Schloßparkmuseum Bad · PDF filenen Fabrikation der Familie Puricelli, den Eigentümern im 19. Jahrhundert, stam-men. Die baulichen Ursprünge gehen ver

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    Die museale Geschichte fngt streng ge-nommen 1933 an, als unter Leitung von Karl Geib - der bereits seit 1915 auch Vorsitzender des Antiquarischen Vereins war - ein Heimatmuseum fr die ffentliche Unterbringung ihrer Sammlung errichtet wurde. Mit dem im 19. Jahrhundert entdeckten Gladiatoren-mosaik und den Binger-brcker Grabstelen von Auxiliaren, nicht-rmischen Hilfstruppen zur Unter-sttzung der rmischen Legionren, hatten die Archologen schon einiges Spektaku-lres vorzuweisen. Dazu kamen Funde aus der Vor- und Frhgeschich-te bis hin Objekten der Naturgeschichte, zum Beispiel das riesige Bein und Schenkel eines Mammuts oder der Bun-denbach-Schiefer mit ihren vielen Leitfossilien.

    Jahrzehntelang war diese - fr die damalige Zeit sehr kennzeichnende - vielseitige Sammlung (von der Stadtge-schichte ber die Antike bis zur Geologie und Palonto-logie, von Dokumenten ber Objekte bis zu Kunstgegenstnden) mitten in der Stadt untergebracht, ehe 1985/86 eine fr-here Stallung des Gutes zum Museum Rmerhalle umgebaut wurde. Und wo bislang das Max-Planck-Institut unterge-bracht war, entstand nun das wundervol-le Schloparkmuseum. Die beiden Museen ergnzen sich: Das

    eine konzentriert sich ausschlielich auf die Jahrhunderte unter rmischer Herr-schaft, das andere lsst diese ra aus, wenn es die Entwicklung der Region von den Anfngen der Besiedelung bis

    in die Anfnge des 20. Jahrhunderts mit Schwerpunkt auf die Kulturgeschichte des Grobrgertums nach Napoleon dar-stellt. Die das alles umfassende Klammer ist die Verbindung zur Region. Also ein Heimatmuseum?

    Nein, das ist es nicht nur. Vielmehr erhebt es den Anspruch, ein stadt- und regio-nalhistorisches Museum zu sein. Marco van Bel will sowohl neue Schwerpunkte setzen, als auch das Angebot erweitern. Er mchte - mit dem Menschen als Aus-gangs- und Beziehungspunkt - Kultur, Geschichte und Kunst in den Focus stel-len, wobei er das Bewusstsein von Vern-derungen Kultur und Ideengeschichte als dynamisches Phnomen schrfen will. Gleichzeitig sollen die Museen durch interessante und hochwertige Sonderaus-stellungen, auch berregional, mehr von sich reden machen. Ein Beispiel ist die aktuelle Prsentation moderner Kunst: Die raumgreifenden Papierinstallationen von Katharina Fischborn, die in Auseinan-dersetzung und Interaktion mit dem Ort (dem Schlsschen sowie dem Park und der Natur) stehen, entstanden speziell fr das Museum in Bad Kreuznach.

    Von der Innenstadt ist das Schloparkmu-seum eigentlich nur einen Katzensprung entfernt. Und doch liegt es verkehrstech-nisch etwas ungnstig, zwar im Bereich der historischen Neustadt, aber durch die Nahe-Brcke von der modernen Altstadt getrennt, abseits der Haupttourismusrou-te. Aber wer die wenigen hundert Meter vom Zentrum hierher zurckgelegt hat, wird schon von weitem von einem ein-drucksvollen klassizistischen Gebude empfangen. Vom Eingangstor aus fhrt ein schnurgerader Weg auf das vierstcki-ge Gebude zu, vorbei am historischen Baumbestand und den gusseisernen La-ternen, die noch aus der familieneige-nen Fabrikation der Familie Puricelli, den Eigentmern im 19. Jahrhundert, stam-men. Die baulichen Ursprnge gehen ver-mutlich bis 1326 zurck, als die frhere Wasserburg erstmals Erwhnung fand. Spter wurde es zu einem herrschaftli-chen Anwesen umgebaut und Henriette Amalie von Anhalt-Dessau nutzte es im 18. Jahrhundert als eine Art Sommerre-sidenz mit landwirtschaftlicher Prgung. Im 19. Jahrhundert bernahm der zu Wohlstand gekommene und spter zum

    Wenn die Sprache auf die knftige Ent-wicklung seiner beiden Museen kommt, hat Marco van Bel viele Ideen. Der Leiter und Kurator des Schloparkmuseums sowie des Museums Rmerhalle in Bad Kreuznach will dort ansetzen, wo sei-ne Vorgngerin Dr. Angela Nestler-Zapp aufgehrt hat und weitere, deutliche Akzente setzen. Jedes Museum ist ein-zigartig, und zusammen bilden sie einen wunderbaren Komplex, sagt der gebr-tige Niederlnder. Aber es ist eben auch ein Komplex, der einem stndigen Wan-del ausgesetzt sein will, um attraktiv zu bleiben.

    Seit Mitte des 1. Jahrhunderts vor Christi gehrte das heutige Bad Kreuznach zum Rmischen Imperium und war spter Be-standteil der Grenzsicherung gegen die immer weiter vordringenden Germanen. Das hat im Boden deutliche Spuren hinter-lassen. Sie kamen nach und nach wieder an die ffentlichkeit, vor allem als im 19. Jahrhundert das Interesse an der eigenen regionalen Geschichte stetig grer wur-de, ein weit verbreitetes gesellschaftliches Phnomen. So auch in Bad Kreuznach. Im Jahr 1856 grndete sich der Anti-quarischer-Historischer Verein Nahe und Hunsrck, der nicht nur sammelte und er-forschte, sondern dessen Mitglieder auch Ausgrabungen begleiteten.

    Schloparkmuseum Bad KreuznachEin Haus im Umbruch und in der Erneuerung . Autor: Peter Kummer

    Hintergrund: Hebe mit Adler (links) sowie Flora (rechts) von Carl Cauer (1828-1885) Links: Schloparkmuseum Bad Kreuznach.

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    Freiherr erhobene Andreas van Recum, dessen familiren Wurzeln in die Nieder-lande zurckgingen, das Anwesen. 1804 empfing er hier den franzsischen Kaiser Napoleon. Van Recum ist fr die Region und weit darber hinaus von Bedeutung auf dem Gebiet der Erneuerung in der Landwirtschaft (Dreifelderwirtschaft) und vor allem in Zusammenhang mit dem Weinbau, berichtet Marco van Bel.

    Das Haus soll sich immer wieder wandeln, darf nicht statisch sein, muss auch Neues anbieten, um stetig und auch fr neue Zielgruppen interessant zu sein. Und es muss atmen. Um beides wei der Muse-umsleiter, der seit September 2015 diese Stelle bekleidet. Darum will er es weiter-entwickeln, ohne jedoch das Haus seiner Identitt zu entfremden. Klassizismus und Geschichte sollen mit der Moderne und der Gegenwart eine Synthese eingehen.

    Nachdem sich das Haus Mitte der 1980er Jahren in ein Museum gewandelt hat-te, waren die hohen Fenster lange Zeit blind. Rollos verwehrten den Blick in den Park hinaus genauso wie sie umge-kehrt von auen keinen Einblick ins Haus hinein gestatteten. Es fehlte die Verbin-dung zum Park, sagt van Bel. Das Haus sollte sich aber der Allgemeinheit ffnen, Offenheit ausstrahlen und sich als attrak-tives Museum anbieten.

    Auerdem mchte er einen proaktiven Kurs fahren, charakterisiert er seine Plne. Mit Veranstaltungen und Ausstellungen zu wechselnden Themen will sich Muse-umsleiter van Bel nicht auf eine bestimm-te Zielgruppe konzentrieren, sondern im-

    mer wieder einen anderen Besucherkreis fr das Schloparkmuseum erschlieen.

    Das erste Event nach dem Stabwechsel im vergangenen Herbst hat das Haus bereits hinter sich. Im Oktober standen einen Tag lang Haus und Park im Zeichen von Licht und Wrme. Zu sehen waren nicht nur Kunst und Gebrauchsgegenstnde der ehemaligen Besitzer van Recum und Pu-ricelli, sondern van Bel schlug den Bogen zurck bis zu den Rmern. Kronleuchter, Kerzenhalter, llampen bis hin zu Gas und Elektrifizierung zeigten ber die Jahrhun-derte hinweg, auf welch vielfltige Weise Licht ins Haus gebracht wurde. Puricelli selbst kannte elektrisches Licht schon lan-ge bevor es das Stadtgebiet illuminierte. Ergnzend dazu ging die Sonderveran-staltung auf die Frage ein, wie seiner-zeit Wrme erzeugt wurde und wofr. Schlielich wollten auch die ehemaligen Palmenhuser auf dem Anwesen beheizt werden. Unsere neue Herangehenswei-se hat gezeigt: Das Haus ist mehr als eine reine Kunstsammlung. Es gibt auch viele verborgene Schtze. Ein ansprechendes Konzept, womit wir an einem Abend mehr als 500 Besucher gewinnen konnten. Ein wunderbares Ergebnis!, freut sich der Museumsleiter.Das Schloparkmuseum zeigt die Wand-lung zum reprsentativen Wohnsitz einer wohlhabenden Brger- und Industriellen-familie und beherbergt ferner verschiede-ne thematische Dauerausstellungen, von der Frhgeschichte ber Jugendstilglser bis hin zum grobrgerlichen Alltagsle-ben und die Geschichte des Badekurortes Kreuznach. Das Jagdzimmer ist mit ein-drucksvollen Kassettendecken, ornamen-

    Hintergrund: Skulpturen verschiedener Cauer-Ge-nerationen. Im Vordergrund die Windsbraut von Ludwig Cauer (1868-1947)Oben: Veranstaltungsraum und Trauzimmer mit der Holzschnitzkunst vom Mnchener Hofschreiner Anton Pssenbacher (1842-1920)

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    tiertem Parkett, Wandverkleidungen aus edlem Holz und aufwndig geschnitzten Mbeln ausgestattet, 1898 angefertigt vom Kunstschreiner Anton Pssenbacher, der auch hochwertige Inneneinrichtungen fr Mrchenknig Ludwig II. gestaltete.

    Eine Prsentation im Schloparkmuse-um sticht besonders heraus: das Wirken der Familie Cauer. Ihr ist fast eine ganze Etage gewidmet. Denn dahinter verbirgt sich eine ganze Dynastie von Bildhauern, seit sechs Generationen ttig und mit in-ternationaler Reputation. Emil Cauer der ltere begrndete die Tradition, lie sich 1832 in Kreuznach nieder und erffnete ein Atelier. Seine Shne Karl und Robert erweiterten das Unternehmen, das hier bis zu 30 Mitarbeiter beschftigte. Ate-liers gab es zudem in Rom und London. Man fertigte neben Marmorfiguren vor allem Figuren aus der nach ihnen be-nannten Cauermasse. Material und Ab-gussverfahren eigneten sich besonders fr die Herstellung hochwertiger Skulptu-ren in grerer Stckzahl. ber Kataloge angeboten, wurden die Werke in die gan-ze Welt exportiert. Wer im Grobrger-tum des 19. Jahrhunderts etwas auf sich hielt, bei dem stand ein Cauer im Salon.

    Der knstlerische Erfolg setzte sich im 20. Jahrhundert fort. Die Knstlerfamilie spiegelt auch die jngere Geschichte der Bildhauerei wieder. Die ersten Vertreter folgten in ihren Werken noch den Idea-len der Antike, Hanna Cauer hingegen, die zunchst als Malerin mit Max Lieber-mann in Berlin ausgestellt hat, gestaltete moderne, aber auch dem Zeitgeist und dem Nationalsozialismus entsprechende Groplastiken.

    Das Museum zeigte die groe Palette des Cauerschen Schaffens mit kleinformati-gen Genreplastiken ber Skulpturen fr Grabmale bis zu anmutigen, grazilen Fi-guren. Man erkennt