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TEXT WOLFGANG SCHOBER FOTOS OLIVER WOLF, BEIGESTELLT E in Goliath mit chirurgischer Feinarbeit. 21 Meter lang und 65 Tonnen schwer – die neue Roboterschweißanlage in der Stahlbauhalle von Siemens Mobility Graz in der Eggenber- ger Straße ist ein wahres Großkaliber. Umso filigraner sind die Bewegungen des Roboterarms, der agil und hochpräzise um das Werkstück tänzelt. Punktgenau setzt der Roboter seine Schweißnähte rund um den Stahlrahmen und verschweißt Einzeltei- le zum hochstabilen Fahrwerk für eine Lokomotive – schneller und zuverlässiger, als Menschenhände es je vermögen. Kaum hat der digital gesteuerte Hightech- Arm seine Tätigkeit am tonnenschweren Rahmen voll- endet, setzt er seine Präzisionsarbeit flugs in der Stati- on daneben am nächsten Fahrwerksrahmen fort. Eine nahtlose Übergabe. Hightech, Highspeed und High Quality in perfekter Abstimmung. Auch die Schnitt- stelle zum Menschen gestaltet sich reibungslos. „Die Funktion der Mitarbeiter wandelt sich zunehmend – vom ausführenden Handwerker zum überwachen- den Techniker“, erklärt Erich Graf, verantwortlich für Business Development & Excellence“, bei einer Füh- rung durchs Betriebsgelände. „Automatisierung und Digitalisierung sind das Gebot der Stunde und sichern uns die Technologieführerschaft.“ Eine Entwicklung, die aber nicht zu Lasten der Mitarbeiterzahl gehe – im Gegenteil: der Standort wächst. Derzeit sind hier rund 1.100 Mitarbeiter, darunter 60 Lehrlinge, beschäftigt. Fahrwerke und Drehgestelle aus Graz finden sich in Schienenfahrzeugen auf der ganzen Welt. Ob U-Bah- nen in Riad, Hochgeschwindigkeitszüge in Deutsch- land, England, Russland, China, Spanien oder der Tür- kei, Nahverkehrszüge in den USA oder Straßenbahnen in Bremen oder Ulm – über 50.000 Fahrwerke wurden in den vergangenen 20 Jahren weltweit ausgeliefert. Die aktuelle Investition in den Schweißroboter in Höhe von 1,5 Millionen Euro fügt sich in eine Reihe jüngster Maßnahmen zur Modernisierung des traditionsrei- chen Standorts, dessen Ursprünge bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts reichen. „Die digitale Transformation sichert uns kurze Lieferzeiten und wettbewerbsfähige Produktionskosten und damit unsere Position als Welt- marktführer. Wir sind schon heute der Fahrwerkeprodu- ALLES AUF SCHIENE DAS STEIRISCHE RAIL-BUSINESS: WELTMARKTFÜHRER, NISCHENPLAYER UND HIDDEN CHAMPIONS MACHEN DEN BEREICH BAHNTECHNIK & SCHIENE ZU EINEM WACHSTUMS- STARKEN STEIRISCHEN STÄRKEFELD. WIE HEIMISCHE HERSTELLER VON DER ZUNEH- MENDEN URBANISIERUNG PROFITIEREN, WIE DIE BAHN DANK DIGITALER TECHNOLO- GIEN NOCH GRÜNER WIRD UND WELCHE ROLLE KÜNFTIG ALTERNATIVE ANTRIEBE WIE WASSERSTOFF SPIELEN KÖNNTEN. DER INNOVATIONSZUG ROLLT! DAS STEIRISCHE RAIL-BUSINESS Der Bereich Bahnsys- temtechnik umfasst in der Steiermark rund 50 Unternehmen, darunter Weltkonzerne wie die voestalpine und Siemens Mobility sowie zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen. Zum Netzwerk gehören auch Forschungsein- richtungen wie die TU Graz, die MontanUni Leoben, die Kompetenz- zentren Virtual Vehicle, MCL und PCCL sowie die FH Joanneum. 12 N° 05 JUNI / 2019 SPIRIT

SCHIENE - 7iD Technologies · 2019. 7. 17. · Vorjahres wurden die Kompetenzen der voestalpine Schienen GmbH und der voestalpine VAE im Bereich „Railway Systems“ gebündelt –

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T E X T WOLFGANG SCHOBERF O T O S OLIVER WOLF, BEIGESTELLT

Ein Goliath mit chirurgischer Feinarbeit. 21

Meter lang und 65 Tonnen schwer – die neue

Roboterschweißanlage in der Stahlbauhalle

von Siemens Mobility Graz in der Eggenber-

ger Straße ist ein wahres Großkaliber. Umso

fi li graner sind die Bewegungen des Roboterarms,

der agil und hochpräzise um das Werkstück tänzelt.

