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Klient sowie eine Nachuntersuchung nach Ablauf von acht Monaten. Tests wurden unmitrelbar vbr Beginn derTherapie, mehrmals während der Therapie und inmicelbar näch Abschluß der Therapie durchgeführt. Von dem Gefühl, ,mit der Flur zu rreiben., gelangte Mr.Tapa zu dem Gefühl, sein Leben selbst zu sreuern. Er wurde in wachsendem Maß kreativ und produktiv. Seine Kommunikation mit anderen und mit seinem eigenen Selbst verbesserte sich, und statt sich gegen die Gesellschaft zu srellen, verspürte er den Wunsch, einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Sein Vertrauen und sein Unabhängigkeirsgefühl waren gewachsen. Literatur BUTLER, J.M. u. HArcH, c.v., "Changes in the relation between self_ concepts and. ideal conceprs conrequint upon client-centered counsel_ ng", n lsychotherapy and Personality Change, Hrsq.: c. R. RocERs u. R.DyMoND, University of Chicago press, Clicago-l)54. FREUD, s., Die endliche und die unindliche Analysä G.\ü.XVI, Frank_ furt: S. Fischer Verlas. RANK, o., WillTherapy, Alfred A. Knopf, New york 1936. Ro-cERs, c.x., Coznseling and Psycbotherapy.Houghton Mifflin, Ne*. York 1942. RocERs, c. n., "Jls case of Mrs. Oak: A research analysis., in: psycho_ tberapy and Peronality Change, Hrsg.: c.*.*o"u*, u. R.DyMoND. University of Chicago press, ChicagJ 195+. RocERS, c. n., "The necessary and sufficient conditions of therapy", in: J. consub. Psycbol., 1957, 21. SHLIEN,. J. y., ."An experimental.investigation of time-limited therapy: Practical value and theoretical limitatiöns", in: J. couns. psychol. lfzts. rAFr, J.. Dyna_mics 9[ f.herapy in a Controlled Relationship. Macmillan Company, New York 1933. Carl R.Rogers und John K.Vood 3. Kapitel: Klientenzentrierte Theoriel: il ,Gern würde ich alle lVorte dieses Manuskriptes ior: wenn es mir auf irgendeineVeise gelänge, unmittelba Geschehen hinzuzeigen, was Therapie ist. Therap:, Prozeß, ein Ding an sich, ein Erlebnis, eine Beziehu wirkende Kraft. Was dieses Buch davon sagt, das is: *'enig die Therapie selbst, wie die Beschreibung i. nikers oder die Begeisterung des Dichters die Blume r, Jieses Buch als ein Vegweiser dient, der hinzeisr Erfahrung, die offensteht für unser Hören und Sehe: ''rnser emotionales Erlebnisvermögen, und wenn es .:. esse von einigen anregt und sie veranlaßt, die Sa;: riefer zu erfassen, dann hat es seinen Zweck ertu.. lieses Buch statt dessen nur zu dem schwindeie:: Stapel von'Worten über \florte beiträgt, wenn der L rhm den Eindruck gewinnt, daß die Vahrheit in der. 1äge und daß das Gedruckte das Eigentliche sei. da: auf traurige Weise sein Ziel verfehlt. Und s'enr iußerste Erniedrigung erlitte, "Schulwissen" zu \\'e:; lie toten'Süorte eines Autors seziert und in die Köpie Studenten gegossen werden, so daß lebendige Ilens; :oten, zerstückelten Fragmente einst lebendiger C' und Erfahrungen herumtragen und nicht einma- -t'erden, daß diese einst lebendig waren - dann n'a:, 'lesser, daß dieses Buch nie geschrieben worden r.:, Diese Sätze standen in der Einleitung zu dem Buc: Centered Therapy (nocrns, deutsch: Die klien:-i : hus: Operational Tbeories of Personality. Hrsg.: e. run::r \lazel, New York 1974. Dieser Beitrag wurde von beiden Autoren gemeinsam lerla:,:. . ::sten Person singular geschrieben. "lch" repräsentiert mal dies:: ''erfasser. Der Gebrauch der ersten Person schien ihnen angeze.:' ias Material auf diese \i(eise menschlicher darstellen läßt. D::, :eschlossene Theorie. Es sind die persönlichen Schlußfolge:-:: iIänner, die über reiche therapeutische Erfahrung verfügen u:.: : .\rbeitsweise und den vorsichtigen Formulierungen, die sie au: .: :lleiten, kongenial sind. 130 &

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Klient sowie eine Nachuntersuchung nach Ablauf von achtMonaten. Tests wurden unmitrelbar vbr Beginn derTherapie,mehrmals während der Therapie und inmicelbar nächAbschluß der Therapie durchgeführt. Von dem Gefühl, ,mitder Flur zu rreiben., gelangte Mr.Tapa zu dem Gefühl, seinLeben selbst zu sreuern. Er wurde in wachsendem Maßkreativ und produktiv. Seine Kommunikation mit anderenund mit seinem eigenen Selbst verbesserte sich, und statt sichgegen die Gesellschaft zu srellen, verspürte er den Wunsch,einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Sein Vertrauen undsein Unabhängigkeirsgefühl waren gewachsen.

Literatur

BUTLER, J.M. u. HArcH, c.v., "Changes in the relation between self_concepts and. ideal conceprs conrequint upon client-centered counsel_ng", n lsychotherapy and Personality Change, Hrsq.: c. R. RocERs u.R.DyMoND, University of Chicago press, Clicago-l)54.

FREUD, s., Die endliche und die unindliche Analysä G.\ü.XVI, Frank_furt: S. Fischer Verlas.

RANK, o., WillTherapy, Alfred A. Knopf, New york 1936.Ro-cERs, c.x., Coznseling and Psycbotherapy.Houghton Mifflin, Ne*.

York 1942.RocERs, c. n., "Jls case of Mrs. Oak: A research analysis., in: psycho_

tberapy and Peronality Change, Hrsg.: c.*.*o"u*, u. R.DyMoND.University of Chicago press, ChicagJ 195+.

RocERS, c. n., "The necessary and sufficient conditions of therapy", in:J. consub. Psycbol., 1957, 21.

SHLIEN,. J. y., ."An experimental.investigation of time-limited therapy:Practical value and theoretical limitatiöns", in: J. couns. psychol. lfzts.

rAFr, J.. Dyna_mics 9[ f.herapy in a Controlled Relationship. MacmillanCompany, New York 1933.

Carl R.Rogers und John K.Vood3. Kapitel: Klientenzentrierte Theoriel: il

,Gern würde ich alle lVorte dieses Manuskriptes ior:wenn es mir auf irgendeineVeise gelänge, unmittelbaGeschehen hinzuzeigen, was Therapie ist. Therap:,Prozeß, ein Ding an sich, ein Erlebnis, eine Beziehuwirkende Kraft. Was dieses Buch davon sagt, das is:*'enig die Therapie selbst, wie die Beschreibung i.nikers oder die Begeisterung des Dichters die Blume r,

Jieses Buch als ein Vegweiser dient, der hinzeisrErfahrung, die offensteht für unser Hören und Sehe:''rnser emotionales Erlebnisvermögen, und wenn es .:.

esse von einigen anregt und sie veranlaßt, die Sa;:riefer zu erfassen, dann hat es seinen Zweck ertu..lieses Buch statt dessen nur zu dem schwindeie::Stapel von'Worten über \florte beiträgt, wenn der Lrhm den Eindruck gewinnt, daß die Vahrheit in der.

1äge und daß das Gedruckte das Eigentliche sei. da:auf traurige Weise sein Ziel verfehlt. Und s'enriußerste Erniedrigung erlitte, "Schulwissen" zu \\'e:;lie toten'Süorte eines Autors seziert und in die KöpieStudenten gegossen werden, so daß lebendige Ilens;:oten, zerstückelten Fragmente einst lebendiger C'und Erfahrungen herumtragen und nicht einma--t'erden, daß diese einst lebendig waren - dann n'a:,'lesser, daß dieses Buch nie geschrieben worden r.:,

Diese Sätze standen in der Einleitung zu dem Buc:Centered Therapy (nocrns, deutsch: Die klien:-i

: hus: Operational Tbeories of Personality. Hrsg.: e. run::r\lazel, New York 1974.

Dieser Beitrag wurde von beiden Autoren gemeinsam lerla:,:. .

::sten Person singular geschrieben. "lch" repräsentiert mal dies::''erfasser. Der Gebrauch der ersten Person schien ihnen angeze.:'ias Material auf diese \i(eise menschlicher darstellen läßt. D::,:eschlossene Theorie. Es sind die persönlichen Schlußfolge:-::iIänner, die über reiche therapeutische Erfahrung verfügen u:.: :

.\rbeitsweise und den vorsichtigen Formulierungen, die sie au: .::lleiten, kongenial sind.

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G e spräcb st h erapie ), der ersren umfassenderen Formulierungder Theorie, die der klientenzentrierten Auffarr.rng lroizwischenmenschlichen Beziehungen zugrunde liegt. "

Seitdem hat die klientenzentrierte Thärapie weit über dasvon uns erwartete Maß hinaus an Bedeutung gewonnen. Vonihren Anfängen, in denen sie einen radikal irJrenZug ngru,Psychotherapie eröffnete, bis heute ist ihr Einfluß so !e*"a.h_Tn, .dLß .

ihre Prinzipien auch im Erziehungs*eie.,, imGeschäftsleben und allgemein in zwischenrienschlichenBeziehungen Anwendung finden, ja sogar in so außer_gewöhnlichen Situationen wie beispielsweise einer Inrensiv_

_B_ruppe, die eigens zu dem Zweck gebilder wurde, um die

Kommunikation zwischen verfeindeien nordirischen partei_gängern zu verbessern.

Ich fürchte jetzt tatsächlich, daß die klientenzentrierteTheorie allzu schnell und allzu leicht zu einem abgeschlosse_nen Lehrgebäude geworden ist, obwohl ich imäer davorgewarnt habe. Sie ist zergliedert, analysiert und memoriertworden, bis sie tatsächlich zu bloßem lS.hul*irr.n" herab_gewürdigr.wurde, zu einer Art Dogma.

Im psychotherapeurischen Bereich gehören ihre prinzioienmittlerweile zu den Grundvoraussetz-ungen der psychotgi-schen Berarung - und wahrscheinlich jede"r wirksamenTheä_pie. Dies beruht zumTeil auf derTatsache, daßvieleverschie_dene Therapeuten mir vielen Arten von Klienten seit mehr alsdrei Jahrzehnten gearbeitet und dabei die nachweislicheErfahrung gemacht haben, daß in einem klientenzentriertentherapeutischen Klima häufig schon nach relativ kurzer Zejtsignifikante positive Verändirungen im Verhalten, in denEinstellungen, den Gefühlen und der Gesamtpersönlichkeitdes Klienten einzutreren pflegen. Diese au{ Erfahrung beru-hende professionelle Anerkennung ist an sich begrüßeäswert.Doch da die kiientenzentrierten Grundsärze unierschiedslosauf alle möglichen Arren von zwischenmenschlichen Bezie-hungen in unserer Gesellschaft angewendet wurden - und dasist an. sich eine"gesunde Tendenz -, ist die Theorie enrspre_chend oft oberflächiich vermittelt und ebenso oberflachlichverstanden worden. Und das ist es, wogegen ich etwaseinzuwenden habe.

Da Therapeuren, angehende Therapeuten und andere per-sonen diese Grundsätze häufig nur oberflächlich versranden

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haben, wurden ihre tieferen Implikationen oft übersehen. DiePräzision der klientenzentrierten Therapie findet wenig.\nerkennung. Dabei sind ihre theoretischen Grundlagenn'ahrscheinlich exakter formuliert worden als die aller ande-ren therapeutischen Theorien (nocens, 1959). Ebensowenig.\nerkennung haben ihre radikalen und revolutionären philo-sophischen Folgerungen gefunden.

Tatsächlich läßt sich die klientenzentrierte Philosophiericht bequem in eine technologisch orientierte Gesellschafteinpassen. Sogar in der Psychotherapie wird immer mehr auf,Effektivität. Vert gelegt. Eine ordentliche Diagnose, Theo-:ien, die auf einem unmittelbaren Ursache-'Sflirkung-Zusam-:nenhang basieren, und andere lineare Konstrukte werden als

lie Mittel betrachtet, mit deren Hilfe sich rascä "feststellen.rnd kurieren läßt, was nicht stimmtn. Daran gemessen

:rscheint die kiientenzentrierte Therapie, die über keine so

rlendenden Methoden und Techniken verfügt, die auf die\lobilisierung der Kräfte des Klienten vertraut und den

ilienten das Tempo der Entwicklung bestimmen läßt, vielenils naiv und uneffektiv. Sie fügt sich nicht in eine Kultur, dieschnelle Reparaturen verlangt.

Ich hoffe, mit diesem Kapitel einen Beitrag zum besserenVerständnis der klientenzentriertenTheorie leisten zu können.ich möchte ,hinzeigen" auf das Geschehen, welches die,,klientenzentrierte Therapie" ist. Ich wiil deshalb über einigeJer Kämpfe berichten, die ich durchgemacht habe, um zu den'.'orläufigen Schlüssen zu gelangen, welche die gegenwärtigeTheorie ausmachen. Ich hof{e, Sie dadurch zu ermutigen, Ihre

-'igene, auf Ihren persönlichen Erf ahrungen beruhendeThera-:ieauffassung hiermit zu integrieren- auf die gleiche\7eise, aufire diese Theorie entstanden ist. Außerdem hoffe ich, daß

lhnen dieser Beitrag helf en wird, eineAntwort auf die Frage zu:inden: o\(as hat die klientenzentrierte Therapie - in der FiutjerTherapien - mir zu bieten, wenn ich meinem Klienten oderreinem problembeladenen Freund gegenüberstehe?"

Stezifische Merbmale

)ie klientenzentrierte Theorie ist noch immer im'Wachsenregriffen, und zwar nicht ais "Schule" oder ais Dogma,

'ondern als vorläufige Aufstellunq einer Reihe von Grundsät-

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zen. Ich glaube tatsächlich, daß sich mit der Erweiterungunseres rVissens über den rherapeutischen Prozeß die soge-nannten psychotherapeutischen Schulen auflösen und vär-schmelzen werden zu einer einheitlichen Methode des Hei-lens.

Dies sind einige der Merkmale, die die klienrenzenrrierteOrientierung gegenwärtig von anderen Auffassungen unter-scheiden:

1. Die fortdauernde überzeugung, daß der Klient selbsrverantwortlich und fähig ist, herauszufinden, welcheSchritte ihn zu einer wirksamen Begegnung mit seinerRealität führen werden. Der Klient ist der einzige, dem esmöglich ist, voll die Dynamik seines Verhaltens und seinerRealitätswahrnehmung zu erkennen und folglich für sichselbst geeignete Verhakensweisen zu finden. Es ist nichrdas Ziel dieserTherapie, einer Person zurAnpassung an die

"Gesellschaft" zu verhelfen. Tatsächlich laßr sich dieMethode dazu nicht einmal benutzen, wie mir ein ange-hender Berater vor kurzem versichert hat. "Vährendmeines Praktikums in einem Rehabilitationszentrum habeich die klientenzentrierte Methode angewandto, berichteteer, ound meine Klienten haben sich nicht geändert; alsoging ich auf Verhaltensmodifikarion über, und sie fingenan, den Erwartungen der Behörde zu entsprechen.o Dieklientenzentrierte Therapie, deren Schwerpunkr auf derFörderung der Ziele des Klienten liegt, befand sich hier imlViderspruch zu den Bedürfnissen der Behörde, die dieseKlienten mit bestimmren Erwarrungen in bezug auf dasBehandlungsziel zur Therapie geschickt hatte.

2. Die phänomenale \7elt des Klienten steht fortwährend imMittelpunkt - der Therapeut bemüht sich, die \flelt desKlienten mit dessen Augen zu sehen.

3. Die Hypothese, daß die gleichen psychotherapeutischenPrinzipien für alle Personen gelten, ob sie nun mit demEtikett'normal,,, >neurotisch< oder "psychotisch. verse-hen sind.

4. Die Auffassung, daß die Psychotherapie ein Sonderfallaller konstruktiven zwischenmenschlichen Beziehungenist. Im Rahmen dieser Beziehung - in der eine anderePerson dem Klienten dabei hilft, das zu tun. was ihm allein

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nicht gelingt - erfährt der Klient psychotherapeutischesVachstum.

5. Die in Entwicklung befindliche Hypothese, daß bestimmteEinstellungen der als "Therapeut< bezeichneten Person dienotwendigen und ausreichenden Bedingungen dafür sind,daß sich bei der als "Klient" bezeichneten Person in Formvon Veränderungen ein therapeutischer Erfolg einstellt.

5, Das unfertige Konzept, wonach die Funktion des Thera-Deuten darin besteht, für seinen Klienten unmittelbargegenwärtig und zugänglich zu sein und den therapeu-tischen Prozeß zu fördern, indem er sich auf das Erlebenstützt, das in der Beziehung von Augenblick zu Augen-blick abläuft.

-. Eine sich entwickelnde Theorie, die den therapeutischenProzeß begreift als eine fortwährende Veränderung in derErlebensweise des Klienten - wobei seine Fähigkeitwächst, voller im unmittelbaren Augenblick zu leben.

!. Größeres Interesse am 'Wie" des Prozesses der Persön-lichkeitsveränderung als am "Warum" der Persönlichkeits-struktur.

9. Die Betonung der Notwendigkeit, fortgesetzt Forschungzu betreiben, um wesentliche psychotherapeutischeErkenntnisse zu erlangen, und die Entschlossenheit, alle

theoretischen Formulierungen aus der Erfahrung abzulei-ten statt die Erfahrungen in ein vorgeformtes theoretischesSchema zu pressen.

Die klientenzentrierte Therapie läßt sich am besten charakte-:isieren als eine Einstellung, eine Haltung, eine Seinsweise,richt als eine Technik - mag sie nun nnicht-direktiv", "reflek-:ierend. oder wie auch immer heißen. Die wichtigsteVoraus-serzung für die therapeutische Betätigung ist nicht eine

Theorie oder ein Dogma, sondern eine lifeise mit anderen\lenschen zu sein, die für diese förderlich ist. Die Theorie:ntwickelt sich aus den Erfahrungen' die in Tausenden vonBeratungs- und Beobachtungsstunden gesammelt werden,.rnd verändert sich, wenn neue Forschungen neues Licht aufunsere Formulierungen werfen.

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Klientenzentrierte Lebensauff assung

Nach Jahren therapeurischer Erfahrung bin ich tastend zu derUberzeugung gelangr, daß dem Menschen eine Tendenz zurEntwicklung aller seiner Fähigkeiten innewohnt, die derErhaltung oder Förderung seinJs Organismus _ seiner Geistund Körper umfassenden Gesamtperion dienen. Dies ist daseinzige grundlegende postulat dei klientenzentrierten The_raPle.

In meinen .Aug.l ist dies eine zuverlässige Tendenz, die.wenn sie nicht behindert wird, das Indiviäuum zu Reife,Vachstum und einer Bereicherung seines Lebens führr. Die_ses eine Konzept .chließt auch Bedürfnisreduktion, Span_

il1,*.1|:ru"*, Triebbef riedi gung und Vachstumsmotilration

. Im Gegensatz zu der Auffassung, daß die riefsten Instinktedes Menschen destrukriv sind, bii ich zu der überzeugunggelangt, daß Menschen, denen (wie beispielsweise im sich"ereitherapeutischen Klima) die Möglichkeii gegeben wird, wahr_haft zt werden, was sie zutiefit sind, Jein sie die Freiheithaben, ihre eigentliche Natur zu entfalten, immer eine deut_Iiche Entwicklung auf Ganzheir und Integrarion hin durch_machen. So habe ich an anderer Stelle g"r.gf1*oc"ns, 1961a):

"$üenn er (der.Mensch) aber am vollständigsten Mensch ist, wenn erseinganzer Organismus ist, wenn die Bewußtheit des Erlebens, diese spezifi_sche menschliche Eigenschaft, voll wirksam wird, dann kann man ihmvertrauen, dann ist sein verhalten konstruktiv: nicht immer konventio-

ffiü:t konform, sondern individualisiert, aber immer auch soziali_

,Sozialisiert" bedeutet in diesem Zusammenhang uin Zusam_menwirken mit anderen und sich selbsr., nicht täbedingt,inÜbereinsrimmung mit der Gesellschrft". I., einer

-srark

repressiven Gesellschaft kann eine lebensbejahende personsehr leicht als Außenseiter eingestuft werde.r.

Es ist Verlaß darauf, daß das Verhalten einer person inRichtung auf Selbsrerhaltung, Selbsrsteigerung und Selbstre_produktion hin zielt - hin zu Autonomie unjfo., von einerKontrolle durch äußere Einflüsse. Das trifft in jedem Fall zu,ob der Anreiz nun von innen oder von außen kommr, ob dieUmwelt diese Tendenz nun begünstigt oder nicht. Dies ist daseigentliche Vesen des Prozessis, den wir Leben nennen.

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Ein biologisches Experiment mit Seeigeln gibt eineanschauliche Vorstellung meines Konzepts von dieser Vachs-tumstendenz. Die Vissenschaftler haben eine Methode, diebeiden Zellen, die nach der ersten Teilung des befruchtetenSeeigeleis entstehen, auseinanderzutrennen.'Wenn man diesebeiden Zellen sich normal entwickeln läßt, wächst jede vonihnen zu einem Teil einer Seeigellarve heran - und beidezusammen bilden dann ein Ganzes. Man könnte nun anneh-men daß die beiden Zellen, nachdem sie behutsam getrennrworden sind, jeweils wieder zu einem Teil eines Seeigelsheranreifen. Diese überlegung läßr jedoch die richtungswei-sende oder "aktualisierende Tendenz" außer acht. die für allesorganische Vachstum kennzeichnend ist. Tatsächlich entwik-kelt sich jede der beiden Zellen, falls sie am Leben bleibt, zueiner ganzen Seeigellarve - die zwar kleiner als gewöhnlich,aber normal und vollständig ausgebildet ist.

Diese Tendenz zur Ganzheit äußert sich bei Menschendurch ein breites Spektrum von Bedürfnissen. Die Tendenzkann den Organismus beispielsweise in einem Augenblickveranlassen, Nahrung oder sexuelle Befriedigung zu suchen.Doch solange diese Bedürfnisse nicht überwältigend srarksind, wird ihre Befriedigung auf eine Veise angestrebt, diez, B. das Verlangen nach Selbstachtung mehr steigert als es zuvermindern. Andere Möglichkeiten der Erfüllung - wie etwadas Bedürfnis zu expiorieren. zu schaffen. zu verändern oderzu spielen - sind ursprünglich ebenfalls durch die Aktualisie-rungstenoenz >motlvlert<.

