Upload
review-by-f-kempf
View
215
Download
3
Embed Size (px)
Citation preview
GBPress- Gregorian Biblical Press
Rose und Schwert im päpstlichen Zeremoniell von den Anfängen bis zum Pontifikat GregorsXIII. (Wiener Dissertationen aus dem Gebiete der Geschichte 9) by Elisabeth CornidesReview by: F. KempfArchivum Historiae Pontificiae, Vol. 6 (1968), pp. 464-468Published by: GBPress- Gregorian Biblical PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/23563691 .
Accessed: 02/06/2014 17:05
Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp
.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].
.
GBPress- Gregorian Biblical Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access toArchivum Historiae Pontificiae.
http://www.jstor.org
This content downloaded from 95.39.255.171 on Mon, 2 Jun 2014 17:05:14 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions
464 RECENSIONES
tum. In Bezug auf den Inhalt der Reskripte kann man beobachten, daB
Auftrage (Bevollmâchtigungen) in Justizsachen damais gewòhnlich ' ad
casum '
gegeben worden sind; einmal aber wird ein Generalauftrag (cum a dictis priore et canonicis fueritis requisiti — Nr. 617) zu Gunsten der
Gilbertiner in Sempringham ausgestellt. In der Einleitung sind noch
andere Sonderheiten, die wâhrend der Herstellung von Urkunden unter
laufen sind, erwâhnt (S. XII-XIII). Au Ber dem findet man ebenda (S. XIII
XXIII) eine gute Beschreibung der Urkundenarten und Register, die uns aus der Zeit Innocenz'III. bekannt sind. Wichtig ist auch der Abschnitt
(S. IX-XI) iiber den historischen Wert der hier besprochenen Urkunden: eine mit Beispielen belegte Anweisung, was der Historiker beachten mufi, um eine vor ihm liegende Papsturkunde richtig einschatzen und ver werten zu kònnen.
Im Anhang werden mehr als 250 Urkundentexte, fast alle bisher
unediert, kritisch herausgegeben. Dem Band ist eine Tafel beigefiigt, die
das feierliche Privileg Innocenz' III., mit dem der Papst die Lehnserklâ
rung und den Lehnseid Johanns ohne Land fiir England und Irland
annimmt und bestatigt (Rex regum vom 21. Aprii 1214 - Potthast 4912; hier: Ν. 962), in originaler GroBe wiedergibt. Man kann ruhig sagen, daB dieses bis ins Kleinste sorgfâltig vorbereitete und herausgegebene
Regestenwerk keiner weiteren Empfehlung bedarf ; es empfiehlt sich
selbst. Es ist nur zu wiinschen, daB es auch ahnlichen Arbeiten fiir an
dere Pontifìkate als Vorbild dienen moge. P. Rabikauskas S. I. p. Rabikauskas S. I.
Elisabeth Cornides, Rose und Schwert im pàpstîichen Zeremo niell von den Anfàngen bis zum Pontifikat Gregors XIII.
(Wiener Dissertationen aus dem Gebiete der Geschichte 9). Verlag des wissenschaftlichen Antiquariats H. Geyer, Wien 1967, pp. 182.
Arbeiten iiber das pàpstliche Zeremoniell liegen heute gleichsam in der Luft. Was Alfòldi, Treitinger fur das byzantinische, was P. E. Schramm und andere fiir das westliche Kaiser- und Kdnigtum herausgestellt ha
ben, lenkte den Blick von selbst auf den pàpstlichen Hof. Als eigent liche Quellen — sie sind von jenen liturgischer Art, wie sie Andrieu als
Pontificale Romanum und als Ordines Romani ediert hat, an und fiir sich zu unterscheiden — kommen vor allem die kurialen Zeremonienbiicher und die Diarien der Zeremoniare in Betracht. Da das erste heute er haltene Zeremonienbuch, der Liber Politicus (eigentlich Polyptycus) des
Kanonikers Benedikt von St. Peter, aus der ersten Halite des 12. Jhs. stammt und die Tagebiicher der Zeremoniare ersi mit den letzten Jahr zehnten des 15. Jhs. beginnen, sieht sich die Forschung auf relativ spâte Quellen angewiesen. Der Mangel an friihmittelalterlichen Quellen macht sich freilich bei der hier zu besprechenden, aus der Schule H. Fichtenaus
hervorgegangenen Dissertation nur fiir den ersten Gegenstand der Unter
suchung, fiir die Goldene Rose, bemerkbar; denn die andere Zeremonie, die Verleihung von Schwert und Hut durch den Papst, diirfte im 14. Jh.
aufgekommen sein.
