, aber aus den Erfahrungen der Audimax-

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Proteste können Thesen abgeleitet werden, die im Kontext der Bewegung mit großer

Wahrscheinlichkeit zum Mobilisierungserfolg beigetragen haben.

Ein Phänomen, das sich sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis als richtig erweist,

ist der Vorteil des Internets, im speziellen der sozialen Medien, im Bezug auf die

Möglichkeit als Interessengruppe mit scheinbaren Randthemen gesellschaftliche

Aufmerksamkeit zu erlangen. Traditionelle Machstrukturen werden durch den Einsatz von

neuen Medien aufgebrochen und schaffen es so dennoch in der Öffentlichkeit

wahrgenommen zu werden. (vgl. Feick 2007)

Ein Erfolgskriterium der Internetkommunikation der AudimaxistInnen war ihr Wissen um

die Lebensrealität der Studierenden, nicht zuletzt, weil die aktiven BesetzerInnen selber

zu dieser Gruppe gehörten. Bei einem jungen Zielpublikum kann davon ausgegangen

werden, dass eine hohe Affinität zum Internet besteht. Der virtuelle Part des Lebens ist

vor allem bei digital natives mittlerweile zur Lebensrealität geworden. Eine Tatsache, die

akzeptiert werden muss. Online-Aktivität gering zu schätzen wäre ein Nicht-Akzeptieren

einer ganzen Jugendkultur. Aktivitätsmöglichkeiten wurden somit dort gesetzt, wo sich die

Zielgruppe ohnehin aufhielt.

Wer in sozialen Medien kommuniziert, muss authentisch und ehrlich sein. Lügen,

Propaganda und billige Werbung werden von der Community sofort enttarnt. Das System

reguliert sich durch die UserInnen selbst. Wer Teil der Gruppe sein will, muss sich ihr

öffnen. Nach diesen Ideen handelten AktivistInnen bewusst oder unbewusst. Die

abgeflachten Hierarchien gingen Hand in Hand mit einer Many-to-many-Kommunikation,

die auf Augenhöhe passierte. Respektvoller Umgang mit anderen UserInnen, das

Einhalten der Nettiquette und eine faire Diskussionskultur machten die unibrennt-

Bewegung zu einem attraktiven und sympathischen Angebot – auch für Studierende, die

bis dahin nicht in Berührung mit hochschulpolitischen Aktionen kamen.

Dass die Meinung der UserInnen gleichzeitig der digitale Content der Bewegung war,

wussten die internet-affinen BesetzerInnen. Das Web 2.0 lebt von der Meinung und

Bewertungen der UserInnen. Diese stehen im Mittelpunkt des Systems. Möglichkeiten zur

Artikulation zu bieten ist Strukturerhaltung und somit unbedingt notwendig.

Nie zuvor war die Möglichkeit über Geschehnisse zu berichten so vielfältig und einfach

wie heute: Text, Bild und Ton lassen sich (auch in kombinierter Form) einbinden und

ermöglichen Wahrnehmung auf vielsinnige Art. Durch die crossmediale und digitale

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Kommunikationsweise der AktivistInnen lieferten sie nicht nur live Einblicke in ihre

Tätigkeiten, sondern ermöglichten es auch, noch in vielen Jahren auf die Besetzung

zurückblicken zu können.

Der richtige Umgang mit neuen Medien kann die Qualität des politischen Protests massiv

verbessern und Mobilisierungspotentiale besser ausschöpfen. Durch vernetzte Systeme

im Bereich der neuen Medien kann sich eine „Army of Davids“42 im Kampf gegen Goliath

formieren, organisieren und vielleicht sogar behaupten.

                                                                                                               42 Mit der Metapher der „Army of Davids“, die gemeinsam im Kampf gegen den übermächtig scheinenden Goliath eine Chance auf den Sieg hat, arbeitet auch US-Kampagnenmanager Joe Trippi. Er leitete die Wahlkampagne des Vermonter Gouverneurs Howard Dean im Jahr 2004 in den Primaries der Demokraten zur Präsidentschaftswahl. Trippi wurde für seine innovativen Online-Kampagnenstrategien und den Einsatz von Grassrouts-Elementen im Wahlkampf bekannt. (vgl. Trippi 2008)

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7 Conclusio

Studentische Partizipation ist digital geworden. Kurzzeitig. Denn ohne Beschönigung

muss festgestellt werden, dass die Experimente der elektronischen Mitbestimmung rund

um Österreichs Hochschulen großteils fehlgeschlagen sind.

E-Voting wurde zwar bei den ÖH-Wahlen 2009 umgesetzt, jedoch von den Studierenden

kaum in Anspruch genommen. Für die darauffolgende Wahl 2011 steht bereits fest, dass

die elektronische Wahl keine Anwendung mehr finden wird. Zu gering war die

Wahlbeteilung der E-VoterInnen zuvor, zu hoch die Kosten und zu groß der Widerstand.

Im Sinne der kompetitiven Demokratietheorie kann festgehalten werden, dass die Kosten-

Nutzen-Rechnung für alle Beteiligten negativ ausfiel. Sowohl für die Studierenden, als

auch für die ÖH und das BM:WF. Der Wahlmodus wird eine Stufe zurückgesetzt, zurück

zur Papierwahl.

Die wenigen Urabstimmungen unter den Studierenden – davon wurde zwei in digitaler

Form umgesetzt – sind scheinbar kein Mittel, von dem die VertreterInnen der

HochschülerInnenschaft gerne Gebrauch machen. Die beschriebenen Praxisbeispiele

zeigen, dass der derzeitige Modus fehleranfällig ist und die rechtlichen Hürden zu groß

sind, um eine erfolgreiche Urabstimmung durchführen zu können. Die punktuelle

Mitbestimmung von Studierenden über Sachfragen ermöglicht im Wettstreit der Ideen

zwar einen Diskurs innerhalb der involvierten Interessenverbände, realpolitische

Veränderungen konnten damit aber kaum erzielt werden.

Im Vergleich der drei Praxisbeispiele scheint die unibrennt-Bewegung durch die

Digitalisierung der Mobilisierungsmöglichkeiten und Mannigfaltigkeit der

Partizipationselemente durch neue Medien am meisten profitiert zu haben. Dennoch: Der

nachhaltige Effekt und der realpolitische Outcome der Studierendenbewegung sind

gering.

In Bezug auf den Einsatz digitaler Methoden ist trotz allem festzuhalten, dass die

beschriebenen Beispiele eine Vorreiterrolle in der österreichischen Politik spielten.

Anhand der dabei gewonnenen Erfahrungen sollten Ableitungen für zukünftige

Partizipationsprojekte getroffen werden.

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Schafft man es beispielsweise das E-Voting transparenter zu gestalten sowie

demokratiepolitische Bedenken aus dem Weg zu räumen und somit die Gegenstimmen

zu minimieren, könnte die elektronische Wahl ein erfolgversprechendes Projekt werden.

Schafft man es beispielsweise die HSG-Bestimmungen zur Durchführung einer

Urabstimmung zu lockern und gemeinsam mit den Verbesserungen einer elektronischen

Wahl zu verbinden, könnte die digitale Partizipation an Sachfragen zum studentischen

Alltag werden.

Schafft man es beispielsweise neue Formen der politischen Betätigung und

Ehrenamtlichkeit – online und offline – anzubieten, wie es die unibrennt-Bewegung

vorgezeigt hat, könnte die Gruppe der politisch aktiven Menschen vergrößert und ihr

Engagement intensiviert werden.

Die Frage, ob wir für digitale Demokratie bereit sind, lässt sich aber nicht nur mit

Lösungsansätzen in Bezug auf die praktische Durchführung beantworten. Auch das

Problem der digitalen Kluft und der digitalen Spaltung muss beseitigt werden. Ob das

Schließen der Kluft durch mehr Online-Mitbestimmung herbeigeführt werden kann, oder

ob diese erst ihre Berechtigung hat, sobald die Kluft geschlossen, ist ein komplexes

Dilemma, und gleichzeitig ein offenes Forschungsgebiet an dem gearbeitet werden muss.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die theoretischen Ideen der digitalen

Demokratie der derzeitigen politischen Praxis davon laufen. Jene aber, die es schaffen

werden, digitale Partizipation auf einer vertrauensvollen Basis um- und einzusetzen,

könnten so die Sicht der Bevölkerung auf die Politik verbessern und eine nachhaltige

Aufwertung der Mitbestimmung an sich bewirken.

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8 Bibliographie

8.1 Wissenschaftliche Literatur  Althaus, Marco: Kampagne! Neue Strategien für Wahlkampf, PR und Lobbying. 3. Auflage, Münster 2002. Althaus, Marco: Über und unter der Gürtellinie. Negative Campaigning und die professionelle Ethik des Angriffs, in: Rademacher, Lars (Hg.): Politik nach Drehbuch, Münster 2005, S. 110-137. Althaus, Marco/ Machnick, Doreen: Die öffentliche E-Petition: Wie sich der Bundestag für Lobbykampagnen öffnet, in: Althaus, Marco (Hg.): Kampagne! 3. Neue Strategien im Grassrouts Lobbying für Unternehmen und Verbände. Berlin 2007, S. 435-457. Baumgartner, Rosina: Die Urabstimmung über die Pflichtmitgliedschaft in der Österreichischen Hochschülerschaft. Diplomarbeit, Universität Wien 1992. Baminger, Michael: Negative Campaigning als Marketing Tool in der Politik. Grundlagen, Kategorisierung und Aspekte der Verwendung in der Praxis. Diplomarbeit, Johannes Kepler Universität Linz 2006. Bruckner, Christian/Blaha, Barbara/Nentwich-Bouchal, Rosa/Kuchler, Karin/Schukovits, Daniel: 60 Jahre Österreichische HochschülerInnenschaft. Wien 2006. Buchstein, Hubertus: Anthony Downs, in: Massing, Peter/Breit, Gotthard (Hg.): Demokratie-Theorien. Von der Antike bis zur Gegenwart. Texte und Interpretationen. Bonn 2005, S. 233-241. Downs, Anthony: Ökonomische Theorie der Demokratie. Thübingen 1968. Döring, Nicola: Sozialpsychologie des Internet. Die Bedeutung des Internet für Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen. Göttingen 2003. Egger, Alexander/Frad, Thomas: Hochschülerschaftsgesetz und Studentenheimgesetz. Einführung, Texte, Materialien, Entscheidungen, Anmerkungen. Wien 2000. Esser, Frank/Reinemann, Carsten/Fan, David: Spin Doctors in the United States, Great Britain, and Germany. Metacommunication about Media Manipulation, in: The Harvard International Journal of Press / Politics, Ausgabe 6(1), Thousand Oaks, 2001, S. 16-46. Filzmaier, Peter/Plasser, Fritz: Politik auf amerikanisch. Wahlen und politischer Wettbewerb in den USA. Wien 2005. Feick, Jürgen: Demokratische Partizipation im Zeitalter des Internets, in: Dolata, Ulrich/Werle, Raymund (Hg.): Gesellschaft und die Macht der Technik. Sozioökonomischer und institutioneller Wandel durch Technisierung. Frankfurt/New York 2007. Fraenkel, Ernst: Deutschland und die westlichen Demokratien. 3. veränderte Auflage. Stuttgart 1968.

