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R S W G? Herausgegeben und eingeleitet von S C Stand: 18. Februar 2019

Rudolf Steiner, Was ist Geld? - dreigliederung.de · andere Ausführungen, die nicht so eindeutig sind. Das liegt meistens daran, dass es dort Rudolf Steiner in erster Linie darum

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Page 1: Rudolf Steiner, Was ist Geld? - dreigliederung.de · andere Ausführungen, die nicht so eindeutig sind. Das liegt meistens daran, dass es dort Rudolf Steiner in erster Linie darum

Rudolf Steiner

Was ist Geld?

Herausgegeben und eingeleitetvon

Sylvain Coiplet

Stand: 18. Februar 2019

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3. Au�age

Institut für soziale dreigliederung, Berlin 2019

Layout: Sylvain CoipletDruck und Bindung: WIRmachenDRUCK

ISBN: 978-3-945523-02-5www.dreigliederung.de

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Inhaltsverzeichnis

Was ist Geld ? 6

Währung als Frage der Wirtschaftsverwaltung 8Exkurs: Von der Goldwährung zur wandelnden Buchführung 11Das Gesamtgebiet des Wirtschaftslebens 14Ausblick 16

�ellentexte 19

Die Währung gehört nicht zu den staatlichen Aufgaben 19Keine Lösung der Währungsfrage ohne soziale Dreigliederung 22Staat stört internationalen Warencharakter des Geldes 25Warencharakter des Geldes würde Lohn-Preis-Spirale stoppen 30Zirkulation der Produktionsmittel als Währungsgrundlage 34Geld noch Zwitterding zwischen Ware und Anweisung 37Die Goldwährung hat nur einen eingebildeten Wert 45Geld soll internationale wirtschaftliche Anweisung werden 45Geld als realer statt ideeller Vergleichsmaßstab für Waren 48Preise nur dann egal, wenn es nur Bodenprodukte gibt 49Die Lohn-Preis-Spirale und das fünfte Rad am Wagen 51Fünftes Rad am Wagen macht das Geld zum Recht auf Arbeit 53Geld als wandelnde Buchführung statt Lohnverhältnis 54Lohnerhöhungen bisher Selbstbetrug 55Lohnerhöhungen durch Gewerkschaften kurzsichtig gedacht 55Geld selber keine Ware, sondern wandelnde Buchführung 57Man lebt nicht vom Geld, sondern von der Arbeit der Anderen 60Die Arbeit gehört zu den staatlichen Aufgaben 62

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Inhaltsverzeichnis

Das Valutaelend ist durch die Praktiker entstanden 65Staatlich gesicherte Geldwirtschaft verschleiert Realität 66Staatlich gesicherte Geldwirtschaft II 71Assoziation überwindet Schäden der abstrakten Geldwirtschaft 83Banken sollen zugleich im Konkreten wirtschaften 94Auch das Steigen der eigenen Währung kann schädlich sein 97Goldwährung hat nicht zum Freihandel geführt 98Deutsches Währungsproblem schon vor dem Weltkrieg 101Einheitliche Goldwährung macht Schutzzölle notwendig 102Aktives Denken durchschaut Unsinn der Goldwährung 105Gesetz und Vertrag 107Loslösung der Individualität durch abstrakte Geldwirtschaft 108Objektiver Preis bei Kapital unmöglich 111Die Kardinalfrage des Wirtschaftslebens 114„Kernpunkte der sozialen Frage“ als Warnung vor Valutasturz 115Beim Geldproblem versagt die anthroposophische Bewegung 118Währungsbewertung durch Kollektivurteil statt Gescheitheit 119Valutaentwertung durch staatliche Störung der Weltwirtschaft 123Geldwert läßt sich nicht über die Geldmenge regulieren 126Angebot und Nachfrage nach Waren aber auch Geld 127Durch Geld spielen Recht und Geist in Wirtschaft hinein 132Geld soll nur zirkulieren und nicht konsumiert werden können 137Zwischenhandel mit Geld verfälscht Wirtschaft 138Gründe für die Valutaschwankungen 139Geldwert steigt mit den brauchbaren Produktionsmitteln 144Dreigliederung in Mitteleuropa seit Valutaentwertung unmöglich 147

Literaturlisten 149

Rudolf Steiner Gesamtausgabe 149Sonstige Quellen 151

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Was ist Geld ?

In seiner Schrift „Die Kernpunkte der sozialen Frage“ stellt RudolfSteiner 1919 die Funktion des Geldes wie folgt dar:

„Geld kann im gesunden sozialen Organismus nichts anderes sein alseine Anweisung auf Waren, die von andern erzeugt sind und die manaus dem Gesamtgebiet des Wirtschaftslebens deshalb beziehen kann,weil man selbst erzeugte Waren an dieses Gebiet abgegeben hat.“ 1

Das klingt auf dem ersten Blick harmlos. Aber eigentlich müsstenbei allen, die sich irgendwie mit dem Geld beschäftigt haben, dieAlarmglocken läuten. Es ist nämlich die Rede vom „Gesamtgebietdes Wirtschaftslebens“, und nicht etwa vom Staatsgebiet. RudolfSteiner hat nämlich kurz davor ausdrücklich ausgeschlossen, dassirgendwelche Staatsverwaltung das Geld als gesetzliches Zahlungs-mittel anerkennen könnte. Gehe es einem um die Gesundheit dessozialen Organismus, so müsse man sich von der Idee verabschieden,dass es überhaupt gesetzliche Zahlungsmittel geben könne. DieseGesundheit setze nämlich voraus, dass die Anerkennung des Gel-des als Zahlungsmittel, als Anweisung auf Waren, allein von derVerwaltung der Wirtschaft ausgehe.

„Da wird [. . . ] nicht mehr die Staatsverwaltung das Geld als gesetzlichesZahlungsmittel anzuerkennen haben, sondern diese Anerkennung wirdauf den Maßnahmen beruhen, welche von den Verwaltungskörpern derWirtschaftsorganisation ausgehen.“ 1

Wie radikal diese Ansicht ist, das zeigt sich auch daran, dass diemeisten Autoren, die viel auf Rudolf Steiner geben, ihm in diesemPunkt nicht folgen können. Sie bleiben doch beim Geld als einemgesetzlichen Zahlungsmittel. Auf die hier erwähnten Ausführungenin der Schrift „Die Kernpunkte der sozialen Frage“ können sie sichdabei nicht stützen. Diese sind einfach zu eindeutig. Es gibt aber

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andere Ausführungen, die nicht so eindeutig sind. Das liegt meistensdaran, dass es dort Rudolf Steiner in erster Linie darum geht, die zweidamals konkurrierenden Theorien über das Geld auseinanderzuset-zen. Ergänzt man Rudolf Steiners Ausführungen in diesen Vorträgenum eigene Kurzschlüsse, bekommt man schon eher einen RudolfSteiner, der so denkt, wie man selber schon immer gedacht hat.

Ich habe nicht immer so gedacht wie Rudolf Steiner. Die Anerken-nung des Geldes allein den „Verwaltungskörpern der Wirtschaft“anzutrauen, das ist für mich zunächst eine ziemlich arge Heraus-forderung gewesen. Es schien mir viel dagegen zu sprechen, diesenVerwaltungskörpern irgend etwas zu vertrauen. Die letzten Jahr-zehnte sind voll von Wechselkursschwankungen, von denen nurganz wenige Menschen pro�tiert und die dafür unzähligen Men-schen geschadet haben. Die wirtschaftliche Macht ist inzwischenin den Händen von so wenigen Menschen konzentriert, die keinHehl daraus machen, Wechselkurse nach Belieben zu manipulieren.Und ihnen soll die Anerkennung des Geldes als Zahlungsmittel, dieAnerkennung der Währung selber, übergeben werden?

Staaten mögen ihre Währungen in der Vergangenheit noch so gründ-lich manipuliert haben, diese Manipulationen sind doch nichts gegen-über den Manipulationen durch die heutigen Finanzmärkte! Könntees sein, dass Rudolf Steiner mit seinen Aussagen nicht mehr aktu-ell ist? Könnte es sein, dass für das Geld die staatliche Verwaltunginzwischen das kleinere Übel darstellt?

Diese Frage kann man sich schon stellen. Bei der näheren Untersu-chung der Aussagen Rudolf Steiners wird aber klar, dass sie aktuellersind als sie zunächst den Anschein haben. Er warnt selber immerwieder vor den bevorstehenden Wechselkursschwankungen, machtaber die Wurzel des Übels genau in dieser staatlichen Verwaltungdes Geldes aus, die man versucht ist für das kleinere Übel zu halten.Den Grund sieht er darin, dass die staatliche Verwaltung gar nichts

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anders kann, als dem Geld nur einen Scheinwert zu geben – und die-ser Scheinwert ist dann die beste Voraussetzung für Manipulationenaller Art.

Daher spricht Rudolf Steiner in seiner Schrift jedem Staat, sei er auchnoch so demokratisch oder modern, die Fähigkeit ab, irgendwas zurLösung der Währungsfrage beitragen zu können:

„Die Währungsfrage wird niemals ein Staat in befriedigender Art durchGesetze lösen; gegenwärtige Staaten werden sie nur lösen, wenn sie vonihrer Seite auf die Lösung verzichten und das Nötige dem von ihnenabzusondernden Wirtschaftsorganismus überlassen.“ 1

Währung als Frage der Wirtscha�sverwaltung

Was soll nun die Körperschaften des Wirtschaftslebens eher als dieStaaten dazu befähigen, dem Geld einen echten Wert zu geben, sodass es vor Manipulationsversuchen geschützt ist?

Diese Frage lässt sich nicht losgelöst von der Frage der Gestaltungdes Wirtschaftslebens behandeln. Genauso wenig, wie sich dieseletztere von der Frage der gesunden Beziehung zwischen diesemWirtschaftsleben und den beiden anderen Gliedern des sozialenOrganismus – dem Staat und dem Geistesleben – loslösen lässt.

Wer verstehen will, was Rudolf Steiner über das Geld sagt, derbraucht dazu ein Grundverständnis dessen, was Rudolf Steiner un-ter Dreigliederung des sozialen Organismus versteht. Und das istdie Tragik vieler Praktiker, die sich sonst gerne auf Rudolf Steinerberufen, dass sie die Geldfrage für die einzig praktische Frage haltenund jahrelang daran herumpfuschen, dabei aber genau dasjenigeausblenden, was sie zu derem Verständnis brauchen würden.

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Wie eng bei Rudolf Steiner die Geldfrage mit der Wirtschaftsfrageverbunden ist, zeigt diese weitere Stelle aus der Schrift „Die Kern-punkte der sozialen Frage“:

„Der Geldwert einer Ware wird der Ausdruck dafür sein, daß dieseWare in der den Bedürfnissen entsprechenden Menge durch die Ein-richtungen des Wirtschaftsorganismus erzeugt wird. Würden die indieser Schrift dargelegten Voraussetzungen verwirklicht, so wird imWirtschaftsorganismus nicht der Impuls ausschlaggebend sein, wel-cher durch die bloße Menge der Produktion Reichtum ansammeln will,sondern es wird durch die entstehenden und sich in der mannigfaltigs-ten Art verbindenden Genossenschaften die Gütererzeugung sich denBedürfnissen anpassen.“ 1

Was den Wert des Geldes ausmacht, ist also die Tatsache, dass mansich damit genau dasjenige leisten kann, was man braucht. Die dafürnotwendigen Genossenschaften nennt Rudolf Steiner bei anderenGelegenheiten Assoziationen. Entscheidend ist hier aber wenigerder Name an sich als die Tatsache, dass für ihn die Lösung derGeldfrage unmittelbar mit der Frage der Umgestaltung der gesamtenWirtschaft verbunden ist. Die Geldfrage führt zur Wirtschaftsfrage,zur Frage der Bedürfnisorientierung der Wirtschaft.

Wer glaubt, dass etwas ganz anderes den Wert einer Währung aus-macht, nämlich das Verhältnis zwischen Geldmenge und Geldum-laufgeschwindigkeit, der braucht keine Assoziationen. Als Geldre-former könnte er das Geld in der staatlichen Verwaltung und dasWirtschaftsleben beim Alten lassen. Wenn er doch eine Komple-mentärwährung nach der anderen in die Welt setzt, dann nur umselber Staat zu spielen. Der Unterschied wird höchstens sein, dasser – anders als der Staat – nicht versuchen wird, die Geldmenge zuerhöhen, sondern stattdessen die Umlaufgeschwindigkeit des Geldeszu beschleunigen. Mit einem echten Wert des Geldes wird es nichts

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zu tun haben, umso mehr aber mit den altbekannten Währungsma-nipulationen.

Die Einführung einer absoluten Währung, einer Währung, die sichnicht mehr manipulieren lässt, ist bei Rudolf Steiner untrennbarverbunden mit einer assoziativen Gestaltung der Wirtschaft. Und dieWirksamkeit dieser assoziativen Gestaltung der Wirtschaft ist wie-derum untrennbar damit verbunden, dass nicht mehr alles käu�ichsein kann, was heute noch käu�ich ist.

In der Vortragnachschrift, die der Schrift „Die Kernpunkte der sozia-len Frage“ zugrunde liegt, heisst es: „Das Geld [. . . ] ist ebensowahrin einem gesunden Organismus Ware, wie die Arbeitskraft nicht Wareist.“ 2 Wer sich mit der Schrift „Die Kernpunkte der sozialen Frage“vertraut macht, kann diesen Satz wie folgt ergänzen: Das Geld istebensowahr in einem gesunden sozialen Organismus Ware, wie dieArbeit und das Kapital – inklusive Grund und Boden als Produkti-onsmittel – nicht Ware sind. Arbeit und Kapital können insofernkeine Waren sein, als auch die assoziativste Wirtschaft ihren Wertnicht ermitteln kann. Ermitteln kann sie nur den Wert derjenigenWaren, die mithilfe von Arbeit und Kapital erzeugt werden. Der Wertvon Arbeit und Kapital an sich ist dagegen rein spekulativer Naturund muss den Wert jeder Währung fälschen, wenn er gegen Warengetauscht wird.3

Rudolf Steiner betont immer wieder, dass die Geldfrage nicht ge-löst werden kann, solange Arbeit und Kapital wie Waren behandeltwerden.

Bezüglich der Arbeit beschreibt Rudolf Steiner wie Lohnkämpfe zueiner Lohn-Preis-Spirale führen. Trotz Lohnerhöhungen können sichArbeitnehmer doch nicht dasjenige leisten, was sie brauchen. DieLohnerhöhungen werden nämlich durch Preiserhöhungen aufgefres-sen.4 Um trotz der Preiserhöhungen einen Produktionsrückgang und

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damit höhere Produktionskosten zu vermeiden, verkaufen die Kar-telle im Ausland unter Preis, was den dortigen Produzenten massivschadet und zu internationalen Kon�ikten führt.

Bezüglich des Kapitals setzt Rudolf Steiner auseinander, wie es inDeutschland schon 1914, also vor dem Ersten Weltkrieg, zu einerÜberbewertung gekommen ist. Neue Emissionen hätten das tatsäch-lich ersparte Kapital schon damals um das Zweifache überstiegen.Und wie bei der Lohn-Preis-Spirale führt es Rudolf Steiner ausdrück-lich darauf zurück, dass die Geldfrage nicht richtig gelöst wordensei.5

Wer also glaubt, dass eine assoziative Wirtschaft zu richtigen Preisenführen kann, unabhängig davon, wie Arbeit und Kapital behandeltwerden, der denkt noch zu abstrakt. Arbeit und Kapital hören erst auf,die Preise und damit die Währung zu stören, wenn sie selber keinenPreis mehr haben. Die Arbeitsfrage wird nur der Staat durch Gesetzein befriedigender Weise lösen. Um zu betonen, dass es ihm umdasjenige geht, was sich durch Gesetze lösen lässt, vermeidet RudolfSteiner oft den Ausdruck Staat, mit dem die meisten sonst nochallerlei verbinden und spricht stattdessen lieber von Rechtsleben.Die Zirkulation des Kapitals soll an die individuellen Fähigkeitengebunden werden und damit einer dritten Verwaltung überantwortetwerden, die Rudolf Steiner Geistesleben nennt. Die Preisfrage läßtsich demnach nur dann lösen, wenn Rechtsleben und Geistesleben„in das reine Wirtschaftsleben selbständig hineinwirken“.6

Exkurs: Von der Goldwährung zur wandelndenBuchführung

Was ich bisher ausgeführt habe, müsste eigentlich reichen, um sichzu überzeugen, dass Rudolf Steiner auf die noch zu bildende Selbst-verwaltung des Wirtschaftslebens setzt, um die Währungsfrage zu

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lösen. Dass das Geld von Staaten verwaltet wird, hält er für nichtmehr zeitgemäß. Und doch tri�t man in der Literatur zur sozialenDreigliederung, die sich ausdrücklich auf Rudolf Steiner beruft, im-mer wieder auf die Behauptung, Geld sei ein Recht oder das Geldgehöre ins Rechtsleben.

In den meisten Fällen lässt sich eine solche Behauptung nur dannRudolf Steiner in den Mund legen, wenn man Nachschriften vonVorträgen nutzt, wo er darauf verzichtet, seine eigene Ansicht zumGeld herauszuarbeiten und nur auf einzelne Mängel weit verbreiteterAnsichten verweist. So kritisiert er die naive Vorstellung, Geld würdearbeiten, oder distanziert sich mehr oder weniger deutlich von denzwei damals konkurrierenden wissenschaftlichen Ansichten überdas Geld, dem Nominalismus und dem Metallismus.

Metallismus NominalismusGeld Geld

als Ware als Stempel

Gegenüber der Behauptung, das eigene Geld würde für einen selbstarbeiten, betont Rudolf Steiner, dass das Geld doch vom Staat ab-gestempelt werde und damit für das Recht stehe, andere Menschenzu zwingen, für einen selbst zu arbeiten. Rudolf Steiner geht es hiererstmal darum, dass man überhaupt anfängt, sich für das Schicksalseiner Mitmenschen zu interessieren. Das Geld könne nicht arbeiten,sondern nur Menschen.7 Daraus zu folgern, dass das Geld weiterhinvom Staat abgestempelt werden sollte, wäre aber ein Kurzschluss.Nicht umsonst heisst es bei Rudolf Steiner: „Der gesunde sozialeOrganismus wird das Geld jedes Rechtscharakters entkleiden“.8

Wer Waren – statt gegen Waren – gegen Geld tauscht, hat damiteinen Vertrag mit der gesamten Wirtschaftsverwaltung geschlossen.Nicht der Staat, sondern die Wirtschaftsverwaltung ist eine Verbind-

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lichkeit ihm gegenüber eingegangen. Die Wirtschaftsverwaltunghat nun ihren Teil des Vertrages zu erfüllen, nämlich dass er mitdiesem Geld Waren aus dem Gesamtgebiet des Wirtschaftslebensbeziehen kann. Nur insofern spielt das Recht in das Geld hinein,als beide Vertragspartner den von ihnen geschlossenen Vertrag zuerfüllen haben. Das gilt genauso, wenn der Vertrag bloss darin be-steht, dass Ware gegen Ware getauscht wird. In diesem Sinne giltes aber bei jedem anderen Vertrag auch. Es heisst weder, dass derStaat zum Vertragspartner wird und selber für die Verbindlichkeiteinstehen kann, noch dass er einen Ein�uss auf den konkreten Inhaltdes Vertrages – auf die Höhe der Verbindlichkeit – nehmen kann.Ob sich der Wert des Geldes wirklich halten lässt, das wird alleinvon der Zweckmässigkeit der Wirtschaftsverwaltung abhängen.9Das Rechtsleben selber kann nur Gesetze beschliessen, aber keineVerträge schliessen. Konkrete Verbindlichkeiten lassen sich nur imWirtschaftsleben eingehen, während das Rechtsleben mit seinenGesetzen nur auf Eventualitäten hin arbeiten kann.10

Warum gibt es aber in den Vortragsnachschriften Stellen, wo RudolfSteiner meint, das Geld dürfe keine Ware sein? Daraus zu folgern,das Geld müsse also ein Recht sein, ist schon wieder ein Kurzschluss,der nur zeigt, wie man selbst doch immer wieder in ein altes Den-ken zurückfällt. Aber die Frage bleibt. Warum sagt Rudolf Steinereinerseits, in einem gesunden Organismus sei das Geld Ware, umin anderen Zusammenhängen zu behaupten, das Geld dürfe keineWare sein?

Die Behauptung, Geld dürfe keine Ware sein, bezieht sich darauf,dass es in einem gesunden sozialen Organismus keiner zusätzlichenWare bedarf, um den Wert des Geldes zu decken.11 Nicht nur zurZeit Rudolf Steiners, sondern bis 1971 wurden die meisten Wäh-rungen oder wenigstens die Leitwährung durch eine entsprechendeMenge Gold gedeckt. Diese Goldwährung – oder genauer gesagt,

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diese durch Gold gedeckte Währung – sollte den internationalen Wa-renaustausch trotz des fehlenden Vertrauens zwischen den Staatenermöglichen.12 Diese Goldwährung lehnt Rudolf Steiner deswegenab, weil diese zusätzliche Ware den Wert des Geldes verzerren kann,je nach dem wie stark sie selber produziert und nachgefragt wird.Als Wertmesser sollte das Geld aber möglichst verlässlich sein.

Rudolf Steiner lehnt also einerseits den Nominalismus, die staatlichgedeckte Währung ab, die durch ihren Wertverlust, die sogenannteIn�ation, doch zeigt, dass sie nur den Betrug deckt. Er lehnt aberauch andererseits den Metallismus ab, das heisst eine Währung, diedurch eine andere zusätzliche Ware gedeckt ist, weil ihr Wert dannmit dem Wert dieser Ware schwanken kann. Die Währung, das Geldsoll allein für Waren stehen, bloss eine wandelnde Buchführung sein.In diesem Sinne ist das Geld eine Ware insofern es für Waren steht,und keine Ware insofern es selber nicht konsumiert werden soll.13

Ein Recht – im Sinne eines gesetzlichen Zahlungsmittels – wird dasGeld in einem gesunden sozialen Organismus dagegen niemals seinkönnen.

Das Gesamtgebiet des Wirtscha�slebens

Von einer solchen wandelnden Buchführung als absoluter Währungverspricht sich Rudolf Steiner, dass sie in sich das Potenzial hat, sichüber die ganze Erde zu verbreiten.14 Er ist natürlich nicht so naivzu glauben, dass England – die damals weltweit führende Volks-wirtschaft – diese Währung gleich übernehmen würde. Er betontstattdessen, dass im internationalen Austausch die Goldwährungsolange maßgeblich bleiben würde, als England daran festhält15 – sowie sich der Dollar bis heute als Leitwährung behauptet, weil jederWirtschaftende, der Erdöl braucht, auf Dollar angewiesen ist.

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Wenn aber Staaten auf die Verwaltung ihrer Währungen zugunstender Körperschaften des Wirtschaftslebens verzichten, spricht nichtsgegen ein Zusammengehen dieser Währungen. Rudolf Steiner meintes ernst, wenn er davon spricht, dass Geld im gesunden sozialenOrganismus nichts anderes sei, als eine Anweisung auf Waren dieman aus dem Gesamtgebiet des Wirtschaftslebens beziehen könne.16

Dieses wirtschaftliche Gebiet unterscheidet sich nicht nur funktio-nal vom Staatsgebiet, sondern es kann sich auch geographisch vomStaatsgebiet unterscheiden. Es braucht nur an verschiedenen Stellenin der Welt die Dreigliederung des sozialen Organismus soweit ge-bracht worden zu sein, dass – wie weiter oben erwähnt – sowohlArbeit als Kapital keine Waren mehr sind und Geld nur noch ge-gen Waren getauscht wird. Dann können solche Gebiete problemlosdieselbe Währung benutzen.

Europäische Staaten haben die letzten Jahre versucht, ihre Währun-gen zusammenzuführen, in der Ho�nung sich gemeinsam bessergegen andere führende Währungen behaupten zu können. Der Kon-kurrenzkampf der Staaten, der laut Rudolf Steiner zur Abwertungdes Geldes im einzelnen geführt hat, wurde also nicht grundsätz-lich in Frage gestellt.17 Und innerhalb dieser Währungsunion ent�elauch noch die Möglichkeit, sowohl Exportüberschüsse wie Import-überschüsse durch Auf- beziehungsweise Abwertungen der eigenenWährung entgegenzuwirken. Im Ergebnis können sich inzwischenin Europa Millionen von Menschen noch weniger als zuvor dasjenigeleisten, was sie brauchen.

Es wäre Zeit zu merken, dass wir von falschen Voraussetzungenausgegangen sind und zu erkennen, wie wir die wahren Grundlagenfür eine gemeinsame Währung scha�en könnten. Entkleiden wir dasGeld seines Rechtscharakters, dann kann es seinen Weltcharakterzur Geltung bringen. Dadurch würden wir unseren Beitrag dazu

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leisten, dass die Erde – wirtschaftlich gesehen – zu einem Ganzenzusammenwachsen kann.

Ausblick

Es wurde dargestellt, dass das Geld erst dann anfangen kann, dieWahrheit über das Wirtschaftsleben zu sagen, wenn es gelingt, dassArbeit und Kapital selber keinen Preis mehr haben, sondern erst dieWaren, die mithilfe von Arbeit und Kapital erzeugt werden. Wennalles käu�ich ist, dann spinnt das Geld.

Was die Arbeit mit dem Rechtsleben und was das Kapital mit demGeistesleben zu tun haben, wurde nicht näher auseinandergesetzt.Es wurde auch nicht näher darauf eingegangen, wie das Wirtschafts-leben dafür sorgen soll, dass es dasjenige, was käu�ich sein kann, zuPreisen zu kaufen gibt, die bezahlbar sind. Viel mehr als der Hinweisauf die Notwendigkeit von Assoziationen wurde nicht gegeben. DerSchwerpunkt der Darstellung sollte nämlich auf dem Geld selbstliegen.

Vom Geld wurde aber bisher nur in seiner Funktion als Kaufgeld ge-sprochen. Davon unterscheidet aber Rudolf Steiner noch das Geld inseiner Funktion als Leihgeld und als Schenkungsgeld. Das Besonderedieser beiden anderen Funktionen soll in einer weiteren Broschüreausgearbeitet werden.

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Nur so viel als Vorausblick:

Bei dem Kaufgeld ging es in erster Li-nie darum, dass Rechtsleben und Geis-tesleben aus dem Wirtschaftsleben her-aus müssen, damit die Geldfrage vomWirtschaftsleben selber gelöst werdenkann. Beim Leihgeld und Schenkungs-geld geht es umgekehrt darum, dass sichdas Rechtsleben und das Geisteslebenrichtig, nämlich von aussen, auf das vomWirtschaftsleben verwaltete Geld auswir-ken können. Diese Auswirkung erfordertaber eine Befristung des Geldes.

Solange dieser Zusammenhang nicht klar ist, wird man einzelneÄusserungen von Rudolf Steiner immer so missdeuten können, dasser die Verwaltung des Geldes nicht dem Wirtschaftsleben, sonderndem Rechtsleben – oder gar dem Geistesleben – überantworten will.

Sylvain Coiplet , 18. Februar 2019

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Anmerkungen

1 Siehe das Zitat „Die Währung gehörtnicht zu den staatlichen Aufgaben“auf Seite 19

2 Siehe das Zitat „Warencharakterdes Geldes würde Lohn-Preis-Spiralestoppen“ auf Seite 30

3 Siehe das Zitat „Objektiver Preis beiKapital unmöglich“ auf Seite 111

4 Siehe die Zitate „Lohnerhöhungenbisher Selbstbetrug“ und „Lohnerhö-hungen durch Gewerkschaften kurz-sichtig gedacht“ ab Seite 55

5 Siehe das Zitat „Deutsches Wäh-rungsproblem schon vor dem Welt-krieg“ auf Seite 101

6 Siehe das Zitat „Die Kardinalfragedes Wirtschaftslebens“ auf Seite 114

7 Siehe die Zitate „Man lebt nicht vomGeld, sondern von der Arbeit der An-deren“ und „Die Arbeit gehört zu denstaatlichen Aufgaben“ ab Seite 60

8 Siehe das Zitat „Warencharakterdes Geldes würde Lohn-Preis-Spiralestoppen“ auf Seite 30

9 Siehe das Zitat „Die Währung gehörtnicht zu den staatlichen Aufgaben“auf Seite 19

10 Siehe das Zitat „Gesetz und Vertrag“auf Seite 107

11 Siehe das Zitat „Das Geld ist nochein Zwitterding zwischen Ware undAnweisung“ auf Seite 37

12 ebenda13 Siehe das Zitat „Geld soll nur zirku-

lieren und nicht konsumiert werdenkönnen“ auf Seite 137

14 Siehe das Zitat „Geld soll internatio-nale wirtschaftliche Anweisung wer-den“ auf Seite 45

15 ebenda16 Siehe das Zitat „Die Währung gehört

nicht zu den staatlichen Aufgaben“auf Seite 19

17 Siehe das Zitat „Keine Lösung derWährungsfrage ohne soziale Drei-gliederung“ auf Seite 22

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�ellentexte

Folgende Texte stammen – bis auf eine Ausnahme – alleaus der Gesamtausgabe von Rudolf Steiner (GA). Einzel-heiten zu den einzelnen Bänden �nden Sie in der Litera-turliste. Die kursiv gesetzten Zusammenfassungen undZwischenbemerkungen sind von Sylvain Coiplet.

Zum Einstieg in das Geldthema bietet sich eine Schlüsselstelle aus demBuch „Kernpunkte der soziale Frage“ an.

Die Währung gehört nicht zu den staatlichen Aufgaben

Quelle [1]: GA 023, S. 129-133, 6/1976, 28.04.1919, Stuttgart„Die Kernpunkte der sozialen Frage“, schriftliches Werk

Kurzfassung: Das Geld soll nicht durch den Staat, sondern durch dieWirtschaft selber als Zahlungsmittel anerkennt werden. Als Anweisungauf Waren, setzt er die Abgabe selbst erzeugter Waren voraus. Diesgilt auch für geistige und staatliche Leistungen. Waren wird man sichleisten können, wenn die Produktion sich den Bedürfnissen anpaßt. DieLösung der Währungsfrage ist nur durch eine solche Entstaatlichungzu erreichen.

Wer der Ansicht zuneigt, daß die Auseinanderhaltung der drei Glie-der des sozialen Organismus nur einen ideellen Wert habe, und daßsie sich auch beim einheitlich gestalteten Staatsorganismus oder beieiner das Staatsgebiet umfassenden, auf Gemeineigentum an denProduktionsmitteln beruhenden wirtschaftlichen Genossenschaft„von selbst“ ergebe, der sollte seinen Blick auf die besondere Artvon sozialen Einrichtungen lenken, die sich ergeben müssen, wenndie Dreigliederung verwirklicht wird. Da wird, zum Beispiel, nicht

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Quellentexte

mehr die Staatsverwaltung das Geld als gesetzliches Zahlungsmit-tel anzuerkennen haben, sondern diese Anerkennung wird auf denMaßnahmen beruhen, welche von den Verwaltungskörpern der Wirt-schaftsorganisation ausgehen. Denn Geld kann im gesunden sozialenOrganismus nichts anderes sein als eine Anweisung auf Waren, dievon andern erzeugt sind und die man aus dem Gesamtgebiet desWirtschaftslebens deshalb beziehen kann, weil man selbst erzeugteWaren an dieses Gebiet abgegeben hat. Durch den Geldverkehr wirdein Wirtschaftsgebiet eine einheitliche Wirtschaft. Jeder produziertauf dem Umwege durch das ganze Wirtschaftsleben für jeden. In-nerhalb des Wirtschaftsgebietes hat man es nur mit Warenwertenzu tun. Für dieses Gebiet nehmen auch die Leistungen, die entste-hen aus der geistigen und der staatlichen Organisation heraus, denWarencharakter an. Was ein Lehrer an seinen Schülern leistet, istfür den Wirtschaftskreislauf Ware. Dem Lehrer werden seine indi-viduellen Fähigkeiten ebensowenig bezahlt wie dem Arbeiter seineArbeitskraft.

Bezahlt kann beiden nur werden, was, von ihnen ausgehend, im Wirt-schaftskreislauf Ware und Waren sein kann. Wie die freie Initiative,wie das Recht wirken sollen, damit die Ware zustande komme, dasliegt ebenso außerhalb des Wirtschaftskreislaufes wie die Wirkungder Naturkräfte auf das Kornerträgnis in einem segensreichen odereinem magern Jahr. Für den Wirtschaftskreislauf sind die geistigeOrganisation bezüglich dessen, was sie beansprucht als wirtschaftli-ches Erträgnis, und auch der Staat einzelne Warenproduzenten. Nurist, was sie produzieren innerhalb ihres eigenen Gebietes nicht Ware,sondern es wird erst Ware, wenn es von dem Wirtschaftskreislaufaufgenommen wird. Sie wirtschaften nicht in ihren eigenen Gebie-ten; mit dem von ihnen Geleisteten wirtschaftet die Verwaltung desWirtschaftsorganismus.

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Der rein wirtschaftliche Wert einer Ware (oder eines Geleisteten),insofern er sich ausdrückt in dem Gelde, das seinen Gegenwertdarstellt, wird von der Zweckmäßigkeit abhängen, mit der sich in-nerhalb des Wirtschaftsorganismus die Verwaltung der Wirtschaftausgestaltet. Von den Maßnahmen dieser Verwaltung wird es abhän-gen, inwiefern auf der geistigen und rechtlichen Grundlage, welchevon den andern Gliedern des sozialen Organismus gescha�en wird,die wirtschaftliche Fruchtbarkeit sich entwickeln kann. Der Geld-wert einer Ware wird dann der Ausdruck dafür sein, daß diese Warein der den Bedürfnissen entsprechenden Menge durch die Einrich-tungen des Wirtschaftsorganismus erzeugt wird. Würden die indieser Schrift dargelegten Voraussetzungen verwirklicht, so wirdim Wirtschaftsorganismus nicht der Impuls ausschlaggebend sein,welcher durch die bloße Menge der Produktion Reichtum ansam-meln will, sondern es wird durch die entstehenden und sich in dermannigfaltigsten Art verbindenden Genossenschaften die Güterer-zeugung sich den Bedürfnissen anpassen. Dadurch wird das diesenBedürfnissen entsprechende Verhältnis zwischen dem Geldwert undden Produktionseinrichtungen im sozialen Organismus hergestellt.Das Geld wird im gesunden sozialen Organismus wirklich nur Wert-messer sein; denn hinter jedem Geldstück oder Geldschein steht dieWarenleistung, auf welche hin der Geldbesitzer allein zu dem Geldegekommen sein kann. [...]

Durch die Verwirklichung solcher Voraussetzungen wird die Wäh-rungsfrage auf eine gesunde Grundlage gestellt. Denn gleichgül-tig wie aus andern Verhältnissen heraus die Geldform sich gestal-tet: Währung wird die vernünftige Einrichtung des gesamten Wirt-schaftsorganismus durch dessen Verwaltung. Die Währungsfragewird niemals ein Staat in befriedigender Art durch Gesetze lösen;gegenwärtige Staaten werden sie nur lösen, wenn sie von ihrer Seiteauf die Lösung verzichten und das Nötige dem von ihnen abzuson-dernden Wirtschaftsorganismus überlassen.

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Quellentexte

Anmerkung: Die hier ausgelassene Textpassage wird am Anfang derBroschüre über „Zins und alterndes Geld“ aufgegri�en.

Einige Monate später kommt Rudolf Steiner in einem Aufsatz auf dieGeldfrage zurück, und beschreibt etwas näher, wie die Staaten das Gelddurch ihre Eingri�e damals ruiniert haben. Wenn er hier auf die sozialeDreigliederung als Lösung verweist, bezieht er sich natürlich auf seineAusführungen in dem Buch „Kernpunkte der sozialen Frage“.

Keine Lösung der Währungsfrage ohne sozialeDreigliederung

Quelle [2]: GA 024, S. 121-123, 2/1982, 12.1919Aufsatz „Einsicht tut not“ aus „In Ausführung der Dreigliederungdes sozialen Organismus“, schriftliches Werk

Kurzfassung: Durch den Staat läßt sich die Währungsfrage höchstensvorläu�g, mit negativen Nebenwirkungen bei sich selbst oder auf Kos-ten anderer Staaten lösen. Statt auf Einzelmaßnahmen zu setzen, solldie Währung aus dem Staatsbereich herausgenommen und damit ausdem Konkurrenzkampf der Staaten herausgehalten werden.

Einem Ideenzusammenhang wie dem von der Dreigliederung des so-zialen Organismus wird oft als Einwand entgegengeworfen: er könnenicht für diese oder jene Einzelheit mit „praktischen Vorschlägen“auftreten. Man sagt etwa: Da ist die Zerrüttung der Valuta. Was hatder Anhänger der Dreigliederung als Mittel zu ihrer Verbesserunganzugeben? Dieser muß erwidern: Der Gang der wirtschaftlichenWeltverhältnisse ist in der neueren Zeit ein solcher gewesen, derdurch den Konkurrenzkampf der Staaten zur Entwertung des Geldesim einzelnen geführt hat. Eine Verbesserung kann nur eintreten,wenn nicht einzelne Maßnahmen für dieses oder jenes als Heilmittelangesehen werden, sondern wenn dieser Gang des Wirtschaftslebens

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in seinem ganzen Wesen durch die Dreigliederung zu etwas anderemgemacht wird. Einzelne Maßnahmen können ja manches im einzel-nen vorübergehend bessern; wenn aber das Wesen des Wirtschaftensdasselbe bleibt, so kann eine einzelne Verbesserung nichts helfen;sie muß sogar eine Verschlechterung auf einem anderen Gebiete zurFolge haben.

Das wirklich praktische Mittel zu einem Neuaufbau des Zerstör-ten ist eben die Dreigliederung selbst. Wollte man gerade in einemGebiet, in dem zum Beispiel das Wirtschaftsleben durch die Ent-wertung der Valuta seufzt, umfassende Einrichtungen im Sinne derDreigliederung scha�en, so mußte sich durch den Gang der Ereig-nisse das Übel bessern. Der gekennzeichnete Einwand kommt daher,daß derjenige, der ihn macht, aus irgendwelchen Gründen vor einerpraktischen Arbeit im Sinne der Dreigliederung zurückschreckt undverlangt, die Träger dieser Dreigliederungsidee sollen ihm Mittel zueiner Gesundung dieser oder jener Verhältnisse angeben, ohne dieseVerhältnisse selbst im Sinne ihrer Idee zu gestalten.

In diesem Punkte besteht eben ein wesenhafter Gegensatz zwischendem Träger der Dreigliederungsidee und allen denen, die da glau-ben, man könne das alte einheitsstaatliche soziale Leben beibehaltenund innerhalb desselben zu einem Neuaufbau kommen. Die Ideevon der Dreigliederung ruht eben gerade auf der Einsicht, daß dieseeinheitsstaatliche Orientierung die katastrophale Weltlage herbei-geführt hat; und daß man sich deshalb entschließen muß, sie ausdenjenigen Verhältnissen heraus neu aufzubauen, die sich aus derDreigliederung ergeben.

Ehe nicht dieser Mut zu einem Durchgreifenden bei einer genü-gend großen Anzahl von Menschen erwacht, kann eine Heilungdes kranken sozialen Lebens nicht kommen. Das einzige, das ohnedieses Durchgreifende möglich ist, kann nur sein das An-sich-reißender wirtschaftlichen und politischen Macht durch die siegenden

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Staaten und die Unterdrückung der Besiegten. Die Sieger könnenvorläu�g das alte System beibehalten, denn die Schäden, die sich beiihnen aus demselben ergeben, können für sie ausgeglichen werdendurch die Vorteile, die sich durch die Beherrschung der Besiegtenherausstellen. Die Besiegten aber sind gegenwärtig in einer Lage,die augenblickliches Handeln im Sinne des hier gemeinten Durch-greifenden notwendig macht. Auch für die Sieger wäre naturgemäßEinsicht das Bessere. Denn der Zustand, den sie bei sich hervorrufen,muß im Laufe der Zeit zur Wahrnehmung der unerträglichen Lagebei dem Besiegten und damit zu neuen Katastrophen führen. Die Be-siegten aber können nicht warten, denn jede Versäumnis vergrößertdas Unmögliche ihrer Lebensverhältnisse.

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Diese beiden ersten Zitate stammen aus dem schriftlichen Werk RudolfSteiners. In seinen Vorträgen geht er – anders als in seinen Schriften –näher auf die beiden damaligen Geldtheorien ein.

Metallismus NominalismusGeld Geld

als Ware als Stempel

Wir fangen erstmal mit den Vorträgen an, die vor dem Erscheinen desBuches „Kernpunkte der soziale Frage“ gehalten worden sind. Wäh-rend von den beiden Geldtheorien der Nominalismus noch heute eineRolle spielt, gilt der Metallismus als historisch überwunden und istentsprechend in Vergessenheit geraten. Für Rudolf Steiner sind beide –Metallismus wie Nominalismus – nicht mehr zeitgemäss. Wer in denheutigen Denkgewohnheiten steckt, hält den Nominalismus für daseinzig Wahre und jede Kritik Rudolf Steiners an den Metallismus füreine Bestätigung des Nominalismus. Rudolf Steiner hält den Metallis-mus dagegen für teilweise richtig, weil das Geld einen Warencharakterhaben muss. Dies wird im folgenden Zitat besonders deutlich.

Staat stört internationalen Warencharakter des Geldes

Quelle [7]: GA 189, S. 111-115, 2/1957, 07.03.1919, DornachVortrag vor Mitgliedern der Anthroposophischen Gesellschaft

Kurzfassung: Das Geld ist bisher zugleich als internationale Goldwäh-rung eine Ware und national als gesetzliches Zahlungsmittel ein bloßesWertzeichen. Eine konsequente Entnationalisierung und Verwirtschaft-lichung würde das Geld zur Ware machen und es vor einer Abwertungdurch die Lohn-Preis-Spirale schützen.

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So wie die Dinge sind, nehmen die Menschen mit ihrem Emp�ndenwohl wahr, was hemmend, was krankmachend ist im sozialen Or-ganismus, sehen aber nicht bis auf die Grundlagen. Daß heute dasGeld viele Schäden hervorruft, das sieht man ja im Kleinen und imGroßen.

Im Kleinen, in seiner nächsten Nähe sieht es mancher, daß mit demGeld etwas nicht in Ordnung ist, – auch solche, die es nicht haben.Es ist eben die Zeit gekommen, wo die alte Gelassenheit aufhört,die sich noch ein wenig über die Dinge hinweggesetzt hat mit demSprichwort: ’Der eine hat das Portemonnaie, der andere hat dasGeld’. Die Zeit ist gekommen, wo man dieses Sprichwort nicht mehrwahr haben will. Die Leute, auch wenn sie nur noch selten über dieGrenze kommen, merken ja, daß manche Schäden des Geldwesensvorhanden sind. Nicht wahr, es ist ja tiefer Friede eingetreten, aberdie Leute können jetzt noch weniger über die Grenze als währenddes Krieges. Da draußen bedeutet eine Mark so und so viel, hier istsie ganz wenig wert. An die Geldfrage schließt sich die Währungsfra-ge, die Valutafrage, an. Die Leute merken im Kleinen und im Großen,daß mit dem Gelde irgend etwas los ist, was schon mit den gewöhn-lichsten Menschenzuständen zusammenhängt. Sie denken nach, wieman den Schäden, die heute eingetreten sind, abhelfen könnte. Abersie merken nicht, daß es heute notwendig geworden ist, von dengewöhnlichen äußeren Gedanken, die sich an die Verhältnisse selbstanschließen, zu den Urgedanken vorzudringen.

Es folgt eine Kurzdarstellung der sozialen Dreigliederung in Wirt-schaftsleben, Rechtsleben und Geistesleben, die wieder zur Frage desGeldes führt.

Was ist denn eigentlich Geld? Ungeheuer viel wird über die Fragediskutiert, ob Geld eine Ware oder ein bloßes Wertzeichen sei. Dereine ist der Meinung, daß das Geld auch eine Ware unter anderenWaren ist, die auf dem Wirtschaftsmarkte ausgetauscht werden, daß

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man nur eine bequeme Ware gewählt hat, damit man über gewissesonstige Kon�ikte des heutigen Wirtschaftslebens hinwegkommt.Nun denken Sie einmal, Sie seien Tischler, und es gäbe kein Geld.Sie müssen essen, Sie müssen Gemüse haben, Käse haben, Butterhaben, aber Sie sind Tischler, verfertigen nur Tische und Stühle.Nun müssen Sie sich mit Ihren Tischen und Stühlen auf den Marktbegeben und müssen versuchen, zum Beispiel einen Stuhl loszuwer-den, damit Ihnen jemand für den Stuhl eine gewisse Menge vonNahrungsmitteln gibt. Einen Tisch müssen Sie loswerden, damitIhnen ein anderer einen Anzug gibt. Denken Sie sich nur, was dasheißen würde! Aber eigentlich tut man gar nichts anderes! Es istnur dadurch maskiert, daß eine allgemein gangbare Ware, das Geld,da ist, für die man alles übrige eintauschen kann, und daß dann dieanderen Waren warten können, bis sie gebraucht werden.

Nun scheint es aber so, als ob das Geld nur eine Zwischenware wäre.Daher sind manche Nationalökonomen der Ansicht, daß das Geldeine Ware ist. Das Papiergeld ist eben nur als Ersatz für die Wareanzusehen. Denn die Ware, auf die es ankommt, ist eigentlich dasGold, und die Staaten sind genötigt worden, die Goldwährung ein-zuführen, da der führende Wirtschaftsstaat der Gegenwart, England,das Gold als alleinige Wertware, Ausgleichsware gewählt hat, unddie anderen Staaten folgen mußten. Die Mittelware ist eben da, undder Tischler braucht nicht mit seinen Stühlen zu Markte zu gehen,sondern verkauft seine Waren an den, der sie gerade haben will.Dafür bekommt er Geld und kann sich nun seinerseits sein Gemüseund seinen Käse kaufen.

Die andern haben eine entgegengesetzte Meinung über das We-sen des Geldes. Nach ihnen kommt es nicht darauf an, ob man dasStückchen Gold hat oder nicht, sondern darauf, daß ein Ersatzmittelexistiert, auf das der Stempel gedruckt ist. Unser modernes Papier-

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geld trägt ja einen solchen Stempel: dieses Papier gilt so und soviel.

Und es gibt Nationalökonomen, die es als höchst unnötig betrachten,daß für das Papiergeld in den Banken der entsprechende Goldwertliegt. Es gibt ja auch, wie Sie vielleicht wissen, einzelne Staaten, diebloße Papierwährung haben, die keinen Goldschatz für die Papier-währung haben. Die können auch damit in einer gewissen Weiseunter den heutigen Voraussetzungen Wirtschaft treiben.

Jedenfalls sehen Sie daraus – und wir müssen uns ja auf unseremGebiete auf die Basis eines rein menschlichen Standpunktes stel-len –, daß es heute gescheite Menschen gibt, die das Geld als eineWare betrachten, während andere gescheite Menschen es als einebloße Abstempelung, als bloße Marke betrachten. Was ist es nuneigentlich? Unter den heutigen Verhältnissen ist es eigentlich beides!Darauf kommt es an, daß man das einsieht, daß es unter den heutigenVerhältnissen beides ist, daß heute auf der einen Seite, namentlichim internationalen Verkehr, das Geld nur den Charakter einer Warehat; denn das andere sind alles Überschreibungen von Guthaben.Was im Ernste als Deckung gilt, das sind die Goldwarenaustausche,die von Staat zu Staat stattzu�nden p�egen. Alles übrige beruht nurdarauf, daß man das Vertrauen hat: wenn so und so viel Papier oderWechsel oder so etwas von einem Staat zum anderen geliefert wird,so hat derjenige, der diesen Wechsel, dieses Papier liefert, wirklichauch das Gold, daß also für die Ware Gold da ist, die dann wie eineandere Ware behandelt wird. Sie geben ja auch einem KaufmannKredit, gleichgültig ob er Gold oder Fische oder irgend etwas an-deres besitzt, wenn nur eine Deckung durch irgend etwas Realesvorhanden ist. Also ist namentlich im internationalen Verkehr dasGeld Ware.

Aber der Staat hat sich hineingemischt und das Geld allmählichzu etwas bloß Taxiertem, Abgestempeltem gemacht. So wirkt das

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eine mit dem anderen zusammen. Die Schäden, die vorhanden sind,rühren lediglich davon her, daß man nicht die ganze Verwaltungdes Geldes abschiebt in das Gebiet, das wir als das dritte Glied desgesunden sozialen Organismus bezeichnet haben. Würde man diegesamte Geldverwaltung abschieben in den Wirtschaftsorganismus,daß heißt sie vom Staatsorganismus loslösen, so würde das GeldWare und würde auf dem Warenmarkte seinen Warenwert habenmüssen. Es würde nicht mehr die heute vorhandene kuriose Abhän-gigkeit da sein, die sich ausdrückt durch ein merkwürdiges Verhältniszwischen Währung und Lohn.

Das Kuriose ist heute, daß die Währung sinkt, wenn der Lohn steigt,und der Arbeiter oftmals gar nichts hat, wenn man ihm noch soviel Lohn gibt, weil er für diesen Lohn sich nichts anderes kaufenkann, als er sich früher kaufen konnte um seinen viel geringerenLohn. Wenn die Löhne und zugleich die Lebensmittelpreise steigen,das heißt, wenn die Währung eine ganz andere wird, dann helfenalle übrigen Verhältnisse nichts. Dem kann nur abgeholfen werden,indem man die Verwaltung auch dieses Wirtschaftsgutes, des Geldes,loslöst vom politischen Staate, und wenn das Geld, das da ist, umeben Vergleiche des einen mit dem andern hervorzurufen, auchvon dem dritten, von dem Wirtschaftsgliede des gesunden sozialenOrganismus verwaltet werden kann.

Anmerkung: Liest man dieses Zitat isoliert, so könnte man leicht glau-ben, daß Rudolf Steiner sich nicht nur für das Geld als Ware, sondernauch für eine Golddeckung der Währung ausspricht. Dieser Eindruckwird durch das nächste Zitat noch nicht korrigiert. Erst im darauf fol-genden Zitat „Zirkulation der Produktionsmittel als Währungsgrund-lage“ auf Seite 34 wird klar, dass Rudolf Steiner das Gold für einenScheinwert hält, die Golddeckung einer Währung daher prinzipiellablehnt und sie nur solange für notwendig hält, als sie von der führen-den Wirtschaftsmacht benutzt wird. Dies ist inzwischen nicht mehr

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der Fall, da auch die USA, die im Laufe des Jahrhunderts Englandals führende Wirtschaftsmacht abgelöst haben, die Goldbindung ihrerWährung aufgegeben haben.

Das Problem der Lohn-Preis-Spirale wird von Steiner am nächstenTag wieder erwähnt. Wie so eine Verwaltung des Geldes durch dasWirtschaftsleben diese Spirale vermeiden könnte, deutet er diesmal ineinem entscheidenden Nebensatz an.

Warencharakter des Geldes würde Lohn-Preis-Spiralestoppen

Quelle [11]: GA 328, S. 161-163, 1/1977, 08.03.1919, ZürichÖ�entlicher Vortrag vorwiegend vor Arbeitern im Volkshaus

Kurzfassung: Das Geld hat international ausschliesslich, national nurteilweise Warencharakter. Es soll durch die soziale Dreigliederung jedenRechtscharakter verlieren und deswegen nicht mehr vom Staat abge-stempelt werden. Die bisherige Lohn-Preis-Spirale läßt sich nur durchdiese Emanzipation des Wirtschaftslebens vom Rechtsleben verhindern.

Das, was ich auseinandergesetzt habe, bezieht sich nicht auf irgend-ein Wolkenkuckucksheim. Oh, die Zeiten sind da, wo mancher, dersich, weil er nur das Einfache überschauen konnte und danach sichseine Denkgewohnheiten bildete, der sich dadurch für einen Leben-spraktiker hielt, wird zugeben müssen, daß die verpönten, so sehrverpönten Idealisten, die aus Entwickelungsnotwendigkeiten derMenschheit heraus denken, die wahren Lebenspraktiker sind. Dasje-nige, was ich Ihnen angegeben habe, ist nicht ein Wolkenkuckucks-heim; es ist entnommen gerade aus dem, was die unmittelbarsten,alltäglichsten Lebensbedürfnisse der Menschheit sind.

Ich kann natürlich nicht auf alle einzelnen Gebiete mich einlassen;ich will zum Schlusse ein einziges Gebiet berühren, ein Gebiet, an

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dem sich, wenn ich es auch nur �üchtig berühren kann, zeigen wird,wie dasjenige, was ich scheinbar von dem Urgedanken des sozia-len Lebens hergeleitet habe, in das Allerärgste eingreift. Was istim Leben das Allerärgste? Das Allerallerärgste ist, daß wir etwas,was wir Geld nennen, in unserer Tasche haben müssen. Aber Siewissen auch, was an diesem Gelde hängt. Sie wissen, wie dieses Geldeingreift in alles Leben. Wenn man die Entwickelung des gesundensozialen Organismus ins Auge faßt: welchem Gliede kommt denn dieVerwaltung des Geldes zu? Diese Verwaltung des Geldes hat bisheraus gewissen Entwickelungskräften, die sehr alt sind, der Staat be-sorgt. Das Geld aber ist ebensowahr in einem gesunden OrganismusWare, wie die Arbeitskraft nicht Ware ist. Und alles Ungesunde, dasvon der Seite des Geldes aus eingreift in den sozialen Organismus,besteht darinnen, daß das Geld des Warencharakters dadurch ent-kleidet wird, daß es heute mehr beruht auf der Abstempelung vonirgendeiner Marke durch den politischen Staat, als auf dem, woraufes ja noch, weil es da nicht anders geht im internationalen Verkehr,beruhen muß: auf seinem Warenwert.

Die Nationalökonomen haben heute einen komischen Streit, einenStreit, der auf den Einsichtigen wirklich komisch wirkt. Sie fragen,ob das Geld eine Ware ist, nur eine beliebte Ware, für die manimmer andere Waren eintauschen kann, während man sonst, wennman zum Beispiel gerade das Unglück hat, nur Tische und Stühlezu fabrizieren, umherziehen müßte mit Tischen und Stühlen undwarten, ob einer einem dafür Gemüse gibt, kann man, indem manzuerst Tische und Stühle für Geld eintauscht, für die Ware GeldDinge bekommen, die einem gerade recht sind, nach denen mangerade Bedarf hat. Während die einen sagen: Dieses Geld ist eineWare oder wenigstens der Repräsentant der Ware, für das da seinmuß, auch wenn es Papiergeld ist, der entsprechende Gegenwertin Waren, sagen die anderen: Das Geld ist überhaupt nur dasjenige,was entsteht, indem der Staat durch ein Gesetz eine gewisse Marke

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abstempelt. Und nun forschen sie nach, diese nationalökonomischenGelehrten, sie forschen nach: Was ist das Richtige? Ist das Geld Ware,oder etwas, was durch eine bloße Abstempelung entsteht? Ist es einebloße Anweisung auf die Ware?

Die Antwort auf diese Fragen ist einfach diese: daß das Geld wederdas eine noch das andere ist, sondern heute beides ist. Das eineist es dadurch, daß der Staat eben gewisse Marken abstempelt; dasandere ist, daß im internationalen Verkehre oder in gewisser Be-ziehung auch im nationalen Verkehre das Geld nur als Ware in derWarenzirkulation mitzirkulieren kann.

Der gesunde soziale Organismus wird das Geld jedes Rechtscharak-ters entkleiden; er wird es derjenigen Verwaltung und Gesetzgebungzuweisen, durch seinen eigenen, natürlichen Prozeß, auch die Hinein-stellung des Geldes, Prägung des Geldes, Wertbestimmung des Gel-des innerhalb des Wirtschaftskreislaufes, diesem selben Parlament,dieser selben Verwaltung, die den übrigen Wirtschaftsorganismusverwaltet.

Erst dann kann, wenn so etwas eintritt, dasjenige, was vom moder-nen Proletariat erstrebt werden muß, auf eine gesunde Basis gestelltwerden. Jenes merkwürdige Verhältnis, das da besteht zwischendem Arbeitslohn und der Warennatur, dieses Verhältnis, es beruhtebenfalls eigentlich auf einer Lebenslüge.

Während auf der einen Seite der Arbeiter glaubt, durch seine For-derung nach höherem Lohn, wenn er diese befriedigt erhält, danngesündere Lebensverhältnisse zu erlangen, steigt immer auf der an-deren Seite der Preis der Waren, solange nicht emanzipiert wirdder Wirtschaftskreislauf von dem Rechtskreislauf des politischenStaates. Diese Dinge werden alle erst auf eine gesunde Basis gestelltwerden können, wenn diese Dreigliederung eintreten wird.

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Anmerkung: In diesem Zitat ist der entscheidendende Nebensatz zurLohn-Preis-Spirale, dass das Geld nicht nur im internationalen Verkeh-re, sondern „in gewisser Beziehung auch im nationalen Verkehre“ nurals Ware in der Warenzirkulation mitzirkulieren kann. Die Abstempe-lung des Geldes durch den Staat scha�t im nationalen Verkehr einenZwiespalt zwischen Schein und Realität, zwischen dem, was man heuteeinerseits Nominallohn und andererseits Reallohn nennt.

Geld Geldals Stempel als Ware

- internationalnational national

Nominallohn Reallohn

Würde der Staat auf das Stempeln verzichten und das Geld den Kör-perschaften des Wirtschaftslebens übergeben, würde dieser Zwiespaltnicht mehr entstehen können. Das Geld hätte nur nochWarencharakter– auch national. Verhandelt würde von vornherein nur über Reallöhne.

Interessant an diesem Zitat ist darüber hinaus, dass Rudolf Steinerhier ausdrücklich die Hineinstellung und die Prägung des Geldes zuden Aufgaben des Wirtschaftslebens rechnet – und nicht nur dessenWertbestimmung.

Von einem wirtschaftlichen Parlament spricht Rudolf Steiner hier üb-rigens nur im übertragenen Sinne und meint damit wirtschaftlicheVerwaltung. Durch demokratische Abstimmungen würde das Wirt-schaftsleben selber diesen Rechtscharakter bekommen, den Rudolf Stei-ner durch seine Verselbständigung vom Rechtsleben eigentlich ver-meiden will. Maßgeblich im Wirtschaftsleben soll nicht ein irgendwiegeartetes demokratisches Urteil, sondern ein kollektives Urteil durchAssoziationen werden.

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Zirkulation der Produktionsmi�el als Währungsgrundlage

Quelle [12]: GA 329, S. 100-102, 1/1985, 19.03.1919, WinterthurÖ�entlicher Vortrag

Kurzfassung: Was dem Geld seinen realen Wert gibt, ist nicht die Siche-rung durch den Goldschatz, sondern die Summe der Produktionsmittel.Diese Produktionsmittel müssen daher wie Geld und Waren auch zir-kulieren. Sie müssen vom Staat in die Allgemeinheit überführt werden,sobald ihr Verwalter sie nicht mehr benutzen kann oder will, um seineFähigkeiten im Dienste dieser Allgemeinheit zu stellen.

Und das dritte unabhängige Gebiet wird das Wirtschaftsleben selbstsein. Ich kann der Kürze der Zeit willen nur andeuten, wie bedeutsamdiese Umgestaltung des Wirtschaftslebens ist. Ich will ein konkretesBeispiel anführen, damit Sie sehen, daß ich Ihnen hier nicht vertrack-te Theorien vortrage, sondern dasjenige, was aus dem praktischenLeben heraus ablesbar ist und in das praktische Leben hinein kann.Man braucht nur ein Wort zu nennen, dann steht in diesem Wortemit seinen Gedanken jeder Mensch sogleich im Wirtschaftslebendrinnen – nun, der eine in anderer Art als der andere –, man brauchtnur das Wort „Geld“ zu nennen. Aber sehen Sie, das Geld kennenja die meisten Menschen; manche kennen es von den reichlichenMengen, in denen sie es haben, manchen von den geringen Mengen,in denen sie es haben; aber sie glauben es zu kennen. Was aber Geldim sozialen Organismus eigentlich ist, davon haben, ich will nichtnur sagen, die Alltagsmenschen keine rechte Ahnung, sondern eshaben unsere heutigen gelehrten Volkswirtschaftslehrer recht wenigAhnung von dem, was eigentlich Geld ist.

Die einen sind der Ansicht, das Geld beruhe auf dem Metallwertdes Goldes oder des Silbers, der zugrunde liegt; die anderen sind derAnsicht, es sei eine bloße Marke, je nachdem der Staat mehr oderweniger dünne Anweisungen auf Waren und so weiter abstempelt.

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Man spricht von einem metaphysischen Prozeß des Geldes und soweiter, wie alle die Dinge sind; man hat ja in der Wissenschaft immerdas Bedürfnis, recht gelehrte Worte zu wählen. Aber auf das alleskommt es nicht an; sondern die gelehrtesten Herren sind heutedarinnen einverstanden, daß für das Austauschmittel Geld etwas dasein müsse. Dasjenige, was da sein müsse, sei der Goldschatz, aufden man immer wieder zurückkommen müsse, damit das Geld einenWert habe.

Nun läßt sich ja heute, nicht wahr, da England die Weltmacht besitztund auf Gold besteht, im internationalen Verkehr selbstverständlichdie Goldwährung nicht von heute auf morgen überwinden. Aberdie Frage muß man doch gerade gegenüber der Gesundung desWirtschaftslebens aufwerfen: Wie verhält es sich eigentlich damit,daß die Leute sagen, das zirkulierende Geld, gleichgültig in welcherForm, muß immer wieder zurückbezogen werden auf die Menge vonGold, die vorhanden ist in irgendeinem Staat, denn, so sagt man,Gold ist eine beliebte Ware, eine Ware, die längere Zeit ihren Wertnicht verändert. – Alle diese Theorien können Sie ja nachlesen. Manbezieht sich eben darauf, welche vorzüglichen Eigenschaften dasGold hat, um sich repräsentieren zu lassen durch das Geld.

Nun, was ist es denn aber eigentlich, worauf in Wirklichkeit Geldsich bezieht, so bezieht, wie die Nationalökonomen glauben, daßsich das Geld auf das Gold bezieht? Hier ist ein größerer Fortschrittder Wissenschaft notwendig. Eine Antwort ist notwendig, an diedie Leute heute noch nicht glauben werden. Ich werde ausführlicherin meinem demnächst erscheinenden Büchelchen über die sozialeFrage auch von diesem sprechen. Die Leute behaupten heute noch,nicht an diese Antwort zu glauben. Allein, wer unbefangen hinblicktauf das Wirtschaftsleben, der bekommt zur Antwort, wenn er fragt:Was ist eigentlich der wirkliche, der reale Gegenwert für das zir-kulierende Geld? – er bekommt die Antwort, so sonderbar es dem

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heutigen Menschen noch klingt: Gold ist nur ein Scheinwert, wo erauch sein mag. – Dasjenige, was in Wahrheit dem Gelde entspricht,das ist die Summe aller in einem sozialen Territorium vorhandenenProduktionsmittel, einschließlich Grund und Boden. Darauf beziehtsich alles das, was durch Geld nur ausgedrückt wird. Alle die schönenEigenschaften, die die Nationalökonomen dem Golde zuschreiben,damit es die Währung abgeben kann, alle diese Eigenschaften, siesind in Wahrheit zuzuschreiben den Produktionsmitteln. Daher mußgerade aus der Warenzirkulation mit Hilfe des Geldes die Frageresultieren: Wie kann werden dasjenige, was allerdings in immerfortgehender Verwandlung, in immer fortgehender Neugestaltung,aber als ein bester Wert, aller Volkswirtschaft zugrundeliegt, wiekann werden solch eine einheitliche Grundlage des Wirtschaftsle-bens, wie das Geld selbst, das nur der Repräsentant ist? Alles, wasin den Produktionsmitteln lebt, so gemeinsam, wie seiner Art nachdas Geld ist, so gemeinsam müssen die Produktionsmittel sein. Dasheißt, ihre Zirkulation muß eine solche sein, welche dem entspricht,daß niemand an Produktionsmitteln arbeiten kann als dadurch, daßder gesamte soziale Organismus mitarbeitet.

Zweierlei ist zu berücksichtigen dabei. Erstens, daß dem gesellschaft-lichen Organismus Unendliches verloren gehen würde, wenn mandie individuellen Fähigkeiten ausschließen würde. Der Mensch solldurch seine individuellen Fähigkeiten, solange er sie hat und so-lange er sie gebrauchen will, für den sozialen Organismus arbeiten.Aber in dem Augenblicke, wo er nicht mehr für den sozialen Or-ganismus arbeitet, müssen die Produktionsmittel, die er verwaltet,übergeführt werden durch den Rechtsstaat in die Allgemeinheit dessozialen Organismus.

Anmerkung: Das „demnächst erscheinende Büchelchen“ ist das hier ein-gangs zitierte Buch „Die Kernpunkte der sozialen Frage“. Dort schreibtSteiner in der Tat sehr ausführlich über die Notwendigkeit einer Zir-

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kulation der Produktionsmittel, wie sie hier nur angedeutet wird. Ererklärt zum Beispiel, daß das Rechtsleben nur dafür zu sorgen hat,daß diese Zirkulation überhaupt statt�ndet, das Geistesleben aber denGesichtspunkt der individuellen Fähigkeiten einzubringen hat.

Nicht von ungefähr geht Rudolf Steiner im Anschluß an diesen längerenAusführungen zur Währungsfrage über. In dem Buch geht er aber –anders als in diesem Vortrag – nicht ausdrücklich auf die Beziehungzwischen Währung und Zirkulation der Produktionsmittel ein.

Das Geld ist noch ein Zwi�erding zwischen Ware undAnweisung

Quelle [8]: GA 190, S. 024-030, 2/1971, 21.03.1919, DornachVortrag vor Mitgliedern der Anthroposophischen Gesellschaft

Kurfassung: Das Geld hat nur dann einen Dauerwert, wenn die ab-genutzten Produktionsmittel ersetzt werden und das Kapital durchZirkulation fruchtbar bleibt. Der Dauerwert des haltbaren Goldes istdagegen ein vom Einheitsstaat hervorgerufener Scheinwert. Dieses Goldist solange zum Ausgleich zwischen den Staaten nötig, bis eine neueWährungsgrundlage gegenseitiges Vertrauen gescha�t haben wird.

Man stelle das Wirtschaftsleben auf sich selbst. Das ist in bezugauf konkrete Fragen wahrhaftig nicht eine Phrase. Wenn Sie dasWirtschaftsleben auf sich selbst stellen, es dem Staate abnehmen, somüssen Sie vor allen Dingen dem Staate etwas sehr, sehr Konkretesabnehmen, nämlich das Geld, die Verwaltung über die Währung. DieVerwaltung über die Währung müssen Sie dem Wirtschaftsleben zu-rückgeben. Die Menschen haben auf den verschiedenen Territorien,wo sie sich heraufgearbeitet haben aus der Naturalwirtschaft in dieGeldwirtschaft, zunächst es gehalten mit einem Geldrepräsentanten,der so ein Zwitterding ist zwischen Ware und bloßer Anweisung.

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Die sehr gelehrten Leute streiten sich herum, ob Geld eine bloßeAnweisung ist, ob ein Geldschein eine bloße Anweisung ist, oderob Geld eine Ware ist. Man kann sich lange darüber herumstreiten,weil Geld eben das eine und das andere ist. Das eine ist es dadurch,weil es den wirtschaftlichen Prozeß vermittelt; dadurch ist Geld eineWare. Das andere ist es dadurch, daß der Staat durch sein Gesetz denWert der betre�enden Münze bestimmt. Aber das Geld muß ganzdem Wirtschaftsleben zurückgegeben werden. Dann wird eines ein-treten, allerdings nur nach und nach. Damit es eintrete, muß geradedies, was ich jetzt berühre, international werden. Das wird nochlange dauern, weil der führende Handelsstaat England von dem esja in Wirklichkeit abhängt, daß wir Goldwährung haben, von derGoldwährung nicht leicht lassen wird. Also das wird lange Zeit dau-ern. Aber die auf sich selbst gestellte Wirtschaftsorganisation, derauch die Währung überlassen wird, das Geldsystem, die wird nichtmehr nötig haben, eine Ware „Gold“ zwischen die anderen Warenhineinzustellen als Austauschmittel. Das braucht die Wirtschaftsor-ganisation nicht. Die Wirtschaftsorganisation wird allerdings auchGeld haben, aber nur zur Verteilung des Warenaustausches. Dennes wird sich ergeben, daß immer dasjenige, was die solide, wirklicheGrundlage des Wirtschaftslebens ist, daß das die Währungsgrund-lage auch für das Geld ist. Gold ist nur deshalb Geld, weil Goldunter den Menschen nach und nach eine besonders beliebte Waregeworden ist, weil die Menschen übereingekommen sind, das Goldzu schätzen. Das sieht dilettantisch aus, wenn man es sagt, aber esist viel richtiger als dasjenige, was die Nichtdilettanten, die heutigenGelehrten, sagen. Der Wert des Goldes beruht bloß auf dem still-schweigenden Übereinkommen der Menschen über diesen Wert desGoldes. Es könnte auch etwas anderes zu einer solchen Schätzungkommen. Aber bei der Zentralisation der drei sozialen Glieder wirdimmer irgend etwas, was eigentlich einen bloßen Scheinwert hat,im Wirtschaftsleben zu dieser Schätzung kommen. Gold hat ja in

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Wirklichkeit nur einen Scheinwert. Sie können Gold nicht essen. Siekönnen sehr reich sein an Gold; wenn Ihnen niemand etwas dafürgibt, können Sie vom Golde natürlich nicht leben. Das beruht nurauf einer stillschweigenden Übereinkunft der Menschen.

Man braucht es im innerstaatlichen Verkehr überhaupt nicht. Imzwischenstaatlichen Verkehre braucht man es eben nur, um gewisseAusgleiche herbeizuführen, die sonst nicht herbeigeführt werdenkönnen, weil nicht das nötige große Vertrauen besteht. Aber dieserScheinwert, der einem bestimmten Metall zugeschrieben wird, derwird aufhören, wenn man die Verwaltung des Geldes dem Wirt-schaftskörper übergibt und der Staat nichts mehr hineinzuredenhat in die Verwaltung des Geldes. Dann bleibt der Staat auf demBoden des bloßen Rechtes, bleibt auf der Grundlage dessen, wasnur zwischen Mensch und Mensch ausgemacht werden kann aufdemokratischer Grundlage.

Nun hat, wenn bestimmte Geldzeichen, Geldanweisungen im Umlau-fe sind, der Staat einen bestimmten Goldschatz. Was wird dann dasein, wenn die Wahrheit an die Stelle des Scheins getreten sein wirddurch die Dreiteilung? Dann wird alles dasjenige da sein als Deckungfür das Geld, was in Wahrheit nicht dem einzelnen gehören wird,woran der einzelne nur arbeiten wird, was aber für alle Menscheneinen gleichen Wert hat, die im sozialen Organismus drinnen woh-nen: An die Stelle des Goldes werden treten die Produktionsmittel,dasjenige, wodurch man etwas für den Warencharakter zubereitenkann. Dadurch, daß die Produktionsmittel in Fluß gebracht werden,wie heute nur die geistigen Produktionen in Fluß sind, dadurch wirdallmählich herbeigeführt der Charakter der Produktionsmittel alsGeldgrundlage.

Diese Dinge sind sehr schwierig, und man muß sehr kompliziertenationalökonomische Voraussetzungen machen – die ich bei Ihnennatürlich nicht voraussetze –, wenn man sie wissenschaftlich be-

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weisen will; sie lassen sich aber ganz wissenschaftlich beweisen.Ich will Ihnen aber lieber ein konkretes Beispiel für das anführen,was ich meine. Sehen Sie, ich habe einmal selber eine merkwürdigeGeldsorte kennengelernt – ich habe schon einmal, glaube ich, hierdavon gesprochen. Diese merkwürdige Geldsorte bestand nämlichin Goethe-Briefen und Goethe-Manuskripten. Ich habe einen Herrn,nein mehrere, kennengelernt, die waren eigentlich recht klug alsFinanzmänner. Sie �ngen so in den fünfziger Jahren an, durch diefünfziger, sechziger, siebziger, achtziger Jahre billig Goethe-Briefe,Goethe-Manuskripte zu kaufen.

Man brauchte damals nicht viel dafür zu bezahlen. Nun hatten siesie. Nun kam die Zeit, wo alles schon aufgekauft war, wo durchUmstände, deren Schilderung zu weit führen würde, Goethe-Briefeund Goethe-Manuskripte einen großen Wert bekamen. Da wurdendiese Briefe und Manuskripte verkauft. Das war ein merkwürdigesGeld, dessen Wert in ungefähr dreißig bis vierzig Jahren wesent-lich gestiegen ist. Mir hat selbst einer der Herren, der das getanhat, versichert, daß keine Börsenpapiere sich so haben frukti�zie-ren lassen, eine Zeitlang, als Goethe-Briefe. Sie waren das bestePapier, und sie hatten eigentlich einen Geldcharakter angenommen.Man bekam sehr viel dafür. Nun denken Sie, wovon das abhing. Dashing davon ab, daß Konstellationen eingetreten waren, die ganz undgar unabhängig waren von dem ersten Entstehen. Nicht wahr, alsGoethe seine Briefe geschrieben hat, waren diese Briefe vielleichtseelisch für den Empfänger sehr viel wert. Gekauft hat sie keiner.Geld waren sie dazumal noch nicht. Brot konnte man sich nicht dafürkaufen. Herr von Loeper, der in den fünfziger Jahren Goethe-Briefekaufte, der konnte sich sehr viel Brot erwerben im Jahre 1895 fürdiese Goethe-Briefe. Sie waren wie gutes Geld. Die Art und Weise,wie im Wirtschaftsorganismus gewöhnliches Geld drinnensteht, istauch nicht anders, als dieses Drinnenstehen bei den Goethe-Briefenwar. Da beruhte der Wert dieser Papierstücke, auf denen Goethe-

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sche Buchstaben waren, der beruhte auf einem sozialen Prozeß, aufeinem sozialen Vorgang, auf dem, was geschehen war im Zusam-menhange mit der Persönlichkeit Goethes von den fünfziger Jahrenzu den neunziger Jahren. Man muß eben den sozialen Organismusgut kennen, wenn man diese merkwürdigen Vorgänge beurteilenwill, wo etwas, was zu einer bestimmten Zeit gar nichts besonderesim Wirtschaftsprozeß Wert zu sein braucht, Wert wird. Die gewöhn-liche Forderung der Sozialdemokraten nach Vergesellschaftung derProduktionsmittel würde natürlich zur Lähmung der geistigen Ei-genschaften, der geistigen Begabungen der Menschen führen. Dasist etwas, was unmöglich durchzuführen ist. Denken Sie sich abernur beispielsweise – natürlich kann man es sich in der mannigfaltigs-ten Weise variiert denken: Derjenige, welcher gewisse Begabungenhat für irgendeinen Wirtschaftszweig, der wird in völlig freier Kon-kurrenz zu Kapital kommen können, nämlich zu erspartem Kapital,das er sich als Darlehen zusammensammelt. Da können natürlichVermittlungen da sein; ich reduziere gewissermaßen den Vorgangauf die einfachste Form. Der Betre�ende wird gewisse Ansprüchestellen für seine geistige Leistung, für seine Führerleistung, für seineLeitung. Wenn einmal ein wirklicher Vertrag zwischen Arbeitgeberund Arbeitnehmer geschlossen wird – der heute übliche Vertrag istnur ein Scheinvertrag –, wird der Arbeitnehmer einsehen, daß seineInteressen am besten vertreten sind, wenn der Unternehmer denBetrieb mit seinen individuellen Kräften gut leitet, ohne ihn aber zubesitzen. Und dies ist eben dann möglich, wenn der Unternehmerursprünglich aus freier Initiative die Forderung für seine geistigeLeistung aufstellt und darüber mit den Arbeitern verhandelt. Kanndiese Forderung nicht erfüllt werden, muß der Unternehmer mitseiner Forderung eben heruntergehen. Aber die Forderung muß ausvöllig freier Initiative ursprünglich gestellt werden. Findet der Un-ternehmer keine Abnehmer, so muß er, was sich von selbst versteht,heruntergehen. Aber nun muß es dabei bleiben. Er bezieht nun aus

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dem Unternehmen heraus nichts weiter als den vereinbarten Anteil,der, wenn sich seine Arbeit vergrößert, vergrößert werden kann.Aber es bleibt Zins. Daneben besteht die Produktivität der Produkti-onsmittel selber, der Pro�t, der aus dem Betrieb hervorgeht. Das sindzwei ganz verschiedene Dinge, das, was man durch seine geistigeLeistung erwirbt, und das, was aus dem Betrieb herausgeht. Es istnämlich etwas ganz anderes, mit Produktionsmitteln zu arbeiten,als sein erspartes Kapital in Produktionsmittel hineinzustecken. Die-se Dinge unterscheidet man heute nicht. Diese Dinge werden imgesunden sozialen Organismus unterschieden werden.

Wenn ich ein gewisses Kapital, das ich selber erspart habe, in eineFabrik hineinstecke, so ist das etwas ganz anderes, als wenn ichdieses Kapital verwende, um mir eine Zimmereinrichtung zu kaufen.Wenn ich nämlich das Kapital verwende, um es in eine Fabrik hinein-zustecken, so habe ich, indem ich das Kapital mir erspart habe, fürden sozialen Organismus gearbeitet. Wenn ich es verwende, um mireine Zimmereinrichtung zu verscha�en, so lasse ich den sozialenOrganismus für mich arbeiten.

Diese Dinge werden im gesunden sozialen Organismus für micharbeiten. Diese Dinge werden im gesunden sozialen Organismusunterschieden. Sie werden nicht unterschieden in dem heutigenkranken sozialen Organismus. Selbstverständlich sage ich nicht, daßkeiner sich eine Zimmereinrichtung kaufen soll. Aber das Kaufeneiner Zimmereinrichtung wird eben in dem gesunden sozialen Orga-nismus etwas ganz anderes bedeuten, als es heute bedeutet. Heutekann es Ausbeutung sein; nachher wird es sein das Sich-Bedienender Zimmereinrichtung als Produktionsmittel, weil man nichts ha-ben wird von der Zimmereinrichtung, wenn man nicht mit Hilfe derZimmereinrichtung für den sozialen Organismus irgend etwas her-vorbringt, was es auch sei. Der Begri� „Produktionsmittel“ wird erstauf eine gesunde Basis gestellt im gesunden sozialen Organismus.

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Da sehen Sie, daß man genau unterscheiden kann zwischen dem,was jemand als Zins bezieht, und dem, was aus der Selbstarbeit derProduktionsmittel stammt. Solange einer den Produktionsmittel-gewinn verwendet, um den Betrieb zu vergrößern, gut, es bleibtdabei. In dem Augenblicke aber, wo aus den Produktionsmittelnetwas gewonnen wird, was nicht zur Vergrößerung des Betriebes,zur Erweiterung des Betriebes verwendet wird, dann ist der Leiterverp�ichtet, das Gewonnene überzuführen auf einen anderen, derwieder produzieren kann.

Da haben Sie eine Zirkulation des Kapitals. Da haben Sie die Überlei-tung auf eine andere Individualität. Wer sich nicht für fähig hält, seinKapital auf eine andere Individualität überzuleiten, der übertragt esauf eine Korporation der geistigen Organisation, die es nicht selbstverwenden darf, die es wiederum an einen einzelnen oder an eineMenschengruppe, auf eine Assoziation übertragen wird. Da bringenSie alles das, was durch die Produktionsmittel hervorgebracht wird,in den sozialen Fluß, in eine wirkliche soziale Zirkulation hinein.Dasjenige, was so zirkuliert im sozialen Organismus, was in einerfortwährenden Zirkulation ist, das hat einen Dauerwert, trotzdemes sich immerfort ändert. Aber es hat deshalb einen Dauerwert, weildas, was abgenutzt ist, wieder ersetzt werden muß.

Wenn Sie heute in nationalökonomischen Büchern nachlesen, warumsich das Gold so gut zum Geld eignet, da �nden Sie allerlei schöneEigenschaften des Goldes; also erstens, daß es bei allen Menschenübereinstimmend beliebt ist, zweitens, daß es dauerhaft ist, sichnicht abnützt, nicht oxydiert und so weiter. Alle diese schönen Ei-genschaften hat dieses Idealgut, das zirkuliert als Produktionsmittel.Die zukünftige Deckung für die Geldnoten wird, wenn im Wirt-schaftsorganismus, nicht im Staatsorganismus das Geld gescha�enwird, das Geld verwaltet wird, zirkulieren, die Deckung werden seindie nicht im Privateigentum sich ansammelnden Kapitalgüter, es

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werden die Produktionsmittel sein, die wirklich frukti�ziert werdenkönnen im Wirtschaftsprozeß.

In den sauren Apfel, an dies zu glauben, meine lieben Freunde, wer-den zunächst vor allem die mitteleuropäischen Staaten und beson-ders auch Rußland beißen müssen. Die Weststaaten werden zunächstnoch nicht daran glauben, so lange, als die Galgenfrist noch dauert;die werden zunächst noch an das Gold glauben. Die Mittel- unddie Oststaaten werden daran glauben müssen, daß ihre nunmehrganz deroutierte Währung, ihre ganz zugrunde gegangene Valutaüberhaupt auf keine andere Weise wieder in die Höhe kommt, alsindem sie das Wirtschaftsleben auf sich stellen. Es können noch soviele Projekte über die Verbesserung der Währung in den Mittel- undOststaaten auftauchen – alle werden unnütz sein, werden zu nichtsführen; einzig und allein die Abtretung der Währung vom Staate andas Wirtschaftsleben wird die Währungsfrage bei diesen Mittel- undOststaaten lösen. Gewiß, es werden die Wirtschaftsorganisationen inden Mittel- und Oststaaten, solange bestanden wird auf dem Golde,mit Gold arbeiten müssen. Aber das wird nur eine Scheindekorationsein. Wenn mit den Weststaaten einmal wieder Handel getriebenwerden wird, so wird der Goldschatz da sein müssen. Aber der ei-gentliche Wohlstand, die eigentliche Deckung für das Geld wirdliegen müssen in dem, was zirkulierende Produktionsmittel sind.

Kurz vor Erscheinen seiner „Kernpunkte der sozialen Frage“ versprichtRudolf Steiner noch einmal, darin näher auf die Währungsfrage ein-zugehen.

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Die Goldwährung hat nur einen eingebildeten Wert

Quelle [12]: GA 329, S. 131, 1/1985, 02.04.1919, BaselÖ�entlicher Vortrag

Da muß vor allen Dingen genommen werden dem politischen Staatedie ganze Regelung der Währung. Währung, Geld kann nicht mehretwas sein, was dem politischen Staat untersteht, sondern etwas, wasin den Wirtschaftskörper hineingehört. Was wird dann dasjenigesein, was der Repräsentant des Geldes ist? Nicht mehr irgendeine an-dere Ware, die eigentlich nur eine Luxusware ist und deren Wert aufmenschlicher Einbildung beruht, das Gold, sondern dem Gelde wirdentsprechen – ich kann das nur andeuten, Sie werden es nächstens inmeinem Buche über die soziale Frage, das in ein paar Tagen erschei-nen wird, ausgeführt �nden –, dem Gelde wird entsprechen allesdasjenige, was vorhanden ist an brauchbaren Produktionsmitteln.

Anmerkung: Interessant ist hier, daß Rudolf Steiner von brauchbarenProduktionsmitteln spricht. Dies verweist nicht nur auf die bisher er-wähnte Zirkulation der Produktionsmittel von Fähigen zu Fähigen,sondern auch auf die Anpassung dieser Produktionsmittel an die Be-dürfnisse, wie Rudolf Steiner sie hier ganz zu Anfang in dem Zitatüber die Währung in den „Kernpunkten der sozialen Frage“ besondershervorhebt.

Geld soll internationale wirtscha�liche Anweisung werden

Quelle [12]: GA 329, S. 138-140, 1/1985, 02.04.1919, BaselÖ�entlicher Vortrag

Herr Studer weist auf die Ideen von Freigeld und Freiland hin, welchedie Befreiung des Wirtschaftslebens ermöglichen sollen.

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Da ist von seiten des verehrten zweiten Diskussionsredners dasWort „Freiland, Freigeld“ gefallen. [...] Ich habe den Vortrag ähnlichneulich in Bern drüben gehalten. Ein Herr kam dazumal, nicht nurin der Diskussion, sondern am nächsten Tag zu einer Unterredungzu mir, sprach auch über „Freiland, Freigeld“. Wir konnten uns al-lerdings nach einer Stunde darüber verständigen, daß ja dasjenige,was eigentlich gewollt wird in der Regulierung der Währungsfrage,in der Herstellung einer absoluten Währung, einfach dann erreichtwird, wenn sachgemäß – allerdings sachgemäß – diese Dreiteilungdurchgeführt wird, von der ich Ihnen heute gesprochen habe, wenneinfach die Verwaltung der Werte, die Verwaltung des Geldes weg-genommen wird vom politischen Staate und in das Wirtschaftslebenhineinversetzt wird. Wie gesagt, ich werde in meinem Buche „DieKernpunkte der sozialen Frage in den Lebensnotwendigkeiten derGegenwart und Zukunft“ zeigen, daß dann die Grundlage der Wäh-rung eine ganz andere sein wird als dasjenige, was sie heute ist,außerdem international wird. So lange natürlich der führende Staat,England, an der Goldwährung festhält, wird außenpolitisch die Gold-währung gelten müssen; aber im Innern werden diejenigen das Goldim sozialen Organismus nicht mehr brauchen, die nun wirklich dieeine wahre Währung haben; die einzig wirkliche wahre bestehtnämlich in den Produktionsmitteln, die dann da sein werden, umWährung zu sein für das Geld. Das Geld verkennt man eben heutevollständig. Geld begreift man nur dann, wenn man es fassen kannals den vollen Gegensatz zu der alten Naturalwirtschaft.

Was ist eigentlich für den heutigen sozialen Organismus das Geld? Esist das Mittel, um gemeinsame Wirtschaft zu führen. Stellen Sie sichnur einmal die ganze Funktion des Geldes vor. Sie besteht darinnen,daß ich einfach für dasjenige, was ich selber arbeite, Anweisunghabe auf irgend etwas anderes, was ein anderer arbeitet. Und sobaldGeld etwas anderes ist als diese Anweisung, ist es unberechtigt imsozialen Organismus.

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Ich könnte, um das zu bestätigen, lange Ausführungen machen; ichwill das aber nur kurz anführen: das muß das Geld werden! Es wirdes werden, wenn alle übrigen Machinationen aufhören werden, diein die Zirkulation des Geldes hineinspielen. Denn lediglich das Geldist der gemeinsame Index, der zu dem gemeinsamen Vergleich fürdie gegenseitigen Werte der Waren da ist.

Anmerkung: Die „Dreiteilung“ von der hier gesprochen wird, meintnatürlich die soziale Dreigliederung, von der Rudolf Steiner bei Gele-genheit betont, dass sie eben keine „Dreiteilung“ sei. Ob die Vortrags-nachschrift fehlerhaft oder ihm das Wort bloss ausgerutscht ist, seidahin gestellt.

Für unser Thema relevant sind die Aussagen zum Geld als Anwei-sung. Jetzt geht es nämlich nicht mehr darum, was das Geld heute ist,sondern ausdrücklich um die Funktion des Geldes, wenn die Notwen-digkeit einer sozialen Dreigliederung berücksichtigt wird. Das Geldsoll dann eine vom Wirtschaftsleben ausgestellte, internationale An-weisung werden und nicht eine vom Staat ausgestellte Anweisung, dieManipulationen zulässt. Entgegen der hier gemachten Ankündigungwird aber von Rudolf Steiner in den „Kernpunkten der sozialen Frage“die internationale Grundlage derWährung nicht ausdrücklich erwähnt.Er beschränkt sich dort darauf, die rein wirtschaftliche Grundlage derWährung auszuarbeiten.

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Folgende Stelle geht allen bisher zitierten Stellen voraus und stammtnicht aus einem Vortrag, sondern aus einem Gespräch mit Emil Molt,Roman Boos und Hans Kühn. Sie bringt Aspekte, die Rudolf Steinerzum Teil erst Jahre später wieder aufgreift.

Geld als realer sta� ideeller Vergleichsmaßstab für Waren

Quelle [20]: BIB 1491, S. 228, /1972, 27.01.1919, Berlin

Dr. Steiner: [...] Das Geld ist nur der Repräsentationswert für Ware.

Molt: Gold oder Silber?

Dr. Steiner: Metallgeld brauchte es nicht mehr zu geben. Es hatwenigstens keinen Vorzug.

Molt: Müßte das Metallgeld auch den Stempel tragen?

Dr. Steiner: Wenn die Sache über die ersten Stadien hinaus ist, wirdes sich darum handeln, einen Vergleichsmaßstab für die Waren zuscha�en. Heute ist alles korrumpiert, weil wir einen ideellen Ver-gleichungsmaßstab haben. Wir brauchen einen realen, der nichtanfechtbar ist. Z. B. eine Banknote bedeutet so und so viele LaibBrot. [...]

Solch eine Wirtschaftsordnung würde zunächst für Mitteleuropaund den Osten verwendbar sein. Der Westen würde es nicht an-nehmen. Man muß damit rechnen, daß man mit dem Westen nurals Gesamtkörper verkehrt, auf Grundlage von Verträgen. Aber ichkann mir auch nicht denken, daß es überhaupt anders wird. Mit demWesten werden wir überhaupt nur durch Waren verkehren. Dennsie werden uns das Geld doch wegnehmen, z. B. den Goldschatz.

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Nun kommen wir zu den Vorträgen, die nach dem Erscheinen der„Kernpunkte der sozialen Frage“ gehalten worden sind. Rudolf Steinerspricht jetzt nicht mehr vor einem vorwiegend bürgerlichen Schwei-zerpublikum, sondern vor Arbeitern in Deutschland, mitten in der Zeitder Betriebsrätebewegung. Hier geht er endlich näher auf die Frage derLohn-Preis-Spirale ein – was vor einem gewerkschaftlich geprägtenPublikum auch Sinn macht. Und jetzt wird auch klar, was die Lohn-Preis-Spirale mit der Währung einerseits und mit der Zirkulation derProduktionsmittel andererseits zu tun hat.

Preise nur dann egal, wenn es nur Bodenprodukte gibt

Quelle [13]: GA 330, S. 204-206, 2/1983, 16.05.1919, StuttgartÖ�entlicher Vortrag

Was als zweite Aufgabe sich notwendig machen wird in der Zu-kunft, das wird eine aus den Gesetzen des Wirtschaftslebens heraussich ergebende Preisregulierung sein, die darstellen wird den gegen-seitigen Wert der Waren. Denn nur dadurch wird es möglich sein,daß das Grundgesetz aller Sozialisierung verwirklicht werde, wennman eine solche Preisregulierung in der wirtschaftlichen Erfahrungwird wahrnehmen können. Dadurch wird es möglich sein, daß dasGrundgesetz aller Sozialisierung erfüllt werde, das doch im Grundegenommen in nichts anderem besteht, als daß dasjenige, was einnormaler Mensch durch normale, in seinen Anlagen begründeteMenschenarbeit leisten kann, gleichkommt demjenigen, was dieGesellschaft, in der er sich be�ndet, für ihn leistet, so daß jeder fürdas, was er produziert, aus der Gesellschaft heraus den äquivalentenKonsum haben kann. Dazu muß selbstverständlich kommen, was ausder Gemeinschaft geleistet werden muß für diejenigen Menschen,die durch Krankheit, Alter oder Unnormalität von der Gesellschaftselbst erhalten werden müssen. Diese Sache wird durch keinerlei

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Lohnkampf oder ähnliches erreicht, sondern lediglich dadurch, daßsich die Wirtschaftszirkulation so vollzieht, daß eine gesunde Preis-bildung, nicht zu niedere und nicht zu hohe Preise da sind. Die Preisean sich, meine sehr verehrten Anwesenden, man kann auch sagen,sie seien gleichgültig. Es kommt nur immer darauf an, daß mandasjenige verdient, was die Dinge kosten. Das wäre aber nur der Fallin solchen Gesellschaften, welche bloß Bodenprodukte erarbeiten.In dem Augenblick, wo in einer Gesellschaft zugleich Produkte fa-briziert werden müssen, zu denen man vom Menschen wiederumfabrizierte Produktionsmittel braucht, gibt es einen notwendigenNormalpreis, der nicht über – und nicht unterschritten werden darf.

In dieser Beziehung könnte selbst von der Geschichte außerordent-lich viel gelernt werden, wenn man die Geschichte heute schon sobetrachten könnte, daß dieser Betrachtung zugrunde lägen nichtWirtschaftsphantastereien wie vielfach in den Wirtschaftsgeschich-ten der ver�ossenen Jahre, sondern wirkliche Erkenntnisse der wirt-schaftlichen Gesetze. Es ist zum Beispiel außerordentlich lehrreichfür den Menschen, der es auf diesem Boden ehrlich meint, daß wirfür die wesentlichsten Gegenden Mitteleuropas schon einmal so weitwaren, daß nahezu eine Art Normalpreisbildung über weite Territo-rien hin vorhanden war. Das war ungefähr im fünfzehnten, gegendie Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts. Diese Normalpreisbildung –bitte lesen Sie das in den Geschichten, die wenigstens einige Anhalts-punkte darüber geben, nach –, die dazumal über einen großen Teilvon Europa ging, sie war nur dadurch möglich geworden, daß diealte Hörigkeit und halbe Sklavenverhältnisse, die alte Erbpächtereiund dergleichen allmählich besseren Zuständen gewichen waren,besseren Zuständen, durchaus keinen idealen Zuständen. Dann abertrat ein Ereignis ein, welches dieser wirtschaftlichen Entwickelungden Boden entzog. Man kann gar nicht leicht sagen, was es fürdie europäische Menschheit bedeutet hätte, wenn dieses Ereignisnicht eingetreten wäre. Selbstverständlich will ich nicht schlechte

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Geschichtskonstruktion treiben, will mich keiner Geschichtskritikhingeben, sondern nur auf diese Dinge hinweisen zum besseren Ver-ständnis, denn was geschah, mußte geschehen. Man kann gar nichtausdenken, welche wirtschaftliche Entwickelung wir genommenhätten nach dem Günstigen hin, wenn dasjenige, was schon vorbe-reitet war um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, wenn das einegeradlinige Fortsetzung gefunden hätte. Aber es ist abgeschnittenworden durch die radikale Einführung der römischen Rechtsbegri�e;abgeschnitten worden dadurch, daß gerade von dem Rechtsbodenaus das Wirtschaftsleben gestört worden ist. Wer diese Erscheinungin ihren Fundamenten kennt, der hat schon darin einen ungeheuerstarken geschichtlichen Beweis für die Notwendigkeit der Abglie-derung des eigentlich staatlichen Lebens von dem wirtschaftlichen.Alte Menschheitsgewohnheiten führten zu einer gewissen Sympa-thie für diese römischen Rechtsbegri�e. Im Baltenlande, von demso viel Reaktionäres ausgegangen ist, fanden sich im Landtag Leute,welche sagten: Nach den römischen Rechtsbegri�en, die wir wiedereinführen müssen, weil das die richtigen sind, müßten eigentlich dieBauern wiederum Sklaven werden.

Die Lohn-Preis-Spirale und das fün�e Rad am Wagen

Quelle [14]: GA 331, S. 065-066, 1/1989, 22.05.1919, StuttgartDiskussionsabend mit den Arbeiterausschüssen der grossen BetriebeStuttgarts

Man kann ja einen Wirtschaftsbetrieb recht schön einrichten, wennman ihn kapitalistisch läßt, das heißt die ganze Wirtschaft kapitalis-tisch läßt. Dann wird es vielleicht in den einzelnen Wirtschaftsbetrie-ben möglich sein, daß sogar das für den Arbeiter zustande kommt,was man so schön einen vollen Arbeitsertrag nennt, daß dann aberkein Mehrwert mehr erzeugt wird. Da wird zwar Walther Rathenau

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kommen und sagen: Der Mehrwert ist zu nichts anderem da als fürdie Rücklage, also für die fortlaufende Verbesserung der Produkti-onsmittel und die Vergrößerung des Betriebes. Es geht alles, wasan Mehrwert erzeugt wird, wiederum in den Betrieb hinein. – Ichmöchte dann bloß wissen, wovon diejenigen leben, die nicht mitar-beiten, sondern irgendwelche Tantiemen oder dergleichen beziehen,wenn alles wiederum in den Betrieb hineingeht. Nun ja, solche Leutekann man ja reden lassen. Aber viel wichtiger ist noch etwas ganzanderes.

Nehmen wir an, es würde der ganze Mehrwert einfach unter denArbeitenden aufgeteilt. Glauben Sie, daß dann, wenn die alte kapita-listische Ordnung bliebe und wenn in einem Betrieb der Mehrwertunter den Arbeitenden aufgeteilt würde, daß dann ohne Mehrwertgearbeitet werden braucht? Man kann, wenn man die Wirtschaftnicht sozialisiert, trotzdem einen Mehrwert herausschlagen. Dannwird er nur nicht dem Lohn der Arbeiter abgezogen, sondern dannmuß ihn der Konsument bezahlen. Es kommt nicht darauf an, daßkein Mehrwert erzeugt wird, sondern darauf, daß ihn der Produzentnicht zahlt ..., der Konsument ihn zahlen muß. Wer ist das aber?Auch wieder der Arbeiter. Nehmen Sie sich also zu Ihrem Lohn auchden Mehrwert dazu, so müssen Sie wiederum dasjenige, was Sie sicherrungen haben, als Konsument bezahlen. Ein Loch stopfen Sie zu,das andere machen Sie wieder auf.

Aus diesem unnatürlichen Kreislauf des Wirtschaftslebens kannman niemals herauskommen, wenn man nicht das fünfte Rad amWagen, das nur dazu da ist, damit sich die Leute, die nicht gearbeitethaben, etwas herausschlagen können, beseitigt. Dieses fünfte Radträgt ja den Namen Kapital. Und man kommt aus diesem Kreislaufnicht heraus, wenn man nicht ein unmittelbares Verhältnis herstelltzwischen den Produktionsmitteln und dem geistigen Arbeiter aufder einen Seite und dem körperlichen Arbeiter auf der anderen Seite.

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Wenn man das nicht will, wenn man nicht herauswirft dieses fünfteRad am Wagen, das nur denjenigen dient, die nicht arbeiten, sokommt man zu keiner Sozialisierung.

Wie Sie �nden werden, ist die Hauptsache dessen, was in meinemBuch geschildert ist, daß dort wirklich angestrebt wird, das aus demWirtschaftsleben zu tilgen, was Kapital ist, und das, was ein Zwangs-verhältnis der Arbeit ist. Das kann man nicht anders, als daß maneinen Rechtsboden scha�t, auf dem, vom Wirtschaftsleben unab-hängig, die Arbeit geregelt wird, und daß man einen Geistesbodenscha�t, auf dem die menschlichen individuellen Fähigkeiten unab-hängig vom Wirtschaftsleben geregelt werden. Dann werden sie inder richtigen Weise in das Wirtschaftsleben hinein�ießen.

Anmerkung: Unter „Kapital“ und „Kapitalismus“ versteht Rudolf Stei-ner hier die Käu�ichkeit der Produktionsmittel. „Aus dem Wirtschafts-leben zu tilgen, was Kapital ist“ meint entsprechend, eine vom Wirt-schaftsleben unabhängige Zirkulation der Produktionsmittel im Gangzu bringen.

Fün�es Rad am Wagen macht das Geld zum Recht aufArbeit

Quelle [14]: GA 331, S. 130, 1/1989, 05.06.1919, StuttgartDiskussionsabend mit den Arbeiterausschüssen der grossen BetriebeStuttgarts

Wenn Sie heute die Nationalökonomen fragen: Was ist Kapital? –,so bekommen Sie ganz verschiedene Antworten. Die besten Na-tionalökonomen sind noch schließlich die, die sagen: Kapital istproduziertes Produktionsmittel, also fertig produziertes Produkti-onsmittel, das man besitzen kann und das dann verkäu�ich ist. Ja,gerade wenn man Kapital ansieht als entsprechend dem produzier-

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ten Produktionsmittel, dann erweist sich das Kapital als fünftes Radam Wagen. Sie wissen, daß ich in meinem Buch als die Grundlagefür alle künftige Güterverteilung aufgeführt habe, daß tatsächlichdas Produktionsmittel nur so lange Arbeit verschlingen darf, bis esfertiggestellt ist. Eine Lokomotive darf, wenn sie fertig ist, nur durchandere Maßnahmen als durch Kauf irgendwo in den gesellschaftli-chen Verkehr gebracht werden. Wir brauchen also zunächst Klarheitdarüber, daß in bezug auf die Produktionsmittel und in bezug aufGrund und Boden ganz andere Maßnahmen ergri�en werden müs-sen als bisher. Nur dadurch – und es gibt kein anderes Mittel –, nurdadurch, daß wir die Produktionsmittel nur so lange menschlicheArbeit verschlingen lassen, bis sie fertig sind, kommen wir dazu, derArbeit wirklich ihr Recht zu verscha�en. Denn was ist das Geld?Geld ist nichts. Der, der noch so viel besitzt, würde nichts haben,wenn er durch die bestehenden Machtverhältnisse nicht in der Lagewäre, soundso viele Menschen zu veranlassen, daß sie Arbeit leistenfür sein Geld. Das werden sie nicht mehr können, wenn wir diePreise der Produktionsmittel in dieser Weise gestalten, daß diesePreise überhaupt aufhören, wenn die Produktionsmittel fertig sind.

Geld als wandelnde Buchführung sta� Lohnverhältnis

Quelle [14]: GA 331, S. 173, 1/1989, 24.06.1919, StuttgartDiskussionsabend mit den Arbeiterausschüssen der grossen BetriebeStuttgarts

soll so gewirtschaftet werden, daß die richtigen Preise entstehen,dann bildet dies die wahre Grundlage für die Sozialisierung. Diealten Lohnverhältnisse, also daß man sich einen höheren Lohn er-kämpfen kann, was ja meist zur Folge hat, daß die Lebensmittel,die Wohnungen und so weiter teurer werden, müssen überwundenwerden. Die Funktion, die Bedeutung, die das Geld heute hat, muß

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geändert werden. Das Geld wird in Zukunft eine Art wandelndeBuchführung sein, gleichsam ein Aufschreiben dessen, was manhervorgebracht hat und was man dafür eintauschen kann.

Lohnerhöhungen bisher Selbstbetrug

Quelle [14]: GA 331, S. 276, 1/1989, 23.07.1919, StuttgartBetriebsräte-Versammlung zur Bildung der vorbereitenden württem-bergischen Betriebsräteschaft

Es ist ein Selbstbetrug, wenn man glaubt, daß man durch die Festle-gung von Löhnen aus anderen Untergründen heraus zu einer wirk-lichen Sozialisierung kommt. Das ist einfach ein Unsinn, denn Siekönnen die Löhne nach den Prinzipien, nach denen sie bisher ausge-zahlt wurden, beliebig erhöhen. Sie können sogar das, was Sie anLohnerhöhung bekommen, verdoppeln, und dies wird dadurch dannausgeglichen, daß die Wohnungen und Lebensmittel wieder teurerwerden, wenn Sie nicht einen naturgemäßen, einen aus der Wirt-schaft selbst hervorgehenden Maßstab für die Preisbildung haben.

Lohnerhöhungen durch Gewerkscha�en kurzsichtiggedacht

Quelle [13]: GA 330, S. 396-397, 2/1983, 30.07.1919, StuttgartStudienabend über „Die Kernpunkte der sozialen Frage“

Und innerhalb der sozialistischen Partei waren das die zwei stark di-vergierenden Richtungen: die ausgesprochene Gewerkschaftsparteiund die eigentliche, wie man damals sagte, politische Partei. Die po-litische Partei stand mehr auf dem Boden, eine plötzliche Revolutionnütze nichts, die Entwickelung müsse so vor sich gehen, wie ich eseben beschrieben habe. Daher handelt es sich darum, daß alles vorbe-

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reitet wird auf den einen Zeitpunkt, wo der Kapitalismus genügendkonzentriert ist und das Proletariat in den Parlamenten die Majoritäthat. Es muß alles auf dem Wege des Parlamentarismus, der Aneig-nung der Majorität fortgetrieben werden, damit an dem Zeitpunkte,wo die Produktionsmittel in den Gemeinbesitz übernommen werden,auch die Majorität für diese Überführung da ist. In dieser Gruppevon Leuten, die namentlich alles von der politischen Partei hielten,da hielt man am Ende des neunzehnten Jahrhunderts nicht sehr vielvon der gewerkschaftlichen Bewegung. Diese setzte sich in jenerZeit eben dafür ein, so eine Art Wettkampf untergeordneter Artzwischen sich und den Unternehmern einzurichten, um von Zeit zuZeit immer wieder von den Unternehmungen Lohnerhöhungen undähnliche Dinge herauszubekommen. Kurz, man stellte sich so ein,daß man nachmachte jenes System gegenseitiger Verhandlungen,wie es unter den leitenden, führenden Kreisen untereinander selbstvorhanden ist, daß man dieses auch ausdehnte auf das Verhältniszwischen den leitenden Kreisen und dem Proletariat. Sie wissenja, daß ganz besonders angeklagt wurden von den Vertretern deseigentlichen politischen sozialistischen Systems diejenigen, die dannam meisten bürgerlich wurden unter der Gewerkschaftsbewegung.Und am Ende der neunziger Jahre und am Anfang des zwanzigstenJahrhunderts konnte man überall sehen bei denjenigen, die mehr aufdas politische System eingerichtet waren, die große Verachtung fürjene Leute, die sich ganz eingefuchst hatten auf das gewerkschaft-liche Leben, wie zum Beispiel namentlich die Buchdrucker, die einganz anderes System nach dem gewerkschaftlichen Leben wiederumbis zum Extrem ausgebildet hatten.

Das waren zwei ganz streng voneinander geschiedene Richtungenim sozialen Leben: die Gewerkschafter und diejenigen, die mehrder politischen Partei, wie man sagte, zuneigten. Und innerhalbder Gewerkschaften waren ja die Buchdrucker im Buchdruckerver-band geradezu die Musterknaben; diejenigen Musterknaben, die sich

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ja auch die volle Anerkennung der bürgerlichen Kreise erworbenhaben. Und ich glaube, daß ebenso, wie man eine gewisse Angstgehabt hat, eine gewisse Sorge gehabt hat über die politische sozia-listische Partei, so hat man nach und nach mit großer Befriedigungheraufkommen sehen solche braven Leute wie die Leute im Buch-druckerverband. Von denen sagte man sich: Die verbürgerlichensich, mit denen kann man immer verhandeln, das geht ganz gut.Wenn die aufschlagen mit ihren Löhnen, dann schlagen wir auf mitunseren Preisen, die wir fordern. Das geht. Und, nicht wahr, für dienächsten Jahre ging es auch, und für weiteres denken die Leute jaauch nicht. Also da war man mit dieser musterhaften Ausbildungder gewerkschaftlichen Entwickelung sehr zufrieden.

Das Geld ist selber keine Ware, sondern eine wandelndeBuchführung

Quelle [17]: GA 337a, S. 078-079, 1/1999, 30.05.1919, StuttgartFrageabend des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus

Tritt für den „Lohn“ Naturalwirtschaft an die Stelle des Geldverkehrs?

Daß der Begri� des Lohnes in der Zukunft keine rechte Bedeutungmehr hat, indem eine Art Vergesellschaftung eintreten wird zwi-schen dem Handarbeiter und dem geistigen Arbeiter – das habeich in meinem Buche ausgeführt, auch in Vorträgen vielfach schonangedeutet. Also von einer Rückkehr zur bloßen Naturalwirtschaftkann natürlich nicht die Rede sein. Aber das Geld wird – auch wennder führende Handelsstaat England an der Goldwährung festhält– zunächst wenigstens im Inlandsverkehr eine andere Bedeutungerhalten. Es wird dasjenige, was heute dem Gelde anhaftet – daßes Ware ist –, das wird wegfallen. Dasjenige, was im Geldwesenvorliegen wird, wird nur eine Art wandelnde Buchhaltung sein überden Warenaustausch der dem Wirtschaftsgebiet angehörenden Men-

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schen. Eine Art aufgeschriebener Guthaben wird man haben in dem,was man als Geldunterlage hat. Und ein Abstreichen dieser Gutha-ben wird statt�nden, wenn man irgend etwas erlangt, was man zuseinem Bedarf braucht. Eine Art Buchführung, wandelnder Buch-führung wird das Geldwesen sein. Das Geld, das heute Ware ist unddessen Gegenwert, das Gold, ja nur eine Scheinware ist, das wird inZukunft nicht mehr Ware sein.

Anmerkung: In dieser Fragebeantwortung bei einem Studienabend zursozialen Dreigliederung wird in Absetzung zur Goldwährung betont,dass das Geld keine Ware mehr sein soll, sondern eine Buchhaltungüber den eigentlichen Warenaustausch. Rudolf Steiner erwähnt, wieschon beim Zitat „Geld soll rein wirtschaftliche Anweisung werden“auf Seite 45, dass man nicht darauf zu warten braucht, bis die führendeWirtschaftsmacht die Goldwährung aufgibt, um innerhalb des eigenenWirtschaftsgebiets zum Geld als Buchhaltung zu übergehen. Dass dasGeld deswegen, weil es keine Ware mehr sein soll, dem Rechtslebenanzugehören hat, ist aber nicht gemeint. Dementsprechend bezieht sichder Ausdruck „Inlandsverkehr“ hier nicht auf ein Staatsgebiet, sondernauf das „eigene Wirtschaftsgebiet“.

In diesem Vortrag vor Arbeitern erwähnt Rudolf Steiner nun ausdrück-lich, dass das Geld aufhören soll, dem Rechtsleben anzugehören. Beson-ders interessant ist dabei die Aussage, dass das Geld gerade dadurchaufhören würde, eine Ware zu sein: „Wenn das auch versteckt ist, so istinWahrheit heute das Geld doch eineWare, und zwar nur dadurch, daßihm seinWert aufgetragen wird durch den Staat.“ Verständlich wird die-se Aussage, wenn man sich erinnert, dass sie sich auf die Goldwährungbezieht.

Noch interessanter sind die Ausführungen über „Gutschreibungen“ohne Geldverkehr. Rudolf Steiner sieht o�enbar die Entwicklung zumreinen Buchgeld hin als Bestätigung dafür, dass das Geld eine blosseBuchhaltung werden sollte. Nur ergänzt er, dass solche Anfänge sich

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schädlich auswirken können, wenn sie nicht ihren Platz in den Gesamt-zusammenhang einer Dreigliederung des sozialen Organismus �nden.Diese Schäden sind beim Buchgeld tatsächlich eingetreten.

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Man lebt nicht vom Geld, sondern von der Arbeit derAnderen

Quelle [6]: GA 186, S. 045-047, 3/1990, 30.11.1918, DornachVortrag vor Mitgliedern der Anthroposophischen Gesellschaft

Wenn gesagt wird, daß die Menschen Interesse gewinnen müssen,der einzelne für den andern, so darf das nicht nur im Sinne derGesinnung betrachtet werden, wie es in den Sonntagnachmittags-predigten angegeben wird, sondern das muß so betrachtet werden,wie es tief hineinweist in die soziale Struktur der Gegenwart. Neh-men Sie einen konkreten Fall. Wie viele Menschen gibt es heute,die eine ganz abstrakte, konfuse Vorstellung von dem Leben, vonihrem eigenen, persönlichen Leben haben! Wenn sie sich zum Bei-spiel fragen: Wie lebe ich? – sie tun es ja meistens nicht, aber wennsie es schon einmal täten –, dann sagen sie sich: Nun, von meinemGelde. – Unter denen, die sich sagen: Von meinem Gelde – sind sehrviele, die haben dieses Geld zum Beispiel ererbt von ihren Elternund glauben nun, sie leben von ihrem Gelde, das sie ererbt von ih-ren Vätern haben. Aber, meine lieben Freunde, von Geld kann mannicht leben! Geld ist nicht irgend etwas, wovon man leben kann.Da muß erst angefangen werden, nachzudenken. Und diese Fragehängt innig zusammen mit dem wirklichen Interesse, das man vonMensch zu Mensch hat. Wer da glaubt, daß er von dem Gelde, daser ererbt oder das er auf irgendeine andere Weise bekommen hat,außer, wie es heute normalerweise der Fall ist, daß man Geld durchArbeit bekommt, wer so lebt und glaubt, daß er vom Gelde lebenkann, der hat kein Interesse für seine Mitmenschen, weil vom Geldeniemand leben kann. Der Mensch muß essen, und was gegessenwird, das muß von irgendwelchen Menschen erarbeitet werden.

Der Mensch muß sich kleiden. Dasjenige, was er anzieht, müssenLeute arbeiten. Damit ich einen Rock anziehen kann oder ein Bein-

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kleid, müssen Menschen stundenlang ihre Arbeitskraft verwenden,das zustandezubringen. Die arbeiten für mich. Davon lebe ich, nichtvon meinem Gelde. Mein Geld hat keinen andern Wert, als daß esmir die Macht gibt, des andern Arbeit zu benützen. Und so wie diesozialen Verhältnisse heute liegen, fängt man erst an, Interesse fürseine Mitmenschen zu haben, wenn man sich diese Frage in der ent-sprechenden Weise beantwortet, wenn man im Geiste sieht, soundsoviele Menschen müssen soundso viele Stunden arbeiten, damit ichin der sozialen Struktur drinnen leben kann. Nicht darum handeltes sich, daß man sich selber wohltut, indem man sich sagt: Ich liebedie Menschen. – Man liebt nicht die Menschen, wenn man glaubt,man lebe von seinem Gelde, und sich nicht im geringsten vorstellt,wie die Menschen für einen arbeiten, damit man nur des LebensMinimum überhaupt hat.

Aber dieser Gedanke, soundso viel Leute arbeiten, damit man des Le-bens Minimum hat, der ist ja untrennbar von dem anderen Gedanken,daß man das wiederum der Sozietät zurückgeben muß, nicht durchGeld, sondern wiederum durch Arbeit, was für einen gearbeitet wird.Und erst, wenn man sich verp�ichtet fühlt, das Quantum von Arbeit,das für einen geleistet wird, auch wiederum zurückzuarbeiten in ir-gendeiner Form, erst dann hat man Interesse für seine Mitmenschen.Daß man seinen Mitmenschen sein Geld gibt, das bedeutet nur, daßman die Mitmenschen am Gängelbande, am Sklavenbande führenkann, sie zwingen kann, daß sie für einen arbeiten. Können Sie sichaus Ihrer Erfahrung nicht selbst die Antwort geben auf die Frage:Wie viele Menschen bedenken, daß Geld nur eine Anweisung aufmenschliche Arbeitskraft, daß Geld nur ein Machtmittel ist? Wieviele Menschen sehen im Geiste, daß sie gar nicht da sein könntenin dieser physischen Welt, ohne daß sie der Arbeit der anderen Men-schen das, was sie selbst beanspruchen für ihr Leben, verdanken? –Sich verschuldet fühlen der Gesellschaft, in der man drinnen lebt,

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das ist der Beginn jenes Interesses, das verlangt werden muß füreine gesunde soziale Gestaltung.

Diese Dinge muß man sich schon einmal überlegen, sonst steigt manin ungesunder Weise in spirituelle Abstraktionen auf und nicht ineiner gesunden Weise von der physischen Wirklichkeit zur geistigenWirklichkeit.

Anmerkung: Wenn Rudolf Steiner hier betont, dass man erst dannInteresse für seine Menschen hat, „wenn man sich verp�ichtet fühlt,das Quantum von Arbeit, das für einen geleistet wird, auch wiederumzurückzuarbeiten in irgendeiner Form“, so lässt sich das zunächst alseine rein individuelle moralische Forderung interpretieren. Aber diesesInteresse ist nur „der Beginn jenes Interesses, das verlangt werden mußfür eine gesunde soziale Gestaltung“. Wer tatsächlich damit beginnt,sich für seine Mitmenschen zu interessieren, wird verstehen können,warum Rudolf Steiner nicht bei dieser rein individuellen moralischenForderung stehen bleibt, sondern daraus eine rechtliche Forderung ab-leitet. Zur gesunden sozialen Gestaltung gehört nämlich, die Regelungder Arbeit zur staatlichen Aufgabe zu machen. Dadurch dass der Staatnicht mehr das Geld verwaltet, dafür aber die Arbeit, wird es unmöglich,die Mitmenschen „am Sklavenbande“ zu führen.

Die Arbeit gehört zu den staatlichen Aufgaben

Quelle [1]: GA 023, S. 062-064, 6/1976, 28.04.1919, Stuttgart„Die Kernpunkte der sozialen Frage“, schriftliches Werk

Eine gesunde Entwickelung wird dem wirtschaftlichen Leben sei-ne Selbständigkeit geben und dem politischen Staate die Fähigkeit,durch die Rechtsordnung auf den Wirtschaftskörper so zu wirken,daß der einzelne Mensch seine Eingliederung in den sozialen Or-

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ganismus nicht im Widerspruche mit seinem Rechtsbewußtseinemp�ndet.

Man kann durchschauen, wie die hier vorgebrachten Gedanken imwirklichen Leben der Menschheit begründet sind, wenn man denBlick auf die Arbeit lenkt, welche der Mensch für den sozialen Orga-nismus durch seine körperliche Arbeitskraft verrichtet. Innerhalbder kapitalistischen Wirtschaftsform hat sich diese Arbeit dem so-zialen Organismus so eingegliedert, daß sie durch den Arbeitgeberwie eine Ware dem Arbeitnehmer abgekauft wird. Ein Tausch wirdeingegangen zwischen Geld (als Repräsentant der Waren) und Ar-beit. Aber ein solcher Tausch kann sich in Wirklichkeit gar nichtvollziehen. Er scheint sich nur zu vollziehen.

(Es ist durchaus möglich, daß im Leben Vorgänge nicht nur in einemfalschen Sinne erklärt werden, sondern daß sie sich in einem falschenSinne vollziehen. Geld und Arbeit sind keine austauschbaren Werte,sondern nur Geld und Arbeitserzeugnis. Gebe ich daher Geld fürArbeit, so tue ich etwas Falsches. Ich scha�e einen Scheinvorgang.Denn in Wirklichkeit kann ich nur Geld für Arbeitserzeugnis geben.)

In Wirklichkeit nimmt der Arbeitgeber von dem Arbeiter Warenentgegen, die nur entstehen können, wenn der Arbeiter seine Ar-beitskraft für die Entstehung hingibt. Aus dem Gegenwert dieserWaren erhält der Arbeiter einen Anteil, der Arbeitgeber den andern.Die Produktion der Waren erfolgt durch das Zusammenwirken desArbeitgebers und Arbeitnehmers. Das Produkt des gemeinsamenWirkens geht erst in den Kreislauf des Wirtschaftslebens über. ZurHerstellung des Produktes ist ein Rechtsverhältnis zwischen Ar-beiter und Unternehmer notwendig. Dieses kann aber durch diekapitalistische Wirtschaftsart in ein solches verwandelt werden, wel-ches durch die wirtschaftliche Übermacht des Arbeitgebers über denArbeiter bedingt ist. Im gesunden sozialen Organismus muß zutagetreten, daß die Arbeit nicht bezahlt werden kann. Denn diese kann

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nicht im Vergleich mit einer Ware einen wirtschaftlichen Wert erhal-ten. Einen solchen hat erst die durch Arbeit hervorgebrachte Wareim Vergleich mit andern Waren. Die Art, wie, und das Maß, in demein Mensch für den Bestand des sozialen Organismus zu arbeitenhat, müssen aus seiner Fähigkeit heraus und aus den Bedingungeneines menschenwürdigen Daseins geregelt werden. Das kann nurgeschehen, wenn diese Regelung von dem politischen Staate ausin Unabhängigkeit von den Verwaltungen des Wirtschaftslebensgeschieht.

Durch eine solche Regelung wird der Ware eine Wertunterlage ge-scha�en, die sich vergleichen läßt mit der andern, die in den Na-turbedingungen besteht. Wie der Wert einer Ware gegenüber einerandern dadurch wächst, daß die Gewinnung der Rohprodukte fürdieselbe schwieriger ist als für die andere, so muß der Warenwertdavon abhängig werden, welche Art und welches Maß von Arbeitzum Hervorbringen der Ware nach der Rechtsordnung aufgebrachtwerden dürfen.

(Ein solches Verhältnis der Arbeit zur Rechtsordnung wird die imWirtschaftsleben tätigen Assoziationen nötigen, mit dem, was „rech-tens ist“ als mit einer Voraussetzung zu rechnen. Doch wird dadurcherreicht, daß die Wirtschaftsorganisation vom Menschen, nicht derMensch von der Wirtschaftsordnung abhängig ist.)

Das Wirtschaftsleben wird auf diese Weise von zwei Seiten herseinen notwendigen Bedingungen unterworfen: von Seite der Na-turgrundlage, welche die Menschheit hinnehmen muß, wie sie ihrgegeben ist, und von Seite der Rechtsgrundlage, die aus dem Rechts-bewußtsein heraus auf dem Boden des vom Wirtschaftsleben unab-hängigen politischen Staates gescha�en werden soll.

Es ist leicht einzusehen, daß durch eine solche Führung des sozia-len Organismus der wirtschaftliche Wohlstand sinken und steigen

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wird je nach dem Maß von Arbeit, das aus dem Rechtsbewußtseinheraus aufgewendet wird. Allein eine solche Abhängigkeit des volks-wirtschaftlichen Wohlstandes ist im gesunden sozialen Organismusnotwendig. Sie allein kann verhindern, daß der Mensch durch dasWirtschaftsleben so verbraucht werde, daß er sein Dasein nicht mehrals menschenwürdig emp�nden kann. Und auf dem Vorhandenseinder Emp�ndung eines menschenunwürdigen Daseins beruhen inWahrheit alle Erschütterungen im sozialen Organismus.

Das Valutaelend ist durch die Praktiker entstanden

Quelle [9]: GA 297, S. 115-116, 1/1998, 24.09.1919, StuttgartÖ�entlicher Vortrag

Es sind heute viel mehr Menschen, als man denkt, die den sozialenFortschritt verhindern; Menschen, die durchaus nicht verstehenwollen, daß an den Satz, daß „die letzten vier bis fünf Jahre derMenschheit Europas etwas Furchtbareres gebracht haben, als jemalsda war in dem Zeitraum, den man gewöhnlich als geschichtlichenbezeichnet“, nun auch angeschlossen werden muß der Satz: „daßnun auch Dinge geschehen müssen aus Gedankentiefen heraus, zudenen man noch nicht vorgedrungen ist im Verlaufe desjenigen, wasman Geschichte nennt“. Wir sind in einer Zeitepoche angekommen,in welcher die Menschheit ganz und gar abstrakt denkt; am meistenabstrakt aber sind die Parteimeinungen und Parteiprogramme, dieam Beginn des 20. Jahrhunderts da waren, herausgewachsen aus dem,was naturwissenschaftliche Erziehung war. Die Leute wollen nichtbegreifen, wie abstrakt, wie menschheitsfremd dasjenige ist, womitsie heute das Leben beherrschen wollen. Die Menschen glaubenpraktisch zu sein. Nur ein Beispiel: Die Leute sehen heute, wie ihnendas deutsche Geld dem Weltverkehr gegenüber unter den Fingernzerrinnt, wie die deutsche Valuta mit jedem Tag mehr und mehr

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zerrinnt. Und in Deutschland macht man jeden Tag mehr und mehrdie Dinge, unter denen die Valuta selbstverständlich fallen muß. Dasheißt: die Praktiker sind wieder stark am Ruder. Und solange mannicht einsehen wird, wie wirkliche Lebenspraxis nicht da liegt, woman sie bis 1914 gesucht hat, sondern in den beherrschenden Ideendes Lebens, solange wird kein Heil werden. Daß die Leute nichtbescheiden genug sind, sich zu gestehen, es müsse eine Vertiefungkommen, die Vertiefung der Einsicht, der gute Wille allein tue esnicht – das ist der Krebsschaden unserer Zeit.

Anmerkung: Rudolf Steiner bezieht sich hier auf den Wertverlust derdeutschen Währung, der damals nur ganz am Anfang war und in denfolgenden Jahren solche Ausmaße genommen hat, dass die deutscheWirtschaft fast zusammengebrochen ist.

Staatlich gesicherte Geldwirtscha� verschleiert Realität

Quelle [15]: GA 332a, S. 023-027, 2/1977, 24.10.1919, ZürichÖ�entlicher Vortrag

Kurzfassung: Naturwirtschaft wurde in der Neuzeit durch Geldwirt-schaft über�utet. Preise drücken nicht mehr den eigentlichen Wert derGüter aus, weil die reinen Anforderungen des Wirtschaftslebens durchden staatlich garantierten Wert des Geldes verschleiert werden. Geld-wirtschaft deckt das Sachliche des Wirtschaftslebens (was der Bodenhergibt) zu. InzwischenWeiterentwicklung zur Kreditwirtschaft, machtdas Fachliche des Wirtschaftslebens (die Tüchtigkeit des Menschen) inBilanzen sichtbar.

Dieses Zusammenleben von Wirtschaft, Recht und Geist, das sahensolche Menschen wie Marx und Engels.

Und sie sahen, wie das moderne Wirtschaftsleben nicht mehr vertrugdie alte Rechtsform, auch nicht mehr vertrug die alte Geistesform.

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Sie kamen darauf, daß herausgeworfen werden müsse aus dem Wirt-schaftsleben das alte Rechtsleben, das alte Geistesleben. Aber siekamen nun zu einem sonderbaren Aberglauben, zu einem Aberglau-ben, über den wir werden viel sprechen müssen in diesen Vorträgen.Sie kamen zu dem Aberglauben, daß das Wirtschaftsleben – sie sa-hen das Geistesleben, das Rechtsleben als eine Ideologie an, weil siees ja ansahen als die einzige Wirklichkeit –, daß das Wirtschaftsle-ben die neuen Rechtsverhältnisse, die neuen Geistesverhältnisse aussich selber hervorbringen könne. Einer der verhängnisvollsten Aber-glauben kam auf: man müsse in einer bestimmten gesetzmäßigenWeise wirtschaften, und wenn man wirtschafte in dieser bestimmtengesetzmäßigen Weise, dann ergäbe sich das Geistesleben, das Rechts-leben, das Staats- und das politische Leben aus dem Wirtschaftslebenheraus von selber.

Wodurch konnte denn dieser Aberglaube entstehen? Dieser Aber-glaube konnte nur dadurch entstehen, daß sich die eigentliche Struk-tur der menschlichen Wirtschaft, das eigentliche Arbeiten des neue-ren Wirtschaftslebens, verbarg hinter dem, was man gewohnt wor-den ist die Geldwirtschaft zu nennen.

Diese Geldwirtschaft ist ja in Europa heraufgekommen als Begleiter-scheinung ganz bestimmter Ereignisse. Sie brauchen nur einen tiefe-ren Blick in die Geschichte hinein zu tun, so werden Sie sehen, daßungefähr in der Zeit, als Reformation und Renaissance, also eineneue Geistesverfassung, über die europäische zivilisierte Welt her-aufziehen, erschlossen werden die Gold- und Silberquellen Amerikas,daß der Gold- und Silberzustrom, namentlich Mittel- und Südameri-kas, nach Europa kommt. Was früher mehr Naturalwirtschaft war,das wird immer mehr und mehr über�utet von der Geldwirtschaft.

Die Naturalwirtschaft hat noch hinsehen können auf das, was derBoden hergibt, das heißt auf das Sachliche; sie hat auch hinsehenkönnen auf das, wozu der einzelne Mensch tüchtig ist und was er

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hervorbringen kann, also auf das Sachliche und Fachliche. Unter derZirkulation des Geldes ist allmählich hingeschwunden der Blick aufdas rein Sachliche des Wirtschaftslebens.

Indem die Geldwirtschaft abgelöst hat die Naturalwirtschaft, hat sichgewissermaßen ein Schleier hingezogen über das Wirtschaftsleben.Man konnte nicht mehr die reinen Anforderungen des Wirtschafts-lebens sehen.

Was liefert dieses Wirtschaftsleben für den Menschen? Dieses Wirt-schaftsleben liefert für den Menschen Güter, die er für seinen Kon-sum braucht. Wir brauchen heute noch gar nicht zu unterscheidenzwischen geistigen und physischen Gütern, denn auch geistige Güterkönnen wirtschaftlich so aufgefaßt werden, daß sie eben für denmenschlichen Konsum verbraucht werden. Dieses Wirtschaftslebenliefert also Güter, und diese Güter sind Werte, weil der Mensch ihrerbedarf, weil das menschliche Begehren darauf geht. Der Menschmuß den Gütern einen bestimmten Wert beimessen. Dadurch habensie innerhalb des sozialen Lebens auch ihren objektiven Wert, derinnig zusammenhängt mit dem subjektiven Beurteilungswert, dender Mensch ihnen beilegt.

Aber wie drückt sich in der neueren Zeit volkswirtschaftlich derWert der Güter aus? Der Wert der Güter, der im wesentlichen dasausmacht, was diese Güter bedeuten im sozialen, im wirtschaftli-chen Zusammenleben, wie drückt sich dieser Wert aus? Dieser Wertdrückt sich in den Preisen aus. Über Wert und Preis werden wir zusprechen haben in diesen Tagen; ich will heute nur darauf hindeuten,daß im wirtschaftlichen Verkehrsleben, im sozialen Verkehrslebenüberhaupt – sofern dieses Verkehrsleben abhängig ist von dem Wirt-schaften, von den Gütern – sich für den Menschen der Wert derGüter in dem Preis ausdrückt. Es ist auch ein großer Irrtum, wennman den Wert der Güter mit den Geldpreisen verwechselt. Und nichteigentlich durch theoretische Erwägungen, sondern durch die Leben-

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spraxis wird die Menschheit immer mehr und mehr darauf kommen,daß etwas anderes ist der Wert der Güter, die wirtschaftlich erzeugtwerden, und der abhängt von menschlicher subjektiver Beurteilung,von gewissen sozialen Rechts- und Kulturverhältnissen, und dasjeni-ge, was sich ausdrückt in den Preisverhältnissen, die durch das Geldzum Vorschein kommen. Aber der Wert der Güter wird zugedecktin der neueren Zeit durch die Preisverhältnisse, die in der sozialenZirkulation herrschen.

Das liegt zugrunde den modernen sozialen Verhältnissen als dasdritte Glied der sozialen Frage. Hier, hier wird man die soziale Frageals eine wirtschaftliche Frage erkennen lernen: wenn man wiederumzurückgeht auf dasjenige, was den eigentlichen Wert der Güter doku-mentiert, gegenüber dem, was in den bloßen Preisverhältnissen zumAusdruck kommt. Die Preisverhältnisse können gar nicht anders, be-sonders in kritischen Zeiten, aufrechterhalten werden, als dadurch,daß der Staat, das heißt der Rechtsboden, die Garantie übernimmtfür den Wert des Geldes, für den Wert also einer einzigen Ware.

Aber es tritt etwas Neues auf. Man braucht gar keine theoretischenBetrachtungen über das, was herausgekommen ist durch das Mißver-ständnis über Preis und Wert, anzustellen, man braucht nur hinzu-weisen auf etwas Tatsächliches, was in der neueren Zeit aufgetretenist. Man spricht davon in der Nationalökonomie, daß es in alterZeit – in Deutschland sogar bis zum Ende des Mittelalters – die alteNaturalwirtschaft gegeben hat, die bloß auf dem Tausch der Güterberuht, daß an deren Stelle trat die Geldwirtschaft, wo das Geld derRepräsentant ist für die Güter und eigentlich immer nur das Wertgutgegen Geld ausgetauscht wird. Aber schon sehen wir etwas einzie-hen in das soziale Leben, das bestimmt scheint, die Geldwirtschaftabzulösen. Schon wirkt dieses andere überall drinnen, wird nur nochnicht bemerkt. Aber wer hinausgeht über das abstrakte Begreifenseines Kassen- oder Kontobuches, wer hinausgeht über die bloße

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Zahl und lesen kann, was in diesen Zahlen geschrieben ist, der wird�nden, daß in den Zahlen eines heutigen Kassen- oder Kontobuchesnicht bloß Güter stehen, sondern daß in diesen Zahlen vielfach zumAusdruck kommt, was man nennen könnte die Kreditverhältnisseim modernsten Sinne des Wortes. Was ein Mensch erst leisten kann,weil man von ihm voraussetzt, daß er zu dem oder jenem fähigist, was aus der Tüchtigkeit des Menschen heraus Vertrauen erwe-cken kann, das ist es, was merkwürdigerweise in unser trockenes,nüchternes Wirtschaftsleben immer mehr und mehr einzieht.

Studieren Sie heute die Geschäftsbücher, so werden Sie �nden, daßeinzieht – gegenüber dem, was bloßer Geldwert ist –, das Bauenauf Menschenvertrauen, das Bauen auf menschliche Tüchtigkeit. Inden Zahlen der heutigen Geschäftsbücher drückt sich ein großerUmschwung, drückt sich eine soziale Metamorphose aus, wenn mansie richtig liest.

Indem man betont, daß sich die alte Naturalwirtschaft in Geldwirt-schaft umgewandelt hat, muß man heute zugleich betonen: das dritteGlied ist die Umwandlung der Geldwirtschaft in die Kreditwirtschaft.

Damit tritt an die Stelle desjenigen, was lange Zeit hindurch war,wiederum ein Neues. Dadurch tritt aber auch das in das soziale Lebenein, was auf den Wert des Menschen selber hinweist. Das Wirtschafts-leben selber, in bezug auf die Hervorbringung von Werten, stehteiner Umwandelung gegenüber, steht einer Frage gegenüber, unddas ist die Wirtschaftsfrage, das ist das dritte Glied dieser sozialenFrage.

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Staatlich gesicherte Geldwirtscha� II

Quelle [15]: GA 332a, S. 049-060, 2/1977, 25.10.1919, ZürichÖ�entlicher Vortrag

Wer sich auf den Boden des Genossenschaftsprinzips stellt, der be-hauptet, die Menschen brauchen sich nur zusammenzutun, aus ihrerGemeinsamkeit heraus Beschlüsse zu fassen, dann können sie dieProduktionsprozesse verwalten. Also man beschließt zuerst die As-soziierung der Menschen, die Zusammenschließung der Menschen,und dann will man produzieren von dem gemeinsamen Zusam-menschluß, von der Gemeinschaft der Menschen aus. Die Idee vomdreigegliederten Organismus stellt sich auf den Boden der Wirklich-keit und sagt: Zuerst müssen da sein die Menschen, die produzierenkönnen, die sachkundig und fachtüchtig sind. Von ihnen muß derProduktionsprozeß abhängen. Und diese sachkundigen und fach-tüchtigen Menschen, die müssen sich nun zusammenschließen unddas Wirtschaftsleben besorgen auf Grundlage jener Produktion, dieaus der Initiative des einzelnen �ießt. – Das ist das wirkliche Assozia-tionsprinzip. Da wird zuerst produziert und dann das Produzierte aufGrundlage des Zusammenschlusses der produzierenden Personenzum Konsum gebracht.

Daß man den Unterschied, den radikalen Unterschied zwischen die-sen zwei Prinzipien heute nicht einsieht, das ist gewissermaßen dasUnheil unserer Zeit. [...] Man durchschaut heute das Wichtige nicht,was diesen Dingen zugrunde liegt, aus einem Grunde, den ich gesternschon angeführt habe – daß ungefähr zu der Zeit, in welcher in derneueren Menschheitsgeschichte die Renaissance, die Reformationsich ereigneten, herübergewandert sind aus Mittel- und Südamerikadie Edelmetalle, welche aus der bis dahin fast einzig noch maßge-benden Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft geführt haben. Damithat sich eine bedeutsame wirtschaftliche Revolution in Europa voll-

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zogen. Verhältnisse haben sich herausgebildet, unter deren Ein�üssewir heute durchaus noch stehen. Aber diese Verhältnisse haben zugleicher Zeit, ich möchte sagen, Vorhänge gebildet, durch die mannicht hindurchsehen kann auf die wahren Wirklichkeiten.

Sehen wir uns doch diese Verhältnisse einmal genauer an. Gehenwir aus, obwohl sie heute ja nicht mehr in ihrer Ausdehnung da ist,von der alten Naturalwirtschaft. Man hat es da im Wirtschaftspro-zesse nur zu tun mit dem, was der einzelne hervorbringt. Das kanner austauschen gegen das, was der andere hervorbringt. Und manmöchte sagen: Innerhalb dieser Naturalwirtschaft, wo nur Produktgegen Produkt ausgetauscht werden kann, muß eine gewisse Ge-diegenheit herrschen. Denn will man ein Produkt, das man braucht,eintauschen, so muß man eins haben, das man dafür austauschenkann, und man muß ein solches Produkt haben, das der andere alsgleichwertig annimmt. Das heißt, die Menschen sind gezwungen,wenn sie etwas haben wollen, auch etwas zu erzeugen. Sie sind ge-zwungen, auszutauschen, was einen realen, einen o�enbarliegendenrealen Wert hat.

An die Stelle dieses Austausches von Gütern, die für das menschli-che Leben einen realen Wert haben, ist die Geldwirtschaft getreten.Und das Geld ist etwas geworden, mit dem man wirtschaftet, mitdem man ebenso wirtschaftet, wie man in der Naturalwirtschaftwirtschaftet mit realen Objekten. Dadurch aber, daß das Geld einwirkliches Wirtschaftsobjekt geworden ist, spiegelt es wirklich etwasImaginäres den Menschen vor, und indem es so wirkt, tyrannisiertes zu gleicher Zeit die Menschen.

Nehmen wir einen extremen Fall: daß gerade die Kreditwirtschaft,auf die ich gestern am Schlusse hingedeutet habe, hinein�ießt indie Geldwirtschaft. Das hat sie ja in der letzten Zeit vielfach ge-tan. Da stellt sich dann zum Beispiel das folgende heraus: Man willirgendeine Anlage machen, als Staat oder als einzelner, eine Tele-

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graphenanlage oder dergleichen. Man kann Kredit beanspruchen,Kredit von einer ganz bedeutenden Höhe. Man wird diese Telegra-phenanlage zustande bringen können. Gewisse Verhältnisse werdengewisse Geldmengen in Anspruch nehmen. Aber diese Geldmengenmüssen verzinst werden. Für diese Verzinsung muß man aufkom-men. Und in zahlreichen Fällen, was stellt sich innerhalb unserersozialen Struktur heraus – am meisten in der Verstaatlichung, wennder Staat selber wirtschaftet –, was stellt sich heraus? Daß dasjenige,was man dazumal hergestellt hat und wozu man das betre�endeGeld verwendet hat, längst verbraucht ist, daß es nicht mehr da ist,und daß die Leute noch immer das abzahlen müssen, was damals alsKredit gefordert worden ist! Das heißt: Was kreditgemäß geschuldetwird, das ist schon fort, aber an dem Geld wirtschaftet man nochimmer herum. [...] Nachdem die Dinge längst dasjenige nicht mehrsind, was Reales zugrunde liegt, wirtschaftet man noch immer andem Gelde herum, das selber ein Wirtschaftsobjekt geworden ist.

Das hat auch seine Lichtseite. In der alten Naturalwirtschaft, dawar es nötig, wenn man wirtschaftete, Güter hervorzubringen. Dieunterlagen selbstverständlich dem Verderben, die konnten zugrundegehen, und man war darauf angewiesen, immer weiter zu arbeiten,immer neue Güter zu erarbeiten, wenn solche da sein sollten. BeimGelde ist das nicht nötig. Man gibt es hin, leiht es jemandem, stelltsich sicher. Das heißt, man wirtschaftet mit dem Gelde ganz frei vondenjenigen, die die Güter erzeugen. Das Geld emanzipiert gewisser-maßen den Menschen von dem unmittelbaren Wirtschaftsprozeß,gerade indem es selber zum Wirtschaftsprozeß wird. Dies ist außer-ordentlich bedeutsam. Denn in der alten Naturalwirtschaft war jader einzelne auf den einzelnen angewiesen, Mensch auf Mensch an-gewiesen. Die Menschen mußten zusammenwirken, sie mußten sichvertragen. Sie mußten übereinkommen über gewisse Einrichtungen,sonst ging das Wirtschaftsleben nicht weiter. Unter der Geldwirt-schaft ist natürlich derjenige, der Kapitalist wird, auch abhängig von

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denen, die arbeiten, aber denen, die arbeiten, steht er ganz fremdgegenüber. Wie nahe stand auch der Konsument dem Produzentenin der alten Naturalwirtschaft, wo man es mit wirklichen Gütern zutun hatte! Wie fern steht derjenige, der mit dem Gelde wirtschaftet,denjenigen, die dafür arbeiten, daß dieses Geld seine Zinsen abwer-fen kann! Es werden Klüfte aufgerissen zwischen den Menschen.Die Menschen stehen sich nicht mehr nahe unter der Geldwirtschaft.Das muß vor allen Dingen in Erwägung gezogen werden, wenn maneinsehen will, wie die arbeitenden Menschenmassen, gleichgültig obsie geistige, ob sie physische Arbeiter sind, wie diejenigen, die wirk-lich produzieren, wiederum nahegebracht werden müssen denen,die auch mit Kapitalanlagen das Wirtschaften möglich machen. Dasaber kann nur geschehen durch das Assoziationsprinzip, dadurch,daß sich die Menschen wiederum als Menschen zusammenschließen.[...]

Und was ist noch anderes eingetreten gerade unter der immer mehrund mehr überhandnehmenden Geldwirtschaft der neueren Zeit?Dadurch ist auch dasjenige, was man menschliche Arbeit nennt,abhängig geworden vom Gelde. Um die Hineinordnung der mensch-lichen Arbeit in die soziale Struktur streiten ja Sozialisten und andere.Und man kann für und gegen das, was von beiden Seiten vorgebrachtwird, recht gute Gründe anführen. Man versteht es vollkommen,insbesondere wenn man gelernt hat, nicht über das Proletariat zudenken und zu emp�nden, sondern mit dem Proletariat zu denkenund zu emp�nden, man versteht es völlig, wenn der Proletarier sagt,es dürfe in Zukunft nicht mehr seine Arbeitskraft Ware sein, es dürfenicht das Verhältnis weiter bestehen, daß man auf der einen Seiteauf dem Warenmarkte Güter bezahlt, und auf der anderen Seite aufdem Arbeitsmarkte in der Form des Lohnes die menschliche Arbeitbezahlt. Das ist gut zu begreifen. Und es ist gut zu begreifen, daßKarl Marx viele Anhänger gefunden hatte, als er ausrechnete, daßderjenige, der arbeitet, einen Mehrwert erzeugt, daß er nicht das vol-

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le Erträgnis seiner Arbeitskraft bekommt, sondern einen Mehrwerterzeugt, daß dieser Mehrwert abgeliefert wird an den Unternehmer,und daß dann der Arbeiter unter dem Ein�usse einer solchen Theorieum diesen Mehrwert kämpft. Aber es ist auf der anderen Seite eben-so leicht zu beweisen, daß der Arbeitslohn aus dem Kapital bezahltwird, daß das moderne Wirtschaftsleben ganz geregelt wird durchdie Kapitalwirtschaft, daß gewisse Produkte kapitalistisch etwas ab-werfen, und daß man nach dem, was sie abwerfen, den Arbeitslohnbezahlt, die Arbeit kauft; das heißt, es wird der Arbeitslohn aus demKapital erzeugt. – Man kann das eine ebensogut wie das andere be-weisen. Man kann beweisen, daß das Kapital der Parasit der Arbeitist, man kann beweisen, daß das Kapital der Schöpfer überhaupt desArbeitslohnes ist, kurz, man kann Parteimeinungen mit der gleichenGeltung vertreten von der einen und von der anderen Seite.

Das sollte man einmal durchgreifend einsehen. Dann würde maneinsehen, wie es kommt, daß in der Gegenwart vorzugsweise nurdurch Kampf etwas zu erreichen gesucht wird und nicht durch dassachliche Fortschreiten und Klären der Verhältnisse. Die Arbeit istetwas, was so durchaus verschieden ist von den Waren, daß es ganzund gar ohne wirtschaftliche Schäden unmöglich ist, in der gleichenWeise Geld zu zahlen für die Ware und für die Arbeit. Nur sehen dieMenschen nicht ein, wie die Zusammenhänge sind. Sie durchschauenheute noch nicht die wirtschaftliche Struktur gerade auf diesemGebiete.

Es sind heute zahlreiche Nationalökonomen, die sagen sich: Wenndie Geldmittel, die Umlaufsmittel, also Metallgeld oder Papiergeld,in beliebiger Weise vermehrt werden, so wird das Geld billig, undinsbesondere die notwendigsten Lebensgüter werden dann teuer. –Man bemerkt das, und man sieht ein das Unsinnige der einfachenGeldvermehrung. Denn diese einfache Geldvermehrung – so kannman es mit Händen greifen – bewirkt nichts anderes, als daß die

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Lebensmittel auch teuer werden. Die bekannte Schraube ohne Endegeht immer, bewegt sich immer. Aber man sieht etwas anderes nichtein: daß in dem Augenblicke, wo man Arbeit ebenso bezahlt, wie manWare, wie man Erzeugnisse bezahlt, die Arbeit selbstverständlichdanach streben muß, durch Kämpfe immer bessere und bessereBezahlung, immer bessere und bessere Entlohnung zu bekommen.Aber was die Arbeit an Geld als Entlohnung bekommt, das hatdieselbe Funktion für die Preisbildung wie die bloße Vermehrungder Geldumlaufsmittel. Das ist es, was man einsehen müßte.

Sie können, wie es manche Finanzminister getan haben, statt dieProduktion zu erhöhen, statt dafür zu sorgen, daß die Produktionfruchtbarer wird, einfach Noten bringen, die Umlaufsmittel ver-mehren. Dann werden die Menschen mehr Umlaufsmittel haben,aber alle Produkte, insbesondere die notwendigen Lebensproduk-te werden auch teurer. Das sehen die Menschen schon ein. Dahersehen sie ein, wie unsinnig es ist, einfach abstrakt die Geldumlaufs-mittel zu vermehren. Aber man sieht nicht ein, daß all das Geld,das man nur unter dem Gesichtspunkt ausgibt, Arbeit zu bezah-len, geradeso wirkt auf die Verteuerung der Güter. Denn gesundePreise können sich nur im selbständigen Wirtschaftsleben selberdrinnen bilden. [...] Deshalb sucht die Idee von der Dreigliederungdes sozialen Organismus [...] die Arbeit vollständig herauszuglie-dern aus dem Wirtschaftsprozesse. Die Arbeit als solche ist gar nichtetwas, was in den Wirtschaftsprozeß hineingehört. [...] Auf das, wasdurch die Arbeitskraft entsteht, muß man sehen. Das hat für dieGemeinschaft Wert. Daher kann auch innerhalb des Wirtschaftsle-bens nur in Frage kommen das Produkt, das durch die Arbeitskrafthervorgebracht wird. Und es kann sich die Wirtschaftsverwaltungnur damit befassen, den gegenseitigen Wert der Produkte zu regeln.Aus dem Wirtschaftskreislauf muß die Arbeit ganz draußen liegen.[...] Art und Zeit, Charakter der Arbeit wird bestimmt durch dieRechtsverhältnisse der Menschen untereinander. Arbeit muß her-

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ausgehoben werden aus dem Wirtschaftsprozeß. Dann wird für denWirtschaftsprozeß nur zurückbleiben, was man nennen kann dieRegelung der gegenseitigen Bewertung der Waren, die Regelung,wieviel man zu kriegen hat von den Leistungen eines anderen fürseine eigene Leistung. [...] Mit der Preisbildung wird man es zu tunhaben. [...]

Wenn die Arbeit im Wirtschaftsleben drinnensteht, so hat man dieArbeit aus dem Kapital heraus zu bezahlen. Dadurch wird geradedas bewirkt, was im neueren Wirtschaftsleben das Streben genanntwerden kann nach bloßem Pro�t, nach bloßem Gewinn. Denn da-durch steht derjenige, der wirtschaftliche Produkte liefern will, ganzdrinnen in einem Prozeß, der zuletzt seinen Abschluß �ndet imMarkte. Und hier müßte eigentlich von dem, der wirklich einsichtigwerden will, eine Idee, ein Begri� zurechtgestellt werden, der heutesehr, sehr irrtümlich gestaltet ist. Man sagt: Der kapitalistisch Pro-duzierende bringt seine Produkte auf den Markt; er will pro�tieren.Und nachdem lange Zeit mit einem gewissen Rechte die sozialistischDenkenden gesagt haben: Die ganze Sittenlehre hat gar nichts zu tunmit diesem Produzieren, allein das wirtschaftliche Denken –, willman heute gar sehr von ethischen, von sittlichen Gesichtspunktenaus den Pro�t, den Gewinn mit der Sittenlehre vermischen. Hiersoll nicht gesprochen werden vom einseitig sittlichen, nicht vomeinseitig wirtschaftlichen, sondern vom gesamtgesellschaftlichenStandpunkte aus. Und da muß man sagen: Was sich im Gewinn,im Pro�t zeigt, was ist es denn? Etwas, wovon man eigentlich imwirklichen volkswirtschaftlichen Zusammenhange nur so sprechenkann, wie man davon sprechen kann, wenn die Thermometersäule,die Quecksilbersäule im Zimmer steigt, daß es wärmer geworden ist.Wenn jemand sagt: Diese Quecksilbersäule zeigt mir, daß es wärmergeworden ist –, dann wird er wissen, daß nicht diese Quecksilbersäu-le das Zimmer wärmer gemacht hat, daß diese Quecksilbersäule nuranzeigt, daß es im Zimmer durch andere Faktoren wärmer gewor-

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den ist. Der Gewinn auf dem Markte, der sich ergibt unter unserenheutigen Produktionsverhältnissen, ist auch zunächst nichts anderesals der Anzeiger dafür, daß man die Produkte produzieren darf, dieeinen Gewinn abwerfen. Denn ich möchte wissen, woher in allerWelt man heute irgendeinen Anhaltspunkt dafür gewinnen sollte,daß ein Produkt zu Produzieren sei, wenn es sich nicht herausstellt,daß es, wenn man es produziert und zu Markte bringt, einen Ge-winn abwirft! Dies ist das einzige Kennzeichen dafür, daß man diewirtschaftliche Struktur so gestalten darf, daß dieses Produkt her-vorkommt. Daß ein Produkt nicht produziert werden darf, zeigt sichnur dadurch, daß man, wenn man es zu Markte bringt, merkt: Esist kein Absatz da. Die Menschen verlangen es nicht. Man erzieltkeinen Gewinn. – Das ist der wirkliche Sachverhalt, nicht all dasGefabel und Gefasel, welches von Angebot und Nachfrage gespro-chen worden ist in vielen Nationalökonomien. Das Urphänomen, dieUrerscheinung auf diesem Gebiete ist, daß heute einzig und alleindas Gewinnabwerfen den Menschen in den Stand setzt, sich zu sagen:Du kannst ein gewisses Produkt produzieren, denn es wird einengewissen Wert haben innerhalb der menschlichen Gemeinschaft.

Die Umgestaltung des Marktes, der heute diese Bedeutung hat, wirdsich ergeben, wenn ein wirkliches Assoziationsprinzip in unseremsozialen Leben drinnen sein wird. Dann wird nicht die unpersönli-che, vom Menschen abgesonderte Nachfrage und das Angebot aufdem Markte entscheiden, ob ein Produkt produziert werden solloder nicht, dann werden aus diesen Assoziationen durch das sozialeWollen der darin beschäftigten Menschen andere Persönlichkeitenhervorgehen, welche sich damit beschäftigen werden, das Verhält-nis zu untersuchen zwischen dem Wert eines erzeugten Gutes undseinem Preise.

Der Wert eines erzeugten Gutes kommt heute in einer gewissenBeziehung gar nicht in Frage. Er bildet allerdings den Antrieb zur

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Nachfrage. Aber diese Nachfrage ist ja deshalb in unserem heutigensozialen Leben eine recht problematische, weil ihr immer die Fragegegenübersteht, ob auch zur Nachfrage die entsprechenden Mittel,die entsprechenden Besitzverhältnisse vorhanden sind. Man kanngut Bedürfnisse haben: wenn man nicht die nötigen Mittel besitzt,sie zu befriedigen, so wird man sie gar nicht nachfragen können.Aber es handelt sich darum, daß ein Verbindungsglied gescha�enwerden muß zwischen den menschlichen Bedürfnissen, die den Gü-tern, den Erzeugnissen ihren Wert geben, und den Preisen. Dennwas man bedarf, hat je nach diesem Bedürfnis seinen menschlichenWert. Es werden sich Einrichtungen herausgliedern müssen aus dersozialen Ordnung, die die Brücke scha�en von diesem Wert, der denErzeugnissen aufgedrückt wird durch die menschlichen Bedürfnisse,und den Preisen, die sie haben müssen.

Heute wird der Preis bestimmt durch den Markt, danach, ob Leuteda sind, die diese Güter kaufen können, die das nötige Geld haben.Eine wirkliche soziale Ordnung muß dahin orientiert sein, daß dieMenschen, die aus ihren berechtigten Bedürfnissen heraus Güterhaben müssen, sie auch bekommen können, das heißt, daß der Preisdem Werte der Güter wirklich angeähnelt wird, daß er ihm ent-spricht. An die Stelle des heutigen chaotischen Marktes muß eineEinrichtung treten, durch welche nicht etwa die Bedürfnisse derMenschen, der Konsum der Menschen tyrannisiert wird, wie durchArbeiter-Produktivgenossenschaften oder durch die sozialistischeGroßgenossenschaft, sondern durch welche der Konsum der Men-schen erforscht und danach bestimmt wird, wie diesem Konsumentsprochen werden soll.

Dazu ist notwendig, daß unter dem Ein�uß des Assoziationsprin-zipes wirklich die Möglichkeit herbeigeführt werde, Ware so zuerzeugen, daß sie den beobachteten Bedürfnissen entspreche, dasheißt, Einrichtungen müssen da sein mit Personen, die die Bedürf-

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nisse studieren. Die Statistik kann nur einen Augenblick aufnehmen;sie ist niemals für die Zukunft maßgebend. Die Bedürfnisse, diejeweils vorhanden sind, müssen studiert werden, danach müssendie Einrichtungen für das Produzieren getro�en werden. Wenn einArtikel irgendwie die Tendenz entwickelt, zu teuer zu werden, dannist das ein Zeichen dafür, daß zu wenige Menschen für diesen Ar-tikel arbeiten. Es müssen Verhandlungen gep�ogen werden, durchdie aus anderen Produktionszweigen zu diesem Produktionszweigarbeitende Menschen übergeführt werden, so daß mehr von diesemArtikel erzeugt wird. Hat ein Artikel die Tendenz, zu billig zu werden,verdient sein Erzeuger zu wenig, dann müssen Verhandlungen einge-leitet werden, durch die weniger Menschen gerade an diesem Artikelarbeiten. Das heißt: Von der Art und Weise, wie die Menschen anihre Plätze gestellt werden, muß in der Zukunft abhängig werden,wie die Bedürfnisse befriedigt werden. Der Preis des Produkts be-dingt sich durch die Zahl der Menschen, die daran arbeiten. Aberer wird durch solche Einrichtungen dem Werte ähnlich sein, gleichsein im wesentlichen dem Werte, den das menschliche Bedürfnisdem betre�enden erzeugten Gut beizulegen hat. [...]

Man braucht dadurch nicht mehr die Preise der Waren beeinträchti-gen zu lassen, daß die Warenpreise nun auch feststellen sollen, wielang gearbeitet werden soll, oder wieviel gearbeitet werden soll, oderwieviel Lohn bezahlt werden soll und dergleichen, sondern man hates im Wirtschaftsleben nur zu tun mit dem vergleichsweisen Wertder Waren. Damit steht man im Wirtschaftsleben auch auf einemgesunden Boden.

Dieser gesunde Boden muß für das gesamte Wirtschaftsleben erhal-ten werden. Daher wird in einem solchen Wirtschaftsleben wieder-um dasjenige, was heute durch die bloße Geldwirtschaft, wo das Geldselbst Wirtschaftsobjekt ist, nur Scheingebilde sein kann, zurück-geführt auf seine natürliche gediegene Grundlage. Man wird es in

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der Zukunft nicht mehr zu tun haben können mit dem Wirtschaftendurch das Geld und für das Geld, denn die Einrichtungen werden eszu tun haben mit dem gegenseitigen Werte der Waren. Das heißt,man wird wiederum auf das Gediegene der Güter zurückgehen, unddamit auch zurückgehen auf die Leistungsfähigkeit, auf die Tüchtig-keit der Menschen. Und nicht mehr wird man die Kreditverhältnisseabhängig machen können davon, ob Geld vorhanden ist oder nicht,oder ob Geld so und so riskiert wird, sondern die Kreditverhältnissewerden abhängig davon sein, ob Menschen vorhanden sind, die tüch-tig dazu sind, das eine oder das andere wirklich in Szene zu setzen,das eine oder das andere hervorzubringen. Kredit wird haben diemenschliche Tüchtigkeit.

Und indem die menschliche Tüchtigkeit die Grenze abgibt, wie weitman Kredit gewährt, wird dieser Kredit nicht gewährt werden kön-nen über diese menschliche Tüchtigkeit hinaus. Wenn Sie bloß Geldhingeben und Geld wirtschaften lassen, dann kann dasjenige, wasdadurch gescha�en wird, längst verbraucht sein – an dem Geldemuß man noch immer herumwirtschaften. Wenn Sie Geld nur hin-geben für menschliche Tüchtigkeit, dann hört selbstverständlich mitdieser menschlichen Tüchtigkeit auch auf, was man mit dem Geldewirtschaften kann. [...]

Es denkt heute noch keiner von denen, die da glauben, von demwirklichen Leben etwas zu verstehen, daran, daß es nicht einengroßen Fortschritt bedeute, wenn man von allen möglichen indirek-ten Steuern oder sonstigen Einnahmen des Staates übergehe zu dersogenannten Einkommenssteuer, insbesondere zu der steigendenEinkommenssteuer. Es denkt heute jeder, es sei selbstverständlichdas Gerechte, das Einkommen zu besteuern. Und doch, so paradoxes für den heutigen Menschen klingt, dieser Gedanke, daß man diegerechte Besteuerung durch die Besteuerung des Einkommens errei-

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chen könne, rührt nur von der Täuschung her, die die Geldwirtschaftgebracht hat.

Geld nimmt man ein. Mit Geld wirtschaftet man. Durch das Geld be-freit man sich von der Gediegenheit des produktiven Prozesses selbst.Man abstrahiert gewissermaßen das Geld im Wirtschaftsprozesse,wie man im Gedankenprozeß die Gedanken abstrahiert. Aber gerade-sowenig wie man aus abstrakten Gedanken irgendwelche wirklichenVorstellungen und Emp�ndungen hervorzaubern kann, so kann manaus dem Gelde etwas Wirkliches hervorzaubern, wenn man über-sieht, daß das Geld bloß ein Zeichen ist für Güter, die produziertwerden, daß das Geld gewissermaßen bloß eine Art Buchhaltung ist,eine �ießende Buchhaltung, daß jedes Geldzeichen stehen muß fürirgendein Gut.

[...] eine Zeit, die nur sieht, wie das Geld zum selbständigen Wirt-schaftsobjekt wird, [muß] in den Geldeinnahmen dasjenige sehen[...],was man vor allen Dingen besteuern soll. Aber damit macht mansich ja als der Besteuernde mitschuldig an der abstrakten Geldwirt-schaft! Man besteuert, was eigentlich kein wirkliches Gut ist, son-dern nur Zeichen für ein Gut. Man arbeitet mit etwas Wirtschaftlich-Abstraktem. Geld wird erst zu einem Wirklichen, wenn es ausgege-ben wird. Da tritt es über in den Wirtschaftsprozeß, gleichgültig obich es für mein Vergnügen oder für meine leiblichen und geistigenBedürfnisse ausgebe, oder ob ich es in einer Bank anlege, so daß esda für den wirtschaftlichen Prozeß verwendet wird. Wenn ich es ineiner Bank anlege, so ist es eine Art von Ausgabe, die ich mache –das ist natürlich festzuhalten. Aber Geld wird in dem Augenblickezu etwas Realem im Wirtschaftsprozesse, wo es sich von meinemBesitze ablöst, in den Wirtschaftsprozeß übergeht. [...] Daher mußman, wenn man im Steuersystem nicht etwas scha�en will, was para-sitär am Wirtschaftsprozesse ist, sondern wenn man etwas scha�enwill, was eine wirkliche Hingabe des Wirtschaftsprozesses an die

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Allgemeinheit ist, das Kapital in dem Augenblicke versteuern, indem es in den Wirtschaftsprozeß übergeführt wird. [...]

Gerade an dem Steuerbeispiel sieht man, wie ein Umlernen undUmdenken notwendig ist. Der Glaube, daß es auf eine Einnahme-steuer vorzugsweise ankomme, ist eine Begleiterscheinung jenesGeldsystems, das in der modernen Zivilisation seit der Renaissanceund Reformation heraufgekommen ist.

Assoziation überwindet die Schäden der abstraktenGeldwirtscha�

Quelle [17]: GA 337a, S. 144-154, 1/1999, 03.03.1920, StuttgartStudienabend des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organis-mus

Was kann erreicht werden durch ein solches auf dem Assoziations-prinzip beruhendes Wirtschaftsleben? – Das kann erreicht werden,daß die Schäden, die sich allmählich ergeben haben durch die Produk-tionsweise der letzten Jahrhunderte, besonders des 19. Jahrhunderts,aus dem Wirtschaftsleben und damit aus dem menschlichen Lebenüberhaupt beseitigt werden. Diese Schäden – der Mensch erlebt sieja heute zunächst an seinem eigenen Leibe, möchte ich sagen –, siehaben sich ergeben, weil im Laufe der neueren Jahrhunderte ausden früheren Bedingungen heraus sich andere Bedingungen ergebenhaben in bezug auf die Produktion im Wirtschaftsleben.

Wenn man zurückblickt auf die Zeit vom 17. bis 18. Jahrhundert,so �ndet man durchaus, daß die Art und Weise, wie produziertwurde, noch in einem gewissen Zusammenhang steht mit dem Men-schen und seiner Organisation selbst. Man sieht, daß damals bei derPreisbestimmung dieser Preis abhängig war nicht von denjenigenFaktoren, von denen er heute einzig und allein abhängig ist, son-

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dern zum Beispiel von den Fähigkeiten der Menschen, namentlichzum Beispiel davon, inwiefern ein Mensch befähigt ist, soundso-viele Stunden des Tages an dieser oder jener Produktion mit einergewissen Hingebung und Freude zu arbeiten. Der Preis wurde alsobestimmt durch das Zusammengewachsensein des Menschen mitseiner Produktion. Heute ist das allerdings höchstens noch in ge-wissen Zweigen des Geisteslebens der Fall. Wenn jemand ein Buchschreibt, kann man ihm nicht vorschreiben, wieviele Stunden desTages er arbeiten soll und einen Lohn aussetzen für soundsovieleStunden des Tages. Wenn zum Beispiel der achtstündige Arbeitstageingeführt würde fürs Bücherschreiben, würde etwas Schönes da-bei herauskommen, denn es könnte sehr leicht sein, daß Sie achtStunden arbeiten und dafür einen Lohn bekommen sollen, daß Ih-nen aber während vier Stunden durch drei Wochentage gar nichtseinfällt. So wie hier ein inniges Band ist zwischen den menschlichenBefähigungen, zwischen der geistigen menschlichen Organisationund den hervorgebrachten Produkten, so war das auch so für vielmateriellere Zweige – ja, je weiter wir zurückgehen in der menschli-chen Entwickelung, überhaupt für alle materiellen Zweige. Erst inder neueren Zeit hat sich das Band gelöst zwischen dem Produktund dem Produzierenden. Umfassend betrachtet ist es im Grundegenommen ein völliger Unsinn, daß man aufrechterhalten will dieseLoslösung des Produktes von dem Produzierenden. In einzelnenProduktionszweigen kann sich das augenfällig zeigen. Nehmen Sie,jetzt bloß ökonomisch betrachtet, zum Beispiel das Buchfabrizie-ren. Bücher müssen geschrieben werden; das kann nicht unter dieGesetze der Entlohnung gestellt werden, wie sie zum Beispiel dieheutige Sozialdemokratie für das Produzieren vertritt. Dabei wür-de nichts herauskommen. Aber Bücher müssen gedruckt werden,und derjenige, der sie setzt, der kann schon auf die Prinzipien derheutigen Sozialdemokratie sich stützen, auf das gewerkschaftlichePrinzip. Denn zum Setzen braucht einem nichts weiter einzufallen;

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da braucht man kein intimer geartetes Band zwischen Produzentenund Produktion. Aber wenn man auf die Quellen zurückgeht, wirdman überall �nden, daß gerade diejenige Arbeit, für die man einsolches Band nicht braucht, gar nicht da wäre, wenn nicht zuerstdiejenigen Arbeiten da wären, von denen all diese äußere Arbeitabhängt. Wäre der Baumeister nicht da, so könnten alle Lohnarbei-ter, die die Häuser bauen, nicht arbeiten. Wäre der Bücherschreibernicht da, so könnte der Setzer keine Bücher setzen. Das sind dochGedankengänge, die heute nicht angestellt werden, aber im emi-nentesten Sinne bei volkswirtschaftlichen Betrachtungen durchauszugrundegelegt werden müssen.

Ich konnte nicht alles, was an Lebenserfahrungen in die „Kernpunk-te“ einge�ossen ist, genau ausführen, denn sie sind ja auf denkendeLeser berechnet. Und ich kann Ihnen die Versicherung geben, esist doch heute ganz nützlich, wenn man beim Lesen eines Buchesauch ein bißchen denkt und nicht immer sagt: Das ist ja so schwerverständlich, dabei muß man ja denken, das hätte viel populärergeschrieben sein müssen. – Aber durch die ja gerade in den Artikelnunserer Dreigliederungszeitung von den verschiedensten Gesichts-punkten aus beleuchteten Vorgänge ist ja immer mehr und mehr die-ses Band gelockert worden zwischen Produzenten und Produktion.Und nur dadurch, daß wirklich in der neueren Zeit, unter dem Ein-�uß vor allem auch der materialistischen Denkweise, nur mehr aufdie Produktionsart und nicht auf die Verfassung und Fähigkeit desProduzierenden gesehen worden ist, ist ja sogar die Anschauung ent-standen der abstrakten, sozialistischen Agitatoren und Denker, daßdie Produktion als solche überhaupt dasjenige sei, was die ganze Ge-schichte, das ganze Menschenleben beherrsche. Diese Anschauungist aus dem Grunde entstanden, weil in der Tat durch die moderneTechnik und durch andere gewisse soziale Verhältnisse eine Herr-schaft des Produktes über die produzierenden Menschen eingetretenist. So daß man sagen kann: Während früher, bis vor drei Jahrhun-

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derten ungefähr, noch viel anderes vom Menschen herrschend war,ist [seitdem] im sozialen Leben der ökonomische Mensch derjenigegeworden, der [heute] maßgebend erscheint – der ökonomischeMensch und der ökonomische Prozeß. Solche Menschen wie Rennerzum Beispiel, der es sogar dahin gebracht hat, österreichischer Staats-kanzler zu werden, haben es ja ausgesprochen, daß ferner nicht mehrgeredet werden solle von dem „homo sapiens“, der in den letztenJahrhunderten spukte in den Köpfen der Menschen, sondern daßnur noch geredet werden könne von dem „homo oeconomicus“ –das sei die einzige Wirklichkeit. Nun, seit dem 19. Jahrhundert aber,weil die Dinge in der Wirklichkeit Verwandlungen eingehen durchihre eigenen Gesetze, ist nicht einmal mehr maßgebend gebliebender homo oeconomicus, der ökonomische Mensch, der ökonomi-sche Prozeß, sondern wir können sagen: ungefähr vom Jahre 1810ab – um einen Zeitpunkt anzusetzen – ist der herrschende Menschgeworden der Bankier. Und mehr als man glaubt, ist in diesem 19.Jahrhundert im wirtschaftlichen Leben der zivilisierten Welt derBankier herrschend geworden, der Geldwechsler, derjenige, der ei-gentlich bloß das Geld verwaltet. Alle Ereignisse, welche seit jenerZeit eingetreten sind, stehen mehr oder weniger unter dem Ein�ußdieses geschichtlichen Umschwunges: daß im volkswirtschaftlichenZusammenhang aus dem ökonomischen Menschen und ökonomi-schen Prozeß allmählich geworden ist der Bankier, der Geldwechsler,der Verleiher vor allen Dingen, und aus dem ö�entlichen sozialenProzeß die Finanzverwaltung, die Geldverwaltung.

Nun hat aber das Geld ganz gewisse Eigenschaften. Das Geld istein Repräsentant für Verschiedenes, aber das Geld als solches istgleich. Ich kann eine Summe Geldes erwerben dadurch, daß ichein Tonstück verkaufe – eine geistige Produktion. Oder ich kanneine Summe Geldes erwerben dadurch, daß ich Stiefel verkaufe. DieSumme Geldes kann immer gleich sein, dasjenige aber, was ich ver-kaufe, das kann sehr verschieden sein. Das Geld nimmt dadurch

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gegenüber dem wirklichen Lebensprozeß einen gewissen abstrak-ten Charakter an. Und so mußte entstehen unter dem Ein�uß derWelt-Bankierwirtschaft die Auslöschung der konkreten Wechsel-wirkungen im menschlichen sozialen Verkehr, die Auslöschung derkonkreten Wechselwirkungen [zwischen Produkt und Produzieren-dem, und es entstand] der Verkehr des bloßen Repräsentanten, desGeldes.

Das aber hat ganz bestimmte Folgen. Das hat die Folge, daß die dreiwesentlichsten Bestandteile unseres wirtschaftlichen Prozesses –Grund und Boden, Produktionsmittel und Konsumtionsmittel –, dieihrer Natur nach im volkswirtschaftlichen Prozeß in ganz verschie-dener Weise drinnenstehen, nicht etwa bloß gedanklich, sondernreal unter dieselbe Macht gestellt werden, in derselben Weise behan-delt werden. Denn demjenigen, dem es nur darauf ankommt, einegewisse Summe Geldes zu erwerben oder zu verwalten, dem kannes gleichgültig sein, ob diese Summe Geldes repräsentiert Grundund Boden oder Produktionsmittel, das heißt Maschinen oder der-gleichen, die für andere Produktionen dienen, aber von Menschenhergestellt worden sind, oder ob sie repräsentiert Konsumtionsarti-kel, unmittelbare Gebrauchsartikel. Dem kommt es nur darauf an,daß er eine bestimmte Summe Geldes für etwas erhält respektivedaß, wenn er sie hat, sie sich verzinst, gleichgültig durch was. Esmußte so der Gesichtspunkt immer mehr und mehr heraufkommen,auszulöschen die Interessen, die man an den einzelnen Produktenund Produktionszweigen hat, und zu ersetzen diese Interessen durchdas abstrakte Interesse am alle diese Di�erenzierungen auslöschen-den Kapital, das heißt am Geldkapital. Dadurch aber kommen ganzgewisse Dinge heraus.

Nehmen wir einmal Grund und Boden. Der Grund und Boden ist janicht nur irgend etwas Beliebiges, sondern er ist an einem bestimm-ten Ort gelegen und steht in einem Verhältnis zu den Menschen

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dieses Ortes, und die Menschen dieses Ortes haben gerade an diesemGrund und Boden auch Interessen, die man als moralische Interessenbezeichnen kann, als Interessen seelischer Art. Es kann durchauszum Beispiel ein wichtiger Punkt für die allgemeinen Kultur- undMenschheitsinteressen sein, daß auf diesem Grund und Boden eingewisses Produkt gep�anzt wird. Ich will etwas radikal die Verhält-nisse zeichnen, sie sind ja im gewöhnlichen Leben nicht so radikal,aber das Wesentliche, worauf es ankommt, kann damit dargestelltwerden. Wer durch seine ganzen Lebensverhältnisse mit dem Grundund Boden zusammengewachsen ist, der wird eine Einsicht darinhaben, wie zusammenhängt, sagen wir, die Hervorbringung von demoder jenem aus dem Grund und Boden mit den ganzen Lebensver-hältnissen. Er hat seine Erfahrungen gewonnen im Zusammenseinmit Grund und Boden. Ob es zum Beispiel gut ist, eine Gegendabzuholzen oder nicht, dafür können Fragen bedeutsam sein, diedurchaus nur zu beurteilen sind, wenn man zusammengewachsenist mit den lokalen Verhältnissen einer Gegend. Man kann solcheDinge nur durch Erfahrungen gewinnen.

Man kann nun durchaus einsehen, daß es für die allgemeinen Mensch-heitsverhältnisse heilsam ist, wenn irgendein Grund und Boden ineiner ganz bestimmten Weise verwertet wird, aber unter dieser Ver-wertung nur ein bestimmtes Erträgnis abwirft. Diese Gesichtspunkteverschwinden sofort, wenn an die Stelle des mit Grund und Bodenzusammenhängenden Menschen das Prinzip des Geldkapitalismustritt. Da handelt es sich darum, daß dann Grund und Boden ein-fach als eine Ware von einer Hand in die andere übergehen kann.Derjenige, der aber Grund und Boden einfach erwirbt dadurch, daßer das Geld hingibt, der hat nur das Interesse daran, daß sich dasGeld in der entsprechenden Weise verzinst. Ein abstraktes Prinzipwird über alles das hinüber ergossen, was früher konkretes Mensch-heitsinteresse war. Und fragen tut sich der Betre�ende, der bloß dasGeldinteresse hat, ob denn – unter den Verhältnissen, die der andere

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Mensch, der mit dem Grund und Boden zusammengewachsen ist,als notwendig erkennt – die Sache für ihn genügend abwirft; wennnicht, so müsse man den Boden zu etwas anderem verwenden. Da-mit zerstört man die notwendigen Menschenverhältnisse bloß unterdem Gesichtspunkte des Geldkapitalismus.

Und so sind über alle menschliche Verhältnisse die Gesichtspunktedes Geldkapitalismus gezogen worden. Sie haben in der Volkswirt-schaft die Menschen abgelenkt von dem, was nur herauswachsenkann, wenn der Mensch verbunden ist mit der Produktion, verbun-den ist mit Grund und Boden und verbunden ist mit den Konsumti-onsprodukten, die in irgendeinem Gebiet unter den Menschen zir-kulieren. Das war allerdings in früheren Jahrhunderten vorhanden.Das ist schon verschwunden unter dem Ein�uß des ökonomischenMenschen, am meisten aber unter dem Ein�uß des Bankiers im 19.Jahrhundert. Während ungefähr bis zum Jahre 1810 die Volkswirt-schaft abhängig war von den Händlern und von den Industriellen,wurden im 19. Jahrhundert die Händler und die Industriellen, wennsie sich das auch nicht gestanden, im wesentlichen abhängig von dernationalen und internationalen Geldwirtschaft, von den Bankiers.

Vollständig in den wirtschaftlichen Egoismus hineingetrieben kannman nur werden durch diese Art von Geldwirtschaft. Aber diese Artvon Geldwirtschaft sollte man, was heute vielfach geschieht, nichtverwechseln mit dem bloßen Kapitalismus. Der bloße Kapitalismus– Sie �nden das näher ausgeführt in meinen „Kernpunkten“ – dersoll ermöglichen, daß nur derjenige große Kapitalmassen in denHänden haben kann, sei es an Produktionsmitteln, sei es an Geld,dem Repräsentanten von Produktionsmitteln, der befähigt ist undgerade deshalb mit der Produktion zusammenwächst. Und er sollauch nur solange mit ihr verbunden bleiben, als er seine Fähigkeitenim Dienste der Produktion verwenden kann. Dieser bloße Kapitalis-mus ist durchaus für die moderne Volkswirtschaft notwendig, und

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gegen ihn zu wettern ist Unsinn. Ihn abscha�en würde bedeuten:die gesamte moderne Volkswirtschaft untergraben. Darauf kommtes gerade an, daß man in die Wirklichkeit hineinsieht, daß man zumBeispiel den Unterschied einsieht, daß die Verwaltung eines großenKomplexes von Grund und Boden, bei der durchaus das Zusammen-gehören von Wald und Grund notwendig sein kann, in der Handeines befähigten Menschen etwas anderes bedeuten wird, als wenneiner den Wald abtrennt und Grund und Boden absondert, dann denGrund und Boden parzelliert, in Kleinbesitz au�öst und dergleichen.Das kann für gewisse Gegenden gut sein, in anderen müßte es dieVolkswirtschaft ruinieren. Überall kommt es auf die konkreten Ver-hältnisse an. Und wir müssen endlich den Weg zurück�nden zu denkonkreten Verhältnissen.

Aber das [Fehlen des Konkreten] äußert sich nicht nur in der na-tionalen Wirtschaft, in der einzelnen Volkswirtschaft, sondern dasäußert sich immer mehr und mehr im internationalen wirtschaftli-chen Wesen. Es zeigt sich – das ist für den, der die Dinge studiert,ganz klar –, daß die Menschen, auch wenn sie Kapitalisten sind,wenn sie auf sich gestellt und nach ihren Fähigkeiten irgendwelcheProduktionszweige versorgen, daß sie einander nicht stören, sondernim Gegenteil einander in die Hände arbeiten. Das Schlimme beginnterst, wenn die Menschen auf irgendeine Weise herauswachsen ausihrem Zusammengebundensein mit den Produktionszweigen. Ichwill nur ein Beispiel anführen, wo das unter dem Ein�uß der Geld-wirtschaft des 19. und 20. Jahrhunderts besonders hervorgetretenist: bei Trustbildungen, bei Kartellbildungen. Nehmen wir an, eineReihe von Produktionszweigen schließt sich zusammen zu einemTrust, zu einem Kartell. Was ist die Folge?

Ein Trust, ein Kartell muß doch irgendeinen Zweck haben, und derist selbstverständlich, daß die Menschen mehr gewinnen durch denTrust als ohne Trust. Das können sie aber nur, wenn sie Monopolprei-

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se scha�en, das heißt über den gewöhnlichen Konkurrenzpreisen,die sich bilden würden, verkaufen. Man muß also die Möglichkeitscha�en, die Preise zu erhöhen, das heißt, Preise zu vereinbaren, dieüber den gewöhnlichen Konkurrenzpreisen liegen. Ja, solche Preisekann man scha�en, man hat sie auch vielfach gescha�en. Aber mankam nicht zum [gesunden] Produzieren. Man kann nämlich nichtunter dem Ein�uß dieser Art des Pro�tes auf eine gesunde Weiseproduzieren. Nicht wahr, wenn man nicht ein Mißverhältnis hervor-rufen will zu den Kosten der Einrichtungen, die viel zu teuer kommenwürden, wenn man nur dasjenige produziert, was man über demKonkurrenzpreis produziert, dann muß man soviel [mehr] produzie-ren, daß die Kosten für die Maschinen und die ganze Einrichtunggedeckt werden, und zwar soviel, als man produzieren würde, wennman nur den Konkurrenzpreis bekommen würde. Man kann abernur soviel verkaufen, als verkauft wird zu Monopolpreisen. Dennman würde ja, wenn man zu Konkurrenzpreisen produzieren würde,viel mehr absetzen und dadurch auch viel mehr produzieren müs-sen, als man zu Monopolpreisen absetzt. Das ist eine Erfahrung derVolkswirtschaft: Man setzt weniger ab, wenn man zu Monopolprei-sen verkauft, aber man kann nicht weniger produzieren, weil sonstdie Produktion sich nicht trägt. Was ist die Folge? Man muß nachdem Nachbarland gehen und dort sich seinen Absatz verscha�en; daverkauft man unter dem Produktionspreis. Jetzt kommt man aber ininternationale Konkurrenz hinein. Diese internationale Konkurrenzhat eine ungeheure Rolle gespielt. Wenn man bloß Rücksicht nimmtauf die durch die Geldwirtschaft bedingte Festsetzung des Preises,scha�t man sich eine Konkurrenz, die sonst nicht da wäre, indemman verschieden verkauft: im unmittelbaren Absatzgebiet [über demProduktionspreis] und im Nachbarland unter dem Produktionspreis.Das kann man; wenn man nur entsprechend kalkuliert, verdientman sogar noch immer mehr, aber man schädigt die entsprechendenProduzentenkreise im Nachbarland. Wenn man einmal aufsuchen

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wird die Ursachen jener Stimmungen, die zu den Kriegsursachen imWesten geführt haben, wird man in diesen Dingen die Ursachen �n-den. Dann wird man �nden, welcher gewaltige Schritt in die [soziale]Schädigung hinein liegt auf dem Wege vom Kapitalismus zur Trust-bildung, zur Kartellbildung, zu der Monopolisierung durch Kartelle.Der Kapitalist als solcher, der produziert zu Konkurrenzpreisen, derhat an Schutzzöllen nie ein Interesse. Der Schutzzoll ist auch wiederetwas, was in die Kriegsursachen hineingespielt hat. Da haben Siedie Schädigungen der Geldwirtschaft im internationalen Leben. Dasalles ist so sonnenklar für den, der das moderne Wirtschaftslebenstudiert, daß dagegen eigentlich nichts eingewendet werden kann.Die Frage muß daher notwendigerweise entstehen: Wie kommen wirüber diese Schädigungen hinaus? – Über die Schädigungen kommenwir auf keine andere Weise hinaus, als daß wir wiederum verbindenden Menschen mit dem Produkt, daß wir wiederum unmittelbar dasBand herstellen zwischen Mensch und Produktion.

Das ist in der wirtschaftlichen Idee der sozialen Dreigliederung an-gestrebt: Dasjenige, was früher unter ganz anderen Verhältnissenzwischen den einzelnen Menschen und der Produktion als Bandbestand, kann heute nur dadurch herbeigeführt werden, daß sichdie gleichartig Produzierenden miteinander verbinden und die ausBerufskreisen heraus zusammengeschlossenen Menschen sich wie-derum zu Kreisen, zu Assoziationen, zusammenschließen mit denübrigen Produktionszweigen und den entsprechenden Konsumenten.Dadurch werden die Assoziationen, die zusammengeschlossenenMenschen, wissen, wie man die Produktion in Zirkulation brin-gen kann – nicht bloß das Geld, das sich als ein Gleichartiges überdie Produktion hin ergießt. Damit aber könnte in einer ganz we-sentlichen Art dasjenige wiederum hervorgerufen werden, was ersteine gedeihliche Volkswirtschaft für die Menschheit wieder möglichmacht.

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Sehen Sie, das war notwendig, daß heute einmal gründlich hinein-geschaut wurde in die Wirklichkeit, denn all das sozialökonomischeZeug, was in der neueren Zeit geschwätzt worden ist, ist ja im Grundegenommen mit Ausschluß jedes Blickens auf die Wirklichkeit gesagt.Gewiß, einzelne Menschen haben tre�ende Bemerkungen über daseine oder andere gemacht. Aber das meiste von dem, was geäußertworden ist, und besonders alles dasjenige, unter dessen Ein�uß dermoderne Weltkapitalismus auf der einen und die Lohnkämpferei aufder anderen Seite sich entwickelt haben, dieser Krebsschaden desmodernen Lebens ist entstanden dadurch, daß man nicht mehr wirk-lich hineingeschaut hat in den gesetzmäßigen Zusammenhang desWirtschaftslebens, und daß einem auch gar nicht mehr vor Augenstand – indem man als Mensch im Wirtschaftsleben lebte –, wie dieFäden herüber- und hinübergehen, weil das Geld alles ausgelöschthat. Wenn aber die Assoziationen da sein werden, wird wiederumklar und o�en daliegen, wie das eine oder andere produziert seinmuß. Da wird derjenige, der etwas zu produzieren hat – weil Asso-ziationen da sind –, Kundschaft durch die Menschen erhalten, die inentsprechenden Assoziationen sind, [und es wird beraten und festge-legt werden,] ob soviel produziert werden kann von dem oder jenem.Da kann ohne Zwangswirtschaft Moellendor�scher Geschwätzig-keit etwas entstehen; da kann – in dem der eine durch den anderenin freiem Verkehr unterrichtet wird – alles so eingeteilt werden, daßwirklich der Konsum für alle das Maßgebende ist.

Darauf kam es bei der Idee der Dreigliederung an: Einmal aus dervollen Wirklichkeit heraus zu der Menschheit zu sprechen. Weil dieMenschen so ungewohnt sind in der Gegenwart, an die Wirklichkeitheranzugehen, deshalb versteht man die Sache auch so schwer; dieMenschen sind ungewohnt, an die Wirklichkeit heranzugehen. Wasverstehen denn die Leute von einem Wirtschaftsleben als ganzem?Der Baumeister versteht etwas vom Bauen, der Tischlermeister ver-steht etwas vom Tischlern, der Schuhmacher vom Schuhemachen,

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der Friseur vom Bartschneiden, jeder versteht etwas von dem ent-sprechenden Wirtschaftlichen, mit dem er zusammenhängt. Aberdas alles, was diese „Lebenspraktiker“ irgendwie wissen über daswirtschaftliche Leben, hängt ja doch nur mit dem ihrem und nichtmit dem der anderen zusammen. Dadurch ist es so abstrakt. Es mußteeinmal aus dem wirklichen Zusammenhang des gesamten sozialenLebens heraus zu der Menschheit gesprochen werden. Weil es fürdie Menschen ungewohnt geworden ist, die Lebenserfahrungen zurRichtschnur zu benützen, sehen sie gerade das, was aus der Wirk-lichkeit geboren ist, als Utopie an. Darum aber handelt es sich, daßdiese Idee von der sozialen Dreigliederung erkannt wird als dasGegenbild aller Utopie, daß sie erkannt wird als dasjenige, was ausdem wirklichen Leben heraus geboren ist, und daher auch in daswirkliche Leben sich hineinstellen kann.

Anmerkung: Auf diese Aussagen zu den Banken und zum Geld als Ab-straktion kommt Rudolf Steiner beim nächsten Studienabend zurück.Diesmal weist er auch auf einen praktischen Versuch hin, wenigstensim Kleinen die Schäden der abstrakten Geldwirtschaft zu überwinden.Gemeint ist die Initiative „Der kommende Tag“, eine Art Unterneh-mensverbund, die gerade gegründet worden war und im Sinne RudolfSteiners auch die notwendigen Funktionen einer Bank übernehmensollte.

Banken sollen zugleich im Konkreten wirtscha�en

Quelle [17]: GA 337a, S. 191-192, 1/1999, 09.06.1920, StuttgartStudienabend des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organis-mus

Der Kommende Tag ist gegründet worden, weil eingesehen wor-den ist, daß das heutige, gewöhnliche Bankwesen im Laufe des 19.Jahrhunderts allmählich ein schädigendes Element geworden ist

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in unserem Wirtschaftsleben. Darauf habe ich bei meiner letztenAnwesenheit auch an einem Studienabend hingewiesen. Ich habegezeigt, daß etwa seit dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts dasGeld im Wirtschaftsleben der modernen Zivilisation eine ähnlicheRolle spielt wie die abstrakten Begri�e in unserem Denken, daßes allmählich ausgelöscht hat alles konkrete Streben, daß es wieein verdeckender Schleier sich hinüberlegt über das, was sich inwirtschaftlichen Kräften ausleben muß. Und daher entsteht heutedie Notwendigkeit, etwas zu begründen, was nicht bloß eine Bankist, sondern was die wirtschaftlichen Kräfte so konzentriert, daß siezu gleicher Zeit Bank sind und zu gleicher Zeit im Konkreten wirt-schaften. Also es besteht die Notwendigkeit, etwas zu begründen,was zusammenfaßt wirklich konkretes Wirtschaften und die Orga-nisation dieser Wirtschaftszweige, so wie sonst in einer Bank dasWirtschaftsleben zusammengefaßt wird, aber ohne auf wirtschaft-liche Verhältnisse Rücksicht zu nehmen, nur in abstrakter Weise.Das heißt, es wird hier im Kommenden Tag praktisch versucht, zuüberwinden die Schäden des Geldwesens.

Wir erleben es heute, daß allerlei Leute, Gesell und andere – es gibtja sonderbare „Gesellen“ des Lebens – heute herumtanzen und vomfreien Gelde reden. Das sind Utopisten. Das sind Abstraktlinge. Umwas es sich handelt, ist, daß man durch eine Erkenntnis des prakti-schen Lebens darauf kommt, wo eigentlich die Schäden liegen. Undein Schaden liegt darin, daß sich das Bankwesen wirtschaftlich sogestaltet hat, wie es heute ist. Im wirtschaftlichen Leben steht heutedas Bankwesen so drinnen, wie die Gedanken im Seelenleben einesMenschen drinnenstehen, der alles gleich in Abstraktionen umsetztund der sich nicht um einzelne konkrete Dinge kümmert, mit denenman es zu tun hat, sondern alles in hohe Abstraktionen umsetzt. DerMensch, der alles in hohe Abstraktionen umsetzt – und das sind diemeisten heutigen Menschen –, ein solcher Mensch kommt niemalszu einer wirklichen Erfassung der Wirklichkeit. Sehen Sie, solche

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Abstraktionen können Sie heute an jedem Sonntag auf jeder Kanzelhören. Solche Abstraktionen, bei denen sich die Leute, weil sie sichherausträumen können aus dem Leben für einen Sonntagnachmit-tag, so ungeheuer wohl fühlen, haben nichts mehr zu tun mit demLeben. Und dasselbe, was für das einzelne Seelenleben die wesen-lose Abstraktion ist, die sich hinauf in ein Wolkenkuckucksheim�üchtet, das ist für das wirtschaftliche Leben das bloß im Geld sichauslebende Bankwesen.

Deshalb konnte man, indem man einen Versuch im Kleinen machte– der ho�entlich ins ganz Große sich auswächst –, die Dinge sogestalten, daß man gewissermaßen zurückführt das Geld zur Wirt-schaft und die Wirtschaft hinau�ührt zum Geld, so daß das Geldwiederum etwas ist, was zur Erleichterung und zum In-Bewegung-Bringen des Wirtschaftens dient. Wie unsere Gedanken nicht dazudienen sollen, uns in abstrakte Höhen zu erheben und uns wohldabei zu fühlen, sondern dazu, daß wir die konkreten Tatsachen desLebens in Bewegung bringen, so handelt es sich darum, daß wir dasGeld hineinstellen ins wirkliche Wirtschaftsleben. Wir wollen Wirt-schaftszweige betreiben und nicht uns hineinsetzen in eine Bankund nur Geldgeschäfte machen, denn Geldgeschäfte an sich sind dergrößte Schaden unseres Wirtschaftslebens seit dem 19. Jahrhundertund dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Also, mit dem KommendenTag ist einfach eine praktische Idee aufgegri�en. Und ehe man nichteinsehen wird, daß es sich hier darum handelt, Ideen ganz praktischzu denken bis ins Einzelnste, wird man auch nicht den Bund fürDreigliederung des sozialen Organismus verstehen.

Im folgenden Zitat wird deutlich, wie umfassend Rudolf Steiner dieWährungsfrage betrachtet. Nicht nur der zu hohe Wertverlust, sondernauch der zu hoheWertgewinn einerWährung sei problematisch, weil zuhohe Ausschläge sich nicht mehr ausgleichen lassen und allen schaden.

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Auch das Steigen der eigenen Währung kann schädlich sein

Quelle [16]: GA 334, S. 176-177, 1/1983, 18.04.1920, DornachÖ�entlicher Vortrag

Die letzten drei bis vier Jahrhunderte, und namentlich das 19. Jahr-hundert und bis in unsere Tage herein, haben die Menschheit ineinen ganz besonderen Entwickelungszustand hineingebracht. Ineinzelnen Teilen bemerkt man das noch nicht. Mit vollem Rechtist hier von der Gesundheit des Schweizer Volkes gesprochen wor-den. Auf sie muß für die Zukunft gerechnet werden. Aber es ist dazuauch notwendig, damit diese Gesundheit bleibe, daß man sich keinenIllusionen hingibt, daß etwa gegenüber all dem jetzt Zusammenbre-chenden ein kleines Gebiet jetzt isoliert bleiben könnte. Dieses kannnicht sein.

Sehen Sie, es gibt heute in Mittel- und Südosteuropa große Gebiete,von denen Sie wissen, wie sehr sie unter dem Herabkommen derValuta leiden. Dieses Herabkommen der Valuta, dem Volkswirtschaf-ter tritt es entgegen, ich möchte sagen, als eine große Erscheinunggegenüber kleinen Erscheinungen, die es früher auch immer gege-ben hat. Man wußte, wenn die Valuta auf irgendeinem Gebiete fällt,dann wird dadurch die Einfuhr in das betre�ende Gebiet etwas un-tergraben; die Ausfuhr wird dadurch um so mehr gefördert. DiesesGesetz, es läßt sich nicht mehr anwenden auf die Verheerungen derWirtschaftsverhältnisse, die in Mittel- und Osteuropa eingetretensind.

Aber bis jetzt hat sich bloß gezeigt, welches die Nachteile des Sinkensder Valuta in gewissen Gebieten sind! Sie werden nicht sehr langedazu brauchen, um einzusehen, wie groß die Nachteile des Steigensder Valuta in einem Lande sind! Die werden kommen, und es wirdgar nicht so lange dauern, dann werden die Länder mit sinkenderValuta, wo die Wirtschaftsverhältnisse zurückgehen, nicht allein

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stehen in ihrer Sorge, es werden die Länder mit steigender Valutamit furchtbaren Gefühlen an ihre hohe Valuta denken.

Diese Dinge, die zeigen dem, der in die Verhältnisse hineinschauenkann, nur, wie dadurch, daß heute im Grunde das Wirtschaftsgebietder Erde doch eine Einheit bildet, trotz aller Staatengliederungen,wie das Wohl und Wehe eines kleinen Gebietes der Erde von demWohl und Wehe der ganzen Erde abhängt. Daher kann auch heutenur über die sozialen Verhältnisse in ganz internationalem Sinnegedacht werden.

Goldwährung hat nicht zum Freihandel geführt

Quelle [16]: GA 334, S. 196-198, 1/1983, 26.04.1920, BaselÖ�entlicher Vortrag

Sehen Sie, meine sehr verehrten Anwesenden, wenn Jemand als Che-miker behaupten würde, er habe ein Mittel erfunden, um Wäsche zubleichen, ein neues Mittel, um Wäsche zu bleichen, und er dann die-ses Mittel in Angri� nehmen würde, und siehe da, die Wäsche würdevon diesem Mittel schmutzig braun, man würde ihn wahrscheinlichnicht für einen guten Chemiker halten, und man würde sagen: Derversteht eigentlich nichts von der wirklichen chemischen Wissen-schaft. So gilt es heute durchaus auf dem Gebiete der Technik unddes äußeren Lebens, insofern dieses Gebiet abhängig ist vom natur-wissenschaftlichen Denken. So gilt es aber durchaus nicht, wenn essich um jene Technik handelt, die im Wirtschaftsleben, in der Hand-habung des Wirtschaftslebens zutage tritt, und die in irgendeinerWeise abhängig sein soll auch von einem gesunden wirtschaftlichenDenken, von einer wirklichen, sagen wir National- oder Sozialöko-nomie oder dergleichen. Sehen Sie, dafür ein Beispiel – aber ichkönnte viele anführen: Es ist schon einige Zeit her, da stritt manviel in der internationalen Welt unter denjenigen Leuten, die über

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wirtschaftliche Fragen nachdachten, wie man am besten derjenigenwirtschaftlichen Bewegung Geltung verscha�en könnte, welche manFreihandelsbewegung nennt. Man untersuchte von einem gewissenGesichtspunkte aus, welche Schädigungen das internationale Wirt-schaftsleben dadurch erleidet, daß an den Grenzen der Länder Zölleerhoben werden und dergleichen; Zölle, denen die verschiedenstenAbsichten zugrunde liegen. Kurz, es gab einmal Parlamente – Jetztsind sie ja schon lange vorbei die Zeiten –, in denen man als ein Ideal,als ein wirtschaftliches Ideal, die Freihandelsbewegung ansah. Manhat dann nach einem Mittel gesonnen in gewissen Kreisen, wie manden Freihandel, den Zollfreihandel vor allen Dingen fördern kann.Da lag man sich in den Haaren, so stark lag man sich in den Haaren,daß man sagte: Durch die Liebe und durch die Schutzzollfrage wirdman in der Welt am meisten närrisch. Da lagen sich dazumal dieAnhänger der Goldwährung und die Anhänger des Metallismus, derGold- und Silberwährung in den Haaren. Die Anhänger der ver-meintlichen Goldwährung, das waren diejenigen Menschen, die dasagten aus ihrer wissenschaftlich-wirtschaftlichen Einsicht heraus:Indem wir die Goldwährung fördern, fördern wir den Freihandel. –Das war wirtschaftlich-wissenschaftliche Überzeugung.

Was hat dann die Wirklichkeit ergeben? Es hat sich allerdings derZufall ereignet, daß gerade, nachdem diese wissenschaftlich-wirt-schaftlichen Deklamationen losgelassen waren, daß da gerade be-deutende Goldfunde in Afrika gemacht worden sind, und diejenigenLänder, welche wenig hatten gerade von den Gebieten, in denenGold gefunden wurde, konnten das Gold in besonders reichlichemMaße ausprägen. Aber mit solchen Dingen müßte man ja eigentlichimmer rechnen, müßte vor allen Dingen das Analogon des Chemi-kers rechnen damit, was ich zur Verdeutlichung angeführt habe.Aber in Wirklichkeit, was hat sich ergeben? Es hat sich ergeben,daß durch Einführung der Goldwährung überall die Schutzzollbe-wegung in die Wege geleitet worden ist, das heißt, die Wirklichkeit

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hat genau das Gegenteil von dem gezeigt, was man theoretisch auswirtschaftlichem Denken vorausgesagt hat.

Genau so ist es eingetro�en, wie wenn ein Chemiker mit einemMittel, das bleichen soll die Wäsche, die Wäsche schmutzig braunmachte. Wie gesagt, solche Beispiele könnte man viele anführen,wo aus dem wirtschaftlichen Denken heraus die Wirklichkeit nichtim allerentferntesten berührt wird, wo die Wirklichkeit gerade imentgegengesetzten Sinne verläuft. Solche Beispiele könnte man vieleanführen.

Wer heute die Frage aufwirft: Gibt es eine wirtschaftliche Krise, eineinternationale wirtschaftliche Krise? – der braucht ja wahrhaftignur auf die Verhältnisse zu schauen. Diese wirtschaftliche Krise istja überall vor der Türe. Über die besondere Gestaltung und überdie Ursache denken allerdings die Leute in der verschiedenstenWeise. Aber kann man denn eigentlich ho�en, daß bei einem sogearteten Denken gegenüber der Wirklichkeit ein so kompliziertesPhänomen, eine so komplizierte Tatsache, wie die internationaleWirtschaftskrise, ohne weiteres verstanden werden kann?

Nicht wahr, das kann nicht der Fall sein! Nun werden Sie sagen:Aha, da ist einer, der behauptet, die wirtschaftlichen Denker seienalle dumm, sie wissen alle nichts; die Wirtschaft läuft, und die wirt-schaftlichen Denker sind alle dumm. Nein, ich behaupte durchausnicht, daß alle dumm seien, behaupte vielmehr, daß es unter denwirtschaftlichen Menschen sehr gescheite Leute gibt, in gewisserBeziehung viel gescheiter als in allen anderen Berufen des Lebens,daß aber dasjenige, was die Monometallisten, die Anhänger derGoldwährung waren, geredet haben, und das, was geschehen ist,das Gegenteil von dem war, was die sehr gescheiten Leute in sehrgescheiten Sätzen und Wendungen und Theorien vertreten haben.Nein, das behaupte ich durchaus nicht, daß alle Wirtschafter dummsind, sondern ich will gerade ausgehen von der merkwürdigen Tat-

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sache, daß die moderne Zivilisation die eigentümliche Erscheinungheraufgebracht hat, daß man ein glänzender wirtschaftlicher Denkersein kann, und genau das Gegenteil von dem denken kann, wasim wirtschaftlichen Leben Wirklichkeit ist! Das ist eine au�älligeErscheinung, eine Erscheinung, die sich aber auch darinnen nochzeigt, daß man eigentlich gegenüber der heutigen europäischen Ver-wirrung ziemlich hil�os ist gerade in den Kreisen derjenigen, die inhergebrachter Weise das wirtschaftliche Denken am besten gelernthaben.

Deutsches Währungsproblem schon vor dem Weltkrieg

Quelle [16]: GA 334, S. 217-218, 1/1983, 26.04.1920, BaselÖ�entlicher Vortrag

Man denke nur einmal, wie sich das bloße abstrakte Wirtschaftenim Gelde von den realen Verhältnissen loslösen kann. Nehmen SieDeutschland vor dem Jahre 1914. Da wurde ungefähr in einem Jahre5 bis 6 Milliarden Kapital erspart und erarbeitet. Neue Emissionenauch unter Einbeziehung von Pfandobligationen, Grundbuchschul-den und alldem, was ausgegeben wurde für Luxusbauten, neue Woh-nungen und dergleichen, das gab zusammen vor dem Jahre 1914ungefähr 11 Milliarden Mark. Erarbeitet, erspart wurde ein Kapitalvon 5 bis 6 Milliarden, neue Emissionen beliefen sich auf 11 Milliar-den, doppelt so viel! Was bedeutet das? Das bedeutet: man bewegtsich jenseits der wirklichen Wirtschaft, denn die wirkliche Wirt-schaft muß erarbeitet werden: Jenseits der wirklichen Wirtschaftsteckt der Kapitalwert, um das doppelte dessen, was der reale Kapi-talwert ist. Denn der erarbeitete Kapitalwert hätte bloß aus neuenEmissionen und Pfandrechtsobligationen in Höhe von 5 bis 6 Milliar-den Mark erscheinen dürfen. Das war ja in Wirklichkeit da. DenkenSie sich, wohin das führt, wenn in dieser Weise sich die abstrakte

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Geldwirtschaft emanzipiert von der konkreten des Wirtschaftsle-bens!

Einheitliche Goldwährung macht Schutzzölle notwendig

Quelle [16]: GA 334, S. 227-228, 1/1983, 04.05.1920, BaselÖ�entlicher Vortrag

Es haben manche Leute, die heute aus mehr oder weniger Ideolo-gie, aus Utopismus heraus das soziale Leben reformieren wollen,ja auch schon bemerkt, worauf ich jetzt hinweisen will; aber siehaben es nicht so bemerkt, daß sie haben hinschauen können aufdas Prinzipielle, auf das es ankommt.

Man kann, wenn man verschiedene Bewegungen des 19. Jahrhun-derts verfolgt, die seit der Mitte des Jahrhunderts darauf ausgingen,an die Stelle der Gold- und Silberwährung, der Doppelwährung,die Goldwährung als einheitliche Währung zu setzen, man kannbemerken, daß diese Anhänger des, sagen wir, Monometallismus,unter einem ganz bestimmten Gesichtspunkte die Sache anfaßten.Sie sagten – und man kann das aus unzähligen Parlamentsberichtender europäischen Volksvertretungen konstatieren –, es müsse sichunter dem Ein�usse der einheitlichen Goldwährung über die ganzezivilisierte Welt hin der Freihandel entwickeln, der Freihandel alsder eigentliche Träger des ungehinderten Wirtschaftslebens, dernicht beeinträchtigt werde durch allerlei Zollschranken, Schutzzöl-le und so weiter. In allen möglichen Tonarten ist dieses von derFörderung des Freihandels durch den Monometallismus, durch dieGoldwährung, besprochen worden. Aber was ist eingetreten unterdem Ein�uß der Goldwährung? Gerade dort, wo diese Goldwährungin radikaler Weise eingedrungen ist, ist überall das Gegenteil vondem gekommen, was die gescheiten ökonomischen Praktiker vor-ausgesagt haben! Überall hat sich die Notwendigkeit ergeben, zu

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Schutzzöllen zu greifen, einschließlich der amerikanischen Staaten.Das heißt, diejenigen, die über die Goldwährung gesprochen ha-ben aus ihrer praktischen Lebenskenntnis heraus oder aus national-ökonomischer Wissenschaft heraus, sie haben sich fast alle überdasjenige geirrt, was in der Wirklichkeit wurzelte.

Nun kann man sagen: Sind denn die Menschen alle dumm gewesen?Haben denn die Menschen wirklich keine Logik gehabt? Haben sieso wenig verstanden von dem Leben, daß das Gegenteil von dem ein-getreten ist, was sie vorausgesagt haben? Ich bin nicht der Ansicht,daß die Leute etwa lauter Dummköpfe gewesen wären, die im Lau-fe des 19. Jahrhunderts sich für den Freihandel auseinandergesetzthaben, ich �nde sogar, daß das sehr gescheite Leute gewesen sind,daß sie mit scharfer Logik gesprochen haben und dennoch nichtsgetro�en haben von der Wirklichkeit!

Dasjenige, was nicht eingesehen wird, wenn man heute eine solcheSache bespricht, ist eben, daß man im Sinne derjenigen Denkungs-weise, die sich im Laufe der letzten drei bis vier Jahrhunderte inder zivilisierten Welt herausgebildet hat, sehr gescheit sein kannund dennoch mit seinem Urteil wirklichkeitsfremd sein kann, daßman sich für einen großen Praktiker halten und die unpraktischstenRatschläge geben kann, die nur irgend möglich sind. Und im Grundegenommen waren es diese unpraktischen Ratschläge, die im Laufeder letzten Jahrzehnte die Menschheit in ihre furchtbare Katastrophehineingetrieben haben. Man hat insbesondere in Deutschland sehenkönnen, wie die wirkliche Beherrschung der Zustände allmählichübergegangen ist in das Urteil der großen oder kleinen industriellenund kommerziellen Führer des Staates. Andere Leute sind mehr oderweniger abhängig geworden von den industriellen und kommerzi-ellen Führern. Viel größer war der Ein�uß der kommerziellen undindustriellen Führer, als man eigentlich denken möchte. Erst wäh-rend des Krieges hat sich gezeigt, wie eigentlich alles auf die Urteile

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von diesen Seiten gehört hat, und wie verhängnisvoll die Urteile vondiesen Seiten aus geworden sind.

Und daran konnte man eben sehen, daß sich das ganze ö�entlicheLeben gewissermaßen summiert aus dem Urteile solcher angebli-chen Praktiker heraus. Das aber hat die Summe gegeben, die als dieverhängnisvolle Katastrophe über die zivilisierte Menschheit in denletzten fünf bis sechs Jahren hereingebrochen ist und die noch langenicht abgeschlossen ist.

Was anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft überhauptveranlaßt aufzutreten, das ist die Bemerkung dieser Tatsache. Daswar der Grund, warum gerade von der Seite her, von der diese an-throposophisch orientierte Geisteswissenschaft geltend gemachtwird, immer wieder und wiederum auf die praktische Auslebung die-ser Geisteswissenschaft hingewiesen werden muß. Ich weiß, wie eseinzelne Menschen, selbst die kleine Gruppe hier in Basel überraschthat, als ich vor vielen Jahren darauf hingewiesen habe, daß wir ja miteiner sozusagen halbpraktischen Tätigkeit begonnen haben, nämlichMysterienspiele aufzuführen.

Das haben schon manche „Mystiker“ für etwas gehalten, das maneigentlich nicht tun sollte; denn da verschwägert man sich schon ineiner gewissen Richtung mit praktischen Maßnahmen, die man nötighat. Aber ich habe dazumal gesagt: Mein Ideal wäre es, nicht etwabloß Spiele aufzuführen, sondern eine Banktätigkeit zu entfalten,um gerade das Praktischste des Lebens mit derjenigen Denkwei-se zu durchdringen, welche notwendig ist, wenn man fruchtbareGeisteswissenschaft treiben will. Indem ich immer davon überzeugtsein mußte, aus sachlichen Untergründen heraus, daß man nichtdurch ein ungesundes, kurzsinniges Denken zu den Ergebnissenkommt, zu denen Geisteswissenschaft kommen will, sondern geradedurch ein gesundes, Umsichtiges und geistesgegenwärtiges Denken,und daß man lernen kann an Geisteswissenschaft das Denken so zu

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schulen, wie man es unter der materialistischen Betrachtungsweiseder letzten Jahrhunderte eben nicht schulen konnte; daß man geradepraktisch werden kann für das Leben durch die gesunde Denkweise,die notwendig ist, wenn man Geisteswissenschaft in dem Sinne, wiees hier gemeint ist, treibe. Ich möchte sagen: Es fällt gewisserma-ßen als ein Nebenprodukt ab die gesunde Behandlung des Lebens.Man ist gedrängt, wenn man nicht, blöde, nebulose, sondern wahreEinsicht in das Weltwesen durch Geisteswissenschaft erwerben will,nicht ein schwafelndes, nebuloses Denken zu entfalten, sondern einDenken von viel größerer Klarheit, als man es heute gerade in derWissenschaft gewöhnt ist. Und entfaltet man dieses Denken, gibtman sich Mühe, das zu verstehen, was Geisteswissenschaft Verstan-den wissen will, dann schult man das Denken nebenbei so, daß manauch in praktischen Gebieten des Lebens richtig und sachgemäßdenken kann und nicht mehr voraussagt, der Monometallismus wer-de den Freihandel entwickeln, wenn die Verhältnisse so liegen, daßunter der Goldwährung gerade die Schutzzölle kommen!

Aktives Denken durchschaut Unsinn der Goldwährung

Quelle [16]: GA 334, S. 244-245, 1/1983, 04.05.1920, BaselÖ�entlicher Vortrag

Sehen Sie, wenn man meine „Geheimwissenschaft“ nehmen undlesen würde mit derjenigen Gesinnung, die man heute besondersliebt, dann ist sie strohern, dann haben Sie auch ein Recht, darüberzu schimpfen. Sie ist nicht in der Lage, Ihnen so viel zu sagen, wieIhnen gesagt wird, wenn Sie sich in ein Kino setzen und da Bilder vorIhnen abrollen. Sie brauchen nicht viel zu arbeiten. Sie können dapassiv sein. Wenn Sie einem Vortrag zuhören, der mit Lichtbilderngemacht wird, können Sie auch schlafen. In den Zwischenteilenkönnen Sie Ihre Aufmerksamkeit passiv den Lichtbildern hingeben.

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Anders schon ist es mit einem solchen Vortrag, wie ich ihn mir erlau-be. Da muß man in einer gewissen Weise selbst mitgehen, wenn ereine Bedeutung haben soll für den Menschen. Aber erst in der Litera-tur – meine „Geheimwissenschaft“ hat für niemand einen Inhalt, dernicht darauf eingeht, sie selbst zu erarbeiten. Sie ist gewissermaßennur eine Partitur, und man muß sich den Inhalt aus einer aktiveninneren Tätigkeit selbst erarbeiten; dann hat man ihn erst. Dadurchaber erwirbt man sich als Betrachter dessen, was der Geistesforschererkundet hat, dann erwirbt man sich aktives Denken, jenes Denken,das untertaucht in die Wirklichkeit, das mit der Wirklichkeit sichverbindet. Man erwirbt sich ein Denken, das nicht mehr sagt: Wennwir die Goldwährung einführen, werden wir Freihandel begünstigen.Dieses Denken, ganz außerhalb der Wirklichkeit stehend, ist unrealgegenüber der Wirklichkeit. Man schult sich an einem Denken, dasmit der Wirklichkeit innig verbunden ist und das auch in praktischenFällen sich orientieren kann an der Wirklichkeit. Das andere Denkenist ungeschult. Das geschulte Denken, das gewissermaßen als einNebenprodukt der geisteswissenschaftlichen Bestrebungen abfällt,bewirkt, daß man gegenüber den Forderungen, die heute das Lebenstellt, ein praktischer Mensch wird.

Deshalb darf auch diese Geisteswissenschaft geltend machen, diescheinbaren Praktiker, die illusionären Praktiker, die – ja, wie sollich sagen, großmäulig darf ich wohl nicht sagen –, die großmäuligalles gewußt haben, was da wird im Geschäfts- und anderen Leben,und die das Leben so zerschlagen haben, wie es zerschlagen wordenist, die werden ersetzt werden müssen durch diejenigen Menschen,welche etwas zu sagen wissen über den wirklichen Gang des Lebens,weil sie gelernt haben, etwas zu sagen über das Leben, insofern esdas Verhältnis des Menschen zum Universum betri�t.

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Gesetz und Vertrag

Quelle [17]: GA 337a, S. 206-207, 1/1999, 16.06.1920, StuttgartStudienabend des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organis-mus

Bei Erkenntnissen müssen wir immer uns der Wirklichkeit gegen-überstellen, und aus der Wirklichkeit heraus müssen wir durchErkenntnisse den Impuls zu dem bekommen, was wir tun sollen. Soist es bei der Erziehung und auch bei allem anderen, von dem ichgezeigt habe in den „Kernpunkten“, daß es von dem geistigen Gliededes sozialen Organismus ausgehen muß. Bei Gesetzen, wie ist esdenn da? Gesetze werden gegeben, damit das staatlich-politischeLeben, das Rechtsleben, bestehen kann. Aber man muß warten, biseiner nötig hat, im Sinne eines Gesetzes zu handeln, erst dann mußer sich um dieses Gesetz kümmern. Oder man muß warten mit derAnwendung des Gesetzes, bis einer es übertritt. Kurz, es ist immeretwas da, das Gesetz, aber erst für den Fall, der eventuell eintretenkann. Immer ist das Wesen der Eventualität vorhanden, der casuseventualis. Das ist etwas, was immer dem Gesetz zugrundeliegenmuß. Man muß warten, bis man mit dem Gesetz etwas machen kann.Das Gesetz kann da sein; wenn es nicht einschlägt in meine Sphä-re, dann interessiert mich das Gesetz nicht. Es gibt ja heute vieleMenschen, die glauben, daß sie sich für das Gesetz im allgemeineninteressieren, aber es ist doch so, wie ich es jetzt angedeutet habe –wenn einer ehrlich ist, muß er das zugeben. Also: das Gesetz ist et-was, was da ist, was aber auf die Eventualität hin arbeiten muß. Dasist dasjenige, was nun zugrundezuliegen hat dem rechtlichen, demstaatlichen, dem politischen Teil des dreigegliederten Organismus.

Beim wirtschaftlichen Gliede kommt man mit dem Gesetz nicht aus,denn es reicht nicht aus, Gesetze bloß zu geben etwa darauf, obeinem aus diesen oder jenen Verhältnissen das oder jenes in einer

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bestimmten Weise geliefert werden soll. Da kann man nicht aufEventualitäten hin arbeiten. Da tritt ein drittes neben der Erkenntnisund neben dem Gesetz auf, das ist der Vertrag, der bestimmte Ver-trag, der geschlossen wird zwischen denen, die wirtschaften – denKorporationen und den Assoziationen –, der nicht wie das Gesetzauf das Eventuelle hin arbeitet, sondern der auf das ganz bestimmteErfülltwerden hin arbeitet. Ebenso wie die Erkenntnis im geistigenLeben und wie das Gesetz im staatlich-politisch-rechtlichen Lebenherrschen muß, so muß herrschen der Vertrag, das Vertragswesen inall seinen Verzweigungen im Wirtschaftsleben. Das Vertragswesen,das nicht auf Eventualität, sondern auf Verbindlichkeit hin vorhan-den ist, das ist dasjenige, was bewirken muß alles das, was Sie in den„Kernpunkten“ geschildert �nden als das dritte Glied des sozialenOrganismus.

Wir können also sagen, wir haben da drei anschauliche Gesichts-punkte, aus denen heraus wir verstehen können, wie dem Wesennach diese drei Glieder sein müssen. Alles, was im Leben unterliegtden Erkenntnissen, das muß verwaltet werden auf dem freien Bodendes geistigen Gliedes. Alles, was im Leben in Gesetze eingespanntwerden kann, gehört dem Staate an. All das, was dem verbindlichenVertrag unterliegt, muß dem Wirtschaftsleben eingefügt werden.

Loslösung der Individualität durch abstrakte Geldwirtscha�

Quelle [17]: GA 337a, S. 290-292, 1/1999, 15.09.1920, StuttgartStudienabend des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organis-mus

Es ist noch die einschneidende Frage gestellt worden, welches diegeistigen Untergründe der Loslösung des Geldmarktes vom Waren-markt seien. Wir können uns eine solche Frage nur beantworten,wenn wir uns bewußt werden, daß Behauptungen, wie ich sie heute

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ausgesprochen habe, im absolut richtigen Sinne genommen werdenmüssen und daß sie nicht etwa nur eine relativ richtige Geschichts-kritik bedeuten. Wenn man sagt: durch die Emanzipation des Geldesist diese oder jene Atmosphäre gescha�en worden – so kommt esdoch darauf an, diese Atmosphäre zu betrachten. Wenn man diesesAbstraktwerden des Geldmarktes betrachtet, wo es gleichgültig ist,was das Geld bedeutet, dann wird man darauf hinweisen müssen,daß das für den allgemeinen Entwicklungsgang notwendig war. Ichhabe in dieser Beziehung oft darauf hingewiesen, wie seit der Mittedes 15. Jahrhunderts in der zivilisierten Menschheit der Drang lebt,die Individualität loszulösen von der Gruppenhaftigkeit, wie Demo-kratie immer mehr und mehr der Impuls der Menschheit gewordenist, wie der einzelne Mensch immer mehr und mehr zur Geltungkommen soll und wie auch das zur Geltung kommen soll, was mehraus seinem Innern herauskommt. Für diesen ganzen Entwicklungs-gang der Menschheit war das Abstraktwerden des Wirtschaftslebensunter dem Geldein�uß eine Notwendigkeit. Und es handelt sich nurdarum einzusehen, das alles, was entsteht, nach einem gewissenZeitablauf eine Korrektur erfahren muß, oder es muß etwas andereshinzukommen, was die Schäden ausgleicht. Denn im wirklichen Le-ben ist es nicht so, daß es etwas absolut Gutes gibt; alles im Leben istnur relativ. Man kann nicht sagen, wenn ich heute zerrissene Stiefelhabe, daß sie unbedingt schlecht sind; sondern es ist das Schicksalvon guten Stiefeln, daß sie mit der Zeit schlecht werden. Auch im bes-ten Wirtschaftsleben kommt es zu Schäden, wenn gewisse Aufgabensich ausgelebt haben. So ist es auch mit der Geldwirtschaft. Sie warnicht von Anfang an schädlich. Man studiere die Geldverhältnissein der Zeit der Mitte des 19. Jahrhunderts; sie haben Wesentlichesbeigetragen zum Heraufkommen der demokratischen Anschauun-gen. Dann aber kam die Zeit, wo eine solches Abstraktwerden desGeldes seine Grenzen �nden mußte. Ich darf gewiß von einer Ab-straktion sprechen, denn man darf die Funktion des Geldes zum

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Beispiel durchaus vergleichen mit dem inneren Seelenvorgang desAbstrahierens.

Es gibt da eine au�allende Erscheinung, zum Beispiel in der theo-sophischen Bewegung. Diese theosophische Bewegung, mit der dieanthroposophische Bewegung früher in einer gewissen Verbindungwar, ist eigentlich eine materialistische Bewegung. Sie redet zwarvon den höheren geistigen Gliedern des Menschen, aber sie meintdoch nur, wenn sie zum Beispiel vom Ätherleib spricht, der sei etwasDünneres, Feineres als der physische Leib, ebenso sei der astralischeLeib dann noch etwas Dünneres und so weiter. Man wendet also im-mer nur materialistische Gedanken an, und diese materialistischenGedanken setzen sich in den Köpfen ganz furchtbar fest. Und als dieLeute in der theosophischen Bewegung einmal etwas ganz Geschei-tes machen wollten, begannen sie, in bezug auf die wiederholtenErdenleben vom „permanenten Atom“ zu sprechen. Sie meinten, esmüsse physisch doch etwas übergehen in die nächste Inkarnationdes Menschen. Von der Naturwissenschaft hatten die Leute gelernt,der Mensch bestehe aus Atomen und beim Tode des Menschen wür-den die Atome in die Erde fallen. Und so hatten sich die Theosophendie Lehre vom „permanenten Atom“ ausgedacht: Dieses eine Atomwürde nicht begraben, das gehe durch den Tod durch, und um dieseseine permanente Atom herum würden sich dann im nächsten Lebendie andern Atome herumgruppieren. Da haben wir unter dem Scheineiner spirituellen Bewegung den krassesten Materialismus. So ist es,wenn man sich ganz in das Abstrakte hinein verstrickt. So haben Siedas Abstrakte im Seelenleben, und so haben Sie im Wirtschaftslebendas Geld als abstrakte Ware.

Und weil das, was im wirtschaftlichen Leben geschieht, nur die äu-ßere Seite des Geisteslebens ist, so hängt dieses Wirtschaftsleben mitdem Geistesleben wirklich zusammen. Denn die Ansicht ist falsch,welche glaubt, da unten gingen nur die wirtschaftlichen Prozesse vor

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sich und denen gegenüber sei das Geistesleben nur eine Ideologie.Richtig aber ist es: Das Wirtschaftsleben einer bestimmten Zeit unddas Geistesleben einer bestimmten Zeit – nicht genau derselbenZeit – verhalten sich zueinander wie die Nuß zur Nußschale: Daswirtschaftliche Leben ist immer die Absonderung des Geisteslebensund bekommt von ihm seine Form. Daher kann, nachdem das Geis-tesleben sich so verabstrahiert hat, auch das Wirtschaftsleben sichnur verabstrahieren. Daher haben wir zuerst die Zeit der abstraktenDenkweise und erst dann die Zeit des abstrakten Geldwesens. Dassind Zusammenhänge, die beachtet werden sollten.

Objektiver Preis bei Kapital unmöglich

Quelle [3]: GA 079, S. 246-250, 2/1988, 30.11.1921, Oslo (Kristiania)Ö�entlicher Vortrag

Es ergibt sich nun, daß all dasjenige, was Ware ist, einen wirklichenobjektiven Wert im Zusammenhange nicht nur des Wirtschaftsle-bens, sondern des gesamten sozialen Lebens haben kann. Einfachdurch das, was ein Produkt bedeutet innerhalb des Konsumtions-lebens, bekommt es einen bestimmten Wert, der durchaus eine ob-jektive Bedeutung hat. Ich muß nun erörtern, was ich jetzt mit demWorte „objektive Bedeutung“ meine.

Mit „objektive Bedeutung“ meine ich nicht, daß man diesen Werteiner Ware, von dem ich jetzt spreche, etwa durch Statistik oderdergleichen unmittelbar angeben könne. Dazu sind die Verhältnisse,aus denen heraus eine Ware ihren Wert erhält, viel zu kompliziert,viel zu mannigfaltig. Aber abgesehen von dem, was man zunächstdarüber wissen kann, hat außerhalb unserer Erkenntnis jede Wareeinen ganz bestimmten Wert. Wenn eine Ware einen bestimmtenPreis auf dem Markt hat, so kann dieser Preis für den wirklichenobjektiven Wert entweder zu hoch oder zu niedrig sein, oder er

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kann mit ihm übereinstimmen. Aber so wenig maßgebend der Preisist, der äußerlich uns entgegentritt – weil er durch irgendwelcheandere Verhältnisse gefälscht sein kann –, so wahr ist es auf deranderen Seite, wenn man in der Lage wäre, alle die tausend undabertausend einzelnen Bedingungen anzugeben, aus denen herausproduziert und konsumiert wird, so würde man den objektiven Werteiner Ware angeben können. Daraus geht hervor, dass das, was Wareist, in einer ganz besonderen Art im wirtschaftlichen Leben drinnensteht. Was ich nämlich nun den objektiven wirtschaftlichen Wertnenne, das kann man nur auf die Ware anwenden, das kann mannicht anwenden auf anderes, das heute in einem ähnlichen Sinne inunserem wirtschaftlichen Leben drinnen steht wie die Ware. Mankann es nämlich nicht anwenden auf Grund und Boden, und mankann es nicht anwenden auf das Kapital.

Ich möchte nicht missverstanden werden, Sie werden von mir nie-mals zum Beispiel Charakteristiken des Kapitalismus hören, wieman sie heute so oft erhält, und die aus allerlei Schlagworten herauskommen. Es ist ja so selbstverständlich, daß man es gar nicht weiterauszuführen braucht, daß im heutigen Wirtschaftsleben ohne Kapi-talien gar nichts auszurichten ist, und daß das Wettern gegen denKapitalismus eben ein wirtschaftlicher Dilettantismus ist. Also nichtdasjenige, was man heute so oftmals hören kann, liegt in dem, wasich jetzt über das Kapital und über Grund und Boden zu sagen habe,sondern doch etwas anderes. Wenn man bei jeder Ware angebenkann, daß ihr Preis über oder unter einer allerdings nicht ohne wei-teres angebbaren Mitte liegt, die aber objektiv vorhanden ist, und diedas allein Heilsame ist, obwohl sie zunächst nicht erkannt werdenkann, so kann man das nicht angeben für etwas, was heute gleicheiner Ware behandelt wird: für Grund und Boden. Der Preis fürGrund und Boden, der Wert von Grund und Boden unterliegt heu-te durchaus dem, was man nennen kann menschliche Spekulation,was man nennen kann alles andere als soziale Impulse. Und es liegt

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keine Objektivität vor für eine Preisansetzung oder Wertansetzungim wirtschaftlichen Sinne für Grund und Boden. Das ist aus demGrunde so, weil eine Ware, nachdem sie vorhanden ist – gleichgültig,ob sie gut oder schlecht ist, ist sie gut, ist sie eben gut brauchbar, istsie schlecht, ist sie eben schlecht brauchbar –, ihren objektiven Wertselber festsetzen kann durch die Art und Weise und die Intensität,in der nach ihr Bedarf ist.

Das kann nicht gesagt werden von Grund und Boden, kann auchnicht gesagt werden von Kapital. Bei Grund und Boden und bei demKapital hängt die Art und Weise, wie er trägt, wie er sich hineinstelltin den ganzen sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhang, durch-aus von den menschlichen Fähigkeiten ab. Sie sind niemals etwasFertiges. Habe ich irgendeinen Grund und Boden zu verwalten, sokann ich ihn nur verwalten nach meinen Fähigkeiten, und sein Wertist dadurch etwas durchaus Variables. Ebenso ist es in bezug auf dasKapital, das ich zu verwalten habe. Derjenige, der diese Tatsachein ihrer vollen Bedeutung praktisch studiert, der wird eben sagenmüssen: Dieser radikale Unterschied zwischen einer Ware einerseits,Grund und Boden und Kapital andrerseits, ist durchaus vorhanden.– Und daraus ergibt sich, dass gewisse Symptome, die in unseremWirtschaftsleben auftreten und die uns deutlich als Krankheitssym-ptome des sozialen Organismus erscheinen, dass sie in irgendeinemZusammenhange gedacht werden müssen mit dem, was sich im wirt-schaftlichen Leben dadurch ergibt, daß man praktisch mit demselbenGelde, das heißt mit derselben Wertschätzung behandelt das, was ei-gentlich gar nicht kommensurabel ist, daß man also zusammenwirftund gegeneinander auf dem Umwege durch das Geld zum Austau-sche bringt, zur wirtschaftlichen Wechselwirkung bringt, was seinerinneren Wesenheit nach ganz verschieden ist, also auch verschiedenim wirtschaftlichen Leben behandelt werden müsste.

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Und wenn man nun weiter praktisch studiert, wie eigentlich in unse-ren sozialen Organismus hineingekommen ist die Gleichbehandlung,sozusagen das Zahlen mit demselben Gelde sowohl für Waren, alsofür Gebrauchsgüter, wie auch für Grund und Boden und für Kapital,das ja im Grunde genommen auch ein Gegenstand des Handels ge-worden ist, wie jeder weiss, der das Wirtschaftsleben kennt, wennman sich also fragte, wie das eigentlich gekommen ist, und das ge-schichtliche Werden der Menschheit verfolgt, so sieht man, dassunorganisch heute zusammenwirken in unserem sozialen Organis-mus drei Gebiete des Lebens, die im Grunde genommen aus ganzverschiedenen Wurzeln stammen und die einen Zusammenhang imsozialen Leben nur durch den individuellen Menschen haben.

Die Kardinalfrage des Wirtscha�slebens

Quelle [3]: GA 079, S. 268, 2/1988, 30.11.1921, Oslo (Kristiania)Ö�entlicher Vortrag

[Die] Kardinalfrage des Wirtschaftslebens ist diese: Wie muß inbezug auf Kapital, Grund und Boden, Bemessung und Bewertungder menschlichen Arbeit, das Staatsleben und Geistesleben in dasreine Wirtschaftsleben selbständig hineinwirken, damit im Wirt-schaftsleben durch die Ausgestaltung der Assoziationen zwar nichtein irdisches Paradies, aber ein möglicher sozialer Organismus ge-scha�en werde?

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Das Buch „Die Kernpunkte der sozialen Frage“ war eineWarnung vor dem Valutasturz

Quelle [4]: GA 081, S. 099-102, 1/1994, 09.03.1922, BerlinÖ�entlicher Vortrag

Als mein Buch „Die Kernpunkte der sozialen Frage“ zuerst verö�ent-licht wurde, �el es in eine Zeit mitteleuropäischer Entwicklung, dieunmittelbar gefolgt war der furchtbaren Kriegskatastrophe. Es wareine Zeit, die dem Versailler Vertrag vorangegangen war; es war eineZeit, in welcher die Valutaverhältnisse der mitteleuropäischen undder osteuropäischen Staaten noch wesentlich andere waren. Nichtaus irgendeinem Wolkenkuckucksheim heraus waren die Impulsegemeint, die damals in meinen „Kernpunkten“ niedergeschriebenwurden, sondern sie waren aus der unmittelbaren Weltsituation derdamaligen Zeit heraus so gedacht, daß ich glauben durfte, wenn einegrößere Anzahl von Menschen sich fände, welche auf Grundlagedieser Anregungen Weiteres suchte, dann würde man – namentlichvon Mitteleuropa aus – einen Impuls auch in die wirtschaftlicheEntwicklung hineinwerfen können, der zu einer Art von Aufstiegführen könnte in dem ja damals deutlich vernehmbaren und bisheute andauernden Abfall des Wirtschaftslebens und des sozialenLebens überhaupt. Man konnte damals sich sagen, wenn man ausden sehr komplizierten Verhältnissen der Weltsituation heraus dach-te: Vielleicht bleibt kein Stein stehen, so wie er hineingebaut ist indas Ideengebäude der „Kernpunkte der sozialen Frage“ –; aber dieseIdeen waren überall herausgedacht aus demjenigen, was war. Dochman könnte sie angreifen, und es wäre vielleicht etwas ganz ande-res herausgekommen, als man zunächst schriftlich �xieren konnte.Denn nicht darauf kam es an, Ideen in utopistischer Weise hinzustel-len, die ein Bild etwa eines sozialen Zukunftsorganismus entwerfenwollten; sondern darauf kam es an, Menschen zu �nden, welcheverstanden: Hier liegen reale, unmittelbar im Leben vorhandene

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Probleme vor; wir müssen uns aus unserer Sachkenntnis heraus mitdiesen Problemen befassen und müssen sehen, ob wir, indem wir unsmit diesen Problemen befassen, dann immer weiteres und weiteresVerständnis �nden.

Nun ist im Grunde genommen etwas ganz anderes eingetreten. Eshaben sich auf der einen Seite wohl Theoretiker gefunden, welcheüber das, was in meinem Buche steht, allerlei Diskussionen gep�o-gen haben, welche an das dort Ausgesprochene allerlei Forderungengeknüpft haben. Es hat auch Theoretiker gegeben, die in vollständigmißverstehender Art das, was gesagt war, in utopistischem Sinneumdeuteten und immer wieder fragten: Wie wird sich dieses, wiewird sich jenes gestalten?, – was man ja eigentlich hätte abwartenmüssen. Es hat sich sogar die merkwürdige Tatsache herausgestellt,die für mich ganz überraschend war, daß gerade die wirtschaftli-chen Praktiker, die in irgendeinem Gebiete des Wirtschaftslebensmit ihrer Routine ganz gut drinnenstanden, die sich in diesem oderjenem Geschäftszweige auskannten und es abgelehnt hätten, sich inihrem Geschäftszweige etwas hereinreden zu lassen von dem, dernicht gerade in diesem Geschäftszweig versiert war –, daß diesePraktiker diskutierten über die Kernpunkte der sozialen Frage undsich durch das, was von ihnen als Folgerung gezogen wurde, geradeals die abstraktesten Theoretiker erwiesen. Es zeigte sich, daß manim Wirtschaftsleben ganz gut ein routinierter Praktiker sein konnte– im alten Sinne; unter den neuen Verhältnissen kannten sie sichnicht mehr aus –, daß aber diese Praktiker absolut nicht in der Lagewaren, das, was hier angeschlagen war in bezug auf die Problemeauch des Wirtschaftslebens, anders als gerade von dem Gesichts-punkte der abstraktesten Theorien aus zu diskutieren; so daß manda gerade in Verzwei�ung kommen konnte, wenn man Praktikerngegenüberstand und sich mit ihnen eine Diskussion entwickelte,wo sie durchaus nicht auf etwas Konkretes eingingen, sondern nurdas völlig triviale Allgemeine über die soziale Frage und nament-

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lich über den wirtschaftlichen Teil der sozialen Frage wiederholten,wenn man sich mit ihnen irgendwie darüber aussprach.

Das andere, was einem da entgegentreten konnte, war, daß zunächstja diejenigen, die nun so die ganz handfesten Praktiker sind, es über-haupt ablehnten, sich in solcher Weise über die mögliche Gestaltungder wirtschaftlichen Probleme zu unterhalten. Das Weitere war, daßja einiges Interesse zum Beispiel in sozialistischen Kreisen erwecktwerden konnte, daß man aber gerade dort die Erfahrung machenkonnte, daß das, was gewollt war, am allerwenigsten von dieserSeite verstanden wurde, und daß alles nur danach beurteilt wurde,ob es sich in die alten Parteischablonen einfüge oder nicht. Und soverging jene Zeit, aus der heraus diese Anregungen gedacht wa-ren. Es kam das ganze furchtbare Valuta-Elend, das aber in einerganz anderen Weise eigentlich zu beurteilen ist, als man es heutegewöhnlich beurteilt.

Als zuerst mein „Aufruf an das deutsche Volk und an die Kulturwelt“und dann die „Kernpunkte der sozialen Frage“ erschienen waren, dazeigte sich sogleich, wie einzelne Persönlichkeiten, die es ja in ihrerArt mit einer Gesundung des mitteleuropäischen Wirtschaftslebensganz ehrlich meinten, sagten: Ja, solche Vorschläge – sie nannten dasVorschläge – sind ja ganz schön, aber es sollte zunächst einmal gesagtwerden, wie wir zu einer Aufbesserung der Valuta kommen. Daswurde in Zeiten gesagt, als das Valuta-Elend gegenüber den heutigenVerhältnissen noch das reine Paradies war. Nun zeigt sich in solchenForderungen, wie man überall nur an den äußeren Symptomenherumpfuschen will. Es zeigt sich wenig Verständnis dafür, daß jain den Valutaverhältnissen nur die an die Ober�äche schlagendenungesunden Wirtschaftsverhältnisse sich symptomatisch anzeigen,daß man mit einer solchen Symptomenkur überhaupt das Übel garnicht anpackt, und daß es sich darum handelt, viel tiefer und tiefer indie sozialwirtschaftlichen Zustände der Gegenwart hineinzugehen,

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wenn man in irgendeiner Weise dazu kommen will, die Problemerealistisch zu besprechen, für die die Andeutung gegeben werdensollte in den „Kernpunkten der sozialen Frage“. Und so ist es denngekommen, daß das, was ich wiederholt am Schlusse von Vorträgen,die ich im Anschlusse an die „Kernpunkte“ hielt, damals gerufenhabe: man solle sich besinnen, ehe es zu spät ist –, daß dieses „Zuspät!“ in einem hohen Grade heute eingetreten ist, daß wir garnicht mehr in der Lage sind, in dem ursprünglichen Sinne, der die„Kernpunkte“ durchpulst, die Sache anzufassen; denn mittlerweile istdas Chaos des Wirtschaftslebens so hereingebrochen, daß wiederumganz andere Ergänzungen notwendig wären zu dem, was dazumalnicht bloß ausgesprochen werden sollte, sondern ausgesprochenwerden mußte, meiner Überzeugung nach. Und man wird wohldoch kaum vorübergehen können an einer Charakteristik unseresZeitalters im allgemeinen, wenn man das besprechen will, was heuteauch dem Wirtschaftsleben am allerschädlichsten ist.

Beim Geldproblem versagt die anthroposophischeBewegung

Quelle [4]: GA 081, S. 165-166, 1/1994, 18.03.1922, DornachVortrag vor Mitgliedern der anthroposophischen Gesellschaft

Von der Sozialwissenschaft [auf dem Berliner AnthroposophischenHochschulkurs] ist ja nur zu sagen, daß in einer außerordentlichlichtvollen Weise Emil Leinhas aus seinen tüchtigen Kenntnissenheraus über das Geldproblem der Gegenwart ganz Bedeutendes ge-sagt hat; aber es läßt sich ja über das Geldproblem der Gegenwart,wie Sie wohl selbst manchmal fühlen werden, nicht gerade außer-ordentlich viel Positives sagen. Das werden Sie schon hier in derSchweiz fühlen, in dem beinahe höchstvalutigen Lande; daß sichaber nicht viel Positives über das Geldproblem sagen läßt, wenn Sie

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über die Grenze hinüberkommen, das werden Sie ja glauben. Alsodas ist schon so, daß da nicht sehr viel Positives gesagt werden konn-te. Solches Positive haben dann auch die nächsten beiden Vorträgenicht gebracht, und es hat ja gerade dieser nationalökonomische Taggezeigt, wie im Grunde genommen die P�ege des Nationalökono-mischen innerhalb unserer anthroposophischen Bewegung etwasist, was eigentlich durch und durch versagt. Denn wir haben imGrunde genommen es nicht dazu bringen können, trotzdem immerwieder und wiederum die Notwendigkeit gerade auf diesem Ge-biete betont wurde, daß in der Wirtschaftswissenschaft von seitenderjenigen, die im Wirtschaftsleben selber drinnenstehen, auch wirk-lich Zukunftssicheres vorgebracht worden wäre, namentlich solchesnicht, das den so außerordentlich schwierigen Anforderungen derGegenwart genügen würde. Und so war für diesen Tag der Titel„Nationalökonomische Ausblicke“ im Grunde genommen etwas wieein tanzendes Versprechen; aber was dann der Tag gebracht hat,das war ein mehr oder weniger hinkendes Nachbewegen zu diesemtanzenden Versprechen.

Währungsbewertung durch Kollektivurteil sta� durchGescheitheit

Quelle [5]: GA 083, S. 292-293, 3/1981, 11.06.1922, WienÖ�entlicher Vortrag

Diese wirtschaftlichen Verhältnisse sind durchaus so, daß sie wieder-um aus anderen Bedingungen hervorgehen als die beiden anderenGebiete des sozialen Organismus, als das Geistesleben – da mußalles, was fruchtbar werden kann in der sozialen Ordnung, aus dereinzelnen menschlichen Individualität hervorgehen, nur das Schaf-fen des Einzelnen kann da den rechten Beitrag geben zur gesamtensozialen Ordnung – und als das Rechtsleben, auf dessen Gebiet es

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sich nur darum handeln kann, daß das Recht und damit auch dasstaatliche Wesen hervorgeht aus der Verständigung der Menschen.Beide Bedingungen, die eine, wie sie für das Geistesleben, die ande-re, wie sie für das staatlich-rechtliche Leben gilt, sind nicht da imwirtschaftlichen Leben.

Im wirtschaftlichen Leben ist es nicht so, daß das Urteil über das, wasgeschehen könne, aus einem einzelnen hervorspringen kann. Wir ha-ben gerade im Laufe des 19. Jahrhunderts, wo unter der Menschheitder Intellektualismus so zur Blüte gekommen ist, sehen können, wieeinzelne sehr bedeutende Menschen – ich sage das nicht aus Ironieheraus, sondern um die Dinge wahrheitsgemäß zu charakterisieren–, die auf den verschiedenen Gebieten stehen, über das eine und ande-re ihre Meinungen geäußert haben, Leute, die gut darinnenstandenim wirtschaftlichen Leben, denen man auch zutrauen konnte, daßsie ein Urteil hatten. Wenn sie sich dann über irgend etwas, was überihr Gebiet hinausging, was auf die Gesetzgebung Ein�uß gewann,äußern sollten, dann konnte man oftmals sagen: ja, das, was dieseroder jener gesagt hat, zum Beispiel über den praktischen Ein�ußder Goldwährung, ist bedeutend und gescheit –, man staunt sogar,wenn man verfolgt, was sich abgespielt hat in den verschiedenenwirtschaftlichen Verbänden in der Zeit, als in verschiedenen Staatender Übergang zu dieser Goldwährung gemacht worden ist, über dieSumme von Gescheitheit, die da in die Welt gebracht worden ist;wenn man aber weiterstudiert, wie sich dann die Dinge entwickelthaben, die vorausgesagt worden sind, dann sieht man: da hat dieseroder jener sehr bedeutende Mensch zum Beispiel gesagt, unter demEin�uß der Goldwährung würden die Zollschranken verschwinden.Das Gegenteil davon ist eingetreten!

Und man muß sagen: Auf dem Gebiete des wirtschaftlichen Lebensist es so, daß einem Gescheitheit, die einem sehr viel helfen kann aufdem Gebiete des Geisteslebens, eigentlich nicht immer ein sicherer

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Führer sein kann. Man kommt allmählich darauf, sich zu sagen: Inbezug auf das Wirtschaftsleben kann überhaupt die einzelne Indivi-dualität keine maßgebenden Urteile fällen. Da können Urteile nurzustande kommen gewissermaßen als Kollektivurteile, indem siesich ergeben durch das Zusammenwirken vieler, die in den verschie-densten Gebieten des Lebens drinnenstehen. Das darf wiederumnicht bloße theoretische Weisheit sein, sondern muß lebensprakti-sche Lebensweisheit werden, daß wirklich Geltung habende Urteilenur aus dem Zusammenklang von vielen hervorgehen können.

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Die folgenden Zitate stammen aus einem Vortragszyklus, der speziellder wirtschaftlichen Frage gewidmet war, dem sogenannten „National-ökonomischen Kurs“. Dort wird – neben vielen anderen neuen Aspekten– die Unterscheidung zwischen Kaufgeld, Leihgeld und Schenkungsgeldeingeführt. Da Rudolf Steiner aber in diesem Vortragszyklus alles vomGesichtspunkt des wirtschaftlichen Lebens betrachtet, kann es leicht zuVerwirrungen kommen. Rudolf Steiner setzt nämlich bei den Zuhörerndie Kenntnis seiner „Kernpunkte der sozialen Frage“ voraus. Für solcheZuhörer war es klar, dass Rudolf Steiner die Arbeit und das Kapitalnicht zum Wirtschaftsleben rechnet, sondern zum Rechtsleben bezie-hungsweise zum Geistesleben. Heute verfügen die meisten Leser des„Nationalökonomischen Kurs“ leider nicht über diese Grundkenntnisseund lassen sich leicht dazu bringen, nicht nur echte wirtschaftlichenFaktoren – wie das Geld – sondern auch ausserwirtschaftliche Fak-toren – wie Natur, Arbeit und Kapital – zum Wirtschaftsleben zurechnen. Solange aber Natur, Arbeit und Kapital käu�ich sind, bleibtdie Kardinalfrage des Wirtschaftslebens, die Preisfrage, unlösbar.

Uns interessiert aber hier in erster Linie die Geldfrage. Im folgendenZitat ergänzt Rudolf Steiner seine wiederholte Aussage, die Staatenhätten die Währungen durch ihr Eingreifen zum Schwanken gebracht,um einen neuen Aspekt. Störend seien die alten Staatsbegrenzungengewesen, weil die Wirtschaft ihnen entwachsen und inzwischen zurWeltwirtschaft ausgewachsen sei. Es geht also nicht nur darum, dassStaats- und Wirtschaftsbegrenzungen sich nicht mehr decken, sondernes macht eigentlich keinen Sinn mehr, nach Wirtschaftsgrenzen zusuchen. Rudolf Steiner spricht stattdessen von einem erdumspannendenWirtschaftsorganismus. Dies bezieht er hier nicht ausdrücklich auf dasGeld. Vielleicht weil es nicht so „mit Händen zu greifen“ ist. Aus demKontext ist es aber naheliegend.

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Valutaentwertung durch staatliche Störung derWeltwirtscha�

Quelle [18]: GA 340, S. 014-022, 5/1979, 24.07.1922, DornachVortrag vor Studenten der Nationalökonomie, sogenannter „National-ökonomischer Kurs“

Was war im Grunde genommen das Richtige an der Sache, daß mandamals dachte, man müsse die Dreigliederung in möglichst viele Köp-fe hineinbringen? Ich will heute nur äußerlich charakterisieren: dasWichtigste war, daß man zunächst die Dreigliederung in möglichstviele Köpfe hineingebracht hätte, bevor die wirtschaftlichen Folgenaufgetreten sind, die seither eingetreten sind. Sie müssen bedenken:als die Dreigliederung zuerst genannt worden ist, standen wir nochnicht vor den Valutaschwierigkeiten von heute; im Gegenteil, wä-re damals die Dreigliederung verstanden worden, so hätten sie niekommen können. Aber wiederum stand man vor der Unmöglichkeit,daß die Menschen so etwas in wirklich praktischem Sinn verstanden.Man versuchte damals, die Dreigliederung verständlich zu machen,und dann fragten einen die Leute: Ja, das wäre alles schön, wir sehenes auch ein; aber das erste ist ja doch, daß wir dem Niedergang derValuta entgegenarbeiten. – Ja man konnte den Leuten nur sagen:Das steckt ja in der Dreigliederung! Bequemt euch zu der Dreiglie-derung, sie ist das einzige Mittel, um gegen den Valutaniedergangzu arbeiten! Die Leute fragten gerade, wie man das macht, was dochgerade die Dreigliederung hätte tre�en sollen. Sie verstanden alsodie Dreigliederung nicht, wenn sie das auch immer behaupteten. [...]

Und nun, im Jahre 1919 konnte man denken, weil alles im Grundegenommen zerstört war, daß die Leute gesehen haben würden, daßman mit etwas Frischem anfangen muß. Nun, es war nicht der Fall.Die geringe Anzahl von Menschen, die dazumal daran glaubten, daßman neu anfangen muß, sind auch sehr bald in die Bequemlichkeit

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verfallen: Man kann ja doch nichts machen. – Mittlerweile trat diegroße Kalamität ein, die Valutaentwertung in den östlichen undmittleren Gegenden, und damit eine vollständige Umwälzung derMenschenschichtung; denn mit jeder weiteren Entwertung mußselbstverständlich derjenige, der von dem lebt, was mit Ultraviolettverglichen worden ist [Sylvain Coiplet: das heißt vom Kapital], ver-armen. Und das geschieht auch, vielleicht mehr, als man es heuteschon bemerkt. Das wird vollständig geschehen. Daher wird man vorallen Dingen hier gewiesen an den Begri� des sozialen Organismus,aus dem Grunde, weil sich ja zeigt, daß die Valutaentwertung durchdie alte Staatsbegrenzung bestimmt wird. Die alte Staatsbegrenzunggreift also ein in den volkswirtschaftlichen Prozeß. Diesen muß manbegreifen, aber man muß erst den sozialen Organismus verstehen.

Aber all die Nationalökonomien, von Adam Smith angefangen bisherauf zu den neuesten, rechnen eigentlich mit kleinen Gebieten alssozialen Organismen. Sie beachten da nicht einmal, daß, wenn manschon eine bloße Analogie wählt, diese stimmen muß. Die Menschenbeachten gar nicht, daß sie stimmen muß. Haben Sie schon einenwirklichen ausgewachsenen Organismus gesehen, der so ist:

Hier ist zum Beispiel ein Mensch, hier ist der zweite Mensch, hierist der dritte Mensch und so weiter. Es wären niedliche Menschenor-

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ganismen, die in solcher Weise aneinanderkleben würden; das gibtes doch bei ausgewachsenen Organismen nicht. Das ist aber dochbei den Staaten der Fall. Organismen brauchen die Leere um sichherum bis zu dem anderen Organismus. Das, womit Sie die einzelnenStaaten vergleichen können, sind höchstens die Zellen des Organis-mus, und Sie können nur die ganze Erde als Wirtschaftskörper miteinem Organismus vergleichen. Das müßte beachtet werden. Dasist mit Händen zu greifen, seit wir Weltwirtschaft haben, daß wirdie einzelnen Staaten nur mit Zellen vergleichen können. Die ganzeErde, als Wirtschaftsorganismus gedacht, ist der soziale Organismus.

Das wird nirgends ins Auge gefaßt. Denn die gesamte Volkswirt-schaftslehre ist gerade dadurch hineingewachsen in etwas, was nichtder Wirklichkeit entspricht, weil man Prinzipien aufstellen will, diefür eine einzelne Zelle gelten sollen. Daher �nden Sie, wenn Sie diefranzösische Volkswirtschaftslehre studieren, eine andere Konstitu-tion, als wenn Sie die englische, die deutsche oder andere Volkswirt-schaftslehren studieren. Aber als Volkswirtschafter brauchen wirschon ein Verständnis für den gesamten sozialen Organismus.

Anmerkung: Wer nun aus dem Satz „Die ganze Erde, als Wirtschaftsor-ganismus gedacht, ist der soziale Organismus“ den Schluss zieht, 1922sei das Buch „Kernpunkte der sozialen Frage“ von 1919 insofern über-holt, als jetzt der soziale Organismus nicht mehr aus Wirtschaftsleben,Rechtsleben und Geistesleben bestehen würde, sondern nur noch ausdem Wirtschaftsleben, der braucht nicht mehr darüber nachzudenken,warum die alte Staatsbeschränkung zur Valutaentwertung geführthaben soll.

Vom sozialen Organismus als Wirtschaftsorganismus spricht aber Ru-dolf Steiner nicht erst 1922, sondern schon 1918, also vor dem Buch„Kernpunkte der sozialen Frage“ und erwähnt damals ausdrücklich,daß es sich nur um einen Vergleich mit einem P�anzen-Organismushandeln kann. Beim sozialen Organismus der „Kernpunkte der sozialen

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Frage“ geht es dagegen um einen Vergleich mit dem menschlichen Or-ganismus. Dieser mit dem Menschen vergleichbare soziale Organismusbesteht nicht nur aus dem Wirtschaftsleben, sondern aus dem Wirt-schaftsleben als blossem P�anzen-Organismus, aus dem Rechtslebenals Psychismus und dem Geistesleben als Pneumatismus.

Geldwert läßt sich nicht über die Geldmenge regulieren

Quelle [18]: GA 340, S. 080, 5/1979, 28.07.1922, DornachVortrag vor Studenten der Nationalökonomie, sogenannter „National-ökonomischer Kurs“

Was für Ansichten herrschen zuweilen heute, wo man überall dieTendenz hat, lieber mit Begri�en zu arbeiten als mit Realitäten,das zeigen Ihnen manche Freigeldleute. Die �nden es ganz einfach:Wenn Preise, sagen wir, zu hoch sind irgendwo, also man zuvielGeld ausgeben muß für irgendeinen Artikel, so sorge man dafür,daß das Geld geringer wird, dann werden die Waren billiger, undumgekehrt. Wenn Sie aber gründlich nachdenken, so werden Sie�nden, daß das ja gar nichts anderes in Wirklichkeit bedeutet fürden volkswirtschaftlichen Prozeß, als wenn Sie beim Thermometerso durch eine hinterlistige Vorrichtung, wenn es zu kalt wird, dieThermometersäule zum Steigen bringen. Sie kurieren da nur an denSymptomen herum. Dadurch, daß Sie dem Gelde einen anderen Wertgeben, dadurch scha�en Sie nichts Reales.

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Angebot und Nachfrage nach Waren aber auch Geld

Quelle [18]: GA 340, S. 110-115, 5/1979, 31.07.1922, DornachVortrag vor Studenten der Nationalökonomie, sogenannter „National-ökonomischer Kurs“

Da wir ja vielleicht bereits eingesehen haben, daß innerhalb dervolkswirtschaftlichen Betrachtung das wichtigste die Preisfrage ist,so handelt es sich darum, nun den Preis in dem Sinn, wie ich esgezeigt habe, anzusehen: daß er uns eigentlich angibt, je nachdemer steigend oder fallend oder stabil ist oder nach einer gewissenEmp�ndung für gewisse Produkte zu hoch oder zu niedrig ist, daßer uns angibt, ob die Dinge im volkswirtschaftlichen Organismus inOrdnung sind oder nicht. Denn das ist, was den Assoziationen zufal-len muß: nach dem Barometer der Preisstände das herauszu�nden,was im übrigen volkswirtschaftlichen Leben zu tun ist.

Nun wissen Sie ja, daß eine viele Kreise beherrschende Ansicht dieist, daß sich eigentlich bezüglich der Preisfrage praktisch nichtsanderes machen läßt als dasjenige, was sich von selbst ergibt unterder Wirkung des sogenannten Angebots und der Nachfrage. Unterdem Zwang, nicht der volkswirtschaftlichen Tatsachen, sondernmehr unter dem Zwang der in der neueren Zeit immer mehr undmehr auftretenden sozialen Aspirationen ist allerdings erschüttertworden diese Ansicht, die nicht nur Adam Smith, sondern sehr vieleaufstellten: daß eigentlich der Preis von selbst sich reguliert imvolkswirtschaftlichen Leben unter dem Ein�uß von Angebot undNachfrage. Es wird ja da einfach behauptet, daß, wenn ein zu starkesAngebot da ist, dann wird dieses Angebot dazu führen müssen, daßman es verringert, daß man es nicht auf derselben Höhe erhält. Unddamit wird von selbst eine Regulierung der Preise eintreten. Ebensowenn die Nachfrage eine zu große oder zu kleine ist, dann wirdmüssen eine Regulierung eintreten der Produzierenden, um nicht

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zuwenig oder zuviel zu produzieren. Und damit meint man, daß sichgewissermaßen automatisch unter dem Ein�uß von Angebot undNachfrage auf dem Markt der Preis einem gewissen stabilen Zustandnähert.

Nun handelt es sich darum, ob man mit einer solchen Anschau-ung sich bloß bewegt im Theoretischen, im Begri�ssystem, oder obman mit einer solchen Anschauung hineinsteigt in die Wirklichkeit.Mit dieser Anschauung tut man es zweifellos nicht; denn sobaldSie diesen Begri�en Angebot und Nachfrage zu Leibe gehen, dannwerden Sie gleich sehen, daß es überhaupt unmöglich ist, sie imvolkswirtschaftlichen Sinne auch nur aufzustellen. Im Sinne der kon-templativen Betrachter der Volkswirtschaft können Sie sie aufstellen.Sie können die Leute auf den Markt schicken und beobachten las-sen, wie wirken Angebot und Nachfrage; aber es frägt sich, ob manmit dem, was man da beobachtet, so tief hineingreift in den Gangder volkswirtschaftlichen Prozesse, daß man irgend etwas in derHand hat mit solchen Begri�en. Und Sie haben eben in der Wirk-lichkeit nichts in der Hand mit solchen Begri�en, weil Sie überalldas weglassen, was hinter den Vorgängen steht, die Sie mit diesenBegri�en tre�en wollen. Sie sehen auf dem Markt, daß sich abspieltdas Angebot und das, was man Nachfrage nennt; aber das umfaßtnun nicht dasjenige, was hinter dem liegt, was da als Angebot mirentgegentritt, und was wiederum vor dem liegen wird, was als Nach-frage auftritt. Da liegen erst die wirklichen volkswirtschaftlichenProzesse, die sich nur zusammenschoppen auf dem Markt –, möchteich sagen. Und das sehen Sie am besten daran, daß ja diese Begri�ehöchst brüchig sind.

Wollen wir uns ordentliche Begri�e bilden, so können und so müssendiese Begri�e beweglich sein gegenüber dem Leben. Wir müsseneinen solchen Begri� haben können, ihn gewissermaßen von Wirk-lichkeitsgebiet zu Wirklichkeitsgebiet tragen können, und er muß

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sich verändern; aber der Begri� darf nicht so sein, daß er sich selbstin die Luft sprengt. Und der Begri� von Angebot ebenso wie dervon Nachfrage sprengt sich in die Luft. Denn nehmen wir an, irgendetwas ist ein Angebot: Es ist ein Angebot, wenn einer auf den MarktWaren bringt und sie für einen gewissen Preis ausbietet. Das ist einAngebot. Das kann jeder behaupten. Ich behaupte aber: Nein, das isteine Nachfrage. – Wenn einer Waren auf den Markt bringt und sieverkaufen will, so ist das bei ihm eine Nachfrage nach Geld. Es istnämlich, sobald man nicht weiter eingeht auf den volkswirtschaftli-chen Zusammenhang, gar kein Unterschied, ob ich Angebot habe inWaren und Nachfrage in Geld, oder ob ich im groben Sinn mit derNachfrage komme. Wenn ich Nachfrage entwickeln will, so braucheich Angebot in Geld.

Also Angebot in Waren ist Nachfrage in Geld, und Angebot inGeld ist Nachfrage in Waren. Das sind volkswirtschaftliche Rea-litäten. Denn es kann sich der volkswirtschaftliche Prozeß, insoferner Tausch oder Handel ist, gar nicht vollziehen anders, als daß, so-wohl bei Käufer wie bei Verkäufer, Angebot und Nachfrage da ist;denn dasjenige, was der Käufer hat als sein Geldangebot, das mußauch erst hinter seinem Rücken oder hinter dem Rücken der Nach-frage im volkswirtschaftlichen Prozeß entwickelt werden, genausowie die Ware entwickelt werden muß, die als Angebot auftritt.

Also wir haben keine realen Begri�e vor uns, wenn wir glauben, derPreis entwickelt sich aus dem Wechselverhältnis von dem, was wirgewöhnlich Angebot und Nachfrage nennen:

p = f (a n)

Er entwickelt sich nämlich gar nicht in der Weise, wie man es dade�niert, wenn man die Betrachtung so anstellt; denn es entwickeltsich durchaus auch der Preis unter dem Ein�uß dessen, ob der Nach-fragende ein Anbietender in Geld werden kann, oder ob er es gemäß

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des volkswirtschaftlichen Prozesses zum Beispiel in irgendeiner Zeitin bezug auf ein Produkt nicht werden kann. Es handelt sich nämlichnicht bloß darum im volkswirtschaftlichen Prozeß, daß eine gewis-se Anzahl von Waren als Angebot da sind, sondern daß auch eineAnzahl von Leuten da sind, die das Angebot Geld gerade für dieseWaren entwickeln können. Das ist etwas, was Ihnen sogleich zeigenwird, daß man von einem Wechselspiel von Angebot und Nachfragegar nicht sprechen kann.

Und dennoch, wenn man jetzt nicht auf die Begri�e sieht, die jafalsch gebildet werden können, sondern wenn man auf die Tatsachensieht, auf die Tatsache des Marktes oder selbst auf die Tatsache desmarktlosen Waren- und Geldaustausches, so ist es doch wiederumohne Frage, daß sich zwischen dem Angebot und der Nachfrage –aber auf beiden Seiten – der Preis entwickelt. Das ist doch wiederumder Fall; der reinen Tatsache nach ist es doch wiederum der Fall.

Nur sind Angebot und Nachfrage und Preis drei Faktoren, die alleprimär sind. Es ist nicht so, daß wir aufschreiben Preis = Funktionvon Angebot und Nachfrage, so daß wir behandeln, wenn ich ma-thematisch spreche: a und n als veränderliche Größen und das p,den Preis, als eine Größe, die sich aus den beiden Veränderlichenergibt, sondern in gleicher Weise müssen wir a und n, Angebot undNachfrage, und p, Preis, als voneinander unabhängige Veränderlichebetrachten und müssen uns irgendeiner Größe x – Sie sehen, wirnähern uns einer Formel –, wir müssen uns einer Größe x nähern.Wir müssen nicht glauben, daß wir es mit unabhängigen Verän-derlichen nur in a und n zu tun haben und mit dem Preis als einerFunktion von beiden, sondern mit drei voneinander Unabhängigen,die miteinander in ein Wechselspiel treten und die eben ein Neuesgeben. Der Preis ist da zwischen Angebot und Nachfrage; aber er istauf eine ganz eigentümliche Weise da.

x = f (a n p)

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Wir müssen nämlich die ganze Betrachtungsweise von einer anderenEcke aus beginnen. Wenn wir irgendwo sehen auf dem Markt, daßAngebot und Nachfrage gerade für dieses Gebiet in dem Zusammen-hang stehen, in dem sie zum Beispiel Adam Smith gesehen hat, dannist das ungefähr der Fall – auch nicht ganz – für die Warenzirkulationvom Händlerstandpunkt aus. Es ist aber ganz und gar nicht der Fallfür den Standpunkt des Konsumenten und nicht für den Standpunktdes Produzenten. Für den Standpunkt des Konsumenten gilt nämlichetwas ganz anderes. Der Standpunkt des Konsumenten wird bewirktdurch das, was er hat. Und zwischen dem, was er hat, und dem,was er gibt, entwickelt sich ein ähnliches Verhältnis, wie es sichfür den Händler entwickelt zwischen Angebot und Nachfrage: DerKonsument hat eine Wechselwirkung zwischen Preis und Nachfra-ge. Er fragt weniger nach, wenn ihm für seine Taschenverhältnisseder Preis zu hoch ist, und er fragt mehr nach, wenn ihm für seineTaschenverhältnisse der Preis niedrig genug ist. Er hat überhauptals Konsument nur im Auge Preis und Nachfrage.

So daß wir sagen: Beim Konsumenten haben wir mehr zu sehenauf das Wechselspiel zwischen Preis und Nachfrage. Beim Händlerhaben wir mehr zu sehen auf das Wechselspiel zwischen Angebotund Nachfrage. Und beim Produzenten handelt es sich darum, daßwir jetzt bei ihm zu sehen haben auf das Wechselspiel zwischenAngebot und Preis. Er richtet sich nämlich zunächst ein in bezugauf das Angebot nach den Preisen, die möglich sind im ganzenvolkswirtschaftlichen Prozeß. So daß wir die erste Gleichung nennenkönnen die Händlergleichung:

p = f (a n)

Adam Smith hat sie geltend gemacht für die gesamte Volkswirt-schaft; für die gesamte Volkswirtschaft ist sie falsch. Wir könnennämlich auch die Gleichung bilden: das Angebot, a, können wiransehen als Funktion von Preis und Nachfrage; und die Nachfrage

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können wir ansehen als Funktion von Angebot und Preis. Dannhaben wir in dieser Gleichung n = Funktion von Angebot und Preis,die Produzentengleichung:

n = f (a p)

Und in der dritten Gleichung – das Angebot ist eine Funktion vonPreis und Nachfrage – haben wir die Konsumentengleichung:

a = f (p n)

Noch immer aber haben wir diese Gleichungen dadurch qualitativverschieden gemacht, daß hier das a beim Konsumenten ein Angebotin Geld ist, beim Produzenten ist es ein Angebot in Waren, und beimHändler haben wir es zu tun mit etwas, was eigentlich zwischenGeld und Ware drinnen liegt.

Aber jedenfalls sehen Sie, wieviel komplizierter der volkswirtschaft-liche Gang betrachtet werden muß, als man es gewöhnlich tut. Des-halb, weil man, ich möchte sagen, die Begri�e so schnell abfangenwill, gibt es im Grunde genommen heute gar keine ordentliche Volks-wirtschaftslehre.

Durch das Geld spielen Recht und Geist insWirtscha�sleben hinein

Quelle [18]: GA 340, S. 115-118, 5/1979, 31.07.1922, DornachVortrag vor Studenten der Nationalökonomie, sogenannter „National-ökonomischer Kurs“

Nun handelt es sich aber darum, daß wir, um in die Realität, in dieWirklichkeit hineinzukommen, uns zu fragen haben: Ja, was lebtdenn eigentlich alles in diesem volkswirtschaftlichen Gang, was lebtdenn da drinnen eigentlich alles?

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Wir können sagen: Es geht ja dasjenige, was ich für meine Bedürf-nisse erwerbe, zunächst über in diesen meinen Bereich – ich willerst später von Besitz und Eigentum reden, will mich jetzt möglichstunbestimmt ausdrücken, weil es trotzdem die Sache deckt –, es gehtüber in meinen Bereich unter den Verhältnissen, in denen wir heuteleben. – Nun, ich gebe Geld, oder etwas, was ich für Geld produzierthabe – so geschehen ja die Dinge in der Regel –, aber, haben wirdamit eigentlich für den volkswirtschaftlichen Gang die volle Wirk-lichkeit erschöpft? Ich könnte ja auch auf andere Weise, als daß ichfür Geld eine Ware hingebe oder für eine Ware Geld hingebe, Geldund Ware erwerben. Nehmen wir an, ich stehle es. Ich stehle: dawürde ich auch etwas erworben haben. Und wenn ich das Stehlenim Großen betreiben könnte, wie es ja manchmal durch Jahrzehntedie alten Räuberhauptmänner betrieben haben, so würde man fürso etwas eine ganz andere Volkswirtschaftswissenschaft begründenmüssen als diejenige, die für unsere Sittenlehre im allgemeinen be-gründet werden muß. Nun könnte es Ihnen als ein sehr groteskesBeispiel vorkommen, daß ich sage: Ja, ich stehle. – Aber was heißtdenn eigentlich Stehlen? Stehlen heißt: Jemandem etwas wegneh-men, ohne daß er imstande ist, sich dagegen zu wehren, und ohnedaß derjenige, der stiehlt, es nützlich �ndet, das Ding zu nehmengegen Entgelt, gegen Vergütung. – Nun vergleichen Sie jetzt zumBeispiel diesen unnobel gewordenen Begri� des Stehlens mit demje-nigen, den man im Deutschen mit einem Fremdwort bezeichnet,mit dem Worte requirieren. Unter gewissen Verhältnissen requiriertman, man nimmt den Leuten etwas weg und gibt ihnen kein Entgeltdafür. Und es kommt sonst auch im volkswirtschaftlichen Prozeßvor, daß den Leuten etwas weggenommen wird, und sie bekommenkein Entgelt dafür. Das sind Dinge, auf die man ja nur hinzudeu-ten braucht, sonst glauben die Leute, man wolle agitieren. Ich willaber hier nur Wissenschaft treiben, nicht agitieren. Nun nehmen Sieeinmal an, ich würde irgendwo eine soziale Ordnung, ein kleineres

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Gebiet sozialer Ordnung einrichten, da das Geld abscha�en, indemich einfach organisieren würde, daß Ausfälle gemacht werden mitden nötigen Wa�engewalten; und die Leute, die etwas haben, werdenniedergeschlagen und dann werden ihnen die Sachen abgenommen.Nun, nicht wahr, was ist dagegen, daß das geschieht? Dagegen ist,daß vielleicht die anderen sich wehren würden, dann müssen sie dieMittel haben, sich dagegen zu wehren, oder aber, daß ich es nichtnützlich �nden würde. Wenn mein Gebiet nicht groß wäre, würdeich es nicht nützlich �nden.

Da muß etwas anderes in den volkswirtschaftlichen Prozeß her-einspielen. Ich kann nicht ohne weiteres jemand anderem etwasabnehmen. Warum denn nicht? Weil es in einer gewissen Weise vonmeinen Mitmenschen anerkannt werden muß, daß ich das behaltendarf. Und es wird auf keine Weise anerkannt, daß ich das behaltendarf, was ich dadurch erworben habe, daß ich meine Mitmenschen inder Umgegend erschlagen habe. Was spielt denn da hinein? Da spieltnämlich hinein das Recht. Und Sie können den volkswirtschaftli-chen Prozeß gar nicht betrachten, ohne daß Sie überall das Rechthineinspielend haben. Das läßt sich gar nicht volkswirtschaftlichdurchdenken, auch nicht volkswirtschaftlich realisieren, was gesche-hen soll, ohne daß in die Volkswirtschaft das Recht hineinspielt. Undwenn Sie statt des Tauschhandels den durch Geld geförderten Han-del nehmen, so sehen Sie ja unmittelbar, daß in die Volkswirtschaftdas Recht hineinspielt. Denn auf welche Weise sollte es sich dennüberhaupt sonst ermöglichen lassen, daß ich nun nicht für ein PaarSchuhe einen Zylinderhut hingebe, sondern, sagen wir meinetwillenzwanzig Mark, was es halt ist – so daß ich habe meine Schuhe, erhat aber zwanzig Mark –, wenn diese zwanzig Mark, auch wennsie in Gold sind, von niemand anerkannt werden würden als einWert, für den man wiederum etwas bekommt? Wenn die nicht in derrechten Form hineingegossen würden in den volkswirtschaftlichenProzeß, so könnte man ja noch so viel angesammelt haben davon,

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man würde ja niemals etwas davon haben. Also in dem Augenblick,wo das Geld auftritt im volkswirtschaftlichen Verkehr, sehen wirganz anschaulich das Auftreten der Rechtsfaktoren. Das ist außeror-dentlich wichtig, daß wir dieses ins Auge fassen; denn hier sehenSie, daß sich tatsächlich zunächst der gesamte soziale Organismusnur betrachten läßt, wenn wir allmählich überführen das bloß wirt-schaftlich Geschehende in dasjenige, was unter dem Ein�uß desRechtes geschieht.

Nun aber nehmen wir an, ich habe von dem Schuhmacher also er-worben ein Paar Schuhe, habe ihm zwanzig Mark gegeben. DieserSchuhmacher, der könnte ja jetzt gerade, just nachdem er mir sei-ne Schuhe verkauft hat, sich darauf besinnen, daß Schuster schonmanchmal in der Welt noch etwas anderes gewesen sind als Schus-ter – Hans Sachs, Jakob Böhme; und er könnte jetzt, nachdem erdie zwanzig Mark bekommen hat, daran denken, daß er etwas ganzanderes tut damit, als ein Paar neue Stiefel machen. Er könnte irgendetwas machen damit, wo hinein er sein Ingenium legt, so daß diesezwanzig Mark für ihn plötzlich einen ganz anderen Wert hätten alsden Wert von ein Paar Schuhen. In dem Augenblick, wo wir nämlichdie Ware in Geld verwandelt haben, also eigentlich in Recht, läßtsich entweder das Recht halten – ich kaufe mir mit den zwanzigMark etwas, was gleichwertig ist mit den Paar Schuhen –, oder aberich mache durch mein Ingenium mit dem Gelde etwas, was ganzNeues hineinproduziert in den volkswirtschaftlichen Prozeß. Dakommen die menschlichen Fähigkeiten hinein, diese menschlichenFähigkeiten, die eben unter den Menschen frei wachsen, die sich ineiner ebensolchen Weise eingliedern in dasjenige, was ich mit demGeld als Recht erworben habe, wie sich das Geld als die – nun indiesem Sinn – Verwirklichung des Rechtes draußen in der Ware ver-körpert. Aber damit haben wir in dasjenige, was wir bisher vorläu�gim organischen Prozeß so betrachtet haben, daß wir sagten: Natur,bearbeitete Natur, dann Arbeit, durch den Geist gegliedert – damit

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haben wir in diesen ganzen Prozeß hineingestellt das Recht und dieFähigkeiten des Menschen.

Wir haben also innerhalb des volkswirtschaftlichen Prozesses selbereine Gliederung gefunden, die eine Dreigliederung ist. Nur wird essich darum handeln, über diese Dreigliederung dann in der richtigenArt zu denken.

Nun aber, wenn wir die Volkswirtschaft betrachten, so sehen wirja, daß gerade dadurch, daß das Tatsachen sind, was ich eben jetztcharakterisiert habe, daß gerade dadurch innerhalb der Volkswirt-schaft gewisse reale Unmöglichkeiten auftreten. Denn, zu einemRecht kann man eben auch kommen durch Eroberung und derglei-chen, indem man die Macht hat, das Recht zu nehmen. Zu einemRecht kommt man nicht immer durch bloßen Tausch, sondern auchdadurch, daß man die Möglichkeit, die Macht hat, sich das Rechtzu nehmen. Dann aber haben wir in dem Rechte etwas, was sichja, insoferne es da ist, gar nicht vergleichen läßt mit der Ware. Esist kein Berührungspunkt mit der Ware, zwischen Ware und Recht.Aber in unserem volkswirtschaftlichen Prozeß werden fortwährendausgetauscht Waren, oder der Geldwert für die Waren, mit Rechten.Gerade wenn wir, sagen wir, den Boden bezahlen, ja, wenn wir nurmit unserer Miete den Bodenwert mitbezahlen, wie er ihn heute hat,so bezahlen wir ein Recht durch eine Ware, beziehungsweise durchdas Geld, das wir für eine Ware bekommen haben, also jedenfallsRechtswert bezahlen wir mit Warenwert. Und wenn wir einen Schul-lehrer anstellen, dem wir einen gewissen Lohn geben, so bezahlenwir geistige Fähigkeiten unter Umständen mit einem Warenwert, mitdem Wert einer Ware, oder dem entsprechenden Geldwerte. So daßim volkswirtschaftlichen Prozeß fortwährend auftreten Austauschezwischen Rechten und Waren, zwischen Fähigkeiten und Waren undauch wiederum zwischen Fähigkeiten und Rechten.

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Dinge, die gar nicht miteinander vergleichbar sind, werden im volks-wirtschaftlichen Prozeß ausgetauscht. Denken Sie sich doch nur,wenn sich jemand eine Er�ndung bezahlen läßt, ein Patent nimmt: erläßt sich zunächst einen rein geistigen Wert in Warenwert ausbezah-len. Es ist gar nicht irgendwie etwas, was da als Vergleichsmoment�gurieren könnte.

Geld soll nur zirkulieren und nicht konsumiert werdenkönnen

Quelle [18]: GA 340, S. 173-174, 5/1979, 04.08.1922, DornachVortrag vor Studenten der Nationalökonomie, sogenannter „National-ökonomischer Kurs“

Geld ist, was sich vermittelnd in den Austausch hineinstellt. Ichhabe Ihnen gesagt, es könnten von diesem Gesichtspunkt aus ErbsenGeld sein. Wenn ich nicht bloß so viel Erbsen erwerbe, als ich selberaufessen kann, sondern Erbsen erwerbe, um sie dazu zu verwenden,wiederum einen Gebrauchsgegenstand für mich einzuhandeln, soverwandle ich einfach durch die Tätigkeit des Vermittelns dasjenige,was sonst durchaus ein Gebrauchsgegenstand sein kann, in Geld.Es ist sehr geistreich, was in dieser Beziehung Spengler sagt, der jaalle Dinge in einer unbrauchbaren Ideenrichtung verwertet, abermanches vollkommen richtige Aperçu hat, daß namentlich in ei-ner gewissen Zeit der römischen Entwickelung, volkswirtschaftlichaufgefaßt, Menschen zu Geld geworden sind, nämlich die Sklaven.Solange ich den Sklaven selber brauche, das heißt nur so viele Skla-ven erwerbe als alter Römer, als ich in meiner Wirtschaft verwende,solange ist der Sklave natürlich Produktionsmittel; in dem Augen-blick aber, wo der Sklave auch ausgeliehen wird, wo man, wie es ineiner gewissen Zeit der Römerherrschaft der Fall war, ein solchesHeer von Sklaven hatte, daß man sie ausleihen konnte, daß man sie

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zu allerlei nutzbringenden Dingen verwenden konnte, welche manalso einhandeln konnte durch Sklaven, da wurde der Sklave zu Geld,so daß man sagen kann für jene Zeiten: Menschen wurden Geld.Das ist ein durchaus richtiges Aperçu bei Spengler. Daraus aberkönnen wir entnehmen, wie das, was als Kaufgeld wirkt, sich her-ausbildet aus demjenigen, was sonst nur dem Tausch unterliegt. Undes wird sich darum handeln, daß dasjenige, was man dann als Geldverwendet, als Geld am brauchbarsten sein wird, wenn es nicht, ichmöchte sagen, hin und her schillert zwischen Aufgegessenwerdenund Weitergegebenwerden, wie es die Erbsen wären, wodurch imZirkulationsprozeß der Wert ja auch wesentlich schwanken würde,sondern wenn es – und dazu bedarf es eben dann einer gewissen,wenn auch stillschweigenden Übereinkunft derer, die sich des Geldesbedienen – etwas ist, was zu sonst nichts verbraucht wird als zumTausch, zum Vermitteln. Das ist das Wesentliche, daß man es nurgebraucht zum Vermitteln, zum Tausch, also nicht zum Aufessen.

Zwischenhandel mit Geld verfälscht Wirtscha�

Quelle [18]: GA 340, S. 202-203, 5/1979, 06.08.1922, DornachVortrag vor Studenten der Nationalökonomie, sogenannter „National-ökonomischer Kurs“

Was haben wir also eigentlich, wenn wir – wir können es gleich aufdie ganze Weltwirtschaft ausdehnen – nun diesen Parallelismus vonZeichenwert und Sachwert überschauen? Wir haben eigentlich imGrunde genommen dasjenige, was man die über die ganze Weltwirt-schaft ausgedehnte Buchführung, Buchhaltung nennen könnte. Esist die Weltbuchhaltung; denn die Handlung, die ausgeführt wird,wenn irgendein Posten hinüber- oder herübergeht, bedeutet ebennichts anderes als das Hinschreiben eines Postens an einen anderenOrt. Das aber wird im Realen vollzogen dadurch, daß eben Geld

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und Ware von einer Hand in die andere übergeht. Es ist im Grundegenommen völlig einerlei, ob die Möglichkeit herbeigeführt wird,in einer Riesenbuchhaltung, die über die ganze Weltwirtschaft geht,die Posten an die richtige Stelle zu stellen und das Ganze dann zudirigieren, so daß nur die Guthaben umgeschrieben werden, oder diebetre�ende Einzeichnung herauszuschreiben und dem Betre�endenzu geben, so daß die Sache realiter ausgeführt wird. Wir haben alsoals Geldumsatz die Weltbuchhaltung. Und das wäre dasjenige, wasja im Grunde genommen jeder einsehen kann, das eigentlich ange-strebt werden muß. Denn dadurch haben wir dem Gelde wiederumzurückgegeben dasjenige, was es doch nur sein kann: das äußereMittel für den Austausch. Denn sonst ist das Geld dennoch nichts an-deres, wenn wir bis in die Tiefen der Volkswirtschaft hineinschauen,als das Mittel des gegenseitigen Austauschs der Leistungen. Denndie Menschen leben von Leistungen, und nicht von den Zeichendieser Leistungen, in Wirklichkeit.

Es kann ja allerdings gerade dadurch, daß das Geld in gewissemSinne fälscht die Leistungen, das eintreten, daß dann auch durcheine Art von Zwischenhandel mit Geld eine Fälschung der ganzenWirtschaft eintreten kann. Aber das ist eben dann Fälschung, diemöglich ist, wenn man dem Geld nicht seinen wahren Charakterbeilegt.

Gründe für die Valutaschwankungen

Quelle [19]: GA 341, S. 064-068, 3/1986, 04.08.1922, DornachBesprechung mit Studenten der Nationalökonomie, sogenanntes„Nationalökonomisches Seminar“

X stellt das Problem der Valuta und ihrer Schwankungen zur Diskussion.Er vermutet, daß bestimmte Persönlichkeiten dahinterstehen.

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Rudolf Steiner: Das gibt es, das gehört zu den Teilursachen. Es ist sehrschwer zu sagen, daß irgend etwas die Hauptursache ist, weil sichdas zu den verschiedenen Zeiten sehr geändert hat. Aber es �ießen inden Valutazuständen die allerverschiedensten Ursachen zusammen.Die Hauptursache bei den neueren Valutaverlusten ist die möglichgewordene Diskrepanz zwischen der Gold- und Papierwährung imeigenen Lande.

Es ist im wesentlichen so, daß die Goldwährungen in den valuta-schwachen Ländern nicht mehr eine ausschlaggebende Rolle spielen.Dagegen sind in den Ländern mit guter Währung eben die Deckun-gen noch da, was natürlich bedingt, daß solche Länder, die Gold-währungen haben, wesentlich anders in ihren Kreditverhältnissendastehen als die anderen. Zuerst ist die Valutafrage eine Kreditfrage.Dann natürlich, wenn so etwas auftritt wie die Kreditschädigungeines Wirtschaftsgebietes, kann man auch wiederum eine solcheUrsache benutzen, um weiterzugehen. Man kann börsenmäßig denKredit wiederum heruntertreiben. Dazu kommen die doch ziemlichsinnlosen Unternehmungen im eigenen Land. Es ist ganz ohne Frage,daß gegenwärtig kein Grund vorhanden ist für den Sturz der deut-schen Mark in dem Umfang, wie er wirklich geschehen ist, sonderndaß da wesentlich mitwirkt die Spekulation des eigenen Landes, dasVerkäufe ins Ausland macht und dadurch auch noch das Seinigehinzutut. Das alles bringt dann einmal die Valuta ins abschüssigeRollen. Dann geht es wie in Österreich. Was in Rußland noch mitge-wirkt hat, ist schwer zu sagen. In Österreich und Deutschland ist dieSache ausgegangen von der Goldbestandsabnahme, von der Abnah-me der Kreditverhältnisse, von der Spekulation im eigenen Lande.In Deutschland wird spekuliert auf die Ausfuhr, in Österreich wirdgerade jetzt so spekuliert, daß man den auswärtigen Bestand zurück-hält, wodurch er noch teurer wird, so daß in Österreich die Kronedurch Franken, Dollar und so weiter, die im eigenen Lande sind,heruntergedrückt wird. Dieses könnte gar nicht sein, wenn nicht

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schon die hochvalutigen Währungen in den Aufstieg gekommenwären. Dann kann es sogar im eigenen Lande fortgesetzt werden,und dadurch kann diese Sache ins Unermeßliche gehen. Aber es warder Anfang zum Übel, daß in so außerordentlich starkem Maße dasdeutsche Gold während des Krieges gesammelt und an den Staatabgeführt worden ist, der dafür gesorgt hat, daß das Gold außerLandes gekommen ist. Unter dem Volk ist gar kein Gold. Das ist dasWesentliche. Man kann heute den Goldbestand der Reichsbank nurvergleichen mit dem Gesamtgoldbestand des Volkes vor dem Kriege.

Es sind natürlich andere Momente dazugekommen, aber die sindgar nicht zu fassen. Es braucht ja nur eine bestimmte Währung ineinem Lande zurückbehalten zu werden, so wirkt das wiederum aufdie Valuta. Je nachdem Valuta im Ausland ist, kann man eine Be-schleunigung oder Verzögerung einleiten; danach sinkt und fällt dieValuta des valutaarmen Landes. Von dieser Seite her haben einzelnePersönlichkeiten ein leichtes Spiel, den anderen Staat zu schädigen.Wieviel von der eigenen Schuld des Landes herrührt, ist schwerfestzustellen. Es wird eine ganz erkleckliche Summe sein, die dagespielt hat in der Spekulation einzelner Leute.

Frage: Manche sagen, die Schuld an dem Valutaelend liege in der Ver-änderung der Zahlungsbilanz der schlechteren Länder gegenüber denanderen Ländern. Bei Deutschland kämen zu dieser Verschlechterunghauptsächlich die Ausgaben ans Ausland hinzu, ohne daß Gegenwertehereinkommen. Da entstehe ein Saldo zugunsten der Entente. Das seidas maßgebende.

Rudolf Steiner: Das hätte nie zu einer solchen Entwertung der Va-luta führen können, wie sie sich in Deutschland und Österreich�ndet. Die Meinung, daß die Diskrepanz zwischen Goldwährungund Papiergeld nur die Außenseite sei, ist aus dem Grunde nichtrichtig, weil einfach die Tatsache besteht, daß vor dem Kriege diePapierwährung durch Goldwährung gedeckt war. Das ist eine reale

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wirtschaftliche Tatsache. Und nun kommt dieses eben in Betracht,daß, solange im wesentlichen Golddeckung da ist für die Papier-währung, im wesentlichen keine In�ation statt�ndet. So hängt daszusammen. Wenn das Gold fort ist, so tritt die In�ation ein. Und dakönnen Sie mit jener sinnlosen In�ation, die nur möglich war, weilman nicht eine Notwendigkeit fühlte, mit der Goldwährung nochzu rechnen, das Geld natürlich so billig als möglich machen. Alsoweil wir die Goldwährung haben durch die Macht Englands, liegt imwesentlichen doch im Hinaufschnellen des Goldes, wenn es nichtda ist, eine von den Ursachen, die zuerst spielen, und die dann denKredit untergraben. Und dann, wenn die Sache ins Kreditgeld hin-einkommt, dann fängt die Zahlungsbilanz an, ihre Rolle zu spielen.Die Sache muß erst ins Rollen kommen.

Die Ursache zu der Valutaentwertung liegt schon vor dem Krieg.Sie werden sich erinnern, daß man während des Krieges immergesagt hat, Deutschland würde an seiner Geldnot zugrunde gehen.Das konnte es während des Krieges nicht. Aber als der Krieg auswar und als wirtschaftlich die Grenzen etwas o�en geworden sind,kam das in Betracht, was sich während des Krieges ausbildete. Daswar das, was die Lawine ins Rollen gebracht hat. Dann wirktenalle möglichen Ursachen zusammen. Auf die Zahlungsbilanz sollteman sich erst dann berufen, wenn man die Zahlen der Bilanz zubenannten Zahlen gemacht hat. Solange sie bloße Bilanzzahlen sind,kann man sich nicht auf die Zahlungsbilanz berufen. Sie muß erstetwas bedeuten, nicht bloß eine Di�erenz.

X: Gold wandert eben ins Ausland und wirkt geldentwertend, solangedie Goldwährung besteht.

Rudolf Steiner: So wie heute unsere wirtschaftlichen Verhältnissesind – daß die Goldwährung das Zugrundeliegende ist –, ist es zwei-fellos, daß Länder, die eben kein Gold haben, im wesentlichen inder Bewertung ihrer Produkte ganz abhängig sind von den Ländern,

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die einen Goldbestand haben, und davon hängt dann der Wert desGeldes ab. Begreifen kann man ja die Sache aus den ungeheurenUmwälzungen in der Welt ganz gut; aber die Wirkungen sind soungeheure, daß man noch „ganz geheime Ursachen“ �nden möchte.Aber gerade dieses Entwerten der Valuta ist nicht so verborgen, alsman immer sagen möchte; es liegt vielmehr zugrunde, daß wirk-lich kurioserweise die Menschen heute so sind, daß sie gar nichtEreignisse bewerten können.

Ich habe oft gesagt, nachdem der Krieg zu Ende war: Derjenige, derdie Dinge entsprechend betrachtet, �ndet, daß wir seit 1914 ungefährso viele Jahrhunderte durchlebt haben in bezug auf Veränderungen,die eingetreten sind, als wir zeitlich Jahre durchlebt haben. Undeigentlich kommt es einem wie ein Anachronismus vor, daß gewisseDinge stehengeblieben sind. Man hat das Gefühl, daß nach fünf-bis sechshundert Jahren sich sonst die Sprache geändert hat; es istwie ein Anachronismus, daß man noch im wesentlichen so redetwie 1914. Aber dies hat keinen sehr starken Eindruck auf die Leutegemacht.

Wenn man in der Geschichte zurücksieht, so übersieht man eben ge-wöhnlich größere Zeiträume. Versuchen Sie nur einmal, die Schwan-kungen der Getreidepreise zum Beispiel im 15./16. Jahrhundert inEngland zu studieren, so werden Sie sehen, daß es sich da auch beiVeränderungen, die sich gar nicht so tumultuarisch vollzogen haben,im Getreidepreis Schwankungen gibt bis auf das Zwanzigfache desgewöhnlichen Preises. Daraus können Sie entnehmen, wie die Dingeeigentlich bewertet werden müssen, die sich seit dem Jahre 1914im Leben zugetragen haben. Die Menschen glauben das nicht, weilsie keinen Sinn für das Qualitative des Lebens haben. So haben esdie Menschen erst bemerkt, als das eintrat, was sich später zeigte –weil eben Geld ein unredlicher Kumpan ist –, als das Geld entlarvtworden ist. Die Menschen haben nämlich nur einen Schätzungsin-

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stinkt für ihre Brieftasche. Erst wenn sich da die Dinge zeigen – dieMenschen denken ja nur in Geld –, bemerken sie es eben an dem Va-lutasturz. Aber wenn man jetzt qualitativ das Leben betrachtet – ichbitte Sie, nehmen Sie Rußland, nehmen Sie einen ganzen Komplexdes russischen Lebens, durchdrungen von der Gesinnung „VäterchenZar“ bis Lenin –, was müssen Sie denn da dazwischensetzen an sichmetamorphosierenden Formen? Da ist im Grunde genommen selbstdie russische Valutaentwertung nur eine Art Barometer für das, wassich sonst im Leben zugetragen hat. Also, es ist die Sache nicht sounerklärlich. Es ist eben die Wirkung eine ganz furchtbare und wirdnoch furchtbarer werden. Aber verständlich ist die Sache einfachaus dem Gang der übrigen Ereignisse heraus.

Geldwert steigt mit den brauchbaren Produktionsmi�eln

Quelle [19]: GA 341, S. 081-083, 3/1986, 05.08.1922, DornachBesprechung mit Studenten der Nationalökonomie, sogenanntes„Nationalökonomisches Seminar“

Frage: Wie ist das Verhältnis von Staat und Geld?

Rudolf Steiner: Durch das, was ich gestern beschrieben habe, würdeeine Reichsbank, eine Staatsbank unmöglich sein. Es würde heraus-kommen ein Bankinstitut zwischen denjenigen, die Schenkungsgel-der bekommen haben, und denjenigen, die durch Arbeit, namentlichBodenarbeit wiederum neue Waren in ihrem Anfang scha�en. Eswürde diese Verjüngung gerade vom Staat auf die Wirtschaft über-gehen. Und das ist das, was die weitere Notwendigkeit darstellt.Dadurch, daß sie an die Wirtschaft übergeht, würde diese Maßregel,das Geld wieder jung zu machen, zusammenhängen mit anderenwirtschaftlichen Maßregeln, nicht mit Staatsmaßregeln. Und da-durch kämen auch ganz andere Wertverhältnisse heraus als jetztunter dem �skalischen Elemente. Wir würden etwas haben, was

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schon existiert. Die Dinge werden ja nur dadurch kaschiert, daß sienicht am rechten Fleck vor sich gehen. Wir würden eine �skalischeMaßregel in eine wirtschaftliche übergeführt haben. Der Fiskus wür-de weniger die Möglichkeit haben, wirtschaftlich vorzugehen alseine wirtschaftliche Assoziation.

Frage: Worin würde eine andere Währungsgrundlage bestehen?

Rudolf Steiner: Sie würde dadurch gescha�en werden, daß alles das,was Papiergeld, Geldsurrogat ist, sich sehr ähnlich werden würde.Die großen Verschiedenheiten von heute sind ja nur durch willkür-liche Maßregeln hervorgerufen. Also die Staatsbanknoten und alleanderen Arten von Geldsurrogaten würden einander viel ähnlicherwerden.

Man würde ein einheitliches Geld haben, und für dieses wäre esziemlich gleichgültig, aus was es bestehen würde; denn es bekommtdann am Ende seines Prozesses einen rein nominalistischen Charak-ter; und indem es wiederum zurückgeführt wird, bekommt es einenmetallistischen Charakter, den es am Anfang haben müßte. Die Wäh-rung würde etwas sein, was im fortwährenden Fluß wäre, die aberganz angepaßt wäre der Eigentümlichkeit des volkswirtschaftlichenProzesses.

Frage: Haben Sie nicht früher auch einmal die brauchbaren Produkti-onsmittel als Währungsgrundlage gepriesen?

Rudolf Steiner: Fragen wir uns: Was gibt denn nun innerhalb einessolchen Zeitraumes, in dem dieser Umschwung für ein bestimmtesGeld statt�ndet, dafür den Geltungswert? Ihn gibt dasjenige, was anbrauchbaren Produktionsmitteln da ist. Nehmen Sie an, es ist sehrwenig an brauchbaren Produktionsmitteln da, so wird die Sache sehrschnell umgesetzt werden müssen. Es wird sich überall Geld stauen,es wird überall Kaufgeld zurückgehen durch wenige Produktions-mittel und so weiter. Wenn aber viel brauchbare Produktionsmittel

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da sind, so wird der Umlauf ein anderer sein, und es wird dadurchdiesem Geld ein erhöhter Wert anhaften. Auf diese Weise bekommenwir die Währung heraus durch die brauchbaren Produktionsmittel.

Frage: Müßte etwas Stabiles als Sto� genommen werden wie Gold?

Rudolf Steiner: Soviel ich sehen kann, wäre im Grunde genommender wirkliche Sto� des Geldes gleichgültig, so daß Sie die Jahreszahl,die dann wertbildend würde, auch auf Papier setzen könnten. Ichkann nicht sehen, daß es dann notwendig wäre, eine solche Wäh-rung wie Gold einzuführen. Es würde nur in dem Umfang möglichsein, in dem sich wiederum Spezialvolkswirtschaften bilden würden.Aber in dem Maße, als tatsächlich die Weltwirtschaft da ist – sierealisiert sich in dem Maße mehr, als die Wirtschaft sich emanzipiert–, ist es möglich, durch jeden beliebigen Sto� das Geld zu machen.Was wird denn das Geld dadurch, daß sich das realisiert, was ichsage? Dadurch wird das Geld nichts anderes, als die durch das ganzeWirtschaftsgebiet durchlaufende Buchführung.

Sie könnten nämlich, wenn Sie eine Riesenbuchhaltung einführenwollten, die nicht notwendig ist, dieses ganze Hin- und Hergehendes Geldes ganz gut an einer entsprechenden Stelle verbuchen. Dannwürden immer die Posten an den entsprechenden Stellen stehen.Was in Wirklichkeit geschieht, ist nämlich nichts anderes, als daßSie den Posten aus der betre�enden Stelle herausreißen und demBetre�enden den Schein geben, so daß die Buchhaltung wandert.Das Geld ist in �uktuierendem Sinn eine Buchhaltung. Da kann ichnicht einsehen, daß es einen anderen als einen dekorativen Werthaben soll, ob man es aus dem oder jenem macht.

Einwand: Das Gold gäbe einen gewissen Maßstab.

Rudolf Steiner: Das kann nicht der Fall sein, und wenn es der Fallist, so übt es sich aus in dieser Buchhaltung selber. Das ist das We-sentliche, daß der ganze Geldverkehr übergeht in eine Führung der

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Buchhaltung. Statt daß Sie einen Posten von der Aktiv-Seite auf diePassiv-Seite hinübersetzen, geben Sie das Geld hinüber.

Einwand: Es dürfte nicht Gold sein, weil die Entwertung dadurch um-gangen werden könnte, daß zuletzt das Gold zurückbehalten würde.

Rudolf Steiner: Wenn ein Käufer für das Gold da ist. Der müßte dasein, das heißt, es müßte der Kauf vorteilhaft sein. Man würde dannextra noch die unnötige Kalkulation machen müssen. Ja, die würdeeinem nichts helfen. Wenn man zum Beispiel einen Schmuckgegen-stand daraus machen würde, würde man damit betrügen können.

Diese Dinge muß man nur zum Zweck der Volkswirtschaft selberbedenken. Sie werden, wenn Sie die Dinge zusammenhalten, wertenkönnen das, was heute wirklich nur auf Grundlage einer partiellenBeobachtung und einer unzureichenden Spekulation in der Behand-lung der Volkswirtschaftslehre steht. Es sind immer unzureichendeMethoden und mangelhafte Beobachtungen da.

Eine soziale Dreigliederung in Mi�eleuropa ist seit derValutaentwertung unmöglich

Quelle [10]: GA 305, S. 205, 2/1979, 28.08.1922, OxfordOxford Holiday Conference

Aus diesem Grunde meine ich, daß meine „Kernpunkte der sozialenFrage“, wenn sie heute in Deutschland fast vergessen sind – es istja ein bißchen übertrieben, aber es ist fast so –, wenn sie heute inDeutschland fast vergessen sind, und im Jahre 1919 eine ungeheuerschnelle Verbreitung gefunden haben, daß das ganz natürlich ist.Denn der Zeitpunkt, wo man das, was in den „Kernpunkten der so-zialen Frage“ steht, realisieren sollte, der ist vorüber für Mitteleuropa.Der ist in dem Augenblicke vorüber gewesen, als jener starke Valu-

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taniedergang eingetreten ist, der der deutschen Wirtschaft völlig dieHände bindet.

Ich bin damals, als die „Kernpunkte der sozialen Frage“ erschienenwaren, von vielen Leuten gefragt worden: Ja, das wäre alles rechtschön, aber jetzt handelt es sich vor allen Dingen darum, wie wirdie Valuta verbessern. – Sie war dazumal verhältnismäßig nochgut gegen den heutigen schändlichen Stand. Ich konnte nur sagen:Da drinnen in den „Kernpunkten“ steht es, wie man die Valutaverbessern kann. – Aber die Leute sahen es nicht. Sie wußten nicht,wo die Antwort sitzt auf die Frage, sondern sie suchten die Antwortextra irgendwie an der Ober�äche behandelt, nicht in den Tiefen.Daß gerade das Buch die Antwort war, das verstanden die Leutenicht.

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Literaturlisten

Zuerst aufgeführt werden die verwendeten Bände aus der „Rudolf Stei-ner Gesamtausgabe“ (gekürzt GA). Anschliessend werden die sonstigenQuellen aufgelistet.

Rudolf Steiner Gesamtausgabe

[1] Rudolf Steiner. GA 23 - Die Kernpunkte der sozialen Frage inden Lebensnotwendigkeiten der Gegenwart und Zukunft. 6. Au�.Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 1976 (siehe S. 19, 62).

[2] Rudolf Steiner. GA 24 - Aufsätze über die Dreigliederung dessozialen Organismus und zur Zeitlage 1915 bis 1921. 2. Au�.Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 1982 (siehe S. 22).

[3] Rudolf Steiner. GA 79 - Die Wirklichkeit der höheren Welten.2. Au�. Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 1988 (siehe S. 111,114).

[4] Rudolf Steiner. GA 81 - Erneuerungs-Impulse für Kultur undWissenschaft. Berliner Hochschulkurs. 1. Au�. Dornach: RudolfSteiner Verlag, 1994 (siehe S. 115, 118).

[5] Rudolf Steiner. GA 83 - Westliche und östliche Weltgegensätz-lichkeit - Wege zu ihrer Verständigung durch Anthroposophie.3. Au�. Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 1981 (siehe S. 119).

[6] Rudolf Steiner. GA 186 - Die soziale Grundforderung unsererZeit - In geänderter Zeitlage. 3. Au�. Dornach: Rudolf SteinerVerlag, 1990 (siehe S. 60).

[7] Rudolf Steiner. GA 189 - Die soziale Frage als Bewußtseinsfrage.2. Au�. Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 1957 (siehe S. 25).

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Literaturlisten

[8] Rudolf Steiner. GA 190 - Vergangenheits- und Zukunftsimpulseim sozialen Geschehen. 2. Au�. Dornach: Rudolf Steiner Verlag,1971 (siehe S. 37).

[9] Rudolf Steiner. GA 297 - Idee und Praxis der Waldorfschule.1. Au�. Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 1998 (siehe S. 65).

[10] Rudolf Steiner. GA 305 - Die geistig-seelischen Grundkräfte derErziehungskunst. 2. Au�. Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 1979(siehe S. 147).

[11] Rudolf Steiner. GA 328 - Die soziale Frage. 1. Au�. Dornach:Rudolf Steiner Verlag, 1977 (siehe S. 30).

[12] Rudolf Steiner. GA 329 - Die Befreiung des Menschenwesensals Grundlage für eine soziale Neugestaltung. Altes Denken undneues soziales Wollen. 1. Au�. Dornach: Rudolf Steiner Verlag,1985 (siehe S. 34, 45).

[13] Rudolf Steiner. GA 330 - Neugestaltung des sozialen Organis-mus. 2. Au�. Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 1983 (siehe S. 49,55).

[14] Rudolf Steiner.GA 331 - Betriebsräte und Sozialisierung. Diskus-sionsabende mit den Arbeiterausschüssen der großen BetriebeStuttgarts, 1919. 1. Au�. Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 1989(siehe S. 51, 53–55).

[15] Rudolf Steiner. GA 332a - Soziale Zukunft. 2. Au�. Dornach:Rudolf Steiner Verlag, 1977 (siehe S. 66, 71).

[16] Rudolf Steiner. GA 334 - Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigensozialen Organismus. 1. Au�. Dornach: Rudolf Steiner Verlag,1983 (siehe S. 97, 98, 101, 102, 105).

[17] Rudolf Steiner. GA 337a - Vertiefung der Dreigliederungs-Idee,Band I. Studienabende des Bundes für Dreigliederung des sozia-len Organismus 1919-1920. 1. Au�. Dornach: Rudolf SteinerVerlag, 1999 (siehe S. 57, 83, 94, 107, 108).

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[18] Rudolf Steiner. GA 340 - Nationalökonomischer Kurs. Aufgabeeiner neuen Wirtschaftswissenschaft, Band I. 6. Au�. Dornach:Rudolf Steiner Verlag, 1979 (siehe S. 123, 126, 127, 132, 137,138).

[19] Rudolf Steiner. GA 341 - Nationalökonomisches Seminar. Auf-gabe einer neuen Wirtschaftswissenschaft, Band II. 3. Au�. Dor-nach: Rudolf Steiner Verlag, 1986 (siehe S. 139, 144).

Sonstige �ellen

[20] Emil Molt. Entwurf meiner Lebensbeschreibung, mit einem do-kumentarischen Anhang. 1. Au�. Stuttgart: Verlag Freies Geis-tesleben, 1972 (siehe S. 48).

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Kontakt

Institut für soziale DreigliederungLiegnitzer Strasse 15D-10999 Berlin

Tel. 030 - 68 07 96 89 43www.dreigliederung.de

Unser Verlag trägt sich insofern selbst, als die reinen Druckkostenseit Jahren nicht mehr durch unsere Spender, sondern durch die Ein-nahmen des Verlags getragen werden. Die inhaltliche Weiterentwick-lung unserer Publikationen wird dagegen weiterhin ausschliesslichdurch Spenden �nanziert.

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Publikationen

Schri�enreihe Grundlagen

Ausgewählte Texte von Rudolf Steiner in einem systematischen Zu-sammenhang.

Bd. 1 - Grundfragen der sozialen DreigliederungBd. 2 - Sozialer und natürlicher OrganismusBd. 3 - Freiheit und GeisteslebenBd. 4 - Assoziation und WirtschaftslebenBd. 5 - Demokratie und RechtslebenBd. 7 - Freiheit - Gleichheit - BrüderlichkeitBd. 8 - Der anthroposophische SozialimpulsBd. 9 - Nationalismus und VolksseelenBd. 10 - Anarchismus und AnarchistenBd. 11 - Sozialismus und Marxisten (in Vorbereitung)

Das ursprünglich geplante Bd. 6 «Zusammenwirken von Geistesle-ben, Wirtschaftsleben und Rechtsleben» wurde in die Bände 3 bis 5integriert.

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Schri�enreihe Paradoxien

Ausgewählte Texte von Rudolf Steiner zu verschiedenen aktuellenThemen. Mit einleitenden Essays.

• Bedingungsloses Grundeinkommen?

• Über die Steuerfrage

• Arbeitslosigkeit

• Über die Globalisierung

• Was ist Geld?

• Über Zins und alterndes Geld

• Über die Bodenfrage

• Der Boden ist keine Ware

• Ursache und Wirkung der Bodenspekulation

• Was ist eine freie Schule?

• Wirtschaft und soziale Dreigliederungim Lehrplan der Waldorfschule

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Schri�enreihe Brücken

Wie stehen aktuelle gesellschaftliche oder politische Strömungenzur sozialen Dreigliederung? Und welche Entwicklungen kommenihr entgegen?

Johannes Mosmann Das bedingungslose GrundeinkommenPathologie und Wirkungeiner sozialen Bewegung

Sylvain Coiplet Die Überwindung des Nationalismusdurch die soziale Dreigliederung

Sylvain Coiplet Anarchismus und soziale Dreigliederungein Vergleich

Nicanor Perlas Zivilgesellschaft und soziale Dreigliederung

Matthias Schmelzer Fairer Handel und Freier Markt

Online-Bestellung unterwww.dreigliederung.de/shop

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