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Ledergerber, einer der beiden Geschäftsfüh- rer, beschreibt die Niederdörfler mit einem Zwinkern als «sympathisch eigensinnig», weshalb die Ausrufung eines Freistaats durchaus passe. Speisen mit hauseigenem Bier So strikt wie im Mittelalter verfolgt der Freihof sein Recht nicht, aber die Idee amüsiert die Gäste. Deren Bedürfnisse forderten immer mehr Flexibilität, meint Victor Ledergerber, deshalb sehe er die Gästeorientierung als kla- ren Trend. Seit vier Jahren ist er zuständig für den Bereich Gastronomie. Vanille- statt Schoggiglace? Laktoseintoleranz? Veganer? «Egal, wir müssen mit Spezialwünschen um- gehen können, das ist eine unserer Aufgaben als Gastgeber.» «Beim Besuch des Freihofs haben Sie das Gemeindegebiet der Stadt Gossau verlassen und sich in das Hoheitsgebiet des Freistaates Niederdorf begeben.» Ein Scherz auf der Ban- kettkarte? Nein, nur Übermut: Ein Freihof im Mittelalter war ein gerichtsunabhängiger, von Steuern und bürgerlichen Pflichten befreiter Hof. Die Brauerei und Hofstube Freihof in Gossau hält «mit einfachen Gesetzen, eigener Gerichtsbarkeit und einer eigenen Münzprä- gung – dem Cervisia-Taler – am ursprüngli- chen Recht eines Freihofs» fest. So setzte Josef Brunschwiler seine Biervisionen aus der Jugendzeit um. Wo früher der uralte Freihof stand, schuf er 2010 eine Welt für Bierliebha- ber mit Brauerei, Restaurant, Bar, Saal, Verkaufsladen und Biergarten. Aber weshalb «Freistaat Niederdorf»? Der Gossauer Freihof ist Teil des Niederdorf-Quartiers. Victor Von Annika Hug Die Brauerei & Hofstube Freihof im Gossauer «Freistaat Niederdorf» ist bekannt für gutes Bier und heitere Feste. Im Gossauer Freihof setzte Inhaber Josef Brunschwiler nach der Pensionierung seine Biervisionen aus der Jugend um und rief auch gleich noch den Freistaat Niederdorf aus. «Bei uns wird Bier zum Erlebnis» 24

Saviva AG, Geschäftsbereich CCA Angehrn, Gossau

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Ledergerber, einer der beiden Geschäftsfüh-rer, beschreibt die Niederdörfler mit einem Zwinkern als «sympathisch eigensinnig», weshalb die Ausrufung eines Freistaats durchaus passe.

Speisen mit hauseigenem BierSo strikt wie im Mittelalter verfolgt der Freihof sein Recht nicht, aber die Idee amüsiert die Gäste. Deren Bedürfnisse forderten immer mehr Flexibilität, meint Victor Ledergerber, deshalb sehe er die Gästeorientierung als kla-ren Trend. Seit vier Jahren ist er zuständig für den Bereich Gastronomie. Vanille- statt Schoggiglace? Laktoseintoleranz? Veganer? «Egal, wir müssen mit Spezialwünschen um-gehen können, das ist eine unserer Aufgaben als Gastgeber.»

«Beim Besuch des Freihofs haben Sie das Gemeindegebiet der Stadt Gossau verlassen und sich in das Hoheitsgebiet des Freistaates Niederdorf begeben.» Ein Scherz auf der Ban-kettkarte? Nein, nur Übermut: Ein Freihof im Mittelalter war ein gerichtsunabhängiger, von Steuern und bürgerlichen Pflichten befreiter Hof. Die Brauerei und Hofstube Freihof in Gossau hält «mit einfachen Gesetzen, eigener Gerichtsbarkeit und einer eigenen Münzprä-gung – dem Cervisia-Taler – am ursprüngli-chen Recht eines Freihofs» fest. So setzte Josef Brunschwiler seine Biervisionen aus der Jugendzeit um. Wo früher der uralte Freihof stand, schuf er 2010 eine Welt für Bierliebha-ber mit Brauerei, Restaurant, Bar, Saal, Verkaufsladen und Biergarten. Aber weshalb «Freistaat Niederdorf»? Der Gossauer Freihof ist Teil des Niederdorf-Quartiers. Victor

Von Annika Hug

Die Brauerei & Hofstube Freihof im Gossauer «Freistaat Niederdorf» ist bekannt für gutes Bier und heitere Feste.

Im Gossauer Freihof setzte Inhaber Josef Brunschwiler nach der Pensionierung seine Biervisionen aus der Jugend um und rief auch gleich noch den Freistaat Niederdorf aus.

«Bei uns wird Bier zum Erlebnis»

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Obwohl der Freihof schon bald sechs Jahre alt ist, befindet sich seine Gastronomie im Auf-bau. Seit vergangenem Februar ist der neue Küchenchef im Einsatz. Zusammen mit einem komplett neuen Team soll er die Freihof-Phi-losophie noch konsequenter umsetzen. Das bedeutet regionale Produkte, Offenheit für Neues und vor allem: Das hauseigene Bier in die Speisen integrieren. «Denn», so betont Victor Ledergerber, «das Bier ist der Mittel-punkt unserer Tätigkeit.»

Hopfen und Malz, ab in den HalsBier erlebt eine helvetische Renaissance. Um 1990 waren in der Schweiz rund 50 Brauerei-en zu finden, heute sind es etwa 600. Diesen Trend hat der Freihof verstanden und nach seinen Visionen weiterentwickelt. Aus der hauseigenen Bierproduktion immer erhält-lich sind das Freihof Lager, das Freihof Dun-kel und das Freihof Weizen. Dazu kommt je-weils eine saisonale Sorte wie zum Beispiel das Glühbier in der Winterzeit. Zwei grosse kupferne Sudbottiche in der Bar machen dem Gast den Stellenwert des Biers bewusst. Eine Tafel an der Wand informiert über die aktuelle Bierproduktion: «Es wird für Sie gebraut: Freihof Lager.» Die Servicemitarbeitenden bedienen im Dirndl und selbst der Braumeis-ter erscheint in der Lederhose. Auf der Speise-karte sind neben den typischen Bierbeglei-tern, den Brezeln, auch eine Bierwurst, ein Rindsfilet-Médaillon im Weizenbier-Zwiebel-

Sud und ein Tatar, angemacht mit Freihof Lager, zu finden. Schon bald werden die Mit-arbeitenden noch mehr (Bier-)Kreativität servieren können. Apropos servieren: Natür-lich sitzt bei jedem Bier die Schaumkrone per-fekt und das Glas wird mit dem Logo zum Gast aufgesetzt. Auch das ist Teil der gelebten Bier-welt im Freihof. Im Verkaufsladen sind die eigenen Biersorten, Biersenf, Freihof Whisky, Bierbrand «SeppLie», eine Whiskywurst mit Freihof Whisky und vieles mehr erhältlich.

Die Freihof-Biere sind naturbelassen, also weder filtriert noch pasteurisiert. Der Diplom-Braumeister und Geschäftsführer Richard Reinart probiert gern aus. Und er scheut sich nicht, bei Gästen oder sogar unterwegs auf einer Baustelle nach Wünschen zu fragen: Was macht für Sie ein gutes Bier aus? Manch-mal sind spezielle Geschmacksrichtungen gefragt. So produzierte Reinart einmal auf Wunsch ein Bier mit verschiedenen heimi-schen Hölzern, das nun als «Schwiler Holzfäl-lerbier» in Schönholzerswilen verkauf wird. Auch eine individuelle Flaschenetikette, vom Braumeister höchstpersönlich gestaltet, ist möglich. Gästeorientierung wird also auch im Bereich Brauerei grossgeschrieben.

In der Bar demonstriert das grosse kupferne Sudwerk den Stellenwert des Biers im Freihof. Diplom-Brau-meister Richard Reinart lebt die Freihof-Visionen aus.

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gen zu Ehren kommt im Mai ein Eisbock in Geschenkflaschen, die dann im Freihof Lädeli verkauft werden.

Der Freihof zelebriert seine Bierwelt täglich. Und auch an speziellen Anlässen. So findet zum Beispiel jeweils am 19. März, dem Josefs-tag, ein Fest zu Ehren des Freihof-Inhabers Josef Brunschwiler statt. Er wird von allen Sepp genannt, also ist der 19. März im Freihof der Seppentag. Ein Pfarrer sticht das Früh-lingsbier an und bei Musik feiern Gäste und Mitarbeitende diese Zeremonie – ein heiteres Erlebnis in der Bierwelt des Gossauer «Frei-staats Niederdorf».

www.freihof.swiss

Hightech und alte BräucheDie gesamte Bierproduktionsanlage lässt sich via Smartphone steuern. Vom Gärkeller füh-ren Leitungen direkt zu sämtlichen Bierzapf-säulen in Haus und Garten, wo täglich rund 174 Liter Bier in die Gläser fliessen. Für die Bierherstellung enthärtet der Betrieb das Gossauer Grundwasser, um es danach auf die Bedürfnisse der jeweiligen Biersorte einzu-stellen. Nach dieser Aufbereitung spricht der Fachmann vom «Brauwasser». Dieses Was-ser setzt der Freihof nicht nur bei der Bierpro-duktion ein, sondern serviert es in Flaschen abgefüllt als Tafelwasser im Restaurant. Frei-hof Brauwasser gegen den Durst – eine vor allem von den regionalen Gästen geschätzte Idee. Der Mittelpunkt im Freihof bleibt aber das Bier: Die Biercocktails auf der Barkarte erfahren laufend Zuwachs und den Eisheili-

Ein Bock zum TrinkenEin «Bock» war ein starkes Bier im Mittelalter, hergestellt in Einbeck (Niedersachsen, Deutschland). Damals nahmen die Braumeister bei einem Stellenwechsel ihre Rezepte mit. Der Braumeister Elias Pichler kam nach München ans Hofbräuhaus und braute dort sein «Ainpöckisch Bier» (Einbecker Bier). Der Münchner Dialekt machte daraus im Lauf der Zeit «Bockbier».

Die drei ständigen Biersorten Freihof Lager, Freihof Dunkel und Freihof Weizen werden durch saisonale Sorten ergänzt:• Freihof Frühlingsbier• Freihof Maibock• Freihof Abendrot• Freihof Oktoberfestbier• Freihof Winterbock• Freihof Adventsbier• Freihof Glühbier• Freihof Whiskybock

Mit moderner Produktions-anlage, enormem Know-how und Spass am Ausprobieren setzt der Freihof den Trend «Bier-Renaissance» um.

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