Am Sonntag Laetare pflegte der Papst auf dem Weg zur und von der Stationskirche S. Croce in Gerusalemme eine Goldene Rose zu tra
This content downloaded from 95.39.255.171 on Mon, 2 Jun 2014 17:05:14 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions
E. CORNIDES, ROSE UND SCHWERT 465
gen, wâhrend der Messe iiber sie zu predigen und sie nach dem Ritt zuriick in den Lateran dem Stadtprafekten von Rom zu iiberreichen. Der Brauch solite den freudigen Ton untermalen, der den Mittfastensonntag Laetare auszeichnet. Die mit Moschus und Balsam gefiillte Goldene Rose versinnbildete die Freude des irdischer und himmlichen Jérusalem; die
guten Werke der streitenden und der triumphierenden Kirche sollten sich mit dem Duft dessen mischen, der die Bliite aus dem Stamme Jesse ist. Dieser etwa mit Innocenz III. einsetzenden Deutung war eine einfachere, den urspriinglichen Sinn wohl genauer treffende vorausgegangen : nâm lich die von der Rose als Symbol des Leidens und der Auferstehung Christi (so bei Eugen III.), wobei (nach Alexander III.) das Gold Christi
Konigsherrschaft, die rotliche Fârbung des Goldes sein Leiden, der Duft der Rose seine Auferstehung bedeutete. Es wird wohl kaum ein Zufall
sein, dafi auch die byzantinische Kirche einen Mittfastensonntag (es war der dritte Fastensonntag) kannte; sie zeichnete ihn dadurch aus, daB sie
das Kreuz zur Verehrung darbot. Trotz aller Verschiedenheiten verfolgten beide Liturgien im Grande denselben pastoralen Zweck: die hart fasten
den Glaubigen sollten durch den Ausblick auf die nicht mehr fernen
Kar- und Ostertage zum Durchhalten angespornt werden. Mit gutem Grand halt daher die Verfasserin ein hohes Alter der Rosenzeremonie
fiir sehr wahrscheinlich. Zum ersten Mal erwahnt fìnden wir sie in einer
Urkunde Leos IX. vom Jahre 1049, doch diirfte dieses Datum, wie die
Verfasserin wohl richtig gegeniiber Calmet und Klewitz betoni, den ter
minus ante quem und nicht a quo bezeichnen. Wann in der vor 1049
liegenden Zeit sich die Rosenzeremonie aus der Liturgie des Sonntags Laetare herausentwickelt hat, konnte von der Verfasserin nicht ermittelt
werden. Der Zeitpunkt lafit sich wohl niemals genau bestimmen, vielleicht
aber doch durch Heranziehen der stadtrdmischen Liturgiegeschichte mehr
oder minder grob abschatzen. Auch die Entstehung des Brauches als solchen ist ins Dunkel gehiillt.
Wohl vor der Rosenzeremonie hatte die stadtrdmische Liturgie die Ge
wohnheit ausgebildet, am Sonntag nach Christi Himmelfahrt aus der
Kuppel des Panthéons, der Stationskirche dieses Tages, Rosen herabzu
streuen; wâhrend der MeBfeier deutete der Papst in seiner Predigt iiber
die Flerabkunft des HI. Geistes auch den Rosenregen aus. Die Parallele zur Papstpredigi am Sonntag Laetare (Hinweis auf die kommenden litur
gischen Hochfeiern und symbolische Auslegung der Goldenen Rose) liegt auf der Hand, sie liefert jedoch keine Erklarang, waram man am Sonn
tag Laetare gerade zur Rose gegriffen hat, um den Glaubigen einen Vor
geschmack der Osterfreude zu geben. Die Verfasserin rechnet damit, « da β es vor der Einfiihrung der Goldenen Rose am Sonntag Laetare
irgendwelche mit der Verwendung von Friihlingsblumen verbundene
Brâuche gab, âhnlich wie heute noch am Karsamstag in Santa Maria
Maggiore die Kleriker bei der Prozession zur Taufkapelle und zuriick
zum Aitar in der Hand kleine StrauBchen von Friihlingsblumen tragen, die vor und nach der Prozession in einem Kreis um den Aitar auf dem
Boden liegen. Moglicherweise wurde aus einem solchen vom Papst ge
tragenen StrauB eine einzelne Blume herausgegriffen und als Rose stili
siert, wobei die altere Feier der Dominica de Rosa (d. h. des Sonntags nach Christi Himmelfahrt) als Vorbild gedient haben mag. So wie der