Punktgenau setzt der Roboter seine Schweißnähte

rund um den Stahlrahmen und verschweißt Einzeltei-

le zum hochstabilen Fahrwerk für eine Lokomotive –

schneller und zuverlässiger, als Menschenhände es je

vermögen. Kaum hat der digital gesteuerte Hightech-

Arm seine Tätigkeit am tonnenschweren Rahmen voll-

endet, setzt er seine Präzisionsarbeit fl ugs in der Stati-

on daneben am nächsten Fahrwerksrahmen fort. Eine

nahtlose Übergabe. Hightech, Highspeed und High

Quality in perfekter Abstimmung. Auch die Schnitt-

stelle zum Menschen gestaltet sich reibungslos. „Die

Funktion der Mitarbeiter wandelt sich zunehmend

– vom ausführenden Handwerker zum überwachen-

den Techniker“, erklärt Erich Graf, verantwortlich für

„Business Development & Excellence“, bei einer Füh-

rung durchs Betriebsgelände. „Automatisierung und

Digitalisierung sind das Gebot der Stunde und sichern

uns die Technologieführerschaft.“ Eine Entwicklung,

die aber nicht zu Lasten der Mitarbeiterzahl gehe – im

Gegenteil: der Standort wächst. Derzeit sind hier rund

1.100 Mitarbeiter, darunter 60 Lehrlinge, beschäftigt.

Fahrwerke und Drehgestelle aus Graz fi nden sich in

Schienenfahrzeugen auf der ganzen Welt. Ob U-Bah-

nen in Riad, Hochgeschwindigkeitszüge in Deutsch-

land, England, Russland, China, Spanien oder der Tür-

kei, Nahverkehrszüge in den USA oder Straßenbahnen

in Bremen oder Ulm – über 50.000 Fahrwerke wurden

in den vergangenen 20 Jahren weltweit ausgeliefert.

Die aktuelle Investition in den Schweißroboter in Höhe

von 1,5 Millionen Euro fügt sich in eine Reihe jüngster

Maßnahmen zur Modernisierung des traditionsrei-

chen Standorts, dessen Ursprünge bis in die Mitte des

19. Jahrhunderts reichen. „Die digitale Transformation

sichert uns kurze Lieferzeiten und wettbewerbsfähige

Produktionskosten und damit unsere Position als Welt-

marktführer. Wir sind schon heute der Fahrwerkeprodu-

ALLES AUF SCHIENE DAS STEIRISCHE RAIL-BUSINESS: WELTMARKTFÜHRER, NISCHENPLAYER UND HIDDEN CHAMPIONS MACHEN DEN BEREICH BAHNTECHNIK & SCHIENE ZU EINEM WACHSTUMS-STARKEN STEIRISCHEN STÄRKEFELD. WIE HEIMISCHE HERSTELLER VON DER ZUNEH-MENDEN URBANISIERUNG PROFITIEREN, WIE DIE BAHN DANK DIGITALER TECHNOLO-GIEN NOCH GRÜNER WIRD UND WELCHE ROLLE KÜNFTIG ALTERNATIVE ANTRIEBE WIE WASSERSTOFF SPIELEN KÖNNTEN. DER INNOVATIONSZUG ROLLT!

DAS STEIRISCHE RAIL-BUSINESS Der Bereich Bahnsys-temtechnik umfasst in

der Steiermark rund 50 Unternehmen,

darunter Weltkonzerne wie die voestalpine

und Siemens Mobility sowie zahlreiche kleine

und mittelständische Unternehmen.

Zum Netzwerk gehören auch Forschungsein-

richtungen wie die TU Graz, die MontanUni

Leoben, die Kompetenz-zentren Virtual Vehicle, MCL und PCCL sowie

die FH Joanneum.

12 N° 05 JUNI / 2019

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bis plus 40 Grad in Spanien.“ Entsprechend hoch sei

das Qualitätsbewusstsein in der gesamten Wertschöp-

fungskette am Grazer Standort – beginnend bei der

Neu- und Weiterentwicklung von Produkten. „Rund

240 Engineering-Experten konzipieren und entwickeln

bei uns Hightech-Lösungen von morgen“, so Erlach.

„Dies in enger Abstimmung mit Industriepartnern aus

dem Bereich der Schieneninfrastruktur. Denn unser

Fokus gilt der Optimierung des Gesamtsystems Bahn.

Und hier vor allem der Senkung der Life-Cycle-Costs.“

Schließlich sei das Fahrwerk im Betrieb für 40 Prozent

aller Service- und Wartungskosten eines Schienen-

fahrzeugs verantwortlich. „Jede Art von Weiterent-

wicklung, die den Verschleiß reduzieren kann, senkt

damit auch die Instandhaltungskosten und schont die

Umwelt. Die Bahn gilt zwar schon heute als die grünste

Form der Mobilität, aber die weitere Ökologisierung ist

einer der wichtigsten Innovationstreiber“, so Erlach.

L E I C H T B A U - I N N O V A T I O N A U F S C H I E N EEin weiterer Faktor ist der Megatrend Digitalisierung.

Auch ihr Einsatz dient der Ressourcenschonung. Erich

zent mit dem weltweit höchsten Automatisierungsgrad“,

bestätigt Stefan Erlach, Standortleiter des Weltkompe-

tenzzentrums für die Entwicklung und Fertigung von

hochwertigen Fahrwerken für Schienenfahrzeuge in-

nerhalb des Siemens-Konzerns. Auf den knapp 70.000

Quadratmetern Betriebsfl äche sind sämtliche Kompe-

tenzen von der Vorentwicklung über Engineering und

Produktion bis zum Customer Service konzentriert.

„Das macht unseren Standort zum vollintegrierten ,One

Stop Shop’ für Fahrwerke und Pantographen und damit

in dieser Form einzigartig in der Branche.“ Rund 2.500

Drehgestelle werden in Graz pro Jahr gefertigt und in

die Siemens-Werke Wien, München oder Krefeld ge-

liefert. Dort kommen sie als Herzstück von Straßen-

und U-Bahnen, Nah- und Fernverkehrszügen sowie

Hochgeschwindigkeitszügen in der Endfertigung zum

Einsatz. „Fahrwerke sind äußerst komplexe, hochsicher-

heitskritische Komponenten für ein Schienenfahrzeug“,

betonen Erlach und Graf. „Schließlich sind sie meist

über 30 Jahre im Einsatz, absolvieren Millionen von

Kilometern und sollten extremen klimatischen Bedin-

gungen standhalten – von minus 50 Grad in Russland

2.500 FAHRWERKE VERL ASSEN JÄHR-

LICH DAS WERK DER SIEMENS

MOBIL IT Y IN GRAZ

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Steirische Produkte und Systeme sind in

einigen Bereichen Weltmarktführer, z. B.

kopfgehärtete Lang-schienen, Weichen-

systeme, Drehgestelle, Materialkompetenzen,

Diagnose und WartungDie drei großen

Schwerpunkte um-fassen Rolling Stock,

Fahrweg und SignallingForschungs-

schwerpunkte: Mate-rialien und Leichtbau

sowie Antrieb und Digitalisierung

Der neue Highspeed-Train Velaro Novo von Siemens mit Grazer Fahrwerk

Siemens-Mobility-Führungsduo Stefan Erlach (r.)und Erich Graf in der Montagehalle in Graz

Graf: „Immer mehr Sensorik- und Diagnosewerkzeuge

halten in das Fahrwerk Einzug. Damit lassen sich der

Zustand des Systems überwachen und die Instandhal-

tungskosten über die Lebensdauer optimieren.“ Kosten

reduzieren und die Energieeffi zienz steigern – das ge-

lingt auch durch den innovativen Einsatz neuer Mate-

rialien und Fertigungsmethoden. Das Th ema Leicht-

bau beschäftigt die Entwickler bei Siemens Mobility

ebenso wie revolutionäre Zugänge in der Konstrukti-

on. „Radikale Neuansätze sind in der Entwicklung von

Schienenfahrzeugen extrem selten. Umso erfreulicher,

dass es uns gemeinsam mit der TU Graz gelang, einen

neuen Fahrwerksrahmen zu entwickeln, der statt 1,5

Tonnen nur noch 845 Kilogramm wiegt – also knapp

die Hälfte.“ Die enge Kooperation mit heimischen For-

schungseinrichtungen sehen Erlach und Graf auch als

eines der wichtigsten Assets für den Erfolg des Unter-

nehmens. Vernetzungen bestehen neben der TU Graz

auch mit der MontanUni Leoben, den Kompetenzzen-

tren MCL und vif sowie der FH Joanneum.

Die jüngste Leichtbau-Innovation fi ndet nun Zug

um Zug Eingang in die Fahrwerksfertigung. Aktuell

werden damit neue Reisezüge der ÖBB ausgestattet,

ebenso wie der neue Hochgeschwindigkeitszug Vela-

ro Novo. Derzeit sorgen gleich mehrere Großaufträge

für Dynamik im Werk. So wird die legendäre Piccadilly

Line in London gerade runderneuert – und künftig auf

Drehgestelle(n) aus Graz abfahren. „Unsere Auftrags-

bücher sind voll. Wir sind dabei, unsere Kapazitäten

um 20 Prozent auszuweiten und wollen künftig 3.000

Fahrwerke pro Jahr fertigen“, bestätigt Erlach. Die

größte Herausforderung dafür: der Personalbedarf.

„Auch wir spüren den Fachkräftemangel und investie-

ren laufend in Employer Branding und das Recruiting

von neuen Mitarbeitern.“

I N T E L L I G E N T E W E I C H E N U N D S M A R T E S C H I E N E NNeben Siemens der zweite große Key Player im stei-

rischen Rail-Business ist die voestalpine mit ihren

steirischen Standorten Leoben-Donawitz und Zelt-

weg. Der Konzern ist einer der führenden Lieferanten

von Schienen, Weichen und digitaler Signaltechnik

für den internationalen Bahnverkehr. Im Herbst des

Vorjahres wurden die Kompetenzen der voestalpine

Schienen GmbH und der voestalpine VAE im Bereich

„Railway Systems“ gebündelt – damit wurde die voest -

alpine zum weltweit ersten und einzigen Anbieter

für komplette Bahninfrastruktursysteme. Neben der

„Hardware“ wie Schienen, Weichen und Schwellen

zählt dazu auch die volldigitale Überwachung von

Bahnstrecken im laufenden Betrieb – Garanten für

eine größtmögliche Sicherheit und vorausschauende

Wartung. „Damit ist die voestalpine – und auch der

Wirtschaftsstandort Steiermark – absoluter Technolo-

gie- und Innovationsvorreiter am weltweit boomenden

Bahninfrastrukturmarkt“, freut sich Franz Kainersdor-

fer, Vorstandsmitglied der voestalpine AG und Leiter

der Metal Engineering Division. Zum Einsatz kom-

men diese Komplettsysteme bei U-Bahn- und Stra-

ßenbahnprojekten in großen Metropolen ebenso wie

auf Hochgeschwindigkeits- und Schwerlaststrecken

auf der ganzen Welt. So fi ndet sich steirisches Bahn-

Know-how bereits in jeder vierten Hochgeschwindig-

keitsweiche des chinesischen Highspeed-Netzes, auch

der Gotthard-Basis-Tunnel in der Schweiz fährt auf

Schienen und Weichen der voestalpine. Ebenso wie

U-Bahnen in Bangkok, Jakarta und Quito oder Stra-

ßenbahnen in Canberra, Nottingham oder Bergen.

Auch für die heimische Koralmbahn wurden bislang

125 km Hochleistungsschienen und über 50 Weichen

geliefert. Zu den Produkthighlights zählen neben den

in Leoben-Donawitz produzierten ultralangen 120-

Meter-Schienen extrem belastbare Höchstgeschwin-

digkeitsweichen, für Zuggeschwindigkeiten bis zu 380

Stundenkilometer, sowie Schwerlastweichen für bis zu

40 Tonnen Achslast. Smarte Weichen mit Diagnosein-

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strumenten – quasi dem „Bordcomputer“ der Weiche

– erleichtern die Instandhaltung und beugen damit

Ausfällen vor. An einer einzelnen Hochgeschwindig-

keitsweiche können bis zu 40 Sensoren verbaut sein,

die die Diagnose sowohl des fahrenden Zugs als auch

des Fahrweges wie Weichen und Gleise erlauben. Der-

zeit beschäftigt die voestalpine im Bahnbereich welt-

weit rund 7.000 Mitarbeiter, rund 1.400 davon in der

Steiermark. Die weltweit über 70 Produktions- und

Vertriebsstandorte tragen mit einem Umsatzvolumen

von 1,4 Milliarden Euro zu rund elf Prozent des Ge-

samtumsatzes des voestalpine-Konzerns bei.

H I G H T E C H V O N I N D U S T R I E U N D K M URund um die Leitbetriebe voestalpine und Siemens

entwickelte sich hierzulande ein dichtes Netzwerk

leistungsstarker Zulieferbetriebe, das von klassischer

Schmiede- und Gussteilproduktion bis zur hochspe-

zialisierten Software-Entwicklung reicht. Mehr als 50

Unternehmen umfasst dieses Netzwerk, das auch For-

schungseinrichtungen miteinschließt. Damit ist Rail

ein absolutes Stärkefeld der steirischen Wirtschaft –

ein Großteil der gesamtösterreichischen Wertschöp-

fung aus diesem Bereich passiert in der Steiermark.

„Die Eisenbahnindustrie Österreichs hat den weltweit

größten Anteil am Bruttoinlandsprodukt und zeigt

die weltweit höchste Anzahl an Patenten pro Million

Einwohner“, bestätigt Peter Veit, Leiter des Instituts

für Eisenbahnwesen und Verkehrswirtschaft an der

TU Graz. „Der internationale Wettbewerb wird zwar

stärker, aber mit Blick auf die Forschungsanstrengun-

gen der Branche bin ich überzeugt, dass die heimische

Eisenbahnindustrie ihre Position weiter stärken wird.“

Unter den steirischen Rail-Zulieferern finden sich

natürlich vor allem traditionelle Stahlverarbeiter

wie die Maschinenfabrik Liezen (MFL) oder Stahl

Judenburg. Ein Drittel des Umsatzes der rund 1.000

Mitarbeiter zählenden MFL-Gruppe entfällt auf

den Bereich Schienenverkehrstechnik. Stahlguss-

teile und Sicherheitsschweißbaugruppen in Serien-

fertigung wie Drehgestellrahmen, Spurhalter oder

Hauptquerträger machen das Unternehmen zu ei-

nem der wichtigsten heimischen Bahnzulieferer. Zu-

letzt investierte MFL massiv in neue Kompetenzen

in den Bereichen Schieneninstandhaltung und -be-

www.estet.com

FACHBETRIEB FÜRSCHIENENFAHRZEUG-KOMPONENTEN

ESTET Stahl- und Behälterbau GmbHA-8770 St. Michael, Madstein 2T +43 (0)3843/2696-0E [email protected]

W I R T S C H A F T / W A N D E L / W A C H S T U M SPI R I T

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Von der Schiene bis zur smarten Weiche: voestalpine ist weltweit einziger

Anbieter von kompletten Bahninfra-struktursystemen

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RAILCONTACT’19Der Mobilitätscluster ACStyria lädt am 25.

und 26. Juni zum großen Branchentreff.

Dieser steht heuer unter dem Motto:

Propulsion 2030+ Konzepte.Perspekti-

ven.InnovationenIm Zentrum stehen da-bei neben dem Digital

Shift vor allem Fragen neuer alternativer

Antriebstechnologien.Programm-Highlights: Betriebsbesichtigung

Spalt GmbH, Summer Lounge auf der Burg

Rabenstein sowie die Konferenz im Messe

Congress Graz mit Key Playern der Branche

www.railcontact.at

www.acstyria.com

arbeitung. So werden vor allem Hochgeschwindig-

keitsstrecken mittels innovativer Frästechnologie

nahezu in den Neuzustand gebracht und damit die

Lebensdauer der Schienen maßgeblich erhöht. „Das

führt zu mehr Wirtschaftlichkeit, mehr Sicherheit und

darüber hinaus zur Reduktion des Lärms“, erklärt

Herbert Decker, Geschäftsführer der MFL. „Ziel

ist es, dieses wachsende Geschäftsfeld künftig weiter

auszubauen.“ Ebenso im Segment Bahn aktiv ist das

auf Blankstähle und hartverchromte Kolbenstangen

spezialisierte Hightech-Unternehmen Stahl Juden-

burg. Der obersteirische Traditionsbetrieb mit dem

Kernbusiness Automotive bringt sein Know-how

vermehrt auf die Schiene. „Hartverchromte Kolben-

stangen kommen auch in Weichensystemen bei Stell-

mechanismen zum Einsatz“, so Stahl-Judenburg-Ge-

schäftsführer Th omas Krenn. „Zudem produzieren

wir unterschiedlichste Kleinbauteile, die in Schienen

und Weichen verbaut werden – etwa Laschenprofi le,

die für die Stabilität der Schienen sorgen.“

Wenig überraschend konzentrieren sich zahlrei-

che Bahnzuliefererbetriebe entlang der Schlagader

der traditionsreichen Mur-Mürz-Furche – darunter

etwa die Firma ESTET Stahlbau in St. Michael, ein

Schweißfachbetrieb, der seit über 20 Jahren sicher-

heitsrelevante Bauteile für Schienenfahrzeuge fer-

tigt. Oder auch die Maschinenbaufi rma Heinz Eh-

gartner, Präzisionsfertiger für die Bahnindustrie,

spezialisiert auf Zahnräder und Getriebeteile – der

soeben gemeinsam mit Siemens ein revolutionäres

Getriebe für Verschublokomotiven entwickelte.

Auch Dienstleister in Service und Wartung von Bahn-

und Straßenbahn-Motoren sind wichtiger Teil der

Wertschöpfungskette. Mit der regelmäßigen Wartung

des Elektromotors von Schienenfahrzeugen erhöht

die Firma Spalt mit Sitz in Schrems bei Frohnleiten die

Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Aggregate. Rund

100 Bahnmotoren wartet das Familienunternehmen

im Auftrag von Siemens Mobility Gaz, der Holding

Graz oder Graz-Köfl ach-Bahn pro Jahr.

A U T O M A T I S I E R U N G D E S S C H I E N E N V E R K E H R SEin zentrales Zukunftsthema im Bereich Rail betriff t

die Automatisierung des Schienengüterverkehrs.

Ein Segment, in dem sich die Grazer Firma PJM als

System-Spezialist mit zukunftsweisenden Technolo-

gien in den vergangenen Jahren einen internationa-

len Namen machen konnte. Der Hightech-Lieferant

– einst als Spin-off der TU-Graz gegründet – vereint

unterschiedliche Kompetenzen unter einem Dach. So

ist PJM heute sowohl akkredierte Prüfstelle für den

Schienenverkehr als auch Engineering-Partner für

die (Weiter-)Entwicklung von Schienenfahrzeugen

sowie Entwickler von Monitoring-Systemen, die der

Digitalisierung des Schienengüterverkehrs dienen.

Jüngstes Erfolgsmodell ist der sogenannte Waggon-

Tracker, der Monitoring und Automation kombiniert.

„Im Gegensatz zum Straßengüterverkehr steht die Digi-

talisierung des Schienengüterverkehrs erst am Anfang.

Dafür, dass auch Schienenverkehrssysteme ,intelligent’

werden müssen, war es buchstäblich höchste Eisen-

bahn“, erklären die beiden Gründer Günter Petschnig

und Martin Joch. Der „WaggonTracker“ erfasst und

übermittelt wichtige Informationen über Güterwag-

gons in Echtzeit – etwa über den aktuellen Beladungs-

zustand, die Fahrtrichtung, die nächste Stadt, Tempe-

ratur, Innenfeuchtigkeit etc. – und visualisiert diese

in einem Web-Portal. Das WaggonTracker-System ist

patentiert und zu 100 % made in Graz. „Mit diesem ver-

schleißfreien, robusten und langlebigen System haben

wir eine State-of-the-Art-Lösung in Serienfertigung,

mit der wir in der Digitalisierung des Schienengüter-

verkehrs einen Schritt voraus sind.“

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Galli GmbH Hart wie Stahl und doch flexibel

Die Galli GmbH mit Sitz in Mettersdorf wurde 1991 von der Familie Galli gegründet. Das Unternehmen ist ein Maschinen-, Stahl-, Anlagen- und Vorrichtungsbaubetrieb, der ausschließlich erfahrene Facharbeiter einsetzt. „Kompetenz und Kundenbetreuung sind uns ein besonderes Anliegen“, betont Jürgen Galli. Daher hat seit Bestehen der Firma die Erfüllung der Kundenwünsche stets höchste Priorität. Der Betrieb verfügt über modernste CNC-Drehmaschinen und CNC-Arbeitszentren, Bohr- und Fräswerke sowie CNC-Schleifanlagen. „Der konsequente Einsatz von CNC-Technologie ermöglicht es, eine sehr hohe Maßgenauigkeit bei allen produzierten Teilen zu erzielen“, hebt der Firmenchef hervor. Durch die Vernetzung der einzelnen Maschinen ist das Unternehmen in der Lage, effizient und kostengünstig zu produzieren. Galli ist ein moderner Betrieb, der mit der Zeit geht. Das Unternehmen ist daher besonders stolz auf ihre neueste Investition, eine Galvanik- und Brünieranlage, die zu Jahresbeginn in Betrieb genommen wurde. Durch hohen Automatisierungsgrad und Flexibilität steht hohe Qualität in kurzen Durchlaufzeiten im Vordergrund.

Überlängen auf Anfrage unter: [email protected] oder [email protected]

Galli GmbH Mettersdorf 23 8504 Preding T 03185/24 07 [email protected] www.gallimetall.at

Galvanisch verzinken nach ISO 20181 Max. Abmessungen: 1100x1360x350 mm, Max. Gewicht 250 kg Galvanisch verzinkt und blau passiviert Cr 6+- und Kobaltfrei Galvanisch verzinkt und schwarz passiviert Versieglung bzw. Nachtauchlösung

Brünieren nach DIN 50938 Max. Abmessungen: 1150x400x350 mm, Max. Gewicht 250 kg

Heißbrünierung 138-142°C Nachtauchen in Korrosionsschutzmittel

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„Großes Potenzial aufgrund der wachsenden Urbanisierung“: Franz Kainersdorfer, Vorstandsmitglied der voestalpine AG und Leiter der Metal Engineering Division

Ebenfalls ein hoch erfolgreiches steirisches Unter-

nehmen, das im Rail-Segment international reüs-

siert, ist die Grazer Firma Nextsense. Die innovative

Technologie des bereits 90 Mitarbeiter zählenden

Hightech-Lieferanten ermöglicht die optische Mes-

sung von Profi len. Mittels eines patentierten Systems

lassen sich mögliche Mängel bei Rädern, Bremsen,

Schienen oder Weichen von Schienensystemen mit

wenigen Handgriff en feststellen. Das System fi ndet

in der Bahnindustrie vor allem bei der Verschleißbe-

wertung von Radsätzen in Werkstätten und bei der

Prüfung von Gleisen Anwendung. „Fehler, die durch

das verkippte Führen von mechanischen lehren oft ent-

stehen, werden mit unserer Lösung automatisch korri-

giert“, so Geschäftsführer Clemens Gasser, der noch

große Wachstumspotenziale für die Technologie

sieht – vor allem in China. „Dort beobachten wir gera-

de in einen Fokus auf Hochgeschwindigkeitszüge und

deren technologische Weiterentwicklung. Dies wird die

Nachfrage nach optischen Profi lmessgeräten zur Qua-

litätssicherung ankurbeln.“

B A H N - S O F T W A R E F Ü R D I E W E LTDas fruchtbare Biotop der heimischen Bahntechnik

konnte auch eine Reihe von Software-Firmen nut-

zen. Wie etwa die in Tobelbad angesiedelte APUS

Software GmbH. Der Spezialist für Kommunikati-

onssoftware im Bahnbereich zählt unter anderem

Siemens, die Deutsche Bahn oder die SBB zu seinen

Kunden. Auf renommierte Kunden im Rail-Segment

kann auch Boom Software mit Sitz in Leibnitz ver-

weisen. Das Unternehmen mit rund 60 Beschäftigten

zählt zu den mitteleuropäischen Marktführern im

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Christa Zengerer,Geschäftsführerin ACStyria

I N T E R V I E W :

Welche Bedeutung hat die Rail-Zulieferindustrie für die Steiermark? Welche Potenziale sehen Sie in den nächsten Jahren?

Im Weltkompetenzzentrum für Fahrwerke der

Siemens werden von mehr als 1.000 Mitarbeitern

jährlich rund 2.500 Fahrwerke gebaut. Auch die

voestalpine ist weltweit führend bei Systemlösungen

im Bereich Bahninfrastruktur und bietet hochqua-

litative Produkte und Dienstleistungen für Schie-

nen, Weichen, Signaltechnik und Überwachungs-

anwendungen. Dazu kommen noch viele kleine und

mittlere Unternehmen, die allesamt mit viel Inno-

vationskraft ein wichtiger Wirtschaftstreiber in der

Steiermark sind. Das Potential ist enorm, vor allem

angesichts der hohen F&E-Quote von über 6 % im

Bahnbereich. Im Bereich Vehicle Construction ha-

ben wir sogar die höchste Forschungsquote weltweit!

Welche Trends sind im internationalen Rail-Business derzeit bestimmend?

Die fortschreitende Digitalisierung macht auch vor

der Bahnindustrie nicht halt: Die Produktionssysteme

werden zunehmend digitaler und damit auch trans-

parenter und optimierbarer. Zusätzlich stehen derzeit

gängige Antriebskonzepte auf dem Prüfstand. Je nach

Anwendungsszenario könnten neben der Oberleitung

in Zukunft auch Hybridlösungen sowie moderne Ver-

brennungskraftmaschinen oder Wasserstoff für den

nötigen Schub sorgen. Dieses Th ema steht auch bei der

RAILCONTACT’19 am 25. und 26. Juni im Vordergrund.

Welche Aktivitäten bietet der ACstyria seinen Mitglie-dern im Bereich Rail?

Wir bieten unseren Partnern ein breites Bündel

an Maßnahmen an. Dazu zählen die ACstyria Aca-

demy, die vor allem im Bahnbereich stark genutzt

wird, die Organisation von Messeteilnahmen, inter-

nationales Trendscouting und natürlich vor allem

auch die RAILCONTACT, die sich zur größten Bühne

der nationalen Bahnindustrie entwickelt hat.

WICHTIGER WIRTSCHAF TSTREIBER DER S TEIERM A RK

Stahl Judenburg liefert hartverchromte Kolbenstangen für Weichensysteme

Bereich Maintenance, digitale Instandhaltung und

Inspektion von Schienenfahrzeugen. Derzeit unter-

stützt Boom Software eine Digitalisierungsoff ensive

der ÖBB. Rund 35.000 Schienenverkehrsfahrzeuge

verwaltet die Instandhaltungssoftware der Leibnitzer

Firma mittlerweile. Konkret geht es darum, Prozesse

in Inspektionswerkstätten weitestmöglich papierlos

abzuwickeln und damit die Sicherheit und Verfügbar-

keit der Züge zu erhöhen. Aktueller Coup: Im Septem-

ber des Vorjahres konnte Boom Software einen Auftrag

der Deutschen Bahn für die nächsten acht Jahre an

Land ziehen. Bis zu 400.000 Schienenfahrzeuge wer-

den durch steirisches Software-Know-how zum rich-

tigen Zeitpunkt in die richtige Werkstatt zur Wartung

und Inspektion gelotst. Spektakulär ist auch der Rail-

Auftrag für den Grazer RFID-Spezialisten 7iD, der seit

Jahren für die saudi-arabische Bahngesellschaft SAR

tätig ist. Gemeinsam mit dem französischen Techno-

logiekonzern Th ales überwacht 7iD die Sicherheit von

Hochgeschwindigkeitszügen. Intelligente Sensorik in

Kombination mit RFID-Tags misst und verarbeitet ent-

lang einer 1.500 Kilometer langen Bahnstrecke wichti-

ge Parameter wie Temperatur und Rundlauf der Räder

– das alles bei einer Geschwindigkeit von 250 km/h

und extremen klimatischen Bedingungen.

W A S S E R S T O F F A L S A N T R I E B D E R Z U K U N F TNeben der Digitalisierung im Rail-Bereich gewinnen

auch die Th emen Nachhaltigkeit und Energieeffi zienz

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Page 8: SCHIENE - 7iD Technologies · 2019. 7. 17. · Vorjahres wurden die Kompetenzen der voestalpine Schienen GmbH und der voestalpine VAE im Bereich „Railway Systems“ gebündelt –

Die beiden PJM-Gründer und Geschäftsführer Günter Petschnig und Martin Joch (r.)

Nextsense revolutioniert das optische Messen von Profi len, um mögliche Schäden frühzeitig zu erkennen

Vom Beladungszustand bis zur Temperatur: Der „WaggonTracker“ von PJM übermittelt Güterwaggon-Infos in Echtzeit

Bringen die ÖBB auf Schiene: Boom-Vorstände Andreas Schaller (l.) und Bora Man (r.) mit ÖBB Holding-CEO Andreas Matthä

Wahren Sie Ihre Rechte und

schulen Sie Ihr Personal! Die

Finanzpolizei nimmt als Organ

der Abgabenbehörde Steuer-

aufsichts-, Einbringungs- und

Abgabensicherungsmaßnahmen

wahr. Sie darf Gebäude und

Grundstücke betreten und in

die zu führenden Bücher und

Aufzeichnungen sowie sonstigen

maßgeblichen Unterlagen Einsicht

nehmen (inkl. Registrierkassen).

Das Betretungsrecht umfasst nur

Betriebsräumlichkeiten und kein

Recht auf Durchsuchung (auch

nicht von Personen)! Auf den

Geschäftsbetrieb muss Rücksicht

genommen werden. Im Falle einer

Prüfung sollten folgende Schritte

gesetzt werden:

• Unverzüglich die Geschäfts- leitung und den steuerlichen Vertreter informieren.

• Ausweis der Beamten vorweisen lassen und Dienst- nummern notieren.

• Grund des Einsatzes und in welcher Rolle die Befragung erfolgt erfragen.

• Über Rechte/Pfl ichten, den Verfahrensablauf und Rechts- folgen belehren lassen.

• Ablauf des Einsatzes und mögliche Unregelmäßig- keiten dokumentieren.

• Nach Beendigung des Einsatzes eine Niederschrift fordern und diese sofort kontrollieren.

www.gaedke.co.at

K L A U SG A E D K EGaedke & Angeringer Steuerberatung

WENN DIE FINANZPOLIZEI KLINGELT …

und damit alternative Antriebstechniken an Bedeu-

tung. Bahn gilt ohnehin als Vorreiter der „E-Mobility“

– in vielen Ländern wie in Österreich werden Trieb-

wägen und Lokomotiven elektrisch angetrieben. In

großen Teilen der Welt, etwa in den USA, Asien und

Australien, stehen allerdings kaum elektrifi zierte Stre-

ckenanteile mit den nötigen Oberbauten zur Verfü-

gung, weshalb auf diesen Strecken nach wie vor der

dieselbetriebene Zugsverkehr dominiert. Auch auf

heimischen Nebenbahnen wie auf den Strecken der

Graz-Köfl ach-Bahn oder Murtalbahn wird nach wie

vor Diesel eingesetzt. Auch der Betrieb auf den Ver-

schiebebahnhöfen und Anschlussgleisen großer In-

dustriebetriebe erfolgt fossil. Umweltschonende Al-

ternativen sind also dringend gefragt. Bemühungen,

den Antrieb auf wasserstoff betriebene Aggregate um-

zustellen, zeigen erste Erfolge. Federführend in der

technologischen Umstellung ist die Grazer RCC Rail-

way Competence & Certifi cation GmbH, ein europa-

weit tätiges Zulassungsbüro für Eisenbahnfahrzeuge

und Komponenten und aufgrund seiner Technologie-

kompetenz erster Ansprechpartner für Innovations-

themen in der Eisenbahnbranche. Aktuell liegt der

Fokus auf der Ermöglichung der Wasserstoff -Brenn-

stoff zellentechnologie zur Ablöse von Diesel im Schie-

nenverkehr. So konnte ein Team unter der Leitung von

RCC im Vorjahr mit der Schmalspur-Lokomotive „Hy-

droLilly“ die erste österreichische Brennstoff zellen-

Hybridlokomotive realisieren. „Das Marktpotenzial

für Wasserstoff im Schienenverkehr ist riesig“, bestätigt

Alexander Schimanofsky, Geschäftsführer von RCC.

„Mit unserer Wasserstoffl okomotive konnten wir die

Tauglichkeit solcher Antriebssysteme demonstrieren

und erwarten in den kommenden Jahren den Durch-

bruch dieser Zero Emission-Technologie, etwa für Regi-

onalbahnen und den Einsatz in Verschublokomotiven.“

Ein wesentlicher Beitrag zur Energiewende: Schließ-

lich verbrauchen die Eisenbahnen allein in Österreich

jährlich über 35 Millionen Liter Diesel.

V O N D E R S T R A S S E A U F D I E S C H I E N EEnergiewende bedeutet auch, möglichst viele LKW-

Kilometer auf die Schiene zu transferieren. Hotspot

für diesen Umschlag ist das Cargo Center Graz, eines

der größten Güterverkehrszentren der Binnenlän-

der. Herzstück des Standorts mit 320.000m² Hallen-

und Bürofl ächen ist der von den Steiermärkischen

Landesbahnen STLB betriebene Container-Terminal

für leistungsfähige Kombi-Verkehre. Aufgrund der

guten Kapazitätsauslastung investiert das Center in

einen zweiten Terminal, der 2025 fertigstellt werden

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Peter Veit, Institut für Eisenbahn-wesen und Verkehrswirt-schaft TU Graz

I N T E R V I E W :

Wie wird sich die Bedeutung des Verkehrsmittels Eisen-bahn international entwickeln?

Wenn die Klimaziele ernst genommen werden,

muss sich die Bahn am Markt äußerst positiv ent-

wickeln. Im Personenverkehr kommt noch der Me-

gatrend Wachstum der Städte dazu, der zu einem

immensen Anstieg des Bedarfs an innerstädtischem

öff entlichen Verkehr und Zubringerverkehr zu den

Agglomerationen führt. Das passiert bereits heute.

Ich verweise nur auf die überall entstehenden neu-

en U-Bahnen in Indien, im Arabischen Raum oder in

Ost- und Südostasien. In Europa übersieht man oft die

Entwicklungen in Asien. Heute werden beispielsweise

in Th ailand nur für den Infrastrukturausbau der Ei-

senbahn jährlich 5,2 Mrd. US-Dollar investiert, das ist

mehr als in jedem europäischen Land.

Welche Trends bestimmen den Bereich Rail in den kom-menden Jahren?

In Österreich befi ndet sich der gesamte Bereich Ei-

senbahn aus meiner Sicht gut auf Schiene. So erleben

wir eine massive Investitionstätigkeit im Bereich Inf-

rastrukturneubau seit Beginn der 1990er. Dazu kommt

eine international herausragende Bedeutung der heimi-

schen Eisenbahnindustrie. Die Eisenbahnindustrie Ös-

terreichs hat den weltweit größten Anteil am Bruttoin-

landsprodukt und zeigt die weltweit höchste Anzahl an

Patenten pro Million Einwohner. Die Steiermark ist die

Region mit der höchsten Forschungsquote der gesamten

EU, auch dazu trägt die steirische Eisenbahnindustrie

maßgeblich bei. Die österreichische Eisenbahnindustrie

ist weltweit für ihre Qualitätsprodukte sehr angesehen.

Die großen Schlagworte in Zusammenhang mit Innova-

tionen und Weiterentwicklungen der Bahn sind aktuell

Data Management, Smart Data, Big Data, Data-Clouds,

Sensor-Data, generell 4.0, künstliche Intelligenz, neuro-

nale Netze. Alles Th emen, mit deren Hilfe im Zeitalter

der Digitalisierung die Nachhaltigkeit des Systems wei-

ter gesteigert werden kann und somit auch weitere Kos-

tenreduktionen möglich werden.

VON DER DYNAMIK IN ASIEN PROFIT IEREN!

„HydroLilly“, die erste Brennstoff zellen-Hybridlokomotive, realisiert von RCC Railway Competence & Certifi cation in Graz. Rechts: RCC Geschäftsführer Alexander Schimanofsky

soll. Einschneidende Infrastrukturmaßnahmen wie

die Errichtung des Koralmtunnels und der Ausbau der

Baltisch-Adriatischen Achse lassen für die Zukunft

des CCG weiteres Wachstum erwarten. „Wir wachsen

im Containerterminal jährlich zweistellig und haben

2018 mehr als 220.000 TEU umgeschlagen“, erklärt Ge-

schäftsführer Franz Glanz. Täglich rollen Shuttle-Züge

von Wundschuh aus Richtung Koper und Triest, mehr-

mals wöchentlich wird der Binnenhafen Neuss mit

Anschluss an Rotterdam und Antwerpen sowie Ham-

burg angesteuert. „Wenn der Semmeringtunnel und

Koralmtunnel ab 2025 fertig sind, wird die Baltisch-

Adriatische Achse die leistungsfähigste Ost-West Ver-

bindung südlich der Alpen“, freut sich Ganz und mahnt

gleichzeitig: „Dringend erforderlich ist der Ausbau der

Pyhrn-Schober-Achse mit einem fl achen Tunnel, der für

Güterzüge geeignet ist. Auf dieser Strecke gibt es massive

Nachteile gegenüber dem LKW.“

Helga Stadler von der Firma ESTET, einem Schweißfachbetrieb für sicherheitsrelevante Bauteile von Schienen-fahrzeugen

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