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AKTUELLE MEDIZIN KRITISCH GELESEN Rifaximin verbessert die Prognose der Leberzirrhose Bei Patienten mit alkoholischer Leberzirrhose verringert die Dauertherapie mit dem Antibiotikum Rifaximin die portale Hypertension und verbessert die Prognose. - Die portale Hypertension bei Patien- ten mit Leberzirrhose führt zu Kompli- kationen wie Aszites, Ösophagusvari- zenblutung, hepatischer Enzephalopa- thie, spontaner bakterieller Peritonitis und dem hepatorenalen Syndrom. Alle diese Faktoren tragen zur Verringerung der Lebenserwartung dieser Patienten bei. Nach Jahrzehnten des Stillstands zeichnet sich nun eine neue erapie- option ab. In einer Kurzzeitstudie konnte bereits gezeigt werden, dass sich die Leberhämodynamik durch die Ver- abreichung des nur intraluminal wir- kenden Antibiotikums Rifaximin deut- lich bessert. 23 Patienten mit dekompensierter al- koholischer Leberzirrhose (Child-Pugh >7) und Aszites wurden nun in einer Langzeitstudie mit täglich 1200 mg Rifaximin p. o. behandelt. Als Kont- rollgruppe dienten 46 vergleichbare Patienten, die mit Ausnahme von Rifa- ximin in konventioneller Weise thera- piert wurden. Im Verlauf der bis zu fünährigen Behandlungszeit kam es in der Rifaxi- min-Gruppe zu signifikant weniger Ösophagusvarizenblutungen (35% vs. 59,5%), hepatischer Enzephalopathie (31,5% vs. 47%), spontaner bakterieller Peritonitis (4,5% vs. 46%) und einem hepatorenalen Syndrom (4,5% vs. 51%). Entsprechend war die kumulative Wahrscheinlichkeit des Überlebens bei den mit Rifaximin behandelten Patien- ten signifikant höher als bei den Kont- rollen (61% vs. 13,5%, siehe Abb.). In einer multivariaten Analyse erwies sich die Anwendung von Rifaximin als un- abhängig assoziiert mit einem niedrige- ren Risiko für die genannten Kompli- kationen. J. Vlachogiannakos et al. (Korres.: [email protected]): Lomg-term admi- nistration of Rifaximin improves the prognosis of patients with decompensated alcoholic cirrhosis. J Gastroenterol Hepatol 2013;28:450–455 Die Mechanismen, wie es zu dieser günsti- gen Entwicklung kommt, sind noch nicht voll verstanden. Immerhin ist bekannt, dass es bei Patienten mit Leberzirrhose zu einem erhöhten Anfall von Endotoxinen, TNF- α, IL-1 und IL-6 kommt. Möglicherweise verän- dert das nicht resorbierbare Antibiotikum die Darmflora von Patienten mit Leberzir- rhose und wirkt sich auf diese Weise günstig auf die Toxinbildung aus. Die Daten dieser Fall-Kontroll-Studie sind jedenfalls so über- zeugend, dass eine prospektive randomi- sierte und kontrollierte Studie sicher ge- rechtfertigt ist. Prof. Dr. med. H. S. Füeßl Abb. 1 Kumulative Überlebenswahrscheinlichkeit von Patienten mit Leberzirrhose unter Rifaximin-Behandlung im Vergleich zur Kontrollgruppe. Abbildung 1 © Arteria Photography Spider naevi bei alkoholischer Leber- zirrhose. Kommentar MMW-Fortschr. Med. 2014; 156 (14) 35 Rifaximin Kontrollgruppe 100 80 60 40 20 0 0 12 24 36 48 60 23 46 Risikopatient Rifaximin Kontrollgruppe 22 41 18 24 15 13 10 9 9 6 Zeit (Monate) Überleben (%)

Rifaximin verbessert die Prognose der Leberzirrhose

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AKTUELLE MEDIZIN_KRITISCH GELESEN

Rifaximin verbessert die Prognose der Leberzirrhose

Bei Patienten mit alkoholischer Leberzirrhose verringert die Dauertherapie mit dem Antibiotikum Rifaximin die portale Hypertension und verbessert die Prognose.

−Die portale Hypertension bei Patien-ten mit Leberzirrhose führt zu Kompli-kationen wie Aszites, Ösophagusvari-zenblutung, hepatischer Enzephalopa-thie, spontaner bakterieller Peritonitis und dem hepatorenalen Syndrom. Alle diese Faktoren tragen zur Verringerung der Lebenserwartung dieser Patienten bei.

Nach Jahrzehnten des Stillstands zeichnet sich nun eine neue � erapie-option ab. In einer Kurzzeitstudie konnte bereits gezeigt werden, dass sich die Leberhämodynamik durch die Ver-abreichung des nur intraluminal wir-kenden Antibiotikums Rifaximin deut-lich bessert.

23 Patienten mit dekompensierter al-koholischer Leberzirrhose (Child-Pugh >7) und Aszites wurden nun in einer Langzeitstudie mit täglich 1200 mgRifaximin p. o. behandelt. Als Kont-

rollgruppe dienten 46 vergleichbare Patienten, die mit Ausnahme von Rifa-ximin in konventioneller Weise thera-piert wurden.

Im Verlauf der bis zu fün� ährigen Behandlungszeit kam es in der Rifaxi-min-Gruppe zu signi� kant weniger Ösophagusvarizenblutungen (35% vs. 59,5%), hepatischer Enzephalopathie (31,5% vs. 47%), spontaner bakterieller Peritonitis (4,5% vs. 46%) und einem hepatorenalen Syndrom (4,5% vs. 51%). Entsprechend war die kumulative Wahrscheinlichkeit des Überlebens bei den mit Rifaximin behandelten Patien-ten signi� kant höher als bei den Kont-rollen (61% vs. 13,5%, siehe Abb.). In einer multivariaten Analyse erwies sich die Anwendung von Rifaximin als un-abhängig assoziiert mit einem niedrige-ren Risiko für die genannten Kompli-kationen.

■ J. Vlachogiannakos et al. (Korres.: [email protected]): Lomg-term admi-nistration of Rifaximin improves the prognosis of patients with decompensated alcoholic cirrhosis.J Gastroenterol Hepatol 2013;28:450–455

Die Mechanismen, wie es zu dieser günsti-gen Entwicklung kommt, sind noch nicht voll verstanden. Immerhin ist bekannt, dass es bei Patienten mit Leberzirrhose zu einem erhöhten Anfall von Endotoxinen, TNF-α, IL-1 und IL-6 kommt. Möglicherweise verän-dert das nicht resorbierbare Antibiotikum die Darm� ora von Patienten mit Leberzir-rhose und wirkt sich auf diese Weise günstig auf die Toxinbildung aus. Die Daten dieser Fall-Kontroll-Studie sind jedenfalls so über-zeugend, dass eine prospektive randomi-sierte und kontrollierte Studie sicher ge-rechtfertigt ist.

Prof. Dr. med. H. S. Füeßl ■Abb. 1 Kumulative Überlebenswahrscheinlichkeit von Patienten mit Leberzirrhose unter Rifaximin-Behandlung im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Abbildung 1

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Spider naevi bei alkoholischer Leber-zirrhose.

Kommentar

MMW-Fortschr. Med. 2014; 156 (14) 35

Rifaximin

Kontrollgruppe

100

80

60

40

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00 12 24 36 48 60

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RisikopatientRifaximinKontrollgruppe

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