Rosenregen das Kommen des Heiligen Geistes andeutete, verkiindete die
gestio der Goldenen Rose das Ostergeheimnis, wodurch vielleicht mit
30
This content downloaded from 95.39.255.171 on Mon, 2 Jun 2014 17:05:14 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions
466 RECENSIONES
Absicht der Zusammenhang beider Feste und die Kontinuitât des Kir
chenjahres sinnfallig zum Ausdruck gebracht werden solite » (S. 31f). Es
geht hier natiirlich blofi um Vermutungen, iiber deren Wahrscheinlich
keitsgrad man verschieden denken kann, die ihnen zugrunde liegende Vor
aussetzung aber diirfte richtig sein: um die gedankliche Briicke zwischen
dem Sonntag Laetare und der Rosenzeremonie schlagen zu kônnen, fehlen
uns heute bestimmte, dem stadtromischen Brauchtum zugehorige Zwi
schenglieder. So dunkel die Anfange der Zeremonie sind, so deutlich liegt seit dem
Hochmittelalter ihre Entwicklungsgeschichte vor uns. Mit echt ròmischer
Traditionszâhigkeit ist der liturgische Sinn durchgehalten worden, und
zwar in der von Innocenz III. und seinen Nachfolgern gegebenen Aus
legung, er verlor jedoch im Laufe des 13. Jhs., mehr noch in der avigno nesischen Zeit, sein Gewicht gegeniiber einem anderen, eigentlich au Iler
lichen Aspekt, nàmlich dem Aspekt der Ehrung des mit der Goldenen
Rose vom Papst Beschenkten. Nach altem Recht hatte der Stadtprafekt von Rom einen Anspruch auf die Goldene Rose, freilich nur fiir den Fall,
daB der Papst in Rom war. Als daher Urban II. wâhrend seines Auf
enthaltes in Frankreich den Sonntag Laetare des Jahres 1096 zu Tours
beging, wurde Graf Fulco von Anjou mit der Goldenen Rose ausgezeich net. Wir kennen âhnliche Falle aus dem 12.-13. Jh. ; sâmtliche sicheren
Verleihungen der Rose an auswartige Fiirsten, die fiir diesen Zeitraum
iiberliefert sind, gehen offenbar auf nicht in Rom weilende Pàpste zu
riick. Freilich diirfte schon damais die Anwartschaft des romischen Stadt
prâfekten auf die Rose ins Wanken geraten sein. Nach Durandus (f 1296) soli ζ. B. ein nobilior oder potentior der Kurie die Rose erhalten. Zu der
neuen Entwicklung môgen beigetragen haben einerseits die Loslosung der romischen Kurie aus der Bindung an die Stadt Rom und ihr An
spruch auf die souverane Herrschaft in Stadt und Kirchenstaat, ander
seits die Bemiihungen der Rômer um eine freie, vom HI. Stuhl unabhan
gige Kommune. Ein weiterer Umstand trat hinzu : die aufkommende Idee vom souverânen, iiber dem positiven Recht stehenden Monarchen, die auch und gerade fiir den Vicarius Christi geltend gemacht wurde, erkannte gewohnheitsrechtliche Bindungen nicht mehr an. Als dann zu
Beginn des 14. Jhs. das Papsttum seine Residenz fiir mehr als 60 Jahre nach Avignon verlegte, fielen die letzten Reste stadtromischer Rechts tradition weg; die Verleihung der Goldenen Rose an auswartige Fiirsten wurde zur Regel.
Sie gewann nun den Charakter eines feierlichen, die hohe Stellung des Papstes herausstellenden Aktes, dem sich der prunkhafte Umzug des
Beschenkten, auch er mit reichem kurialen Zeremoniell ausgestattet, an schloB. Vor diesem eitlen Glanz trat der urspriingliche religiose Gehalt entschieden zuriick. Man versteht es daher, da β seit der avignonesischen Zeit, unter Umstânden sogar schon vorher, der Papst die Last der Pre
digt nicht mehr auf sich genommen haben diirfte. Im 15. Jh. hat es
noch einmal Pius II. getan, als er die Stadt Siena mit der Goldenen Rose beehrte; da spricht jedoch nicht der Seelsorger, sondern der Hu
manist, der den Ruhm der Stadt ins Licht stelli. Und so darf man daran
zweifeln, ob die wohl im 15. Jh. aufgekommene Segnung der Rose einem echten religiôsen Anliegen entsprungen ist. Dem Papst vorbehalten, solite die Segnung vielleicht in erster Linie den Wert des Geschenks erhohen.