Die Aktualisierungstendenz, die sich im Gesamterlebender Einzelperson ausdrückt, bildet einen zuverlässigenBezugspunkt für das Verhalten. Ich glaube, daß der Menschklüger ist als sein Verstand allein und daß voll zur Entfaltungkommende Personen es lernen, ihrem Erleben als dem befrie-digendsten und klügsten Maßstab für geeignetes Verhalten zuvertrauen. Venn das Bewußtsein dieser Aktuaiisierungsren-denz nicht in rivalisierender, sondern in koordinierter Formzugeordnet ist, gestaltet sich die Begegnung der Person mitdem Leben und seinen Herausforderungen als eine aufre-gende, adaptive und wechselvolle Erfahrung. Eine solchePerson macht zwar Fehler, aber ihr stehen auch die bestmög-lichen Mittel zur Verfügung, diese Fehler wieder zu berich-ügen.

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AIs Therapeut richte ich mein Verhalten nach diesemGlauben an die natürlichen Prozesse aus, indem ich das Rechtund die Fähigkeit meines Klienten, sich selbst zu lenken undzu wachsen, respektiere. Ich vertraue auf sein Vermögen, mitseiner psychologischen Situation und sich selbst zuÄchtzu_kommen. Eine Therapeutin mit langjähriger praxis berichterzum Beispiel, daß sie ihr Verrrauen in ihrä Klienten als einenfortwährenden Lernprozeß erlebt.'$fenn sie bei einem Klien-ten nicht mehr weiß, welche Richtung sie einschlagen oderwelche Methode sie anwenden soll, ,wartet" sie"auf ihn.,Immer, wenn ich auf meinen Klienten warten kann undnicht glaube, ich müsse ihn sofort kurieren oder sein'Wachs_tum voranrreiben, wenn ich seiner person selbst die Lenkungüberlasse, dann beginnt er unausweichlich zu *achre., unäFortschritte zu machen..

Der Anfang einer Theorie: Der prozeß im Klienten

Ich wollte ja nichts als das zu leben versuchen, was von selber aus mirheraus wollte' lwarum war das so schwer?

HERMANN ttr.ssr. (Demian

Venn jedes Individuum die Fähigkeit besitzt, selbst darauf zukommen, durch welche Schritte es zu einer reiferen undkraftvolleren Beziehung zu seiner Realirär gelangen kann,stellt sich die Frage, weshalb die Wirksamkei"t u"j eualirätdes Lebens bei manchen Menschen so herabgemind'ert ist.'Warum suchen einige die Hilfe eines Theraperiten, und waskann er tun, um zu helfen?

Aus meiner unmittelbaren Erfahrung, aus den therapeu-tischen Beziehungen mit meinen Klienien heraus, habä lchangefangen, eine Erklärung für den prozeß der Therapie zuerarbeiten. (Eine Persönlichkeitstheorie wurde ebenfalis enr_wickelt, aber sie war immer von zweirrangigem Interesse..,Bei einer Theorie des therapeutischen prozesses ging es mirvor ailem um eine Beschreibung des oVieo von Väräiderun-gen und weniger des 'Warumo. Eine Theorie wird erst dannnötig, wenn beobachtbare Phänomene, Veränderungen, ein-getreren sind, die nach einer Erkiärung verlangen. Zue.stkommt die Erfahrung, dann bildet sich eine Theorie. Wennwir uns auf diese Veise darum bemühen, das, was geschehen

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ist, zu verstehen und zu erklären und überprüfbare Hypo-rhesen hinsichtlich künftiger Erfahrungen aufzustellen,'ge-winnt unsere therapeutische Arbeit an Virksamkeir.

Eine einfache Form der Theorie

Drei wesentliche Formulierungen des Therapieprozesses sindbis heute nacheinander entwickelt worden. In der frühestenDarstellung der klientenzentrierten Therapie wurde dertherapeutische Prozeß als im wesentlichen aus drei Schrittenbestehend beschrieben. Als erstes {indet der Klient in derAußerung seiner persönlichen Geiühle Erleichterung. Nachdieser emotionellen Katharsis entwickelt er gewöhnlich Ein-sicht in bezug auf die Ursache und Beschaffenheit seinerpersönlichen Schwierigkeiten. Dieses Sich-bewußt-lVerdenbefähigt ihn dazu, positive Wahlen und Entscheidungenhinsichtlich der verschiedenen Probleme in seinem Leben zutreff en. Dadurch wächst sein Vermögen, sich selbst zu lenken.

Diese Beschreibung des therapeutischen Prozesses wurdedurch Forschungsstudien (sNvorn, 1)45; serneN, 1949)bestätigt und ist noch immer ein möglicher Veg der Interpre-!atron.

Eine Tbeorie des Selbst

Venn diese erste Beschreibung zwar einigermaßen angemes-sen erscheint, wurde ich doch durch meine Klienten zu einerandersartigen Sicht gezwungen. Sie haben ihre Probleme undihren Fortschritt häufig in Form ihrer Beziehung zu ihremSeibsr zum Ausdruck gebracht. "Ich habe das Gefühl, nichtmein wahres Selbst zu sein.. - oEs war eine Erleichterung,mich hier gehenzulassen und einfach ich selbst sein ztrkönnen."

Bei der Untersuchung des durch Tonbandaufnahmen vontherapeutischen Sitzungen gewonnenen Materials ist miraufgefallen, daß die Klienten im Lauf der Therapie eineVeränderung in der Wahrnehmung ihres Selbst durchgemachthaben. Es begann sich eine Theorie dieses Prozesses heraus-zubilden, die sich auf das Verhältnis zwischen Selbstkonzeptund Aktualisierungstendenz bei einer Person bezog. Ichgelangte zu der Einsicht, daß das Selbstkonzepr des Klienten

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in einer Veise strukturiert ist, die "inkongruent. (im Wider-spruch) mit seinem Gesamterleben ist.

!üie kommt so erwas zustande? Das Kleinkind lebt ineinem phänomenalen Feld - seinem Lebensraum -, das allesumfaßt, was sein Organismus bewußt oder unbewußr eriebt.(Selbst als Erwachsene nehmen wir nur einen Teil unserervielfältigen sensorischen und viszeralen Reaktionen bewußtwahr oder fassen sie in Gedanken und Vorte.) Unter all denVorgängen innerhalb seines Lebensraums unterscheidet dasKleinkind allmählich Erfahrungen, die sein oMich. betreffen.Langsam bildet sich eine zusammenhängende, srrukturierteVorstellungsgestalt heraus. Die Wahrnehmunsen dieses

"Mich" oder "Ich" sind dje Figur, und die Wahrriehmungender Beziehung dieses ,Icho zur Außenwelt und zu andärnsind der Grund.

Diese Vahrnehmungen des "Ich. sind mit Wertvorstellun-gen verbunden, die aber zum Teil von anderen übernommenwurden. Liebe seitens der Eltern oder einer anderen wich-tigen Bezugsperson isr an Bedingungen geknüpft. Um diesenP_ersonen.zu gefallen und ihre L;eb. rü e.langen, muß dasKleinkind einige ihrer Wertvorstellungen introjizieren und zuseinen eigenen machen. Da diese introjizierten Wertvorstel-lungen zu einemTeil seines Selbstkonzeprs werden, der nichtauf dem normalen Veg der _Auswertung von Erfahrungengewonnen wurde, haben die daraus enrsrÄenden Konstru-kterigiden und statischen Charakter - sie werden häufie in Formeines "Sollte" oder "Müßteo erfahren. Das Individrium neigtdazu, seinen eigenen Erfahrungspr ozeß zuignorieren, sobaider mit diesen Konstrukten in Konflikt g.iät. Es versucht.anders gesagt, das Selbst zu sein, das andäre von ihm .r*r.-ten, ansrelle des Selbst, das es eigentlich ist. Aus diesemGrund scheinen die Familie

'.rnd a"nde.e insrirutionalisierte

Beziehungen in unserer Kultur häufie die Brutstärte fürpsychische "Krankheit- zu sein.

Das Selbstkonzept isr nun ein Zusammenschluß vonlüfahr-nehmungsmusrern, die zur Begegnung mir dem Lebenbenutzt werden. Es kann zur Befriedigung der Bedürfnisseeiner Person wirksam beitragen oder auch nicht. Die personreagiert auf ihre Realität sö, *ie sie diese aufgrund ihresSelbstkonzepts wahrnimmt und definiert. Eine plrson kannsich als stark oder schwach, als intelligent oder dumm, als

ua

schön oder reizlos sehen. Die Art, wie sie sich seibst sieht,beeinflußt wiederum ihre \Tahrnehmuns von der Realitätund damit ihr Verhalten. So kann der zuvärsichtliche, erfolg-reiche Student in einer Prüfung eine Gelegenheit sehen, seineBeherrschung des Stoffs unter Beweis zu stellen. Ein unsiche-rer Student mag der gleichen Erfahrung mitAngst gegenüber-stehen - als einem Beweis seiner Unzulänglichkeit.

Alies Erleben dringt zwar nicht immer ins Bewußtsein vor,aber es manifestiert sich auf der leiblichen Ebene und beein-flußt das Verhalten. Geftlhlsmaßig ,,wisseno wir oft Dinge,die wir erkenntnismäßig nicht wissen. Der Student, der sichvor einer Prüfung fürchtet, wird sich seiner Angst vielleichtgar nicht bewußt, sondern bekommt plötzlich Kopfschmer-zen, so daß er nicht in der Lage ist, an der Prüfung teilzuneh-men. Wenn er von seinen Gefühlen noch mehr abgetrennt istoder sie nicht ins Bewußtsein treren 1äßt, kann er die Prüfungunter Umständen völlig >vergessen< und an dem bestimmtenTag einfach vom Unterricht fernbleiben.

Jeder Aspekt des Erlebens findet die Aufnahme, die seinerBeziehung zum Selbst entspricht. Einige Phänomene werdenignoriert, da sie für das Selbst ohne Bedeutung sind. AnderePhänomene werden bewußt wahrgenommen und in dieSelbststruktur eingegliedert. Noch andere drängen sichoffenbar von selhst ins Bewußtsein. Zum Beispiel hat sich einFreund von mir ein ziemlich selten anzurreffendes auslän-disches Auto gekauft. Bevor er selbst Besitzer eines solchenVagens wurde, hatte er nie einen gesehen. Jetzt kommen ihmdiese Vagen andauernd zu Gesicht - sie springen anscheinendvon selbst in den Blickpunkt. Sie sind für ihn von Bedeutung.Noch andere Phänomene werden geleugnet oder verzeritwahrgenommen, weil sie eine Bedrohung für die festgefügterVahrnehmung vom Selbst darstellen - um sie zu akzeptieren,müßte eine Person ihre Vorstellung von sich selbst verändern.Solange die Selbstgestalt fest organisiert ist und im phäno-mentalen Feld kein zu ihr im Viderspruch srehendes Materialwahrgenommen wird, können positive Selbstgefühle beste-hen, kann das Selbst als wertvoll und akzeptabel betrachtetwerden und ist die ben'ußte Spannung minimal. Die Personnimmt sich als angemessen funktionierend wahr.

rVenn die organisierte Selbststruktur den Bedürfnissen desIndividuums nicht mehr gerecht wird oder wenn dieses in

t41,

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sich \fidersprüche bemerkt, verliert es offenbar die Kontrolleüber sein Verhalten. "Ich fühl' mich einfach nicht wie ichselbst", ist eine oft geäußerte Klage. Als einfaches Beispielkönnte man eine Mutter anführen, die sich als freundlicheund liebevolle Bezugsperson betrachtet, zugleich aber auchablehnende Gefühle gegenüber ihrem Kind f,at. Ihr Konzeptvon sich selbst als einer liebevollen Mutter ist inkoneruentmit ihrem Erleben. Sie ist einfach nicht osie selbst", wän siesich als ablehnend erlebt.

Bei starker Inkongruenz nimmt die Aktualisierungsren-denz einen wirren oder zwiespältigen Charakrer arr. A"uf dereinen Seite unrersrürzr diese Tendenz das Selbstkonzepr derPerson und deren Bemühen um eine Steigerung ihres Selbst-bildes. Andererseits strebt der Organismus n".h einer Befrie-digung seiner Bedürfnisse, die dÄ be-ußten Wünschen derPerson ganz enrgegengeserzt sein können"

Was gewöhnlich als neurorisches Verhalten bezeichnetwird, ist die Folge dieser Spaltung in der Aktuaiisierungsten-denz. Die Person bemüht sich um ein Verhalten, das mitihrem Selbstkonzept übereinstimmt. Aber ihr neurotischesVerhalten - in welchem das gesamte Sein der person nachEr{üllung strebt - ist sogar für sie selbst unbegreiflich, da esim Widerspruch steht zu dem, was sie bewußt tun omöchte,, -nämlich ein Selbst verwirklichen, das mit ihrem Erleben nichrmehr übereinstimmt. "Was ich tun soilre oder tun möchte.das tue ich nicht.. So wurde beispielsweise ein junger Bur-sche, der sich in der Pubertär befand und den srarkenorganischen Bedürfnissen seiner sich entwickelnden Sexuali-tät und Neugierde ausgesetzr war, festgenommen, weil erzwei kleinen Mädchen unrer den Rock geschaut hatte. Durchseine Erziehung war ihm beigebracht Jorde.r, die ursprüng-lichen sexuellen Impulse als Teil seines Selbstkottzepts Äverleugnen, und als man ihn über sein Verhalten beiragte.bestand er hartnäckig darauf, daß er so etwas nie getan ha6enkönne. Als man ihn Zeugen gegenüberstellre, war--er sich ganzsicher: "Ich war nicht ich selbsr. o Sein Verhalten *urde *-ede.als seinem Selbst zugehörig wahrgenommen, noch war es das.

Unter geeigneten Bedingungen, beispielsweise im sicherentherapeutischen Klima, kann eine Person diese Inkongruenzverringern, indem sie lernt, srärker auf ihr erlebendes"Selbstzu verrrauen. 'Wenn sie sich nicht bedroht fühlt und ihr

1,42

Selbstkonzept nicht unbedingt verreidigen muß, kann sie dierigiden Konstrukte, aus denen sich ihre Selbststrukturzusammensetzt. lockern. Indem sie derart "ihre Gefühle inBesitz nimmt" - und eine ganze Reihe von vormals verleug-neten Erfahrungen in ihre Selbstgestalt eingliedert -, bildetsich eine neue Gestalt, ein revidiertes Selbst heraus. Dieseneue Struktur ist nicht so rigide und unflexibel, sondernwandelt sich öfter, wenn Gefühle im Bewußtsein Raumfinden. Die Therapie ist eine Erfahrung unmirtelbar des Selbstund nicht über das Selbst. Intellektuelle Einsicht allein reichtnicht aus. Anderungen im Verhalten stellen sich f ast von selbstein, wenn eine Reorganisation der \Tahrnehmungsstrukturerlebt wird.

Die neue Selbstgestalt ist eine fließende, veränderlicheStruktur, wobei das eigene Erleben immer mehr zur Grund-lage der Selbstbewertung wird. Am Endpunkt der Therapie,was nicht das Ende von Vachstum oderVeränderung bedeu-ret) erscheint die rVahrnehmung des Selbst radikal gewandelt.Sie ist fließender, nicht mehr so starr und statisch, das "Ich"hat sich fast im Vahrnehmungsfeld verloren. In mancherleiHinsicht gleicht das Erleben der Person jetzt dem einesKindes, nur daß die fließenden Erlebnisprozesse weitereBereiche umfassen. Das reife Individuum-vertraut wie dasKind auf die Veisheit seines Gesamtorganismus, aber aufn'issende, auf bewußte Weise. Es gebraucht alle seine Fähig-keiten.

Die Theorie des Selbst bietet ebenso wie die vorangegan-gene Theorie in ihrem Rahmen eine angemessene Beschrei-'cung. Durch ihren heuristischen Charakter hat sie zu frucht-'carer Forschungsarbeit angeregt. Man kann diese Beschrei-rung des Therapieprozesses noch immer als gültig be-:racnten.

Das ProzelSkontinuum

\1it dem lVandel der Selbstgestalt wurde ein einzelnerAspektier therapeutischen Veränderung beschrieben, und zwar wienit Schnappschüssen, die vor und nach dem Ereignis erfoi-ien. Was ich nun brauchte, war gleichsam eine fortlau{ende;ilmaufnahme der zahlreichen Dimensionen. Es ging mir um:ine Beschreibung, die der nnowNschen Bewegung - den

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fortwährend wechselnden Aspekren - dieser Gestalren bessergerecht wurde und die auch andere, in Zusammenhang mitder therapeutischen Veränderung auftretende phänoäenedetailliert erfaßte.

_ Aufgrund der Untersuchung einer großen Zahl von Ton-bandaufnahmen bin ich zu einer neu..r Si.hr*eise des Verän-derungsprozesses in der Psychotherapie gelangt. Nach die-sem neuen Bild findet dieser Prozeß auf einör Reihe vonKontinuen srarr. Ein Klient beginnt die Therapie an irgend-einem Punkt des umfassenden Prozeßkontinuums, da-s derHandlichkeit halber in sieben Stufen unterteilt isr, und machtVrcränderungen in Richtung auf den Endpunkt der Skala hindurch (nocrns, 1961a; 1961b). Während die Therapie einProzeß ist, läßt sich die Skala, unser Bild von diesem p.ozeß.mit sieben Ausschnitten aus einem Film vereleichen. die dieBewegung an diesen Punkten festhalten. KÄ Klient ue.an-dert sich von Stufe eins bis Stufe sieben, außer vielleicht irnLaufe vieler Jahre, aber die Skala isr dennoch ein sehrnützliches Mittel, um den Prozeß, der sich in der Theraoievollzieht, zu beschreiben und zu unrersuchen.

Die Skala beginnr am einen Ende mit der Beschreibungeines-. rigiden, srarischen, undifferenzierten, gefühliosenioberflächlichen Typs der psychischen Funktion.

"Sie schreite:

stufenweise voran bis zum andern Ende, wo die psychischer:Funktionen gekennzeichnet sind durch Veränderlichkeir.Fließen, äußerst differenzierte Reaktionen, durch unmitrel-bares Erleben persönlicher Gefühle, die tief empfunden, alszugehörig erkannt und akzeptiert werden. Iih wage zubeh.aupten, daß sich bei jeder erfolgreichen Theraple in.Verhalten des Klienten Fortschritte in dieser Richtune ein-stellen, gleich, auf welcher Stufe er anfängt.

Bei meinem Bemühen, dieses Prozeßkontinuum zu versre-hen, konnte ich eine Anzahl von mehr oder weniger geson-derten Strängen herauslösen, die allerdings im oberän Bereicl:der Skala konvergieren. Hier eine Beschreibung von ihnen

1. Veränderung,in der Beziehung zu den Gefühlen. Arunteren Ende des Kontinuums sind dem Klienten seineGefühle nicht bewußt oder sie werden von ihm nichr ai,zugehörig erkannr. Eine Anstaltsparienrin erklärr beisoiels-weise: 'lch werde dauernd von Stimmen belastigi d:,

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schmutzige Sachen sagen, und ich kann sie nicht zum Schwei-gen bringen.o Sie erkennt die Beziehung zwischen sich undihren Gefühlen nicht an. Venn sie wenigstens in der Lagewäre, zr sagen: "Meine sexuellen Gefühle quäien mich., wäresie innerhalb des Kontinuums ein ganzes Stück weiter. Aufeiner fortgeschritteneren Stufe beschreibt der Klient Gefühlevielleicht als Objekte, die in der Vergangenheit liegen, erintellektualisiert diese Gefühle, aber er vermag sie nochimmer nicht in Besitz zu nehmen.

Im mittleren Bereich der Skala, wo sich ein Großteil destherapeutischen Geschehens abspielt, beschreibt der Klientseine Gefühle als Objekte in der Gegenwart. Gelegentlichdrücbt er seine Gefühle sogar in der Gegenwa rr aus, wenn siegegen seinen Villen durchbrechen. Er fürchtet sich davor,Gefühle in unmittelbarer Gegenwart zu erleben.

Auf den obersten Stufen der Skala kommt es dann zu-{ußerungen wie: olch habe die Empfindung, als ob ich - ichweiß nicht. Ich habe ein Geflihl von Stärke und zugleich auchein Gefühl von - es ist irgendwie furchtbar, das wahrzuneh-men - von Angst." Diese Klientin äußert ihre Gefühle imAugenbiick, sie kann sie gleichzeitig erleben, empfinden,differenzieren, in Besitz nehmen und ausdrücken.

2. Veränderwng in der Art des Erlebens. Der therapeurischeProzeß läßt sich auch anders, nämlich unter Bezugnahme aufdie Erlebnisweise des Kiienten formulieren - ein Konzept,das vor allem von cENDLTN entwickelt wurde (crrvor-rN,1961; 1962; 1963).

Der Klient bewegr sich auf eine Stufe zu, wo er seinemErleben nahesteht, ihm verrraut und es als Bezugspunktbetrachtet, an dem er sein Verhalten ausrichten kann. Er istnicht mehr gekennzeichnet durch Entferntheit des Erlebensund entdeckt dessen Sinn nicht erst aus großer zeitlicherDistanz.

Bezeichnend für einen niedrigen Punkt innerhalb desKontinuums ist die Art, wie ein Klient ein Problem zubeschreiben versuchr, aufgrund dessen er therapeutischeBehandlung gesucht hatte: "Das Symptom war - q/ar einfacheine tiefe Depression." Er hatte offenbar irgendwann eineriefe Depression erlebt, aber er kommt diesem Erlebnis nichtnäher, als daß er es begrifflich in der Vergangenheit faßt - und

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damit von sich abrückr. Nicht er war deprimiert. Es wareinfach ein .Symptom. _Er ist von seineÄ gegenwärtigenErleben so abgetrennt, daß er es nichr wahrnimmt.

Mit wachsenden Fortschritten in der Therapie kommenKlienten immer näher an ihr eigenes Erleben heran. IhrErleben ist für sie keine so große Bedrohung mehr, und siemerken, daß es vielleicht als Bezugspunkt unJ Grundlage fürihre persönliche Sinngebung dienen könnte. So sagt beispiels-weise ein Klient in bezug auf das, was in ihm vorgehti "Ichhab' es noch nicht so richtig erfaßt, ich kann es nurfrgendwiebeschreiben." Er weiß, daß er nicht ganz in Flu[ seinesErlebens steht, aber er möchte es gern.

Auf einer noch höheren Ebene iinerhalb des Kontinuumswerder persönliche Bedeutungen (oder Gefühle), die von derGewahrwerdung ausgeschlossen waren, nahezu voll erlebt -zuweilen allerdings mit Angst, Mißtrauen oder Verwunde-rung. Der Klient möchte nicht nur seine eisenen Gefühle inBesitz nehmen, sondern auch sein owahres l"ch. sein. Er wirdsich in wachsendem Maß der Diskrepanzen zwischen seinemaufgebauten Selbst und seinem aktuellen Erleben bewußt undstellt sich ihnen. Vie ein Klient es ausdrückt: ,Man muß sichvon seinem Erleben dessen eigene Bedeurung sagen lassen; indem Moment, wo icb ihm die Bedeutung gebi, bin ich mit mirselbst zerstritten." Diese Art von Reaktion ist charakteri-stisch für jemanden, der sehr weit bis zum oberen Ende derSkala vorgedrungen ist.

3. Veränderung in den persönlichen Konstruhten. Ein weitererStrang innerhalb des Prozeßkontinuums ist eine Veränderunsin der Art und rVeise, wie der Klient sein Erleben deutet. AÄunteren Ende der Skala sind seine persönlichen Konstrukte inbezug auf sich selbst und seine $7elt srarr und werden alsobjektive Tatsachen betrachtet und nicht als Konstrukreerkannt. So sagt ein Klient beispielsweise: olch mache nieerwas richtig - bring' nichts zu E.,de." Das scheint für ihr:eine Tatsache zu sein - die Art und \Veise, wie die Dinge nuneinmal beschaffen sind. Im sicheren Klima der Therapiä fängrer dann vielleichr an, dieses Konstrukt in Frage zu stellenl

In der Mitte der Prozeßskala wird das Erleben nicht mehrso rigide gedeuter, und die Gültigkeit solcher Konstrukteüberhaupt wird angezweifeh. Es isr verständlich, daß sich

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Klienten auf dieser Stufe von ihren Verankerungen losgeris-sen fühlen.

Am oberen Ende des Kontinuums wird das Erleben nurnoch versuchsweise strukturiert. Die Konstrukte, an denendas Individuum sein Leben ausgerichtet hat, lösen sich ineiner Unmitteibarkeit des Erlebens auf. Deutungen werdenals eigene Schöpfungen der Person betrachtet, nicht als dieeiner Situation innewohnende Qualität. Konstrukte werdenebenso leicht aufgesteilt wie fallengelassen. Bedeurung istetwas, das einer Erfahrung zugemessen wird, und nichtelwas, das unausweichlich mit dieser Erfahrung verknüpftis t.

1. Veränderung in der Mitteilung des Selbrt. Am unteren Endedieses Stranges besteht eine starke Abneigung dagegen, dasSelbst mitzuteiien. Klienten geben häufig Außerungen vonsich wie: "Vissen Sie, mir kommt es immer ein bißchenalbern vor, über sein Selbst zu sprechen, außer wenn es einemsehr schlecht geht." Auf dieser Stufe werden nur Mitteilungenüber äußere Vorgänge und nicht zum Selbst gehöriges Mate-rial gemacht.

Allmählich lernt der Klient, daß es ungefährlich und sogarbefriedigend ist, wenn er von sich als einem Objekt berichtet.Er kann sich freier über sein Selbst und über dinghaftgesehene Erfahrungen äußern, die dieses Selbst betreffen.Dann lernt er, seine Selbstgefühle in Besitz zu nehmen undauszudrücken.

Am oberen Ende des Kontinuums wird das Selbst nichrmehr als Objekt wahrgenommen. Das Selbst lsr das Erleben,dieser fortschreitende Prozeß, der von Augenblick zu Augen-'rlick wechselt. Die Person verliert ihr Bewußtsein vomSelbst. Das "Icho geht im \Tahrnehmungsfeld auf . Die Person:indet Befriedigung darin, ihre komplexen augenblicklichenGefühle zu sein und auszudrücken. Sie ist enger verbundennit ihrem organischen, viszeralen Erleben, das ständig in:inem Prozeß begriffen ist. Sie ist sich ihrer selbst viel srärker'cewußt und beginnt zu spüren, daß sie die Stimmigkeit ihres:ach außenhin sichtbar werdenden Selbst am Fluß des organi-schen Erlebens in ihr messen kann.

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5. Veränderung in der Beziebung zu Problemen Am unrerenEnde dieses Stranges erkennt der Klient probleme gar nich:oder nimmt sie als völlig außerhalb seiner selbst liegeid wahr.Ein Patient einer psychiatrischen Anstalt äußert: ,,Ich schlafeein bißchen zuviel. Ich habe einen schiimm enZahnund nocl:einige ähnliche Probleme.. Er ist sich des Problems, das seineFunktionsfähigkeit beeinträchtigt, nicht bewußt und fühl:sich daran auch nicht beteiligt.

'Venn der Klient in derTheiapie zunehmend lockerer wird.nimmt er mehr Probleme wahr und gewinnt ein Gefühl seine:eigenen Verantwortlichkeit. Er kani allmählich der Tatsacheins Auge sehen, daß seine Gefühle in Beziehuneen zu anderei:das Hauptproblem darsrellen. Zunehmend hatir das Bedürf-nis, die inneren Reaktionen zu untersuchen, welche dieseSchwierigkeit verursachen könnten, Er lernt diese problema-tischen Gefühle in der Beziehung mit dem Therapeute..auszuleben, und indem er sie akleptiert, erlangt

'er dir

Fähigkeit, sie auf konstrukrivere Veisi einzusetzen.

1. . .V. ey1i.nle1uyt i1 zzoiscbenmenscblicben Beziehungen

Schließlich läßt sich aus dem Kontinuum noch der Stänsherauslösen, der die Beziehungen zu anderen betrifft. Arr.unteren Ende des Kontinuums scheut sich der Klient vo:einem engen persönlichen Kontakt und weiß ihn mit vielerle.Mitteln zu umgehen, unter anderem durch Intellektualisie-rung. Er stellt dem Therapeuten Fragen. Er möchre seineRolle einwandfrei spielen, ein guter Klient sein. Er vermeide:es, sich als Person in das gefährliche und unbekannte Gebie:der zwischenmenschlichen Beziehung zu wagen. Allmählicl:lernt er es, seine Geftihle als eine sichere Basii zu betrachten.auf der er sich voranrrauen kann. So wagt beispielsweise eir:Klient, zu_ seiner Therapeutin zu sagen: ,Also gut, ich traueIhnen nicht.o In wachsendem Maß"*rgr .. es,"in der thera-peutischen Beziehung als ein ständig *'echselnder, aber inte-grierter Fluß von Gefühlen offen in Erscheinuns zu treten. E:kann seine Gefühle gegenüber dem TherapeutÄ f.ei äußernEr erkennt, daß er fähig ist, eine Beziehung auf der Basis desFühlens zu leben.

7. Das obere Ende des Kontinuums. Am oberen Ende de:Skala werden diese Srränge eins. Die siebte oder letzte Stufe

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der Skala ist eher eine Richtung oder ernZrel als etwas, dasvollständig erreicht wird. Es ist eine Beschreibung des "vollsich entfaltenden Menscheno (nocens, 1961a).

Auf dieser Stufe fürchtet die Person sich nicht mehr davor,Gefühle unmittelbar und reich differenziert zu erleben. undzwar sowohl in der Therapie als auch in anderen zwischen-menschlichen Beziehungen. Dieses Aufwallen von augen-blicklichem Erleben stelh einen Bezugspunkt dar, dem diePerson entnehmen kann, wer sie ist, was sie will und welchepositive oder negative Einstellungen sie hat. Sie akzeptiertsich selbst und vertraut auf ihren organismischen Prozeß, dern eiser ist als ihr Verstand allein (oder ihr Körper allein). JedesErlebnis trägt seine eigene Bedeutung und wird nicht wie einvergangenes Konsrrukt interpretiert. Das Selbst der Personist ihr subjektives Bewußtsein von dem, was sie im Augen-blick er{ährt. Sie ist kongruenr geworden, kann ihr Erleben inihrem Bewußtsein angemessen symbolisieren und vermagdiese Einheit mitzuteilen.

Damit ist das Prozeßkonrinuum kurz umrissen, das sichaus der Beobachtung an Klienren entwickelt hat, welche dieVeränderung von einem starren zu einem fließenden Zustanderlebten. Es ist eine Beschreibung der Transformationen, diesowohl beobachtet wie erlebt werden können, wenn einePerson sich in einer förderlichen und therapeutischen Bezie-tung zur psychischen Reife hin entwickeli.

Therapeutisches Klima: Der Prozeß im Therapeuten

Velches sind nun die Bedingungen für ein solches therapeu-:isches Klima? Wie kann der Therapeut eine Entwickluns imProzeßkontinuum am besten fördern?

Forschungsarbeiten über die klientenzentrierte Psycho-:herapie legen die Annahme nahe, daß eine Persönlichkeits-i'eränderung - ein Voranschreiten auf der Prozeßskala - mehriurch bestimmre Einstellungen des Therapeuten als durchsein \Wissen, seine Theorien oder seine Techniken gefördert*'ird (nrocn, 1960; rnuax u. MrrcHELL,197l).

Der zentrale Lehrsarz der klientenzenrrierren Psvcho-:herapie, der als "Prozeßgleichung" (nocans, 1961b) formu--iert wurde, lautet:

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"Je_mehr der Klient den Therapeuten als real oder echt, als empathisc:und ihn bedingungsfrei akzeptierend wahrnimmt, desto mehr *ird ri..der Klient von einem starischen, gefühlsarmen, fixierten, unpersönliche:Zustand psychischer Funktionen auf einen Zustand zu bewegen, de,durch ein fließendes, veränderliches, akzeptierendes Erleben d"iffere:,zierter persönlicher Gefühle gekennzeichnit ist."

In einer Reihe von Forschungsarbeiten wurde die Beziehunizwischen den Einstellungen des Therapeuten und der Virk-samkeir der Therapie unrersuchr. HALiTDES (195g) ließ Ton-bandprotokolle. von Therapiegesprächen durch objektir.Beurteiler einschätzen, um die Gühigkeit der "no1q7sn61r.-und ausreichenden Bedingungen< (nocrns, 1952) für eln.therapeutische Veränderung zu überprüfen. Ihre Unrersu-chung stützt die oben vorgerragene Hypothese.

_.B.AllElr-LENNARD (1959) kam aufgrund eines papier_uni-Bleistift-Tests, den er an Klienten eines Berarungszenrrurn:durchführte, zu dem Ergebnis, daß das VorhanJensein de:genannren drei Einsrellungen auf seiten des Therapeute:Vorhersagen über den Erfolg einer Therapie erlaubt.

-

vAN DER vEEN (1970) fand heraus, daß schizophren.Anstaltspatienren, deren Therapeuten nach obiektiver Einschätzung diese drei Bedingungen in stärkerem Maß erful.-ten, auf der Prozeßskala größere Fortschritte machren a..Patienten, derenTherapeuten diese Bedingungen in geringr-rem Maße erfüllten. Das Ausmaß an Veränäeru"g" i., ä.,Therapie srand in direktem Zusammenhang sowohfmit de:.wahrgenommenen als auch mir den tatsächl"ich vorhandene-therapeutischen Bedingungen.

rnuex und MTTcHELL (1921) kommen aufgrund eine:Untersuchung des veröffentlichten Materials übär die \firksamkeir von Psychorherapie zu dem Schluß, daß die thera-peutischen Bemühungen im Durchschnitt zwar ziemlic_fruchtlos bleiben, daß aber Therapeuten, die die drei obe:erwähnten Eigenschaften mitbringen, tatsächlich Erfols.erzielen. Sie berichten über eine an der Universirät vo.Visconsin durchgeführte, einen Zeivaum von vier Tahre:umfassende lJntersuchung über die psychorherapeurisch-Behandlung von sechzehn schizophrenen Anstaltspatiente:Der Befund dieser Unrersuchung war, daß patienien, dere-Therapeuten in hohem Maß nichipossissive'Wärme. Echthe::und präzises einfühlendes Verstehen besaßen, anhand ot:

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verschiedensten Messungen signifikante positive Persönlich-keits- und Verhaltensänderungen aufwiesen, während beiPatienten, deren Therapeuten relativ wenig von diesen Eigen-schaften in die Therapie einbrachten, eine Persönlichkeits-und Verhaltensänderung zum Schlechteren hin einrrar.

Diese Einstellungen, die dem Klienten (verbal oder'nicht-verbal, aber nicht erklärend) mitgeteilt und von ihm auch*'ahrgenommen werden müssen, sind offenbar die entschei-denden Voraussetzungen für einen therapeutischen Fort-schritt und konstruktive Persönlichkeitsveränderungen.

Vegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Einstellun-gen des Therapeuren für die Virksamkeit der Psychotherapiemöchte ich ihre Merkmale hier qenauer definieren.

Echtheit oder Kongruenz - reales Zugegensein

Ein therapeutischer Erfolg stellt sich mit größterVahrschein-iichkeit dann ein, wenn ich in der Beziehung zu meinemKlienten ohne Maske oder Abwehr ich selbst bin. Vas ich zumeinem Klienten sage, steht nicht im Widerspruch zu dem,n'as ich ihm gegenüber fühle. Ich speise ihn nicht mitbewährten Phrasen, ausgeklügelten \üendungen oder einerprofessionellen Haltung ab. Mein Mangel an Abwehr, meineEchtheit tragen wesentlich dazu bei, daß zwischen uns ein.'ertrauensvolles Verhältnis entsteht und aufrechterhalten.r'ird.

Mein echtes Zugegensein wirkt sich in meinen therapeuti-schen Beziehungen auf vielerlei \ü'eise aus. Es dient mir alsRichtlinie für meine Reaktionen oder Eingriffe. (In diesemZusammenhang soll an die von cENDLIN [1920] aufgestellteFormulierung erinnert werden, der zufolge .reagieren"sowohl >verstehen< wie auch "hinweisen" oder sogar"Genaueres darüber wissen wollen" bedeuten kann.) Ichbemerke, daß mein Klient häufig Erleichterung spürr, wenn:ch auf den von ihm "gefühlten Bedeutungsgehalt" reagiere.\\'enn er sein viszerales Erleben mit einem zutreffendenNamen oder Etikett verbinden kann, fühlt er sich körperlicherleichtert. Und wenn ich wiederum sein Gefühl, uoianru-sommen, seinem eigenen Erleben näherzukommen, mitemp-:inde, dann weiß ich, daß ich auf der richtigen Spur bin.

Mir geht es vor allem darum, meinen Klienten seinem

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eigenen F,rlebensprozeß (nanr, 1970) näherzubringen - ihmzu ermöglichen, daß er seine Gefühle erkennr, akzeptiert undin Besitz nimmr und ihnen die für ihn gültige Bedeutungbeimißt. '$üenn meine Reaktionen also wirksam sind. unter-stützen sie ihn bei seinem Bemühen, in seinem Erlebenspro-zeß über seine "Blockierungeno hinwegzukommen. SeinKampf auf der Suche nach immer neuen gefühlten Bedeu-tungsgehalten soll durch meine ReaktionÄ geförderr wer-den. Ich empfinde es als natürlich und nürzliÄ, wenn ich indiesem Prozeß meine Gefühle zum Ausdruck bringe, Fragenbeantworre, falls ich ein Bedürfnis danach habe, und unrrer-nünftige Gedanken oder Phantasien in bezug auf meinenKlienten oder unsere Beziehung mitteile, falls solche bei miranhaltend bestehen.

'Wenn meine Reaktionen keine Veränderung und keinenAnsroß bewirken - wenn sie für den Kampf -Jin., Klienter:keine Bedeutung haben -, beziehe ich mich sofort wiederzurück auf seinen Erlebensfluß. \üenn ich beispielsweise zueiner Außerung von ihm meinen Eindruck wieäergebe oderdie Grenze dessen, was ihm bewußr ist, überschreiie, und ererwidert darauf etwas in der Art wie: oJa, das klingt so, als obes srimmen würde", kann ich meine ihn ablenkende Bemer-kung korrigieren, indem ich zum Beispiel sage: 'Es klingt, alsob es stimmen würde, aber es trifft nicht ganz Ihre GeftihleSie haben gerade davon gesprochen.. .. und ihn dadurchwieder zum Fluß seiner Gefühle - seines Erlebens zurück-führe. Dieser Prozeß ist vergleichbar mit dem Versuch, auseinem Labyrinth herauszufinden. Ich gehe einen Gang enr-lang, und wenn sich dieser als Sackgasse erweist, gehe ichzurück bis zur Kreuzung und probiere einen anderen Vesaus.

In der therapeurischen Beziehung nicht echt oder nicht rea.zu sein bringt dagegen überhaupt keinen Nurzen. Unnatürli-che Ausdrucksformen - beispielsweise die Benutzung desVerhaltensstils oder der Technik einer anderen Person -können für die therapeutische Beziehung und für die persön-liche Entwicklung des Therapeuten schlimme Folgen haben.Ein Berater berichtete mir von einem Erlebnis aus seinerAusbildungszeit. Er behandelte unter Aufsicht eine sehrschweigsame Klientin. Seine Ausbiider erklärten ihm, erwürde zuviel reden (als er sich natürlich gab), und so wandte

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er eine "nicht-direktive Technik" an. Er entschloß sich, zuwarten, bis seine Klientin von sich aus zu sprechen begann. Erwartete, und die junge Dame wartete ebenfalls. Er quälte sich,sie quälte sich, beiden war äußerst unbehaglich zumute, undschließlich begannen sich gegen Ende der Sitzung auf ihremNacken große rote Flecken zu bilden. Er hatte seine echtenGefühle zurückgehaiten, und ihr Unbehagen brach buchstäb-lich durch die Haut.

In dem Zeitraum zwischen dieser ersten, sehr unbehag-lichen Sitzung und der nächsten nahm der Therapeut zumerstenmal an einer Encounter-Gruppe teil. Im Klima einerGruppe von Personen, die ihre Geftihle in einer Beziehungauszuleben versuchten, entdeckte er, daß er ungefährdetrealen persönlichen Kontakt aufnehmen - anderen Menscheng.g..rüb". echt sein konnte. Dies war für ihn ein tiefgreifen-des Erlebnis, und als er wieder in die Ausbildung zurück-kehrte, hatte er eine vollkommen veränderte Auffassung voneiner Beziehung zu einer anderen Person. Ihm lag stärkerdaran, real zu sein, er war akzeptierender, natürlicher undzufrieden damit, sich selbst in die Beziehung einbringen zukönnen und der natürlichen Wachstumstendenz des Indivi-Juums die Heilung zu überlassen. Bei der nächsten Sitzungmit der schweigsamen jungen Frau hatte er das Gefühl,*-irklich oda. zu sein, und die Veränderung in ihrer Bezie-hung und die Fortschritte, die sie machte, waren bemerkens-*-ert. Er brauchte sich nicht mehr direktiv zu verhalten undhatte es ebenfalls nicht mehr nötig, eine nicht-direktive Rollezu spielen. Er war einfach er selbst. Seine Klientin konnte sich

rhrem eigenen Erleben annähern, als er, der Therapeut, aufsein Erleben vertraute - als er real war.

Der Bericht eines jungen angehenden Beraters über seine:rsten unbeholfenen Therapieversuche gibt ebenfalls dieErfahrung wieder, welcher 'Wert dem Realsein zukommt:,Das erstemal, als eine Klientin mit einem schwierigen per-.önlichen Problem zu mir kam, mein erster "Fall<, traf michJie Frage: ,\W'er bin ich, daß ich dieser Patientin helfeniönnte ?. Alle Theorien, die ich mir angeeignet hatte, zerbrök-<elten einfach. und ich hatte nichts Greifbares in der Hand.ich fühlte, wie ich in einem Meer versank, das ich selbst

:eschaffen hatte. Ich hatte zahlreiche Therapieverläufe voniekannte.r und von mir selbst studiert, aber jetzt in den

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!Prozeß einer völlig fremden Person bezogen zu sein - icl:fühlte mich einfach verloren. Jetzt fühle ich" mich nicht mehiverloren. Ich bin über dieses Gefühl sogar schon in jene:ersten.sitzung hinweggekommen. . . Soba'id ich eingestiege,:war, damals in dieser ersten Sitzung, war meine Beratun"gs-theorie weg, und ich fiel zurück äuf ein We.tsystem. ja,sozusagen automarisch da war. Das war nicht geplant gewe-sen. Ich betrachtete mich nicht einmal als ,n"icht-diäkti,oder ,reflektierend., aber als ich Schwierigkeiten hatte.begann ich meiner Kiientin einfach zr'rruhö.e.rjuersuchte ich.ihre Gefühle zu versrehen und ihr dabei zu helfen, sie zuklären. Das waren Werte, die ich in meiner Kindheir erwor-ben hatte. In den ersren paar Minuten, als ich mich verlore:-.fühlte, dachte ich nur an mich - wie ich mich verhalten sollte.was ich tun sollte. Des einen war ich mir jedenfalls sicher, da:,es nicht das sein würde, was ich zu tun beabsichtigt hatte. Ici:begann mich auf das einzustellen, was meine Kli"entin sasreDas gelang mir zuerst nicht allzu gut, aber ich versicherte Ihr.daß ich mein Bestes tun wolle. Am Schluß der Sitzune fühlter.wir uns beide behaglicher, und jeder von uns hatie einig.Dinge, die ihn betrafen, richtiggestellt.. Er lernt, in eini,Beziehung real - er selbst - zu sein und darauf zu verrrauen.daß diese Haltung der Veränderung, die er und sein Klien:anstreben, förderlich ist.

Echt sein bedeutet, in einer Beziehunq ich selbst zu seir:.die Person, die ich bin, ohne Fassade, unJder anderen perso:.meine gefühlsmäßigen Vahrnehmungen mitzureilen, auimeinem eigenen Erlebensprozeß heraus zu reagieren, ur,meinem Klienten die Suche nach gefühlten Bedeutungen z_erleichtern.

Wertscbätzung oder be dingungsfreies Akzeptieren

Als Therapeut ermurige ich meinen Klienten nicht zu "Selbs:-mitleidu oder ,Vertrauen., und ich ,verstärke. bei ihm aucr-nicht irgendwelche bestimmten Gefühle oder Verhaitenss,ei-sen. Ich ermurige und akzeptiere den freien Ausdruck alle:Gefühle. Meine Haltung ist weder patriarchalisch noc:.gefühlvoll noch oberflächlich freundschaftlich oder liebens-würdig - ich schlüpfe nichr in eine Rolle. Meine Haltunq is:entgegenkommend, positiv, warm, aber nicht besitzere-rei-

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fend, nicht einschränkend und nicht wertend. Ich akzeptieredas, was lst. 'Wenn ich in dieser Veise erlebe - dieses Klimaschaffe -, höre ich von meinen Kiienten, daß sie in der Lageseien, über das zu sprechen, was ihnen wirklich ProblemeSereitet. Sie können die 'schrecklichen Orte" in sich erkun-Jen, nicht nur die an ihr Alltagserleben angrenzenden siche-:en Territorien.

Es fällt schwer, nicht zu urteilen. Die Einstellung, die ichneine, umfaßt in gleicher Veise die Annahme defensiver,:eindseliger, negativer und schmerzlicher Gefühlsäußerun-gen des Klienten wie seiner liebevollen, reifen oder positivenGefühlsäußerungen. Für viele Therapeuten ist es schwieriger,Jie positiven, freudigen Gefühle zu akzeptieren, denn Thera-)euten neigen dazu, diese mißtrauisch als Abwehr zu be-:racnten,

Ich bin in vielerlei Hinsicht leichtgläubig und akzeptiereneinen Klienten als den, der er zu sein behauptet, ohnerntergründig zu argwöhnen, daß er vielleicht anders seiniönnte. Ich akzeptiere das, was in meinem Klienten lsr, nichtjas, was in ihm sein sollte.Einerhat es einmal so ausgedrückt:'Hier bei Ihnen kann ich immer einfach ich selbst sein. Ichnache mir nie Gedanken darüber, ob ich mich richtig ver-:alte, Und wenn ich von hier fortgehe, fühle ich mich immersehr viel kreativer - und dieses Ge{ühl dauert hinterher an..

