Schatten ueber Myra

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Dragon 49 - Hugh Walker - Schatten ueber Myra_v3.0/Cover_49.jpgDragon 49 - Hugh Walker - Schatten ueber Myra_v3.0/Dragon 49 - Schatten ber Myra.html

Hugh Walker

Schatten ber Myra

DragonBand Nr. 49

scanned by: -kleser: horseman

Rocket Edition von horseman

Version 3.0

***

Durch seine khnen Taten verhalf Dragon Vesta, dem Herrn der Elemente, der viele Jahrhunderte lang hilflos gefangen war, wieder zur rechtmigen Herrschaft. Dragon, der Mann Schicksal, wie ihn die getreue Wanderwolke Aerula-thane nannte, ist gewi, da der Herr der Elemente sein wiedererlangtes Amt nicht mibrauchen, sondern zum Wohle aller Menschen von Danilas Welt ausben wird. Nichts hlt den Atlanter daher mehr selbst nicht einmal die verheiungsvolle Aussicht, an Vestas Seite ber eine ganze Welt zu gebieten. Er will zurck nach Myra, wo Knigin Amee auf ihn wartet.Aber schon vor seiner Rckkehr durch das Auge der Gtter erfhrt Dragon, da die Zeitablufe auf Danilas Welt und der Welt, die er wieder erreichen will, verschieden sind. Ja, es scheint, da eine Zeitspanne von einem Monat auf Danilas Welt einem halben Jahr auf der Erde entspricht. Und er, Dragon, hat ein halbes Jahr auf Danilas Welt verbracht also ganze drei irdische Jahre. Vieles ist in der Zwischenzeit auf der Erde geschehen. Throne wechselten ihren Besitzer, blutige Schlachten wurden geschlagen, und Schicksale von Individuen oder ganzen Vlkern wendeten sich zum Guten oder zum Schlechten. Auch fr Myra und Dragons Thron, den zu halten sich Knigin Amee bemht, sieht es nicht allzu rosig aus. Dunkle Mchte finden sich zusammen, die den Umsturz anstreben. Und die kommenden Ereignisse werfenSCHATTEN BER MYRA

1.

Die Wache auf den Zinnen des myranischen Knigspalasts berschattete die Augen, um im Glanz der Abendsonne die Flaggen des Schiffes zu erkennen, das langsam an die Kais glitt. Die Ruder wurden eingezogen. Der Wachtposten starrte noch einen Augenblick, whrend der Zweimaster anlegte, dann schien er entdeckt zu haben, was er suchte, denn er eilte die Treppen des Turmes hinab und ber die breiten Marmorstiegen hinunter in den groen Audienzsaal. Mehrere Wachtposten standen vor dem Eingang, Sie starrten ihm neugierig entgegen, aber er nahm sich nicht die Zeit, ihnen die Neuigkeit zuzurufen. Er lief in den Saal. Dort hielt er abrupt an und verga fr eine Weile, da er gekommen war, um eine Nachricht zu bringen.Eine neue Probe neigte sich offenbar ihrem Ende zu. Es war nicht die erste, die er gesehen hatte, doch es war immer wieder ein spannendes Schauspiel, bei Paros Faust! Auch wenn inzwischen keiner mehr recht daran glaubte, da es wirklich einem gelingen wrde, sie durchzustehen und die Hand der Knigin zu gewinnen.Zwei Dutzend Palastwachen sorgten dafr, da die Mitte des gewaltigen Saales freiblieb. Hinter ihnen scharten sich ein halbes Hundert Mnner und Frauen der hohen myranischen Gesellschaft, Frsten, Ratsmitglieder, Wrdentrger des Heeres, Kapitne der Flotte, Gesandte aus Dan, aus Urgor, aus Katmahzar, aus Zunt, aus Candis, aus beinah allen Provinzen des Reiches.Sie alle starrten gebannt auf das, was in der Mitte der Halle geschah.Am meisten aber nahm die einsame Gestalt am Thron Anteil.Amee, die Knigin.Sie sa vorgebeugt, die Finger um die Lehnen des hohen Stuhls geklammert, die Zhne in die Unterlippe gegraben, die meergrnen Augen halb geschlossen. Der Umhang ber dem bodenlangen grnen Gewand war von ihren Schultern geglitten, aber sie sprte die Khle des Raumes nicht mehr.Zielpunkt aller Blicke war etwas, das selbst nach lngerem Hinsehen nicht deutlich erkennbar war. Es besa die Gre eines Menschen, und es schien in einem seltsamen Tanz begriffen. Es zuckte und torkelte, und seltsame sthnende Laute stie es aus. Manchmal konnte man deutlich die menschlichen Umrisse erkennen unter dem flatternden Gewebe eines Mantels oder Umhangs. Aber dann gab es Augenblikke, da sah man durch die Gestalt hindurch, sah die Zuschauer dahinter, und whrend man noch an seine Augen griff, die vom angestrengten Schauen schmerzten, verschwand die Leere und schillerte in Farben, deren Namen die Gtter wissen mochten, und deren Anblick ebenso unertrglich war wie die Leere. Es gab Augenblicke, da verschwand die Gestalt vollkommen, nur um gleich darauf wie ein Dmon aus dem Nichts hervorzuspringen mit einem wilden Schrei, der die atemlose Stille zerri.Die Gestalt war kein Dmon, sondern ein Mann, und seine Schreie waren Ausdruck der Qual. Er tanzte nicht er wand sich, er krmmte sich, und nur die Gtter mochten die Qualen ahnen, die er litt. Mit einem letzten schrillen Schrei, der die Anwesenden erschauern lie, sprang die Gestalt wie durch eine magische Tr in die Sichtbarkeit, whrend etwas wie ein farbloser Schleier einige Schritte von ihm entfernt zu Boden fiel.Whrend der Mann schwankend dastand, totenbla und mit verkrampften Fusten und halb entkleidet, als htte er versucht, sich das Wams vom Leib zu reien, ging ein Raunen durch die Menge. Es klang nach Erleichterung und Enttuschung und schlielich immer deutlicher nach Spott.Die Knigin lehnte sich zurck. Die Spannung war von ihr gewichen. Totamas, sagte sie, und die Anwesenden verstummten. Du hattest deine Chance. Deine und meine Gtter waren Zeugen. Du hast den Mantel des Knigs nicht bis zum Sonnenuntergang zu tragen vermochtDer Angesprochene war noch immer nicht frei von den Qualen des Mantels. Kraftlos und schwankend stand er auf den Beinen. Erst langsam schien er zu begreifen, da er es wie alle anderen vor ihm nicht geschafft hatte.Erhabene Knigin , stammelte er.Totamas, unterbrach ihn die Knigin rasch. In meinem Herzen wird nur einer diesen Mantel tragen, Dragon, der rechtmige Knig Myraniens. Und es scheint, da die Gtter mit mir sind, die myranischen und die meiner Heimat. Nimm den Mantel, den dir dein Volk gab, den des Knigs der Iwaren und des Daikans des Reiches und la nicht den Spott einiger unhflicher Gste meines Hofes dein Herz verbittern, Myranien wre nichts ohne die Kraft seiner Frsten und Stammesknige.Der Iwarenknig verbeugte sich. Er drohte zu fallen, und einige Mnner seiner Gefolgschaft drngten sich zwischen die Palastwachen, um ihm zu Hilfe zu kommen. Aber er fing sich mit einer bermenschlichen Anstrengung und winkte sie mit einer herrischen Geste zurck. Langsam und mit schwerer Stimme sagte er:Verzeiht meine Anmaung, Knigin Sie nickte unmerklich, whrend aus der Menge ein halb spttischer, halb mibilligender Ausruf kam, der dieser Entschuldigung galt.Whrend der Iwarenknig schwankend herumfuhr, sagte Amee eisig: Whnt sich Talferas bereits am myranischen Thron, da er meines treuen Vasallen spottet?Totenstille war nach diesen Worten im Saal.Der Iwarenknig hatte nach dem Schwert gegriffen. Seine Mnner eilten zu ihm. Bevor Talferas antworten konnte, keuchte Totamas: Der Daikan von Malot hat wohl seine eigenen Plne, die das Reich betreffen. Wie sonst sollte es sein, da die Krieger aus Malot nachts um den Palast schleichen ?Wtend trat Talferas vor. Einige seiner Mnner folgten ihm zgernd. Die Umstehenden wichen vor ihnen zurck.Das ist eine Lge, rief Talferas heftig. Wie Totamas war er ein groer Mann, doch ein gutes Dutzend Sommer lter als der Iware, an die fnfzig, und mchtig von Statur. Seine Gefolgsleute wirkten schmchtig gegen ihn. Sein kantiges Gesicht war vor rger gertet. Seine Augen bohrten sich in die des Iwarenknigs, der ihn trotz seiner Erschpfung herausfordernd anstarrte.Ah, sie trugen wohl myranische Umhnge, aber die Nacht hat gute Augen Der Maloter beruhigte sich sichtlich. Er grinste. Knnte es sein, da es iwarische Augen waren ?Genug! fuhr die Knigin dazwischen. Diplomatisch fgte sie hinzu: Dies sind Zeiten der Gefahr fr das myranische Reich. Es ist gut, wenn viele Augen den Palast beobachten. Indes, wer ihn ohne meine Erlaubnis betritt, wird gute Grnde brauchen.Die Drohung in den Worten lie Talferas verstummen. Auch Totamas schwieg. Er verlie mit seinen Kriegern die Mitte des Saales, wo sein Versuch, diesen verfluchten Mantel von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu tragen, so unrhmlich gescheitert war. Wie alle anderen Versuche vor ihm. Die Palastwachen hoben den auf dem Marmorboden kaum sichtbaren Mantel mit ihren Lanzen hoch und legten ihn vor den Thron, wo er wie eine merkliche Barriere zwischen der Knigin und den anderen lag. *

Whrend Palastdiener Tafeln mit dem abendlichen Essen hereinbrachten, und die Anwesenden zu den Tischen zurckstrmten, erhob sich die Knigin, um sich zurckzuziehen und sich auf die abendliche Ratsversammlung vorzubereiten.Der Beobachtungsposten erinnerte sich pltzlich wieder an seine Pflicht. Die beiden Wachen, die Amee begleiteten, wollten ihn aufhalten, aber sie winkte sie zurck.Was bringst du, eine Nachricht? fragte die Knigin.Er verbeugte sich. Ja, erhabene Knigin. Eine Nachricht. Das Schiff des Silikers ist eingetroffen El Haleb, flsterte sie erfreut. Das ist eine gute Nachricht, was immer er auch bringen mag. Schickt eine Eskorte zum Hafen. Und fhrt ihn in meine Gemcher, sobald er mich zu sehen begehrt.Erfreut lief sie in ihren Schlafraum und warf den Umhang achtlos ber den Ankleidespiegel.Iwa! rief sie und eilte in den angrenzenden Raum.Iwa, einst Sklavin und Amme, nun Vertraute der Knigin und Betreuerin des Sohnes, den die Gtter Amee und Dragon geschenkt hatten, erhob sich vom Bettchen des Knaben und prete den Finger an die Lippen. Prinz Atlantor schlft, flsterte sie, und mgen die Gtter geben, da es eine ruhige Nacht wird. Wenn ich euch einen Rat geben darf, so lat die Palastwachen verdoppeln, auch wenn die Kche murren. Ich hatte bse Trume Ja, Iwa, ich werde deinen Rat befolgen. Haleb ist in der Stadt!Die ltere Frau nickte. Ich wei. Ich sah das Schiff einlaufen. Knigin Amee Sie zgerte mit besorgtem Gesichtsausdruck. Erwartet nicht zuvielNein, Iwa. Sei unbesorgt. Ich dachte nicht wirklich, da er den Knig finden wrde. Wir wissen, da etwas Seltsames mit Dragon geschehen ist. Aber selbst vor Marathas Augen sind Schleier Sie zuckte die Schultern in stummer Abwehr dieser dsteren Gedanken. Dann straffte sie sich. Er wird eine Nachricht bringen. Irgendeine. Ich habe oft an ihn gedacht an ihn und DajnaIwa nickte erneut. Dies ist eine Zeit fr Freunde, sich zu bewhren und Mut in dieses Haus zu bringen. Er ist ein guter Freund.Einer der besten, stimmte die Knigin zu. Ah, Iwa, welche Nachricht er auch bringt, es wird gut sein, die vertrauten Gesichter wiederzusehen. Rasch, Iwa, ich will mich umkleiden. In diesem Kleid kme ich mir vor wie vor einem weiteren Freier! Sie spie das Wort aus, als wre es die Pest.Ich wei, sagte Iwa begtigend.Ich beginne diesen Palast zu hassen, murmelte Amee und hielt nur mhsam die Trnen zurck. Und ich hasse Myra. Was bedeutet es schon? Haben sich die Gtter gegen uns verschworen, Iwa? Ich werde niemals an der Seite eines dieser myranischen Knige sitzen! Niemals! Eher werde ich So drft Ihr nicht reden, unterbrach sie Iwa tadelnd. Es ist ein Vermchtnis, das Ihr bernommen habt an das Euch Eure Liebe bindet, wenn sie Euch wirklich etwas bedeutetBedeutete ihm dieses Reich wahrhaftig soviel, Iwa? Sie trat an das Fenster und starrte in die untergehende Sonne, die die Wasser des Hafens wie flssiges Feuer funkeln lie. Nein, Iwa. Er hatte grere Plne. Viel grere. Und vielleicht mu er dazu frei sein Iwa trat zu ihr und ergriff sie am Arm, Sie zog sie fort vom Fenster. Genug gegrbelt, befahl sie streng. Ihr seid nur mde. In Urgor war das Leben nicht einfacher. Es gab Gefahren, die Euch nun nicht mehr bedrohen. Denkt an Cnossos. Ihr seid zur Knigin geboren. Wo Ihr auch hingeht, werden Pflichten auf Euch warten, angenehme und schmerzliche. Hadert nicht mit den Gttern, Ihr wit, da er lebtWei ich es? Sie starrte erneut zum Fenster hinaus. Kann ich sicher sein ?Die Seherin irrt nicht. Sie hat ihn gesehen. Durch Schleier, aber sie hat ihn erblickt.Ja, flsterte die Knigin. Aber wir wissen im Grunde nichts. Diese Schleier mgen Welten sein, die er von uns getrennt ist, oder Zeiten, so fern wie jene, an die er sich zu erinnern begann. Sie schttelte den Kopf. Vielleicht ist er wieder zurckgekehrt in seine Welt. Wenn sein Herz stark genug daran gekettet war. ber diese Abgrnde vermag meine Liebe nicht zu folgen. Er wre so gut wie totNun ist es genug, unterbrach Iwa sie barsch. Wo immer er auch ist, er wird einen Weg zurckfinden, wenn es einen gibtJa, Iwa, wenn es einen gibt!Nun qult Euch nicht selbst. Iwa deutete auf das Kinderbett, in dem der Prinz schlief. Euer Sohn ist nicht minder ein Vermchtnis. Wenn es die Gtter wollen, da der Knig nicht mehr wiederkehrt, so schenkt seinem Sohn die Liebe, die Ihr dem Vater nicht mehr geben knnt.Oh, Iwa. Ich wei ja, da du recht hast. Hab keine Furcht. Ich bin nicht so schwach wie ich scheine. Und mit dem Anflug eines Lchelns fgte sie hinzu: Ich benehme mich wie ein dummes Mdchen.Iwa schttelte den Kopf. Wie ein verzweifeltes Mdchen, erwiderte sie sanft. *

Haleb, fand sie, hatte sich verndert. uerlich nur, hoffte sie. Er war ungewhnlich gekleidet. Seine Beinkleider waren aus einem rtlichen Leder, wie sie es in Myra und auch in Urgor noch nie zuvor gesehen hatte. Sie verschwanden in hochschftigen Schuhen, die nicht recht zum warmen myranischen Klima paten. Auch sein Hemd war aus einem dicken Gewebe und reichte bis fast auf die Knie. Er trug die krumme Silikerklinge im Grtel. Das war aber auch das einzige, das an den einstigen Silikerfrsten erinnerte. Das lange schwarze Haar, das die Menschen am Gverflu am Hinterhaupt zu einem Knoten banden, hatte er abgeschnitten, da es fast wie das Dajnas um seine Schultern fiel. Auch das Mdchen war hnlich gekleidet. Zu warm fr myranische Breiten. Sie muten weit im Norden gewesen sein in diesen eineinhalb Sommern ihrer Abwesenheit. Aber die Zge waren so vertraut wie eh und strahlten die gleiche Zuneigung aus.Die Knigin streckte ihnen die Arme entgegen, die sie mit einer merklichen Erleichterung ergriffen. Die Freude des Wiedersehens war auf beiden Seiten gro, aber weder Dajna noch Haleb entging die Mdigkeit in den Zgen der Knigin.Sie aen gemeinsam in den Gemchern der Knigin. An dem Mahl nahm auch Partho teil. Es gab viel zu berichten, doch die Erlebnisse der langen Reise schienen bedeutungslos im Vergleich zu den Dingen, die die Knigin bedrckten.Sie waren froh darber, nach dieser langen Abwesenheit in Myra noch alles beim alten zu finden. Aber gleichzeitig erkannten sie auch, da Dinge im Gang waren, denn im Hafen standen Schiffe aus den fernsten Provinzen, und bereits im Hafen war die Rede davon, da es der myranische Thron war, der sie anlockte.Habt Ihr Kunde von Dragon?Die beiden schttelten traurig den Kopf. Nein, Knigin. Wenigstens keine direkte. Wir hatten eine Spur, aber sie endete im Nichts Erzhlt.Wir kreuzten vor der Westkste der Blauen See, um den Eisflu zu finden, von dem Eure Seherin gesprochen hatte. Als wir ihn endlich fanden, brachen die Winterstrme herein. Wir ruderten trotzdem fluaufwrts, aber schon nach wenigen Tagen muten wir die Fahrt abbrechen: In den mchtigen Eisschollen war kein Vorwrtskommen mehr. Er heit nicht zu unrecht der Eisflu. So muten wir umkehren. Wir segelten nach Sden, denn Dajna wollte ihre Heimat besuchen. Das war nicht leicht, denn auer in den Hafenstdten ist es fr einen Mann nicht leicht, freien Fues das Land zu betreten. Als Gesandter Myras waren zu Anfang viele Tren offen, aber ich sah nur, was sie wollten, da ich sah, und ich ging keinen Schritt, den sie mich nicht geleiteten. Es machte ihnen Mhe, mich als ihresgleichen anzuerkennen, und sie wuten, da sich auerhalb des Hofes die meisten Katmahzari gar nicht erst die Mhe machen wrden. Ich war ein Mann, und Mnner gelten nichts. Das Wort Mann steht fr nicht viel mehr als Sklave. Um allen rgernissen auszuweichen, reiste ich in Dajnas Gefolgschaft Als ihr Sklave? fragte die Knigin interessiert.Ja, erwiderte Haleb. Als ihr Sklave.Weiber, brummte Partho, was ihm einen mibilligenden Blick Amees eintrug.Ah, Freund Partho, wrdet Ihr nicht das gleiche tun fr das Mdchen, das ihr liebt? widersprach Haleb.Lat ihn nur brummen, meinte Amee lchelnd. Er tut es ohnehin nur noch selten, seit er meine Schwester zur Gemahlin genommen hat.Die beiden sahen ihn berrascht an und wnschten ihm die Gunst der Gtter.Es scheint mir, da sich vieles verndert hat seit unserer Abreise. Manche berraschung steht uns wohl noch bevor,Die Knigin nickte ernst. Wir wollen spter davon sprechen. Fahrt erst fort mit Euerm Bericht.Haleb nickte. Es war eine abenteuerliche Reise durch das Land der Katmahzari bis an den Hof der Knigin Agrion. Aber darber will ich Euch ein anderes Mal berichten Ihr habt Agrion gesehen? unterbrach ihn Amee. Wie ist es ihr ergangen?Sie steht in hohen Ehren. Sie hat es verstanden, Asmyra, die einstige Knigin, als Beraterin an sich zu binden. Sie entbietet Euch die freundschaftlichsten Gre. Auch Euch, Partho.Partho nickte nur. Er fand es erstaunlich, wie lebendig die Erinnerung an Agrion noch in ihm war.Haleb fuhr fort: Als das Frhjahr kam, segelten wir erneut nach Norden und machten uns zum zweitenmal an die schwierige Fahrt den Eisflu aufwrts. Immer mehr fanden wir den Bericht der Seherin besttigt. Die Stmme am Eisflu berichteten von Dragon und seinem Kampf gegen die Dmonen und von seiner Begegnung mit der Eisknigin. Zwei Tagesritte westlich eines Berges, den sie den Heiligen Berg nennen, stieen wir erneut auf Spuren. Aber dort endet alles. Es ist Er hob hilflos die Hnde. Es ist, als wre er in diese Wildnis hinausgeritten und nicht mehr zurckgekehrt. Es ist unmglich, dort jemanden zu finden, und die Stmme wissen nichts. Sie wten es, wenn er zurckgekommen wreMaratha sprach von einem Tor, durch das er gegangen sein msse, murmelte Amee.Ein Tor? wiederholte Haleb.Sprach nicht der Knig des Eisvolkes von einem Tor, durch das die Dmonen ber die Stmme gekommen waren, meinte Dajna, und das Dragon verschlossen htte?Haleb nickte. Ich nahm es nicht fr bare Mnze, sagte er. Sie zeigten es uns. Aber wir fanden nur Felsen und Gerll. Es htte in das Innere der Erde selbst fhren mssen. Aber wenn doch Wahrheit hinter diesen Worten ist Er schttelte den Kopf.Dajna unterbrach erneut seine Gedanken. Sie sprachen auch von einem Mdchen, das bei ihm gewesen sei, und das er zu ihrem Volk zurckbringen wollte. Ein Mdchen, das mit den Dmonen gekommen war Sie brach ab. Sie schttelte den Kopf. Irgendwie pat es zusammen, Haleb. Er hatte das Tor verschlossen. Vielleicht war unter den Felsen tatschlich eine Art Tor, das irgendwohin fhrteIn eine andere Welt, flsterte Amee. Der Gedanke qult mich immer, so unvorstellbar er auch ist. Und dennoch kam er nicht auch aus einer anderen Welt? Sie schwieg, einen Augenblick lang wieder von Schmerz und Zweifeln und trgerischen Hoffnungen geqult. Schlielich sagte sie: Maratha ist ohne Botschaft von ihm. Es ist, als ob er tot wre, und dennoch schwrt sie, da er lebt. Es mu eine andere Welt seinPartho war der einzige, der nicht grbelte und sich so etwas wie ein Tor in eine andere Welt vorzustellen versuchte. Sein Tatendrang lenkte seine Gedanken in andere Bahnen. Wenn wir tausend Mnner nhmen, oder zweitausend, und versuchten, dieses Tor unter den Felsen zu finden Haleb schttelte den Kopf. Nein, Partho. Manche dieser Felsen wrden auch zehntausend Mnner nicht bewegen knnen. Wenn wahrhaftig ein Tor darunter ist, mu es die Faust der Gtter gewesen sein, die sie begrub.Wenn wir, begann Partho erneut, wenn wir ein wenig des Donnerpulvers noch htten, das uns im Kampf gegen Myra so gute Dienste leistete . . .Wir knnten es nicht benutzen, meinte Amee.Die Mnner, die dem Knig zur Hand gingen, sind bei meinen Truppen. Einige wenigstens. Es mag nicht schaden, wenn Ihr einen Boten nach Urgor schickt. Damos mag sich mit den weisen Mnnern am Ah'rath in Verbindung setzen. Vielleicht haben sie noch ein wenig des Pulvers.Die Knigin schttelte zweifelnd den Kopf. Wre Dragon hier und Romon noch der Oberste der Weisen Aber Bandur, der nun Romons Platz einnimmt, will keine Einmischung in die weltlichen Belange. Fr ihn ist Meditation der Weg in eine bessere Welt, in das Goldene Zeitalter.Das mag sein, brummte Partho. Aber wir sollten es versuchen. Es ist besser als unttig zu warten. Was meint ihr?Haleb und Dajna nickten zgernd. Schlielich stimmte auch die Knigin zu. Aber es wird viele Monde dauern, bis Antwort auf unsere Bitte kommt, und lnger als ein Jahr, bis wir daran gehen knnen, das Tor zu suchen. Selbst wenn es uns gelingt, Dragon zu finden und zurckzuholen, werden zwei Sommer ins Land ziehen, oder drei, bis es so weit sein mag. Sie barg ihr Gesicht in den Hnden. Mgen die Gtter geben, da er frher zurckkehrt. Ich bin nicht stark genug, diesen Thron zu halten. Nicht an der Seite eines anderen Verwundert fragte Haleb: Was meint Ihr damit, Knigin? Es ist also wahr, da Hnde nach der Krone greifen? Wir sahen die Schiffe im Hafen Amee nickte. Es begann vor sechs Monden. Die Daikane kamen nach Myra und beriefen einen Rat ein, zu dem ich nicht geladen war. Mein rger und meine Besorgnis waren nicht unberechtigt. Ich erfuhr noch in derselben Nacht von den Beratungen, denn ein Teil der Daikane hlt mir nach wie vor die Treue. Am Morgen darauf kam dann die offizielle Botschaft. Das Konzil der Daikane, wie sie es nannten, hatte beschlossen, da den alten myranischen Gesetzen Genge getan werden msse. Diese Gesetze besagen, da keine Frau ursprnglich den Thron innehaben drfe, und da sie in Stellvertretung ihres Mannes, des Knigs, nicht lnger als drei Jahre regieren drfe. Nach drei Jahren gelte auch ein Knig, der von Kriegszgen oder anderen Missionen nicht zurckkehrt, als tot. Ich kann diesen Thron nur retten, wenn ich mich erneut vermhle und so dem Reich einen neuen Knig gebe.Aber was ist mit dem Thronfolger, Eurem Sohn Atlantor? wandte Dajna erregt ein.Er kann das Amt erst bernehmen, wenn er achtzehn Sommer alt ist. Wenn er die Intrigen berlebt! So lange ich keinen erwhlt habe, ist er sicher. Aber danach wird man ihn aus dem Weg haben wollen, damit der Thron wieder in myranische Hnde gelangt. Stirbt der Thronfolger, so geht die Wrde ganz auf den neuen Knig ber. Es ist ein grausames Gesetz, und alte Berichte knden davon, da viel unschuldiges Blut in diesen Hallen geflossen ist zu allen ZeitenIhr Gtter! entfuhr es Haleb. Wie lange bleibt Euch noch Zeit? Einige Monde, wenn meine Zhlung stimmt? Die drei Jahre mssen bald voll sein.Die Knigin nickte bla. Sie verkndeten es berall im Reich. Seit fast sechs Monden ist dieses Haus voller Freier, Tag und Nacht, und ich kann es nicht wagen, sie hinauszufegen, so sehr mir auch danach der Sinn steht. Das Volk blickt auf mich, und diese alten Gesetze sind tief verwurzelt. Zudem mu ich diplomatisch sein. Wenn ich einem meine Gunst zeigte, und sei es nur in Freundschaft, knnte er anderntags tot sein, oder die Stmme knnten einander bekriegen.Aber wie wie haltet Ihr sie Euch vom Leibe? rief Dajna.Mit dem Mantel des Namenlosen, erklrte die Knigin.Der den Knig unsichtbar machte? fragte Haleb erstaunt. Aber ist es nicht zu gefhrlich, ihn in andere Hnde zu Amee schttelte den Kopf. Nein, er ist ein Geschenk der Gtter. Es scheint, da keiner ihn zu tragen vermagWie ist das mglich?Amee sah Partho an. Der nickte. Wir wissen es nicht genau, erklrte sie. Eines Tages es ist lnger als ein Dutzend Monde her da legte ich ihn an. Sie errtete. Schmerz und Sehnsucht hatten mich wohl berwltigt, fuhr sie rasch fort. Und von diesem Mantel, den er getragen hatte, erhoffte ich mir ein Gefhl seiner Nhe. Sie senkte den Blick. Ich trug ihn nur einen Augenblick lang und ber dem Kleid, nur an den Schultern auf nackter Haut. Und dennoch war mir, als brannte er am ganzen Krper. Erst ein leichtes Brennen und Jucken, das bald immer unertrglicher wurde, bis ich mir den Mantel halb rasend von den Schultern ri. Ihre Miene verzog sich bei dieser Erinnerung. Ich habe es spter noch mehrmals versucht. Ich wei nicht, wie mein Gatte es ertragen hat. Er trug ihn jedoch ohne Beschwerden. Aber mir wollte es nicht gelingen, auch trotz dicker Kleidung nicht, die ich darunter trug, so da mich der Mantel an keiner Stelle auf der Haut berhrte. Ich vermochte ihn keine Stunde am Leib zu tragen. Auch Partho und Ada haben es versucht. Auch ihnen erging es nicht besser. Das hat uns auf den Gedanken gebracht, damit die Freier auf die Probe zu stellen. Wenn einer wie Dragon den Mantel vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang ohne Unterla zu tragen vermag, dann mu ich ihn nehmen, und er wird Myra an meiner Seite regieren, bis Atlantor alt genug ist, die Regentschaft anzutreten.Partho nickte unbewut, als Haleb sie betroffen anstarrte. Es ist ein mchtiger Zauber, aber was wit Ihr davon? Wenn es nun einem gelingt Dann mu ich ihn nach diesen drei Sommern zum Mann nehmen oder den Thron verlassen. Ich wei, es ist nichts gewonnen, aber auch nichts verloren. Ich knnte einfach sagen, da ich meine Wahl erst nach Ablauf der drei Sommer treffen wrde. Aber diese Probe hat auch ihr Gutes. Sie hlt viele der Mnner beschftigt, die sonst vielleicht auf den Gedanken kmen, dafr zu sorgen, da der Knig auch wirklich nicht wiederkehrt. Er wre nicht der erste Knig, der mit einem Dolch im Rcken starb in diesem Land Haleb und Dajna nickten. Wie knnen wir Euch nur helfen, Knigin?Indem Ihr bleibt, antwortete sie rasch. Es sind so viele Menschen am Hof, doch so wenige Freunde Es wird mir Kraft geben, wenn Ihr bleibt. Und wenn diese Frist abgelaufen ist, und der Knig noch immer nicht da ist, dann Partho Sie wandte sich an den Kommandanten ihres Heeres. Dann werden wir ihn suchen. Wie du es vorgeschlagen hast. Wollt ihr mir dabei helfen Die beiden Mnner nickten stumm. Dajna schttelte den Kopf. Dann ist dieses Reich verloren, murmelte sie. Und es mag sich erinnern, da Urgor es war, aus dem seine Bezwinger kamen. Ein Rachezug, wie es schon einen gab, scheint mir nicht ausgeschlossen. Nur sind diesmal die Chancen besser, denn Myra ist strker geworden. Es mag sein, da sie dieses Mal niemand aufzuhalten vermag. Nein, es ist kein guter Weg, diesen Thron einfach zu verlassen, Knigin. Es wird viel Blut ber das Land bringen.Was schlagt Ihr vor? fragte Amee tonlos.Ich wei es nicht, meine Knigin. Aber wir sollten es beraten. Was immer auch geschieht, noch sind die Flotte und groe Teile des Heeres in Eurer Hand. Stimmt das, Kommandant? Es war nur ganz und gar nicht mehr das Mdchen, das aus Dajna sprach, es war die Kriegerin.Partho nickte. Noch steht alles zum Besten. Und bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Thronfolge ist auch nicht viel zu befrchten. Aber das bse Blut, das sie nun oft gegeneinander treibt, das wird sich gegen den Knig richten, wenn er doch noch rechtzeitig wiederkehrt. Ihr Appetit auf den Thron ist geweckt. Dann mgen sie sich mit Gewalt nehmen, was ihnen mit List nicht geglckt ist.Ihr meint, die Daikane werden auf die Hauptstadt marschieren und Myra zurckerobern? fragte Haleb.Partho zuckte die Achseln. Mglich war's.Ja, stimmte Haleb zu. Aber nicht alle, dessen bin ich gewi.Ihr wart lange nicht hier, wandte Knigin Amee ein.Ist es mglich, da das Volk seinen Befreier so rasch vergit? meinte Dajna.Es vergit die guten Dinge wie die bsen. Knig Zogors Greuel sind so vergessen wie Dragons Versuche, das Leben in diesem Reich fr alle ertrglich zu machen. Diese Menschen wollen die Faust eines Knigs spren, so sind sie es seit jeher gewohnt. Auch wenn es eine gute Faust ist, aber eine Faust mu es sein und meine ist zu schwach. Der Knig war zu lange fort. Sie schttelte traurig den Kopf.So werden wir sie diese Faust wieder fhlen lassen, rief Haleb heftig.Auch die Katmahzari werden fr Euch in den Kampf ziehen. Knigin Agrion hat es bekrftigt, sagte Dajna bestimmt.Also einen neuen Krieg? fragte Amee.Wenn es sein mu. Mit Myra ist sehr viel verloren. Bedenkt es, Knigin Amee.Wir wollen nichts berstrzen, lenkte Dajna ein. Die Knigin hat recht. Wir waren lange fort. Es gilt erst herauszufinden, wer auf welcher Seite steht. Das ist deine Aufgabe, Haleb. Du bist noch immer Daikan der Siliker.Haleb nickte zustimmend. Wann knnt Ihr frhestens den Rat einberufen? wandte er sich an die Knigin.Er wird noch heute zusammentreten, erklrte sie.Er schttelte den Kopf. Das ist zu frh. Ich wei zu wenig. Knnt Ihr die Versammlung verschieben?Ja, meinte sie zgernd, aber es wird wenig Zuneigung eintragen Wollt Ihr um diese Zuneigung kriechen und betteln? fragte Dajna. Verzeiht mir es ist meine Katmahzari-Zunge, die spricht. Ich meine Ich wei, was Ihr meint, Dajna, sagte Amee ruhig. Die Katmahzari-Frauen sind nicht die einzigen, die den Stolz kennen. Aber manchmal bringen Nachgiebigkeit und List mehr ein. Ich habe niemandem Anla gegeben, zu glauben, da ich etwas oder jemanden frchte. Oder irre ich, Partho?Nein, meine Knigin sagte Partho langsam.Aber? rief sie mit einem Anflug von rger.Es mag nicht schaden, ein wenig von der Faust zu zeigen, von der El Haleb sprach, ergnzte er.Amee schwieg.Wir und mehrere Tausendschaften Eurer Mnner aus Urgor werden ihr Nachdruck verleihen. Der Siliker hat recht. Dieses Volk mu wissen, wer sein Herr ist. Und es scheint, als htte es Zweifel.Was schlagt Ihr also vor?Verschafft mir ein paar Tage, da ich mich umsehen kann, bat Haleb.Die Knigin nickte zustimmend.Wie viele haben diese Probe bereits hinter sich?Die Hlfte der Daikane und ein gutes Dutzend von Frsten und Knigen kleinerer Stdte und Gebiete. Aber die Zahl der Freier wchst mit jedem Tag. Der Mierfolg ihrer Vorgnger scheint niemanden abzuhalten Wie lange haben sie den Mantel ertragen? fragte Dajna.Bis zum Mittag die meisten. Der beste war Totamas Der Iware?Ja. Er ertrug ihn bis weit in den Nachmittag. Er mu Furchtbares erlitten haben. Ich habe viele Menschen schreien hren, die Qualen litten, aber keinen so wie Totamas.Wer ist der nchste? fragte Haleb.Talferas.Haleb nickte. Wann?Morgen bei Sonnenaufgang.Noch eines; die Taurunier, sind sie hier?Ja, sie sind hier, Haleb.Waren sie dumm genug, sich auf diese Probe einzulassen?Nein, erklrte die Knigin mit der Spur eines Lchelns. Sie haben bisher nicht den Wunsch geuert. Sie haben lediglich nach Euch gefragt.Haleb grinste. Das erleichtert vieles, stellte er fest. Noch eine Bitte: der Mantel ich wrde ihn gern selbst tragen nur um zu sehen Er brach ab, ein wenig hilflos, weil ihm sein Ansinnen pltzlich zweifelhaft schien.Amee entging es nicht. Lchelnd sagte sie: Sicher, Haleb. Versucht es. Iwa wird Euch den Mantel spter in die Gemcher bringen. Verzeiht mir, Ihr mt mde sein. Ich werde sofort alles veranlassen *

Allein in ihren Gemchern starrten der Silikerfrst und das Katmahzari-Mdchen auf den hellerleuchteten Hafen.Ich sah diesen Hafen nur einmal so hell, murmelte El Haleb. Als Zogor seine Truppen sammelte. Damals feierten sie. Und jetzt feiern sie. Ob wieder Blut flieen wird?Das Mdchen lehnte sich an ihn. Ich hoffte, Frieden hier zu finden, murmelte sie. Fr eine Weile Vielleicht liegt es in unserer Hand, diesen Frieden zu schaffen, erwiderte er.Aber ihre Gedanken wanderten einen anderen Weg. Ich habe mein Volk mit neuen Augen gesehen, Haleb. Ich knnte nicht wieder zurck. Ob die Gtter uns irgendwann ein wenig Zeit geben fr uns selbst?Hatten wir sie nicht? fragte Haleb. Ein wenig zumindest. Diese lange Reise war abenteuerlich, und unsere Klingen sind nicht immer blank geblieben, gewi, aber wir hatten doch viel Zeit, einander nherzukommen und niederzureien, was sich immer wieder qulend zwischen uns drngte meine althergebrachte Vorstellung von Frauen, und deine von Mnnern. Es war nicht immer leicht, die Gtter wissen es Ja, murmelte sie. Ich wei, was Stolz und Schmach ist. Ich bin sehr froh, da das alles nicht vermocht hat, das Feuer zu lschen Es wre ein mageres Feuer gewesen, Dajna Ich wei, mein Liebster, da es sehr stark ist. Ich spre es immer in deinen Armen. Sie legte ihre um ihn. Es wre sehr kalt sonst, mein Haleb. Sie kte ihn. Wie konnte es nur geschehen, da mein Volk dieses Feuer verlor?Hat es das? Whrend dieser Reise durch das Land der Katmahzari hatte ich nicht den Eindruck, da die Liebe zwischen den Frauen kalt wre. Ich hatte genug Gelegenheit, sie zu beobachten Ich wei, unterbrach sie ihn rasch. Nicht berall sind die Sitten wie an Afrigas Hof. Sie ist schamlos. Aber du hast recht. Die Liebe ist eine alte Kunst in Katmahzar. Aber mit wenigen Ausnahmen ist sie nur eine Zwiesprache der Krper, nicht eine der Seelen. Etwas fehlt, etwas, das du mir zu geben vermagst. Es mu etwas sein, das nicht weibisch ist, und das auch den Katmahzari-Mnnern nicht mehr innewohntWeil man ihnen gar keine Gelegenheit gibt, es zu zeigen, sagte Haleb heftiger als beabsichtigt.Nein, widersprach sie. Sie sind schwach. Ihr Geist ist stumpf. Sie sind wie eure Sklaven nein, weniger. Kein Katmahzari-Herz wrde auch nur Mitleid an sie verschwenden.Sie brauchen kein Mitleid. Was sie brauchen, ist eine Chance, antwortete er.Stellst du es dir nicht zu einfach vor? Ist Demut nicht viel schwerer zu berwinden als der Stolz, und brauchte der Stolz nicht manchmal unsere ganze Kraft? Mag aus einer geborenen Memme ein mutiger Mann werden?Haleb nickte. Denkst du, diesseits des Sakyra sind alle Mnner mutig und alle Frauen sanft? Hast du nicht genug gelernt an Zogors Hof? Hieltst du die weisen Mnner, die Shne von Atlantis, fr feige, weil sie Gewalt verabscheuten und Zogors Schergen keinen Widerstand leisteten?Das Mdchen schttelte den Kopf. Nein, Haleb. Du weit, da ich so nicht denke. Aber sind die myranischen Sklaven nicht ein gutes Beispiel? Sind sie wirklich frei geworden durch das neue Gesetz des Knigs? Diejenigen, die sich noch an Freiheit erinnern konnten, fr die war es wirklich eine Befreiung. Aber die anderen jene, deren Eltern bereits Sklaven waren, sie wuten nichts mit ihrer Freiheit zu beginnen. Ihr Dasein ist so sklavisch wie zuvorEr nickte zustimmend. Es liegt nicht an ihnen allein. Die myranischen Herrn sind gewohnt, Sklaven zu haben. Wie sollte da Ein Pochen an der Tr unterbrach das Gesprch. Iwa kam herein und brachte den Mantel. Er war in dem dsteren Gemach kaum zu erkennen.Seid vorsichtig, Haleb, warnte Iwa. Ich hrte die Mnner darber reden, die ihn getragen hatten. Nicht nur das Fleisch, auch der Geist fhlt SchmerzDer Geist?Totamas Augen sind voll der Dmonen, die er sah flsterte sie hastig. Und geht nicht ohne Waffe durch diese Gnge. Viele Fremde sind im Palast. Nicht alle kommen, um zu freien. Manche kommen, um zu tten.Bevor Haleb erwidern konnte, hatte die Frau das Gemach verlassen. Kopfschttelnd starrte er auf den Mantel. Es ist wie zu Zogors Zeiten. Amyron liebt dieses Volk Amyron?Der Totengott, Dajna.Das Mdchen ging zur Tr und schob den Riegel vor. Er wird uns nicht im Schlaf finden, erklrte sie. Als sie sich umwandte, war Haleb verschwunden. Einen Moment stand sie vor Entsetzen starr. Dann bemerkte sie einen Schatten in der Mitte des Raumes.Haleb ? rief sie halblaut.Keine Angst, ich bin hier, erklrte er zu ihrer Erleichterung. Ich nehme an, da mich der Mantel unsichtbar macht, wie auch den Knig damals.Sie starrte angestrengt. Nicht ganz, Hal. Ich sehe einen Schatten. Sprst du etwas?Noch nicht. Er ist so leicht wie ein SchleierJetzt sehe ich dich deutlich, rief Dajna. Der Mantel schillert rot, grn und blau er verndert sich stndigMir ist ein wenig seltsam, murmelte Haleb.Zieh ihn lieber aus, meinte Dajna besorgt.Nein. Es ist nicht unangenehm. Ich schtze, es beginnt erst. Ja ein Kribbeln am ganzen Krper Es folgte ein Gerusch, als schnappte er nach Luft. Ihr Gtter! Es ist, als se man in Nesseln. Nein, so vollkommen kann man gar nicht in Nesseln sitzen! Aaaahhh, Dajna, es ist unbeschreiblich!Ein Gerusch hinter ihr lie sie herumfahren. Es war ein leises Scharren an der Tr, als ob sich jemand dagegenlehnte.Hal! rief sie halblaut.Sie zog den Dolch aus dem Grtel und schlich lautlos zur Tr. Dort prete sie das Ohr dagegen und lauschte. Sie vernahm Stimmen. schlafen. Weiter rasch handeln Es war nicht alles verstndlich, aber es war alles andere denn beruhigend. Es waren mnnliche Stimmen. Sie sprachen myranisch, aber der Dialekt war ihr fremd. Sie entfernten sich bereits, als Haleb zur Tr kam. Er hatte den Mantel abgelegt.Da waren Stimmen, flsterte er.Sie nickte. Keine guten.Wieviele?Sie schttelte unsicher den Kopf. Drei, aber ich kann mich irren. Ihre Schritte waren nicht zu hren. Sie sprachen davon, da sie rasch handeln wolltenSo mssen wir es auch, entfuhr es Haleb. Er eilte zur Bank und nahm sein Schwert. Er lschte die llampe. Als er zur Tr kam, hatte Dajna bereits geffnet und sphte vorsichtig den Korridor entlang. Er war leer.Sie huschten hinaus. Hier geht es zu den kniglichen Gemchern, wenn ich es recht in Erinnerung habe.Sie folgten dem Korridor. Feiner Sand knirschte unter ihren Schritten. Dajna fate ihn am Arm. La uns die Schuhe ausziehen. Man hrt uns von weitem.Er nickte. Aber ich trenne mich nur ungern davon. Solches Schuhwerk versteht keiner in ganz Myra anzufertigen. Und dieses Diebsgesindel, das hier nachts herumschleicht Er brach ab, als er ihren Finger auf seinen Lippen sprte. Er kte ihn, was sie mit einer zrtlichen Bewegung lohnte. Dann schlpften sie aus den Schuhen und stellten sie in eine Nische. Es war bereits zu dunkel, um etwas zu erkennen. Nur durch die Fensterffnung weit hinter ihnen fiel sprliches Mondlicht.Als der Korridor nach rechts weiterfhrte, verschwand auch dieser Schimmer. Die Dunkelheit war undurchdringlich. Haleb fluchte innerlich. Mit vorgestreckten Hnden tastete er sich weiter. Es mochten etwa hundert Schritte bis zur Treppe sein, die in das nchste Stockwerk, und damit zu Amees Gemchern fhrte.Auf halbem Weg stie Halebs Fu auf etwas am Boden, das klirrend zur Seite flog. Es mute ein Schwert sein, und wenn es ein Schwert war, mochte auch ein Mann Er dachte den Gedanken nicht zu Ende. Eine Tr ging vor ihm auf, und greller Lichtschein von mehreren Fackeln blendete ihn. Dajna erging es nicht besser. Mnner quollen hervor mit Dolchen und kurzen Klingen in den Fusten. Eine Stimme gab ein scharfes, zischendes Kommando. Instinktiv stie Haleb seine Begleiterin zur Seite und duckte sich. Es war nicht zu erkennen, wie viele es waren, ein Dutzend vielleicht, und sie bemhten sich, leise zu sein.Im Gegensatz zu Haleb und Dajna. Haleb, der mit seinem Gebrll den Zweck verfolgte, die Palastwachen herbeizurufen, fuhr wie ein leibhaftiger Dmon zwischen die erstarrten Angreifer, die eine leichte Beute erhofft hatten, eine noch dazu, die sie in aller Stille erledigen konnten. Und mit Dajna irrten sie sich ein zweites Mal. Mit dem Kriegsschrei der Katmahzari war sie wie ein Teufel mitten in den Angreifern. Drei der Angreifer fielen. Haleb durchbohrte einen vierten, der eben Dajnas Kehle umklammerte. Dann waren sie durch, begleitet von Schmerzens- und Wutschreien der berrumpelten.Bist du verletzt? keuchte Haleb.Nein, Hal. Du?Nein. Was tun wir?Der Korridor endete vor der Treppe. Von unten kamen hastige Schritte.Der Lrm ist nicht unbemerkt geblieben, bemerkte er zufrieden. Das mssen die Wachen sein.Ich frchte, sie werden nicht mehr viel finden. Hast du jemanden erkannt?Nein. Es ging alles zu schnell. Ich verstehe nicht, was sie wollten Ich wei nicht, ob es gut ist, wenn uns die Palastwachen hier finden, meinte das Mdchen drngend, mit den blutigen Waffen in der Hand und barfu wie Diebe Das wird sich herausstellen, erwiderte Haleb schulterzuckend. Wir haben nicht viele Mglichkeiten, uns zu verkriechen. Entweder wir laufen zurck und den Schurken erneut in die Arme, oder wir laufen die Treppe hinab und den Wachen in die Arme. Was schlgst du vor?Sie zgerte einen Augenblick. Ich laufe berhaupt nicht gern ohne Schuhe herum, und das mag uns den Rest der Nacht blhen, wenn uns die Wachen erst einmal haben Du meinst, sie werden uns in eine Zelle stecken und die Knigin dieser kleinen Strung wegen heute abend nicht mehr belstigen? Er grinste. Warum stehen wir dann noch hier?Der erste Fackelschein kam von unten, und Stimmen nherten sich. Ich mchte wissen, warum die sich so Zeit lassen, brummte Haleb. Warum sind berhaupt keine Wachen in den oberen Stockwerken ?So lautlos wie mglich liefen sie den Korridor zurck. Dort war alles dunkel. Die Angreifer schienen verschwunden. Haleb hielt Dajna zurck. Sie haben sich aus dem Staub gemacht, flsterte er. Verdammt, wenn man hier etwas sehen knnte! Ob sie ihre Verwundeten mitgenommen haben ? Ziemlich sicher, wenn man ihnen nicht auf die Spur kommen soll Er brach abrupt ab, als sein Fu gegen etwas Hartes am Boden stie, das metallisch ber den Boden scharrte. Mit einem halblauten Fluch bckte er sich. Gleichzeitig ging eine Tr zu seiner Linken auf, und Mnner mit Fackeln und Schwertern strmten heraus.Jemand rief in sdlichem Dialekt: Es sind die gleichen. Lat sie nicht entwischen!Haleb blieb keine Zeit, sich darber zu rgern, da er zum zweitenmal in die gleiche Falle gegangen war. Er sah Dajna mit einem Schrei aus den Griffen zweier Mnner brechen und den Gang entlanghetzen. Er hatte selbst alle Hnde voll zu tun. Diesmal wirkte die berraschung nicht so nachhaltig. Am Ende des Korridors kamen die Wachen mit Fackeln nher, aber das schien seine Gegner gar nicht zu kmmern. Einer nutzte sein Erstaunen und schlug ihm den Schwertgriff ber den Schdel.

2.

belkeit weckte ihn. Er lag auf etwas, das sich schaukelnd bewegte. Ein Schiff? Nein, solch einen Sturm gab es nicht. Nach und nach wurden auch andere Sinne wach. Er vernahm Hufgeklapper. Auch unter sich.Gleich darauf kam ihm seine miliche Lage voll zu Bewutsein. Er hing quer ber einem Pferd, und seine Hnde und Fe waren wie ein Sattel unter dem Bauch des Tieres verschnrt. Auerdem war er geknebelt, was ihn nicht nur am Rufen hinderte, sondern auch an dem dringlichen Wunsch, sich zu bergeben.Einen weiteren Augenblick spter wute er, da die Fesseln recht kunstvoll geschnrt waren zu kunstvoll, und da er den Knebel nicht ohne seine Hnde aus dem Mund bekommen wrde. Damit schob er die Fluchtgedanken erst einmal beiseite und versuchte sich zu orientieren.Viel war in der Finsternis nicht zu sehen. Er sah einen Reiter vor sich, einen hinter sich, aber dem Geklapper nach zu schlieen muten es wenigstens ein halbes Dutzend sein. Sie befanden sich auch nicht mehr in der Stadt. Es gab keinerlei Lichter weit und breit. Lediglich die Sterne konnte er sehen, wenn er den Kopf weit genug drehte.Das tat er jedoch nur einmal. Der stechende Schmerz im Hinterkopf lie ihn unter dem Knebel aufsthnen. Das blieb nicht unbemerkt. Der Reiter hinter ihm rief halblaut: He! Der Siliker ist wach! Sagt es nach vorn!Er hrte, wie die Nachricht nach vorn wanderte, aber nichts weiter geschah.Immerhin hatte er mit diesem kurzen Blick genug von den Sternen gesehen, um zu wissen, da sie in sdlicher Richtung ritten. Er mute es spter noch berprfen, wenn dieser Schmerz nachgelassen hatte. Inzwischen sollte er ber ein paar Dinge nachdenken.Seine Entfhrer kannten ihn also. Sie wuten, da er ein Siliker war. Ihr Dialekt deutete auf eine der sdlichen Provinzen hin, aber auf welche?Was war mit Dajna geschehen? War sie auch hier als Gefangene? Oder war ihr die Flucht geglckt? Oder hatten ihre beiden Verfolger sie erreicht und Entgegen seiner besseren Einsicht begann er, wieder an den Fesseln zu zerren.Nach einer Weile gab er es erschpft auf. So einfach es gewesen wre, in der Dunkelheit zu verschwinden, so grndlich hatten sie vorgesorgt, da dieser Fall nicht eintrat.Vorsichtig begann er erneut den Himmel zu beobachten, und nach und nach wurde seine erste Erkenntnis besttigt: sie ritten nach Sden.Langsam wich die belkeit von ihm. Nur der pochende Kopfschmerz blieb. Sie ritten mehrere Stunden. Haleb hatte kein Zeitgefhl, auer da es ihm endlos schien, aber der Mond ging auf und wanderte ein gutes Stck am Himmel hoch, bevor sie ein dsteres Gebude erreichten, das ein Tempel sein mochte, oder einer der Wehrhfe der Ziegenbauern, die in diesem Teil des Landes lebten. Es war in der Finsternis nicht zu erkennen. Einen Tagesritt sdlich von Myra begann das Heggarengebiet, Rachmuds Herrschaftsgebiet. War der Daikan der Heggaren sein Entfhrer?Er wute, da es keinen Sinn hatte, zu grbeln. Er wrde es frh genug erfahren. Das Gebude schien jedenfalls fr den Rest der Nacht als Quartier bestimmt. Sie ritten in einen gepflasterten Hof mit viel Geklapper und begannen abzusteigen. Jemand gab Befehle, und jemand anderer gab sie weiter. Das Haus war offenbar unbewohnt, denn niemand kam heraus, obwohl der Lrm, den die Ankmmlinge verursachten, unberhrbar war.Zwei Mnner machten sich an Haleb zu schaffen. Doch zu seinem Bedauern lsten sie seine Fesseln nur so weit, da sie ihn vom Pferd heben konnten. Auch sein Knebel blieb. Solcherart trugen sie ihn in einen der Stlle, in dem es penetrant nach Ziegen stank. Doch waren keinerlei Tiere anwesend. Sie verknoteten den Siliker an einem der groen Balken und lieen ihn in der Finsternis zurck.Fluchend starrte er hinter den beiden Mnnern her, die lachend nach drauen verschwanden. Dann zerrte er erneut an seinen Fesseln, bis er erkannte, da es nur eine Vergeudung von Kraft war.Wieder verging geraume Zeit. *

Er nickte ein und dies trotz der unbequemen Stellung. Was ihn weckte, waren die groben Hnde dreier Mnner, die ihn losbanden.Sie nahmen ihn in ihre Mitte, ohne ihn loszulassen, und schoben ihn aus dem Stall, quer ber den Hof und durch eine Tr in einen groen Raum. Ein groer Tisch war als Tafel gedeckt, und die Reste eines Mahles standen noch darauf. Auf Fellen um einen Kamin saen ein Dutzend Mnner, whrend andere mit sklavischer Ergebenheit Becher fllten und den Raum suberten, oder einfach mit Fackeln in Hnden dastanden.Haleb zweifelte nicht, da es Sklaven waren. Und es gab nur einen, der sich des Knigs Verbot der Sklaverei mehr oder weniger offen zu widersetzen wagte um so mehr, da dieser Knig nun verschollen schien.Rachmud, der Daikan der Heggaren! Seine war eine der greren Provinzen, dazu noch vor den Toren Myras, eine Position, die den Knigshof wohl zu manchen Kompromissen verleitete, um so mehr als Rachmud es verstand, sich als treuer und pflichtbewuter Provinzstatthalter ins Licht zu setzen, bei dem man davor zurckscheute, ihm wegen innerer Angelegenheiten auf die Fe zu treten.Haleb hatte sich nicht getuscht. Rachmud sa bei den Mnnern am offenen Kamin. Er hatte ihn nur einmal gesehen whrend einer Versammlung zu Zogors Zeit, aber er erkannte ihn sofort wieder.Er war ein groer, hagerer Mann mit dunklem, kaum schulterlangem Haar, einem vollen Bart und einem schmalen Mund, der von Hrte und Gnadenlosigkeit kndete. Sein Blick war stechend durchdringend. Haleb fhlte unwillkrlich Schauder, als diese nun fast schwarzen, von einem fanatischen Feuer belebten Augen ihn maen. Drei Dutzend Sommer mochte der Heggare alt sein, und zweifellos war er der lteste unter den anwesenden Mnnern. Sie alle musterten ihn mehr oder weniger grimmig, als ihn die Wachen auf die Gruppe am Kamin zuschoben.Die Spur eines Grinsens war auf Rachmuds Gesicht, als er sagte: Von allen, die ich heute gern in die Finger bekommen htte, warst du der allerletzte, Haleb.Was soll ich denn hier? entgegnete der Siliker.Wir wollten alle den Idioten bei Licht sehen, der zweimal in dieselbe Falle rennt, meinte einer der Mnner, und die Runde lachte lauthals. Auf ein Zeichen Rachmuds allerdings schwiegen sie so abrupt, als wre ihnen das Lachen im Hals steckengeblieben.Es ist in der Tat amsant, stellte er fest, aber mir ist im Gegensatz zu diesen Tlpeln klar, da du kein Dummkopf bist. Du whntest lediglich, da wir vor den heranrckenden Wachen die Flucht ergriffen htten. Um die Neugier in deinen Augen zu befriedigen, will ich dir auch noch sagen, da die Wachen unsere eigenen Mnner waren. Die echten lagen seit geraumer Weile gut verschnrt in einer Kammer. Auch verspreche ich dir, da meine Mnner am Morgen fr die Respektlosigkeit bestraft, werden, mit der sie dem Daikan der Siliker begegneten Die Mnner um ihn wurden merklich bla, besonders jener, dem die Bemerkung mit dem Idioten entschlpft war.Soviel kann ich dir zur Erhaltung deiner Ehre garantieren. Was allerdings die Erhaltung deines Lebens betrifft, so liegt das vollkommen in deiner Hand. Das klang kalt und drohend, trotz, oder vielleicht gerade wegen der Beilufigkeit, mit der er es sagte.Was willst du von mir? fragte Haleb. Er hatte keine Furcht. Rachmud schien etwas von ihm zu wollen. Das verbesserte seine Lage wesentlich. Unaufgefordert und ohne um Erlaubnis zu fragen, setzte er sich und rieb seine leicht schmerzenden Handgelenke.Ich will den Mantel, erklrte Rachmud unbewegt.Du willst ihn stehlen? entfuhr es Haleb.Rachmud lchelte. Ich mu ihn fr eine Nacht haben. Und du wirst mir dazu verhelfen.Wie stellst du dir das vor? begann Haleb.Einfach genug, Siliker. Die kleine Wildkatze, die bei dir war, wird ihn uns bringen Ihr habt sie also nicht erwischt, stellte Haleb mit Genugtuung fest.Der Heggare nickte ungerhrt. Sie wird trotzdem tun, was ich verlange. Es mag ihr nicht gefallen, mit den kleinen Stcken vorlieb zu nehmen, die ich ihr von dir senden werde. Ein Ohr vielleicht zu Beginn. Das ist noch kein groer Schaden und doch ein groer Anreiz, meinem Wunsche zu entsprechen. Was meinst du?Haleb gab keine Antwort. Er prete nur die Lippen aufeinander, da sie ein schmaler Strich waren. Nach einem Augenblick knurrte er: Wie soll sie das bewerkstelligen?Das ist ihre Sache. Sie wird ihn finden, oder Finden? fragte Haleb berrascht. Ist er verloren ?Das nehme ich nicht an. Ich hoffe es um deinetwillen nicht. Wir fanden ihn nicht, weder im Thronsaal, noch in den Gemchern der Knigin, wo er blicherweise aufbewahrt wird. Vielleicht befindet er sich wieder in der Schatzkammer. Es blieb uns nicht genug Zeit, es herauszufinden. Auerdem hatten wir dich, das vereinfachte alles. Das Risiko ist nun deines und das des Mdchens, nicht mehr unseres. Und nun gib mir etwas, das sie wiedererkennen wird.In Haleb jagten sich die Gedanken. Ihm war durchaus klar, da es wenig ntzte, sich zu widersetzen. Sie waren in der Lage, sich zu nehmen, was er nicht freiwillig gab. Vielleicht bot sich spter ein Weg zur Flucht.Nimm mein Schwert, sagte er deshalb. Sie wird es erkennen.Der Heggare nickte. Dann winkte er den drei Mnnern. Ich sehe, du bist vernnftig. Das ist gut. Bringt ihn nach oben und schliet ihn ein. Zwei stehen Wache. Eure Kpfe rollen, wenn er entkommt!Die Mnner zerrten Haleb hoch und im Hintergrund des Raumes auf eine Treppe zu. Einen Augenblick lang erwog er, sich loszureien und die Eingangstr zu erreichen zu versuchen, aber die Chance, da er sie lebend erreichte, war zu gering. Selbst wenn er tot war, konnten sie Dajna Teile von ihm senden. Es war berhaupt fraglich, ob sie ihn am Leben lassen wrden, nach allem, was er gesehen hatte und wute. Aber ohne Waffen hatte eine Flucht keinen Sinn. Er konnte sich nicht einmal gegen die Gefahren der Wildnis zur Wehr setzen. Es gab Berglwen und andere Raubkatzen in dieser Gegend.Nein, es war besser, wenn er abwartete. Seine Chancen konnten sich nur verbessern.Sie stieen ihn ber eine schmale Treppe hoch und in einen kleinen Raum. Die Tr fiel hinter ihm zu, und ein Riegel wurde knirschend vorgeschoben. Stimmen waren noch kurz zu hren, dann wurde es still.Der Raum besa ein Fenster. Es war unvergittert, aber er sah gleich darauf, da eine Flucht daraus nicht zu schaffen war. Die Mauer war glatt und fugenlos und machte ein Hinabklettern unmglich. Ein Sturz aus dieser Hhe bedeutete den sicheren Tod.Der Raum enthielt eine alte Truhe, eine Bank und einen kleinen Tisch. Er brachte eine Weile damit zu, die Truhe zu ffnen, doch gelang es ihm nicht. Schlielich streckte er sich auf der Bank aus, als er sich erinnerte, da er in dieser Nacht noch kein Auge zugetan hatte.Was wollte Rachmud mit dem Mantel? Die Frage beschftigte ihn eine Weile, whrend die Mdigkeit ihn berschwemmte. Hatte auch der Heggare Ambitionen auf den myranischen Thron? Natrlich, warum nicht! Und er wollte offenbar klger sein als die anderen und das Geheimnis herausfinden!Wenn der Mantel sich nicht in ihren Gemchern befunden htte, wre er nun bereits in Rachmuds Hnden.Er fragte sich, was Dajna tun wrde. Eines war jedenfalls sicher. Er grinste bei dem Gedanken. Rachmud unterschtzte sie bei weitem. *

Er kam nicht zum Schlafen.Gerade als er resigniert am Einnicken war, vernahm er seltsame Gerusche vor der Tr zu seiner Kammer. Er sprang auf und schlich zur Tr und prete das Ohr dagegen. Irgend etwas ging drauen vor. Er hielt den Atem an. Jemand keuchte, sthnte und war still. Eine Stimme flsterte: He, Kalwin, was war das?Das mute einer seiner Wachen sein. Kalwin gab keine Antwort.Kalwin! rief der andere halblaut. Und einen Augenblick spter: Groer!Ein dumpfer Schlag folgte, und der Gott, den der Posten anrufen wollte, blieb ungenannt.Whrend er noch verwirrt dastand, mit dem Ohr am Holz, wurde der Riegel hochgeschoben. Er wich zurck, als die Tr auf glitt.Haleb? flsterte eine Stimme, die von allen am willkommensten war.Dajna! entfuhr es ihm erleichtert. Er streckte die Arme nach ihr aus und tastete in der Finsternis. Er vermochte sie nicht zu sehen, obwohl Mondlicht durch das Fenster kam und schwacher Fackelschein von auerhalb der Kammer.Hier bin ich, seufzte sie und erschien wie durch Zauberei vor ihm. Matra, keinen Augenblick lnger htte ich das Ding ertragen.Jetzt erst fiel ihm auf, da sie etwas von den Schultern zog.Den Mantel!Aber ohne ihn, fuhr sie fort, wre es viel schwieriger gewesen Sie lchelte und kte ihn. Verzeih mir, da ich dich so lange schmachten lassen mute, aber sie hatten berall Wachen, und vollkommen unsichtbar macht der Mantel nicht. Man mu wohl sein Geheimnis kennen, um ihn ertragen und benutzen zu knnen. Aber jetzt sollten wir uns beeilen. Bist du bereit?Habe ich dir schon gesagt, da ich dich bewundere, flsterte er.Ich werde darauf zurckkommen, wenn wir erst wieder in Myra sind, mein Liebster. Aber nun mssen wir uns beeilen. Du weit, da die Knigin den Mantel braucht, bevor die Sonne aufgeht. Komm Sie schlichen nach unten. Der Hof schien leer, aber Dajna hielt ihn zurck. Gegenber steht ein Wachtposten. Wenn er nicht schlft, hat er diesen Eingang genau im Auge. Einer von uns mu im Mantel hinaus und dafr sorgen, da er schlft. Du, Hal. Denn mich bringen heute keine zehn Pferde mehr in diesen verfluchten Mantel.Er nickte und nahm den Mantel und den Dolch, den sie ihm reichte.Du mut das Mondlicht vermeiden, warnte sie. Der Mantel beginnt manchmal zu schillern. Dann ist er deutlich zu erkennen. Aber im Schatten ist er kaum zu sehen. Gib acht auf dich.Er drckte ihre Hand und verschwand nach drauen. Es war ein seltsames Gefhl, denn er kam sich nackt und schutzlos vor, whrend er die dunkleren Teile des Hofes entlangschlich. Aber niemand schien ihn zu bemerken.Aus dem Hauptgebude kamen grlende Stimmen. Rachmud und seine Kumpane waren offenbar noch am Zechen. Der Mond stand bereits ziemlich tief am Himmel. Mitternacht war lngst vorbei.Undeutlich sah er vor sich den Wachtposten. Er lehnte gegen einen Balken und bemhte sich wach zu bleiben, was ihm seinem Mienenspiel nach zu schlieen, nicht leichtfiel. Er war viel zu sehr damit beschftigt, als da er den Heranschleichenden bemerkt htte mit oder ohne Tarnmantel. Haleb lie sich Zeit. Erst als er so nah war, da der andere seine Anwesenheit instinktiv zu spren begann, schlug er mit dem Dolchknauf zu. Lautlos lie er die schlaffe Gestalt zu Boden gleiten.Alles war ohne einen verrterischen Laut geschehen. Er war sehr zufrieden mit sich. Aber der Mantel fing an zu jucken und zu brennen. Hastig sah er sich um.Wenn es weitere Wachtposten gab, wren sie sicher Dajna bereits aufgefallen. Er bi die Zhne zusammen. Der Mantel begann verdammt ungemtlich zu werden. Sie muten sich beeilen.Er lief zurck. Das Mdchen kam ihm erleichtert entgegen. Zu den Pferden! Die Stlle sind dort drben. Ich werde zwei holen. Kmmere du dich um das Tor Haleb schttelte den Kopf. Das ist zu riskant. Sie werden uns folgen, und sie kennen die Gegend besser. Wir mssen alle Pferde mitnehmen.Sie nickte.Er schlich zum Tor. Ein weiterer Wachtposten lehnte dort. Er war wacher als sein Vorgnger, aber er bemerkte den heranschleichenden Siliker erst, als es bereits zu spt war -obwohl Haleb, der sich in dem Mantel bereits uerst unbehaglich fhlte, keine besondere Vorsicht mehr walten lie.Er zerrte den Betubten an die Mauer und ffnete das Tor weit. Das ging alles andere denn lautlos.Die Zecher verstummten.Haleb lief zu den Stllen und zurck und erreichte sie, als die Tr des Hauptgebudes aufging und einige Mnner ins Freie strmten.Dajna, rasch! rief Haleb keuchend und ri die Stalltren weit auf.Heeejjjaaaaahhh! Vorwrts, ihr Biester! rief das Mdchen, und Haleb fiel mit anfeuernden Rufen ein. Die Pferde drngten sich einen Augenblick im Stalleingang lange genug, da die beiden aufsitzen konnten. Wiehernd galoppierten sie ber den Hof, wo die berraschten Mnner schlagartig nchtern wurden. Aber sie kamen zu spt. Einer erreichte die Tiere und versuchte Dajna zu fassen, aber eines der nachfolgenden Pferde trampelte ihn zu Boden.Dann waren sie durch das Tor und hatten Mhe, sich in der felsigen, zerklfteten Umwelt zurechtzufinden. Die hastigen Blicke, die sie zurckwarfen, zeigten ihnen immer mehr zuckende Fackeln. Aber sie verschwanden bald auer Sicht.Nach einer guten Reitstunde lieen sie die brigen Pferde frei. Als sie Myra erreichten, war der erste Schimmer der Morgendmmerung am Himmel.

3.

Da sie nach dieser Flucht einen reichlich verwilderten Eindruck machten, zudem ohne Schuhwerk ritten und berhaupt seltsam gekleidet waren, zgerten die Palastwachen am Tor, sie einzulassen. Auch starrten sie verblfft auf Halebs Pferd, das, wie sich bei Licht zeigte, einen kostbaren Sattel trug, der mit Wappen und Insignien Rachmuds verziert war. Er hatte in der Dunkelheit ausgerechnet das Pferd des Heggaren erwischt! Bevor die erstaunten Wachen, die das Pferd offensichtlich erkannten, eine Bemerkung machen konnten, gab er ihm einen krftigen Schlag auf den Rcken, da es wiehernd die Strae hinabjagte und in der Nacht verschwand.Nun, lt du uns endlich ein? knurrte Haleb. Ich sagte dir bereits, da uns die Knigin erwartet.Die erhabene Knigin erwartet niemanden um diese nchtliche Zeit. Wenn Ihr der Probe beiwohnen wollt, mt Ihr bei Sonnenaufgang wiederkommen. Vorher drfen keine Neugierigen in den Palast.Ohne uns wird es heute keine Probe geben, erklrte Haleb geduldig. Bist, du neu hier, da du den Daikan der Siliker nicht kennst?Der wollt Ihr sein? Mir ist schon manche Anmaung unterge Er brach ab und sah den Siliker genauer an. Aber Ihr seht ihm hnlich, und das sind die schlimmsten. Ihr rhrt Euch nicht vom Fleck, bis ich vom Kommandanten Befehl erhalten habe, was mit Euch zu tun ist. Kowal! Er winkte dem zweiten Posten zu, der in der Nhe des Tores stand und wartete, bis der heran war. Pa auf die beiden auf. Der Kommandant soll das entscheiden Welche beiden? brummte Kowal. Oder meinst du das Pferd?Der erste Posten fuhr herum. Auch Haleb sah sich berrascht um.Dajna war verschwunden. Sie mute den Mantel umgelegt haben.Wo ist das Mdchen? entfuhr es dem Posten.Welches Mdchen? fragte Haleb und konnte sich ein Grinsen nicht ganz verbeien.Der Posten starrte ihn wtend an, Wollt Ihr mich zum Narren machen? Erst das Pferd und nun das Mdchen Pferd? Mdchen? meinte Kowal. Ist alles in Ordnung mit dir?Ach, halt den Mund! rief der Posten wtend. Ich werde Aber niemand sollte seine Absichten erfahren, denn in diesem Moment kamen hastige Stimmen aus denn Palastinnern, und Fackellicht flammte da und dort auf. Dajna kam in Begleitung eines Mannes an die Tr, der mit erregter Stimme schnarrte: Lat ihn 'rein, ihr Narren!Haleb wartete nicht darauf, bis die verblfften Posten sich besannen. Kmmert euch um das Pferd, brummte er und eilte auf Dajna zu.Der Kommandant ist bereits auf dem Weg nach oben. Die Wachablsung sollte erst jetzt am Morgen erfolgen. Sie wissen noch gar nichts. Sie haben nichts bemerkt.Dann werden sie eine berraschung erleben, bemerkte Haleb.Hast du jemandem gesagt, da Rachmud hinter der ganzen Sache steckt?Sie schttelte den Kopf. Nein.Gut. Auer der Knigin und Partho braucht es vorerst niemand zu wissen. Die Knigin wre sonst wohl gezwungen, gegen ihn vorzugehen. Das knnte in der augenblicklichen Lage unabschtzbare Folgen haben. Auerdem lassen wir so Rachmud im unklaren und finden so besser heraus, was er plant.Das Mdchen nickte. Aber es ist nicht ungefhrlich.Das ist es in keinem Fall.Die Wachen kamen von oben und brachten ihre bewutlosen Kameraden, ein Dutzend an der Zahl. Sie lebten und waren unverletzt, und die Gtter mochten wissen, wie es Rachmud und seinen Mnnern gelungen war, die Wachen so grndlich und nachhaltig auer Gefecht zu setzen. Sie waren jedenfalls nicht niedergeschlagen worden. Man versuchte sie zu sich zu bringen, indem man sie ins Gesicht schlug und mit kaltem Wasser bergo. Aber das brachte alles nicht die erwnschte Wirkung. Sie regten sich nicht. Der Kommandant sah bald ein, da nichts weiter brigblieb, als abzuwarten, bis sie von selbst aufwachten.Partho war auch verstndigt worden. Seine besorgte Miene erhellte sich, als Haleb ihm zu verstehen gab, da alles geklrt sei. Er hielt den Wachkommandanten an, verstrkte Wachsamkeit walten zu lassen und vorerst Stillschweigen ber die Vorkommnisse zu bewahren.Haleb und Dajna berichteten Partho, was vorgefallen war. In der Zwischenzeit hatten die Wachen auch die Schuhe gefunden, worber Haleb und Dajna sehr erleichtert waren.Partho war sehr nachdenklich. Ich dachte mir schon, da es mit Rachmud noch rger geben wrde, stellte er fest. Er war es, der im Konzil der Daikane am strksten fr dieses alte Gesetz eintrat, und der alle anderen wieder aufwiegelte, wenn sie sich besnftigen lieen. Er ist sehr oft hier und sieht sich die Proben genau an. Niemand wei, was in seinem Schdel vorgeht. Er hat sich bisher nicht selbst fr die Probe angemeldet, aber niemand hegt Zweifel daran, da er es tun wird. Er ist auf den Thron scharf. Der Zwiespalt frit ihn auf. Auf der einen Seite freut ihn jeder Mierfolg der Daikane, auf der anderen frchtet er nichts mehr, als da es ihm hnlich ergehen knnte. Spott ist etwas, das er am wenigsten vertrgt. Daher will die Ratte ganz sichergehen. Wir mssen den Mantel gut bewachen. Es knnte wohl sein, da er etwas herausfindet, das uns bisher entgangen ist. Es heit, da er sich nicht nur auf sein Schwert verlt. Man flstert von Vorgngen in seinem Schlo Zauberei? fragte Haleb.Partho nickte. Es scheint so. Wir drfen ihn nicht unterschtzen. Aber ihr mt verdammt mde sein nach dieser milichen Nacht. Schlaft bis zum Mittag. Talferas wird seine Probe bald beginnen. Er wird nicht vor dem Mittag aufgeben. Sein Stolz wird es nicht zulassen, da er frher aufgibt als Totamas. Wenn Rachmud kommt, werde ich ihn im Auge behalten. Ich werde die Knigin unterrichten und dafr sorgen, da Wachen den Korridor im Auge haben, in dem sich eure Gemcher befinden. Ich glaube nicht, da er am Tage etwas wagen wird. *

Alptrume qulten Haleb, bis er gegen Mittag aufwachte. Auch Dajna wlzte sich unruhig neben ihm. Wie er sprte auch sie instinktiv, da Gefahren bevorstanden.Haleb warf einen Blick auf den Korridor und entdeckte vier Wachen. Er bat, da man etwas zu essen brachte und da man Partho von ihrem Erwachen verstndige.Kaum da sie angekleidet waren, erschien Knigin Amee selbst. Sie war sehr erleichtert, als sie sah, da alles zum besten um die Freunde stand. Whrend sie aen, erfuhren sie, was sich inzwischen zugetragen hatte.Rachmud war nicht erschienen, um der Probe Talferas', des Daikans von Malot, beizuwohnen. Der Audienzsaal war voll von Neugierigen. Talferas' beiender Spott whrend der vorangegangenen Proben hatte Wut und Neugier bis zum Siedepunkt geschrt. Wenn einer das Maul so voll nahm, dann mute er sich verdammt sicher fhlen. So war seit Tagen das gepflgelte Wort: Wenn einer es schafft, dann Talferas! Er wute wohl auch, da sie seiner am meisten spotten wrden, wenn er versagte.Talferas' Probe erfllt Euch mit Besorgnis, nicht wahr? fragte Dajna.Die Knigin nickte zustimmend. Er wird nicht aufgeben. Er wei, da es sein Ende ist, wenn er aufgibt. Bereits jetzt leidet er Hllenqualen. Es ist furchtbar. Manchmal bin ich nicht sicher, ob es recht war, diese Probe zu fordern. Sie ist grausam nicht nur whrend dieser Qualen selbst, auch danach. Spott mag qulender sein fr einen Mann als der SchmerzNiemand zwingt sie dazu, widersprach Dajna.Niemand, und doch etwas ihre Ehre. Nicht alle tun es, weil die Gier auf diesen Thron sie treibt. Es ist eine Herausforderung fr jeden unverheirateten Frsten. Manche kommen, weil sie mich begehren. Andere, weil sie sich in ihrer Ehre verpflichtet fhlen, diese Probe fr mich, fr ihre Knigin, der sie ergeben sind, auf sich zu nehmen. Ihnen gilt meine Sympathie. Und die Niederlage, der verletzte Stolz mag manchen Freund in einen Feind verwandeln. Sie schttelte den Kopf nachdenklich und nagte an ihrer Unterlippe. Totamas stand immer an meiner Seite, auch im Rat. Aber nun bin ich mir seiner nicht mehr so sicher. Etwas Fremdes ist in seinen Augen. Er spricht zu sich von Bildern, die in seinem Geist sind. Einer, der seinen Worten lauschte, kam zu mir leichenbla und berichtete mir davon. Er vermochte Totamas' Worte nicht zu wiederholen, aber sie hatten ihn mit groem Entsetzen erfllt.Es gibt berall furchtsame Narren, meinte Haleb wegwerfend. Ich hatte vor, mit Totamas zu sprechen. Ich werde es gleich tun, bevor Rachmud zuvorkommtDer sprach bereits mit ihm. Kurz nach der Probe. Sie saen eine Weile beisammen, wie mir meine Mnner berichteten, und Rachmud war es, der in der Hauptsache redete.Das kann ich mir denken, fluchte Haleb.Ein Bote brachte eine Nachricht, die die Knigin erbleichen lie.Frst Talferas tobt, berichtete der Mann aufgeregt. Er hat einem Eurer Mnner einen Schild entrissen und auf den Thronstuhl geschleudert. Ihr wret jetzt tot, wenn Ihr dort gesessen httet. Dank sei den Gttern, erhabene Knigin Hat er den Mantel abgelegt? fragte Haleb rasch.Nein, Herr. Aber er wtet wie ein Berserker!Diese Narren , murmelte Dajna. So mutig und so dumm! Aber ich wollte, es gbe ein paar ihrer Sorte in KathmahzarHaleb lchelte. Du vergit eines, mein Liebling, sagte er. Dort ist nicht die Sorte von Frauen, fr die sie so mutig und so dumm wren Nicht mehr! fgte er rasch hinzu. *

Der Thronsaal bot das seit mehreren Monden gewohnte Bild. Aber fr Haleb und Dajna war es neu. Ein Herold verkndete die Ankunft der Knigin und der neuen Gste. Die Anwesenden erhoben und verneigten sich. Partho kam der Knigin entgegen.Ihr habt gehrt, was geschehen ist? fragte er.Sie nickte unmerklich.Wollt Ihr, da die Probe abgebrochen wird?Nein, Partho, es wre nicht fairAch, fair oder nicht, es ist Euer Leben, das bedroht ist. Ich habe Bogenschtzen postiert. Sie werden schieen, wenn nur eine falsche Bewegung gegen den Thron geschieht. Und das werdet Ihr mir nicht ausreden!Gut, Partho, sagte sie zgernd. Ich bin einverstanden. Sie bot ihm den Arm, und er fhrte sie zum Thron. Alle nahmen wieder Platz.Haleb betrachtete die Gestalt, die abseits sa reglos und gut sichtbar, denn der Mantel hatte aufgehrt, seinen Trger zu verbergen. Er hatte eine schwrzliche Frbung angenommen. Talferas' Gesicht war totenbla, seine Augen geschlossen, sein Mund zusammengekniffen, seine Hnde zu Fusten verkrampft -als wollte er in sich nach Kraft suchen.Dajna umklammerte schmerzhaft seinen Arm. Haleb wandte sich schaudernd ab. Er betrachtete die brigen Anwesenden, die in ihren festlichen Gewndern an den Tafeln saen, aen und tranken und sich unterhielten, als wre das nichts, das vor ihren Augen geschah. Haleb dachte daran, da diese Proben seit mehreren Monden stattfanden und inzwischen wohl den Reiz der Neuheit verloren hatten. Bis auf die Augenblicke, da sie zu Ende ging. Und sicherlich war es nicht ohne Bedeutung, wer diese Probe lnger ertrug. Er fragte sich, ob es nach all diesen Fehlschlgen noch Anwrter gab, die wirklich erhofften, oder glaubten, diese Probe bis zum Ende durchzustehen.Er wandte sich an Dajna. Sieh dich um und halte Ausschau nach Rachmud. Ich werde mit Totamas reden.Ja, Hal. Wenn du siehst, da ich mit der Hand an mein Ohr greife, dann habe ich eine Nachricht fr dich.Er nickte unmerklich und steuerte auf eine der vordersten Tafeln zu, an der er den Iwarenknig entdeckt hatte. Neben ihm sa Beomar, ein Enkel Totamas', den er bereits aus jungen Tagen kannte. Der Junge, er mochte an die achtzehn Sommer zhlen, winkte Haleb erfreut zu im Gegensatz zu Totamas, der ihm gleichgltig entgegenblickte.Die Gtter mssen mit dir sein, Haleb, rief der Junge mit erleichtertem Grinsen. Du bist das erste freundliche Gesicht, das ich hier sehe Er machte auf der Bank Platz fr den Siliker. Ich bin froh, da du hier bist. Es gab gestern bereits Gerchte von deiner Ankunft, und da du eine weite Reise hinter dir hast im Auftrag der Knigin. War da nicht ein Mdchen an deiner Seite vorhin ? Setz dich. Mein Onkel erwacht zuweilen aus seinem Trbsinn, in den er seit gestern verfallen ist, weil er diesen Mantel nicht bis zum Schlu ertragen hat. Ich finde es ja gut, da ihn nur der tragen kann, dem er gehrt. Den gleichen Zauber knnte ich fr mein neues Schwert gebrauchen, von dem meine Brder nicht die Finger lassen wollen. Setz dich dochHaleb lchelte. Er kannte den berschwenglichen Redeflu des Jungen. Du hast recht, Beo, die Gtter waren mit mir, und das war auch ein Mdchen an meiner SeiteTotamas sah auf und schien Haleb erst jetzt wahrzunehmen. Die Freude ber das Wiedersehen war seiner Miene wohl abzulesen, aber es war, als wre es unter einem Berg begraben.Haleb, sagte er unsicher. Er wandte den Blick wieder Talferas zu, dessen nun verzerrtes Gesicht deutlich zu erkennen war. Sieh ihn dir an, murmelte Totamas. Jetzt kommen die Bilder sie werden ihn genauso fertig machen wie mich. Sie sind schlimmer als der Schmerz Bilder? wiederholte Haleb.Ja, Haleb. Man merkt erst gar nicht, da dieser Saal verschwunden ist. Nichts ist um einen. Gar nichts. Schwrze. Und man fllt. Man glaubt, man fllt in einen Abgrund ohne Ende. Und pltzlich steht man wieder hier zwischen diesen Gaffern, und alles dreht sich. Sieh, wie er wankt. Der Narr gibt nicht auf!Ein Narr wie du, Totamas, sagte Haleb grinsend, aber er war beeindruckt von den Worten des Iwaren.Totamas hrte ihn gar nicht. Er hatte nur Augen fr Talferas. Haleb sah sich um. Er bemerkte den schlohweien Kopf Konglis, des Dainkans von Meynaral nicht weit vom Thron, und neben ihm den geschorenen Schdel Sungurs, des Ermunokers. Dajna vermochte er nicht zu entdekken. Besorgt wandte er sich an Beomar. Ich brauche deine Hilfe, Beo.Der Junge sah ihn erstaunt an. Dann nickte er aufgeregt.Du mut vorsichtig sein. Es ist nicht ungefhrlich.Die Begeisterung des Jungen stieg. Was ist es?Erinnerst du dich an das Mdchen, das bei mir war?Beomir nickte.Ich mchte, da du sie findest und im Auge behltstDer Junge schien ein wenig enttuscht. Rasch fuhr Haleb fort: Ich mu wissen, mit wem sie zusammen ist und wer sich in ihrer Nhe herumtreibt Oh, du bist eiferschtig?Nein. Aber es knnte sein, da man sie entfhren will.Entfhren? entfuhr es dem Jungen. Ist sie so wichtig? Wer ist sie? Ich mu unbedingt etwas ber sie wissen, wenn ich ihr auf den Fersen bleiben soll.Aber sei vorsichtig, hrst du. Und tritt ihr nicht zu nahe. Sie hlt nicht sehr viel von unseren Sitten. Sie ist eine KatmahzariEine Amazone? Eine echte Amazone ?Haleb nickte lchelnd. Und noch etwas. Wenn sie mit der Hand an ihr Ohr greift, dann bedeutet das etwas, das ich besser wissen sollte. Aber du riskierst nichts, was auch passiert, versprich mir das. Und du kommst sofort, wenn etwas geschieht, das dir seltsam vorkommt.Beomar nickte und war verschwunden.Was hast du mit dem Jungen vor, sagte Totamas unvermittelt.Ich brauche seine Hilfe. Und ich brauche auch deine Du hast etwas vor, und du bist voller Unruhe. Was hat es mit der Katmahzari zu tun?Sie bedeutet mir sehr viel, und sie ist in Gefahr. Wir sind alle in Gefahr. Auf welcher Seite stehst du?Es gab Zeiten, da warst du diplomatischer, HalebWir sind Freunde, Totamas. Was sollte ich dir vorheucheln?Totamas starrte ihn lange an. Schlielich sagte er mde: Du hast recht, Haleb. Diese Probe hat aus mir einen Greis gemacht. Nicht uerlich, ich wei, aber im Kopf ist mir, als htte ich ein volles Leben hinter mir, und nicht nur eines. Mein Herz ist alt, Haleb, noch nicht gebrochen, aber steinalt. Und nun sehe ich an seinen Augen, wie es ihm geschieht. Er deutete auf den noch immer reglos dasitzenden Talferas, an dem der Mantel wieder zu verschwimmen begann. Das Schwarz lste sich auf, wurde durchsichtig mit nichts dahinter nur Leere. Auch Talferas selbst wurde wie eine Gestalt aus Nebel dnner und dnner, bis nur noch die Augen brannten, als hingen sie wesenlos unter der schwachschillernden Kapuze.Wimmern erfllte pltzlich den Saal. Die kaum noch sichtbare Gestalt krmmte sich.Es sind wieder die Bilder. Wenn einer bis zum Mittag ausgehalten hat, sprt er kaum noch Schmerzen. Es sind nur die Bilder, die ihn verrckt machen. Und die Gedanken fremde Gedanken, die sich einschleichen und flstern, flstern Er schttelte sich. Warum verlangt sie das nur?Haleb ri sich vom Anblick der gepeinigten Gestalt los. Wer verlangt was?Die Knigin, murmelte Totamas. Warum fordert sie ihre Gefolgsleute zu solch einer Teufelsprobe heraus?Das tut sie nicht, erwiderte Haleb.Nein? meinte der Iware mit einem trockenen Lachen.Nein, wiederholte Haleb fest. Es ist nur Euer Stolz, der Euch das glauben lt.Meinst du? widersprach Totamas. Dann la dir sagen, da man als Feigling gilt, wenn man es nicht tut. Und die Knigin mte die Versicherungen meiner Treue in diesen unsicheren Tagen als puren Hohn empfinden, wenn ich nicht auch bereit gewesen wre, fr sie bei dieser Probe meine Kraft zu messen. Ich bin ohne Weib, und sie mte glauben, ich verschmhte sie Denken alle so wie du? fragte Haleb.Das wei ich nicht. Aber von vielen wei ich es Da die Ehre sie treibt, und nicht die Gier auf den Thron, da der Knig fort ist, und es ein leichtes Spiel scheint?Er sah den Siliker an. Es gibt auch solche, die den Thron haben wollen um jeden Preis. Rachmud will ihn. Und Talferas und ein halbes Dutzend andererUnd dir und den anderen ist nie der Gedanke gekommen, da diese Probe nur den Zweck hat, diese Thronhaie in ihre Schranken zu weisen?Totamas starrte ihn an. Du denkst auch, da der Knig wiederkommt?Haleb nickte.Hatte deine Fahrt mit dem Knig zu tun?Ja.Hast du ihn gesehen?Halelb schttelte den Kopf. Wir fanden seine Spuren, und wir fanden alle Zeichen der Seherin besttigt. Alle ihre Worte stimmten. Und sie sagte auch: Der Knig lebt!Der Iware schwieg. Schlielich sagte er: Es ist dieses alte Gesetz Das Rachmud gerade rechtkam. Und ihr hattet nichts Besseres zu tun, als ihn zu untersttzen Wir untersttzten ihn nicht. Aber die Mehrheit war fr dieses alte Gesetz Ein altes Gesetz! Seit drei Sommern ist dies ein neues Myranien mit vielen neuen Gesetzen. Warum weigertet ihr euch nicht, es anzuerkennen? Wollt ihr wahrhaftig, da einer wie Rachmud Knig ber Myranien wird? Zogors Zeiten wren rasch wieder da, und alle Tyrannei htte einen neuen Beginn.Totamas gab keine Antwort. Er starrte auch nicht mehr auf die sich windende Gestalt in der Mitte des Saales. Er sa versunken da. Haleb strte ihn nicht. Er sah wieder zu den Tauruniern, die ihn noch nicht entdeckt hatten. Er bemerkte Dajna nicht weit von ihnen und atmete auf. Sie sah nicht zu ihm her. Sie schien eine Tr zu beobachten. Keine zehn Schritte von ihr entfernt entdeckte er den Jungen, der kein Auge von Dajna lie.Nun, wie ist es? begann Haleb schlielich. Warten wir, bis die Welt ber uns zusammenstrzt, oder unternehmen wir etwas?Totamas nickte langsam. Du warst schon immer ein Trumer, Haleb. Aber ob der Knig nun lebt oder nicht ich wre nie Rachmuds Vasall. Es ist an der Zeit, einige Gesprche zu fhren. Er erhob sich und winkte Haleb beruhigend zu.Der Siliker starrte ihm befriedigt nach, wie er sich an die nchste Tafel begab und dort auf den Daikan der tarkanischen Stmme einredete.Er erhob sich und begab sich zu Sungur und Kongli, die ihn lautstark begrten. Auch Dajnas Aufmerksamkeit richtete sich auf die Tafel. Haleb winkte ihr zu, und sie kam an den Tisch. Haleb stellte sie den beiden Frsten der verbndeten taurunischen Stmme vor, und die erkannten das Mdchen augenblicklich wieder.Ist das nicht die kleine Sklavin, die vor Zogars Augen um unseren Tisch tanzte, als Er brach ab, und seine Miene verdsterte sich. Sie dachten mit Grimm an diesen Tag, da zwei von Halebs treuesten Gefolgsleuten durch die kalte Willkr des Knigs in diesem Saal einen grausamen Tod gefunden hatten.Ja, sagte Haleb. Sie ist es. Und sie rettete mich damals aus dem Kerker des Knigs.Talferas' Schreie unterbrachen ihr Gesprch. Sie blickten gebannt auf den Mantel, dessen ueres schillerte und zu zerflieen schien. Nach einer Weile beruhigte sich Talferas wieder und sa still auf seinem Stuhl.Dajna zog Haleb zur Seite. Ich werde beobachtet.Von wem?Ein Junge, erklrte sie. Ich wei nicht, was er will, aber er ist beharrlich. Zweimal versuchte ich ihm zu entwischen, ohne Erfolg. Und einmal versuchte ich mit ihm zu reden auch ohne Erfolg. Er beginnt mich zu beunruhigen Haleb grinste. Der dort? Er deutete auf Beornar, der scheinbar unbeteiligt in einiger Entfernung stand.Ja, der. Warum lachst du?Ich ahnte nicht, da der Bursche so gut ist. Dem habe ich befohlen, ein Auge auf dich zu haben Du? Sie sah ihn erstaunt an.Oh, nur damit ich wei, fr welche Mnner du dich interessierst, wo du schon einmal auf den Geschmack gekommen bist, erwiderte er grinsend.Sie lchelte. Dann wird dieser Bericht sehr drftig ausfallen, meinte sie bedauernd. Ich habe nmlich immer nur einen angeblickt,Das ist am schlimmsten, mein Liebling. Wer ist es? Gestehe!Jener athlethisch gebaute Halbgott nahe der Tr.Haleb sah sich unauffllig um. Am Eingang steht niemand auer den Wachen, stellte er fest.Nicht der Eingang. Die kleine Tr links hinter dem Thron. Der Mann steht nun fast davor.Haleb sah sich den Genannten an und schttelte den Kopf. Dort stand ein schmchtiger, krummbeiniger Bursche. Wenn du den meinst, den ich sehe, dann mgen seine krummen Beine von der Last seines schlechten Gewissens herrhren, aber Muskeln hat er nie besessen. Was ist mit ihm?Dajna vermochte ihr Lachen nur mhsam zu verbeien. Schlielich sagte sie: Seit wir hier sind, treibt er sich in der Nhe dieser Tr herum als warte er auf etwas.Wohin fhrt diese Tr?Auf einen Korridor. Aber sie ist verschlossen. Ich hatte noch keine Gelegenheit, Partho zu befragen. Rechts neben dem Thron befindet sich eine weitere Tr mit dem Ratssaal und einem kleinen Audienzraum dahinter. Da geht die Knigin manchmal hinaus. Es stehen Wachtposten davor. Was tun wir?Abwarten und den Mann im Auge behalten. Ich werde Parthos Aufmerksamkeit ebenfalls auf ihn lenken. *

Bis zum spten Nachmittag geschah jedoch nichts, so da sowohl Dajna als auch Haleb und Partho zu der berzeugung kamen, da man wohl bervorsichtig war. Zudem stellte sich heraus, da er zur Gefolgschaft Talferas' gehrte.Talferas gab nicht auf. Der Sonnenstand zeigte, da er den Mantel bereits lnger als Totamas ertrug.Die Knigin sa bla auf ihrem Thron und lie kein Auge von ihm. Ihrer Miene war nicht zu entnehmen, was sie dachte aber in ihr mute alles kalt sein, den um die Stuhllehnen verkrampften Hnden und der Blsse ihres Gesichtes nach zu schlieen.Besonders Wagemutige schlossen die ersten Wetten ab. Es sah so aus, als gbe es fr Talferas tatschlich eine Chance, da er durchhielt. Anfeuernde Zurufe wurden laut.Als wre das Schlimmste vorbei, wurde Talferas immer ruhiger. Auch der Mantel, der whrend des ganzen Tages ohne Unterla Farbe und Sichtbarkeit stndig gewandelt hatte, wurde trger. Er hrte auf zu schillern, wurde fast farblos, da man ihn in der dmmrigen Halle kaum erkennen konnte, und vernderte sich nicht mehr erkennbar.In sich versunken und reglos, als htte er damit eine Abwehr gegen die Dmonen des Mantels gefunden, sa er, bis die Sonne hinter dem Horizont verschwand. Die Anwesenden starrten atemlos vom Fenster zu Talferas und wieder zum Fenster zurck.Die Sonne! rief einer. Sie ist untergegangen!Talferas hat es geschafft!Keiner hatte Augen fr die Knigin, die schluchzend auf dem Thron zusammensank. Die Wachen hielten die Heranstrmenden zurck. Einer forderte Talferas auf, den Mantel abzulegen. Die Probe sei vor aller Augen bestanden!Aber Talferas regte sich nicht.Zwei Wachen machten sich daran, ihm den Mantel abzunehmen. Seine Gestalt wurde sichtbar. Sie sank haltlos zusammen. Ein Raunen ging durch die Anwesenden.Erst als sie ihn hochhoben, und einer ihm mit einer Fackel ins Gesicht leuchtete, sahen sie, da seine Augen gebrochen waren. Und sie sprten, da er kalt war. Er mochte bereits seit Stunden tot sein.Sie legten ihn auf den Boden und den Mantel neben ihn. Einer der Wchter trat vor den Thron, auf dem Amee noch immer versunken sa. Sie hatte noch nicht erkannt, was geschehen war.Erhabene Knigin, Talferas, Frst von Malot, Daikan des myranischen Reiches, ist tot.Einen Augenblick herrschte lhmendes Schweigen. Dann brach ein Sturm von aufgeregten Stimmen los. Partho drngte sich durch die Wachen, um den Toten zu untersuchen. Vier Maloter Gefolgsleute lieen sich nicht abweisen. Mit grimmigen Gesichtern lieen sie sich um ihren toten Frsten nieder. Ein fnfter gesellte sich dazu. Haleb sah, da es der Mann war, den Dajna an der Tr beobachtet hatte. Er hatte offenbar andere Absichten, als um seinen Herrn zu trauern. Er bckte sich und nahm den Mantel auf. Von den Umstehenden machte keiner Anstalten, ihn aufzuhalten. Allen stak zu sehr das Entsetzen in den Gliedern. Der Mantel schien keinem wichtig.Partho! rief Haleb, aber der Lrm schluckte seinen Ruf.Whrend der Mann sich mit seiner Beute durch die dichtgedrngten Mnner und Frauen davonmachte, erreichte Haleb die beiden Wachtposten vor dem Thron, die ihren Platz nicht verlassen hatten. Er deutete auf den Fliehenden. Rasch, haltet ihn auf. Er hat den Mantel!Sie eilten hinter ihm her. Es sah aus, als wrden sie die Tr vor ihm erreichen. Auch die anderen schienen nun aufmerksam zu werden, unter anderem die Bogenschtzen, die Partho postiert hatte.Ein Pfeil ragte pltzlich aus dem Arm des Fliehenden, ein zweiter aus der Brust, der tief im Herzen stecken mute. Dennoch stie der Mann weder einen Schrei aus, noch brach er zusammen. Ohne sich um die tdliche Wunde zu kmmern, eilte er in groen Sprngen auf die Tr zu. Der erste der Thronwchter stellte sich ihm in den Weg und rammte ihm das Schwert bis zur Parierstange in den Leib. Beide taumelten unter der Wucht des Stoes.Dann geschahen zwei Dinge, die den Zuschauern Entsetzensschreie entlockten. Selbst Haleb fhlte eine Klte seinen Rcken hinabkriechen. Er hatte hnliches schon einmal in diesem Palast erlebt.Der Durchbohrte ri sich mit einem Ruck los von dem entsetzten Wachtposten. Der zweite Thronwchter verhielt mitten im Schritt, als er sah, wie sich der Mann das Schwert aus dem Leib ri und es zur Seite schleuderte. Es geschah mit gespenstischer Lautlosigkeit. Und die erstarrte Menge sah, da kein Tropfen Blut aus den grlichen Wunden flo!Der Mann schien sich der Starre der Zuschauer bewut. Er hatte es pltzlich nicht mehr so eilig. Er schien die Furcht zu genieen, die er verbreitete. Seine Bewegungen waren ein wenig eckig, als er sich herumdrehte und allen zugrinste. Er verbeugte sich spttisch.Dann lief er auf die Tr zu und durch sie hindurch, als wre sie gar nicht vorhanden.Einen Atemzug lang hielt diese Starre nach seinem Verschwinden noch an, dann kam Bewegung in den Saal. Partho berbrllte das Stimmengewirr und hetzte die Palastwachen hinter dem Fliehenden her.Auch von Haleb fiel die Lhmung ab. Feuer! durchzuckte es ihn. Das hatte auch damals geholfen, als sie tief unten in den Gewlben der Kerker Zamoc, den Magier bekmpften. Auch er hatte nicht geblutet. Auch ihm hatte ein Schwert nichts anzuhaben vermocht. Aber dem Feuer hatte dieses leblose Fleisch nicht widerstanden.Feuer! brllte er Partho zu. Nehmt Fackeln. Sie sind die einzigen Waffen !Aber es whrte eine Weile, bis die schwere Tr geffnet war. Dazu mute erst der Schlssel geholt werden. Danach war von dem Fliehenden keine Spur mehr zu entdecken. Der Korridor fhrte zu einem Nebenausgang des Palasts. Zwar standen dort auch Wachen, doch hatten diese nichts bemerkt.Der Fliehende hatte wohl den Tarnmantel angezogen und war so unbemerkt an den Wachen vorbeigekommen. Nach allem, was sie spter darber hrten, dankten sie wohl den Gttern, da sie ihn nicht bemerkt hatten.Haleb hegte keine Zweifel darber, wo der Mantel zu finden sein wrde. Da Zauberei im Spiel war, bestrkte ihn nur in seiner Vermutung. Flsterten die Menschen nicht davon, da Rachmud in seiner Burg unheiligen Beschwrungen nachging ?

4.

Die Gruppe, die kurz nach Sonnenuntergang den Palast verlie, bestand aus sechs Reitern El Haleb, Dajna, Totamas und Piran, ein Stammesfhrer der Iwaren, und zwei Huptlinge aus Malot, Tarl und Aslaf, die herausfinden wollten, was mit ihrem Bruder Meras geschehen war. Meras war es gewesen, der den Mantel gestohlen hatte. Aber nicht allein das gab ihnen Rtsel auf, mehr noch die gespenstische Art, mit der es geschehen war.Unter Halebs Fhrung ritten sie nach Sden. Dajnas starkem Orientierungssinn verdankten sie es, da sie trotz der Dunkelheit das Gebude fanden, in dem Haleb in der Nacht zuvor von Rachmud gefangengehalten worden war.Aber der einsame Hof war leer. Rachmud hatte ihn wohl nur als vorbergehenden Unterschlupf gewhlt, weil er nah an Myra lag. Aber nun, da Haleb das Versteck kannte, war es fr ihn nutzlos geworden.Nach einem kurzen Aufenthalt ritten sie weiter nach Sdosten, bis sie die Strae nach Reghar erreichten. Dieser folgten sie ohne Rast, bis sie in der Morgendmmerung die Mauern Reghars vor sich sahen, der Hauptstadt von Rachmuds Daikanat, das sich nach Sden weit ber den Amyr erstreckte.Sie weckten einen Stallvermieter, der mit verschlafenem Gesicht alle ihre Wnsche erfllte, als er die Geldstcke klimpern hrte. Da es fr eine unbemerkte Annherung an Rachmuds dstere Festung im Westen der Stadt bereits zu hell war, beschlossen sie, die Strae nach Myra zu bewachen, da es immerhin mglich war, da Rachmud frher handelte als erwartet. Der unsichere Punkt in den berlegungen war die Zeit, die Meras gebraucht hatte, um den Mantel zu Rachmud zu bringen. Es war Zauberei im Spiel. Meras, der im Saal kaum noch Menschliches an sich gehabt hatte, mochte mit der Geschwindigkeit eines Dmons zur Burg seines Herrn geflogen sein. Andererseits mochten sie auch alle nur einer Massengaukelei zum Opfer gefallen sein, und Meras, wohl in Rachmuds Gewalt aber durchaus menschlich, war wie sie die halbe Nacht geritten, um Reghar zu erreichen. Es war besser, kein Risiko einzugehen. Rachmud war jeder Teufelei fhig.Vom Besitzer der Stlle und Herberge erfuhren sie, da es noch eine zweite Strae nach Norden gab, die wenig benutzt war und vom Schlo im Westen einen weiten Bogen nach Norden schlug.So entschied Haleb, da sie sich trennten. Totamas, Piran und Aslaf sollten in der Herberge bleiben und die Strae im Auge behalten. Wenn etwas Ungewhnliches geschah, sollten sie versuchen, die andere Gruppe zu benachrichtigen und gleichzeitig einen Boten an Partho nach Myra zu senden.Haleb, Dajna und Tarl machten sich mit frischen Pferden auf den Weg, die zweite Strae zu finden und sich an das Schlo heranzupirschen. Dabei muten sie die Stadt in groem Bogen umreiten. Sie waren bis tief in den Vormittag unterwegs, bis sie schlielich die wenig befahrene und kaum erkennbare Strae fanden. Das Gebiet war sehr felsig und uneben, da sie wenig bersicht hatten, deshalb ritten sie in groen Abstnden mit Tarl als Vorhut, denn ihn wrden mgliche Spher Rachmuds nicht erkennen, whrend ihnen Halebs Gesicht und auch das Dajnas mit groer Wahrscheinlichkeit vertraut war.Die Stadt lag hinter felsigen Hgeln verborgen, so da sie sie erst sahen, als sie bereits ziemlich nah heran waren. Das Schlo hingegen mit seinen vier spitzen Trmen und den selbst im Sonnenlicht dster wirkenden Mauern blieb den ganzen Ritt ber in ihrem Blickfeld. Das mochte bedeuten, da ein Spher im Turm, wenn er gute Augen besa, auch sie lngst entdeckt haben mute. An einem geschtzten Platz, von dem aus sie das restliche Stck der Strae bis zum Fu des Schlobergs gut bersehen konnten, lagerten sie. Sie wachten abwechselnd und konnten so ein wenig des versumten Schlafes nachholen.Der Mittag und der halbe Nachmittag verflossen, ohne da sich etwas ereignete. Auch von Totamas' Gruppe kam keine Nachricht. Haleb wurde unruhig. Aber er zwang sich zur Geduld. Was ihn am meisten beunruhigte, war die Tatsache, da er nicht wute, worauf er eigentlich wartete. Oder da er sich geirrt hatte und Rachmud einen zweiten Unterschlupf in der Nhe Myras besa. Lediglich da Zauberei im Spiel war, schien ihm darauf hinzudeuten, da sich Rachmud in seinen Bau zurckgezogen hatte.Als die Dmmerung hereinbrach, flammten auf der Festung flackernde Lichter auf, die meisten auf dem Westturm.Es sieht aus, als ob er hier wre, meinte Tarl.Keine raschen Schlsse, erwiderte Haleb. Selbst wenn er nicht da ist, wohnen Leute im Schlo. Aber wir werden es feststellen, sobald es dunkel genug ist, da wir unbemerkt herankommen.Whrend sie warteten, wurde ein Teil der Stadt heller von unzhligen Fackeln und Lampen. Aber auf der Festung selbst nderte sich nicht viel. Vereinzelte winzige Lichter taten kund, da sich gelegentlich eine einsame Gestalt ber die Zinnen bewegte, doch davon abgesehen blieben die Lichter auf den Westturm und die unmittelbaren Rume beschrnkt. Der Rest der Festung lag schwarz unter dem Abendhimmel.Haleb schickte Tarl los, um Totamas die Nachricht zu bringen, da er mit Dajna versuchen wollte, in das Schlo zu gelangen. Wenn sie bis zum Morgengrauen nicht zurck wren, lge es in seiner Hand, Partho und die Knigin zu unterrichten. *

Als Tarl in der Nacht verschwunden war, saen auch Haleb und Dajna auf und ritten auf die Festung zu. In der Finsternis war der Weg kaum zu erkennen. Lediglich das schwarze Felsmassiv, auf dem das Schlo stand, wies ihnen den Weg, und die Lichter weit oben. Sie lieen die Pferde zurck und schlichen das letzte Stck zu Fu. Nichts regte sich, und ihre Schritte, ihr