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8.2 Andere Quellen

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APA 1987f: Um Studentenproteste und Urabstimmung 1. APA0063, 17.11.1987. APA 1987g: ÖH: Zentralausschuß bestätigt Szyszkowitz. APA0111, 01.12.1987. APA 2009a: E-Voting 2 - Wo Kritiker Manipulationsgefahr sehen. APA0156, 05.01.2009. APA 2009b: ÖH-Wahl - Fachschaftslisten orten Ungereimtheiten bei E-Voting. APA0371, 20.02.2009. APA 2009c: E-Voting: Stimmencheck bei ÖH-Wahl jetzt fix. APA0257, 12.03.2009. APA 2009d: ÖH-Wahl - Umfrage: 85 Prozent der Studenten begrüßen E-Voting. APA0079, 15.03.2009. APA 2009e: ÖH-Wahl: GRAS lassen E-Voting erneut von Datenschutzkommission prüfen. APA0353, 02.04.2009. APA 2009f: ÖH-Wahl: Linke Fraktionen starten Kampagne gegen E-Voting. APA0271, 09.04.2009. APA 2009g: ÖH-Wahl: GRAS und Grüne kündigen Anfechtung wegen E-Voting an. APA0264, 29.04.2009. APA 2009h: ÖH-Wahlen: E-Voting 2 - Gegner sprechen von ersten Pannen. APA0263, 18.05.2009. APA 2009i: E-Voting: Fast 500 Teilnehmer, Pannen und Störversuche am ersten Tag. APA0520, 18.05.2009. APA 2009j: ÖH-Wahlen: Kein Abbruch von E-Voting wegen "administrativer Fehler". APA0278, 19.05.2009. APA 2009k: ÖH-Wahlen - Jurist Mayer: Internet-Stimmzettel "rechtswidrig". APA0347, 19.05.2009. APA 2009l: ÖH-Wahlen: Rund 2.200 Studenten haben online gewählt. APA0549, 22.05.2009. APA 2009m: ÖH-Wahl: An sieben Unis hat niemand per Internet gewählt. APA0609, 28.05.2009. APA 2009n: ÖH-Wahl: Auszählung der E-Voting-Stimmen abgeschlossen. APA0662, 28.05.2009. APA 2009o: ÖH-Wahl: Hahn mit Premiere von E-Voting sehr zufrieden. APA0006, 29.05.2009. APA 2009p: ÖH-Wahl: 20 Stunden nach Wahlschluss noch immer Unklarheiten. APA0355, 29.05.2009. APA 2009q: ÖH-Wahl: Glückwünsche für AG, Kritik an E-Voting. APA0400, 29.05.2009. APA 2009r: ÖH-Wahl an Uni Wien wird aufgehoben. APA0618, 01.12.2009.

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APA 2010a: ÖH-Wahl: Berufungs-Hagel gegen Entscheidungen der Wahlkommission. APA0205, 29.01.2010. APA 2010b: E-Voting: Karl sagt elektronische Stimmabgabe für ÖH-Wahl 2011 ab. APA0313, 02.04.2010. APA-OTS 2000: STUDIENGEBÜHREN: GRÜNE UND GRAS FÜR STUDENTINNEN-URABSTIMMUNG GRÜNEWALD und GRAS-Bundessprecherin Weinberger: "Existenz der ÖH gefährdet. Mitspracherecht der StudentInnen gewährleisten. OTS0083, 27.09.2000. Oder: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20000927_OTS0083/studiengebuehren-gruene-und-gras-fuer-studentinnen-urabstimmung-gruenewald-und-gras-bundessprecherin-weinberger-existenz-der-oeh-gefaehrdet-mitspracherecht-der-studentinnen-gewaehrleisten, 28.02.2011. APA-OTS 2005: Studierende der Medizinischen Universität Wien votieren bei Urabstimmung für Eignungsprüfungen vor Studienbeginn. OTS0131, 06.06.2005. Oder: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20050606_OTS0131/studierende-der-medizinischen-universitaet-wien-votieren-bei-urabstimmung-fuer-eignungspruefungen-vor-studienbeginn, 28.02.2011. APA-OTS 2008: ÖH Uni Wien: Wahlkommission tritt wegen E-Voting-Regelung zurück. OTS0058, 16.12.2008. Oder: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20081216_OTS0058/oeh-uni-wien-wahlkommission-tritt-wegen-e-voting-regelung-zurueck, 28.02.2011. APA-OTS 2009: Urabstimmung an der Karl-Franzens-Universität parallel zu ÖH-Wahl. OTS0201, 25.05.2009. Oder: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090525_OTS0201/urabstimmung-an-der-karl-franzens-universitaet-parallel-zu-oeh-wahl, 28.02.2011. Fleischhacker, Michael: Logik statt Twitter. Leitartikel, in: Die Presse, 24.10.2009. Oder: Die Presse Online, http://diepresse.com/home/meinung/kommentare/fleischhacker/517176/Logik-statt-Twitter, 28.02.2011.

8.2.2 Gesetzestexte B-VG: Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF. Oder: Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramts (RIS), https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000138, 28.02.2011 EMRK: KONVENTION ZUM SCHUTZE DER MENSCHENRECHTE UND GRUNDFREIHEITEN, BGBl. Nr. 59/1964 idgF. Oder: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000308, 28.02.2011. HSG: Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden (Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998), BGBl I Nr. 1/2005 idgF. Oder: Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramts (RIS), https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010113, 28.02.2011.

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8.2.3 Protokolle und Berichte  BM:WF 2010: Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlen 2009. Evaluierungsbericht. Wien 2010. ÖH-BV 2004a: Protokoll, 1. außerordentliche BV-Sitzung im Wintersemester 2004/2005 vom 19.11.2004, http://www.oeh.ac.at/uploads/media/2004-11-19_-_1.ao.BV_WS_2004-2005_-_Protokoll_01.pdf, 28.02.2011. ÖH-BV 2004b: Protokoll, 2. außerordentliche BV-Sitzung im Wintersemester 2004/2005 vom 26.11.2004, http://www.oeh.ac.at/uploads/media/2004-11-26_-_2.ao.BV_WS_2004-2005_-_Protokoll_01.pdf, 28.02.2011. ÖH Uni Graz 2009: Protokoll, 1. ordentliche Sitzung der Universitätsvertretung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Universität Graz (ÖH Uni Graz) im Sommersemester 2009 vom 20.3.2009, http://www.oeh.uni-graz.at/_pdf/4a167e3f39e7b.pdf, 28.02.2011.

8.2.4 Ausschließliche Internetquellen Bieber, Christoph: Christoph Meißelbach: Web 2.0 – Demokratie 3.0?. Einzelrezension, 17.08.2010, in: rezensionen:kommunikation:medien, http://www.rkm-journal.de/archives/2395, 28.02.2011. BM:I Online: E-Voting. http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_wahlen/wahlrecht/E_Voting.aspx, 28.02.2011. derstandard.at, 29.06.2009: GRAS-Kandidatin Sigrid Maurer neue Studenten-Chefin. http://derstandard.at/1245820341514/OeH-GRAS-Kandidatin-Sigrid-Maurer-neue-Studenten-Chefin?seite=7, 28.02.2011. derstandard.at, 10.02.2005: "Regierung bitte warten". http://derstandard.at/1864604, 28.02.2011. derstandard.at, 10.02.2005: Urabstimmung abgelehnt. http://derstandard.at/1864573?sap=2&_slideNumber=1&_seite, 28.02.2011. Die Presse Online, 03.04.2010: ÖH-Wahl 2011: Aus für die Online-Wahl. http://diepresse.com/home/bildung/universitaet/556208/OeHWahl-2011_Aus-fuer-die-OnlineWahl, 28.02.2011. JKU Online, 28.04.2006: Studierende an der JKU Linz entscheiden über Semesterticket.

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