Wenn ich eine Person auf der Stufe, wo sie zu sein meint,:kzeptiere, gebe ich ihr offenbar die Möglichkeit, sich selbst:refer zu erforschen. Ein Klient wollte beispielsweise über,eine Schuldgefühle in bezug auf seine Kinder sprechen.Doch zuerst hatte er das Bedürfnis, mir mitzuteilen, daß er.ein Leben als erfolgreich betrachte und dieses Problem ihnricht besonders berühre. Ich akzeptierte die Gefühle, die er injiesem Augenblick empfand. Kurze Zeit später, nachdem:hm erlaubt worden war, anderen Gefühlen nachzugebenohne sich durch meinen Argwohn oder mein Mißtrauenredroht zu fühlen), war er imstande, seine komplexenGefühie von Traurigkeit und Groll in bezug auf seine Kinderrewußt wahrzunehmen und anzuerkennen.

Eine Frage, die in diesem Zusammenhang häu{ig auftaucht,:.t folgende: ,Angenommen, ich empfinde als Therapeut:egenüber meinem Klienten starke Ablehnung?" sEEMAN

1954) hat festgestellt, daß der Erfolg einer Therapie eng

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verbunden ist mit einem starken und wachsenden Gefül:.gegenseitiger Zuneigung und Achrung zwischen Klient uncTherapeut. Eine andere, von DrrrES (1952) durchgeführtlUntersuchung zeigr, daß es sich hierbei um eine"äußers:feinfühlige Beziehung handelt. DrrrES wies anhand der psr,-chogalvanischen Hautreaktion, mit derAngst, ein Gefühit.o:Bedrohung oder erhöhte Vachsamkeit beim Klienren gemes-sen werden können, nach, daß die Anzahl abrupter gäl,orn,scher Haurreaktionen signifikant anstieg, sobald die Einstel-lung desTherapeuren auch nur geringfügigeSchwankungen i:Richtung auf eine weniger akzeprierende Haltung hin aufwiesVenn die therapeutische Beziehung als weniger akzeprierenrerlebt wird, stellt sich der Organismus sogar auf der physiolo-gischen Ebene auf eine Bedrohung ein. Dies weisr därauf hir..daß in einer solchen Beziehung nicht nur eine akzeptierend.Haltung, sondern auch die Kongruenz des Thärapeute.-.wichtig ist. Da der Klient diese weniger akzeptieiende:.Gefühle spürt, sollten sie in der Beziehung offen zur Sprach.KOmmen.

Venn derTherapeut nicht dazu in der Lage ist, den Klienre:.zu akzeptieren, ist die therapeutische Behandlung bedroh:Die einzige Mögiichkeit, dieses Problem zu bewältigen.besteht darin, daß er dem Klienten seine Reaktionen mitreil:Indem er diese wertenden Gefühle (die der Kiient vermutlici-.spürt) zugibt, können beide gemeinsam an dem Probler:arbeiten und den therapeutischen Prozeß unter Umstände:.wieder wirksam werden lassen und vielleicht sogar steigern

Bei allzu häufig auftretenden urteilenden Reakrionen de,Therapeuten kann die Virksamkeit des rherapeutischen pro-zesses verlorengehen. In seinem Berichr über äie vorerwähnt.lJntersuchung über schizophrene Klienren kam rnu.Lx (1921zu dem Schluß: oVenn Therapeuten besitzergreifend sind i.-.

dem Sinn, daß sie häufig wertende Außerungen treffen, übe:.sie auf ihre Klienten eine desrruktive rVirkuns aus.u Ei:Therapeut, der entdeckt, daß er oft Urteile fällf muß sein.Gefühle vielieicht zusammen mir einem Kollegen exploriere:.oder selbst in therapeutische Behandlu.,g geh"i. Die Fahigke::des-Therapeuten, seinem Klienten warme und akzeptiereni.Gefühle entgegenzubringen, ist wahrscheinlich davon abhän -

gig, inwieweit er sich selbst akzeptierend und warm gegen-übersteht.

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Eine weitere Dimension dieser Einstellung akzeptierenderZuwendung zum Klienten beinhaltet offenbar eine Bereit-

';haft auf seiten des Therapeuren. seinen Klienten in dieliefen seiner Angst hinabzubegleiten und darauf zu ver-::auen, daß sie beide zurückkehren werden. Ich waee die3egegnung mit dem Unbekannten in meinem KlientÄ und:.rir selbst ohne die Gewißheit, aber doch im Vertrauenjarauf, daß es zu einem guren Ende kommen wird.

Hier ein Beispiel für eine ungewöhnliche Art, einer ande-:en Person emotionale Zuwendung zu zeigen. Eine Freundin'. on mir, die durch eine schleichende Krankheit, durch welche,re ans Bett gefesselt wurde, zermürbt war und das Gefühl:atte, niemand könnte ihre Verzweiflune verstehen oder:izeptieren, "gab schließlich auf". Sie la[ zwei Tage lang:e*.egungslos im Bett, sagte kein Wort, aß nichts und schlie{::ch nicht; sie war wie im Koma. Ich sagte ihr, daß ich:,aubte, ihre Gefühle nachempfinden zu können, daß mir an.:r liege und daß mich ihr Entichluß, nicht mehr weiterleben:u wollen traurig mache. Ich versuchte mir vorzusteilen, wiei:e sich in dem Augenblick fühlte, und gab versuchsweise.npathische Reaktionen. Meine Worte übten auf sie keinerlei'I'irkung aus. Sie hörte mir nicht zu. Ich dachte nicht einmal::rüber nach, was ich tun könnte, sondern war ganz bei:reiner Freundin. Ich wußte, daß ich ihr meine Gefühle:itteilen wollte. Ob sie lebte oder srarb, war mir ganz und gar:,:cht gleichgültig, aber zugleich achtete ich ihre Gefühle und::lligte ihr die Veranrworrung ftlr ihr eigenes Leben zu. Ich..qte ihre Lieblingsplarte auf und pflückte draußen in ihremSarten eine Blume, die ich in eine Schale mit Vasser legte.'.i'ortlos

stellte ich die Schale unmittelbar neben ihren Koof .

Zum erstenmal lockerte sich ihr srarrer Blick. Ihre Augen.turden feucht, als sie die Blume erblickte. Meine Freundin-:t an sich Freude am Essen, und wir hatten oft miteinander.:ne einfache Knäckebrotrnahlzeit eingenommen. Ich hohe:eshalb ihr Vitamin-C-Fläschen, ein Stück Knäckebrot und.rrs ihrer Liebiingsplätzchen herbei. Sie bewegte sich ein:.'enig und brach in leises Schluchzen aus. Daraufhin nahm:: die Morgenzeitung, schnitt daraus Bilder von spielendenlndern, jungen Mädchen, kleinen Tieren - das heißt: von

- eben - aus und gestaltete eine Coilage, die meine Vorstellung::r'on, wie sie das Leben normalerweise betrachtete, wieder-

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gab. Als ich ihr diese Collage zeigte, brach sie in Tränen undheftiges Schluchzen aus, das nur ab und zu in Lache:umzuschlagen schien. Inzwischen weinte ich ebenfalls, unczehn bis fünfzehn Minuten lang vergossen wir gemeinsan:unsere Tränen. Nachdem wir insgesamt fast zwei Stunde:.ohne verbale Kommunikation miteinander verbracht hatten.konnte sie über ihr Erlebnis sprechen, und wir konnte:gemeinsam ihren Gefühlen nachgehen. Vochen späre:äußerte meine Freundin: "Mich hat eine Person buchstäblic:vor dem Sterben bewahrt, indem sie sich um mich sorgte uncsich nicht scheure, mich in die Tiefen meiner Angst uncVerzweiflung hinab zu begleiten."

Ich hoffe hierdurch niemanden zu der Schlußfolgerung z.;verleiten, daß das allerneueste Selbstmordverhütungsmitte.für eklektische Therapeuren aus einer Blume, einem StüciKnäckebrot und einer Collage auf Filzpapier besreht. Ici-.hoffe vielmehr, daß dies als ein Sonderbeispiel der unend-lichen Vielfalt von Möglichkeiten aufgefaßt-wird, wie ma:.einer anderen Person seine Zuwendung mitteilen kann.

Diese nichtbesitzergreifende Zuwendung - bei der ich e,nicht nötig habe, meinem Klienten zu sagen, was für ihn da,beste ist, oder ihn zu kontrollieren, bei der ich all seinegemischten Gefühle akzeptieren kann, ihn so akzeptiere:.kann, wie er gerade ist, diese Art von Zuwendung schafft eirsicheres Klima, in dem er die "schrecklichen" Ge{ühle, die e:erlebt, die verborgensten Elemente von sich explorieren, ::überhaupt erst zulassen kann.

Präz is e s eint'ü b len de s Verste b e n

Wenn ich die phänomenale Welt meines Klienten verstehe::will, muß ich mehr als nur den einfachen Sinn seiner'Worreverstehen. Ich muß eintauchen in die Wek komplexer Sinnse-halte, die mein Klient durch seinen Tonfall und ebenso duicLseine Gesten zum Ausdruck bringt. Ein solches Versteheräußert sich im besten Fali durch Bemerkungen, die nicht nu:spiegeln, was dem Klienten voll bewußt ist, sondern auch diemöglichen Zonen erfassen, die am Rande seiner Gewahrwer-dung auftauchen. Bei diesem Versuch, den Klienten seinen:eigenen Erleben näherzubringen, hilft es mir, wenn ich voll irmeinem eigenen Erleben drinstehe - wenn ich mit meinen

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Gefühlen in Berührung bin. Indem ich in das Universum:reines Klienten eintauche und mein eigenes Erleben sensibel

'.ahrnehme und mitteile, kann ich ihm zuweilen den gefühl-::n Sinngehah vermitteln, dessen mein Klient sich nur vage:ewußt ist. Er ist in wachsendem Maß in der Lase, mehr von,einem aktuellen organischen Erleben, das in lhm leibhaft::läuft, ins Bewußtsein zuzulassen.

Ein solches sondierendes Abtasten des Randes der Ge-. ahrwerdung erfordert sehr viel Feingefühl. Ein allzu gewag-::r Vorstoß seitens des Therapeuten, mit dem er zu weit über:en Rand dessen, was dem Klienten bewußt ist, vordringt,-'rrd von diesem häufig als Bewertung oder Urteil empfun-:en. Bei seiner Selbstexploration isr der Klient wie ein Kind,::s sich zum erstenmal hinaus in die Dunkelheir wagt. Er:rgstigt sich und schreckt leicht zurück, bis er mit dieser.:uen Welt vertraut wird. Andeutungen desTherapeuten, daß.: über diese \Welt mehr wisse als der Klient, können diesen:edrohen in seinem zaghaften, gleichsam kindlichen Bestre-::n, gefährliche Bereiche seiner selbst zu erforschen.

Das folgende Beispiel aus einer Encounrergruppe illustriert: anschaulicher Weise den grundlegenden Unterschied zwi-::iren einem klinisch sondierenden Verfahren und einer:ipathischen Reaktionsweise, die das befreiende Erlebnis:.it sich bringt, endlich verstanden zu werden.

Doug, ein achtunddreißigjähriger Kaufmann, hat derl:uppe gerade davon erzählt, wie er sein Geschäft, seinei:au, seine Familie und seine Kreditwürdigkeit innerhalb der-emeinschaft, in der er lebte, verloren hatte und wie er sich::rn in jahrelangen mühseligen Kämpfen allmählich sein

-eschäft wieder aufgebaut und seine Kreditwürdigkeit:::ückgewonnen hatte.

Gruppenmitglied: "Du hasr von deiner Scheidung gespro-::en und davon, daß es dich traurig mach!, von deinenh:ndern getrennt zu sein. Es scheint so, als ob du Probleme-.:itest, von denen du uns nichts erzählst.n

Dozg.' ,\un, das war ein sehr schmerzliches Erlebnis in:einem Leben, und ich habe eben versucht, euch das mitzu-:.:len. Für mich war es sehr rraurig, und das wird es auch::ner bleiben, aber ich hab' das Gefühl, daß ich diese

_.*Tr"* durchsrehen konnte und dadurch gewonnen

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Mitglied: "Glaubst du, daß es durch einen Mangel anStabilität zu diesem Bruch gekommen ist?.

(Doug wird unruhig und runzelt die Srirn.)Mitglied: "Ich hab' das Gefühl, daß du eine Last mit dir

herumschleppst, die mit diesem Ereignis zusammenhängtund dich behindert. Als ob du damit irgendwie nicht fertisgeworden wärsr - eine Vunde, die nichiaufhörr zu schmerlzen. Mir scheinr, unter der Oberfläche bist zu sehr verletzt."

(Doug kreuzt die Beine, verschränkt die Arme über de:Brust und zündet sich dann eine Zigaretre an. Er trägt dabe:eine gieichgültige, abwesende Miene zur Schau.)

Doug: "ln gewisser Veise hast du wahrscheinlich recht. Ici-.bin ein ziemlich unbeständiger Charakter." (Mit sehr leise:Stimme.) "Ich komme aus einer puriranischen Familie, uncwegen meiner Kinder habe ich noch immer große Schuld-gefühle. "

Mitglied: "lch frage mich, inwieweit du dir erlaubt hast.deinen Schmerz zu fühlen. . . ihn einfach voll zu fühlen?"

(Die Gruppenmitglieder versuchen ihn mit sondierende:Bemerkungen dazu zu bringen, daß er seinen ooffenkun-digen" Schmerz oder seine Gefühle äußert. Doug steht seiner-.gefühlten Bedeutungsgehahen zu diesem Zeitpunkr nich:sehr nahe. Er schließt sich infolgedessen immer mehr ab uncverbirgt seine innersten Gefilhle vor der Gruppe.)

Miglied: ,Hat deine Frau dich verlassen? Ist sie di:davongelaufen ?"

Mitglied: "Vie hast du das empfunden?"Doug: (Unbeteiligt.) oNun, es gab Probleme."Mitglied: oVarum hat sie dich verlassen?"Doug: "lch hatte finanziell Ruin gemacht, und sie wolh.

nicht länger in der Gemeinde bleiben und ständig Gläubiger:von mir gegenübertreren müssen, und so ging sie weg. . . Ic:blieb und bemühte mich darum, unsere Schulden zurückzu-zahlen - einen Neuanlang zu machen. Sie hatte bestimmreVorstellungen in bezug auf unsern Lebensstii. Gesellschafr-tffl.#::U.rnung war für sie sehr wichtig - wichtiger, als ei

Mitglied: "Du empfindest offenbar noch immer große:,Schmerz. Es scheint dir sehr nahezugehen. Du hast dic:davon noch nicht gelöst.,

Mitglied: 'Wann ist das passiert?"

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Dowg: "Yor vier Jahren.".l(itglied: "Eine lange Zeit, wenn man so etwas (den

::hmerz) mit sich herumschleppt.",\litglied: "Hast du andere Beziehungen aufgenommen?oDoug: "Ja.".llitglied: "Wie lassen die sich an?.Doug: ,'Gtr.,, (Sehr abwehrend.) "Ich glaube, die Gruppe

r:t recht mit dem, was sie über meine Wut und meinen!:hmerz sagt. Aber ich fühl' mich gut. Ich habe mir meiner: x-Frau und mit meiner'Wut abgeschlossen. Ich glaube nicht,::11 es mir so schlecht geht, wie ihr zu glauben meint.*

-\n dieser Stelle führt der Therapeut den Erlebensfiuß-.rrück zu dem Punkt, wo Doug offenbar den Bezug zu,.rnen gefühlten Bedeutungsgehalten verloren hatte, indem er..rige dieser Gefühle empathisch erfaßt und bemerkt: oEs:uß unheimlich viel Mut und Kraft gekoster haben, den Weg::rück zu finden und nach einem so niederschmetrernden::lebnis noch einmal von vorn anzufangen..

Dozug.' ,Npn, weißt du, eswar aerdamhthart(seineAugen-- erden feucht), der psychische und der physische Schmerz.\1eine ganze \Welt brach zusammen . . . aus der Gemeinschaft:-:sgeschlossen... nachdem sie mich verlassen hatte. Ver-:.:.mmt harte Jahre, während ich mich wieder aufgerappelt::be... (schluchzt ietzt und berichtet noch einmal seine

-eschichte. . .). Erst seit einem Jahr bin ich wieder in der

-:ge, zu lachen und mir finanziell keine Sorgen mehr zu::.achen. (Mit Zorn in der Stimme.) Und für meine Kinderr:oe ich die ganze Zeit gesorgt und tue es auch jetzt noch."

Einfaches Verständnis für Dougs Gefühle brachte ihm die!:ieichterung, die die Gruppe trotz all ihrer wohlmeinenden-.rsichten ihm nicht hatte geben können.

Ich möchte diesen Abschnitt mit einem Beisoiel abschlie-.,:n, das anschaulich zeigt, welche Uberraschung ein Thera-:-ut erleben kann, der die private lVeit eines anderen aus::ssen Perspektive betrachtet. In ly'e?4' Directions in Client--:ntered Therapy 097q berichter JoHN sHLiEN dieleschichte eines Psychologen, der auf den lVunsch derr.sorgten Eltern hin einen ,schwierigen" Jungen zu beob-=:hten hatte. Der Junge war still, sensibel, einsam, nervös,::rte Angst vor anderen Kindern und wurde durch sie sehr:-:igeregt. Das Kind storterre, wenn es mit Fremden sprach,

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und zog sich immer mehr in sich zurück. Unbemerkt beob,-achtete der Therapeut das Kind, während es für sich allein ir,elterlichen Garten spiehe. Es saß versonnen da und lauschr.dem Gebrüll der Nachbarskinder. Der Junge runzelte dr.Stirn, rollte sich auf den Bauch und hämmerte mit seine:weißbeschuhten Füßen auf den Rasen. Er setzte sich wiede:auf und betrachtete seine schmutzigen Schuhe. Dan:.erbiickte er einen Regenwurm. Er legre ihn auf eine Stein-platte, suchte sich einen scharfkantigen Kieselstein un;begann den Wurm in der Mitte durchzutrennen. An diese:Punkt machte sich der Psychologe im Geist vorsichtis.Notizen des Inhalts: "Scheint isoliert und zornig zu sein, is:vielleicht übermäßig aggressiv oder sadistisch, sollte beob-achtet werden, wenn er mit anderen Kindern spielt, ma:.sollte ihm kein Messer in die Hand geben und ihm keir:tHaustiere anvertrauen.< Dann bemerkte er, daß der June.mit sich seibst sprach. Er beugte sich näher heran und spitzr.die Ohren, um zu verstehen, was der Junge sagte, als er de:.\üurm durchtrennt harre. Er sagte, wobei sich seine Stir.-.glättete: oDa, jetzt hast du einen Freund." Der Unterschie:zwischen dem, was man von außen beobachtet, und de:inneren Welt ist manchmal verblüffend.

Rangfolge der tberapeutiscben Einstellungen

In bezug auf die Priorität der therapeutischen Einsrellunge-von Echtheit, Zuwendung und Empathie sind die Autore,unterschiedlicher Ansicht.

Carl:lmAugenblick bin ich der Meinung, daß von den dr.Einsteilungen, die der Therapeut besitzen sollte, Echthe::oder Kongruenz die grundlegende ist. Als Therapeut muß ic.sehr starkes Einfühlungsvermögen erwerben, um die thera-peutische "Arbeit" erfüllen zu können. Ein solches Gespu:für das augenblickliche ,Sein" einer anderen Person setzt abe:voraus, daß ich diese andere Person akzeptiere und ihr einis.Hochschätzung entgegenbringe. Diesä Haltungen sii:jedoch nur dann von Bedeutung, wenn sie wirklich sind, un:deshalb muß ich in der therapeutischen Begegnung zualle:-erst integriert und echt sein.

Jobn: Lus der Perspektive des Klienten gesehen rsr mern.:Ansicht nach die wichtigste therapeurische Einstellun:

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e!was, das ich in Freundscha{ten und anderen Beziehungenneistens nicht bekommen kann, das bedingungsfreie Akzip-:ieren. Diese Art von nichturteilender Zuwendung erlaubtnir, meine tiefsten und am meisten behüteten Gefühle zu:rforschen. Die drei therapeutischen Einstelluneen sind:achgewiesenermaßen eng miteinander verbunde.rl Es sind'.'ielleicht drei Dimensionen eines elemenraren Faktors. Ich:abe die Vermutung, daß dieser grundlegende Faktor darinresteht, daß der klientenzentrierte Therapeut sein Verrrauen.: die natürliche Selbswerwirklichungs- und Selbstbestim-nungstendenz des Klienten serzt und sie respektiert.

Alle unsere spekulativen Vorstellungen bedürfen noch:ines empirischen Nachweises. Gesichert ist bis ietzt nur, daß:rne Therapie offenbar dann optimal wirksam ist, wen.r derTherapeut alle drei Einstellungen - Echtheit, Akzeptieren:nd präzises einfühlendes Versrehen - in hohem Maß ver--r-irklicht.

Um diesen Abschnitt zusammenzufassen: Indem derrlient jemanden findet, der ihm mit gleichbleibend akzeptie-:ender Haltung zuhört, während er seine Gedanken undGefühle äußert, wird er nach und nach immer mehr fähig,\litteilungen aus seinem Innern aufzunehmen; er nimmtrewußt wahr, daß er wütend ist; oder daß er verängstigt rir,.-.der daß er liebevolle Gefühle erlebt. Allmählich kommt er in:ie Lage, auf Gefühle in seinem Innern zu horchen, die ihm::üher so absonderlich, so schrecklich und so bedrohlich:rschienen waren, daß sie völlig von der Gewahrwerdung:usgeschlossen waren. Während er diese verborgenen undschrecklichen" Aspekte von sich enthüllt, merkr er, daß die

Zuwendung des Therapeuren ihm gegenüber nicht nachläßt.- nd allmählich übernimmt er die gleiche Einstellung gegen-:ber sich selbst, er beginnt sich so, wie er ist, anzunehmen:nd bereitet seinen weiteren !üerdeprozeß vor. Venn derrlient schließlich so weit ist, daß .r g.bß... Bereiche von sich..ahrnehmen kann, entwickelt er immer mehr Kongruenz:nd nähert sich dem freien, offenen Ausdruck seiner selbst:n. Er ist zulerzt frei, sich zu verändern und in die Richtungen:u wachsen, die dem reifenden menschlichen Organismus'. on Natur eigen sind.

Psychotherapie ist ein Prozeß, durch den der Mensch eins..ird mit seinem Erleben, ohne Selbsttäuschung, ohneVerzer-

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rung. Er kehrt auf wissende Weise zu seinem ursprünglicher:sinnenhaften und leibhaften Erleben zurück. Psychotheraoieist ein Prozeß der Erkundung der eigenen Perion, den r. s,

ELIor in die Worte einfängt: ,Und am Ende all unseresSuchens werden wir dorthin gelangen, von wo wir ausgegan-gen sind, und wir werden den Ort zum erstenmal kennen."

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