4
Rückwirkung des Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Zur Auslegung einer umstrittenen Norm des Völkervertragsrechts kollissionsrechtlichen Inhalts. (Werkhefte der Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht an der Universität Hamburg. Heft 11) by OTTOBERT L. BRINTZINGER Review by: O. Kimminich Archiv des Völkerrechts, 14. Bd., 2. H. (August 1969), pp. 286-288 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40797323 . Accessed: 15/06/2014 16:23 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv des Völkerrechts. http://www.jstor.org This content downloaded from 91.229.248.187 on Sun, 15 Jun 2014 16:23:32 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Rückwirkung des Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Zur Auslegung einer umstrittenen Norm des Völkervertragsrechts kollissionsrechtlichen Inhalts. (Werkhefte der

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Rückwirkung des Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Zur Auslegung einer umstrittenen Norm des Völkervertragsrechts kollissionsrechtlichen Inhalts. (Werkhefte der

Rückwirkung des Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Zur Auslegung einerumstrittenen Norm des Völkervertragsrechts kollissionsrechtlichen Inhalts. (Werkhefte derForschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht an der UniversitätHamburg. Heft 11) by OTTOBERT L. BRINTZINGERReview by: O. KimminichArchiv des Völkerrechts, 14. Bd., 2. H. (August 1969), pp. 286-288Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40797323 .

Accessed: 15/06/2014 16:23

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

.

Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archivdes Völkerrechts.

http://www.jstor.org

This content downloaded from 91.229.248.187 on Sun, 15 Jun 2014 16:23:32 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 2: Rückwirkung des Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Zur Auslegung einer umstrittenen Norm des Völkervertragsrechts kollissionsrechtlichen Inhalts. (Werkhefte der

286 Besprechungen

Flüchtlingskonvention in Anspruch neh- men wollen. Hier könnte argumentiert werden, daß der Flüchtling, der sich wieder in sein Heimatland begibt, und sei es nur für kurze Zeit, offenbar keine Furcht vor der Verfolgung in diesem Land hegt, so daß er nicht mehr als Flüchtling angesehen werden kann. Auf der anderen Seite ist auf die mensch- lichen Probleme dieses Falls hingewie- sen worden. Wenn die Praxis der Ost- blockländer menschlicher geworden ist, so daß den Flüchtlingen der Besuch von Eltern und Kindern unter besonderen Umständen erlaubt wird, so wäre es unverständlich, wenn gerade die Praxis der westlichen Aufnahmeländer den Flüchtlingen dieses Mitgefühl verwehrt. Es erschiene kleinlich, wollte man ver- langen, daß der Flüchtling in seinem Heimatland warten muß, bis er erneut politisch verfolgt wird, damit er wieder an seinen Arbeitsplatz im westlichen Zu- fluchtsland zurückkehren kann. So ein- leuchtend die Schlußfolgerungen aus die- ser Gegenüberstellung sind, so schwierig ist dennoch das juristische Problem. Das am schwersten wiegende Argument be- steht darin, daß durch die humane Pra- xis der Flüchtlingsbegriff und der Asyl- begriff vollkommen ausgehöhlt werden, so daß sie eines Tages für die wirklichen Asylfälle nicht mehr brauchbar sind. Die Gerichte und Anerkennungsbehörden in den einzelnen Signatarstaaten der Kon- vention haben dieses Problem unter- schiedlich behandelt. Hier hat daher die Rechtswissenschaft noch eine große Auf- gabe zu bewältigen. Wieder schafft Grahl-Madsen mit seiner sorgfältigen Dokumentation und Rechtsvergleichung, vor allem aber mit seinen grundlegen- gen Ausführungen hierzu, eine ausge- zeichnete Basis für die künftige Entwick- lung.

Das Grundproblem des gesamten Asyl- und Flüchtlingsrechts besteht dar- in, Menschlichkeit und juristische Exakt- heit miteinander zu verbinden. Die letztere ist deswegen von so großer Be- deutung, weil es hier stets um die Zu- sammenarbeit verschiedener Staaten geht, die häufig gegensätzliche Interessen

vertreten. Brauchbare Lösungen sind hier nur auf einer allgemein anerkann- ten Rechtsgrundlage zu finden. Dies tritt deutlich in den drei Abschnitten des Ka- pitels über den Flüchtlingstatus zutage. Nach Erwerb und Verlust dieses Status beschäftigt sich Grahl-Madsen im dritten Abschnitt mit dem Status der Familien- angehörigen. Die Konvention stellt sich grundsätzlich auf den Standpunkt der Familieneinheit, muß aber wieder Qua- lifizierungen zulassen. Die daraus ent- stehenden Rechtsprobleme sind wieder von Kompliziertheit und Tragik ge- kennzeichnet. Mit diesen Schlagworten ist gleichzeitig der Schwierigkeitsgrad einer Abhandlung wie der vorliegenden angedeutet. Hinzu kommt, daß die Pro- bleme in jedem Land an der Nahtstelle zwischen Völkerrecht, Staatsrecht und Verwaltungsrecht liegen, aber auch an der Grenze zwischen Recht und Politik.

Wie groß die Arbeit an diesem um- fassenden Werk war, zeigt eine weitere Tatsache: Bibliographie, Entscheidungs- und Gesetzesverzeichnis und Stichwort- register umfassen 60 Seiten. Daß der Anmerkungsapparat hervorragend ist, braucht danach kaum noch hervorgeho- ben zu werden. Insgesamt verdient dieses Werk höchste Anerkennung. Für den deutschsprachigen Raum aber gewinnt es eine besondere Bedeutung, weil es die Probleme des Asyl- und Ausländerrechts in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich und in der Schweiz unterbrei- tet und damit um Verständnis für die ausnehmend schwierige Lage dieser Län- der wirbt.

Prof. Dr. O. Kimminich, Regensburg

OTTOBERT L. BRINTZINGER: Rückwirkung des Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonven- tion von 195 1. Zur Auslegung einer umstrittenen Norm des Völker- vertragsrechts kollissionsrechtlichen Inhalts. (Werkhefte der Forschungs- stelle für Völkerrecht und ausländi- sches öffentliches Recht an der Uni- versität Hamburg. Heft 11). Hamburg. 1966.

This content downloaded from 91.229.248.187 on Sun, 15 Jun 2014 16:23:32 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 3: Rückwirkung des Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Zur Auslegung einer umstrittenen Norm des Völkervertragsrechts kollissionsrechtlichen Inhalts. (Werkhefte der

Besprechungen 287

In der Vorbemerkung zu dieser über- aus gründlichen Studie weist der Autor auf die Bedeutung des Flüchtlingsrechts im Bereich der Bundesrepublik Deutsch- land hin. Seine Schätzung, daß noch et- wa 85 000 heimatlose Ausländer im Bun- desgebiet leben, ist sicher zu niedrig an- gesetzt. Juristisch ist das internationale Flüchtlingsrecht deswegen von Interesse, weil es die Gerichte vor die verschieden- sten Probleme stellt. Neben verfassungs- rechtlichen und verwaltungsrechtlichen Streitfragen des Asylrechts und Aus- länderrechts sind es vor allem solche des internationalen Privatrechts, die hierbei auftauchen. Die vorliegende Stu- die ist einer Spezialfrage des Problem- kreises gewidmet, nämlich der Auslegung des Art. 12 der Genfer Flüchtlingskon- vention.

Dieser Artikel befaßt sich mit dem »Personalstatut« der Flüchtlinge. Brint- zinger legt dar, daß die im Bundesge- setzblatt verkündete amtliche deutsche Übersetzung nicht ganz den maßgebli- chen englischen bzw. den französischen Texten entspricht. Schon die Überschrift leidet unter diesem Mangel. Im fran- zösischen Text lautet sie »statut person- nel«, im englischen »personal status«. Die amtlichen Texte in der Schweiz und in Österreich übersetzen dies mit dem Ausdruck »personenrechtliche Stellung«, für den sich auch Brintzinger entschei- det. Danach lautet die genannte Vor- schrift: »1. die personenrechtliche Stel- lung eines Flüchtlings bestimmt sich nach dem Recht des Landes seines Wohnsitzes oder, in Ermangelung eines Wohnsitzes, nach dem Recht seines Aufenthaltslandes. 2. Die von einem Flüchtling vorher er- worbenen und sich aus seiner personen- rechtlichen Stellung ergebenden Rechte, insbesondere die aus der Eheschließung folgenden werden von jedem vertrag- schließenden Staat geachtet, gegebenen- falls vorbehaltlich der Formalitäten, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht vorgesehen sind. Hierbei wird unterstellt, daß das betreifende Recht zu denjenigen gehört, die nach den Ge- setzen dieses Staates anerkannt worden