Eine letzte Entwicklungsphase fàngt mit der Mitte des 16. Jhs. an;
This content downloaded from 95.39.255.171 on Mon, 2 Jun 2014 17:05:14 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions
E. CORNIDES, ROSE UND SCHWERT 467
die Goldene Rose wird mehr und mehr, zuletzt fast ausschliefilich, fiirst lichen Damen verliehen. Sie gewinnt damit einen neuen Sinn, den der « Tugendrose ». Hervorragende Fiirsten dagegen werden je langer desto
hâufiger mit Schwert und Hut beschenkt.
Schwert und Hut vergab der Papst urspriinglich an jenen adeligen
Herrn, der in der am pâpstlichen Hof gefeierten Weihnachtsmatutin eine
bestimmte (in der Regel die 5.) Lektion gesungen und dabei den Hut ge
tragen sowie das blanke Schwert in der Hand gehalten hatte. Den ersten
Beleg fiir die liturgische Zeremonie und fiir die Geschenke hat die Ver
fasserin fiir das J. 1357 gefunden. Innere und auBere Griinde bestimmen
sie, das Aufkommen des Brauchs auf ca. Mitte oder das 2. Viertel des
14. Jhs. zu datieren. Der 1357 mit der Lesung Beauftragte und mit Schwert
sowie Hut Beschenkte war ein Gesandter des Kaisers. Warum man ge rade ihn wahrend seines voriibergehenden Aufenthaltes in Avignon so
ausgezeichnet hat, lâfit sich nicht mehr genau feststellen, es liegt jedoch die Vermutung nahe, dafi der Gesandte bei der Lesung seinen kaiser
lichen Herrn gleichsam vertreten solite. Die deutschen Kônige und Kaiser
hatten namlich aufgrund ihres Aachener Kanonikats schon làngst das
Recht erworben, in der Weihnachtsmatutin die 7. Lektion (Exiit edictum
a Caesare Augusto) zu singen. Was ihnen zunàchst wohl nur fiir das
Aachener Stift zustand, iibten sie schliefilich auf Reichsboden auch an
derswo aus. Fiir Karl IV. gibt es dafiir besonders zahlreiche Belege. Seit
wann die rômische Kurie fiir ihre unter Assistenz des Papstes abgehal tenen Weihnachtsmetten dem Kaiser ein âhnliches Recht zugebilligt hat, wissen wir nicht. Der Hinweis der Verfasserin auf das Ehrenkanonikat
von St. Peter, das der Kaiser seit der Wende zum 13. Jh. besaB, hilft
nicht weiter; und wenn Heinrich von Diessenhofen an seinen Bericht, Karl IV. habe im J. 1347 zu Basel die 6. Lesung der Weihnachtsmette
gesungen, die Worte anschliefit: quam (lectionem) imperator habet legere coram papa, so bezeugt er an sich bloB eine am kaiserlichen, nicht am
pâpstlichen Hof geltende Meinung. Etwas mehr ist wohl mit den pâpst lichen Zeremonienbiichern des spâten 14. und beginnenden 15. Jhs. an
zufangen, die die 5. Lektion der Weihnachtsmatutin lesen lassen: per
imperatorem vel regem vel alium nobilem saecularem. Jedenfalls muB
zwischen dem kaiserlichen Kanonikat und seiner doch wohl vor dem 14.
Jh. erfolgten Auswirkung auf die Weihnachtsmette einerseits und der
sehr wahrscheinlich erst in Avignon eingefiihrten Zeremonie der pâpst lichen Weihnachtsmette anderseits irgendein Zusammenhang vorgelegen haben. Dabei hat man den Kaiser im pâpstlichen Zeremoniell niedriger
eingestuft: wenn er im Reichsgebiet die 7. Lektion iibernahm, so fun
gierte er als Diakon, bei der in Avignon zugelassenen 5. (in anderen
Bxichern 4. oder 6.) Lesung dagegen vertraten der imperator vel rex vel
alius nobilis saecularis einen Subdiakon.
Einmal geschaifen, wurde die Zeremonie am pâpstlichen Hof weiter
ausgestaltet. Fiir das Schwert, das der Edle bei der Lesung trug, gab es
eine ganze Reihe von Gebrâuchen, die fiir die Ritterweihe sowie fiir die
Kônigs- und Kaiserkronung ausgebildet worden waren; sie wurden zu
einem nicht geringen Teil ins Zeremoniell der Weihnachtsmette iiber
nommen. Die Verfasserin wundert sich dariiber, dafi noch « nicht zwei
Generationen seit der extremen Formulierung der Zweischwertertheorie
in der Bulle Unam sanctam vergangen » waren und doch « die Ûber
reichung eines Schwertes an den Vertreter des Kaisers oder eines son
This content downloaded from 95.39.255.171 on Mon, 2 Jun 2014 17:05:14 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions
468 RECENSIONES
stigen Fiirsten durch die Hand des Papstes von niemandem mehr als Pro
vokation aufgefaBt » worden zu sein scheint (S. 42). Ob sie hier die Be
deutung der Zweischwertertheorie nicht iiberbewertet? GewiK taucht die
Theorie bisweilen in Zeremonienbiichern auf, aber die tragende Idee in
der Zeremonie der Weihnachtsmette war eine andere. Seit der gregoria nischen Reform hat sich die mittelalterliche Kirche das Rechi zuzuschrei
ben begonnen, zur Verteidigung der Christenheit durch Einsatz von Laien
bewaffneten Zwang ausiiben zu diirfen, indem sie entweder ihr eigenes matérielles Schwert, das sie zu besitzen glaubte, an Laien vergab oder
christliche Herrscher ersuchte, die ihnen zustehende Gewalt zu gebrau chen. In beiden Fàllen konnte die Gewalt der weltlichen Fiirsten durchaus als von Gott direkt verliehen, also als autonom angesehen werden. Die
Aushândigung eines Schwertes in der Weihnachtsmette brauchte daher den zur Lesung vortretenden edlen Herrn nicht zu beunruhigen, schon
gar nicht im 14. Jh. oder spàter. Was nâmlich diese Zeremonie je langer
je deutlicher enthûllte, war — die Verfasserin hebt es treffend hervor —
die Hilfsbediirftigkeit der Kirche: Seit dem 15. Jh. erhielten das Schwert
jene Fiirsten, « die an ihre Pflichten als Verteidiger der Christenheit
gegen die Osmanen und spâter als Vorkàmpfer der Rechtglâubigkeit ge
gen die Lutheraner erinnert werden sollten » (S. 42). Eines freilich ver dient festgehalten zu werden: Wenn ausgerechnet am Weihnachtsfest mit
seiner Frohbotschaft des Friedens ein adeliger Herr im liturgischen Dienst das Schwert ziickt, dreimal in der Luft schwingt und es dann
iiber den Arm streift, um gleichsam das zur Verteidigung der Christen heit vergossene Blut abzuwischen, wird einem da nicht die ganze Pro
blematik bewuBt, die dem Anspruch der mittelalterlichen Kirche auf matérielle Zwangsgewalt innewohnte?
Von geringerem Interesse als das Schwert ist der Hut. Die Verfasse
rin deutet ihn als Herzogshut. Es war deswegen ganz konsequent, dafi Kaiser Friedrich III. ihn als seiner hohen Stellung abtrâglich zuriick
wies, als er im J. 1468 bei der pâpstlichen Weihnachtsmette eine Lesung, und zwar auf sein Verlangen die 7. Lektion, iibernahm.
Auf den ersten, die drei pâpstlichen Ehrengeschenke im Zeremoniell behandelnden Teil, dessen Inhalt hier summarisch wiedergegeben ist,
folgt ein zweiter Teil mit dem Nachweis der Empfânger von Urban II. bis Gregor XIII. Die Verfasserin bietet hier ein zwar nicht vollstândiges (wer wollte dies auch erwarten?), aber reiches Material. Mogen auch noch
Ergânzungen folgen, insbesondere fiir die nach Gregor XIII. liegende Zeit, so diirfte die Verfasserin doch die Gesamtentwicklung bis zum Ende des 16. Jhs. im wesentlichen richtig herausgearbeitet haben.
F. Kempf S. I.
Jean Favier, Les finances pontificales à l'époque du grand schis me d'occident, 1378-1409 (Bibliothèque des Ecoles françaises d'Athènes et de Rome, 211). Paris, Boccard, 1966, pp. 8-854.
L'histoire financière de la papauté est un sujet difficile. Mgr Du chesne l'avoue dans son introduction à l'édition du Liber censuum, par Paul Fabre et lui-même. Il est heureux que M. Favier ne se soit pas laissé arrêter. L'esquisse donné par Samaran et Mollai reste valable, nous dit-il. Avec l'appui d'un autre Mollat, il a repris la période la moins
This content downloaded from 95.39.255.171 on Mon, 2 Jun 2014 17:05:14 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions