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Sauerstoff-Langzeittherapie
Dr. Stefan Dewey, Mukoviszidose-Tagung Würzburg 16.11.2017
Interessenkonflikte
Kein Bezug von Vortrags- oder anderen Honoraren, Forschungsförderung oder anderen Zuwendungen seitens der Industrie.
Sauerstoff: Aufnahme, Transport und Leistung
Sauerstoffmessung: SO2, pO2 und CaO2, O2-Bindungskurve
Hypoxämische und hyperkapnisches Lungenversagen
Akute Hypoxämie: Therapiealgorhythmus
Sauerstoff-Langzeittherapie: Wann ist sie angebracht und was ist das Ziel?
Wer profitiert am meisten?
Fehlerhafte Indikationsstellung und Nebenwirkungen
Aspekte der Patientenschulung: Ängste, Geräteauswahl, Hygieneregeln, Reisen …
Leben mit Sauerstoff
Weißblutfisch: Turbo-Kreislauf und Mini-Stoffwechsel im kalten Wasser, aber keine roten Blutkörperchen*
Wale: mehr Sauerstoffspeicher im Blut und in der Muskulatur (Myoglobin) 90 Minuten Tauchgang
Mensch: Großhirn toleriert nur 3-5 Min Sauerstoffmangel
Nur wenig proteingebundener O2
Hohes HZV (6-15 X)
Minimaler Stoffwechsel
O2-Aufnahme, -Transport und Leistung
• Die O2-Aufnahme VO2 entspricht der Leistung des Organismus
• Verschiedene Systeme sind an der O2-Bereitstellung und am CO2-Abtransport beteiligt
• Das Verhältnis VCO2/VO2 hängt vom Stoffwechsel ab (Energiesubstrat Fett 0,7, Kohlenhydrate 1,0, anaerobe Energienutzung > 1,0)
Aus Köhler D, Haidl P, Pneumologie 2011;65 25-36
O2-Aufnahme
In Ruhe braucht der Mensch 300 ml O2 aus etwa 10 L Luft
Gasaustauschfläche der Lunge
Ca. 300 Mio Alveolen ergeben 80 – 150 m² Fläche
Gasaustausch und -transport
Der Löslichkeitskoeffizient für CO2 ist 20x höher als bei O2 Diffusion für CO2 leichter als für O2
O2 überwiegend Hb-gebunden, < 2% frei gelöst im Blut
CO2 frei gelöst (ca. 5-10%), an Hb gebunden (ca.10%) und als HCO3 (ca. 80-85%) im Blut
Die Diffusion hängt ab von:
Partialdruckgradient
Dicke der alveolokapillären Membran
Alveolären Austauschfläche
Sauerstoffmessung: O2-Sättigung
• SO2: Anteil des O2-gebundenen Hämoglobins abhängig von mehreren Faktoren (Hb-Wert, pO2, pH, Körpertemp.),
• Messfehler möglich durch: Nagelveränderungen, schlechte periphere Durchblutung, CO-Intoxikation
• Normale SO2 93-99%
• Prüfung der Therapieindikation durch Langzeit-Messungen tags und nachts
Sauerstoffmessung: Blutgasanalyse
• PaO2 hängt vom umgebenden Luftdruck ab (in der Höhe abnehmend)
• pO2 in Außenluft 160 mmHg in Alveolen 100 mmHg im art.Blut 60 – 100 mmHg (je nach Alter) an der Zellwand 3- 5 mmHg
• Umrechnung kPa x 7,5 = mmHg
• Kapilläre Messung: mögliche Fehlerquellen sind unzureichende Perfusion des Ohrläppchens, Quetschen, Luftblasen in Kapillare
• Bei Hyperventilation Korrektur auf
Standard-PaO2 = PaO2 – 1,66 x (40 – PaCO2)
Sauerstoffmessung: Blutgasanalyse
• Bei Hypoxämie mit Hyperkapnie pH-Wert und HCO3 beachten, da differentialdiagnostisch und prognostisch relevant
• Bei akuter Atemnot und pH < 7,35 NIV oder invasive Beatmung
• Bei chronischer Hyperkapnie ist pH normal bis erhöht, HCO3 deutlich erhöht (metabolische Kompensation der sonst eintretenden respiratorischen Azidose)
• Hypoxämie in Ruhe, die sich unter Last bessert, ist eher Ausdruck einer Verteilungsstörung (in Ruhe sind die basalen Lungenabschnitte besser durchblutet und die apikalen Abschnitte besser belüftet)
Sauerstoffmessung: O2-Bindungskurve
Kritischer Bereich: pO2 < 55 mmHg SO2 < ca.88 %
Linksverschiebung: z.B. bei Alkalose, Hypothermie schlechtere O2 Abgabe ins Gewebe
Rechtsverschiebung: z.B. bei Azidose, Fieber bessere O2-Abgabe ins Gewebe
Sauerstoffmessung: Sauerstoffgehalt CaO2
• Entspricht der tatsächlichen O2-Versorgung
• CaO2 = SaO2 x Hb x 1,35
• Hüfner-Zahl 1.35 (1,34 – 1,39) ist Bindungskoeffizient von O2 an Hb
• Norm: Ca. 15-20 ml O2/100 ml Blut, kritisch sind akute Werte < 10 ml, chronisch < 7 ml O2/100 ml Blut
Aus Köhler D, Haidl P, Pneumologie 2011;65 25-36
Respiratorische Insuffizienz
hypoxämisches Versagen Hyperkapnisches Versagen
Ursache Im Lungenparenchym oder pulmonal-vaskulär
Störung der Atempumpe: Überlastung, neurologisch
PaO2 niedrig Niedrig - normal
PaCO2 Normal - niedrig erhöht
Problem: Emphysemlunge
Verkleinerte Gasaustauschfläche und weniger Blutgefäße Sauerstoffmangel
Problem: Lungenfibrose
Gestörte Sauerstoffpassage
Atemluft
Flüssigkeitsfilm
Verdickte Wand der
Lungenbläschen
Blutgefäss
Rotes
Blutkörperchen
Problem: überblähte Lunge
Schlechte Atemmechanik, dadurch hohe Atemarbeit! ventilatorische Insuffizienz (Versagen der Atempumpe) Evtl. Atemunterstützung mit Maskenbeatmung
Sauerstofftransport im Körper
Sauerstoffmangel führt zu pulmonaler Hypertonie und Rechtsherzhypertrophie im Prinzip sinnvoller Adaptationsmechanismus, Gefahr der Dekompensation
O2-Gabe bei akuter respiratorischer Insuffizienz
Aus M. Schellenberg Pneumonews 2017;09 (5), Therapiealgorhythmus der BTS
< spO2<85%
Wann wird eine O2-Langzeittherapie eingeleitet?
• Sauerstoffwert PaO2 dauerhaft unter 55 mm Hg bzw. SO2 < 88 %
• Nicht bei einmaliger Messung schlechter O2-Werte z.B. bei einem Akutkrankenhausaufenthalt. Werte immer zuerst nach Besserung prüfen!
• Bei PaO2 55-60 mmHg, wenn eine „Lungenherzschwäche“ (Cor pulmonale) besteht
• PaO2 < 55 mm Hg unter Belastung oder anhaltende nächtliche Hypoxämie
• Hyperkapnie ist keine Kontraindikation
• Voraussetzung: zuvor optimale Therapie der Grunderkrankung
es darf auf keinen Fall mehr geraucht werden
Wer profitiert besonders von O2?
Studienergebnisse gibt es vor allem zu COPD
Zu CF gibt es wenig Daten, welche Effekte O2-Langzeittherapie hat und wann sie indiziert ist *
Bei schwerer CF-Lungenerkrankung: höhere Belastungstoleranz und geringere Beanspruchung von Atmung und Kreislauf durch O2-Gabe unter Belastung **
bei nächtlichen Entsättigungen (> 30% unter SO2< 90%): keine Effekt der O2-Gabe auf Prognose, aber Auswirkungen auf die Lebensqualität ***
* Oxygen therapy for cystic fibrosis. Elphick HE, Mallory G. Cochrane Database Syst Rev. 2013 Jul 25;(7)
** Nixon PA et al, Am Rev Resp. Dis 1990 Oct; 142 (4): 807-11 und Marcus CL et al; Chest 1992 Jan; 101 (1): 52-7
*** Young AC et al; Journal of Cystic Fibrosis 10 (2011) 100–106
Wer profitiert besonders von O2?
Subgruppenanalysen bei COPD zeigen: besonders hyperkapnische Patienten profitieren nicht die Besserung der Hypoxämie ist entscheidend, sondern die Entlastung der Atempumpe
Exazerbationen werden bei verordneter O2-Lanzeittherapie besser überstanden
Umdenken bei LTOT erforderlich?
Patienten mit Belastungshypoxämie haben bei ausreichend hoher O2-Flussrate deutliche Verbesserungen der Wegstrecke
Verordnung einer LTOT
• Wiederholte BGA innerhalb von 4 Wochen und nach Optimierung der Therapie belegen Indikation:
• pO2 < 55 mmHg oder
• pO2 55-60 mmHg + Polyglobulie und/oder Cor pulmonale
• PO2 < 55 mmHg unter Last oder lang anhaltende nächtliche Hypoxämie (DD zu SBAS prüfen)
• Auswahl des für den Patienten passenden Systems
• Testung der notwendigen Flussrate in Ruhe und unter Last, um pO2 > 60 mmHg oder mind. + 10 mmHg zu erreichen
Sauerstofflangzeittherapie – wichtige Patienteninformationen
• Der Mensch hat keine Sauerstoffspeicher wie ein Wal
• Sauerstoff als Medikament muss daher – um zu wirken – ständig zugeführt werden
• Gefordert werden nach Studienergebnissen mindestens 16 Stunden pro Tag je länger desto besser!
• Die Sauerstofflangzeittherapie macht nicht abhängig sondern verbessert das Überleben!
• Dieser Effekt beruht auf einer Entlastung der Atempumpe und des Herzens und einem besseren Überstehen von akuten Exazerbationen
Risiken und Nebenwirkungen
• Risiko der CO2-Narkose bei zu hohem Sauerstoff-Fluss, aber Pat. mit Hyperkapnie profitieren im Überleben am meisten von LTOT, da Entlastung der Atempumpe
• Trockene Schleimhäute, Nasenbluten
• Mangelnde Hygiene: Verkeimung des Befeuchterwassers
• Falsche medizinische Indikation: Entscheidung bei einer akuten Verschlechterung oder noch nicht optimaler Therapie
Verbrennung bei Rauchen unter O2-Therapie
Risiken der O2-Therapie Vorsicht bei Kontakt zu austretenden Gas: Erfrierungen der Haut möglich!
Daher Hautkontakt meiden Bei Vereisungen: warmes
Wasser, warmes Handtuch zum Abtauen und Warten
Nicht gewaltsam lösen
Patientenschulung: Sauerstoffsysteme
Funktionsweise der O2-Systeme, Vor- und Nachteile
Kostenübernahme, u.a. Strom
Mobilität, Reisen
Die richtige Flussrate wählen, Demand-Systeme
Einsatz bei körperlicher Belastung
Med. Kontrolluntersuchungen und Selbstkontrolle
Risiken
Applikationssysteme und O2-Einatemkonzentration
Aus Dtsch Med Wochenschr 2006; 131:228
Patientenschulung: Praktische Tipps
Aufstellung im Raum, Schalldämpfung
Zuleitung und Befeuchterwasser
Zubehör: Tragehilfen etc.
Hygiene, Wechsel des Zubehörs
Reisen
Technische Kontrollen
Risiken