wären, wenn die in Betracht kommende Person kein Flüchtling geworden wäre.«

Von den mannigfachen Problemen, die diese Vorschrift aufwirft, greift Brint- zinger wohl das wichtigste heraus: die intertemporale Wirkung. Er formuliert diese Frage folgendermaßen: »Ist dem hier eingeführten Territorialitätsgrund- satz eine Rückwirkung auf personen- rechtliche Rechtsverhältnisse beizulegen, die vor seinem Inkrafttreten entstanden sind? Oder müssen die persönlichen Rechtsverhältnisse von Konventions- flüchtlingen bis zu diesem Zeitpunkt nach ihrem ausländischen Heimatrecht beur- teilt werden?« (S. 9). Obwohl die herr- schende Lehre eine Rückwirkung von Kollisionsrechtsänderungen verneint, gibt es gerade hinsichtlich des Art. 12 der Flüchtlingskonvention Autoren, die für eine Rückwirkung dieser Bestimmung eintreten. Die Rechtsprechung verneint die Rückwirkung des Art. 12 der Flücht- lingskonvention fast einhellig. Immer- hin kann Brintzinger auch hier auf zwei Entscheidungen verweisen (Amtsgericht Itzehoe vom 9. 12. 1958 und OVG Mün- ster vom 26. 1. i960), die von der rück- wirkenden Kraft des Art. 12 der Flücht- lingskonvention ausgehen.

Mit Recht sieht Brintzinger die Ur- sache für die Unsicherheit hinsichtlich der Interpretation des Art. 12 der Flücht- lingskoinvention darin, daß bei ihrer Anwendung im Bereich der Bundesrepu- blik Deutschland nicht die Regeln beach- tet werden, die für die Interpretation völkerrechtlicher Verträge gelten. Die be- reits erwähnte Tatsache, daß Art. 12 offenbar nur unzureichend ins Deutsche übersetzt worden ist, kommt noch hinzu. Der Verfasser untersucht sorgfältig die Interpretationsregeln des Völkerrechts und die Auslegung nach dem Vertrags- text unter Berücksichtigung der vorher erörterten allgemeinen Interpretationsre- geln. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, daß Art. 12 nur den Sinn haben kann, jede Einwirkung von Rechtsänderungen im Heimatrecht des Flüchtlings, die nach seiner Flucht vorgenommen wurden, auf seine personenrechtliche Stellung auszu- schließen.

This content downloaded from 91.229.248.187 on Sun, 15 Jun 2014 16:23:32 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 4: Rückwirkung des Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Zur Auslegung einer umstrittenen Norm des Völkervertragsrechts kollissionsrechtlichen Inhalts. (Werkhefte der

288 Besprechungen

Die Lage ist allerdings recht kom- pliziert, denn der Wechsel des Anknüp- fungsstatuts knüpft in jedem Fall am Zeitpunkt der Flucht an. Liegt dieser Zeitpunkt vor dem innerstaatlichen In- krafttreten der Flüchtlingskonvention, so ergibt sich hier eine Rückwirkung. Die personenrechtliche Stellung des Flücht- lings wird erst mit dem Zeitpunkt der Wohnsitz- oder Aufenthaltnahme in der Bundesrepublik Deutschland nach deut- schem Recht beurteilt. Wenn gemäß Art. 12 der Flüchtlingskonvention die »vor- her« erworbenen Rechtspositionen des Flüchtlings anerkannt werden, so han- delt es sich um solche, die sich aus dem Recht seines Heimatstaates im Zeitpunkt seiner Flucht ableiten lassen. Auch hier wirkt also Art. 12 möglicherweise über den Zeitpunkt des Inkrafttretens zu- rück bis zum Zeitpunkt der Flucht.

Brintzinger untermauert dieses Ergeb- nis nach allen Regeln der juristischen Kunst und sichert es nach allen Rich- tungen hin ab. Die Auswirkungen ver- folgt er bis in die Außenbereiche, zieht aber immer wieder die Verbindungsli- nien zu den Grundlagen. Mit welcher Gründlichkeit der Autor ans Werk ge- gangen ist, zeigen die umfassenden An- merkungen (fast 40 S. mit 320 Anmer- kungen). Diese Schrift macht erneut deut- lich, welche lohnende Arbeit auf dem Gebiet des internationalen Flüchtlings- rechts geleistet werden kann.

Prof. Dr. Ο. Κ i m m i η i c h, Regensburg

GIAN LUIGI TOS ATO: IRegola- menti délie Comunità Eu- ro ρ e e. (Pubblicazioni dell* Istituto di Diritto Internazionale dell'Univer- sità di Roma No. 7). Mailand: Giuífrè. 1965. VII, 336 S.

Diese Monographie über die Verord- nungen der Europäischen Gemeinschaf- ten (règlements der jüngeren Gemein- schaften, décisions générales der Mon- tanunion, s. S. 58 f.) schöpft die dogmati- schen Gesichtspunkte gründlich aus, wie es bei italienischen Verfassern Brauch ist. Die Gemeinschaften sind keine Staaten,

ihre unmittelbare Rechtsbeziehung zum Einzelnen dennoch keine Fiktion. Der Verfasser lehnt auch die gelegentlich ver- tretene Meinung ab, ihre Beziehungen zu den Mitgliedstaaten bildeten einen ganz anderen Aspekt als die Beziehungen zum Einzelnen; er will ferner die Kategorie des »internen Staatengemeinschaftsrechts« nicht verwenden (S. 15 f . Anm. 33). Er geht von einer dualistischen Auffassung aus, hält aber auch bei ihr eine autonome Ordnung für möglich, die freilich weder originär noch souverän ist (S. 37).

Die Gemeinschaftsverträge enthalten Verfassungs- und Gesetzesrecht, jedoch haben die Gemeinschaften selbst keine verfassungsgebende Gewalt (S. 281). Ihre Verordnungsgewalt ist nicht eine allge- meine (S. 144), indessen gibt es Bestim- mungen wie Art. 8 CECA, 155 EWG und 124 Euratom, an die sich aus einer gemeinsamen Überlieferung der Mit- gliedstaaten die Befugnis der Exekutive zum Erlaß von Durchführungsvorschrif- ten knüpfen läßt (S. 149, 174, 193).

Man kann die Verordnungen danach unterscheiden, ob sie primäre Rechtset- zung oder sekundäre Durchführung sind; die ersten entsprechen den Gesetzen, die anderen den Verordnungen der inner- staatlichen Terminologie (S. 280). Der Verfasser meint auch, daß die ersten die- jenigen sind, die vom Rat ausgehen, die anderen von der Hohen Behörde und von den Kommissionen (s. a. S. 193). Er hatte aber vorher drei Arten von Ver- ordnungen festgestellt: solche, die die Verträge ändern können (S. 83 ff.), sol- che, die die Verträge ausführen (S. 123 ff.), und solche, die andere Verord- nungen ergänzen und durchführen (S. 171 ff.); er hatte auch gesagt, daß die Verteilung des Verordnungsrechts zwi- schen die Gemeinschaftsorgane nicht nach einem festen Prinzip gehe (S. 177).

Am interessantesten ist wohl das letzte Kapitel über die Stellung der Gemein- schaftsverordnungen im inneren Recht der Mitgliedstaaten, das aber nur für Italien ausführlich behandelt ist. Die innerstaat- liche Geltung der Verordnungen wird nicht auf die Verträge zurückgeführt, wie umgekehrt ihre Geltung vor den

This content downloaded from 91.229.248.187 on Sun, 15 Jun 2014 16:23:32 PMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions