10
Schälwaldbetrieb und Rindenverwertung. 493 öchälwaldbetrieb und Rindenverwertung. Die wichtigeren 1897er Rinbenversteigerungen. „Chi voi entrate lasciate ogni speranza" wäre ein paffendes Motto 'über allen Thüren von MndenoersteigerungS-Lokalen fchon vor ber dies- jährigen gewefen unb würbe boppelt zutreffenb im heurigen Jahre fein, welchem Verhältnis ber Berichterstatter über ben Heilbronner Mnden- markt in ber Wochenschrift „Aus bern Walbe" burch bie einleitenben Worte: „morituri to salutant" noch brastifcheien Ausbruä gegeben hat. — Da hilft „kein Hoffen unb Harren", was nach dem beutfchen kernigen Sprichwort manchen ober viele nicht zu Weifen macht: ber Schälwalb hat „feinen Tag gehabt", hat feinen Höhepunkt nicht zuerst feit gestern iiberfchritten unb fo siecht biefer Betrieb kümmerlich dahin. — Auch feit einigen Jahren nicht einmal mehr langsam, barurn aber um fo sicherer. Unb bies aus ganz natürlichen Urfachen, refp. infolge nicht zu ver- kennender Verhältnisse, welche zu übersehen ober burch allerlei Wlanv pulationen ändern zu wollen ganz vergebliches, wenn auch noch fo „heißes Bemühen", ba bie Verhältnisse sich immer stärker als bie Menfchen erweisen. — Haben wir nun auch — unb zwar ganz in Übereinstimmung mit ben tüchtigsten Wirtschaftern im Schälwalb — oft unb einbringlich genug auf jene Verhältnisse hingewiesen, so war bies doch leider gerade da, wo dieselben am sichersten gewürdigt werden könnten, bis jetzt fo ziemlich pro nihilo, unb kann es deshalb wohl nicht fchaden, hier noch- mals auf bie unbebingt maßgebenden, den fo allgemeinen und entfchiedenen Rückgang der Rinbenpreife verfchulbenben ganz kurz hinzuweifen. Diese bestehen zunächst in der leider fast ganz allgemeinen Kultivierung der verfchiedensten Sonder-Interessen, deren Förderung, ganz uneingedenk bes: salus publica suprerna lex, auf jede mögliche Weife angestrebt wird, ohne nur entfernt danach zu fragen, ob unb inwieweit das allgemeine Wohl darunter leiden muh, eine ebenfo bedauerliche als nicht zu leugnende Verrohung der öffentlichen Moral! — Gingen diefe Bestrebungen nur von Einzelnen ans, dann wären sie unbedenklich: dies aber ward von jenen nur zu bald erkannt, und so erfand man in Amerika die „Ringe", welche sich auch balb über andere Weltteile verbreiteten unb hier ihren gemeinschädlichen Einfluß geltend machten. — Wenn es nun auch ganz unleugbar, daß der Gerberring den Niedergang der Rindenpreise und da- mit der Schälwald-Erträge eingeleitet, so spielt er doch schon lange nicht mehr, wie im Anfang, bie Hauptrolle, seitbem anbere wichtige Faktoren, welche nach gleicher Richtung wirken, in die Erscheinung getreten. — Unter biesen macht sich bie massenhafte Verwenbung von Surrogaten bei

Schälwaldbetrieb und Rindenverwertung

  • Upload
    n

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Schälwaldbetrieb und Rindenverwertung. 493

öchälwaldbetrieb und Rindenverwertung. Die wichtigeren 1897er Rinbenversteigerungen.

„Chi voi entrate lasciate ogni speranza" wäre ein paffendes Motto 'über allen Thüren von MndenoersteigerungS-Lokalen fchon vor ber dies-jährigen gewefen unb würbe boppelt zutreffenb im heurigen Jahre fein, welchem Verhältnis ber Berichterstatter über ben Heilbronner Mnden-markt in ber Wochenschrift „Aus bern Walbe" burch bie einleitenben Worte: „morituri to salutant" noch brastifcheien Ausbruä gegeben hat. — Da hilft „kein Hoffen unb Harren", was nach dem beutfchen kernigen Sprichwort manchen ober viele nicht zu Weifen macht: ber Schälwalb hat „feinen Tag gehabt", hat feinen Höhepunkt nicht zuerst feit gestern iiberfchritten unb fo siecht biefer Betrieb kümmerlich dahin. — Auch feit einigen Jahren nicht einmal mehr langsam, barurn aber um fo sicherer.

Unb bies aus ganz natürlichen Urfachen, refp. infolge nicht zu ver­kennender Verhältnisse, welche zu übersehen ober burch allerlei Wlanv pulationen ändern zu wollen ganz vergebliches, wenn auch noch fo „heißes Bemühen", ba bie Verhältnisse sich immer stärker als bie Menfchen erweisen. — Haben wir nun auch — unb zwar ganz in Übereinstimmung mit ben tüchtigsten Wirtschaftern im Schälwalb — oft unb einbringlich genug auf jene Verhältnisse hingewiesen, so war bies doch leider gerade da, wo dieselben am sichersten gewürdigt werden könnten, bis jetzt fo ziemlich pro nihilo, unb kann es deshalb wohl nicht fchaden, hier noch-mals auf bie unbebingt maßgebenden, den fo allgemeinen und entfchiedenen Rückgang der Rinbenpreife verfchulbenben ganz kurz hinzuweifen.

Diese bestehen zunächst in der leider fast ganz allgemeinen Kultivierung der verfchiedensten Sonder-Interessen, deren Förderung, ganz uneingedenk bes: salus publica suprerna lex, auf jede mögliche Weife angestrebt wird, ohne nur entfernt danach zu fragen, ob unb inwieweit das allgemeine Wohl darunter leiden muh, eine ebenfo bedauerliche als nicht zu leugnende Verrohung der öffentlichen Moral! — Gingen diefe Bestrebungen nur von Einzelnen ans, dann wären sie unbedenklich: dies aber ward von jenen nur zu bald erkannt, und so erfand man in Amerika die „Ringe", welche sich auch balb über andere Weltteile verbreiteten unb hier ihren gemeinschädlichen Einfluß geltend machten. — Wenn es nun auch ganz unleugbar, daß der Gerberring den Niedergang der Rindenpreise und da-mit der Schälwald-Erträge eingeleitet, so spielt er doch schon lange nicht mehr, wie im Anfang, bie Hauptrolle, seitbem anbere wichtige Faktoren, welche nach gleicher Richtung wirken, in die Erscheinung getreten. — Unter biesen macht sich bie massenhafte Verwenbung von Surrogaten bei

494 Schälwaldbetrieb und Rindenverwertung.

bem Gerbeprozeß, teils in ursprünglicher Fonn, teils in chernifchen Ex-trakten fehr empfinblich geltenb und marfchiert jetzt an der Spitze der Todtengräber des Schälwaldbetriebs. — Lange genug leugneten die Gerber jene Verwendung, unb mehr als lang genug würbe ihren bes-fallfigen Ableugnungen, obgleich sie von den Einsichtigeren als eitel Wind erkannt waren, Glauben geschenkt, bis enblich bas Austreten ber Schutz-zöllnerei ihnen bie Augen öffnete unb bann bie Verwmbung von Surrogaten in direktem Widerspruch mit ihren früheren Versicherungen nicht nur zugestanden, sondern geradezu als ganz unentbehrlich proklamiert ward. — Und diese Erkenntnis kam gerade dem gemeinen Mann zu gut, welcher mehr schweres Leder konsumiert, als die besser und gut situierten Gesellschaftskreise; denn ohne dies Eingreifen der agrarischen Schutzzöllnerei, welcher die Leder-Industrie, die zweit- oder drittstärkste aller Industriezweige Deutschlands, energisch entgegen trat, wäre der ge-plante Schutzzoll auf Quebracho und barnit zugleich auf bie anderen ans-ländifchen und überfeeifchen Surrogate wohl durchgedrückt worben, hat man boch, nachdem jener vom Bundesrat bereits verworfen war, einen desfallstgen wiederholten Antrag gestellt und jene matzgebende Behörde, welche bem Befchluß des Reichstags nicht zugestimmt hatte, zu nochmaliger eingehendster, allfeitigster Prüfung der Sache veranlaßt; gleichwohl scheint man, nachdem jener wieberholt sein non possurnus in grünblichster Weise motiviert, sich babei noch nicht beruhigen zu wollen. — Neben ben Surrogaten für Lohe können aber ferner auch biejenigen für fertiges Leber nicht ganz unbeachtet bleiben, wenn ihnen vorerst auch eine große Bebeutung noch nicht beizulegen; benn jetzt fchon finbet bas Alumin als Erfatz ber fchwerften und teuersten Ledersorte, wie zu Sohlen und Ab-sätzen :c. vielfache Verwendung.

Sodann haben die Methoben der Gerberei eine bahnbrechende Änderung unb Neuerung erfahren durch Einführung ber Mineralgerbung an Stelle der Lohgerbung, welch erste« von allerentfchiedenstem Einfluß auf die Rentabilität der Schälwaldungen fein muß. Jene Methode, namentlich die Chromgerbung, braucht nämlich zur Fertigstellung des fchwerften Leders nur 4 Wochen, während die Lohgerbung dazu 2 Jahre in allem nötig hat. Welcher immenfe Vorteil hierdurch bedingt wird, braucht in der That nicht näher erörtert zu werden, zumal wir nicht nur hierauf, fondern auch auf die entschiedenen Vorzüge dieser Methode schon feit 1880 hingewiesen, nämlich seit die von v i . Heinzerl ing, einem ge-borenen Hessen, verbesserte Methobe ber Mineralgerbung, welche neuerer Zeit in Amerika immer weitere Verbreitung gefunben hat, zu allgemeinerer Einführung dort unb in England sich durchgerungen hatte. — Daß die-

Schälwaldbetrieb und Rindenverwertung. 495

felbe von der Lohgerbern aufs Äußerste befeindet ward, ist um fo leichter begreiflich, als jetzt auch kleinere Gerbereien, welche nicht kapitalkräftig genug, um 2 Jahre unb länger auf das Wiedereinkommen ihrer be-trächtlichen Auslagen zu warten, sich mit Gerbung schweren Leders be-fassen konnten; und wenn gleichwohl die Chromgerbung sich in Deutsch-land. noch nicht weite Gebiete erobert hat, so liegt der Grund wohl in einer gewissen Schwerfälligkeit des Deutschen gegenüber bem Engländer und Amerikaner; denn ersterem ist das oni va piano va sano, und meistens wohl auch nicht mit Unrecht fozufagen in die Haut geheilt! — Last not least muß noch die fchon feit Jahren bekannte und eingeführte Methode erwähnt werden, welche durch Verwendung der Elektrizität, diefes wahr-hafte Wunder bewirkende neuester Zeit sozusagen in allen Zweigen der Technik mit staunenswertem Erfolg verwenbete imponderabile in Ver­bindung mit Tanninlo'fungen bis Dauer bes Gerbeprozesses auf ein minimum der Zeit beschränkt.

Doch da es nicht unfere Absicht fein kann, feit 1880 eingehend und wohl motiviert Erörtertes hier zu wiederholen, vielmehr es nur um eine kurze Erinnerung baran galt und eine wiederholte Verweifung auf gute Gründe niemals schädlich fein kann, fo lange diese nicht nur aus Rück-ficht auf Sonderinteressen und Voreingenommenheit, fondern wohl auch infolge der vis inertiae oder eines gewissen horror novi unbeachtet bleiben, obgleich der Erfolg bereits gezeigt hat, daß unsere Anschauungen in dieser Hinsicht nicht unbegrünbet waren: fo verlassen wir hier bies Item (Methode) unb kommen zu einem nicht minber wichtigen für bie Zukunft des Schälwalbes, nämlich zu der in neuerer Zeit ganz besonders fühlbaren Veränberung der Arbe i te rverhä l tn i f se . — Bei keiner anderen Betriebsart spielen nämlich die Werbungskoften eine so einschneidende Rolle bezüglich der Rentabilität derselben, wie beim Eichen-Schälwalde, in welchem sie feit der ganz enormen und vielleicht noch nicht einmal abgeschlossenen Steigerung der Arbeitslöhne, mitunter die Hälfte des Er-löfes verschlingen, zumal die Ernte im Schälwald an eine ganz be-stimmte Jahreszeit gebunden, zu welcher gerade in jedem Betrieb und Gewerbe die günstigste Gelegenheit für Arbeit geboten ist, was natürlich einen mächtigen Einfluß auf bie Abfchließung ber Akkorde üben muß.

Fassen wir nun bies alles zufarnrnen, fo ergiebt sich baraus mit Notwendigkeit, daß der Schälwald keine Zukunft mehr haben kann, nach« dem fein einziger Vorzug vor anderen Betriebsarten, feine einzige Existenz-berechtigung, die höhere Rentabilität, gegenüber den vielen Nachteilen des-selben für Boden und Klima nicht mehr vorhanden, wenn er sich auch unter ganz vereinzelten, besonders günstigen Verhältnissen noch über

496 Schälwllldbetrieb und Rindenverwerwng.

Wasser halten mag, ganz abgesehen davon, daß dem Wirtschafter nicht nur bezüglich der Zeit der Nutzung, fondern auch bezüglich der Ver-wertung der Crescenz die Hände gebunden sind, nirgends die Möglichkeit, zu binden oder los zu lassen, gegeben ist.

Einen neuen Beweis für den ständigen Niedergang des Schälwald-betriebes bieten die Refultate der biesjähngen Rinbenverkäufe, zu wichen wir jetzt übergehen wollen. — Wir beginnen mit

der Hirschhörner Versteigerung vom 8. März refp. mit dem Versuche folcher, da sie absolut resultatlos verlief, indem nur ein einziger Posten trotz ungenügenben Preifes fogleich genehmigt ward, und mitunter gar kein Gebot erfolgte, was die Verwertung aus freier Hand durchweg nötig machte. Da man sich aber zu fpät zu der-selben entfchloß, und zuvor noch ein Versuch mit Submission gemacht werden sollte, so ward dadurch viel Schreiberei veranlaßt ohne doch zu einem günstigen Refultat zu führen.

Die erzielten Preise sind nämlich ganz ungenügende, und wenn wir früher bei Ermittelung der Durchschnittspreise die verschiedenen Qualitäts­sortimente (Normalrinde, älterer Stockausschlag, jüngere Kernwuchsrinde unb älterer Kernwuchs) getrennt behandelt hatten, so ist dies heuer ganz überflüssig und beschränken wir uns deshalb auf die Normalrinde, welche übrigens auch bei einem Ausgebot von 46460 Ctr. im ganzen mit 95,3 pCt. vertreten war, fo daß die übrigen Qualitätssortimente gar nicht in Betracht kommen.

Die erzielten Preise betrugen im Durchschnitt 8,12 Jl pro Centner, somit 95 3$f weniger als im Vorjahr, und stehen um nahezu 100 pCt. gegen die während der Glanzperiode des Schälwalbes zu Enbe ber 1870 er Jahre erzielten zurück. — Befonbers zu bemerken ist noch, bah für rund 7000 Ctr. gar kein Gebot erfolgte, was in Hirschhorn noch niemals vor« gekommen.

I n unseren früheren Berichten haben wir erwähnt, in welcher Art die Domänenverwaltung den Wünschen der Gerber, so unberechtigt die-felben auch waren, entgegengekommen, und wollen wir deshalb nicht un-erwähnt lassen, daß diesmal auf die Verwendung der, ungeachtet ber entfchiebenen Warnung bes Forstamts, auf fiskalische Rechnung an-geschafften wasserbichten Decken, welche übrigens jetzt nach 7 Jahren nicht mehr fchützen können, verzichtet worben zu fein fcheint, nachbem im ganzen zwischen 3000 und 3000 Ji pro nibilo darauf verwendet worben. — Es unterlag ja auch von Anfang an, wie wir f. Zt. bargethan, nicht dem geringsten Zweifel, daß der für die niedrigen Gebote von ben Gerbern

Schälwaldbetrieb und Rindenverwertung. 497

geltenb gemachte Grnnb: es fei nicht bafür geforgt, bie Rinben un-befchäbigt burch Regen zu liefern, nur ein Vorwanb war; benn wenn es ben Gerbern ernstlich um folchen Schutz gegolten hätte, bann hätten sie ja die für sie weit billiger erhältlichen Decken auf eigene Rechnung an-fchaffen unb ihre Gebote bei ber Versteigerung danach einrichten können, um in ben nächsten 6—7 Jahren — (fo lange füllten die Tücher närn-lich genügenden Schutz gegen Befchädigung durch Regen gewähren) wieder zu ihren Auslagen zu kommen. — Dies aber wollten sie nicht, und so ward denn zu der erwähnten kostspieligen Maßnahme geschritten.

Ob bei dem diesjährigen Verkauf noch besondere Umstände den so wesentlichen Preisabschlag veranlaßt haben, wie z. B. Flauheit in der Lederindustrie, Vorhandensein beträchtlicher Vorräte aus dem vorigen Jahr, starkes Angebot ungarischer und belgischer Rinde Je. läßt sich nicht nachweifen, wird aber mitunter vermutet; gleichwohl kann dies alles bie Lage bes Schälwalbes im ollgemeinen unb auf bie Dauer unbebingt nicht, höchstens ganz vorübergehend beeinflussen und die auf bie ein-gangs näher bezeichneten, nicht zu beherrschenden allgemeinen Ver-Hältnisse gegründete Beurteilung jener Lage nicht beirren, um so weniger, als erftere sich in allen nicht bloß süd- und mitteldeutschen Rindenrayons geltend machen.

Daß in Hirschhorn diesmal das gegen das Vorjahr größere Quantum des Gejamtausgebotes mitgewirkt haben könnte zur Niederhaltung des Preises, wie mitunter angenommen zu werden fcheint, glauben wir nicht; denn ca. 3000 Ctr. können ganz allgemein in dieser Beziehung nicht wohl einen folchen Einfluß üben, insbesondere aber um deßwillen nicht, weil der Mehrbetrag gerade auf bie Neckarrinbe entfällt, welche anerkannter-maßen infolge nicht nur ber Stanbortsverhältnisse, sonbern auch ber rationellsten Behanbluug ber Schläge für bie beste in Sübbeutschlanb gilt, — welche stets, so lange bie Lohgerbung in Übung bleibt, gesucht sein wird. Übrigens zeigte sich auch bei der, nach der Hirschhorner Ver-steigerung wegen der Größe des Ausgebotes und der Qualität der Rinden zc, zumeist maßgebenden Kreuznacher Versteigerung vom 12. März ein entschiedener Rückgang des Preises, obgleich das ganze Ausgebot nicht nur um rund 1000 Centner gegen bas durchschnittliche der Vorjahre zurückblieb, sondern selbst für einen beträchtlichen Teil hiervon, nämlich für 3770, lauter 15- und 16jährige Normallinde, gar kein Gebot eingelegt ward.

Zum Verkauf gestellt waren im ganzen 39320 Ctr. fast durchweg 15—17 jährige Stockausschlagrinde (nur 4 Lose mit rund 2200 Ctr. waren 18-, 19- und 20jährig, wobei übrigens zu bemerken, daß auch

498 Schälwaldbetrieb und Rindenverwertung.

am Rhein und in der Pfalz vielfach 18jähriger Umtrieb eingeführt ist und als ein durchaus normaler betrachtet wird) gleichwohl hat der Rück-gang des sich auf ca. 4,40 Jl berechnenden Preifes gegen das Vorjahr ca. 30 3$ pro Centner betragen. — Und doch waren die 1896 er Presse fo völlig ungenügend, daß zunächst die Genehmigung verfagt werden mußte. — Unb wenn nun gleichwohl refp.: post tot diserirnina rerurn biesmal selbst bie so merklich niebrigeren Gebote schließlich acceptiert würben — (nur einige Gemeinben sollen, wie uns mitgeteilt wirb, auf bas Schälen verzichtet haben) bann kann ber Grunb dafür wohl nur darin liegen, daß die betreffenden Walbeigentümer nicht in ber Lage waren, bie fo fehr rebuzierten Einnahmen auch nur für 1 Jahr zu ent-behren.

Daß bas Arar sich an ber Versteigerung gar nicht beteiligte, viel-mehr bie Rinben aus ber Hanb zu verwerten ober eventuell auch auf bas Schälen zu verzichten gebenken foll, legt Zeugnis ab für bie Einsicht bieser Verwaltung, welche erkannt hat, bah, was vor 20 Jahren nocb richtig war, es jetzt nicht mehr zu sein braucht, wenn es auch so scheinen mag, (worauf wir am Schluß biefes Berichtes zurückkommen werben) denn decipimur specie recti!

Gewissermaßen als ein Appendix zu dieser großen erscheint

die Ningener Versteigerung vom 14. März, welche immer am Tage nach jener abgehalten wird. — Dieselbe brachte biesmal runb 20400 Etr., also etwas über 100 Ctr. mehr als bie vor-jährige. — Auch hier konnte sofortige Genehmigung nicht erteilt werben, vielmehr waren nachträgliche Verhanblungen nötig, welche jeboch nur für ben kleinsten Teil bes Ausgebotes eine Erhöhung ber Gebote um 10 $fi erzielten, so bah sich ber Durchschnittspreis zu 4,50 Jl kalkuliert, somit um 62 $fi gegen ben an sich fchon niebrigen 1896 er zurückbleibt. — Ersterer muß, ba bie Rinben 15- bis 18 jährig waren, als ein durchaus ungenügender bezeichnet werden, ward aber fogar vom Fiskus schließlich genehmigt, was uns um so unverständlicher, als gerade dieser Wald-besitzer den zeitweisen Ausfall eines Teiles der betreffenden Einnahmen am wenigsten zu fcheuen braucht, ganz abgefehen davon, daß diefes für die Dauer unbedingt nicht zu vermeidende Opfer mit jeder Verschiebung immer größer wird.

„Eines Teiles der Einnahmen" haben wir gesagt; denn bei dem Zurückziehen eines Schlages wegen zu niedriger Gebote für die Rinde würde nur in dem ersten Jahr auf die ganze vorgesehene Einnahme abzüglich der mitunter sehr bedeutenden Werbungskosten verzichtet werden

Schälwaldbetrieb unb Rindenverwertung. 499

müssen, während in vielen barauf folgenben Jahren unb günstigen Falles bis zur ersten geringeren Nutzung aus dem umgewanbelten Bestand, bei rationeller Behandlung der Überführung in eine andere Betriebsart nur ein Teil des Rindenerlöfes geopfert zu werben brauchte, wie wir ftüher wiederholt, namentlich in einer größeren Abhandlung im 1892 er Mai-Heft der Allgemeinen Forst- und Iagd-Zeitung nachgewiefen haben. — Überdies wären gerade in diefem Rayon f. z. f. alle maßgebenden Ver-Hältnisse besonders geeignet für Umwandlung in irgend einen anderen Betrieb, weil gerade hier jeder andere rentabler fein würde als ber Schälwalb bei ben stets sich noch ungünstiger gestaltenben Arbeiter- unb Lohnverhältnissen; beshalb „videant Ccxasules, ns quid detrimenti ic. zc."

Die Neckargemiinder Versteigerung am 15 . Miirz hatte ursprünglich nur 5340 Ctr. angemeldet, es kamen aber nachträglich noch 1500 hinzu, so daß das ganze Ausgebot 6840 Ctr. betrug und zwar, mit Ausnahme von 1680 Ctr. 18- und 20 jähriger Rinde, nur 15- und 16 jähriger Stockausschlag. — Das ganze Quantum betrug hiernach rund 3500 Ctr. weniger als im Vorjahr, was jedenfalls feinen Grund darin hat, baß viele Walbbesitzer eine Beteiligung an solcher Versteigerungs-Komöbie nicht mehr für rätlich hielten; und darin handelten sie fehr ver-ständig, denn auch hier konnte, obgleich der Markt sehr stark befucht war und fehr namhafte Firmen sich eingefunden hatten, kein einziger Posten wegen durchaus unzureichender Gebote zugeschlagen werden. — Wie un­genügend dieselben waren, ergiebt sich daraus, daß auf Grund jener der Durchfchnittspreis sich nur zu 4,80 kalkuliert, während derfelbe im Vor-jähr 5,59 betragen hatte, und somit gegen letzteren um 79 0$ zurück­blieb. — Die Schuld für dieses Mißergebnis wirb brüben zum großen Teil dem Umstand zugemessen, daß „die Hessen ihre Ware um jeden Preis losschlagen", was wir schon so oft als dem eigenen Interesse zu-widerlaufend bezeichnet haben, weil die Gerber nicht fo einfältig sind, dies nicht zu merken. Nun, wem nicht zu raten ist, dem ist auch nicht zu helfen!

Ob unb wie die Rinben nachträglich abgefetzt wurden, haben wir bis jetzt noch nicht in Erfahrung gebracht, können es aber wohl vor der Drucklegung noch nachtragen.

Me Kahfersberger Versteigerung, welche am 5 . März stattfand, ist an sich eine fo unbedeutende (es waren nämlich nur 3800 Ctr. gegen 5000 und 4000 von 1896 und 1895 zum Verkauf gestellt), daß sie eigentlich einer Erwähnung gar nicht bedürfen würbe; und wenn

500 Schlllwalddetiieb und Rindenverwertung.

folche gleichwohl hier erfolgt, fo geschieht dies nur deshalb, weil man nach dem, was wir darüber erfahren, dort entschieden der Ansicht, daß mit dem Schälwaldbetrieb abgeschlossen werden müsse.

Bekanntlich ist die Elsässer Rinde im allgemeinen eine sehr gute, und wenn für dieselbe gleichwohl im Durchschnitt nur wenig über 3 Jl pro Centner gegen 4 Jl in 1896 erlöst wurden, wovon die Werbekosten noch mit rund 2 Jl in Abzug zu bringen, dann ist es in der That ganz unverständlich, warum nicht sofort zu einer anderen Betriebsart über-gegangen wird, deren jede unbedingt rentabler fein muß. — Nimmt man felbft einen fehr hohen Naturalertrag von 120 bis 140 Ctr. pro Hektar

.. ^ ^ «- ,.. 120 bis 140 ^F „ „ „ ^ , an, fo wurde der Erlös nur _. ... . . . ... = 5—6 Jl pro Jahr

24 (Umtnebszert) und Hektar betragen, fo daß es geradezu unerlaubt erscheint, den Schäl-waldbetrieb auch nur noch um ein weiteres Jahr beizubehalten. Die ärarische Verwaltung hat dies auch erkannt, und sollten die Gemeinden und Privaten diesem Beispiel folgen, da das unter folchen Verhältnissen nur vorübergehend zu bringende Opfer gewiß von jedem Waldbesitzer ge-tragen werden könnte und in nicht langer Zeit vielfach wieder einzubringen fein würde.

Überblicken und erwägen wir nun die vorverzeichneten Ergebnisse fowie die Art, in welcher die Verwertung sich vollzog, dann muß uns zweierlei in formeller und in fachlicher Hinsicht ganz unverfchleicrbar klar werden, nämlich zunächst in formeller , daß die größeren Rinden-Versteigerungen sich vollständig, und zwar fchon feit mehr als einem Dezennium überlebt haben. — Früher, fo lang die auf Befriedigung der Sonder-Interessen zum Nachteil der Allgemeinheit etablierten verschiedenen „Ringe", unter welchen sich der Gerberring in den größeren Schälwald-Ranons besonders breit macht, noch nicht erfunden waren, und sich des-halb eine wirkliche Konkurrenz der einzelnen Konfumenten entwickeln konnte, ja fogar mußte , weil jeder der Steigerer fein fpezielles eigenes Interesse zu wahren nicht umhin tonnte, fo daß die Ergebnisse der Ver-steigerung dem wirklichen Verbrauchswert der Ware entsprachen, waren diefelben unbezweifelbar zweckmäßig; davon ist aber schon seit Jahren gar keine Rede mehr, vielmehr wird durch diesen Verkaufs-modus nur den Gerbern, namentlich den Großgerbern, welche sich an dem Versteigerung^ ort zusammenfinden, die allerbeste Gelegenheit zur Bildung und Festigung ihrer „Ringe" geboten, so daß diese Verkaufsart als eine ganz wefent-liche Begünstigung der Konfumenten zum Nachteil der Waldbesitzer, ja geradezu in dem Licht einer Liebesgabe für erstere erfcheint. — Wie man diese Wirkung der Komödie — denn als solche stellt sich die Versteigerung

Schälwaldbetrieb und Rindenverwertung. 501

dar, in welcher ganz offensichtlich nur zum Schein mitunter eine kleine Steigerung des Angebotes infceniert wird — übersehen kann, ist uns in der That ganz unverständlich; schon seit Jahren hatten wir auch hierauf dienstlich hingewiefen, leider immer pro nihil». Speziell in Hessen, wo-felbft doch die zumeist maßgebenbe Hirschhorner Rindenoersteigerung ab-gehalten wird, hat man die Bestimmung eines Etatgesetzes aus dem Jahr 1879, nach welcher bie Verwertung aller fiskalischen Objekte auf dem Wege der Versteigerung erfolgen foll, für ein dem Aufgeben jener entgegenstehenbes Hinbemis gehalten; — bies aber mit Unrecht, da frag-liches Gefetz eine Klausel enthält, nach welcher bie Veräußerung be-stimmter Arten beweglicher Sachen aus freier Hand burch bie oberste Verwaltungsbehörbe angeordnet werben kann. — Die Domänenverwaltung hat es fomit ganz in ber Hanb, sich von ber Versteigerung zurückzuziehen, wie dies auch in Württemberg biesmal wieder gefchehen ist, wo die Staatsforftverwaltung, welche sich während zwei Jahren nicht mehr, ba-gegen im vor igen infolge bes Drängens ber Gerbervereine boch wieber einmal unb wohl zum letzten Male beteiligt hatte, fo baß ber Verzicht jetzt als ein befinitiver betrachtet werben kann. — Ganz ähnlich verhält es sich in Baben unb im Elsaß, — -unb würbe es deshalb gewiß nnr im eigenen Interesse liegen, wenn die Staats-Forstverwaltungen allgemein den sich längst überlebt habenden Verkaufs -modus mittelst öffentlicher Versteigerungen ein für allemal fallen ließen. — Wollen die Gemeinden und Privaten sich diesen Spaß zum eigenen Nachteil noch ferner er-lauben, dann kann man dies ihnen ja nicht verwehren, bezuglich der erst-genannten würden aber bie ben Gemeinbevertretungen übergeorbneten Regirninalbehörben boch wohl ihre warnenbe Stimme erheben können, wenn erstere nicht von selbst zur Einsicht gelangen, welcher bei ber bies-maligen Heilbrunner Versteigerung vom bortigen Versteigerungs-Kommissär, dem Oberbürgermeister öffentlich Ausdruck gegeben worden ist.

Sodann in fachlicher Hinsicht. Hier zeigen die Resultate der Ver­steigerungen unwiderleglich, daß ber Schälwaldbetrieb auf den Aussterbe-Etat gesetzt werden muß. Der einzige Vorzug jenes Betriebes allen anderen Betriebsarten gegenüber, welcher die großen Nachteile desselben in jeder anderen Hinsicht zu paralysieren geeignet war, existiert nämlich, wie schon oben nachweisbar nur noch ausnahmsweise und sporadisch für die großen Waldbesitzer, wenn er auch für die kleinen Privaten, welche die Ernte mit ihren eigenen Leuten besorgen, sich noch geltend macht, zumal der Schäl-wald ihnen viel raschere Ginnahmen sichert. — Unb für letztere könnte es nur von Vorteil fein, wenn die großen Waldbesitzer ihnen keine Kon« kurrenz mehr machten, wodurch der Nachteil der Arbeitentziehung, welchen

502 Eichen-Lohrindenmarkt zu Kaiserslautern :c.

die Einstellung bes Schälwalbbetriebes temporär zur Folge haben würbe, burch höhere Einnahmen infolge besserer Preise zum Teil wieber aus-geglichen werben könnte.

Aus biesem Allem erhellt nun ganz unzweibeutig, von welcher Be-beutung für ben Eichen-Schälwalb ber Verkauf bes P robuk tes , ba jenem bei konstanten, nicht mehr zu beseitigenben Mißerfolg bes letzteren ber Lebensnerv unterbunben wirb; benn in bem finanziellen Erfolg liegt für ben Schälwalb bas „to be or not to be"! Unb gerabe beshalb fcheint uns ein Bericht über die Verkaufs-Ergebnisse nicht lediglich aus trockenen, ziffermäßigen Preisnotierungen bestehen zu dürfen, fondern namentlich die sich aus jenen ergebende Konklusion enthalten zu müssen, wenn dem wahren wirtschaftlichen und finanziellen Interesse der Waldbesitzer dadurch gedient werden foll, welche jenes, durch die früheren Erfolge verblendet und durch trügerifche Hoffnungen getauscht, wie solche namentlich neuerer Zeit infolge der fo lebhaften Agitation der Agrarier irnd Zöllner für Er­schwerung der Einfuhr ausländischer Gerbstoffe (Quebracho, Katechu ic. sowie chemische Extraktivstoffe aller Art) neu angeregt wurden, nicht klar zu erkennen vermögen. — Welch eminente Schädigung eine der aus-gedehntesten und mächtigsten Industrien — (die Leder-Industrie nimmt die 3. Stelle von allen ein) dadurch erleiden müßte, da sie ihre Export-sähigkeit nahezu verlieren würde, möge hier nur beiläufig bemerkt werden. Und so schließen wir denn diesen Bericht in der Hoffnung, daß er ein Scherflein zur Klärung der wirklichen, unverschleierten Sachlage beitragen möchte, welche, nachdem man sich so lange dagegen gewehrt, nicht erkannt werden zu wollen scheint, so daß man an die Sentenz des alten Horatius erinnert wirb:

„cur nescire, pudens prave, quam discere malo?" N.

II. Mitteilungen.

Eichen-tohrindenmarkt zu Kaiserslautern vom % März J897. Bei ber biesjährigen Lohrinbenversteigernng kamen zum Ausgebot: aus Staatswalbungen 15 839 Ctr.

„ Gemeinbe- unb Stiftungswalbungen. 7 645 „ „ Privatwalbungen — „

zufammen-^23 484 Ctr. (ä 50 kg). (1649 Ctr. mehr als im Vorjahre unb 3 721 Ctr, weniger als im 1.1895) unb zwar: